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KUNST UN
KUNSTHANDVE um
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NUSEUHS-FGR-KIJDSTUDDJDDUS
MODATSSCHRIFT-DES-KKÖSTE
HERAUSGEGEBED-ZIRD-REDIGIRT-V
VERLAG VON ARTARIA Co. IIT VIER.
lV. JAHRC. 1901.
HCIT 12.
Kunst und Kunsthandwerk äää
Jährlich 12 Hefte Cääi l?reis 24 Kronen
ohne Postversendung stesesmme-"ssraäasm
Abonnements werden in allen ßuch- und Kunsthand-
lungen, im Österr. Museum, sowie von der Verlags-
hundlung Artariu 8c Co. übernommen sväßßväväßäv
Inhalt
Die internation. Kunst-
und Industrie-Aus-
stellung in Glasgow
von W. Fred .502
Von der Wallace Col-
lection in Hertford
House von V. Graf
Latour .519
Die intemation. Kunst-
ausstellung zu Dres-
den xgox, III von Paul
Schumann 522
Aus dem Wiener Kunst-
leben von Ludwig
Hevesi 545
Kleine Nachrichten 552
Mittheilungen aus dem
k. k. Österreichischen
DIE INTERNATIONALE KUNST- UND
INDUSTRIE-AUSSTELLUNG IN GLAS-
GOW VON W. FRED-BERLIN 54b
AN muss es leider eingestehen alle Befürchtungen,
die einem voriges Jahr in Paris über den Ausfall
der nächsten grossen internationalen Ausstellung
gekommen sind, haben Recht behalten. Und so
wenig durch den geringen Erfolg der Glasgower
Veranstaltung für die principielle Frage der
Weltausstellungen gesagt wird über dies
Kapitel ist oft gehandelt worden so charakte-
ristisch ist dieses Ergebnis dennoch für die
Stimmung, die jetzt in allen Staaten für, oder
klarer gegen die ganz grossen Kermessen
herrscht. Die Entwicklung der Ausstellungstechnik weist auf Sonder-
expositionen einzelner Gebiete hin; die Massendarbietungen haben sich
als zu gefährlich, als trügerische Zeugnisse des wahren industriellen oder
künstlerischen Besitzstandes einer Nation erwiesen. Und dann die
Pariser Ausstellung hatte die Kräfte zu sehr angespannt; so musste es
kommen, dass die erste schottische Weltausstellung nicht allzuviele Gäste
bei sich sah. Deutschland hatte jedwede Betheiligung verweigert, aus
Amerika und Frankreich kamen wenige Reste aus den Pariser Hallen,
das Unverkaufte und meist Unverkäufliche, Österreich ist nur durch
wenige Läden vertreten, bloss Dänemark, die Schweiz, Russland haben
wiederum die Gelegenheit ängstlich ausgenützt ihre spärlichen Kunst- und
Industrieartikel zur Geltung zu
bringen. Am auffallendsten und
betrübendsten aber war die
lückenhafte, ja sogar im Niveau
ärmliche Betheiligung Eng-
lands. Natürlich ist mit all die-
sen Bemerkungen nur auf die
kunstgewerbliche Abtheilung
der Ausstellung gezielt; das
Schwergewicht der ganzen
Veranstaltung lag in der Ma-
schinenhalle und deshalb trifft"
vieler Tadel eigentlich ins
Leere; man hat kaum Anderes
gewollt. Trotzdem aber war es
auffallend, wie wenigLondoner
Häuser ihr Kunsthandwerk
Ausstellung in Glasgow, Wascbservice, Zinn, von
ausgestellt haben- De? Aflta- Mssrs. Whylie and Lochhead Ltd. in Glasgow
66
Ausstellung in Glasgow. Damenboudoir in Wallnussholz von Mssrs. Wylie and Lochhead Ltd. in Glasgow
gonismus zwischen England selbst und den beiden britannischen Nachbar-
völkern Schottland und Irland kam eben nicht minder zur Geltung
als die trotz allen Leugnens eminent fühlbare Depression aller Indu-
strien durch den Krieg. Und schliesslich ist die Londoner Geschäfts-
welt von jeher nicht ausstellungsfreundlich, wenigstens der Weltaus-
stellung am fremden Orte nicht wohlgemeint. Auch hier herrscht die
Liebe zur kleinen Sonderausstellung vor. Wenn nun die Glasgower
Ausstellung trotz der mangelnden Internationalität, trotz des oft
erstaunlich niedrigen Standards doch einigen Erfolg errungen hat oder
wenigstens dem Debacle ausgewichen ist, so liegen die Gründe in der
ungemein günstigen Lage; Glasgow ist ein Weltcentrum, die Schotten ein
selbstbewusstes, bis zum Chauvinismus, soweit dieses Gefühl dem Nord-
länder zugänglich ist, patriotisches Volk und Kelvingrove Park, in den die
Gebäude und die weitgedehnten grounds" eingebettet sind, ist ein
pittoresker und doch anheimelnder Fleck Erde, eine Vorahnung des
Ausstellung in Glasgow, Das Rossetii-Boudoir" von Mssrs. Whylie and Lochhead Ltd. in Glasgow
wundervollen schottischen Hochlandes, das kaum eine Eisenbahnstunde
von der russigen Handelsstadt Glasgow anhebt und sich als die Heimats-
stätte der nach den Franzosen bedeutendsten modernen Landschafts-
malerei erwiesen hat.
Der Untertitel Pariser Erinnerungen", der als Refrain durch jede
Kritik der Glasgower Vitrinen durchschlagen muss, drängt sich mit
unheimlicher und unangenehmer Stärke beim ersten Blicke auf die Aus-
stellungsarchitektur auf. Man glaubt sich in jenem herrlich weiss glitzernden
Fleck um den Trocadero herum; man glaubt wieder in der seltsamen
mattfarbigen chinesischen Theehütte oben zu sitzen, mit dem Blick die
vielen weissen Dächer und Mauerflächen zu streifen, da und dort die
Augen auf einen lustigen Farbenfleck ruhen zu lassen, die ganze groteske
Wirkung der vielen echten und imitirten remdländer zu verspüren. Und man
horcht hin, ob nicht irgendwo die Klänge indischer Musik erschallen und der
Bauchtanz angepriesen wird, man hofft in trügender Erinnerung auf die
lustige Grazie der Bauwerke, der Menschen das Gedenken gestaltet die
66'
Bilder so wundersam rein und ungetrübt; nun ja, auch hier klangen aus
indisch gebauten Pavillons Geräusche, die man Musik nennen mag, auch hier
deckt weisser Putz die Wände von Restaurants und tausend Zacken von
Giebeln und Facaden stechen in den dunkel-
blauen Himmel aber die ganze Sache
ist am unrechten Platze. In England findet
man schwer das Organ für leichtsinnige,
gewagte Architektur, hier erwartet man Ge-
diegenes, Entwicklungsfähiges, Bleibendes
selbst im flüchtigsten Werke für einen
Sommer es mag ja etwas ungerecht sein,
aber diese Empfindung ist nun einmal in
jedem Besucher dagewesen.
Eine einzige, nicht allzu lange Linie führt
in der Entwicklung von der Rue de Caire
oder den Gschnas"-Bauten vonVenedig
in Wien" zur maurisch-spanisch-renaissance-
mässigen Architektur in Kelvingrove Park.
Es ist nicht zu sagen, wie fremdartig auf
englischem Boden, wo für die Art zu bauen,
der Stein oder doch der feste Rohziegelbau
mit offen liegender Structur so ungemein
charakteristisch ist, diese Putzbauten mit
der unehrlichen äusserlichen Facadenschmü-
ckung, mit den hängenden Stiegen, unregel-
mässigen und unharmonischen Grundrissen
wirken. Es schickt sich nicht Eines für Alle.
Und schon im letzten Jahre in Paris hat
man sich gegen diese Art Architektur weh-
Ausstellung H1 Glasgow, Fauteuil mit
Bezug in smgappncam,n von Msm ren mussen. Der herbste Tadel hat die
Whylie and Lwchhßßd Md- in Glasgow officiellen Bauten zu treffen; unter den
privaten Pavillons der und jener Gesell-
schaft ist ja Gutes zu finden. So ist der van Houten'sche Bau in alt-
englischem Stile von A. N. Prentice aufgeführt wohlthuend einfach und
klar, die pittoreske Architektur des canadischen Hauses von Walker und
Ramsan wenigstens interessant und neu. Die Wirkung ist fast ausschliess-
lich durch die Vertheilung der Fenster in der Facade und durch Holzsparren
und Staketten erzielt; allerdings sind auch Bildreliefs und Aufsätze leider
nicht vermieden worden. Auch gegen die offenkundig nur ethno-
graphischen Zielen nachgehende Art zu bauen, wie sie manche Völker
gezeigt haben, möchte ich mich nicht ereifern. Es ist ja ganz amusant,
das irische Haus mit seinen weissen Wänden und seinem schrägen Stroh-
dach zu sehen. Die russischen vielfarbigen Holzbauten machen allerdings
umso weniger Freude, als man ihre mitteleuropäische Abstammung und
4'.
Unechtheit kennt Potemkidsche Dörfer, meine Lieben, aber es ist mm
einige Zeit seitdem vergangen und wir reisen nicht mehr in Postkutschen
durchs Land! Sehr zufrieden kann man mit den Theehäusern der Mrs.
Cranston sein; dieser Dame hat das
schottische Kunsthandwerk überhaupt
viel zu danken. In der hastigen, be-
triebsamen, recht unkünstlerischen
Stadt Glasgow sind ihre in der ver-
schiedensten Art eingerichteten Tea-
rooms ein behaglicher Aufenthalt
künstlerischester Form. Eine grosse
Zahl bekannter Architekten hat ihr bei
der Einrichtung und Ausschmückung
geholfen; auch Mackintosh gehört
übrigens zu diesen.
Soll ich nun aber von den wirk-
lichen" grossen Ausstellungsbauten
sprechen, so ist wahrhaftig nicht leicht
Böses genug zu sagen. Da ist also die
grosse Industriehalle, ein schon im
Grundriss missglückter Bau, der wie
gestückelt aussieht, den Eindruck
macht, als hätte man da und dort
rasch noch ein Eck, einen Winkel für
eine Bude angeklebt. Nur der Mittel-
bau ist wirklich als volle und runde
Architektur anzusehen. Eine Frei- Ausstellung in Glasgow, Salonschrank von Mssrs.
treppe führt in eine Säulenhane Whylie and Lochhead Ltd. in Glasgow
korinthische Säulen passen nicht allzli
stilgemäss, glaube ich, zu maurisch beeinflusster Renaissance. Die Säulen
sind natürlich aus Gips. die Wände tragen Gipsaufsätze. Hübsch ist nur die
Idee, in die Fenster, die in die Eingangshalle hineinsehen, Blumen zu stellen.
So muss Natur mit sogenannter Kunst versöhnen. Die Innendecoration ist noch
bedenklicher als der Aufbau sie fehlt fast ganz. Man hat den einzelnen Ländern
in ihnen den einzelnen Ausstellern denn in Glasgow herrscht wieder
Trennung der Nationen und das Nebeneinander von Schuhen, Gläsern,
Möbeln und Messerschmiedearbeiten die Decoration überlassen und
sich mit einem weissfarbig kahlen Verputz der Wände begnügt. Nur der
kuppelförmige Mittelsaal ist geschmückt, und zwar mit dünnen, nichts-
sagendenDeckengemälden, gegen die die-oberflächlichen Rochegrossdschen
Arbeiten der Pariser Halle Meisterwerke sind. Als Supraporte über den
Eingangsportalen dienen Einsätze aus Doulton'scher Keramik, ein verfehlter
Ersatz für Glasfenster, die eben durch das durchströmende Licht Farben-
wirkungen bekommen, die der dichten Fayence nie gegeben sind. Der Stil
500
Ausstellung in Glasgow, Empfangsraum des Königs, ausgeführt von Mssrs. Whylie and Luchhead Ltd.
in Glasgow
dieser gemalten Keramik ist seltsam primitiv. Die grosse Halle wird von einer
übermächtigen Königsstatue beherrscht, die in einem grünlich schwammigen
Ton gehalten ist; ich weiss nicht das Berühren der Gegenstände ist
verboten ob sie wirklich aus gemeinem Thon war oder 0b ein besseres
Material zu dieser Wirkung verfälscht wurde; jedenfalls kann kein Patrio-
tismus der Welt mit dieser für ein besseres Panoptikum die weltberühmte
Madame Tussaud, zu der die Londoner Kinder allsonntäglich wandern,
würde sich verwahren unbrauchbaren, ausdruckslosen Sculptur versöhnen.
Für die Bildhauerarbeit ist Albert Hodge, für die besprochene Architektur
James Miller verantwortlich zu machen; nur ein gerichtsmässiger Ausdruck
genügt für solche Thaten. Weitaus besser wirkt die Fine Art Gallery, weil
sie eben als beständiges Bauwerk gedacht ist. Leider hat man davon
Abstand genommen, ein nationalschottisches Bauwerk zu errichten, was
angesichts der ungemein hochstehenden Architekturen, die man in Glasgow
und Edinburgh, insbesondere aber auf dem Lande sieht, Wunder nimmt.
Allein auch der Bau von Waterhouse wirkt durch die festen Steine, die
Ausstellung in Glasgow, Damenboudoir in Wallnussholz von Mssrs. Whylie and Lochhead Ltd.
in Glasgow
gut geführten Freitreppen und die einfache Innendecoration, die sich
begnügt ein stiller Rahmen für die Ausstellungen zu sein, sehr gut.
Man kann nun den Ton der Bewunderung nicht hoch genug nehmen,
um von dem Inhalte dieser Fine Art Gallery zu sprechen. Niemals bisher
konnte man so klar, so überzeugend und rein den Eindruck der Grösse
englischer bildender Kunst erhalten; kaum wird unserer Generation noch-
mals die Gelegenheit gegeben sein, den Besitzstand der englischen Kunst
im XlX. Jahrhundert annähernd so gut zu begreifen wie dieser Sammlung
gegenüber. Deshalb sei hier in kurzen Worten wenigstens angedeutet,
welche Linien der Entwicklung sich dem Betrachter dieser grossen und
umfassenden Collection erwiesen haben.
Der Anfang des Jahrhunderts zeigt eine Ebbe der künstlerischen
Production. Gainsborough und Reynolds sind grosse Muster, die alle
Schaffenskraft der neuen Generationen durch ihre unendliche, jedem ein-
leuchtende, jeden bezwingende Grösse lähmen; die Architektur rettet sich zur
Gothik zurück, ja es bedarf sogar einiger Zeit, bis die historischen Remini-
scenzen, die archaisirendenBestrebungen sich zu künstlerischenZielen wenden.
Landseer malt Thierporträts als die künstlerisch wertvollsten Werke seiner
Zeit, der Landschaftsschilderer Constable, einer der feinsten Erkenner des
Kunstniveaus seiner Zeit, bricht
in den schmerzlichen Ruf aus
In dreissig Jahren wird es keine
englische Kunst mehr geben
es sei denn, dass eine neue ur-
sprüngliche Entwicklung an-
hebt."
Diese neue ursprüngliche Ent-
wicklung kam heran. Zwei
Wege nehmen in der trostlosen
Zeit des zweiten Jahrhundert-
viertels ihren Anfang. Die Reife
verlangt Jahrzehnte; erst die
zweite Generation vermag volle
Werke zu schaffen, erst die
dritte oder gar vierte, sie zu ge-
niessen. Die eine Kunst ist die
Wasserfarbenmalerei, der Weg
zum künstlerischen Impressio-
nismus, zum Colorismus, wenn
man will. Die Traditionslosig-
Ausstellung in Glasgow, Toilenetisch, von Mssrs. Whylie and keit Befreiung von jener
I-vchhead I-rd- in Glasgow Licht- und Farbenscala, die der
Ölmalerei zum todten Rüstzeug
geworden war, dies sind die Gründe, weshalb eine neue Kunst sich heben
konnte. Denn der innige Anschluss an die Natur war wieder möglich. Die
Technik der Aquarellmalerei lenkte zum Skizzenhaften und die leissig geübte
Skizze bringt neue Liebe zu dem Fleck Erde, der Einen umgibt, lässt den
Künstler immer neue Schönheit aus Unscheinbarem holen, lehrt ihn wieder die
Einzelheit der Natur so gut wie ihre Gesammtheit, ihre Harmonie sehen
und da er so viel in jedem Lichtstreifen, jedem Farbenfleck des Himmels,
des Meeres oder der dunklen Erde sieht, wendet er sich, gelangweilt von
der Anekdotenmalerei, der sinnlichen Menschleindarstellung ab, die ihn
bisher beherrscht hat. Die Wasserfarbenmalerei jener Zeit, man sehe in
David Cox, de Wint und Pinwell die besten und stärksten Repräsentanten
der ersten Phase, ist die Stufe zum Impressionismus in der Naturdarstellung
so gut wie zum feinen Colorismus gewesen. Denn das Wesentlichste dieser
Kunst war dieFähigkeit, Nuancen derLuft zu sehen und vor allem den Wechsel
der Stimmungen, das Nacheinander und Nebeneinander von flimmernden,
huschenden Tönen. In der Farbe sind sie allerdings vor allem Cox und
de Wint noch dunkel gesättigt, sie wissen noch nichts von der glitzernden
Sonnenkraft, nichts von der Zerlegung der Farbenflecke; aber dennoch
sehen sie schon die Natur mit eigenen Augen, malen um des Malerischen,
nicht um des Litterarischen, des Interessanten, des innerlich Witzigen willen.
Aus solcher Kunst konnte sich
dann die reife und volle Art Turners
herauskrystallisiren, des ersten mo-
dernen Malers, wenn man den Be-
griff modern" auf das besondere
Verhältnis des Künstlers zum Ziele
und den Grenzen seiner Kunst be-
zieht. Ich meine, die grosse Wand-
lung liegt eben darin, dass mit
Turner die Malerei beginnt, das rein
Malerische, also Farben- und
Linienwirkung aufs höchste zu
achten, dass eine neue Zeit un-
gemein intensiver Naturliebe be-
ginnt, und dass die bildende Kunst
mit Ernst danach trachtet, individu-
elle, auf die eigene Impression allein
zurückgehende Landschafts- oder
Menschenbilder zu schaffen. Heute
klingt all das, da wir uns wieder
auf dem Wege zu einer stilkunst Ausstellung in Glasgow, Ruhebank von
befinden, gar nißht fevolutignifend, Mssrs. Whylie and Lochhead Ltd. in Glasgow
die Franzosen, die Manier von
Fontainebleau so gut wie die von Barbizon, haben das Publicum sehen
gelehrt, man erschrickt heute nicht mehr vor rothschillernden Bäumen
und doch, eine Landschaft Turners, eine seiner unzähligen Darstellungen des
Meeres oder der Küste oder des Flachlandes ist eine Enthüllung von der
Vielheit der Farben und Lichter, mit denen die Sonne spielt, und die wir
erst wieder in der Natur selbst zu sehen durch die Malkunst gelernt haben.
Turner und mit ihm Pinwell, dessen Figuren so interessant gesehen
sind wie Turners Landschaften, sind Nuancenmaler, jeder Ton wird ver-
theilt, jedes zitternde Licht nochmals zerlegt. Es ist vielleicht bekannt,
dass Turner von Ärzten und Physiologen eine Augenkrankheit nachgewiesen
wurde, eine Anomalie, die seine Gesichtswahrnehmungen absonderlich
gestaltete, weil sich ihm alles in Zertheilungen und Brechungen zeigte.
Diese Aufklärung, so wertvoll sie auch ist, vermag natürlich die
Bedeutung seiner Kunst für die Entwicklung; nicht zu mindern. In dem
Glasgower Saal so gut wie durch einen Blick in sein Sketch-Book erhält
man- den Eindruck, vor dem Ahnherrn moderner Naturmalerei zu stehen.
Und Turner war auch der erste grosse Kunsteinfluss, der über John Ruskin
kam. Die erste Erschütterung bedeutete bei diesem conservativ veranlagten
n.
ModemerW die mass-
gebende seines Lebens.
Keinen Schaffenden hat
dieser Kunstphilosoph
höher gestellt, keiner
entsprach reiner seinen
Forderungen.
Die Natur das ist
eben der Ausgangs-
punkt alles Schaffens
für den einen so gut
wie für den anderen
gewesen. Und die bei-
den haben vor allem
eine Wirkung auf das
Jahrhundert, für das sie
unendlich charakteri-
stische Repräsentanten
sind, geübt dass sie
neue Liebe zur Natur
lehrten in einer Zeit
todter, rein litterarischer
oder wissenschaftlich-
doctrinärer Lebens- und
Kunstweise. Um die
Mitte des Jahrhunderts
Ausstellung in Glasgow, Wohnzimmer, von Mssrs. Whylie and lösen sich latente
Lochhead. Ltd. in Glasgow Kyäfte, neue Ffelhelt
wird gegeben, aus Käm-
pfern erwachsen vollsaftige Schöpfer, der Antäus-Mythos wiederholt sich, da
aus dem engen Anschluss an die mütterliche Natur eine neue Kunst ersteht. Die
Baukunst hat sich zur Wiederaufnahme und Umbildung der besten gothischen
Form entschlossen, für das neue Parlament entwirft William Dyce, einer der
Männer, in denen zwar allzu schwach schon alle Möglichkeiten und Fähig-
keiten für die kommende Kunst aufgespeichert waren die Bewegung zur
neuen decorativen Kunst hebt an. Es ist die Zeit der Präraffaeliten, der
ersten Kämpfe, der ersten Streiter, die naivste, ehrlichste und frucht-
bringendste Periode englischer Kunst im XIX. jahrhundert, deren Bedeutung
gar nicht überschätzt werden kann. Alle Verirrungen späterer Tage, alles
Widerstreben, das man präraffaelitischen Epigonen entgegenbringen muss,
kann niemals hindern, die Wichtigkeit dieser Malerschule als Durchgangs-
phase, als Lehre für Künstler und bedeutendste Erziehung fürs Publicum anzu-
erkennen. Ford Madox Browns Gestalt ersteht vor Einem, des unermüdlich
Kämpfenden, der Jahrzehnte vor Manet die lebende Farbe, das wahrhafte
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Licht sucht und findet; er ist der erste impressionistische Menschendarsteller,
einer der Künstler, deren Unglück nothwendig ist zur Befruchtung, zur Ent-
wicklung kommender Generationen denn aus ihrer ewigen Unbefriedi-
gung erwächst ihnen Schaffenskraft. Versteckte Bilder von Hunt, Brown,
Millais, Rossetti und Burne-Jones, die sonst Privatsammlungen verschliessen,
führen in den Bann dieser Malerpoeten. Man erkennt den Umkreis
dichterischer Gewalt, die aus diesen Werken auf die Zeit überging; wird
sich von neuem bewusst, wie die malerischen Werke dieser sehnsüchtigen
Männer, die von der peinlichsten Naturdarstellung ausgingen, um zu der
subtilsten und schwebendsten Seelenmalerei zu gelangen, nicht allein auf
die Dichtung, auf das Kunsthandwerk eingewirkt haben, sondern auch auf
das Leben selbst. Wie sich unter Rossettis und Burne-Jones" Einfluss das
englische Schönheitsideal geändert hat, und ein unwiderlegliches
Wunderspiel der Natur auch die Menschen selbst. Wie unter dem Einflusse
von fünf Menschen die Haltung der Menschen und ihr Costüm sich ebenso
gewendet haben wie der Rahmen ihres Lebens ihre Wohnungen. Aus
67'
diesen Sälen nimmt man wiederum
verstärkt das Gefühl mit, wie rasch
ein Volk seine Lieblinge verstösst,
und welche Wandlungen die Legende
vom verlorenen Sohne in der Ge-
schichte des Publicumsgeschmackes
macht.
An William Morris, seine Be-
deutung, Walter Crane, seine Lehr-
thätigkeit, an den Verfall einer Kunst,
da sie aus der Revolution zur Doc-
trin wurde und wie Ruhm und Aner-
kennung tödtet an all' das wird
man gemahnt. Und kaum, dass man
noch das golden klare Licht Rossettis
und die Harmonie und Stilkunst des
Burne-jones bewundert hat, ist man
schon im Bereiche neuer Einflüsse,
deren Heimat Indien und Japan ist.
Man steht vor Werken George
Moores, vor den Zeichnungen Beards- fiusstellßns
leys. Und die mystische Kunst G. F.
Watts, von der man leider auf dem von Manual
Continente allzu wenig weiss, be- omims
,.M
Ausstßllßnßin Glasgow, Hßßmadel" währt sich neben den Modemalern, derrailjznParcis
"o"""a"",''ojjjj;.f",',1,fj'"Maß" neben Leighton, der doch nur ein
Stern zweiter Ordnung ist, neben Alma-Tadema,
Waterhouse. Man ist mitten in der neuesten Zeit. Die Grösse der englisch-
amerikanischen Porträtkunst setzt
immer wieder in Erstaunen.Whist-
ler hat die Fähigkeit gefunden,
durch die Farbe seiner malerischen
Symphonien das Wesentlichste
einer Person auszudrücken, Sar-
gent ist der Gipfel einer Bildnis-
kunst, die das Charakteristische
statt des Schönen aussagt. Und
beide sind, sieht man von der beson-
deren psychologischen Function
der Porträtkunst ab, Meister der
Coloristik, immer neu erstaunliche
Techniker, Vertreter der decorati-
ven Malerei, die im letzten Vier-
Ausstellung in Glasgow, Pfeilersofa mit Tuchbezug
tel des Jahrhundertes England Applimionsarbeir. von Whylie am Lochhead Lid;
erobert und jene Renaissance des Kunst-
gewerbes mit sich gebracht hat, die sich vor
allem in der Niveauhöhe der Schöpfungen
und im Publicumsgeschmacke erweist. Un-
möglich ist es bei solcher naturgemäss in
der Luft schwebender Entwicklungsskizze,
auf die Talente der letzten Zeit hinzuweisen.
Hier handelt es sich um eine Jahrhundert-
revue; die Gegenwart sieht man nur, sofern
sie Product grosser Vergangenheit ist die
präraf-"faelitischen Epigonen, die man gerne
wieder vergisst, Byam Shaw, der von dieser
Schule, die ihn zu erdrücken schien, loskam
und nun zu den stärksten Hoffnungen gehört,
ein Phantast, die.Schotten, die Boys of Glas- Ausstellung in Glasgow.
gow, die ihre Heimat ungemein getreu schil- Kamm von Manual Orazi
dem und den diffusen dunklen, schweren a"Sde"YM2i"SM"d""""
Luftton wieder einführen neben dem gold-
klarenVenezianer-Licht, das seit Rossetti herrscht, die englischen
A""""""g reilichtler Peppercorn und andere, denen die Impression des
Glasgow, Haar-
nah, grunen Landes gelingt, und als absonderlichste Spielart die
"M1 Qmi aus Gruppe englisch-holländischer Künstler Nico Jungmann und
der Maison ..
Modmenjpads die um ihn, Manner
und Frauen, die die
Canäle und seltsam ruhigen
Menschen dort um Katwyk neu
entdeckt haben und decorativ
verwerten. Das Streben zum
Decorativeri bis zur letzten Con-
sequenz der unsinnigen Auffas-
sung des Bildes lediglich als
Farbenfleck ist die charakteri-
stische Tendenz, die ich aus
dieser Ausstellung herauszulesen
glaube.
Die Sculptur zeigt einen
merkwürdig sentimentalen Zug,
hier überragt ein Rodin'scher
Mann von Calais" alle Ob-
jecte; auch die sonst vorzüg-
lichen Werke Onslow Fords ver-
lieren sich bei solcher Ver-
gleichung. Dass in dieser Aus-
Ausstellung in Glasgow, Stickerei aus der
stellung die fremden Nationen zu Giasgow schon; er A115
kurz gekommen sind, ist schon gesagt worden; nur aus
Frankreich sind eine Reihe früher Impressionisten da.
Weit weniger erfreulich als die Bildergalerie ist
alles, was dem Gebiete des Kunsthandwerkes angehört.
In der retrospectiven Collection fehlt jede Übersichtlich-
keit, von Vollständigkeit gar nicht zu reden. Viel Be-
kanntes, glänzende Metallarbeiten die Namen Framp-
tons, der Miss Dewar, Miss Wilson, Kellock Browns
prägen sich ein und die typischen Glasgower Linien
fallen auf. Die Einwirkung der Glasgow School of Arts
mit ihren asketisch-strengen, reinlichen und klaren.
manchmal aber unendlich langweiligen Linien wird
klar. Es ist eine Kunst, die mit vielen Raflinements den
Stempel der Sterilität trägt. Die Möbelkunst ist im Fine
Arts Pavillon vernachlässigt. Zwei Portale von Jas. Sal-
mon fallen durch die Kraft der Linie und die ungemein
feine Holz- und Metallbearbeitung auf. Um aber das
eigentliche Kunsthandwerk zu suchen, rnuss man in die
Industriehalle gehen. Hier sind die Interieurs ausgestellt.
In einer langen und schmalen Halle sind rechts und
links Zimm er zu sehen, Schlafräume, Speisezimmer, ab und
zu auch ein Dra-
wing-room. Mit-
ten zwischen den
Ausstellung in Glasgow, Interieurs sind an
Beleuchtungskörper aus
getriebenem Kupfer, von dere Dinge ausge'
Mssrs. Wbylie and Loch- stellt, meist mit
head Ltd. in Glasgow
dem Kunstgewer-
be nicht das Geringste zu thun haben.
Neben allerlei Krimskrams geht man
also durch und sucht nach dem eng-
lischen Kunsthandwerk. Da muss nun
gerade von jenen, die das wirkliche
Niveau englischer decorativer Kunst
kennen und der Meinung sind, dass in
diesem Lande die Heimat aller frucht-
baren kunstgewerblichen Entwicklung
ist, gesagt werden, dass diese Schau-
stellung, die an die Läden in Totten-
harn Court Road aus dem Londneri-
schen insWienerische übersetzt, heisst
das Tandelmarkt" lebhaft erinnerte,
gar nichts mit dem Kunsthandwerk
Ausstellung in Glasgow, Kissen aus der Glasgow
zu thun hat. Auch nicht die leiseste School Am
Beziehung herrscht da. Man ärgert sich ja über den falschen Eindruck, den
auf diese Weise mancher Besucher der Ausstellung über das wahre
Niveau bekommt, aber zu Bemerkungen über den Niedergang der eng-
lischen Möbelkunst ist wahrhaftig weder Grund noch Anlass. Man sieht
also falsche Sheratonmöbel, einiges in der Art Chippendales, bessere
oder schlechtere Schnitzereien keine Ahnung von neuen Formen,
Farben, Linien von einer künstlerischen Ausgestaltung gar nicht zu reden.
Nur wenige Firmen machen Ausnahmen. Die Herren Heal and Son haben
ihr Pariser Zimmer wieder ausgestellt, das zarte Schlafzimmer aus gelbem
Naturholz mit den Zinnintarsien, die Walton Company Ltd. neben ein paar
recht complicirten Möbelstücken ausgezeichnete Beleuchtungskörper und
gute, an die Morris Tradition anknüpfende Tapestry meist für Wand-
bekleidung. Die London Society of artists schliesslich, um in der That alles
zu erwähnen, was irgend neu ist, hat lustige Kindermöbel, ungemein einfach
in der Construction, nach Kistenart gezimmert und mit naiv-primitiver
Malerei geschmückt, die zusammen mit den vorzüglichen Friesen, denke ich,
gut imstande ist, den kindlichen Sinn für Farben zu wecken.
Der kunstgewerbliche Clou der Ausstellung aber ist die Leistung des
HausesWhylie and Lochhead Ltd. in Glasgow. Zwei verschiedenartige Räume
kommen in Frage. Einerseits die Royal Reception Rooms, von den Herren
Whylie and Lochhead eingerichtet, aber doch nicht frei entworfen, sondern
nach Bestimmungen der Commission historischen Stilen nicht allzu glücklich
angenähert. Das Beste dieser Empfangsgemächer ist die Halle, aus der sich die
Freitreppe hebt. Die Farbe von Decke und Stiegenhaus ist elfenbeinweiss,
das Holz also lackirt, sehr gut ist die Wandverkleidung, Stoff mit leicht
stilisirtem Blumenmuster. Die Formen der grünen Möbel sind die typischen
englischen schlanken der Zeit nach Sheraton. Der anschliessende Speisesaal
verdankt der Anlage nach all seine Wirkung dem Holze leichtgrauer Eiche.
Die Täfelung der schlichten, in leichtem Relief gehobenen Quadrate geht
hoch hinauf, an sie schliessen sich decorative nicht allzu originelle Bas-
reliefs aus weissem Stuck. Den dritten Stimmungswert, eine bunte auf-
frischende Wirkung, geben dem Raume der orientalische" Teppich und die
Stahlmontirung des Kamins. Der Stil ist frühenglisch, man sagt genauer in
dieser Art richtete man im zweiten Viertel des XIX. Jahrhunderts Schlösser
ein, und schon damals lehnte man sich eben an historische Vorlagen an. Die
erste Hälfte des letzten Säculums bedeutete für Grossbritanniens Aussen- und
Innenarchitektur ja eine Wandlung durch alle Spielarten der Gothik bis zum
Queen Anne-Stil, fast bis zur Renaissance. Der Salon der Royal Reception
Rooms ist im Stile Louis XV. gehalten, doch ist derlei vielemale accurater
und schöner gemacht worden.
Weitaus interessanter als diese Räume ist der Pavillon der Herren
Whylie and Lochhead, wo sie sich und ihren Zeichnern freie Möglichkeit
zur Entfaltung ihrer künstlerischen Einfälle geben konnten. Da ist denn auch
eine Menge Neues, sicherlich Originelles zu sehen, und mehr als man es
sonst jenseits des Canales gewöhnt ist, ist der Phantasie Freiheit gegeben,
sich zu entfalten. So konnte es kommen, dass manche Form süsser, manche
Farbe weicher und weibischer ist, als man es gewünscht hätte. Aber immer-
hin diese Interieurs sind eine volle Leistung, was die Einheitlichkeit in der
Decoration eines Raumes betrifft, die harmonische Abstimmung auf einen
einzigen Ton. Die Künstler dieses Hauses richten alle ihre Wünsche auf ein
Ziel die Farbenstimmung. Die Formen der Geräthe sollen weniger wirken,
als die Farben des Materials, des Holzes, der Stoffe und Metalle. Und fast zu
viel kommt es hier auf die poetische Stimmung an. Die schottischen Architekten
haben ja alle den Hang, Seelenstimmungen zu produciren, man denke an
die Mackintoshschen Asketenzimmer. Der erste Raum, den man betritt, ist
man durch das gute, wenig ornamentirte Portal an ausgezeichneten Metall-
arbeiten vorbei hier liegt die Stärke des schottischen Kunsthandwerkes in
den weissen, angenehm mit Holzsparren verzierten Pavillon gegangen, heisst
The Rossetti-Library". Man sieht, hier ist poetische Stimmung erwünscht.
Es handelt sich nicht um gute Formen, Comfort, graciöse Linienführung,
angenehme Farben, auch nicht um eine rein decorative Schönheit Littera-
rische Atmosphäre soll erreicht, ein bestimmtes Lebensgefühl erzeugt werden.
An den Wänden hängen Photographien nach Werken Dante Gabriel Rossettis.
Die dumpfe, schwüle, von allerlei vager Sehnsucht erfüllte Stimmung dieses
Malerpoeten soll herrschen. In dem violetten Bücherspind, dessen Verglasung
ein Rosenornament trägt, befinden sich wohl die Werke Swinburnes, der
Familie Rossetti selbst, des Vaters also, des gelehrten Dante-Forschers, der
Schwester Christine, dann sicherlich auch Tennysons kurz, all diese
Dichtungen femininer Art. Deshalb ist wohl auch ein unangenehmer Einfall
das schöne Mahagoni violett gefärbt, der Teppich roth mit violettem Rosen-
muster gewählt. Die Geräthe sind man betrachte in der Abbildung den
Einbau vor dem Kamin ungemein schlank, zierlich. Ihr Schmuck ist
Intarsia in fremdartig gebeiztem Holz oder auch Metall. Ungemein fein sind
die Leuchter aus alterthümlichem Silber. Hat man sich einmal mit der Idee
eines Raumes, der einen zu einer bestimmten, doch nur wenigen und, wollen
sie ehrlich sein, nur in seltenen Stunden zugänglichen Höhenstimmung
zwingt, abgefunden, so wird man die Harmonie des Raumes bewundern
können. Zu sagen wäre allerdings noch, dass die Beziehung auf Rossetti,
will man exact sein, unrichtig ist; denn der Präraffaelitenkreis, Rossetti so
gut wie Ford Madox Brown, der ja zu den ersten Zeichnern der Morris-
Company gehörte, hatte ganz bestimmte Vorstellungen von Möbelkunst,
und diese weisen auf einfache uncomplicirte Einrichtungen etwas archai-
sirender Natur hin. Sicherlich hätten sie sich mit violett gefärbtem Mahagoni-
holz nicht gefreut.
Die Beize herrscht ja überhaupt in diesen Interieurs. Es ist nicht leicht
ein Stück complicirt und raffinirt genug. Im Drawing-room grünseidene
Wandverkleidung und weiss lackirte Panele geben hier die Balance zu
violetten Möbeln sind die zierlichen Tischchen und Schränkchen mit
Gainsborough. Mrs. Rohinson Wallace Culleclion
Perlmutter eingelegt, und viel Glas in bunten Farben und mannigfaltiger
Montirung verwendet. Im Boudoir übrigens dem besten Raume, den
unsere Abbildungen ja auch in zwei Ansichten vorführen sind die Metall-
beschläge iigural überladen, in gehämmertem Aluminium ausgeführt, was
an sich recht preciös wirkt, und ausserdem noch mit Email geschmückt. Dafür
ist hier die Wandverkleidung, in leichtem lila Ton und zart mit rein architek-
tonisch-geometrischem Ornament bestickt, von ausgezeichneter Wirkung.
Das Holz hat hier die Naturfarbe Walnuss. Das Speisezimmer wirkte auf
mich am vornehmsten und ruhigsten. Die dominirende Farbe ist hier das
Rauchgrau der Eiche. Durch den blauen Teppich, die nicht aufdringliche
Intarsia, den grünen Lederbezug der Sessel wird aber eine lebendig bewegte
Farbensymphonie erzeugt. Ein Gobelin von Burne-Jones von der Morris-
Company gewebt bildet den einzigen figuralen Schmuck des Raumes als
Panell des Buffets. Die Möbelformen sind hier schlicht, einfach, schwer und
anheimelnd. Die Abbildungen werden besser als eine in Einzelheiten sich
verlierende Kritik das Wesen dieses Kunsthandwerks zeigen. Raffinement,
Stimmungssucherei ist das beste Kennwort. Harmonie und glänzende Aus-
führung der stärkste Vorzug der Arbeiten Whylies und Lochheads.
Mit der Besprechung ausländischer Objecte ist man bald fertig. Aus
Frankreich sind einige Reste aus der Invalidengalerie da, als Wertvollstes
Schmuck. Neben den Emailleuren Feuillatre und Rene Foy kommt hier die
Maison Moderne" besser zur Geltung, die insbesondere von Manuel Orazi
gute Kämme mit origineller Linienführung hat, die von Lalique unabhängig ist.
In der Women-Section schlägt Schönes aus alter Zeit die Neuigkeiten,
die an sich schwächlich sind, vollends todt. Neben Brüsseler Spitzen, an
denen die emsige Kunstfertigkeit von längst verstrichener Zeit haftet, kommt
die nüchterne Linienkunst der Glasgow School of Arts mit ihrer ärmlichen
Abwechslung von Grün, Weiss und Blau nur selten auf. Die Frida Hansen-
Webereien behaupten sich noch am besten.
Aus Österreich wirken das Kohn'sche Zimmer mit seinen gebogenen
Möbeln, Spaun'sche Gläser und Rubinstein'sche Bronzen, ganz gut, aber nicht
gerade epochal. Die Installation von Baumann in grünem Holz und gelbem
Messing macht angenehmen Eindruck.
Aus Dänemark sind natürlich Potterien da; Gre's von der Witwe Ipsen,
in gelbgrauen Tönen mit naturalistischem Blumenornament geschmückt,
ungemein dicht, ist das Neueste.
Es fällt schwer, diesen Bericht zu schliessen, ohne ein Gesammtresultat
zu ziehen. Doch wäre es zu traurig. So mag ein jeder das abschliessende
Wort selbst herausfinden.
22. Juni 1900 haben Lord Roseberry, Sir John
Murray Scott und Mr. Alfred de Rothschild die
vornehmste Gesellschaft von London nach Hert-
ford House, Manchester Square, geladen to
meet the Prince and Princess of Wales" und
der Eröffnung einer der kostbarsten Kunst-
sammlungen anzuwohnen, welche je einer
Nation zum Geschenk gemacht worden ist. Die
Geschichte der Wallace Collection ist interessant
genug. In der ersten Hälfte des XIX. Jahr-
hunderts haben die Marquis of Hertford eine eigene Stellung in der
englischen Gesellschaft eingenommen. Vornehm, reich, geistig hochbegabt,
verstanden sie es trotzdem der gesellschaftlichen Convention beständig
vor den Kopf zu stossen. Man versagte ihnen nicht die höchste
Anerkennung als Typen des richtigen englischen Gentleman, aber man
ärgerte sich über ihren Cynismus in Rede und Lebenswandel. Sie sind
ihre Lebzeiten those wicked Hertfords" geblieben, über deren Thaten
nur gerne im Flüstertone gesprochen wurde. Der dritte Marquis ist als
Lord Steyne in Thackerays Vanity Fair litterarisch verewigt worden.
Unsere Zeit mag in ihnen nur die unvergleichlichen Kunstkenner erblicken,
welche, dem Verständnisse ihrer Zeitgenossen häufig voraus eilend, die
herrlichsten Kunstschätze zu erwerben und zu erhalten wussten. Schon
der dritte Marquis hat einen grossen Theil seines Einkommens zu den
glücklichsten Kunstankäufen verwendet. Er hat noch zumeist in England
gelebt. Der vierte Marquis aber hat auf die Dauer dem englischen Klima und
der Gene seiner gesellschaftlichen Stellung nicht Stand gehalten. Obwohl er
immer der Typus des vornehmen Engländers geblieben ist, hat er Paris zu
seiner zweiten Heimat gemacht. Im Schlosse Bagatelle und in der Rue
Lafitte hat er sein Leben als Sonderling verbracht. Seine einzige Freude
war das Sammeln von Kunstschätzen, und so unzugänglich er sonst
gewesen ist, dem Kunstkenner und namentlich dem Kunsthändler war
seine Thür nie verschlossen. Seine Agenten durchstreiften die Welt, um das
Beste zu finden und zu erwerben. Wenn auf einer Versteigerung eine für
damalige Zeit unerhörte Summe geboten wurde, war gewiss Lord I-Iertford
der Käufer, und wie gering erscheinen diese Beträge gegen das, was
gerade für seine Liebhabereien heute gezahlt wird! Am häufigsten war es
ein bescheidener Monsieur Richard", der hier als Bevollmächtigter auftrat.
Aus ihm, dem liebsten Umgange und treuen Rathgeber Lord Hertfords, ist
mit der Zeit Sir Richard Wallace geworden und niemand verwunderte sich,
als er der Erbe allen Kunstbesitzes wie des gesammten frei vererblichen
Vermögens des vierten Marquis von I-Iertford wurde. Sir Richard Wallace
1.x
hat seinerseits die er-
erbten Sammlungen
ausserordentlich zu
vermehren gewusst.
Namentlich die
schöne, wenn auch
nicht immer einwand-
freie Sammlung eu-
ropäischer Waffen
wurde durch ihn an-
gelegt. Er war seiner
Erziehung und seinen
Sympathiennachhalb
Franzose, sein früh
verstorbenerSohnhat
sogar in der franzö-
sischen Armee ge-
dient; aber als nach
den Tagen der Com-
mune alle Sicherheit
des Besitzes in Frank-
reich gefährdet
schien, liess er seine
schon damals un-
schätzbaren Kunst-
sammlungen eines
Reynolds, Nelly O'Brien Wallace Collection Tages nach England
überführen und das
alte Hertford-I-Iaus zu dessen Aufnahme adaptiren. Nach seinem Tode ging
sein ganzer Besitz auf seine Witwe über. Als diese im Jahre 1897 starb, stellte
es sich heraus, dass Lady Wallace, offenbar den Intentionen Sir Richards
gehorchend, testamentarisch die ganze Sammlung jetzt Wallace Collection
genannt- der britischen Nation vermacht hatte. Die aufgestellten Curatoren
haben nun den letzten ergänzenden, einem erleuchteten Erkenntnisse ent-
sprungenen Schritt gethan, indem sie die Regierung bestimmten, das alte
Familienheim der Hertfords, das einen anderen Erbweg gegangen war, zu
erwerben und die Hertford-Wallacdschen Kunstschätze darin der öffentlichen
Besichtigung zugänglich zu machen.
Mit ausgezeichnetem Geschmacke und technischer Geschicklichkeit
wurde das Haus bei uns würde man es mit Fug Palais nennen so
adaptirt, dass es zwar musealen Zwecken entspricht, aber dennoch den
intimen Charakter eines von seinem Besitzer zu eigener Freude und Genuss
mit Kunstschätzen gefüllten Wohnsitzes behalten hat. In dieser Beziehung
steht Hertford House jetzt wohl einzig da. Aber auch was Zahl und
Qualität der Kunstwerke anbelangt, dürfte es von keiner aus privater
Thätigkeit entsprun-
genen Sammlung er-
reicht oder wenig-
stensübertroffen wer-
den.Es kann und soll
nicht versucht wer-
den, hier auch nur an-
nähernd ein Bild der
Wallace Collectionzu
bieten Die Ölge-
mälde, Aquarelle und
Miniaturen, die
Sammlung europä-
ischer und orientali-
scher Waffen, das
Porzellan, die Möbel
und alles was man
als Bibelots im en-
geren Sinne zu be-
zeichnen pflegt, ver-
dienen jede Gruppe
für sich besonderes
Studium und fach-
männische Bespre-
chung.
Dem Entstehungs- Reynolds, Mrs. Braddyll Wallace Collection
orte der Sammlung
und der Geschmacksrichtung der Vorbesitzer entsprechend stehen die franzö-
sischen Kunstwerke des XVIII. Jahrhunderts in erster Reihe und man begreift,
dass der Verlust so vieler der köstlichsten Erzeugnisse der Kunstthätigkeit ihrer
Vorfahren bei den Franzosen bittere Enttäuschung hervorgerufen hat. Aber
auch andere Länder und Zeiten, wie Spanien, die Niederlande undEngland sind
glänzend vertreten. Von letzterem Lande sollen diese Zeilen, persönlicher
Liebhaberei folgend, einige der schönsten Beispiele im Abbilde bringen.
Keine dem Gegenstande, der Auffassung und der Ausführung nach anziehen-
deren Werke haben Gainsborough, Reynolds, Romney geschaffen, als die,
welche der Kunstverstand der Hertfords zu einer Zeit erworben hat, als
diese Meister noch nicht so enthusiastisch wie jetzt geschätzt wurden. Von
den meisten Gemälden waren zwar zeitgenössische Stiche bekannt, die
Originale aber wirken nach so langer Verborgenheit wie wahre Offenbarungen
der Kunst ihrer Schöpfer. Es schwindelt einem, wenn man an die recorda-
Preise denkt, welche für solche Bilder gezahlt würden, wenn sie heute auf den
Kunstmarkt kämen. Die übrigen Abbildungen zeigen meist französisches
Mobiliar des XVIII. Jahrhunderts und sollen lediglich die interieurartige
Aufstellung der Sammlung versinnlichen. Latour
III. GRAPI-IISCHE KUNST zu
AN konnte im Zweifel sein, ob die Plastik oder
die graphische Kunst in der Dresdener Aus-
stellung an erster Stelle stehe. Jedenfalls war
die graphische Abtheilung von dem Director
des königlichen Kupferstichcabinets in Dresden,
Max Lehrs, so vorzüglich ausgewählt und
zusammengestellt, dass dem Beschauer die
gegenwärtige hohe Blüte der graphischen Kunst
stark zum Bewusstsein kam. Hätte man eine
graphische Ausstellung etwa aus dem Jahre 1850
daneben sehen können, so wäre einem über-
dies der grundlegende Unterschied zwischen dem Einst und dem jetzt
augenfällig geworden. Der einst allmächtige Kupferstich spielt keine Rolle
mehr. Wer würde noch daran denken, ein Raffael-Werk von mehreren
Hundert quadratmetergrossen Kupferstichen zusammenzustellen, wie es
in Leipzig noch aus jener Zeit vorhanden ist? Ein einziger grosser
Kupferstich dieser alten Art war in der Dresdener Ausstellung zu sehen, eine
Immaculata nach Murillo; sie spielte eine üble Rolle zwischen all den
Radirungen, Lithographien und Holzschnitten, die jetzt das Feld behaupten.
Auch unter diesen Blättern waren nur wenige Reproductionen zu sehen,
wie etwa Köppings grosse Radirung nach Rembrandts Prediger Anslo im
Berliner Museum. Die Photographie und die photomechanischen Druck-
verfahren räumen immer mehr auf mit den Nachbildungen von Gemälden in
Kupferstich und Radirung, und auch der reproducirende Holzschnitt tritt
immer mehr zurück, weil er den Forderungen der Actualität", der billigen
Herstellung und des Massendarbietens von Bildern in den illustrirten
Wochenschriften und Tageszeitungen nicht mehr zu genügen vermag. Diese
Scheidung hat ihr Gutes In der graphischen Kunst tritt das schöpferische
Moment immer mehr in den Vordergrund, und über den Wert des einzelnen
Blattes entscheidet der künstlerische Wurf, nicht mehr die handwerkliche
technische Geschicklichkeit, die lediglich Voraussetzung ist. Man konnte in
der Dresdener Ausstellung zweifelhaft sein, was alles unter den Begriff
graphische Kunst zu rechnen sei, denn sie umfasste ausser Radirungen,
Lithographien und Holzschnitten auch Handzeichnungen, Pastelle und
Aquarelle. Letztere gehören sicherlich zur Malerei und nicht zur graphischen
Kunst, und nur der äusserliche Grund des Formates, der Wunsch ansprechen-
der Anordnung und ihre Zugehörigkeit zum Geschäftskreise des königlichen
Kupferstichcabinets in Dresden hatte sie in diese Abtheilung gebracht.
Denken wir an Klin-
gers Übersetzung
GriffelkunsW für gra-
phische Kunst, denken
wir ferner an den Ur-
sprung des letzteren
Wortes von graphein
zschreiben undzeich-
nen, so werden wir
schon der Pastellmale-
rei und Farbstiftzeich-
nung, die ineinander
übergehen, zum min-
desten eineÜbergangs-
stellungzuweisen müs-
sen, während die
Zeichnung unzweifel-
haft zu den graphi-
schenKünstengehören
würde. Wollten wir
nur die mechanische
Vervielfältigung als
Merkmal der graphi-
schen Kunst gelten las-
sen, so würden auch
Pastell und Zeichnung
wegfallen. Ohne uns
auf die grundsätzliche Entscheidung dieser Frage einzulassen, halten wir
uns hier einfach an die durch die Ausstellung gegebenen Verhältnisse.
Gehen wir zunächst auf die österreichische Abtheilung ein. Der Vor-
tritt gebürt William Unger. Er darf sich rühmen, der Begründer der
modernen Radirung zu sein; auf seinen Schultern stehen alle, die seit
vier Jahrzehnten mit Nadel und Ätzwasser die Kupferplatte bearbeitet und
die Radirung weiter geführt haben als er selbst. Auch Unger ist mit der
Zeit gegangen, er hatte nicht Nachbildungen, in denen er uns einst so
Überraschendes bot, ausgestellt, sondern bot eigene Leistungen dar, und
man muss sagen, dass auch diese sich durch Geschmack in der Auffassung
und Feinheit der Ausführung auszeichnen, sein Selbstbildnis nicht minder
wie die drei Landschaften, welche die Vorzüge der älteren Wiener Land-
schafterschule an sich tragen, wenn sie auch den modernen Ansprüchen an
malerische Wirkung nicht mehr völlig genügen. An ihn schliesst sich
Ferdinand Schmutzer mit vortrefflichen Leistungen an. Die Radirung Dame
mit "Pferd" ist vielleicht mit Rücksicht auf den Gegenstand zu gross aus-
geführt; aber in der Zeichnung wie in der malerischen Wirkung ist sie tadel-
Romney, Mrs. Robinson Wallace Collection
los. Eine sehr feine Arbeit ist dann die Radirung Mutter mit weinendem
Kind und Kuh"; Ausdruck und Stimmung stehen hier auf gleicher Höhe der
Leistung. Nicht minder tüchtig wirkt der weibliche Act mit ausgestrecktem
Arm und das Bildnis Paul Heyses. Weiter sind auch die beiden Blättervon
Felician vonMyrbach, Landschaft im Mondenschein" undAbendstimmung"
beides Aluminiumdrucke mit trefflich geschauten Bauerngestalten in
weicher I-Ialbdunkelstimmung voller Anerkennung wert, nicht minder auch
drei Radirungen von Gottfried von Kempf, darunter das prächtige Blatt
Elternglück" und das Bildnis des Oberbaurathes Otto Wagner.
Eine Zierde der österreichischen Abtheilung bildeten sodann die
farbigen Steindrucke von Ferdinand Andri. In scharf ausgesprochener
Weise bringt er in seiner Kunst das österreichische Volksthum zur Geltung.
Schon Courbet war der Ansicht, dass der Künstler im Boden der Heimat
wurzeln müsse. Als er einmal, anfangs der Sechziger-Jahre, in einer
Münchener Ausstellung die Landschaften der Münchener Schule sah, deren
Motive überall her geholt waren, brach er in die denkwürdigen Worte
aus Ja, sind denn diese Leute nicht irgendwo zu Hause?" Und in den
letzten Jahren ist das Wort Heimatkunst, das in Avenarius Kunstwart"
geprägt ward, nicht bloss zu einem Schlagworte, sondern zu einer Macht
geworden, die dem l'art pour l'art stark zu Leibe geht. Andri ist ein echter
Heimatkünstler. Seine Gestalten und seine Landschaften sind kraftvoll und
heimständig. Sicherlich hat Andri wohl daran gethan, als er, dem Rathe
Orliks folgend, sich auch der Lithographie zuwandte, denn seine farbigen
Steindrucke sind wohl noch besser als seine Ölgemälde. Besonders zu
nennen ist das prächtige Winterbild mit der Schlittenfahrt". Zu der trefflichen
Naturbeobachtung gesellt sich eine reizvolle decorative Wirkung, welche
das Blatt zum Wandschmuck besonders geeignet macht. Ähnliche Vorzüge
haben auch die anderen Blätter des sympathischen Künstlers, so zum
BeispielDer Wochenmarkt" undDer Tannenwald". Wer die Darmstädter
Ausstellung besucht hat, wird sie mit Vergnügen in den stimmungsvollen
Räumen des Olbrich'schen Wohnhauses gesehen haben.
An der Spitze der österreichischen Griffelkünstler steht der endlich
noch zu nennende Prager Emil Orlik. Beim ersten Blick auf seine diesmalige
umfängliche Sammlung von farbigen Holzschnitten glaubte man vor den
Werken eines Japaners zu stehen, der zufällig unter die Österreicher
gerathen wäre. Indes die Sache liegt anders. Orlik hat über ein Jahr lang
in Japan zugebracht, um dort Land und Leute eingehend kennen zu lernen,
und er hat sich während dieser Zeit auch mit der Technik des japanischen
Holzschnittes gründlich vertraut gemacht. Das Studium in den Werkstätten
der japanischen Formschneider hat es mit sich gebracht, dass er zunächst
sich auch an den Stil der Japaner gehalten hat, wie auch die Holzschnitte
von japanischen Druckern gedruckt sind. Dann aber hat er sich von den
japanischen Einflüssen frei gemacht und Japan mit den Augen eines
Europäers angesehen. Man weiss von früheren Werken Orliks her, ein wie
J"D
1a.
scharfer Beobachter er ist und wie sicher er malerische Wirkung mit
treffender Charakteristik zu verbinden weiss, nicht minder, über welch
feines Stilgefühl er verfügt. Alles das zeigen auch die farbigen Steindrucke und
Holzschnitte, die Orlik aus Japan mitgebracht hat. Mit den europäischen
Nachahmungen japanischer Werke, die an das Wie er sich räuspert
und wie er spuckt" erinnern, haben sie nichts zu thun. Orlik ist auch in
Japan erfreulicherweise geblieben, der er war; nur hat er in Bezug
auf die Technik des Holzschnittes von den Japanern hinzugelernt und
sich vollgesogen von der Schönheit des Landes, die freilich auch wieder
69
S20
Aus der Wallace Collcumon
anders ist, als man sie aus den zurechtgemachten Photographien und den
danach angefertigten Buchillustrationen kennt. Denn zu demVolk" auf diesen
Bildern, zu den Wäscherinnen und sonstigen weiblichen Strassengestalten
werden, wie Orlik beobachtet hat, die schönsten geschmückten Geishas in die
Strassen und Landschaften postirt, so dass man auf den Bildern nur japa-
nische Salontiroler" bewundert. Auf solche Schönfärbereien und Fälschungen
hat sich Orlik nicht eingelassen; bei ihm kann man Japaner und Japanerinnen
in ursprünglicher, unverfälschter Hässlichkeit bewundern, er gibt sie in
ihrem Sein und Treiben treu beobachtet wieder Holzschneider, Maler,
Drucker, Taschenspieler, Arbeiter sehen wir bei ihrer Thätigkeit, Fujipilger
mit Stäben, Rucksäcken und grossen, gelben Strohmatten als Regenschutz
sehen wir auf ihrer Wanderung. Neben der sachlichen Charakteristik hat
D1"!
xäewä
Orlik aber auch die malerische Wirkung erfolgreich angestrebt, so bei den
Fujipilgern und bei den Wagenziehem mit den rothen Mänteln auf blau-
Weissem Grunde. Ungemein stimmungsvoll sind sodann Orliks Lithographien,
so das Blatt Am alten Burgwall" mit den Kriechkiefern, ein Bild, das ganz
deutsch empfundenist, dann der Landungsplatz und Vor einem Theehause".
Es mag bei dieser Gelegenheit erwähnt sein, dass das gesammte graphische
Werk Orliks im königlichen Kupferstichcabinet zu Dresden vorhanden ist,
wo auch die verschiedenen Werkzeuge eines japanischen Formschneiders
und die verschiedenen Platten und Abdrücke eines Orlik'schen Holz-
schnittes zusammengestellt sind. Beides ist lehrreich, und Orliks japanische
69'
Holzschnitte sind musterhaft; hoffentlich aber wendet sich der Prager
Meister mit seiner vervollkommneten Holzschnittechnik und seinem
Steindruck nun wieder heimischen Stoffen zu.
Ein einheitlicher Stil, etwas, wie eine gemeinsame Schule, war in der
österreichischen Abtheilung nicht zu entdecken, aber auch in den
verschiedenen deutschen Abtheilungen Dresden, Leipzig, Berlin, der
Norden, Düsseldorf, Karlsruhe, Stuttgart, München suchte man ver-
geblich danach. Höchstens der Karlsruher Abtheilung gab die den meisten
Künstlern gemeinsame Technik der farbigen Lithographie, die dort durch
Kalckreuth und Carlos Grethe so thatkräftige Pflege gefunden hat, eine
äussere Einheitlichkeit. Die Zeitläufte sind nicht dazu angethan, der Kunst
bestimmte Richtlinien zu geben, wie zum Beispiel zur Zeit der Romantik;
im Leben ringen die verschiedenen Kräfte im heftigen Kampfe miteinander,
man kennt weder Ziel noch Ende; alles ist in Frage gestellt und feste
Lebenswerte sind kaum noch vorhanden. In solchen Zeiten, wo das Leben
der Kunst nicht einen festen Resonanzboden gibt, ist es begreiflich, dass
nur persönliche Kraft und individuell geprägte Anschauung sich zur Geltung
zu bringen vermag; wer darauf angewiesen ist, an gemeinsamen Lebens-
idealen und Anschauungen seine Kraft zu suchen, ist übel daran. Unter
den Karlsruhern trat uns als in sich gefestigte, kraftvolle Künstlernatur
Hans homa entgegen, der seit nicht allzulanger Zeit von Frankfurt dahin
übergesiedelt ist. Aus seinen fünf -Blättern wehte uns deutsches Gemüth
entgegen, ganz besonders aus der Pieta, der Maria, die, mit Schürze und
farbigem Kopftuch bekleidet, mit gefalteten Händen vor Jesu Leichnam
kniet, dessen Körper auf einem Felsstück liegt, und ebensosehr aus der
Hirtenscene ein jugendlicher barfüssiger Hirt, der, draussen zwischen Fels-
stücken unter den weidenden Ziegen, seiner jugendlichen Gefährtin mit
schüchterner Geberde ein Paar Feldblumen hinreicht. Dort der tiefe
innerliche Schmerz, hier die leise, ihrer selbst kaum bewusste Regung
erster keuscher Liebe, beides so echt und wahr empfunden, so schlicht und
überzeugend dargestellt, dass man die Empfindung einer nicht gemachten,
sondern aus innerer Nothwendigkeit entstandenen Kunst hat. In gleicher
Weise ragt unter den Stuttgartern Leopold Graf Kalckreuth hervor.
Seine drei Radirungen, Scheuer", Dorf", Frau mit Schubkarren" zeigen
die liebevolle Versenkung in die heimatliche Natur, aus der der Künstler
seine beste Kraft schöpft, und seine sichere freie Technik, welche nicht
Selbstzweck sein, sondern nur dem höheren künstlerischen Zweck dienen
will. Nennen wir weiter von den Karlsruhern noch Hans von Volkmann als
einen, der imstande ist, empfundene Natur so wiederzugeben, dass auch
im Beschauer die gleich starke Naturempfindung sich regt so in dem
Blatte Weltentlegen" oder einer Welterfahrung überzeugenden Ausdruck
zu geben so in dem Weissen Raben", auf den Hunderte von schwarzen
einhacken und nennen wir weiter noch Karl Hofer, der über ein kräftiges,
phantastisches Empfinden vegfügt, das allerdings in seinen früheren Blättern
Aus der Wallace Colleclion
noch wuchtiger zum Ausdruck kam, als in dem Blatte Feierabend", in dem
aber jedenfalls der specifische, von Klinger in seiner Schrift, Malerei und
Zeichnung so richtig hervorgehobene Stil der Schwarzweiss- oder Griffel-
kunst sich überzeugend äussert.
Unter den sonstigen Blättern der Stuttgarter und Karlsruher farbigen
Lithographien, Radirungen, Schabkunstblättern von Franz Hein, Kall-
morgen, Kampmann, Carlos Grethe, Felix Hollenberg war noch manches
nette ansprechende Blatt für die Mappe oder den Wandschmuck, das von
der allgemeinen Tüchtigkeit auf dem Gebiete der graphischen Kunst zeugt,
ohne uns gerade stärker in Anspruch zu nehmen.
Unter den sächsischen Künstlern sind an erster Stelle zu nennen Max
Klinger und Gotthard Kuehl, an zweiter Otto Greiner und Otto Fischer. Auch
hier treten uns grundverschiedene Begabungen und Bestrebungen entgegen.
Schwerlich wird einer ein schärferes Malerauge haben als Gotthard Kuehl;
in den hundertmal gesehenen Strassen und Plätzen Dresdens entdeckt er
immer neue malerische Bilder, kein farbiger Fleck entgeht ihm, und mit
Wenigen geistreichen Strichen setzt er diese überraschenden Strassen- und
Stadtbilder vor den Beschauer hin. Durch
die ganze graphische Abtheilung verstreut,
erfreuten diese köstlichen Farbstiftbilder
den Besucher immer von neuem, doppelt
erfreuten sie den Dresdener, dessen Auge
damit neue Genüsse erschlossen wurden.
Ganz anders Klinger. Mit Recht ist jüngst
gesagt worden, dass er seit Böcklins Tode
ohne jeden Nebenbuhler das grösste
lebende Genie der deutschen bildenden
Kunst ist. Bei ihm ist nicht das Maler-
oder Farbenauge, das sich froh in der
Umgebung umsieht, das Bestimmende;
vor seinem inneren Auge werden die
tiefsten Probleme der Menschheit zu
Gestalten und Bildern, und seiner schran-
kenlosen Phantasie ist die Radirung das
congeniale Ausdrucksmittel, in dem sich
grosse Auffassung, strenges Stilgefühl und
Kraft der Stimmung zu gemeinsamer
Wirkung vereinigen. In dem Blatte Integer
vitae scelerisque purus" lebt die ganze
geniale Kunst Klingers Götter, Mensch-
heit und Schicksal sind dargestellt, kalt
und gleichgiltig thront das Schicksal
riesengross und übermächtig über der
Welt, in der linken das Stundenglas
haltend, mit der Rechten die verderben-
drohenden Kräfte des Vulkans nieder-
haltend. Wenn er das Stundenglas wendet
und die Hand vom Vulkan entfernt,
Aus der Wallace Collection stürzen Götter und Menschen, über die sein
Auge achtlos hinwegsieht; da hängen sie,
diese Mächte menschlicherPhantasie und menschlichenAbhängigkeitsgefühls
Zeus, Jehova und die buddhistischen Götter, an steiler Felsenwand, zum Sturze
bereit, und da schreitet unbesch0ltenen Lebens und vom Verbrechen frei"
ein jugendliches Menschenkind in die Weite schauend dem gleichen Abgrunde
zu, den es nicht sieht. Zu Füssen des Schicksals aber breitet sich die Welt
aus mit den Schöpfungen menschlicher Kunst ein Haufe Ruinen im'gleichen
Augenblicke, wenn das Schicksal es will. Das Ganze eine gewaltige Vision.
Phantasiekunst sind auch Otto Fischers Landschaften; ihm eignet die
Kraft, Naturstimmung und Phantasieschauen kraftvoll zu vereinigen und
uns Nacht, Dunkel, Gewitter als innerlich erlebt im Bilde wieder vorzuführen.
Der Künstler hat in den letzten fünf Jahren an 200 Blätter Litho-
H. P. Berlage. Gebäude des Verbandes der Diamantenbearbeirer, Amsterdam
graphien und Radirungen geschaffen. Eines der beiden ausgestellten, mit
Nacht" bezeichneten Blätter Aquatinta und Radirung bedeutet den Höhe-
punkt seines Könnens in der Beseelung der Natur und der decorativen
351
breiten Behandlung graphischer Darstellung. Ganz anders wieder ist Otto
Greiners Kunst; er ist der Meister der scharfen, bestimmten Zeichnung,
seine Actzeichnungen sind unübertroffen in der sicheren Modellirung, in der
freien, lebendigen Auffassung; seine Bildnisse der Frau Cosima Wagner und
Siegfried Wagners Radirungen sind fein und kraftvoll in der Charakteristik,
seine Ex-libris sind geistreich und wohl componirt. Für Georg Kolbe
bedeuten die Steindrucke Tod und Menschheit, Flucht, Kampf mit dem
Engel starke alentproben und Anweisungen auf eine erfolgreiche Zukunft
in der Richtung der Phantasiekunst. Die zahlreichen Blätter Georg Jahns
zeigen, was sich ohne den Zusatz einer starken künstlerischen Persönlichkeit
auf dem Wege emsigsten, unermüdlichen Fleisses und sorgsamen Natur-
studiums in der Radirung erreichen lässt. Endlich sind von Dresdener
Künstlern noch Richard Müller und Georg Erler zu nennen.
Auch Berlin war mit gewichtigen Namen vertreten, als da sind Adolph
Menzel, Max Liebermann, Karl Köpping, Ludwig von Hofmann, Leistikow,
Franz Skarbina, Käthe Kollwitz und Albert Krüger. Von Adolph Menzel
sahen wir eines seiner seltenen Aquarelle, eine Rüstung darstellend, von
Max Liebermann eine Farbenstudie zu seinem Bilde Waisenmädchen in
Amsterdam", ein hervorragendes Zeugnis für Liebermanns Kunst, mit ganz
wenigen Strichen das Wesentliche und die volle Bildwirkung anzudeuten,
dazu ein halbes Dutzend Zeichnungen schreitender Bauer, Eselreiten,
Dorfstrasse u. s. w. Seelische Werte sucht man bei Max Liebermann nicht;
sein Können und sein Ruf beruht auf seinem scharfen Auge für das
Charakteristische im Ausdrucke und in der Bewegung, in seinem zeichneri-
schen und malerischen Können. Wer mehr von der Kunst verlangt, innere
Andacht, seelenvolle Stimmung, monumentale niederzwingende Grösse, der
wird bei Liebermann nicht auf seine Kosten kommen. Seine einseitig äusser-
lieh virtuose Kunst als das Höchste zu bezeichnen und aus seinem Gesichts-
winkel die gesammte Kunst zu beurtheilen, wie dies in Berlin geschieht, ist
eine starke Überschätzung Liebermanns, mag er auch im dortigen Kunst-
leben eine Macht bedeuten und seinerzeit durch den Import des
Naturalismus segensreich gewirkt haben.
Die innere Wärme, die leidenschaftliche Seele, die in der Kunst nach
aussen drängt und im Beschauer gleich starke Empfindungen erregt, die
finden wir im Gegensatze zu Liebermann bei Käthe Kollwitz, wenn auch nur
in einer bestimmten Richtung ausgeprägt. Der Tanz um die Guillotine"
zwischen hohen I-Iäusern in dunkler Strasse, und der Bauernkrieg", ein
mit erhobenen Armen, geschwungenen Sensen und fliegenden Fahnen wild
und rachedurstig dahinrasender Haufe zeigen wieder die hervorragende
Kraft der Künstlerin, Volksbewegungen energischer Stimmung impressioni-
stisch wirksam zusammenzufassen. Der Racheengel in den Lüften ist
allerdings missglückt. Ihr Selbstbildnis, das von Energie und social wirkender
Kraft zeugt, und das schlafende Kind, das mit wahrhaft Holbeidscher Kraft
gezeichnet ist, zeigen übrigens, auf wie ernsten Studien Käthe Kollwitzens
Vxlla in Overveen
w.
.l..
533
Kunst ruht. Karl Köpping ist mit seiner schon erwähnten umfänglichen
Radirung nach Rembrandt auf die Bahnen zurückgegangen, die ihm den
Ruf des bedeutendsten deutschen Radirers eingetragen haben; sein Streben,
selbständige Phantasiebilder nach der Natur zu radiren, wie in der
Dryade" und der Huldigung", ist wie bisher jedesmal gescheitert. Wer den
scharfen Verstand, den energischen Forschertrieb Köppings kennt, der ihn
beinahe zum Chemiker gemacht hätte, wird sich darob nicht wundern, aber
warum will Köpping durchaus diese Schranken seines Künstlerthums über-
schreiten, da er doch innerhalb derselben so Bedeutendes zu leisten vermag?
Weiter stammten aus Berlin drei radirte Landschaften von Walter
Leistikow, die des Künstlers feines Naturemplinden in Verbindung mit
unmittelbarem Stilgefühl bekunden, ein Pastell Herbst" von Ludwig von
Hoffmann, worin Natur und Menschenstaffage die gleiche Stimmung athmen
die gelben Blätter fallen, auf ein liebendes Paar schaut der Neid hin, Paul
Baums Bucht von Bajä", ein treffliches Beispiel der vereinfachenden
Manier, mitder Baum der Natur Herr zu werden sucht, und zwei trefiliche
70
r.
z.
v.
Ir
ältere Aquarelle Franz Skarbinas, Pont Royal in Paris und Blick aus dem
Fenster Kaiser Wilhelms.
Die kräftige Pflege der graphischen Kunst in unserer Zeit hat es mit
sich gebracht, dass eine Reihe alter Techniken, die in früheren Jahrhunderten
liegen geblieben sind, wieder aufgenommen worden sind. Dahin gehört die
Wiedereroberung der Farbe für die graphische Kunst. Es bekundet Stil-
gefühl, wenn unsere Künstler mit ihren Erzeugnissen farbiger Griffelkunst
nicht den Wirkungen der Ölgemälde nachstreben, sondern die Farbe
stilisiren, vereinfachen, nur andeuten, wenn sie also die Hilfsmittel der verviel-
fältigenden Kunst nur so weit anspannen, als es Sinn und Verstand hat.
Die farbigen Lithographien Andris, der Karlsruher und anderer wurden
schon erwähnt. Den farbigen Holzschnitt pflegt besonders Albert Krüger
in Berlin, von dem die Dresdener Ausstellung einen Kinderkopf nach
wf-ztäwüf?
f,'f-';"i!1'5"Ä.'
ßsiaarä
j. Stuyl. Villa in Helmond
Rubens und das scharf im PfOfll gegebene Brustbild der Bianca Sforza auf-
wies. Das Bildnis der schönen Frau die ihr gewaltthätiger Oheim Lodovico
Sforza il Moro als Herzog von Mailand dem deutschen Kaiser Maximilian I.,
10'
dem letzten Ritter, zur Frau gab ist in der Zeichnung, wie in der kräftigen
Farbengebung trefflich gelungen und gibt einen prächtigen Wandschmuck.
Weiter bot die Dresdener Ausstellung auch reizvolle farbige Zinkätzungen
junges Grün, Abend, Bach von Arthur Illies Mellingstadt in Holstein
und Radirungen in Farben zum Beispiel von dem Schweden Carl Larsson.
Neuerdings hat Albert Krüger auch einen Metallfarbenschnitt mit drei Platten
nach Böcklins Schweigen im Walde" hergestellt.
Von den Künstlern im Norden Deutschlands sind ausser dem eben
genannten Illies besonders noch die Hamburger Ernst Eitner und Henriette
Hahn Landschaften in farbigem Holzschnitt sowie Hans Olde Seekamp
zu nennen; von ihm stammt das radirte Bildnis Friedrich Nietzsches wie
er in seinem Kissen liegt, sowie das gezeichnete Bildnis des Poeten Detlev
von Liliencron, beide von eindringlicher, menschlich stark berührender
Charakteristik und wirksamer Technik.
In der Münchener Abtheilung fanden sich eine Fülle von Blättern, die
man unter dem Prädicat tüchtige Atelierkunst zusammenfassen kann und die
durchaus geeignet erscheinen, im Hause an der Wand oder in der Mappe
Kunstfreude zu bereiten, so Paul Bachs und Max Feldbauers Stadtbilder
aus Dinkelsbühl Bleistiftzeichnung und aus Rothenburg, oni Stadlers
fränkische Landschaften, Georg Braumüllers Rococoparkscene u. s. w. Hier
finden wir auch die wenigen Spuren von Humor und Satire, welche
die graphische Abtheilung aufwies; die moderne" Kunst trägt im
allgemeinen ja einen griesgrämigen Ernst zur Schau und scheint das Sprich-
wort Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst" vergessen zu haben. Nur in
München hat der künstlerische Humor eine bleibende Stätte. Zu den
Fliegenden Blättern" haben sich die ugend" und der allerdings mehr in
ätzende Lauge als in Humor getauchte Simplicissimus" gesellt. Von den
bekannten Zeichnern der Fliegenden Blätter" war keiner in Dresden ver-
treten; wer könnte leugnen, dass die grössere Kunst beim Simplicissimus ist,
mag uns auch zuweilen bei der rücksichtslos grausamen Satire eines Thomas
Theodor Heine ein Frösteln anwandeln. Ihm ist die Satire Lebenselement.
Schon als Gymnasiast erhielt er das consilium abeundi, weil er in einem
Leipziger Witzblättchen die stadtbekannten Mitglieder der jeunesse bornee
durch allzuähnliche Caricaturen lächerlich gemacht hatte. Seitdem er am
Simplicissimus" arbeitet, hat er sich mehr und mehr von karikirender
Verzerrung frei gemacht, an ätzender Kraft der Satire aber zugenommen.
Bezeichnende Beispiele seiner Kunst in der Dresdener Ausstellung waren
die Blätter Aschermittwoch" und die verlassene Geliebte". Auf jenem Blatte
sah man einen schwarzen Harlekin auf einem Sarge, ein flüchtendes Masken-
paar und einen Todtenkopf mit Lilien und Pickelhaube als Anspielung auf
die widerstrebenden Pole von Kunstfreiheit und Lex I-Ieinze-Polizei, auf
dem anderen Blatte sah man einen jener Schurken aus den höheren
Ständen, die das Mädchen, das sie erst missbrauchen, dann wegwerfen und
zertreten. Wie der tadellos gekleidete Herr in seinem eleganten Salon die
Ed. Cuypers, Wohn user in Amsterdam
Verzweifelte gelangweilt und wegwerfend empfängt, das gibt eine
sprechende Illustration zu solchen Brutalitäten, wie sie zuweilen durch
Gerichtsverhandlungen und Zeitungsberichte an den Tag treten. Die
Erste Liebe" zwischen einem Gymnasiasten und einer höheren Tochter ist
von nicht geringerer Ätzkraft der Satire. Aber ist die ekelhafte Blasirtheit
und Frühverderbtheit wirklich typisch unter den deutschen Gymnasiasten,
ist da wirklich gar nichts mehr von der sentimentalen Schwärmerei, die
man früher für typisch hielt? Wie ganz anders, wie gemüthvoll und erhebend
ist da Thomas Erste Liebe"!
Neben Thomas Theodor Heine, der Hogarth an Schärfe und Klarheit
der Darstellung weit übertrifft und mit seinem Namens- und Glaubens-
genossen Heinrich Heine in Parallele gesetzt werden kann, erscheinen
Engen Kirchner und Max Eichler harmlos. Aber man wird nicht ohne
Behagen Kirchners Blatt Zweifel" stumme Zwiesprache zwischen einer
Stadtdame und dem Storch nebst einem Chorus von sechs Bäuerinnen und
Eichlers Nun ruhen alle Wälder" Gegensatz zwischen dem Nachtleben
am Stachus in München und der Nachtruhe in einem oberbayerischen Dorfe
betrachten. Es wäre unmöglich, bloss von Heine und Simplicissimus künst-
lerisch zu leben. Neben Heine erscheinen Wilhelm Leibl und Heinrich
vv
Wolff als die stärksten Persönlich-
keiten unter den Münchnern. Von
Leibl sahen wir ein halbes Dutzend
seiner energisch zur Natur weisen-
den gezeichneten Bildnisse und
Lebensscenen, von Wolff radirte
kleine Blätter gleicher Art. In
allem zeigte er sich als ein schar-
fer Beobachter und vorzüglicher
Charakteristiker voll Geist, tech-
nischer Fertigkeit und Freude am
Leben. Es lohnt, den Namen
dieses Künstlers zu merken. Auch
Oskar Graf Freiburg ist ein Künst-
ler, von dem sich vielleicht noch
Bedeutendes hoffen lässt. Seine
Pieta Johannes und Maria am
Leichname Christi- eine Radirung
von einem Meter Höhe und mehr
als einem Meter Breite zeigt nicht
erfolgloses, ernstes künstlerisches
Streben.
Bei den noch übrigen Kunst-
ländern müssen wir uns kürzer
fassen. Von den Franzosen war
Auguste Lepere gut vertreten. Er
x. P. c. de Bazel, Schrank ist zugleich Maler, ein unvergleich-
licher Zeichner, Radirer und Holz-
schneider, und er ist unermüdlich bestrebt, alle Techniken auszuprobiren und
neue Wege zu suchen. Seine Radirungen zeigten sämmtlich Scenen und
Ansichten aus Paris, die er mit geistreicher leichter Hand hingesetzt hat. Nicht
minder vorzüglich sind seine Holzschnitte; Lepere gehört zu den Künstlern,
die ihre Zeichnungen selbst auf den Holzstock bringen und schneiden. Er
bewegt sich dabei in merkwürdigen Gegensätzen. Über den Holzschnitt,
seinen Stil und sein Schicksal ist in den letzten Jahren in den Fachblättern
viel hin- und hergestritten worden. Es handelt sich dabei um die Frage, ob
der so hoch entwickelte Tonschnitt und die Fähigkeit des I-Iolzschneiders,
jede malerische Wirkung eines Gemäldes ins Schwarzweisse zu übersetzen,
einen berechtigten Fortschritt oder aber eine Stilwidrigkeit bedeuten, die den
Untergang des Holzschnittes herbeiführe. Der Streit führt aber zu nichts,
die wirtschaftlichen Fragen entscheiden in den meisten Fällen; sogar in
der Illustrirten Zeitung und in den Fliegenden Blättern, wo der Holzschnitt
früher Alleinherrscher war, tauchen immer mehr Autotypien auf die
Actualität und die Billigkeit tragen die Schuld. Der Stil thut dabei nichts zur
Sache; der alterthümelnde primitive Contu-
renschnitt dringt nur dort durch, wo eine
starke künstlerische Persönlichkeit sich
seiner zu einem bestimmten Zwecke bedient,
zum Beispiel wenn Sattler ein ganzes Buch
in dieser Weise illustrirt. Was den Stil an-
langt, so sollte man sich einfach entschlies-
sen, zu den alten Kunstausdrücken Kupfer-
stich und Holzschnitt auch den neuen Aus-
druck Holzstich anzunehmen, denn für
viele moderne Erzeugnisse ist der Name
Holzschnitt eben gar nicht mehr bezeich-
nend. Man konnte sich davon vor den
Werken Leperes bequem überzeugen das
Blatt Nymphe im Bade" ist ein ausge-
sprochener Holzschnitt, die Pferdeschwem-
rne bei Notre Dame ein ausgesprochener
Holzstich und zwar von vorzüglicher Güte.
Nennen wir noch von den Franzosen
J. L. Forain, den satirischen Schilderer der
Pariser Sitten oder besser Unsitten, von dem
einige Zeichnungen, Musterstücke in der Feinheit andeutender Charakteristik,
ausgestelltwaren. Was von Forain und Genossen allwöchentlich in den Pariser
humoristischen Blättern zu sehen ist, gibt in mehr oder minder schlechter
Wiedergabe nur einen schwachen Begriff von der Kunst dieser Meister.
Weiter Felix Bracquemond mit einem geistvoll und vornehm aufgefassten
Bildnisse Edmond de Goncourts, Edgar Chahine mit vier flotten und charak-
teristisch hingesetzten Radirungen, Paris und die Pariser darstellend, und
Georges Jeanninot, dessen Bataillon auf dem Marsch" Steindruck meister-
haft das stumpfsinnige, mechanische Vorwärtsstampfen in Schmutz und
Regen wiedergab.
Schweden, wohin William Unger und sein holländischer Schüler
Leopold Lowenstam einst die Radirung getragen haben, war besonders
durch die zahlreichen prachtvollen Blätter von Anders Zorn und Carl
Larsson vertreten. Zorn handhabt die Radirnadel mit erstaunlicher künst-
lerischer Freiheit in ganz eigenartiger Weise. Er arbeitet nur mit kürzeren
oder längeren Strichen, die er parallel nebeneinander setzt. Es ist erstaun-
lich, welche Wirkungen er mit diesem einfachen und einförmigen Hilfs-
mittel zu erzielen vermag. Scheinbar kraus, flüchtig und planlos hingesetzt,
gehen sie aus der richtigen Entfernung zusammen und ergeben die
gewünschten Formen mit bestimmter scharfer Charakteristik, nicht minder
auch feine Lichtwirkungen und Stimmungen. Besonders bezeichnend für
seine Kunst sind die Blätter Junge Mutter", Das badende Mädchen",
die Bildnisse des amerikanischen Amateurs Marquard, des Präsidenten
J. L. M. Lauweriks. Holzschnitt
JT"
Cleveland, des franzö-
sischen Malers Bes-
nard St. Gaudens, und
sein Modell. Merk-
würdig ist, dass uns
Zorn in seinen Ge-
mälden Madonna,
Mitsommernachtfest
und anderen als ein
so echter Heimat-
künstler entgegentritt,
während ihn seine Ra-
dirungen nur als inter-
L. M. Lauweriks, Holzschnitt nationalen Künstler
offenbaren.
Carl Larsson hatte drei seiner Aquarelle ausgestellt, die ihn als Act-
maler von glänzendem Können und trefflichem Geschmacke kennzeichneten.
Es ist erstaunlich, wie plastisch er trotz der schwarzen Umrisse die
Körper zu modelliren weiss. Auch ein prächtiger Farbendruck St. Georg
und die befreite Prinzessin stammt von ihm. Von einer schwedischen
Gesellschaft zur Förderung der Volkskunst ist es in Tausenden von Blättern
in Schule und Haus in Schweden verbreitet. Dem finnländischen Künstler
Axel Gallen vertraten besonders eine Reihe interessanter Ex libris, die von
seiner phantastischen Erfindungsgabe und seinem Humor zeugten.
In der belgisch-holländischen Abtheilung fielen besonders die Bildnisse
von Jan Veth August Bebel, Prof. Treub, Prof. Max Gillavry darstellend
auf. Veth, welcher Vorsitzender des Niederländischen Radirclubs ist, hat sich
eine ganz individuelle Art der Bildnisdarstellung angeeignet, vermöge deren
man seine Bildnisse mit Leichtigkeit aus Hunderten herausfindet. Schlagende
Ähnlichkeit, ein kraftvoller Wirklichkeitssinn und eine energische, fast derbe
Zeichnung zeichnen seine Bildnisse aus. Neben Jan Veth steht Hendrik
l-Iavermann, der gemüthvolle Schilderer des bäuerlichen Lebens seiner
Heimat, insbesondere liebevoller Mütter und froher Kinder. Die Blätter
Dünenfälterchen, Mutter, unge Mutter sind besonders reizende Proben
seiner anheimelnden Kunst. Dazu kamen weiter charakteristische Thier-
studien in Steindruck von Hoytema besonders eine komische Affenfamilie
und die Landschafter und Architekturschilderer Albert Baertsoen, Gradt
van Roggen, Storm van's Gravesande und Martinus Kramer, welch letzterer
uns in stimmungsvollen radirten Bildern die Strassen und Canäle von
Amsterdam, Rotterdam und Haag namentlich im malerischen Schmuck
des Schnees vorführt. Nicht zu vergessen ist hier Constantin Meunier, der
mit Wasserfarben und mit dem Bleistifte das Leben der Arbeiter Damm-
arbeit am Meere und Einfahrt der Bergleute mit wuchtiger Kraft und
innerlicher Antheilnahrne uns vorführt.
So bleibt endlich noch die glanzvolle
englische Abtheilung, welcher die Preis-
richter mit vollem Rechte die weitaus
grösste Anzahl der Auszeichnungen zu-
gesprochen haben. Hier sah man vor
allem die prachtvolle Sammlung der Ra-
dirungen James Mc. Neill Whistlers, die
der berühmte Künstler im vorigen Jahre
fürdiePariserWeltausstellungzusammen-
gestellt hatte, die besten Drucke, die über-
haupt von diesen kostbarenBlättern vor-
handen sind, ein auserlesener Genuss für
den Kenner.
Eines der achtzehn Blätter die
Lumpensammler stammt noch aus
dem Jahre 1858, also aus der Zeit, da
der in Baltimore geborene Künstler eben
in Paris seine künstlerische Erziehung
vollendet hatte. Nicht vertreten war die
Folge von Themsebildern, welche noch
sehr einlässlich durchgeführt sind. Dann
aber folgten eine Anzahl Blätter aus der
Amsterdamer Folge, die fast mehr auf
die Kupferplatte gemalt als gerissen,
schon die ganze geistvolle suggestive Ma-
nier Whistlers zeigen, die ihm so ganz
persönlich zu eigen ist, und die er seit-
dem nicht mehr wesentlich geändert hat,
endlich auch einige von den 26 Blättern
Ansichten aus Venedig, die Whistler
187911885 Auftrage der Fine Art JL,M,L3uwerik5,l-glz5ghnin
Society schuf. Mit Recht stellt sie sein
Biograph in eine Reihe mit den besten Werken Rembrandts und
Meryons. Whistler schildert nicht die weltbekannten und anerkannten
Schönheiten von Venedig, sondern gibt die persönlichen Eindrücke
wieder, die er als fein empfindender Künstler in der an verborgenen
poetischen Reizen so reichen Lagunenstadt gehabt hat. Er gibt dabei mit
seinen feinen Linien die Paläste u. s. w. nicht vollständig wieder, sondern
deutet sie nur an und überlässt dem Auge und der Phantasie des
lebhaft angeregten Beschauers die Vervollständigung. Kraft und Zartheit
vereinigen sich in diesen Blättern; grosse Auffassung der Natur geht Hand
in Hand mit feinsinniger Kunst der Composition. Schwerlich wird man wieder
in der Lage sein, eine Sammlung von so köstlichen Whistler'schen
Drucken beisammen zu sehen.
7x
i. XV Gleich Whistler, stammt
auch Joseph Pennel aus Amerika.
avavssßar-Ä
Schon in seiner Vaterstadt, dem
so überaus nüchternen Philadel-
phia, wusste er in Winkeln und
Gässchen die interessantesten
Stoffe, malerische Baracken, ma-
lerische Luft- und Lichtwirkun-
gen auszuspüren und geschickt
wiederzugeben, so dass man ihn
den Me'ryon von Philadelphia
nannte. Von den Blättern, die
er in Europa schuf, sind vor
allem die sieben Ansichten aus
London in Aquatinta rühmens-
wert, die den für London so cha-
rakteristischen Nebel in elas-
sischer Weise schildern, ganz
1. L.M. Lauweriks, Holzschnitt besonders Ansicht von
Charing Cross. Pennells Neigung zum Ausserge-
wöhnlichen zeigen die beiden Blätter Am Thurm von Notre Dame in Paris"
mit dem Blick auf den Louvre, den Sanct jacobsthurm u. s. w. und Der
malerischeste Punkt der Welten". Wenn das Malerische in der Fülle der
mannigfaltigsten Berge, Strassen, Felder, Wälder, Thürme, Häuser, Stand-
bilder u. s. w. besteht, hat der Künstler mit der Bezeichnung des Blattes
Recht. An Pennell schliesst sich Alphons Legros, der aus Dijon stammt und
über Paris nach London kam,
ein Künstler von entschiedenem
Ernst mit voller Abneigung
gegen Triviales, Glätte und Ober-
flächlichkeit. Das weibliche Ele-
ment spielt in seiner Kunst
keinerlei Rolle; über der land-
läufigen Schönheit steht ihm die
charaktervolle I-Iässlichkeit. Seine
Radirungen Hütte im Moor"
und Die Farm der Abtei" zei-
gen, wie er den grössten Meister
der Radirungen, Rembrandt,
studirt hat, ohne von ihm skla-
visch abhängig zu werden. Kraft-
voll und bedeutend in der Stim-
mung ist der Tod des Land-
Streichers" unter dem vom Sturm F. Zwollo, Getriebene Schüssel
j. L. M. Lauweriks,
Holzschnitt
Porzellan der Thonwarenfabrik "Rozenburg" im Haag
bewegten Baum. Vornehm und charakteristisch sind seine radirten
Bildnisse, von denen wir die des Poeten Alfred Tennyson, des Cardinals
Manning und des Naturforschers sahen. Gleich vornehme und geschmack-
volle Bildnisse, die in ihrer schlichten Kraft der Charakteristik an
Holbein erinnern, darunter das des Malers Sauters und das des Dichters
Rudyard Kipling, sahen wir sodann von William Strang, der nicht minder,
bedeutend ist als die genannten englischen Künstler. Als Schotte finden
wir in seinen Schöpfungen die Freude am Phantastischen und Märchen-
haften, die seinem Volke eigen ist; aber auch der Schilderung des Lebens
der Gegenwart geht er nicht aus dem Wege; die glatte Schönheit gilt
ihm eben so wenig wie Legros. Ausser den Bildnissen enthielt die
Dresdener Ausstellung besonders Illustrationen zu Rudyard Kipling und
ein grosses, in kraftvollen Gegensätzen von Licht und Schatten gehaltenes
Blatt Die Schiffer am bewaldeten Flussufer".
Porzellane der Thonwarenfabrik Rozenburg" im Haag
544
Weiter sind zu nennen der Schotte David Young Cameron, der ein
Dutzend seiner köstlichen, leise an Meryon erinnernden radirten Ansichten
von London, Venedig, Siena auch das berühmte Blatt Der Stuartpalast"
gesendet hatte, der Architektur-
Radirer J. Watson, von dem ein rei-
zendes Strassenbild aus Lincoln
stammt, dann Charles I-Iazelwood
Shannon, der in seinen freien Schö-
pfungen in Steindruck ausschliesslich
nackte Gestalten in verschwimmender
Technik mit ungewöhnlicher Weich-
heit darzustellen pflegt, während er
in seinen Bildnissen zum Beispiel
dem von Legros mit wenigen Strichen
das Charakteristische in Haltung
und Zügen wiederzugeben weiss,
dann Frank Short, der drei vorzüglich
nachempfundene Blätter nach Turner,
Constable und de Wint in Schabkunst
ausgestellt hatte, und John Finnie,
dessen grosse bildmässige Land-
schaften in Schabkunst die alte Manier
vertreten, die unseres Erachtens die
Eigenart der Griffelkunst nicht in
Ch. Lebeau und Frau Baars. Baiikirter Bucheinband ggnügender Vveisg zur Geltung bringt
Andere Züge in die Übersicht der
englischen Griffelkunst brachten ferner Robert Anning Bell mit seinen
ansprechenden Illustrationen zu Shakspere in Federzeichnung und John
Macellan Swan, der sich ebenso sehr als Actzeichner, wie durch seine
Thierbilder fressender Leopard, Löwenpaar in Kreidezeichnung
hervorthat.
Endlich sind drei englische Meister des Holzschnittes zu nennen.
Lucien Pissarro pflegt die primitive Umrissmanier. Da seine Illustrationen zu
Rothkäppchen, Schneewittchen, Ruth und Esther ganz ausgesprochen
englisch empfunden sind, wollen sie uns Deutschen nicht recht eingehen.
Weit mehr wissen uns da Morley Fletcher und Sidney Lee zu fesseln.
Jener bewegt sich allerdings in seinen sehr geschickten Landschaften in
Farbenholzschnitt durchaus auf japanischen Pfaden. Sidney Lee aber ist
völlig selbständig in seiner Auffassung. Die Motive zu seinen vortreff-
lichen Farbenholzschnitten waren alle einem kleinen englischen Hafen
entlehnt; in Formen und Farben huldigt er, ähnlich wie die Karlsruher
in ihren Lithographien, einer weitgehenden Vereinfachung und mit geringen
Hilfsmitteln weiss er dabei ebenso stimmungsvoll wie decorativ gross zu
wirken. Köstlich ist zum Beispiel Das Gasthaus zur Schaluppe" The
Sloop Inn in seiner blaugrünen Mondscheinstimmung. Auch andere Blätter
545
wie Die Brücke", Segeltrocknen", Das Haus auf dem Hügel" weisen
gleich grosse Vorzüge in der angegebenen Richtung auf. Die scheinbare
Selbstverständlichkeit dieser Blätter
verführte gar manchen Beschauer,
die grosse Kunst, die in der gewoll-
ten Einfachheit liegt, zu übersehen.
Denkt man zurück an die gra-
phischen Abtheilungen der Ausstel-
lungen zu Dresden 1897, 189g und
besonders 1901, so muss man von
neuem anerkennen, dass es hier im
Gegensatze zu allen anderen Aus-
stellungen gelungen ist, auch diese
Abtheilung auf eine wirklich künst-
lerische Höhe zu bringen, und es ist
erfreulich zu melden, dass das kunst-
sinnige Publicum dies wohl erkennt
und anerkannt hat, denn hier, wo
es mit behaglichem Schlendern
durch die Räume nicht gethan war,
konnte man Tag für Tag gar
manchen Besucher sehen, der sich
dem Einzelstudium der an 600 Blätter
widmete, und auch sehr zahlreiche
Verkäufe gerade in dieser Abtheilung
Ch. Lebeau und Frau Baars, Batikirter Bucheinband
zeugten von der Theilnahrne, welche sie gefunden hat. Wären die graphi-
schen Ausstellungen aller Orten so vorzüglich ausgewählt, so könnte eine
Wirkung auf den Geschmack des Publicums und damit auf den der
Familienblattverleger nicht ausbleiben.
weitem Felde.
Leider aber steht das noch in
ÜNSTLERHAUS. Der Herbst hat das Künstlerhaus mit buntem Leben gefüllt.
Im ersten Stock haust Professor Franz von Defregger, von dem hier x24 Bilder und
Studien vereinigt sind. Das Erdgeschoss enthält die Herbstausstellung von 600 Nummern,
grösstentheils Bilder. Die Defregger-Ausstellung reicht von den Anfängen des Meisters,
als er noch die kalkgetünchte Plauzstube" und Fercherstube" sammt ihren ländlichen
Insassen bieder abzeichnete und silhouettenhaft mit Wasserfarben anlegte, bis ins
ahr 1901. Aus diesem stammt eine grosse Wallfahrt, in der ein harter Drang zu hellerem,
bunterem Wesen offenkundig wird, und eine Anbetung der Hirten Eigenthum der Erz-
herzogin Elisabeth, die in ihrer localfarbigen Schlichtheit an die gemüthlichen Stations-
bilder eines Kreuzwegs erinnert. Auch in der Berliner Akademie gab es voriges Jahr eine
Defregger-Ausstellung. Nord und Süd sind darin einig. dass der Meister einen Gipfel der
neueren deutschen Malerei bildet. Sieht man sich unter seinen Bildern urn, so drängt sich
vor allem die galeriebraune Zeitfarbe der Münchner Neurenaissance auf. Aber die
Piloty'sche Palette ist bei Defregger wesentlich aufgefrischt durch das herbe Grau, Grün
und Weiss seines heimatlichen Pusterthales. Schon in der Skizze zum Letzten Aufgebot"
spielt dieser Dreiklang erfrischend in das Braun hinein. Dazu kommt sein Stoffkreis, der
doch ein urwüchsigerer ist als die das Modellstehen längst gewohnten I-Iolzknechte und
Moidles der Münchner Lederhosenzeit. Er hat vom Hause aus ein rescheres Naturstudium
und dazu einen historischen Patriotismus ganz volksthümlicher Art. Andreas Hofer ist
sein Achilles, Speckbacher sein Odysseus. Mit solcher Mythologie und solchem Heroen-
cultus im Kopfe wird man ein Realist, der über den Kunsthändlerstil und die Publicum-
themen hinausgeht. Er ist freilich kein eigentlicher Historiker, sondern ein historischer
Genremaler, der aber in aller Echtheit. Wenn man sein grosses Bild Heimkehrender
Tiroler Landsturm" Berliner Nationalgalerie sieht, erinnert einen der mannigfaltige
Jubel an nichts lebhafter als an Anzengrubers KreuzelschreibeW. Das historischeste seiner
ausgestellten Bilder ist die Scene Andreas Hofer empfängt in der Hofburg zu Innsbruck
die Geschenke Kaiser Franz I." Es trägt am Rahmen die bedeutsame Widmung Dem
Kaiser seine Geschwister. 24. April 187g". Also ein Geschenk zur silbernen Hochzeit.
Hier ist die historische Idee der Treue zu Kaiser und Vaterland durch einen symbolischen
Act verkörpert. Das Bild ist 187g gemalt, noch injenen Siebziger-jahren, in denen Defregger,
im Grunde kein Farbenfeuerwerker, sondern ein realistischer Charakteristiker und Erzähler,
durch das Beispiel Pettenkofens und namentlich Passinis ein richtiger Colorist im Sinne jener
Zeit der reichen, warmen, brauntonigen Scala wurde. Das prächtigste seiner so gearteten
Bilder ist zweifellos der Zitherspieler" 1876 aus der kaiserlichen Galerie, wo er eine
weiche, sammtige Wohligkeit und Sattheit der Farbe erreicht, die nur bei Passini ihres-
gleichen findet. Eine fast gleichwertige kleinere Variante dazu 1877 hat Herr Gustav
Geipel in Asch eingesandt. Anderes aus dieser Zeit erinnert mehr an Pettenkofen, so die
erschreckten jungen Wilderer" 1871 mit dem effectvoll einfallenden Fensterlicht, oder
die ebenso beleuchtete Studie Küche im Sarnthal" 1874, wo zwischen schwärzlichem
Grau und Silberlicht ein ganzes Lichtphänomen sich abspielt. In den Achtziger-Jahren ist
diese Episode vorüber. Sein grosses Historienbild, das den Schmied von Kochel am
Rothenthurmthor darstellt, ist eine mehr epische, als coloristische Anstrengung; echter
Defregger, aber von mehr mühsamer, sich nicht lösender Farbe. Es geht ihm wie Uhde
bei solchen Anstrengungen. Von grossem Interesse sind auch die Studien über ländliche
Localitäten und die Porträts, deren jedes beinahe in einer anderen Manier gemalt ist.
Der beste Beweis, dass der Künstler immer noch suchte und versuchte, obgleich er schon
so vielerlei gefunden. Sein Selbstporträt und das Bildnis des Prinzregenten sind äusserst
sorgfältige und ausdrucksvolle Stücke.
In der Herbstausstellung fallen zunächst sechs Maler mit ganzen Sammlungen ihrer
Bilder und Studien auf. Hugo Darnaut füllt einen ganzen Salon mit seinen feiniühligen
Luft- und Bodenstudien, in denen meist die niederösterreichische Note gemüthlich anklingt.
Er ist darin der Erbe Schindlers. Die Gemüthsart seiner Bilder ist meist eine nachdenklich-
träumerische, er hat eine dämmerige, leise anklingende Farbenwelt und eine zierliche, das
Detail liebkosende Hand. Manche der Studien sind augenscheinlich älter, die aus Eisenerz
gewiss zwanzig Jahre alt. Damals schrieb er die Sachen realistischer nieder. jetzt macht
sich mehr die lyrische Empfindung geltend. Das grosse Bild der Stubenthorbrücke, unter
erröthendem Abendhimmel, mit einer Reihe heller Gasilammen, die sich im Wieniluss
spiegeln, ist für ihn ganz charakteristisch. Aber er hat doch auch seine energischeren
Stunden, wo er im kleinen kräftig und saftig sein kann. Das vom Ministerium erworbene
Bild Gewölk nach dem Regen", dann noch einige andere Waldfriede", Gehöft in
der Heide" sind vorzügliche Arbeiten dieser Art. Einer aus noch älterer Generation ist
Franz Zveiina, der eigenartige Zeichner, von dem lange nichts mehr zu sehen gewesen.
547
Ch. Lebeau und Frau Baars, Balikirte Gardine
Er ist der Illustrator der slavischen, besonders südslavischen Welt, von der er seine eigene
Vision hat. Sein Realismus, der alles Sichtbare umfasst, ist sehr genau und hat doch einen
phantastischen Anstrich. Die historische Landschaft von einst hat sich bei ihm individuell
stilisirt. Dann kommen drei junge, Neue. Ludwig Koch hat gleichfalls ein ganzes Cabinet
gefüllt. Er hat die Passion für das Militär, für Uniformen, Waffen, Pferde. Wie tüchtig er
durchgebildet ist, zeigt er in den sorgfältigen Aquarell- oder Gouachebildern der Erzherzoge
Franz Salvator und Heinrich Ferdinand in der historischen Dragoneruniform für das
Jubiläum zu Enns, und anderen kleinen cavalleristischen Porträts Prinz Albrecht zu
Schaumburg-Lippe. Auch einige Pferde sind in Gouache ganz brillant abconterfeit. Enns
scheint für ihn ein dankbarer Schauplatz gewesen zu sein, denn auch die alten Häuser
des Städtchens haben ihn viel beschäftigt. Das Hauptstück seiner Ausstellung ist aber ein
grosses, in Gouache ausgeführtes Gedenkblatt zur Erinnerung an den von Seiner k. und k.
Apostolischen Majestät anlässlich der Manöver in Jaslo am 16. September xgoo allergnädigst
erlassenen Armeebefehl". Auftrag des k. und k. Reichskriegsministeriums, Privatbesitz
Seiner Majestät. Es ist eine Figurenreiche Scene das I-Iofzelt mit dem Kaiser und seiner
Suite, dem Erzherzog Rainer, huldigend gesenkten Fahnen und einer glänzenden Menge
von Officieren und Mannschaften. Das massenhafte Detail an Porträts und Ausrüstung ist
mit brillanter Verve bewältigt und sicher zusammengefasst. Wie gründlich der Künstler
zu Werke gegangen, zeigt die lange Reihe von Porträtstudien in Aquarell, die er als Vor-
arbeiten nach der Natur gemalt hat. Es ist eine Galerie von militärischen Zeitgenossen, die
ihren historischen Wert hat. Drei weitere Collectivausstellungen sind von Karl Pippich,
dem wiederholt besprochenen Maler der Stadtbahn- und Wienregulirungsarbeiten, V00
j. N. Geller und Jehudo Epstein. Pippich bringt auch jetzt sachlich sehr interessante
Viennensia, wie die Freilegung der Minoritenkirche, die Demolirung der Elisabethbrücke,
Blick auf Wien vom Liebhartsthal aus Abendbeleuchtung. Ihm und noch anderen Wiener
Vedutenmalern in der Ausstellung Graner, Kopallik wäre nur zu empfehlen, sich ihr altes
Wien doch öfter in einer freundlichen Beleuchtung anzusehen. Auch die Wiener Sonne
gehört ja unzertrennlich zu Altwien. Geller widmet sich immer noch mit Vorliebe dem
Volks- und Kinderleben im Prater, das er seit zwei Jahren mit wachsender Technik in sonnen-
dunstigen oder staubig-dämmerigen Gouachebildern darstellt. Epstein endlich malt mit
derber Faust Farbenstudien aus dem Süden, in denen das Letzte noch lange nicht gesagtiSt-
Sehr bemerkenswert sind seine Bleistift- und Kohlezeichnungen aus Italien. Auch unter
den Einzelnen der Ausstellung ist manches sehr Bemerkenswerte. Die Porträts
von Temple, namentlich die mehr studienartig behandelten, das elegante Reiterporträt des
Kaisers von Th. Ajdukiewicz, David Kohns lebensvolle Röthelbildnisse des Unterrichts-
ministers und des Grafen Wilczek, ein I-Ierrenbildnis von joannowits. Dann im Genre
gute Bilder von jungwirth vom Ministerium erworben, Schram, Hedwig von Friedländer,
I-Iomolac, Egger-Lienz Nonne im Laubengang, unter Sonnenreflexen, I-Iessl. In der Land-
schaft treffliche Stimmungsbilder von Schäffer, Zoff, Ribarz, Tomec, Fechter, Hudecek und
anderen. Zwei Gäste aus Brüssel schliessen sich an Lucien Frank mit seinen phantastisch
gesehenen Ansichten aus Flandern und jules Potvin mit saftigen, aus tiefem Dunkel
herausgearbeiteten Innenscenen; beide Künstler hier schon bekannt. Plastik ist nicht viel
vorhanden. Hervorragend die Marmorbüste des Generals Prinzen Windischgraetz; wirksam
die polychromirteWachsmassengruppe Tobias" von Anselm Zinsler; originell die plastische
Idee Elsa von Kalmars, die langen, mannigfach modulirten Linien der istrianischen Land-
schaft als zwei ganz flach und linear behandelte männliche Acte, die schlafend hingestreckt
liegen, zu symbolisiren.
ECESSIQN. Die XII. Ausstellung der Secession ist in der Hauptsache eine nordi-
sche". Nachdem die Vereinigung ihrem Publicum die bahnbrechenden Künstler des
Westens vorgeführt, hat sie jetzt den skandinavischen, Finnischen, russischen Norden
herangezogen und eine ganze Reihe bedeutender Künstler hier zum erstenmale ausgestellt.
Nach Russland und Finnland hatte sie sogar eigens zwei Mitglieder entsandt, nähere
Umschau zu halten. Die malerische Note, die damit angeschlagen wird, ist frisch und
eigenthümlich, da der Norden nachgerade der Pariser Schule entwächst und eigene Farbe
mit eigener I-Iand zu geben trachtet. Zu diesen Nordländern sind noch eine schweizerische
und eine niederländische Gruppe gesellt; die Plastik ist international. Gleich beim Eintritte
fallt der Blick auf die Wand der Schweizer. Ihr Mittelstück ist das grosse Bild Der Aus-
erwählte" von Ferdinand I-Iodler Genf, das viel Rumor erregte, doch bald in Privatbesitz
überging. Es ist ein Andachtsbild ganz modernen Wesens, modern auch in der Art, wie es
in einer frühchristlichen Längstvergangenheit schöpft. Man muss an byzantinische Mosaiken
und an die Wandmalereien der Katakomben denken, deren feierlich-intimer Stilgehalt hier
mit den Mitteln von heute erstrebt wird. Wenn man von Neuromantisch und Neurenaissance
reden kann, ist auch neuarchaisch zulässig, wenn nur der Künstler die Stimmung wieder
zu befehligen weiss. Dazu gehört eine aufregende, beunruhigende und doch gewinnende
Persönlichkeit, wie Hodler. Seine sechs lichten Engel, die sich zu dem nackten Knäblein
herablassen, das vor einem kürzlich gepflanzten Bäumchen kniet, diese in senkrechtem
Niederschweben plötzlich stille haltenden Gestalten haben einen durchaus transcenden-
talen Habitus und sind dennoch Kinder einer realistisch genährten Zeit. Ihre Typen sind
von heute, ihr Lineament, die Anordnung des sechsmal wechselnden Faltenwurfes dieser
sechs weissen Mäntel, die bis auf den Boden niederreichen, sind Variationen im Sinne
eines kunstgeschichtlich vielerfahrenen Feinschmeckers. Aber eines naiven zugleich, wie
denn die Moderne wundersam genug bewiesen hat, dass es Culturepochen gibt, in denen
hohe Bildung und Einfalt zwei Seiten des nämlichen Wesens sind. Auch bei Gustave
Moreau und Burne-jones kann man diese Art von Schwebezustand beobachten, diese
Gewichtsgleichheit von Gestalt und Luft, die den reinen Willen als ausreichende Kraft-
maschine voraussetzen lässt. Der Stil des Bildes ist übrigens ganz freskenhaft, so wie der
des zweiten I-Iodlefschen Bildes Frühling" ganz glasfenstermässig. Es fehlt augen-
scheinlich an Aufträgen für die Techniken, die dem Künstler im Blute liegen, und in diesen
Bildern träumt er davon. Es ist interessant, auch sein Porträt kennen zu lernen, von Cuno
Amiet, der übrigens noch zwei treffliche Bilder hier hat. Der Kranke" ist eine tiefe
schwermüthige Harmonie von Baumlandschaft und gemusterten KleiderstoEen und mitten
drin als hellster Fleck das bleiche Gesicht des Leidenden. Das alles ist mit einem
S.
h.
eigenen freudlosen Schweigen der Farben gegeben. Dagegen jubelt es hell auf in Mutter
und Kind" Sonnenschein auf einem Rosakleid, auf rosigem Fleisch und einer weiten
grünen Wiese voll goldgelber Butterblumen, alles breit und Hiessend hingegossen. Der
dritte Schweizer, Alexander Perrier, ist im Gegentheil scharf und spitz. Er geht bis in das
Einzelne der Tannennadeln, und in Kleid und Haar eines seltsam gestimmten Frauen-
bildnisses bis in den einzelnen Faden. An der Spitze der schwedischen Künstler steht
Prinz Eugen von Schweden mit zweien der drei Landschaften, die er auf der Welt-
ausstellung gehabt. Das Alte Schloss" mit seinem rothen Dach in sommerlichem Grün
und Die Wolke", eine jener Wolken, die er zu lieben scheint und die sich wie Spinnen-
gewebe mit langen Fäden durch das Blau ausspinnen. Der Schnee ist natürlich bei den
Schweden ein Lieblingsstoh". Sie malen selbst seine kühnsten Phänomene, die schon
schneewidrig scheinen. So Fjaestad unberührten Schnee in breiten Flächen, die unter dem
Monde ganz Biesspapiergrau werden können, vorne aber förmlich glitzern. Er malt auch
den Reif, im äussersten Weiss-in-Weiss, in stalaktitenhaften Gestaltungen, die mit ver-
blüffender Einfachheit hingemalt sind. Bruno Liljefors, der Thier- und Schneemaler, hat
ein sehr grosses Bild Eidervögelstrich". Einen ganzen Schwarm blendend weisser, rosig
angehauchter Flaumenknäuel mit Schnäbeln und Flügeln, die über eine hartgrüne Meeres-
woge hinllattern. Dieses Flattern selbst ist durch undeutlichen, verwischten Vortrag der
Flügel fast täuschend wiedergegeben. In einer norwegischen Ecke sind treffliche Sachen
von Werenskiold, Krohg und die ängstigende Angst" von Edvard Munch. Eine Anzahl
Leute, die Angst haben und deren Angst sich gleichsam in die Aussenwelt projicirt, so
dass sie Himmel, Wasser und Erde bunt durcheinander wirbeln sehen. Ein coloristisch-
symbolisches Phantasiestiick, das niemand zu unterschreiben braucht. Unter den Finnischen
Künstlern sieht man verschiedenste Observanzen. Albert Edelfelt, bekanntlich immerzu
der Pariser der Siebziger-Jahre, discreter Naturalist, feiner Auflöser der Contraste. Jaerne-
felt, gleichfalls noch Culturmensch älterer Art. Axel Gallen dagegen enfant terrible, in der
Wildnis hausender Finne, der sein Paris gründlich vergessen hat. Im Jahre 1891 malte er
noch Weib und Kind mit flaumiger, frisierter Eleganz, später seine Winterbilder von den
Imatrafällen mit wachsender Freiheit, bis zur wahren Explosion von zerstiebendem und
zerstäubendem Weiss. Dazwischen den SchauspielerRittner, eigentlich ziemlich akademisch,
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trotz der blauen Spirale von Cigarrendampf, die wohl seine Secession" andeuten soll.
Dann aber kommen seine urwüchsigen Naturbilder Der Specht" und anderes, wo alles
knistert und knackt vor Frische. Und schliesslich die decorativen Scenen aus dem National-
epos Kalewala, wo sich alles schon ins Lappländische zu stilisiren scheint, barbarisch-
märchenhaft und dabei beschränkt-phantastisch. Der malerische Gehalt dieser Scenen ist
jedenfalls gering, die Stimmung ist mehr in den Stil und in die ungeschliifene Epik gelegt.
Auch bei den Russen kommt jetzt der nationale Zug stärker zum Durchbruch, als zur
Repin-Zeit. Am meisten freilich im Kunstgewerbe, das seit dem Hungerjahre x89 aus
dem Volke herausgeholt und in das Volk hineingetragen wurde. Die Zarin und die Gross-
fiirstinnen nehmen sich der Sache an. Die Damen Polenow, Jakuntschikow und Mamontow
errichteten auf dem Lande bei Moskau und im Dorfe Solomenka Schulen, wo die
Bäuerinnen altrussische Stickereien und die Burschen das Schnitzen lernten. Man sammelte
alte hölzerne Salzfässer und dergleichen Reliquien der Volkskunst. Man warf sich
auf die nationale Keramik und entwickelte sie bis zu der Stufe, die in der Ausstellung
durch die Kamine, Waschtisch-Rückwände und Potterien von Golowin und Wrubel
bezeichnet sind. Diese prächtigen, schon mehr als halbasiaüschen Arbeiten mit ihrer
pikant barbarischen Decoration und dem prächtigen Metallglanz sind mit nichts
Westlichern zu vergleichen. Das Kaufhaus Mamontow in Moskau hat hier viele
solche Sachen, aber auch Holzschnitzereien ausgestellt. Die junge Malerei gruppirt
sich um die Kunstzeitschrift Mir Iskustva" Welt der Erfindung, die auch Ausstellungen
veranstaltet. Manches von diesem Material ist hieher gelangt. Tretllich im sinnigen
Ausdruck und der schlichten lebendigen Malweise ist Boris Kustodiews Porträt des
Malers Bilibin. Überraschend Johann Kalmykows Bild Nach der Parade", wo ein ver-
wischender Vortrag ein im Verschwinden begriffenes Publicum eigenthümlich charakteri-
sirt; die Richtung Ratfaelli hat ihn beeinflusst. Konstantin Korowin hat aus sibirischen
Landschaften einen ganzen Fries zusammengestellt, wobei eine photographisch genaue
Naturbeobachtung die Stilisirung durch eine auf zwei oder drei Töne zurückgeführte
Farbe nicht ausschliesst. Rylow, Purwit, Somow treiben Stimmungslandschaft, Röhrich ist
mehr für das Sagen- und Märchenhafte, Pasternak malt Lampenlicht in älterer Weise,
Nesterow bringt Heiliges in zierlicher Aquarellirung. Ein ganzes Kabinet ist ferner Jan
Toorop eingeräumt, der hier seine ganze Kunst zum Rathen aufgibt. Mehrere grosse
Räthselscenen sind so mystagogisch wie je. Dazu kommen pointillistische Malereien,
Figurales und Strandbilder in den hellsten grüngoldigen und rosigvioletten Farben, wobei
übrigens erinnert sein mag, dass Toorop schon vor Rysselberghe die Punktrnanier pflegte.
Und daneben bringt dieser sensitive Zeichner die edelsten Köpfe Engländerin" und
porträtirt Drei Töchter" als Triptychon mit der feinsten, luftigsten Farbenstimmung,
ohne irgend ein puzzle" als Gewürz. Schliesslich sind zwei ganz meisterhafte Bilder von
A. Baertsoen zu rühmen Alte l-Iäuser am Fluss" und TransportschiHe im Schnee".
Sie sind in seiner dunstigen, verwaschenden Breite gleichsam in einem Tone hingesetzt,
der aber eine grosse Mannigfaltigkeit von Tönen umfasst. Die Natur ist in ihren lauschigsten
Stunden beobachtet. Die plastische Ausschmückung der Ausstellung ist grösstentheils
mit Werken von Hermann Hahn München besorgt, der hier Beifall und Käufer
gefunden hat.
UBILÄUMSAUSSTELLUNG DER PI-IOTOGRAPI-IISCI-IEN GE-
SELLSCHAFT. Im Hause der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt hat
die Wiener Photographische Gesellschaft zur Feier ihres vierzigjährigen Bestandes eine
höchst interessante und lehrreiche Ausstellung veranstaltet. Sie zählt gegen 700 Nummern
und ist stark besucht. Unterrichtsminister Ritter von Hartel erölfnete sie in Person und
gab in gehaltvoller Rede eine Skizze der photographischen Bewegung in Wien. In der
That ist Wien eine Hauptstadt der Photographie. Ein jahr nachdem Daguerre in Paris
seine Erfindung auszuüben begann die Ausstellung enthält auch eine seiner Original-
cameras vom Jahre 183g mit seinem Siegel auf der Etikette berechnete Prof. Josef
Petzwal in Wien das noch jetzt giltige Porträtobjectiv. Sein Denkmal wurde diesen
Herbst unter den Arcaden der Universität enthüllt. Dieses erste Doppelobjectiv mit Baum-
schraube und Pappendeckelcamera vom Jahre 1840, von Friedrich Voigtländer ausgeführt,
ist in der Ausstellung zu sehen. Dabei andere Voigtländefsche Apparate aus den Vierziger-
Jahren, die überhaupt erfindungsreich genug waren. Prof.Berres erfand schon 1841 diePhot0-
gravüre durch Ätzen von Daguerreotypplatten, Dr. Natterer machte 1841 seine Versuche mit
Chlorjod bei Momentaufnahmen. In die Fünfziger-Jahre fallen die Anwendungen des
Auefschen Naturselbstdruckes und die mancherlei wichtigen Entdeckungen des hoch-
begabten Paul Pretsch, dessen Schüler sich in Europa verbreiteten Jos. Leipold kam
sogar nach Lissabon, auf dem Gebiete der Photogalvanographie 1854, I-Ieliogravüre
1856 u. s. w. Die ersten Zinkhochätzungen Phototypien von Angerer und Göschl gehen
bis 1861 zurück, in die Achtziger-Jahre die ersten Heliogravüren von Karel Klic. So geht
die Kette von Erfindungen durch alle die Jahrzehnte fort. Auch die Amateurs betheiligten
sich an der Forschung schon bei der Begründung der Gesellschaft. F. X. Adler in Penzing
machte damals schon directe Photographien auf Glas; auch Achilles von Melingo macht
sich geltend. Von der ersten photographischen Ausstellung London 1862 stellt Ludwig
Angerer seine eigenen Aufnahmen aus. So ist der historische Theil der Jubelausstellung
ungewöhnlich interessant. Dazu kommt aber auch mancherlei persönliches und geschicht-
liches, ja archivalisches Interesse. So sind die zahlreichen Photographien des Kaisers, der
Kaiserin und der kaiserlichen Familie in allen Lebensaltem und Techniken ohne Zweifel ein
unschätzbares Quellenmaterial. Man erinnere sich nur, wie Prof. Zarncke, der Fachmann
der Goethe-Bildnisse, sich nach einer einzigen Photographie Goethes sehnt. Die Reihe
der Kaiserporträts geht bis zu den photoplastischen Aufnahmen, deren erste, die photo-
keramische", in den Sechziger-Jahren mittels des Einstaubverfahrens von Julius Leth
gemacht wurde das Duplicat befindet sich im Grundsteine des Österreichischen Museums
für Kunst und Industrie, während die jüngste Reliefphotographie von Karl Pietzner
herrührt. Sehr umfangreich ist die Schaustellung der modernen Verfahren, namentlich
auch der vervielfältigenden. Die k. k. Hof- und Staatsdruckerei, die k. k. graphische Lehr-
und Versuchsanstalt, die Anstalten Angerer und Göschl, Blechinger und Leykauf, Löwy
und andere entrollen dieses ganze buntbewegte Treiben. Die farbige l-Ieliogravüre, der
Drei- und Mehrfarbendruck die Nachbildungen Segantini'scher Bilder zu dem von der
Regierung herausgegebenen Sengantini-Werke besonders gelungen, die Autotypie wurden
in lehrreicher Weise vorgeführt, letztere auch in Collectionen von transparent auf-
gestellten, mit Lupen versehenen Rastern. Von den Leistungen des modernen Com-
binationsdruckes Lichtdruck mit Chromolithographie oder Chromoalgraphie, des
Gumrnidruckes, der Pigmentdrucke etc. sieht man die vollkommensten Proben. Auch die
Amateurs Barone Nathaniel und Albert Rothschild, Philipp v. Schoeller, Josef Becks
zahlreiche Diapositive und andere ernteten Lorbeeren. Eine besondere Stelle unter ihnen
nahm Grafl-Ians Wilczek sen. ein, dessen Arbeiten von der Polarexpedition des Jahres 1872
nasse Collodiumaufnahmen und Tannin-Trockenverfahren sammt dem hirschledernen
Entwickelungszelte lebhaftes Interesse erregten.
RANZ MATSCH. Dieser verdienstvolle Künstler ist nunmehr aus dem Lehr-
verbande der Kunstgewerbeschule des Österreichischen Museums geschieden. Sein
Wirken auf dem Gebiete der decorativen Malerei war erfolgreich und hinterlässt dauernde
Spuren. Seine Vertrautheit mit der Antike und ein lebhafter coloristischer Zug, in
dem noch Makarfsche Farbenfreude nachlebte, theilten sich seinen Schülern mit und
gaben dem Streben seiner Schule einen vornehmen Charakter, eine Richtung auf das
Höhere. Dazu kam sein universelles Wesen, das auf Gesammtkunst hinarbeitete. Archi-
tektur, Plastik, Malerei gesellten sich bei ihm zur Hervorbringung von Werken, wie die
Dumba'sche Saalausstattung, die wir seinerzeit eingehend gewürdigt haben. Er hat in der
an!
Wiener Xnterieurkunst eine ganz persönliche, glänzende Note angeschlagen. In den Schul-
ausstellungen war sein Bereich stets einer der belebtesten und an positiven Ergebnissen
reichsten. In den letzten Jahren erregten einzelne bedeutende Leistungen seiner Schule
auch die Aufmerksamkeit des grossen Publicums. Er hat die Phantasie eines Theiles des
Nachwuchses kräftig angeregt und durch intensive technische Schulung seine Ausdrucks-
fahigkeit gesteigert. Sein Name bleibt mit einer der I-Iauptrichtungen des Wiener Kunst-
gewerbes verknüpft.
ACI
IRII
ÄTLEN
UNSEREN ARCI-IITEKTONISCHEN UND KUNSTGEWERB-
LICHEN ABBILDÜNGEN AUS HQLLAND. Dem Kunstschriftsteller
Herrn J. H. de Groot in Amsterdam verdanken wir eine Anzahl interessanter Reproduc-
tionen moderner Architekturen und kunstgewerblicher Objecte verschiedener Art, die wir
hier zum Abdrucke bringen. Einem ausführlichen Berichte über die Tendenzen der
modernen Richtung, den Herr de Groot beizufügen die Güte hatte, und aus welchem
hervorgeht, dass diese Bewegung auch in Holland immer weiter um sich greift,
entnehmen wir Folgendes Obwohl vollkommen im Banne jener Bestrebungen auf
dem Gebiete der Architektur und des Kunstgewerbes, welche in allen übrigen Cultur-
ländern massgebend sind, hat Holland aus den localen Bedingungen und Anregungen
heraus in den letzten Jahren doch so Manches geschaifen, das eigenartig genug ist, um
ein ganz specielles Interesse für sich in Anspruch zu nehmen. In der Architektur hat
Holland zwei Hauptaufgaben. Die eine besteht darin, den modernen Erfordernissen der
Handelswelt Rechnung zu tragen, die andere hat die Entwicklung des Wohn- und Familien-
hauses zum Ziele. In bezeichnender Weise sind die Bautendenzen auf diesen beiden
Gebieten ganz verschiedener Art. Im Bau der grossen Lager- und Kaufhäuser zeigt sich
eine von localen Einwirkungen fast völlig freie Weltkunst, der selbst amerikanische Züge
nicht fremd sind, wie wir es zum Beispiel an dem Gebäude des Verbandes der Dia-
mantenarbeiter in Amsterdam von I-I. P. Berlage wahrnehmen können, das bei aller
Einfachheit eines modern-monumentalen Charakters nicht entbehrt. Anders verhält es
sich in jenen Fällen, wo der Architekt auf das Familienleben mit seinen Ansprüchen auf
Comfort, Abgeschlossenheit, individuelle Neigungen u. s. w. Rechnung zu tragen hat.
Hier knüpft der holländische Architekt an den modernen englischen Cottage-Stil an.
Die Auffassung des Hauses als einer in sich abgeschlossenen künstlerisch durch-
gebildeten Individualität, deren Charakter sich nicht nach irgend welchem stilistischen
Schema aus vergangenen Kunstperioden entwickelt, sondern aus der Form, Grösse, Anzahl
und Gruppirung der Innenräume hervorgeht, hat auch hier grundstürzende Umwandlungen
zur Folge gehabt. Auch hier erfolgt mit strenger Consequenz die Belichtung der Räume
nicht nach Egalitäts-Erfordernissen der Facade, sondern ganz nach Bestimmung, Vortheil
und Bedürfnis des Innenraumes. Grosse Fenster, wo helle luftige Räume erwünscht sind,
kleinere, wo es sich mehr um Schutz und Abschliessung gegen aussen handelt. Eigentliche
Facadenbildungen nur bei I-Iäuseriiuchten in Strassen, beim freistehenden, von Garten-
anlagen umgebenen Familienhause dagegen eine gleichmässige künstlerische Begünstigung
nach allen Seiten. So präsentiren sich zum Beispiel die Landhäuser des Architekten
J. Stuyt in Helmond und Overven, und anderseits die Wohnhäuser desselben Architekten
bei l-laarlem, sowie jene von Eduard Cuypers in Amsterdam.
So wie sich in der Architektur der englische und holländische Einfluss, welch letzterer
wieder einen unleugbaren Zusammenhang mit deutschem Wesen aufweist, die Wage
halten, so auch die Form und Construction der Möbel. Wenn hier etwas Eigenartiges
hervorgehoben werden soll, so ist es die Abneigung gegen das Extreme, allzu Ungewohnte
und Bizarre. Ein Zug bürgerlicher Schlichtheit, dem die Behäbigkeit und gediegene
Solidität nicht mangelt, charakterisirt die Mehrzahl der Neuschöpfungen auf diesem
Gebiete.
Was die Buchillustration betrifft, so haben auch hier Morris' Grundsätze allmählich
Fuss gefasst. Die Auffassung, dass Typendruck und Illustration ein einheitliches künstleri-
sches Bild geben müssen, übt auch hier auf die Durchführung der Illustrationen einen
bestimmenden Einfluss. So hat sich J. L. M. Lauweriks nach bekannten Vorbildern,
sowohl in England wie in Deutschland, eine silhouettenartig wirkende Darstellungsweise
mit l-Iinweglassung aller Halbtöne zurecht gelegt, die an Tiefe des Tones und Schärfe
der Contour mit den Drucklettern auf gleicher Stufe stehen. Dass eine derartige
Beschränkung der Ausdrucksmöglichkeiten wohl im einzelnen Falle willkommen sein
kann, keineswegs aber als allgemeines Gesetz einer modernen Illustrationstechnik
angesehen werden soll, ist selbstverständlich.
Wie das europäisirte Japanerthum auf dem Gebiete der Metallarbeit verwertet
wird, zeigt der Abguss einer getriebenen Schüssel von F. Zwollo.
Unter den verschiedenen Techniken für Flächenverzierung, namentlich auf dem
Gebiete der Textil- und Lederindustrie hat auch in Holland in den letzten Jahren das
Batikiren Eingang gefunden. Dieses ursprünglich hauptsächlich in Ostindien geübte Ver-
fahren, für welches Lion Cachet die Aufmerksamkeit zu erwecken verstanden hat, beruht
bekanntlich der Hauptsache nach darauf, dass die zu verzierende Fläche an bestimmten
Stellen durch Auftrag einer schützenden Wachsschichte oder eines anderen Deckmittels
vor den Einwirkungen eines Farbstoffes bewahrt wird, welchem man das betreffende
Object aussetzt. Nach Entfernung der deckenden Schichte kommt das beabsichtigte
Muster in verschwommenen Contouren zum Vorschein. Indem man diesen Process in der
Weise mehrmals wiederholen kann, dass jedesmal andere Stellen der Einwirkung
wechselnder Farben ausgesetzt werden, lassen sich auch mehrfarbige Muster herstellen.
Durch Krakelirung des aufgetragenen Deckmittels kann man ferner auf dem naturfarbigen
Grunde Muster in der Art von Marmorirungen erzeugen. Batikarbeiten werden besonders
in Haag von Thorn-Prikker ausgeführt. Als Beispiele mögen hier eine batikirte Gardine,
sowie einige Bucheinbände in Leder von Ch. Lebeau und Frau Baars dienen.
Bereits auf der Pariser Weltausstellung des vergangenen Jahres hatte man
Gelegenheit, Hollands prächtige und eigenartige Thon- und Porzellanindustrie kennen zu
lernen. Es waren verschiedene Richtungen, die man hier zu sehen bekam. Die alte Delfter
Blaumalerei war durch Thooft und Labouchere vertreten. Eine Anzahl anderer Fabriken
hatte mit der Fortsetzung des älteren Rozenburger Genres anerkennenswerte Erfolge
erzielt. Es waren dies jene Töpfereien, die sich durch ihre tiefen, satten und äusserst
harmonisch gestimmten Farbentöne, über welchen eine Schichte scharf glänzender Blei-
glasur lag, auszeichneten. Dem künstlerischen Leiter der berühmten Rozenburger Fabrik
in Haag Juriaan Kok war es aber gelungen, ein ebenso originelles als gefälliges Genre auf
den Markt zu bringen, dessen Eigenart allgemein Beifall gefunden hat. Diese neue Gattung
besteht in einem sehr dünnwandigen ungemein leichten Weichporzellan von elfenbein-
gelber Farbe, auf dem sich eine bunte japanisirende Ornamentirung ausbreitet, in der
bestimmte Töne, wie Grün, Gelb, Violett, vorherrschend sind. Die bei geringer Tempera-
tur zu brennende weiche Masse ermöglicht die Anwendung von Unterglasurmalerei. Die
originelle Fonnengebung beruht auf dem Principe der Entwicklung aller jener Gefäss-
theile, die man sonst eigens anzusetzen pflegt, aus der Hauptform, so dass Henkel,
Ausgussrohre, Deckel u. s. w. sich auf dem Wege des Überleitens weich und geschmeidig
aus dem Gefässkörper entwickeln.
JJT
MITTHEILUNGEN AUS DEM K. K. ÖSTER-
REICHISCHEN MUSEUM 50'
SEINE MAJESTÄT KAISER hat am 17. d. M. nachmittags um Vzx Uhr
die Winterausstellung im Osterreichischen Museum besichtigt. Der Kaiser fuhr in
Begleitung des Majors Freiherrn v. Apor beim I-Iauptportale vor und wurde vom Director
Hofrath von Scala mit dem Vicedirector Regierungsrath Dr. Leisching, den Custoden
Folnesics, Regierungsrath Ritter und Dr. Dreger, dem Custosadjuncten Dr. Schestag,
Amanuensis Dr. v. Schönbach, Professor Hammel und Dr.Minkus ehrfurchtsvollst begrüsst.
Der Rundgang wurde mit der Exposition Klinkosch begonnen. Der Kaiser sprach
sich über die Ausstellung Klinkoschs sehr anerkennend aus und wendete sich dann den
Objecten des Silberschmiedes A. Pollak in Prag und der Keramiker Riessner, Stell-
macher und Kessler in Teplitz zu. Seine Majestät bemerkte, dass die Betheiligung der
Industriestätten ausserhalb Wiens an der Ausstellung erfreulich sei. Der Vertreter der
Firma Martin Gerlach und Cie. erklärte Seiner Majestät den Zweck der von dieser Firma
exponirten Jugendbücher, für deren Herstellung eine Anzahl hervorragender Illustratoren
thätig sei. Auch die vom Director Koch der Gablonzer Fachschule exponirten Schul-
arbeiten erregten das Interesse des Kaisers, der sich beim Director der Schule über die
Verhältnisse der Anstalt informirte. Im Saale VIII besichtigte Seine Majestät die grossen
von Portois und Fix exponirten Theilräume eines Speise-, sowie eines Empfangsraumes,
für das Dreher'sche Schloss in Schwechat bestimmt, und gab seiner Befriedigung über
diese gelungene Leistung Ausdruck. Auch die Musikinstrumente Ehrbars belobte der
Kaiser und wandte sich hierauf den Teppichen der Firma Haas und Söhne zu. Die von
dieser Firma exponirten Knüpfteppiche sind diesmal vorwiegend nach Entwürfen von Otto
Eckmann ausgeführt, die ein neues wertvolles Genre inauguriren. Der Kaiser hat sich über
die Exposition dieser Erzeugnisse in anerkennender Weise ausgesprochen.
Auch die Teppiche des Hauses j. Ginzkey, nach den Zeichnungen von Christiansen,
sowie die Teppiche und Möbelstoffe nach Professor Moser von A. Backhausen und Söhne
fanden die kaiserliche Anerkennung. Mit einer Reihe gelungener Bronzen hat sich die
Kunsterzgiesserei Krupp an der Ausstellung betheiligt. Vasen, Studienköpfe, Statuetten,
Beleuchtungskörper und anderes legen Zeugnis ab für die künstlerische Höhe, auf
welcher die Krupp'schen Erzeugnisse stehen, die der Kaiser eingehender Besichtigung
unterzog, worauf er dem anwesenden Leiter der Kunsterzgiesserei, Herrn Jurnitschek,
seine besondere Anerkennung zollte. Namentlich gefielen dem Monarchen die Hubertus-
Statuette von Rathausky und der weibliche Studienkopf von Lax.
Im Säulenhofe wurden weiters die Interieurs von Julius und Josef Herrmann
besichtigt. Der Kaiser nahm die von der Firma ausgestellten, von O. Prutscher ent-
worfenen drei Interieurs in Augenschein ein Herrenzimmer in Eichen, roth gebeizt
und politirt mit Kupfer getriebenen Ornamenten, ein Theezimmer und einen Vorraum
in Fichtenholz, in Blau abgetönt. Der Kaiser besichtigte alle drei Räume sehr eingehend
und fand namentlich das Theezimmer sehr schön. Auch die Details der Ausführung und
speciell die Mannigfaltigkeit der zur Verarbeitung gelangten Holzgattungen nahmen das
Interesse Seiner Majestät in Anspruch.
Sodann besichtigte der Kaiser die Interieurs von A. Pospischil Architekt Franz
Baron Kraus, die Möbel von H. Irmler und das Speisezimmer des Herrn A. Ungethüm.
das er als sehr modern" bezeichnete.
Bei der Ausstellung der Firma Ernst Wahliss äusserte der Kaiser über die in der
neuen Scharffeuer-Emailtechnik decorirten Porzellanvasen sein besonderes Wohlgefallen.
Nach Besichtigung einer Anzahl von Terracotten der Firma Goldscheider begab
sich Seine Majestät in das erste Stockwerk und begann den Rundgang mit dem Interieur
der Firma S. Deutsch und Co. in Brünn, einem geschmackvollen Herrenzimmer, in
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welchem sich das von Professor Pirchan in Brünn gemalte Bild des Statthalters Grafen
Zierotin befindet, das die Aufmerksamkeit des Kaisers erregte.
Die Holzbehandlung im Spitzefschen Raume fand der Kaiser wirkungsvoll und
wendete auch den daselbst ausgestellten Stickereien der Singer-Manufacturing Cie. sein
Interesse zu. Als eine der gelungensten Leistungen in dieser Ausstellung bezeichnete
der Kaiser das hierauf in Augenschein genommene, für die Londoner Ausstellung
bestimmte Speisezimmer von Portois und Fix. Mit dieser vorzüglichen Arbeit", meinte
Seine Majestät, nachdem er die Details prüfend besehen hatte, können wir uns schon
in England sehen lassen!".
Mit lebhaftem Interesse besichtigte Seine Majestät dieAusstellung der FirmaJakob und
Josef Kohn, welche drei Interieurs in gebogenem Holze enthält. Der Aufschwung, den
diese drei Interieurs für die Bugholzmöbelindustrie bedeuten, wurde vom Kaiser mit huld-
vollen Worten anerkannt, die er an den Chef des Hauses richtete.
Hierauf begab sich Seine Majestät in den Barocksaal von Friedrich Otto Schmidt,
denselben eingehend betrachtend. Insbesondere fand der Kaiser die Gesammtwirkung
dieses Saales prunkvoll und harmonisch.
Von den Einzelausstellern, die ihre Objecte auf der Galerie exponirt haben, wurden
Seiner Majestät vorgestellt Die Tischler Boon, Hrazdil, Kostka, Fiala, Franz Karl,
G. Schum und Rohlitschek, Möbelerzeuger Quittner, ferner der Leiter der k. k. Muster-
werkstätte für Korbflechterei Herr Gustav Funke, die Bildhauer Schwathe und Ofner,
Lederwarenerzeuger Buchwald.
Auch ausserhalb der Interieurs findet sich eine Reihe sehr schöner Objecte. So hat
Sigmund Oppenheim ein Buffet aus Mahagoni ausgestellt, das, an den englischen Stil an-
klingend, durch seine geschmackvolle Zeichnung angenehm auffällt. Ferner zählen die
Gläser von Max R. v. Spaun in Klostermühl und die von E. Bakalowits Söhne zu den vor-
züglichsten der zur Schau gestellten Objecte. Viele von diesen Stücken bezeichnete der
Kaiser als sehr schön".
Zu den mit Recht viel bewunderten Gegenständen der Ausstellung, die auch der Kaiser
besonderen Lobes würdigte, zählen die in den Interieurs von Julius und Josef Herrmann,
von Joh. Klöpfer u. a. exponirten Kamine und Öfen von L. und C. Hardtmuth. Der Kaiser
bezeichnete gegenüber dem ihm vorgestellten Disponenten der Firma, Herrn Julius Jarsch,
namentlich den Kamin im Interieur der Firma Herrmann als eine sehr gelungene Arbeit.
Die nach den Entwürfen des Museums hergestellten Bauern- und Jagdservice der
Wiener Porzellanmanufactur Josef Böck fand der Monarch besonders hübsch und zweck-
entsprechend und bemerkte dem Chef dieser Firma, Herrn Böck, gegenüber, dass das aus-
gestellte Tafelservice nach den Entwürfen des Professors Hammel ihm ganz ausserordent-
lich gefalle. Auch das Kaffeeservice, welches die Firma nach Entwurf der Moser-Schülerin
Jutta Sikka zur Ausführung brachte, fand den Beifall des Monarchen.
Von den Malerinnen der Kunstgewerbeschule des Österreichischen Museums wurden
die Damen Wahrmund und Münster, von den Lehrkräften des Centralspitzencurses
Professor Hrdlitzka, die Leiterin Frau Pleyer, ferner von der Kunststickereischule Frau
Gutmann, Fräulein I. v. Becker und die Leiterin des Stickereiateliers des Wiener Frauen-
erwerbvereines dem Kaiser vorgestellt. Nach Besichtigung der Ausstellungen der
Juweliere, über deren Einzelheiten sich Seine Majestät in anerkennender Weise aussprach,
bemerkte der Kaiser, dass ihm so manch Modernes auf diesem Gebiete zusage. Vorgestellt
wurden die Juweliere Hauptmann, Fischmeister und Hoffstätter, die Silberschmiede
Bannert und Hossfeld.
Der Kaiser betrat hieraufden rechtsseitigen Tract des Museums und besichtigte zuerst
die beiden Interieurs Sigmund Jarays. Den Obmann der Aussteller Architekten L. Müller
befragte der Kaiser über die Betheiligung Österreichs an der Turiner Ausstellung. Auch das
anmuthige Boudoir mit Blumenfenster von F. Schönthaler und Söhne fand das Lob des
Kaisers. In diesem Theile der Ausstellung erregten auch die in den einzelnen Interieurs
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angebrachten Glasmalereien der Firma Geylings Erben die Aufmerksamkeit und den Beifall
des Monarchen.
Beim Interieur Klöpfer befragte der Kaiser den anwesenden Firmenchef, ob er die
Arbeit gemeinsam mit seinem Sohne, der vorgestellt wurde, ausgeführt habe und gab auf
die bejahende Antwort seiner Befriedigung über die Schönheit der Arbeit Ausdruck.
Das von der Firma Karl Bamberger exponirte Mahagoni-Schlafzimmer im Empirestil
gefiel dem Monarchen durch seine Detailausfiihrung, und er bemerkte zu Herrn Bamberger
Also wieder Empire? Es scheint, dass dieser Stil jetzt wieder modern wird."
Die kleine reizende Exposition Lobmeyr besichtigte der Kaiser mit vieler Aufmerk-
samkeit, sprach Herrn Lobrneyr seine Freude aus, ihn wieder zu sehen und liess sich
dessen Neffen, Herrn Stephan Rath, der der Firma als Gesellschafter angehört, vorstellen.
Grosses Interesse zeigte der Kaiser auch für die Stahlschnittarbeiten des Herrn J. Blümel-
huber in Steyr.
Am Schlusse des Rundganges besichtigte Seiner Majestät die von den Firmen Theyer
und Hardtmuth und J. Munk exponirten Papierconfectionsartikel und sprach dem Inhaber
der Firma, Herrn kaiserlichen Rath Theodor Theyer, seinen Beifall aus.
Nach nahezu anderthalbstündigem Rundgange drückte Seine Majestät der Kaiser den
Ausstellern und deren künstlerischen Hilfskräften, die sich nun im Säulenhofe wieder
versammelt hatten, seine vollste Anerkennung und Befriedigung über die diesjährige
Winterausstellung aus, die er als eine der gelungensten bezeichnete. Zum Directcr der
Anstalt gewendet, sprach der Kaiser Auch Ihnen spreche Ich Meine Anerkennung
aus. Man erkennt aus der heurigen Ausstellung den guten Einfluss, den das
Museum auf unser Kunstgewerbe nimmt."
RÖFFNUNG DER WINTERAUSSTELLÜNG. Seine Excellenz der Herr
Minister für Cultus und Unterricht Dr. Wilhelm Ritter v. Harte hat am 23. v. M.
in Gegenwart zahlreicher geladener Gäste die Winterausstellung im k. k. Österreichischen
Museum eröffnet. Um xo Uhr Vormittags erschien Seine Excellenz der I-lerr Minister
und trat nach erfolgter Begrüssung durch den Museumsdirector Hofrath v. Scala den Rund-
gang durch die Ausstellung an. Nach Beendigung desselben sprach seine Excellenz der
Herr Minister dem Museumsdirector gegenüber seine volle Befriedigung über das
Gesehene aus.
Im Jännerheft unserer Monatsschrift werden wir einen reich illustrirten Bericht über
die Ausstellung bringen.
Seine k. und k. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Franz Ferdinand von
Österreich-liste und Gemahlin haben am 12., Ihre k. und k. Hoheit die durchlauchtigste
Frau Erzherzogin Maria Anna hat am 10. d. M. die Winterausstellung besichtigt.
Am 7. d. M. wurde die Winterausstellung von Ihrer königlichen Hoheit der Prinzessin
Mary von Hannover besucht.
ERSONALNACI-IRICHTEN. Seine Excellenz der I-Ierr Minister füf Cultus und
Unterricht Dr. Ritter v. I-Iartel hat den Beschluss des Professorencollegiurns der philo-
sophischen Facultät der Universität in Wien auf Zulassung des Custos am Österreichischen
Museum für Kunst und Industrie Dr. Moriz Dreger als Privatdocenten für neuere Kunst-
geschichte an der genannten Facultät bestätigt.
BESUCH DES MUSEUMS. Die Sammlungen des Museums wurden im Monat
November von 781g, die Bibliothek von x79g Personen besucht.
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