JAHRES-BERICHT
des
K. K. ÖSTERR. MUSEUMS
für
KUNST UND INDUSTRIE
für 1872.
WIEN.
SELBSTVERLAG um x. K. OESTERR. MUSEUMS.
1873.
1.
Besuch und 111mm 08a Museums.
Am 25. September 1871 wurde das Museum im Ballhauae geschlossenem 5. No-
vember desselben Jahres fand die Eröffnung des neuen Gebäudes für das Publicum statt.
Während der Monate November 1871 bis Januar 1872 waren die Raume der österreichi-
schen Kunstgewerbeausstellung überlassen, nach deren Schluss mit der neuen Aufstellung
der Sammlungen des Museums begonnen wurde. Am 1. Mai konnten der Saulenhof und
sechs Säle geöffnet werden, die übrigen drei folgten im Laufe des Jahres.
Die Statistik des Besuchs des Museums, bei welcher die Inhaber von Freikarten,
Zeichner u. s. w. nicht in Betracht genommen werden konnten, stellt sich folgender-
massen dar
18H 1805.- 1809
Ja 5. .46 13.173 9. 8.975 8.140 6.835
Fßnbulfilxilf 6.25? 12.295 12.684 3.716 6.211 6.32
Marz 13.77 9.601 18.270 3.267 .136 7.946 6.73
722 7.! 1122-512, 112 22;
a1 z. .. 7. 7. g.
Juni 10.1.12 3.. 5.657 7439 6.955 6.363110. 5.11?
Juli .. 8.938 10.691 4.477 6.161 7.234 6. 6.8 4.65
7.846 7.3 6.071 5.148
Septbr. 7.638 8.6 .026 7.500 6.156 4.690
October .. 7.537 12.3 gggö 3.242 8.575 7.549
November 6.725 10.516 11.57 592 6. 26385
December 5.254. 10.455 10.70 8. 68 9.318 7. 4. 25 15.761
August.i 7.785 11.5? 7.460 809g
Zus.. 6.891 118.4381o1.733I118.8o
95671129441 Mgogmlo
Von der Gesammtziffer der Besucher des Museums in der Zeit vom 2c. Mai 1864
bis 31. Dezember 1872 .010 kommen 88.617 auf die Zahlta und von diesen
wieder 23.527 auf das Jahr 71, 44.551 auf das Jahr 187. Für die eiden letzten Zif-
fern kommt in Betracht, dass während der oben erwähnten Ausstellung in den Monaten
November 1871 bis Januar 1871 taglich Eintrittsgeld erhoben wurde. Berücksichtigt man,
dass die Sammlungen im Jahre 1871 sechs Wochen, im Jahre 1872 drei Monate lang nz
geschlossen waren, so zeigt sich ein höchst erfreulicher Aufschwung des Interesses.
dass dieser keineswegs allein auf Rechnun des neuen, schon an sich so sehenswertlien
Gebäudes zu schreiben ist, sondern dass die durch die grosseren Raumlichkeiten und die
systematische Aufstellung erleichterte Benutzung der Sammlungen einen grossen Antheil
daran hat, geht aus der steten Ueberfullung des grossen Lesesaales der Bibliothek hervor.
Die Thatigkeit der Beamten des Museums wurde im abgelaufenen Jahre wesentlich
durch die Uebersiedelung, die neue Aufstellung der Sammlungen, durch die Vorbereitungen
zur Weltausstellung, durch mannigfache Theilnahme an den Arbeiten der gemischten
Commission für das Gewerbeschulwesen und durch die angebahnte Reform des gesammten
Zeichenunterrichts in Anspruch genommen. Dagegen mussten selbstverständlich die Filial-
ausstellungen diesmal ausfallen, während den Gesuchen einzelner Anstalten und Etablisse-
ments um leihweise Ueberlassung von Vorlegewerken oder Mustern so viel als möglich
bereitwillig entsprochen wurde.
Besucher der Vorlesungen.
Durch die Gnade Sr. Majestät des Kaisers in den Besitz eines eigenen, den Zwecken
der Anstalt in seiner Anlage wie in seinem künstlerischen Schmucke entsprechenden Ge-
bäudes gelangt, erfreute sich das Museum auch in diesem Jahre bei allen seinen Unter-
nehmungen der einsichtigsten und kräftigsten Forderung seitens des durchlauchtigsten
Erzherzog-Protectors wie der k. k. Ministerien des Unterrichts und des Handels und des
freundlichsten Emgegenkoxnmens der n. ö. Handels- und Gewerbekammer,
II.
Beziehungen zu den Kronlandarn und dem Auslands.
Die kunstgewerbliche Ausstellung zur Erötfnung des neuen Museumsgehäudes be-
gegnete lebhaRer Theilnahme in den Kronlandern, welche sich theils in Einsendungen
aus Böhmen, Karnthen, Mahren, Oberösterreich, Salzburg, Schlesien, Steiermark, theils in
dem zahlreichen Besuche aussprach. Hervorzuheben ist namentlich auch, dass die Handels-
undjGewei-bekammer in Pilsen und der Gewerbeverein in Brünn dortigen Lehrern die
Mittel zur Reise nach Wien behufs des Studiums der Ausstellung gewährten. lm übrigen
wurden die kunstgewerblichen Kreise im ganzen Reiche von den Vorbereitungen für die
Wiener Weltausstellung in Anspruch genommen, und wenn desshalb das Museum nicht
in der Lage war, wie sonst alljährlich, Provinzialnusstellungen zu beschicken, so wurden
dafür die Bibliothek und die Vorbildersammlungen um so reichlicher von Wien und von
aussen her in Anspruch genommen. Andererseits gab die permanente Ausstellung moderner
Ohjecte im Museum Anlass zu regem Verkehr mit einzelnen lndustriebezirken, wie denn
namentlich die Znaimer Thonwaarenfabrication fortwährend neue Arbeiten einlieferte,
welche seit der Erötfnungsausstellung des Museums in Wien sehr beliebt geworden sind.
Bei den Bestrebungen der k. k. Ministerien des Unterrichts und des Handels, der
kunstgewerblichen Thlltiglteit in allen Theilen des Reiches durch Gründung von
Zeichen- und Fachschulen emporzuhelfen, wurde die Mitwirkung des Museums
vielfältig in Anspruch genommen. Vornehmlich ins Auge gefasst wurden hierbei im ver-
ßossenen Jahre die Holzschnitzindustrie in Oberösterreich, die Spitzenfabrication im Erz-
gebirge, die Thonwaarenindusu-ie in Znaim, die Tischlerei in Wallem in Böhmen, die
Porcellanfabrication in Elbogen, die Malerei in Reichenau in Böhmen, die Spitzenindustrie
in ldria und verschiedene andere.
Ferner erhielt das Museum wiederholt den Auftrag, bestehende Schulen mit Lehr-
mitteln zu betheilen. In solcher Weise wurden vom Ministerium durch Ven-nittlung des
Museums mit Büchern und Vorlagenwerken Herdtle's Vorlagenwerk, Teirich's lntarsien,
Owen Jones Grammatik der Ornamente, Bucher's Kunst im Handwerk, Sibmachefs
Spitzenmusterbuch, die Blätter für Kunstgewerbe, die Gewerbehalle, Racinet u. u. m.
oder Gypsabgüssen beschenkt die Webereischule in Gumpendorf, die Zeichenschule des
Frauencrwerbvereins, die Vorbereitungsclasse der Kunstgewerbeschule, die Industrie-
leltrerinnen-Bildungsanstalt bei St. Anna, die Schule des Karntner Gewerbevereines in
Klagenfurt, die Schule für Thonindustrie in Znnim, die Industrielehrerinnen-Bildungsanstalt
der Ursulinerinnen, die Posamentirschule in Wien, die gewerbliche Fortbildungsschule
am Neubau in Wien, die Zeichenschulen in Gnblonz, Haida, Steinschonau Dr. Almons'
Akademie für Handel in Prag, die Webereischulen in Reichenberg, Brünn yßielitz Asch
die Holzschnitzschulen in Haliein und in St. Ulrich, die Lehrwerkstätte inxlmst Nluseuni
und Schule in Graslitz, Kunstgewerbeschule in Graz, die Goldschmiedschule in yPrsg die
böhmische Gewerbeschule daselbst, die Baugewerbeschulen von Westmsnn undyvon
Mdrtens, die Gewerbeschule in Salzburg, die Zeichenschulen in Rumburg und in Warns-
clorf, die Oberreal- und Realschulen in Krems, St. Polten, Wiener Neusmdt Laibaeh
Triest, Linz, Steyr, Salzburg, Feldkirch, Reichenber Leitmeritz, Lemberg KrakauI
Czernowitz, Pilsen, Pisek, Strakonitz, Prag, Rumburg, urnau.
Endlich übernahm die Museumsdirection die Leitung des die Frauenarbeiten um-
fassenden Theils der Weltausstellung.
Die Verbindungen des Museums mit Instituten des Auslandes bestehen in früherer
Weise fort. Ueber die Betheiligung ausländischer industriellen an der Ausstellung mo-
derner Erzeugnisse gibt der betretfende Abschnitt lV. Auskunft.
III.
Ausstellung älterer Kunstgegenstände.
Der Schatz des Deutschen Ordens und der Welfenschatz wurden auch in
dem neuen Gebäude dem Museum zur Ausstellung überlassen; ausserdem werthvolle Ar-
beiten aus dem Besitze Sr. Hoheit des Herzogs von Modens, Sr. Durchlaucht des
Fürsten Joh. Ad. Schwarzen berg, Sr. Durchlaucht des Fürsten Richard Metternich,
der Frau Helene Mayer, der Herren J. H. Hirsch, Mor. Wasserburger, Jos. Klemm,
v. Bontoux, Graf Wurmbrandt, Ritter Ammon v. Treuenfeld, Prof. Zerjau,
St. Drzewiecki, Graf Felix Rosenberg, der Frau Baronin Edelspacher in Gyorüil,
Fräul. Glanz, Fräul. Kull inGraz, der Herren G. Plach, Dr. Jurie, Baron Pereiru,
v. Pulszky in Pest.
IV.
Ausstellung moderner Arbeiten.
Die permanente wechselnde Ausstellung von Erzeugnissen des modernen Kunst-
gewerbes wurde beschickt von
Math. Rösch Medaillons für Zimmerdecoration; Joh. Heppner Rahmen, Re-
liefs etc.; Frau Friedmann gemnlter Fächer; Heinr. Ulrich Glasservice, Luster etc.;
J. 6x L. Lobmeyr desgL; Wedler 8x Budie Weisstickereien; Ph. Haas 81 Söhne
Teppiche und Möbelstotfe; C. Giani Möbelstoife; AI. Klammerth in Znaim Thon-
waaren; Franz Slowak in Znaim desgL; A. Castner Geiss in Berlin Zinkguss-
Gguren; A. Biro schmiedeiserne Thür; kaiserl. Erzgiesserei in Wien Statuen, Sta-
tuetten etc; Ulrich 8x Comp. Spiegelrahmen; Joh. Bar Möbel; Silbinger indische
Möbel, Shawls, Stickereien etc.; Michieli in Venedig Bronzen; Theurer 8x Sohn
Uhren; C. Grefe Chromolithographien; Dziedzinsky 8x Hanuscb Bronzeluster,
Ampel; C. H. Gerold in Berlin Chromolithographien; Schmidt Sugg Möbel;
L. Koreff Korkteppiche; Andr. Molnar Möbel; Franz Schönthaler gemalte
Thüre; Conrad Berg Bucheinbände; Gräfin Baudissin künstl, Blumen; W. Franzel
Porträtmedaillons in Elfenbein; Kunstgewerbeschule in Karlsruhe Photographien
nach Schulerarbeiten; Felix Ley in Essegg sudslavische Hausindusxrie; F. Hage-
meier Bronzen; G. B. Tassara Wachsbossirung; Fr. Thallmayer in München
Porcellanmalereien; St. Wichert Möbel; Mahrischer Gewerbeverein in Brunn
ein Diplom; Baron Schwarz Ausstellungskasten; F. l-ubl Porcellanmalerei; Joh.
Grissemann in mst Holzschnitzereien; Fr. Tobisch jun. Körbe aus Drahtgeflecht;
J. Peyer Möbel; C. Hinterleitner Portratmedaillon, Ponratbüste; Fr. Lebmaeher
geätzte Metallplatten; K. Schneid typographisches Album; W. Babka Filigran-
arbeiten u. dgl.; Dr, Beer japan. Lackarbeit; J. Schwendtuer Siegelabdrücke des
Graveurs Birnböck aus München; L. Strictus und S. Schrittwieser Sessel;
H. Frauberger norwegische Holzarbeit; A. Zajda Tisch; Hutterer Pilaster mit
Capitäl; Th. Mirsni Spitzenstickerei; FnBacke Sessel; Wiener Männer-Gesang-
verein Silberbeeher; Dr. Lempart in Bukarest Elfenbeinschnitzereien; Th. Klein
geätzte Marmorplatten; A. Walter Rose aus Schmiedeisen; C. Gunther in Berlin
Stolfe und Spitzen mit echter Vergoldung; Prof. O. König Gypsmodelle; J. Schalhas
Möbel; M. Halbkram Uhr und Candelaber; C. Faust Terracotten; Frau Pauline
Kohn Wiegenmodell; L. Bickel Tisch; Em. Schreiber hebräische Kalligraphie;
H. Rdhrs in Prag Bibliothekslxasten; Fräul. Therese Dittmarsch Holzmalereien;
A. Weber Möbel; Bernh. Ludwig desgL; P. Packeny Silhouetten; G. Seidl
Schnitzarbeiten; Strarnitzer 8x Reuter Spitzen; A. Poppel Stickereien; V. Pilz
Gypsmodell; G. Knoll in Karlsbad emuil. Ofen; Franz Michel Möbel; Frl. Herm.
Fürst Stickereien; Frl. M. Ritter gemalte Tische; Frau Bürger Spitzenstickerei;
B. Metzner in Graslitz Spitzen; Al. Hauser Entwurfzu einem Grabmal; S. Czeiger
Farbendnicixe; A. Förstel in München Glasgemälde.
V.
Aufstellung der Sammlungen in neuen Local.
Die Aufstellung der Sammlungen des Museums und derjenigen Gegenstände, welche
ihm zeitweilig! zur Ausstellung und Benutzung überlassen werden, erforderte mehr Zeit,
als man erwartet hatte. Der Grund lag darin, dass die neuen Ausstellungskästen erst nach
und nach und viel später fertig wurden, nls ursprünglich verheissen war, und dass man
schliesslich noch längere Zeit auf die grossen Spiegelscheiben, die aus dem Ausland kom-
men mussten, zu warten hatte. So konnten am I. Mai 1872 ausser dem Arkadenhof und
den beiden Oberlichtsalen, wo die erwähnte Schwierigkeit nicht vorhanden war, zunächst
nur Saal und III, iener für Edelmetalle oder Goldschmiedekunst, dieser für die Glasfabri-
cation bestimmt, nebst dem der modernen wechselnden Kunstindustrie gewidmeten Saal Vl
eröffnet werden. Es folgte gegen Ende Juni Nr. ll, der grosse Poteriensaal, und erst im
November und December Saal mit den Arbeiten in Bronze, Eisen u. s. w., und Saal Vll
mit der äusseren und inneren Ausstattung von Büchern, Lederarbeiten, Miniaturmalereien
und mancherlei anderen Gegenständen.
Die Aufstellung folgt im Allgemeinen dem System des Museums und seinem Princip,
d. h. dem Material, auf dessen Bearbeitung die Verschiedenheit der Gewerbe ruht. Es
versteht sich dabei von selbst, dass ein Saal zuweilen verschiedenen Zweigen dient, und
da es keine eigentliche Reihenfolge der Säle gibt, auch nicht die Reihenfolge der Gruppen
eingehalten werden konnte. Man wird aber überall die gleichartigen Gegenstände nach
diesen Gruppen beisammen finden. Saal enthält die Goldschmiedarbeiten, die Arbeiten
in edlen Metallen oder solche, bei denen edle Metalle wie tauschirtes Eisen zur Verzie-
rung gedient haben; ebenfalls die Copien solcher Arbeiten in Metall, z. B. die galvano-
plastischen. Alle Gypscopien sind dem Gypssaal Nr. Vlll zugewiesen worden. Verbunden
sind daher mit den Goldschmiedarbeiten die verzierten Waffen und die Emailarbeiten.
Der grosse Stimsaal ll enthält die gesammten Poterier. in gebranntem Thon, in
Fayence, Steingut und Porcellan, einiges ausgenommen, was hier nicht mehr Platz fand
und daher in Saal lll aufgestellt werden musste. Saal lll ist im Uebrigen den Glasarbeiten
jeder Art gewidmet.
Der grosse Oberlichtsaal lV muss zweien Zwecken dienen, einmal sammtlichen
Holzarbeiten und kleineren plastischen Arbeiten, daher er auch der eigentliche Möbelsaal
ist, und sodann allen Webereien, Stickereien und Spitzenarbeiten, so viele eben ausgestellt
sind und nicht in Kästen und Mappen liegen.
Saal enthält alle Arbeiten aus nicht edlen Metallen, wie Saal diejenigen aus
edlen Metallen aufgenommen hat. Es sind die von Bronze, Messing, Kupfer, Zinn, Blei,
Eisen und auch Proben von Aluminium. Das stotflich Gleichartige ist allemal in den Kasten
zusammengestellt; die grdsseren Gegenstände stehen frei.
Saal Vl ist bestimmt, den modernen Kunstindustriellen Gelegenheit zu geben, ihre
neuesten und besten Fabricate den Augen des Publicums vorzufnhren. Der Inhalt dieses
Saales ist also wechselnd und umfasst das ganze Gebiet der Kunstindustrie; heimische
wie fremde Arbeiten finden in gleicher Weise Aufnahme.
Saal Vll ist vorzugsweise der Ausstattung der Bücher gewidmet, den Einbanden
jeder Art, wie auch der inneren Ausstattung, den Miniaturen, der Illustration, den Typen
u. s. w. Daran schliessen sich einerseits sonstige Lederarbeiten, verzierte Cassetten, Fut-
terale in geschnittenem oder gepresstem Leder u. s. w., andererseits Erzeugnisse der
Kunst, wie Miniaturmalereien, Initialen, Handzeichnungen und anderes. Dieser Saal musste
aber auch zur Aufnahme sonstiger Gegenstände dienen, die anderswo nicht Platz finden
konnten, z. B. orientalischen Arbeiten, Stroh- und Korbgeßechten, ethnographischen Ge-
genständen, Siegeln u. s. w.
Saal Vlll, der zweite der grossen Oberlichtsale, ist zur Aufnahme der Gypsabgüsse
bestimmt worden, welche somit vereinigt sind. Die grbsseren, figürlichen Gegenstande
in Gyps haben ausserdem im Arkadenhof unten und oben Aufstellung erhalten.
Eine wesentliche Neuerung sind die im neuen Musealgebäude durch die Raumver-
haltnisse ermöglichten additionellen Ausstellungen im Saale lX i. Stock, welche
am l. Mai durch eine wAusstellung der vervielfaltigenden zeichnenden Künsten
inaugurirt wurden.
Zweck derselben war eine Uebersicht der Entwicklung der vervielfaltigenden gra-
phischen Künste in allen ihren Zweigen von der Erfindung jeder einzelnen Methode bis
auf ihren heutigen Stand in hervorragenden und charakteristischen Beispielen zu eben.
Eine solche Aufgabe würdig zu losen war nur durch die grösste Zuvorkommenhelt und
Liberalitat der Kunstfreunde und der Vorstände der öffentlichen Sammlungen möglich,
welche dem Museum ihre Schätze sehr häuhg Unica vertrauensvoll zur Ausstellung
überliessen.
Ihnen Allen, besonders aber Sr. kais. Hoheit dem durchl. Herrn Erzh. Albrecht,
Sr. Exc. dem Herrn FZM. Franz Ritter v. Hauslab und dem Herrn Aug. Artaria sei
hiermit der Dank des Museums ofentlich ausgesprochen. Der Katalog der Ausstellung,
der in dem Mai- und Junihefte der vMittheilungenl enthalten ist, gibt über die Art der
Eintheilung und den Umfang der Ausstellung Aufschluss.
Die Vorarbeiten für die Ausstellung nxachte ein Comite, welchem der Director Jes
Museums, Hofrath v. Eitelberger, Exc. FZM. Ritter v. Hauslab, Dr. M. Thausing,
Herr Aug. Artaria und Custos F. Schestag angehorten. Die Dauer der Ausstellung
betrug drei Monate, vom i. Mai bis 3x. Juli.
VI.
Vermehrung der Sammlungen im Jahre I872.
Die systematische Aufstellung liess die Lücken der einzelnen Abtheilungen deut-
licher erkennen, und die neuen Erwerbungen sind schon zum Theil mit Rücksicht darauf
gemacht worden. Im Ganzen sind die Eigenthumssammlungen des Museums um mehrere
hundert Gegenstände vermehrt worden.
Die Sammlung der Poterien ist bereichert worden durch einige Stücke werthvollen
Porcellans von Sevres und englischen Fahricats, die nebst verschiedenen Stücken älterer
französischer Fayencen als Geschenk des Herm Erzherzogs Rainer, Protectors des Mu-
seums, an das Museum kamen; desgleichen schenkte Derselbe dem Museumeine Reihe
Thongefasse mit Metallglanz spanisch-arabischer Herkunft von der Insel Maiorka. Eine
grössere Anzahl weiss-blauer Fayencen von Delft und verwandter Art, wie sie sich gegen-
wärtig den Fabriken in Znaim so nützlich erweisen, wurden zum Theil in Nürnberg, zum
Theil in München, zum Theil in Wien gekauft.
Die Maiolilten erhielten Vermehrung durch einige ausgezeichnete Beispiele von
Mezzamajolilien und die deutschen Thonfabricate durch zwei grossartige glasirte
Krüge rnit figürlicher Reliefornamentation von Nürnberger Arbeit aus der zweiten Hälfte
des i6. Jahrhunderts, sammtlich in Wien gekauft.
Auch die fä erhielten bedeutende Vermehrung, theils durch
Gegenstände von rothem Thon mit Reliefornament, die in Rom, theils durch campariische
Gcfasse, die, direct aus Italien gesendet, in Wien erworben wurden. Die nationalen
Thonarbeiten erhielten einen interessanten und bedeutenden Zuwachs durch eine Samm-
lung slavonischer Gefasse, welche Herr Felix Ley in Essegg dem Museum zum Geschenk
machte, und in jüngster Zeit durch eine Reihe bulgarischer Thonarbeiten aus dem Balkan,
welche Herr F. Kanitz für das Museum besorgte.
Auch die übrigen Zweige der Poterien, z. B. die Ofenkacheln und die chinesischen
und iapanesischen Porcellane, blieben nicht unbereichert. Letztere hatten im Jahre i87i
den Hauptzuwachs durch Herm Generalconsul v. Scherzer und die ostasiatische Expe-
dition erhalten.
Die Sammlung der Glugallue, welche das Museum besitzt, kann bereits als eine
sehr bedeutende bezeichnet werden; doch erhielt auch sie Zuwachs theils durch einige
böhmische und venetianische Glasgegenstande feinerer Art, die von Herrn Kaff erkauft
wurden, theils durch ein Geschenk des Herrn L. Lobmeyr; einige antike Glasschalen
wurden durch Herrn Dr. I-Ielbig in Rom gekauft.
Unter den neu erworbenen Arbeiten in adloni Metall erwähnen wir zuerst einen
silbernen Pocal der feinsten Art, Copie einer Arbeit ersten Ranges von Wenzel Jam-
nitzer. Die Copie ist ausgeführt durch den Goldschmied Winter in Nürnberg. Sodann
sind verschiedene nationale Arbeiten zu erwähnen Silherarbeiten aus dem Kaukasus, die
vom Architekten Wurm gekauft wurden; Tulaarbeiten, ein Geschenk der Fürstin Rus-
poli; südslavonische Schmuckarbeiten, ein Geschenk des Herrn Felix Ley, und Salzburger
Filigranarbeiten, welche auf der Ausstellung des Museums gekauft wurden.
Wir erwähnen hier im Anschluss an die Arbeiten aus edlem Metall zwei Gefässe
das eine Bruchstück aus Bergkrystall mit eingeschliffenen Ornamenten, ein Geschenk
des Herrn L. Lobmeyr, sowie zwei Emailgemalde, Limoges, 16. Jahrhundert, welche
vom Kunsthändler Bourgeois gekauft wurden, desgleichen eine grössere Anzahl gal-
vanoplastischer Copien nach älteren Silberarheiten, welche im Atelier des neuen
bayrischen Gewerbemuseums in Nürnberg angefertigt worden sind.
Unter den übrigen Metallarhaitaii gedenken wir zuerst eines Eisenkastchens
mit goldtauschirten Arabesken aus der Collection Koller gekauft, eines antiken, sehr
reizenden Zinngefassea, welches von Dr. l-lelbi in Rom gekauft wurde, und anderen
Zinngeschirrs aus dem i7. Jahrhundert.
In Bronze wurde insbesondere eine grossere Sammlung Imitationen von italieni-
schen Bronzearbeiten des i6. Jahrhunderts, ausgeführt von Michieli in Venedig, den
Sammlungen einverleibt; auch einige originale Bronzearbeiten kamen hinzu. Hier sind
auch zu erwähnen moderne kleinere Bronzearbeiten von Lerl Geschenk der Fabrik, und
eine Uhr von I-Iart 81 Son in London. Auch die Kupfer- und Beckenschlagerarbeiten
erhielten Zuwachs durch Schüsseln und Leuchter.
In Eisen wurde Verschiedenes erworben, mehrere altere Schlösser und Beschläge,
insbesondere aber ein paar grössere Brunneneinfamungen und Gitter.
Auch die-Lederarbeltan haben durch Bucheinbande und einige Kapseln Zuwachs
erhalten, wenn er auch nicht bedeutend ist.
Die Mlibolulniiilung wurde vermehrt durch einen ethischen Schrank Ende des
15. Jahrh., Geschenk der Stadtgemeinde Znaim, ein gesc "tztes Schränkchen mit vier
Thüren, i6. Jahrh, einen grossen Schrank mit Schnitzerei, norddeutsche Arbeit um i58o,
einen grossen Schrank mit eingelegter Holzarbelt, onerneutscn, nnue des w. iainm, einen
Schrank mit zwei Thüren, eingelegt, um 1600, einen grossen Schrank mit gekehlten Fül-
lungen, 17. Jahrh., einen grossen Kunstschrank mit eingelegter Holzarbeit und reich gear-
beiteten Bronzebeschlagen geziert, zwei Spieltische, ebenfalls eingelegt, endlich zwei grosse
Tableaux in eingelegter Arbeit. Die letztgenannten fünf Stücke, Arbeiten von D. Röntgen
in Neuwied, Ende des 18. .lahrh., wurden vom Polytechnikum an das Museum abgetreten.
Hiezu kommen Mobeltheile Zwei Vorderfronten geschnitzter italienischer T1uhen
des 16. Jahrh., Geschenk des Herrn G. Ritter v. Epstein; eine Anzahl von geschnitzten
Füllungen u. dgl. aus dem 16. und 17. Jahrh.; Theil eines Bettes, japanische Lackarbeit
unter europäischem Einfluss, 17. Jahrh. Ferner
Rahmen u. dgl. ein vergoldeter Spiegelrahmen, Anfang des 17. Jahrh.; Spiegel-
rahmen von Mahagoniholz mit ausgelegter Arbeit in Perlmutter und Metall, 18. Jahrh.;
Rahmen mit reichem architektonischen Aufbau zu einem kleinen Altar gehörig, italienisch,
17. Jahrh. Endlich
Sculpturen Flügelaltar, innen die Krönung der Maria und Darstellungen aus
dem Leben verschiedener Heiligen in bemalter Holzsculptur, die Aussenseiten der Flügel
gemalt, Anfang des 16. Jahrh.; sitzende Figur des heil. Ulrich, bemalte Holzsculptur des
16. Jahrh., Geschenk des Herrn F. Erler.
Webereien und Stickereien. lm Laufe des Jahres wurde die Webereisammlung
namentlich um eine Anzahl Muster von Goldbrocaten und Sammtstoffen des 17. und
18. Jahrh. vermehrt.
Von Werken der Stickerei, die neu hinzugekommen, sind die bedeutendsten
Messgewand mit Goldstickerei, 16. Jahrhq breite Bordüre mit Applieationsstickerei im
Style der deutschen Renaissance, um 1540; vier kleine gestickte Paneele mit figürlichen
Darstellungen, italienisch, um 1500; Kassette, überzogen mit reicher Applicatinnsstickerei
mit den Monogrammen Heinrich ll., Königs von Frankreich, und der Diana von Poitiers,
um 1550; Stola mit reicher Goldstickerei, griechisch-orientalisch, ca. 15. Jahrh.
Unter der grossen Anzahl acquirirter orientalischer Stickereien sind die vor-
nehmlichsten Ein türkischer Gebetteppich mit reicher Applicationsstickerei in Tuch, ein
ebensolcher mit reicher Tambourirstickerei, vier orientalische Tischdeckchen mit reicher
Stickerei in Seide und Leinen; ferner eine Collection südslavischer Webereien und
Stickereien, Geschenk des Herrn Felix Ley in Essegg.
An Spitzen u. dgl. wurden namentlich erworben Spitzenkragen, venetianische
Nadelarbeit, 17. .lahrh.; Tauftüchlein mit Rothstickerei und Filetarbeit, deutsch, 17. .lahrh.,
an Gobelins endlich Gubelindecke mit Laub- und Blumenornamentation, 16. Jahrh.;
Gobelin, ornamentales Mitteldessin mit reicher Bordüre, Anfang des 17. Jahrh., Geschenk
des Herrn R. R. v. Haidinger.
Die Sammlung der Gypnabgiiua wurde bereichert durch ein antikes Marmnrrelief
aus der Schule des Skopas die Hochzeit des Neptun und der Amphitrite, Original der
Glyptothek in München; den sog. llioneus, Original ebenda; den wbetenden Knaben-x
Adorant, Orig. Bronze im kbnigl. Museum in Berlin; den sog. nHermes Loginsu, antike
Bronzestatue, Orig. in der k. k. Ambraser Sammlung; die Statue des Don Juan d'Austria,
Orig. Bronze in Messina, 16. Jahrh., Geschenk des Grafen Waldstein; drei antike Mar-
morvasen aus dem k. Museum in Berlin; eine Anzahl kleinerer ornamentaler Arbeiten
des 17. und 18. Jahrh. aus dem k. Museum in Berlin; architektonische Ornamente in
türkischem Styl, Geschenk des Herrn Montany.
Die Bibllolhak des Museums wurde im Jahre 1872 um 382 Werke, ungerechnet
die Fortsetzungen von Zeitschriften, Lieferungswerken u. dgl. vermehrt, zahlte somit zu
Ende des Jahres 364.6 Nummern. Ein deraillirtes, nach Realien geordnetes Verzeichniss
dieser Erwerbungen ist in den w-Mittheilungen des Oesterr. Museums-, Novemberheft u. 6.,
enthalten.
Auch die Ornamonhliehsanimluag haue sich bedeutender Bereicherungen zu erfreuen.
Besonders hervorzuheben sind die äusserst seltenen und sehr gesuchten Golschmied- und
Biioutüiearbeiten von De Bry, J. A. Du Cerceau, Pierre Bourdon, Gribelin,
Heel, J. E. Nicola u. A., niellirte Goldschmiedornamente von N. Drusse, ferner von
einem unbekannten, sich des Monogramms A. D. bedienenden deutschen Meister aus dem
Ende des 15. Jahrhs., silhouettirte Ornamente für Graveure von V. Solis und J. L. Wüst,
Gefasse von dem unbelt. Nürnberger v-Goldschmied vom J. 1551, von Orazio Scoppa,
G. F. Riedel, G. Charmeton, D. Marnt; Eisenarbeiten, Gitter, Schlossbleche u. dgl.
von H. Brisville und Reiff; Cnstüme van L. Cranach d. A., B. Beham, V. Solis,
J. Amman und A. Claas; allgemeine Ornamente von ßarthel und H. Sebald Beham,
D. Hopfer, En. Vico, Battista Pittoni, Sylvius, J. Gourmond, J. A. Du Cerceau.
A. de Bruyn, Le Blond u. A., endlich eine Reihe von Randeinfassungen und Buch-
druckerzeichen von grdsstentheils unbekannten Meistern der sächsischen Schule.
Erweitert wurde das stem der Sammlung durch die Erwerbung einer Reihe von
Blättern, welche den Zweck haben, die verschiedenen graphischen Vervielfaltigungsarten
zu repräsentiren. Hierher gehören ein sehr instructiver Teigdruck aus der zweiten Hälfte
des 15. Juhrhs, Clairobscurs von Andrea Andreani, unter anderen der Triumph Caesar's
nach Mantegna, Ant. da Trenlo, H. Burgkmair, H. Goltzius, Chr. Jegher und
J. B. Jackson, Holzschnitte von A. Dürer, Nic. Boldrini, Tizian, Goltzius und
Jegher. Stiche von Meistern der älteren italienischen Schule, Grabstichelblätter von Job.
Müller und Schelte Z1 Bolswert, ein gepunzles Blatt von J. Lutma, zwei Schab-
kunstblätler von R. Earlom, vier Kupferfarbendrucke in Le Blon'scher Manier von
J. Luxammql und ein Kupferfarbendruck in französischer Kreidezeichnungsmanier von
Gille Demuteau.
VII.
Puhllcatlonon.
Das in dem Jahresberichte für 1870 bereits erwähnte, mit Unterstützung des Mu-
seums herausgegebene Werk des Prof. V. Teirich vOrnamente aus der Blüthezeit
italienischer Renaissanceu lntarsien hat mit der fünften Lieferung seinen Abschluss
erhalten; eine weitere Folge, Marmormosaik behandelnd, wird sich hieran anschliessen.
Ferner wurden vom Museum publicirt v-Trachtenbilder von Albrecht Düreru in
Farbenholzschnitt wiedergegeben Festpublication zum Dürer-Jubiläum; der reich illustrirte
Katalog der Ornnmentstichsammlung des Museumsf bearbeitet von Custos Schestag;
eine Festschrift zur Eröffnung des neuen Museumsgebaudes von Custos Bucher; eine
wStudie über chinesische Email-Vasenc mit 16 Radimngen von Custos Lippmann;
-Salvetat's Abhandlungen über keramische Decoration und Emaillagec,
ans dem Französischen übersetzt; Bericht über die Ausstellung österreichischer
Kunstgewerbe; Katalog der letztgenannten Ausstellung; Wegweiser durch das
Museum bis jetzt sechsmal neugedruckt. Eine illustrirte Schrift über Organisation und
Wirksamkeit des Museums und der Schule nebst ausführlichem Kataloge der Specialaus-
stellung beider wird zum Beginne der Weltausstellung ausgegeben werden. Die wMit-
theilungen des Oesterr. Museums- erschienen x87 in ihremv siebenten Jahrgange.
ln den vom Director von Eitelberger herausgegebenen l-Quellenschriften für
Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance-
etschienen bisher Cennino Cennini's Buch von der Kunst, übersetzt etc. von Alb. llg;
L. Dolce's Aretino, übers. von C. Cerri mit Noten von R. v. Eitelberger; Dürer's Briefe,
Tagebücher und Reime, übersetzt etc. von M. Thausing; Heraclius' zwei Bücher von den
Farben und Künsten der Reiner, übersetzt etc. von A. llg.
Custos Falke vereinigte seine -über Decoration und Ausstattung der Wohnung ge-
haltenen Vortrage in einem Buche nDie Kunst im HEUSB," von weichem bereits die
zweite Außage nbthig geworden ist; ebenso hat Architekt Hauser seine Vorlesungen über
Süulenordnungen herausgegeben; von Custos Bucher erschien nDlG Kunst im
Handwerkp von Dr. A. Ilg die Dissertation Ueber den kunsthistorischen
Werth der Hypnerotomachia Poliphili.
VIII.
Dlo Vorträge
konnten, da nunmehr ein eigener Saal für diese zur Verfügung steht, eine wesentliche
Erweiterung erfahren. Neben den Donnerstagvorlesungen welche! Rhr das gebildete
Publicum im allgemeinen berechnet sind, fanden an verschiedenen Abenden Vortrage über
Specialfacher, an den Sonntag-Vormittagen solche fürArheiter, Lehrlinge u. s. w., welche
an den Abendvorlesungen nicht theilnehmen können, statt.
Am 23. November 1871 eröffnete Director v. Eitelberger den neuen Cyklus mit dem
Jahresberichte, welchem er zwei Vortrage über Tizian und das coloristische
Prineip in der Malerei folgen liess; dann sprachen noch im Jahre 1871 Custos Falke
über die Londoner Ausstelllung von 1871, Prof. v. Lützow über die Holbein'sche
Madonna, Oberbaurath v. Ferstel über den Neubau des Oesterr. Museums.
ln das Jahr 1872 fallen die Vorlesungen des Prof. Conze über Museen für Pla-
stik und über antike Barbar enbilder, des Prof. v. Lützow über die architekto-
nischen Elemente in der Wandmalerei der italienischen Renaissance
des Prof. Exner über die Industrie im Böhmerwalde, des Prof. E. Ludwig über
Theerfarben des Custos Falke über die ornamentale Kunst in der Renais-
sance des Dr. F. Lentner über den Künstler- und Gelehrtenstand im alten
Rom; ferner aus dem Cyklus 187273 Direetor v. Eitelberger über die Akademien
in ihrer historischen Entwickelung und über die Ursachen dea Verfalls der grossen
10'
Kunst in der Malerei, Prof. Conze über den Gesichtsausdruck in der antiken
Kunst, Prof. Franz Neunumn über die Kunst in der Wirthschaft Dr. Thausing
über die deutsche Kunstreforrn im 16. Jahrh., Prof. Ludwig über Glasfabricn-
tion. Hieran reihten sich in den ersten Monaten des Jahres 1873 Prof. v. Lützow
über lJ. A. Koch und seine Stellung in der deutschen Kunst, Oberbaurath v. Fexstel
über dcn Universitatsbau, Architekt Hauser über Formen des Porcellans, Custos
Falke über Benvenuto Cellini Custos Lippmann über die Geschichte des
Kupferstichs im 15. und 16. Jahrh. Prof. Exner über die Theilnahme des
Weibes an der Fabriksarbeit, Graf Wurmbrandt über prähistorische Kunst.
Die Snnntagxvorluungen nahmen ihren Anfang am 4. Februar 1872 mit einem
Vortrage des Directors v. Eitelherger über die Stylarten; hierauf folgten Prof. Dit-
scheiner übcnFarbenlehre Prof. Exner über den Fortschritt im Ausstel-
lungswesen, Architekt Hauser über Säulenordnungen und im Spätherbst 1872
Director v. Eitelberger Uebersicht der wichtigsten Stylarten Prof. Ludwig über
Verzierung der Thonwsaren im Jahre 1873 folgten noch Architekt Hauser
über Möbel Prof. Exner über Maschinen für Kleingewerbe und über den
Zusammenhang zwischen Werkzeugsform und Rohstoff, SecL-Rath Migerka
über die Weltausstellung.
Endlich hielt Prof. Hornig einen Cyklus von Vorträgen über Photograplfie
Montags und im Jahre 1873 Prof. Conze einen solchen über die Göttergestalten der
griechischen Kunst Mittwochs.
Es darf wohl mit Befriedigung darauf hingewiesen werden, dass es dem Museum
möglich geworden ist, eine so stattliche Zahl von Vortragen und über so mannigfaltige
Themen zu veranstalten, ohne die Anstellung eigener Docenten an dem Institute und ohne
Herbeiziehung auswärtiger Kräfte.
Die Frequenz der Vorlesungen im Jahre 1872 stellt sich ungerechnet den Antheil
der Schule folgendermasseu dar
4. Januar Prof. Conze.
11. v. v. v. Lützow.
88 Personen,
151
18. v. v. .. 4,8
25. .. Conze. 83 ..
1. Februar Dr. Lenmer. 97 ..
4. Director v. Eitelberger v.
8. Prof. Exner
11. Ditseheiner ..
15. v. v. Ludwig
18. v. Ditscheiner v.
n. vv Ludwig ..
a5 v. Ditscheine v.
22. v. Custos Falke ..
M511 Prof. Exner v.
7. v. Custos Falke.
m. Architekt Hauser ..
14. v. Custos Falke
17. v. Architekt Hsuser
24. ..
1314. October Director v. Eiuelberger ..
1. v. v.
7. Novbr. Prof. Conze .. ..
10. Dir. v. Eitelberger. v.
11. Prof. Hornig.... v.
vv Neurnanm.
17. Dir. v. Eitelberger. ..
18. Prof. Hornlg
11, v. v. Neumann. v.
22'. Dir. v. Eitelberger.
a. Prof. Hornig v.
18. Dr. Thausing v.
1. Decbr. Dir. v. Eitelberger.
5. v. Dr. Thausing ..
8. v. Prof. Ludwig ..
9. vv Hornig v.
1. Ludwig v.
15, .. 1. v. v.
16. v. Hornig v.
19. v. Ludwig v.
IX.
Die llilfaanatalten das Museums.
ln der Gypsgiesserei wurden seit Ausgabe des letzten Jahresberichtes 39 Gegen-
stände geformt, grbsstentheils Ornamente, dann Gefisse und einiges Figurale. Die Zahl
der verkiiußichcn Abgüsse beträgt jetzt 370.
Auch eine neue Serie von Photographien wurde ausgegeben und zwar Nr. 25x
bis 287 nach Zeichnungen von Dürer, 288-299 nach alten Italienern, 3oi-3o4 nach Mi-
niaturen, 300 und 3o5-3xo nach kunstgewerblichen Arbeiten.
Gypsabgüsse wurden geliefert an
die polytechnische Hochschule, das Theresianum, das Gymnasium irn IX. Bezirk,
das Realgyrnnasium auf der Landstrasse, die Bau- und Maschinen-Gewerbeschule, die ge-
werbliche Fortbildungschule für Mädchen in der Leopoldstadt, die Fachschulen der Posa-
mentirer und der Musterzeichner, die Realschule in der Rossau, Dülfs Oberrealschule, die
Unterrealschule am Schorlenfeld, die Bürgerschule in Rudolfsheirn sämrntlich in Wien;
das böhmische Polytechnikurn, das archäologische Cabinet, die Umelecka besedn,
die böhmische Oberrealschule, die Gewerbeschule in Prag;
das archäologische Cabinet, die Realschule und Unterrealschule in Graz;
die Lehrerbildungsanstalt und die Unterrealschule in Pest;
die Knaben-Burgerschule in Olmütz;
die Lehrwerkstatte zu St. Ulrich in Tirol;
die Lehrerbildungsanstalt in Innsbruck
das Militär-Collegium in St. Pölten;
der Gewerbeverein in Klagenfurt;
die Ccrnmunal-Midchenschule in Znaim;
die Real-Gymnasien in Pilsen und Mnhrisch-Schönberg;
die Holzschnitzschule in Hallein;
die Strafanstalt in Stein;
die Gymnasien in Freistadt, Komotau, Cilli, Znaim, Waidhofen a. d. Ybbs, Villach,
Mährisch-Neustadt, Neusohl, Klausenburg, Deva, Leutschau;
die Oberrealschulen in Brünn, Znaim, Strakonitz, lglau, Pilsen, Agram, Königgrätz;
die Unterrealschulen in Steyer, Pisek, Sternberg, Krcmnitz, Temesvar, Salzburg,
Stockerau, Wiener-Neustadt, Linz, Oedenburg;
Csündes Erziehungsanstnlt in Oedenburg;
die polytechnischen Schulen in Karlsruhe, München, Delft und Darmstadt;
die Gewerbeschule in Cassel;
die Gewerbemuseen in Berlin und in Nürnberg;
die Kunstgewerbeschule in München;
das Museum in tersburg;
das Conseil adm nistratif in Genf;
das Germanische Museum in Nnmberg.
X4
Personalien.
"Se. k. Hoheit der Erzherzog-Protector ernannten zu Curatoren des Museums die
Herren Hugo Graf Abensperg und Trnun, Ober-Ceremonienmeister, und Josef Ritter
v. Reckenschuss, Präsident der n. o. Handels- und Gewerbekaxniuer; zu Correspon-
denten die Herren Consistorialrath Franz Kornheisl, Ministerial-Concipist Dr. Kerl Lind
und Custos G. W. Terry in Bombay.
Durch h. Erlass des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht vom g. October
187i wurden die Custodenstellen um eine vermehrt und diese dem Secremr Bucher unter
Belassung seiner bisherigen Functionen verliehen. Der Benmtenkörper des Museums erlitt
einen schmerzlichen Verlust durch den am 5. Juni i87i erfolgten Tod des ersten Oflicinls
Martin Reitterer, welcher dem Institut seit dessen Gründung angehört und durch seinen
von ungewöhnlichen Kenntnissen unterstützten Pßichteifer sich um dasselbe wesentlich
verdient gemacht hatte. ln seine Stelle rückte der bisherige zweite Oflicial Andreas
Blümn-iel, zum zweiten Oßicial wurde Dr. Albert llg, zum vierten zugleich Haus-
inspector dei- Cadet-Feuerwerker Rudolf Hoffmann ernannt. Nach dem Ausscheiden
des Officials Jos. yszewski, welcher eine Stellung bei dem k. und k. General-Consulat
in London annahm, rückte Herr Hoffmann in die dritte Stelle ein und wurde die vierte
dein Matrosencorps-Waifenmeister Wilhelm Dobrafslty verliehen.
I2
XI.
Die Kunstgowerhaschula.
Die ersten Plane zum Bau des neuen Museums waren noch vor der Gründung der
Kunstgewerbeschule gearbeitet worden, und als dann auf die letztere Rücksicht genommen
wurde, liess sich noch keineswegs voraussehen, welche Ausdehnung diese Anstalt in kür-
zester Frist nehmen wurde. Dem ist es zuzuschreiben, ldass auch die Raume im neuen
Gebäude bei weitem nicht dem Bedürfniss genügen, obwohl bereits ein Corridor mit als
Zeichensaal benützt wird. Insbesondere ist es ganz unmöglich, unter den gegenwärtigen
Verhältnissen die Kunstgewerbeschule in der wunschenswerthen Weise auch zu einer Fort-
bildungsanstalt für Candidaten des Zeichenlehramtes und zu einer höheren Zeichenschule
für das weibliche Geschlecht zu machen. Der Bau eine eigenen Schulhauses neben dem
Museumsgebaude ist daher auch schon beschlossen und die Verhandlungen darüber sind
im Gange.
Die Zahl der Schüler betrug im Winter 18717z 176, im Sommerhalbjahr 1872
144, die geringere Frequenz während des Sommers ßFHhe sich regelmassig wieder-
vPHUEßUe Erscheinung. Davon kamen auf die Vorbereitungsschule 90 und 71, auf die Archi-
tekturschule 19 und 13, auf die Fachschule für Ggurales Zeichnen und Malen 25 und 16,
auf die Fachschule für Blumenmalerei etc. so und i8, auf die Bildhauerschule 22 und 26'
weibliche Zöglinge waren 31 und 28 eingeschrieben.
Die Ueberfullung der Vorbereitungsschule führte schon 1870 zu einer Trennung
derselben in eine Abtheilung für figurales und eine für ornamentales Zeichnen und durch
h. Decret vom 15. Mai 1871 wurde der bisherige Docent Valentin Teirich zum Pro-
fessor für die letztere Abtheilung bestellt. Die Vorträge über Perspective und Projections-
lehre hat ein ehemaliger, Zögling der Kunstgewerbeschule, Herr Oskar Beyer, über-
nommen, die Vortrage über Anatomie Dr. A. Frisch, die Vortrage über all emeine und
Farbenchemie werden abwechselnd von den Professoren Dr. L. Ditsc einer und
Dr. E. Ludwig, die über Styllehre wie bisher von Architekt Hauser gehalten. Auaser-
dem sind mit dem Schuljahre 187473 die langst beabsichtigten Vorlesungen über Kunst-
geschichte in's Werk gesetzt worden, und zwar wurde Dr. A. llg mit Abhnltung der-
selben betraut.
Die vom k. k. Handelsministerium ausgesetzten zehn Staetsstipendien für Schüler der
.1-
e. 1'.
.4
71".
Kunstgewerbeschule wurden erneuert; dazu kamen drei für vom Sechshauser Hnndels-'
und Gewerbeverein empfohlene Candidaten, ferner drei für Zoglinge der erzgebirgischen
Spitzenindustrie und zwei für Sticker aus Vorarlberg; das fürstl. Liechtensteinücbe Sti-
pendium für Porcellanmaler wurde zum erstenmale verliehen und die vier Freih. Haber-
Linsbergschen Stipendien kamen vorschriftsmässig zur Vertheilung an Schüler aus Nieder-
Oesterreich.
Die Gesellschaft zur Forderung der Kunstgewerbeschulegiahm an Grundungsbei-i
tragen von der Ersten österreichischen Sparcasse 500, vom Oesterr. Museum von den
Eintrittsgeldern der kunstgewetblichen Ausstellung 1522 fl. 50 kr., an Jahreebeitragen
2095 H. ein.
.42
z.
Der letzte Jahresbericht des Museums hob hervor, dass die Anstalt nunmehr aus
den provisorischen in definitive Verhältnisse übergehe. Dass hiermit nicht etwa das Signal
zum Stillstande gegeben worden, dürfte aus den vorstehenden Mittheilungen erhellen,
welche zugleich das stete Wachsen des Verständnisses und Interesses an den Bestrebungen
des Museums in der erfreulichsten Weise darthun.