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BEGINN UND BLUTE DER WIENER SEIDEN-
WEBEREI S0 VON MORIZ DREGER-WIEN 50
dem liebenswürdig eindringlichen Denkbuche
im. ßeiä der Pfarre und Kirche zum heiligen Laurenz im
äl, Schottenfelde gibt Pfarrer Honorius Kraus
"IfQl auch eine Aufzählun der Wohltäter seiner
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A. ääxläx r; Kirche. Aus der Zeit von der Errichtung des
94711" Gotteshauses 1784 bis zum Jahre 1811 haben
webe. s-aeß
kägkßm SlCh nur wenige Namen erhalten, und doch
Yf-QCQ sind gerade diese 25 Jahre die eigentlich gol-
Jelklx denen Tage der Fabriksbetriebe im Schotten-
P1"- T-R" feld", wie es in dem Werke heißt. Um so mehr
Wert legt der würdige Priester den späteren Spendern bei, da sie in die
Zeiten fallen, welche den Betrieb des Fabrikswesens gewaltig hemmten die
Jahre der allgemeinen Not 1816 und 1817 mitgerechnet solche Zeiten, die
jene früheren goldenen Tage verschwinden, und bis heute, selbst durch die
rastlosesten Anstrengungen, iene früheren glänzenden Stufen nicht mehr
erreichen ließentäik
Honorius Kraus schrieb dies im Jahre 183g, und er mußte es wissen,
war sein Pfarrgebiet doch der Hauptsitz des Wiener Gewerbebetriebes,
besonders des wichtigsten im alten Wien der Seidenwarenerzeugung.
Franz Bujatti, dem wir eine grundlegende Arbeit über "Die Geschichte
der Seidenindustrie Osterreichs" verdanken," nennt jene Zeit, die uns vor
allem Stephan von Keeß in seinen noch zu erwähnenden Schriften festgehalten
hat, eine anheimelnd patriarchalische Epoche, ein Zeitalter behäbigen bürger-
lichen Mittelstandes, wo jeder, der sein Geschäft nicht geradezu unvernünftig
führte oder leichtsinnig wirtschaftete, auch bei kleinerem Betriebe eine sichere
Quelle des Wohlstandes fand. Es waren jene Tage, die dem erwähnten Teile
Wiens den Namen des "Brillantengrundes" eintrugen.
Nach Bujatti müssen wir sogar annehmen, daß die günstigen Verhältnisse
noch länger dauerten, als das Denkbuch von St. Laurenz uns vermuten läßt,
oder daß sie sich wenigstens einigermaßen wiederherstellten und erst um
die Mitte des XIX. Jahrhunderts eine entscheidende Wandlung ins Ungün-
stige erfuhren.
Das Kleingewerbe war durch das Vordringen der Maschine allerdings
schon um das Jahr 1840 dem Großbetriebe erlegen. Und Bujatti blickte bereits
aus einer Zeit entschiedenen Niederganges auf glücklichere Zeiten zurück.
Seite 4. Wir folgen derAusgabe von 1839. Sie ist ohne Automamen erschienen; sogar eine Anmerkung
auf Seite 94, die den Namen des Pfarrers nennt. ist übel-klebt; später wurde aber sein Bild von Kriehuber bei-
gegeben. Durch die Güte des Kustos der Wiener Städtischen Sammlungen, Herrn Alois Trost, erhalten wir
während der Korrektur unseres Aufsatzes Mitteilung über die älteren Auflagen dieses Werkes. Die erste gedruckt
trenne "Jh s,a' "11, "Jh hi .-Üh
"Wien, seine Geschichte und seine Denkwürdiglteiten", I1. Jahrg., 4. Band, r. Heft Wien, 1825, Seite rtz.
Wien. 1893; vgl. Seite So.
Gewiß lagen die Verhältnisse besonders seit Kaiser Josefs II. Zeiten für
die Wiener Seidenweber in vieler Beziehung sehr günstig, doch dürfen wir
nicht glauben, daß Wien in jener Zeit eine Art Schlaraffenland war, in dem
man nur mit oHenem Munde dazuliegen und zu warten brauchte, bis die
gebratenen Enten wohl zubereitet und zerlegt heranflogen.
Allgemeine Vorstellungen versagen oft sehr, wenn wir ins Einzelne
eindringen, so auch hier; deshalb dürfen wir im folgenden das Eingehen in
Einzelnheiten auch nicht scheuen. Fürwahr, auch damals gehörten Geschick-
lichkeit, Fleiß und Unternehmungsgeist dazu, wenn man die Gelegenheit
wenigstens beim Schopfe erfassen wollte. Und wir werden sehen, daß sich
in der Nähe manches anders darstellte als heute im verklärenden Schimmer
der Vergangenheit.
Im ganzen handelt es sich bei der österreichischen Seidenweberei ja um
keine sehr femen Zeiten. Immerhin ist das Zeitalter, das uns hier hauptsächlich
beschäftigen soll, inzwischen "historisch" geworden. Es liegt uns, wenn wir
so sagen dürfen, doch schon so fern, daß es uns als Allgemeinheit geistig
wieder nähergerückt ist, daß wir ihm nicht mehr als einem zu Überwinden-
den oder eben erst Überwundenen feindlich gegenüberstehen, daß uns das
Unangenehme jener Zeiten nicht mehr persönlich kränkt, daß wir vielfach
dort sogar nur das Gute sehen, das uns heute gerade fehlt, und daß die blau-
ende Ferne uns alles milder und einheitlicher erscheinen läßt. Darin liegt auch
die Erklärung, warum wir seit einer Reihe von Jahren jener Zeit wieder
gerechter, bisweilen sogar voreingenommen, gegenübertreten, weshalb wir
uns wieder eingehender mit ihr beschäftigen und Verwandtes in ihr finden
können, ohne rückschrittlich zu erscheinen. Wir wollen uns deshalb auch
keineswegs auf den Entdecker einer verkannten Schönheit hinausspielen,
obwohl wir vielleicht sagen dürfen, daß die Schönheiten der Stoffe jener Zeit
bisher noch am wenigsten gewürdigt werden konnten; denn die meisten Samm-
lungen sind in einer Epoche entstanden, die für jenes Zeitalter am wenigsten
Verständnis besaß.
Über die äußeren Verhältnisse des österreichischen Gewerbes und
Kunstgewerbes sind wir für die Zeit zu Ende des XVIII. und zu Beginn
des XIX. Jahrhunderts, die uns hier vor allem beschäftigen, im allgemeinen
vielleicht besser unterrichtet als über die meisten andern Epochen öster-
reichischer Entwicklung. Es ist bereits eine Zeit reichen Schaffens, aber
doch noch nicht so umfangreichen, daß sich das Geleistete nicht mehr über-
blicken ließef"
Das Werk von Stephan Edlen von Keeß Darstellung des Fabriks- und
Gewerbewesens im österreichischen Kaiserstaate" Wien 181g ff. und die von
demselben sowie von W. C. W. Blumenbach herausgegebene Fortsetzung
unter dem Titel Systematische Darstellung der neuesten Fortschritte in den
Ein Aufsatz von Eduard Leisching über "Kunst und Industrie in Österreich vor hundert Jahren" in
dieser Zeitschrift 1915, Seite H. bietet bereits mehrere Hinweise auf die ältere österreichische Weberei. Im
allgemeinen wäre auch das von demselben redigierte Werk "Der Wiener Kongreß" Wien, x8g4 heranzuziehen,
in dem zahlreiche Denkmale österreichischer Kunst jener Zeit abgebildet sind.
Gewerben und Manufakturen Wien, 1829 ff. können heute noch als
umfassende und ausgezeichnete Grundlagen aller weiteren Forschung ange-
sehen werdenf" Ein neues Werk vonWichtigkeit ist Johann Slokars Geschichte
der österreichischen Industrie und ihrer Förderung unter Kaiser Franz I."
Wien, 1914. Für die Seidenindustrie im
besonderen käme vor allem die schon
erwähnte, nicht gerade ausführliche, aber .4
treffliche Schrift Franz Bujattis in Betracht, 5,.
.4
Stephan Edler von Keeß 1774-1840, der sich mehr- '51-
fach auch als technischer Erfinder hervortat, war seit 18 ro erster
Kommissar der neuorganisierten k. k. niederösterreichischen
Fabriksinspektion s. Vorwort des r. Bandes seines oben zuerst
angegebenen Werkes.
Er legte eine Mustersammlung zunächst fertiger Waren,
dann auch von Rohstoffen, an. Im Jahre 181g umfaßte diese
Sammlung nach der angegebenen Vorrede über r3oo Rohmate-
rialien und gegen gooo Fabrikate. Sie sollte in das Eigentum
des königlichen Nationalmuseums in Pest übergehen, wenn
die Subskription dem Plane gemäß beendet sein wird". Das
Buch ist zum Teile eine Art "raisonierender Katalog" dieser
Sammlung. Schon beim ersten Bande und besonders beim '11
zweiten wird übrigens W. C. Wabruschek-Blumenbach als
Mitarbeiter genannt.
Nicht zu verwechseln mit der erwähnten Sammlung ist
das noch umfangreichere "Technische Kabinett" des Kron- 7,4
prinzen Erzherzogs Ferdinand, das rßrg in Angriii" genommen STW a4
und durch Keeß seit 1835 als Direktor und Blumenbach seit .123
rB35 als Kustos geordnet wurde. 184i wurde diese Sammlung
dem Wiener polytechnischen Kabinett eingegliedert Franz y.
Tschischka, "Geschichte der Stadt Wien", Stuttgart, 1847,
Seite 5x3 vgl. Slokar, "Geschichte der österreichischen Industrie
unter Kaiser Franz Seite 23x.
Aus den betreffenden Akten, die heute im Archiv des
k. k. Finanzministeriums verwahrt werden H. K. A. Kom. Praes.
iBxS, Nr. 1935, heben wir folgendes hervor Am z. Dezember
1818 macht der Vizekanzler Freiherr v. Geißler dem Präsiden-
ten der Hotkommission in Komznerzsachen Philipp Ritter von
Stahl Mitteilung wegen des Besuches der Sammlung von Keeß
durch den Kronprinzen Erzherzog Ferdinand 1'.
"Indem höchstselbe diese sehr instrucktive Technische
Sammlung mit ihrem Beyfall beehrten, entstand bey Ihnen
zugleich der Wunsch in dem Besitz einer gleichen Sammlung, Abb. x. Borte für den Fürsten Kinsky, gewebt
welche sich jedoch über die Erzeugnisse der ganzen Mon- von Mestrozi in den Jahren 1793 und 1794,
archie verbreiten solle, zu gelangen." Es liegt auch ein Ver- grün, rot und weiß, zum Teil geschnittener,
zeichnis der Hauptgruppen des Gewünschten bei. Keeß will das zum Teil ungeschnittener Samt auf glattem
Niederösterreich Betreffende besorgen. Wegen der übrigen weißem Grunde offenbar mehrfach in einer
Länder werden dann Schreiben an die Landesstellen gerichtet; Bahnbreite nebeneinander gewebt. Aus der
es ist auch von der königlich ungarischen und siebenbürgischen Mestrozischen Sammlung. Etwas über der
Hofkanzlei und dem k. k. Hofkriegsrat vielleicht wegen der wirklichen Größe Österr. Museum
Militärgrenze die Rede.
Am 17. Dezember r8r8 heißt es weiter "Da eben eine Sammlung im Großen für das Fabriksproducten-
Kabinet des k. k. polytechnischen Institutes in Wien eingeleitet wird, so dürfte sich aus diesem Anlasse die beste
Gelegenheit darbieten, auch für die Sammlung Sr. kaiserl. Hoheit die erforderlichen Echantillons zu bestellen."
Wir hören hier also von der dritten Sammlung, die uns später noch beschäftigen wird.
Der bereits erwähnte Wenzel Carl Wolfgang Wabruschek-Blumenbach x7gx-r847 gab 1316 die
"Neueste Landeskunde des Erzherzogthums Österreich unter der Enns" heraus; 1825 erschien sein Wiener
Kunst- und Gewerbefreund oder der neueste Wiener Geschmack in Gold-, Si1ber-, Bronce-, Eisen-, Stahla und
anderen Arbeiten". Über die Sammlung des Kronprinzen Ferdinand und die der Technischen Hochschule
siehe auch Fr. H. Böckh, Wiens lebende Schriftsteller Wien, rßzz, Seite r93ff.
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Abb. Seidene Wandbespannung im früher gräflich Czerninschen Palaste in der Wallnerstraße zu
Wien. Ausgeführt nach Entwurf des Archirekren Henrici, Mine der neunziger Jahre des XVIILJahr-
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aus der die meisten
Späteren mittelbar .w-5
oder unmittelbar
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Wichtig ist fer-
ner die Arbeit von
HeleneDeutsch über f.
Die Entwicklung
der Seidenindustrie rFy-e rd"
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in Osterreichxööobis 1x "xxg.
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i84o Wien, 1909. die
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Bei diesem Werke 133,-.
ist es allerdings die
Hauptabsicht der
Verfasserin, den
Einfluß der Staats-
Verwaltung auf die -E. 31'
Entwicklung der i."
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Seidenindustrie zu ggäe
schildemß" Es ist äß
darum begreiflich,
daß manches weni- Ei
ger behandelt oder F.
ganz übergangen ist,
wenn es sonst auch qlgivä.nvbj1b.v
wichtig wäre, jedoch
nicht gerade in den
vorgesteckten Be-
reich gehört. So ist 1-23
es zum Beispiele ge-
kommen, daß Me- bei "Pik
strozi, der schon JiQÄ-e
nach dem Zeugnis-
se von Keeß, I-Iono- i.
r. r-arxgq
rius Kraus und Bu- wärt" '11
jatti zu den wichtig-
sten Vertretern der Kiä
eine Familie Bujatli VVVÄATÜ a.
aus Görz war rBn nach Wien "k.
übersiedelr. Franz Bujatti war
der Sohn des Seidenzeug-
fabrikanien Georg Bujatti und
führte das väterliche Geschäft Abb. 3. Kamin und Spiegelrahmen im früher gräflich Czei-riinschen Palaste in
fort. Siehe Bujani, a. a. 0.. der Wallnerstraße zu Wien. Ausgeführt nach Entwurf des Architekten Henrici,
Seite 103. Mitte der neunziger Jahre des XVIII. jahrhunderts. Die kleineren beweglichen
Vorwort, Seite V. Gegenstände nicht zur ursprünglichen Einrichtung gehörig
österreichischen Seidenindustrie zählt, in diesem Werke nicht genannt wird;
er hatte freilich, wie er selbst betont, nie eine Staatsunterstützung gefor-
dert. Und so ist es auch gekommen, daß er bei Slokar, der sich berech-
tigterweise vielfach an Helene Deutsch anschließt, mit keinem Worte
erwähnt ist."'
Von weiteren Werken, die uns in die Webekunst jener Zeit einführen,
sei noch Die Vorrichtungskunst der Werkstühle" von dem Wiener Manu-
fakturlehrer Johann Georg Bartsch angeführt Wien 1832 und 1833. Wer
sich über die damals üblichen Webstühle und sonstigen Vorrichtungen,
über Stoffe, Bindungen und Bezeichnung der Stoffarten unterrichten will,
wird hier alles Wichtige finden; der dazu gehörige Atlas bringt nicht nur
sehr lehrreiche Abbildungen, sondern auch 120 eingeklebte Stoffproben
verschiedenster Art, die uns mehr aufklären als viele Worte."""
Gewiß ist die Erforschung neuerer Zeiten in mancher Beziehung leichter
als die älterer, in anderer Hinsicht aber auch schwieriger. Für frühe Zeiten
ist es oft viel getan, wenn man bestimmte Gruppierungen treffen und gewisse
allgemeine Gedanken nachweisen kann; bei späteren muß man jedoch immer
mit der Gefahr rechnen, daß unter zahllos erhaltenen ein zufällig über-
sehenes Dokument oder ein neu auftauchendes die scharfsinnigsten
Vermutungen über den Haufen wirft. So haben wir gerade bemerkt, daß
selbst in dem anscheinend reichsten Urkundenmateriale unter Umständen
etwas Wichtiges, ja Entscheidendes, fehlen kann. Es wird uns dies aber nicht
nur für ältere Zeiten immer vorsichtiger machen, sondern auch immer
wieder daran erinnern, daß man bei der Erforschung neuerer Zeiten ebenso
kritisch verfahren sollte, wie man es bei alten für nötig hält.
Wir müssen aus den gleichen Gründen aber auch für unseren Versuch
einige Nachsicht in Anspruch nehmen. Denn wenn wir uns auch bemüht
haben, die angegebenen Untersuchungen durch neue Forschungen zu
ergänzen und insbesondere auch gegenständliches Material in höherem
Grade als bisher heranzuziehen, so sind wir uns doch bewußt, auch nicht
vergleichsweise Abschließendes bieten zu können.
Wir müssen uns bei den folgenden Betrachtungen auch auf die Seiden-
Weberei beschränken; denn wollten wir die glänzend entwickelte Band- und
Schalweberei Alt-Wiens, den Stoffdruck, die Posamenterie und verwandte
Gebiete mit heranziehen, so würde der in Aussicht genommene Umfang
dieses Aufsatzes allzusehr überschritten. Auch die "Seidenzucht", die
Keeß, ll, Seite 302. ln Seidenzeugen überhaupt sind die Fabriken von l-lombostel, Mestrozi und
Andrä die ersten". Bujatti, a. a. 0., Seite 13a. Die erste Auflage des "Denltbuches" von Kraus aus dem jahre
181 enthält nach Mitteilung des Herrn Al. Trost auf Seite 16 die Angabe "Unter den vielen Fabriken
verdienen vorzugsweise genannt zu werden l. Die der Herren Brüder Paul und Vitalis Mestrozzi, bilrgerl.
Hausinhaber Nr. ao7." Die Auflage vom jahre 1822 berichtigt nur die frühere Angabe "bürgerliche Hausinhaber"
in "Bürger und Hausinhaber", nennt die Mesuozzi jedoch auch an erster Stelle. Die Auflage von x8z6 führt die
Brüder nicht mehr an, da, wie wir sehen werden, das Unternehmen inzwischen aufgelöst war. Nebenbei bemerkt,
entspricht die erwähnte Hausnummer 207 der späteren Nummer 3x8.
Bartsch hatte eine Webereischule im Gemeindehause zu Gumpendorf Wien, VI. Bezirk inne; siehe
Bujatti a. a. 0., Seite x07.
Erzeugung des Rohmaterials und Gespinstes sowie die Färberei müssen wir
hier darum außer Betracht lassenf
Wir wissen heute, daß die österreichische Seidenweberei von unbedeuten-
den Vorstufen abgesehen in die zweite Hälfte des XVII. Jahrhunderts zurück-
reicht und daß Johann Joachim Becher zu ihren I-Iauptbegründern gehört."
Im Jahre 1702 waren in Wien zwanzig steuerzahlende Seidenfabrica-
tores" tätig; 1710 wurde eine Bruderschaft der bürgerlichen Sammt-, Gold-,
Silber, Seiden- und Halbseidenzeugmacher" begründetffi" Daneben gab es
noch "I-Iofbefreite" auf diesem Gebiete.
Der erste große Seidenweber Wiens war anscheinend Matthias Hengst-
berger, der das Unternehmen eines I-Iandelsrnannes Bratti übernommen
hatte und zusammen mit den I-Iandelsleuten Peter Passardi und Johann
Bussi, nicht ohne Streitigkeiten mit den zünftigen Meistern, weiterführte. Er
wird auch als einer der ersten erwähnt, die Aufträge für den Hof erhielten.
Er galt zudem als der erste "reiche" Seidenzeugfabrikant Wiens. Als solcher
konnte er dann auch im Jahre 1714 ein großes Gebäude mit einem aus-
gedehnten Garten errichten, auf dem später einer der wichtigsten Teile der
Vorstadt Schottenfeld, des erwähnten Hauptsitzes der Wiener Seiden-
weberei, entstand-J-
Wir wollen hier nicht unerwähnt lassen, daß schon um das Jahr 1721
die St. Ulrichs-Cassa", eine Wohltätigkeitsanstalt für erkrankte Seidenzeug-
machergesellen, bestand; es war eine sogenannte Lade, die noch bis weit ins
XIX. Jahrhundert hinein segensreich wirktetfi- In jener alten Zeit bildete sich
auch schon der Brauch aus, daß die Mitglieder der Lade Wallfahrten nach
Atzgersdorf unternahmen, um Abwendung der Krankheit sowie Segen für
Gewerbe und Kaiserhaus zu erllehen; noch im Jahre 1839 stifteten die
Über Die Erzeugung der Rohseide" in Österreich siehe Bujatti a. a. 0., Seite zg, 49 HZ, go 8., über Görz
insbesondere Seite 92 H. Über Die Färberei" daselbst Seite 37 B1, Seite 148 ff. Der Zunftbrief für die Wiener
Färber von 1714, daselbst Seite 5. Über die Anstalt für Seidenkultur in der Leopoldstadt zu Wien siehe auch
A. Ilg, ,.Wiener Handel und Gewerbe im XVIII. Jahrhundert" Wien, 1888, Seite ao. Daselbst werden auf
Seite 23 auch Filatorien in Hietzing und auf der Fischermiihle erwähnt.
Nach Bujatti a. a. 0., Seite 13, Anmerkung ist als erster Wiener Seidenweber ein Johann Fux im
Jahre 1511 nachweisbar. Siehe auch Helene Deutsch, a. n. 0., Seite 56.
Ein "Jacob Missel, zendelwircher" wird im Jahre 158g in den Rechnungen des Wiener städtischen Ober-
kämmerers als Bürger angeführt Jahrbuch der Kunstsammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, XVIII, Reg.
Nr. 15.852, f. u. Erwähnen wollen wir auch die Ordnung für ausländische Kaufleute vom Jahre 1535, da sie
verschiedene damals eingeülhrte Seidenstoßarten anfiihrt ebenda, Reg. Nr. 15.671.
Becher war Leibarzt des Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn und Professor in Mainz, dann
kameralistischer Ratgeber am pfälzischen Hofe. Im Jahre 1566 wurde er nach Österreich berufen und blieb
hier 12 Jahre. Eingehenderes über seine Tätigkeit bei Bujatti, a. a. 0., Seite auch bei Helene Deutsch, a. a. 0.,
Seite 51 s.
Die auf Bechers Veranlassung entstandenen Unternehmungen und die Seidenmanufaktur im Manufaktur-
warenhause am Tabor in Wien gingen aber bald wieder ein Slokar, a. a. 0., Seite 385.
Über frühe italienische Seidenweber in Österreich siehe auch Bujatti, a. a. 0., Seite 14.
Bei Bujatti, a. a. 0., Seite B1, eingehend besprochen. Über die Vereinigung der Innung der Dünn-
tuchmacher mit jener der Seiden- und Samtmacher daselbst Seite 57.
"Denkbuch der Pfarre Sct. Laurenz im Schottenfelde" Wien, 1839, Seite 17. Über Hengstberger auch
Bujatti, a. a. 0., Seite 18, und Helene Deutsch, a. a. 0., Seite 5B. Die Regierung war übrigens schon 1709, also
ein Jahr vor Gründung der "Bruderschaft", auf seine Seite getreten. Über Hengstberger und einige
andere Weber der Zeit Karls VI. und Maria Theresias siehe auch llg, a. a. 0., Seite 22, 23.
1-1- "Denkbuch der Pfarre Set. Laurenz Seite 87 lf.
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Abb. 4. "Tapetenstoff" Seide, gelb auf Rot; im Rande etwas grün. Die Hälfte der wirklichen Größe hier gestürzt
dargestellt. Von Hombostel in Wien, xBtg Österr. Museum
Seidenzeugmacher Wiens gemeinsam einen kostbaren Ornat für die Kirche
in Atzgersdorff Doch kehren wir zu dem Gange unserer Darstellung zurück.
Ausgeführt von Albert Kostner, den wir später noch erwähnen uterden, vgl. ebenda Seite go.
Schon im ersten Drittel des XVIII. Jahrhunderts war man vielfach
bemüht, Kräfte aus der Fremde heranzuziehen. So gründete im Jahre 1717
der Genfer Taftfabrikant Jean Francois Dumont mit staatlicher Unterstützung
eine Fabrik, die zunächst auf der Wieden, dann am Tabor betrieben wurde?"
Die letzten Jahre der Regierung Karls VI., die politisch so ungünstig
verliefen, hemmten natürlich auch die Seidenweberei in ihrer Entwicklung;
Auch ein Franzose, Jean Pic, wird erwähnt; vgl. Bujatti, Seite 16 f., und Slokar, Seite 388.
4a
334
33b
um deren Erzeugung im Inlande zu heben. Die Ausführung geblumter Samte
scheint sogar erst im Jahre 1751 durch drei Franzosen Fleuriet, Tetier und
Gautier begonnen worden zu sein. Wenige Jahre darauf errichtete Kommer-
zialrat Frieß im Verein mit einem Handelsmanne Togniola eine Samtfabrik
in Döbling jetzt XIX. Wiener Bezirk.
In dem erwähnten Jahre 1751 erfolgte auch die erste Manufaktur- Quali-
täten- Ordnung für Seidenzeuge, Wodurch Breite und Farbenzahl der Stoffe
genau festgesetzt wurden.
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Abb. 7. Gewebter Brieftaschenumschlag. roter Grund mit Gold und farbiger Seide zum Teile broschiert. der
wirklichen Größe. Von Georg Griller in Wien, r8zo Österr. Museum
Von besonderer Bedeutung war aber die Schaffung der Dessinateur-
Schule" in Wien, die auf Anregung des Fürsten Kaunitz, des damaligen
Botschafters in Paris, im Jahre 1758 eröffnet und später der k. k. Akademie
angegliedert wurdefi Daß diese Anstalt auf die zeichnerische Ausbildung der
Über diese Manuialtturschule siehe Carl v. Liltznw, "Geschichte der k. k. Akademie der bildenden
Künste in Wien" WVien, 1877, Seite 47 f., Seite 78, Seite roz, und Rudolf Freiherr v. Klimburg, "Die Entwicklung
des gewerblichen Unterrichts in Österreich" Tübingen, rgoo, Seite n. Über Kaunitz auch Eduard Leisching
"Theresianischer und Josefinischer Stil" Kunst und Kunsthandwerk, XV. Jahrg., Seite 504 FR. Nach der
Vereinigung rnit der Akademie r786 war die zweite Klasse auch für den praktischen Unterricht in der
Kenntnis der Wehstühle" bestimmt.
"Als Adjunltten waren der in Paris gebildete Ornamentist Franz Grabner und der besonders als Muster-
zeichner für Seidenfabrikanten geschätzte Claude Toussaint Baron" tätig. Nach Barons Tode wurde Grabner
Professor Llitzow, a. a. 0., Seite 86 und starb 1835 daselbst, Seite 103. Über Stipendien für Görzer zum
Besuche der Wiener Dessinateurschule siehe Helene Deutsch, Seite x44. Diese nützliche Anstalt wurde unter
dern Titel der "Reorganisation" im Jahre 1850 aufgelassen. Eigentliche Kunstgewerbeschulen bestanden damals
X850 noch nicht.
Gewerbetreibenden wirklich wohltätigen Einiiuß ausübte und die österrei-
chische Weberei dadurch vom Auslande unabhängiger machte, werden wir
an einem später zu besprechenden Beispiele noch deutlich erkennen.
Nicht unwichtig erscheinen uns zur Beurteilung der älteren öster-
reichischen Seidenweberei auch die Bemerkungen im Dictionnaire universel
de commerce" von Jacques Savary des Bruslons Sp. 30g
In allen Zeiten", heißt es da, standen die Bewohner Osterreichs in
dem Rufe, sich den verschiedenen Fabrikationen zu widmen, und sie
verdienten dieses Lob noch mehr, wenn die Kriege nicht so oft die Fort-
schritte ihrer Arbeit hemmten. Trotzdem sind die Fabriken von Hüten,
Leinen und Wollstoffen noch heute in so gutem Zustande wie jemals.
Die Fabrikation von Seidenstoifen ist mit Kraft vorwärts gebracht, be-
sonders in Wien, wo die Kaiserin-Königin nichts vernachlässigt, sie zu
ermutigen, und sich ein Vergnügen daraus macht, keine fremden Stoffe zu
tragen?"
Spalte 312 heißt es dann noch von Wien im besonderen Unter der
gegenwärtigen Herrschaft hat man in Wien alle Arten von Fabriken und
Manufakturen errichtet, die durch die Förderung und den Schutz, deren sie
genießen, die größten Fortschritte machen. Die erzeugten Waren wetteifern
an Feinheit und Schönheit mit den fremden In zwei Seidenstofi-
Fabriken arbeitet man alle Arten von Stoffen, selbst die ganz reichen mit
Gold und Silberßw"
Unter den Waren aber, die in Wien eingeführt werden, sind immer noch
an erster Stelle erwähnt Brokate, Damaste, Seidenstoffe, Gold- und Silber-
borten, Samte, Tuch, Stoffe aus Leinen und Wolle, solche aus Wolle allein
und so weiter." Dann heißt es wieder im besonderen Aus Italien und Tirol
kommen feine Weine, Früchte, Seidenstoffe und andere Waren. Aus Frank-
reich, England und Holland bezieht man Tuch, Samte, Seidenstoiie, Mode-
waren und anderesfhl"
Wir Fuhren nach der Kopenhagener Ausgabe von 1765 mit ihren Nachträgen an.
Sp. 3x0 über das Einfuhrverbot von 174g; Sp. 3143 über die Einfuhrbeschriinkungen von 1763 nach
der "Gazette de Paris" vom x8. Febniar 1763. Zu dem Verbote von 174g vgl. Bujatti, Seite 5x. Sp. 3x2 über
Wien und die Wiener Vorstädte "josepstadz, St. Ulrich ou Neustift, appelle aussi Neubau et tres-peuple par la
raison qu'il est dans un terrain qui depende de PAbbaye de Schotten Vienne, de 1'Ordre de St. Benoit, et qu'il
jouTt de plusieurs beaux privileges."
Vorher werden genannt Weißblech, Gold- und Silberborten, Musikinstrumente. Erwähnt werden
besonders noch die Maschinenfabrik für Mühlenbau in der Leopoldstadt und eine Messerfabrik ebenda, dann
die Porzelianfabrik. Weiter ist von der blühenden Spiegelerzeugung und der Edelsteinschleiferei die Rede on
brillante sur-tout les dismans dans 1a derniere periection. Berühmt ist auch die Stickerei, bedeutend femer
die Seidenstrumpf- und Tucherzeugung. Sp. 3x4 werden auch die Nadeln aus Wien des aiguilles de la fabrique
de Vienne genannt. Über die Nadelfabrik in Wiener-Neustadt siehe 11g, "Wiener Handel und Gewerbe irn
XVIII. Jahrhundert, Wien", 1885, Seite ar.
Nebenbei bemerkt, erfahren wir hier über Tirol Sp. 324 "Les Manufactures sont präsenten-legt am
un assez bon pied, dann le Tirol; et il est croire qu'avec le ternps elles fieuriront encure dävantsge, puisque
dans toutes les Provinces qui appartiennent la Maison d'Autriche, on se donne des peines infinies, pour
les pousser de plus en plus Sp. 326 Rovere, ou Roveredo, en Latin Roboretum, et en Allemand
Rovreid est une ville assez petite; mais elle fait un grand eornmerce de soie et de rnanufactures de
soie, cornme satins, daxnas, Velours, et autres etoffes die meist über Bczen nach Deutschland gehen." Über
den Seidenvertrieb auf der Bozener Messe spricht bekanntlich auch Goethe in der "ltaliänischen Reise" unter
dem u. September 1786.
337
Allerdings wurden die Bemühungen der Regierung und die Tüchtigkeit
der Bevölkerung, wie bereits gesagt, durch Kriege und daraus folgenden
Geldmangel immer wieder gehemmt, so daß wir im Jahre 1760 in Wien erst
607 Personen mit der Seidenindustrie beschäftigt finden, eine auch für die
damalige Größe Wiens nicht gerade bedeutende Anzahl.
Unter solchen Umständen konnten auch zufällige Ereignisse, wie die
Hoftrauer um den verstorbenen Kaiser im Jahre 1765, gerade der Seiden-
industrie vorübergehend schweren Schaden bringen.
Die, wie gesagt, noch junge Samterzeugung suchte man schon im
Jahre 1763 durch eine neue "Qualitätenordnung" zu schützenf
In den Jahren 1764 und 1767 wurde dann die Einfuhr einer großen
Anzahl von Seidenwaren nach Osterreich neuerdings verboten; doch reichte
die inländische Erzeugung offenbar noch nicht zur Deckung des Bedarfes
hin, was auch aus Savarys Berichte hervorgeht.
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1,193
ääiäiiisiß? giifg-fäiäjxäs i.
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"IP-II P1 3711 J.
Abb. 8. "Goldgelber Möbelstofl." Gegen U3 der wirkl. Größe. Von Hombostel in Wien, X826 Österr. Museum
Von sehr großer Bedeutung war die Manufakturordnung des Jahres 1768,
die für die außerhalb Wiens befindlichen Seidenfabriken bestimmt war. Mit
Recht hebt Helene Deutsch hervor, daß manche soziale Bestimmungen darin
sehr modern anmuten" und in der Gegenwart erst neuerdings durchgesetzt
werden" mußten."
Von den älteren Betrieben seien außer den bereits erwähnten hier noch
folgende angeführt Zunächst die Seidenzeugfabrik von Josef Beywinkler in
Wien, seit Anfang der fünfziger Jahre des XVIII. Jahrhunderts. Vier Söhne
des Gründers besuchten die "Dessinateurschule". Sie erhielten dann eine
staatliche Unterstützung, wofür sie der Wiener Meisterschaft jährlich vier
neue Entwürfe kostenlos zur Verfügung stellen mußten. Man darf also unter
Sie kann uns schon durch die bloße Reihenfolge der für die Elle berechneten Löhne über manche
Frage Aufschluß bieten; vom Kostbaren zum Wahlfeileren hinabsteigend werden erwähnt vgl. Helene Deutsch,
Seite 77 Geblümter oder gezogener Samt von einer oder mehr Farben Gekrauster oder ungesehnittener
Samt Genueser Samt Gattungen Holländer Samt desgleichen Hamburger Plüsch-Samt
desgleichen und so weiter.
Genau abgedruckt bei Helene Deutsch, Seite 84 H. Hier sind auch die Plüsche von Ala erwähnt, und
die Reihenfolge der StoHe ist wieder bemerkenswert.
338
den älteren Wiener Arbeiten schon Selbständiges suchen und nicht alles für
französisch erklären?
Gleichfalls aus dem Beginne der fünfziger Jahre des XVIII. Jahrhunderts
stammt die Fabrik des Andreas Hebenstreit in Wien. Dessen ältester Sohn,
Josef Hebenstreit, erfand im Jahre 1763 auch schon einen verbesserten Web-
stuhl. Der jüngere Sohn Liborius wurde dann im Jahre 1777 zusammen mit
einem Musterzeichner Grabner? mit staatlicher Unterstützung zur Vervoll-
kommnung auf drei Jahre nach Frankreich und Italien gesendet.
Zu erwähnen wäre ferner eine Taftfabrik von Andre Jonas seit 1758, die
später einen großartigen Aufschwung nahm. Die Taft- und Florfabrik von
Masgotz wurde im Jahre 1756 aus einem älteren Betriebe gebildet.
Von der Samtfabrikation der französischen Emigranten Fleuriet, Tetier
und Gautier wurde bereits gesprochen.
In den Hofrechnungen des Jahres 1770 15. September haben wir
zufällig die Nachricht gefunden, daß von den Samtfabrikanten Jacques
Gautier und Franz Massa Damastspaliere und Samtbaldachine für den
Hof bezogen wurden. Der Name Massa wird uns auch späterhin noch
begegnen.
Andere Lieferungsverträge mit der I-Iofverwaltung sind uns in den
Hofrechnungen von 1773174 fol. 33g v.,vom 22.Juni 1774 und von 1775176
Ällm Jahre r765 erhielt Josef Beywinkler bei einer "Concurrenz zur Einführung der broschirten
geringen Seidenstofle. wo die Ellen nicht über 31x Gulden kosten solle", unter r4 Seidenzeugmachem den
Preis Helene Deutsch, Seite 103. Über eine "Hofresolurion" vom Jahre 1764 wegen Sendung geschickter
Meister in Seiden und Baurnwollenarbeit von Wien ins Land siehe Klimburg, a. a. 0., Seite g.
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i. i.
Abb. g. Weinroter Samt, gepreßt. Fast wirkliche Größe. Von Peter Gianicelli in Wien, 1826 Bemerkung auf der
Tafel "Gepresste Sammre, von des Erfinders parentirter Maschine aus Gußeisen" Österr. Museum
339
fol. 123 vom 1. Septem- 1. I. Nßx
ber 1775 begegnet, wo N. .542 '75"
es sichbeidemalum sehr 2.4 rw,
r. M".
ansehnhcheBetragehan- flp w. 1.- Äßyffihf
iielt. Spatere Iileighand- d-ß all
un en we en 1e erun
von 1200 bis 1500 Ellen
cramoisin farben Späl-
lier Damast" mit dem i. .7
Fabrikanten Grünauer
finden sich in den Hof- fx ,ßr a.
4h FX
rechnungen 1783184, .1"
fol. 150, 153, x81, 36.6?" .5?
NlariaTheresia hielt
es ubngens, wie vielfach .532. i. jf 5135.;
die älteren Regierungen, Atmet-d, .111; .51
H-äw
volkswirtschaftlich fur s-ü-w .351. 9359x1335.
da "Fa
vorteilhafter, die Fabr1-
Abb. m. Lichtblauer Samt, gepreßt. Fast wirkliche Größe. Vom "Seiden-
ken fnoghchs? In zeug-Appreteur" Peter Gianicelli in Wien, 1826 Österr. Museum
Provinz anzusiedeln; in
Osterreich kam hier besonders Görz in Betracht. Nur die "Modeartikel"
sollten in Wien selbst aus eführt werden.
So verlegte auch Tetier seine Fabrik im Jahre 1764 nach Krems. Die
Wahl dieses Ortes mutet heute vielleicht etwas sonderbar an; doch sagt
auch Savary Nach Wien ist Krems die erste unter den 18 Städten Nieder-
österreichsßi" Immerhin zwangen die beschränkteren örtlichen Ver-
hältnisse zur Errichtung einer eigenen Färberei.
Tetier legte die Leitung übrigens krankheitshalber bald nieder und
ging für einige Jahre in seine Heimat Lyon zurück. Im Jahre 1785 finden
wir ihn jedoch wieder in Wien, wo er unter Bürgschaft der Niederlags-
verwandten" Kollmann und Sohn eine "Glanz-Taffet und französische
Dünntuchfabrik" errichtete, die nach des Gründers baldigem Tode von
seiner Witwe und dem Lyoner Bied-Charton weitergeführt wurde.
Die Kremser Fabrik kam aus Mangel an Hilfskräften, wegen des
erwähnten Zvvanges, eine eigene Färberei zu betreiben, und wohl auch aus
andern Gründen nicht recht vorwärts und wurde darum durch Martin
Peternader im Jahre 1776 wieder nach Wien Meidling zurückverlegt. Es
ist bemerkenswert, daß sich hier schon eine der Schwierigkeiten zeigt, die
Die "Beschreibung der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien" "Österreichische Kunsttopographie",
3. Band, Wien, 177a von Weiskem zählt auf Seite 16 die Bürgerlichen Handelsleute auf davon 56 in den
Vorstädten und 193 in der Stadt. Es handeln davon 16 mit Seidenzeng, 1B mit Cvtton und iVollenzeug,
17 mit reichenZeI-rgen, Summe! und dergleichen, mit raherSeiden, 13 mitMusselin und weißer Waare; 12 sind
Tuchhändler, 20 Leinwandhändler.
Auf demselben Kanon wie Abb. 9.
V. Sp. 312. On voit une aftiuence de marchands Allernans, Bohemes, Hongrois et Polonois, qui
viennent acheter Pacier du fer, de 1a moutarde et du safran de PAutriche, qui est fort renomrne."
340
sich dann seit der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts, wo die meisten
Seidenfabriken aufs Land gewandert waren, immer stärker geltend macht
die Abtrennung von den I-Iilfsgewerben. Nebenbei nur sei die Florfabrik von
Falzorger erwähnt, die in den fünfziger Jahren von diesem vereint mit dem
Italiener Valero errichtet wurde. Genannt werden uns noch die Seiden-
zeugmacher Biglmayer erhält 1762 eine größere Unterstützung zur Ein-
richtung zweier Opera-Stühleß Zanoni, Asani, Constantin, Josef Locatelliffi
jßiqlluiäeg-iiiäiäflfi-ÄQZ-
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"iäj-ät-ng TQwKQT-tgsfäl Kling 15;, jjv,
Säx "-1313 ypI-jg-jfit-
Abb. n. "Seidene Umbängtuch", weiß auf Violett. der wirklichen Größe. Von Sebastian Kargl in Wien, x82
Österr. Museum
Staatliche Unterstützungen zur Gründung neuer Unternehmungen
wurden fernerhin im allgemeinen aber nur mehr einwandemden Gewerbe-
treibenden bewilligt, so den Brüdern Urbani aus Trient oder dem Lyoner
Vial, der im Jahre 1767 eine Fabrik für feine broschierte und reiche Zeuge
in Wien errichtete. Schon 1768 verband er sich mit dem Fabrikanten
Violand. Nach dem Tode Vials 1771 ging das Unternehmen an den Fabriks-
meister Charton über, im Jahre 1798 sodann an Freiherrn von Geramb und
im Jahre 1804 an den Großhändler Rieger.
Ziemlich reiche Staatsunterstützung empfing der Hamburger Samt-
fabrikant Engelbert König, der am Schlusse der sechziger Jahre des
Helene Deutsch, Seite m3.
Ähnliche Förderungen, ebenda.
44
XVIII. Jahrhunderts in Wien eine Samt- und Seidenstoffabrik errichtete; sie
wurde später von dessen Witwe, danach von dem Handelsmann Kritsch
und wenig später von dem Fabriksdirektor Christian Gottlieb Hornbostel
x774 übernommen, einem Predigersohne aus Hamburg. Auch Hornbostel
erhielt noch eine staatliche Unterstützung? Diese Fabrik nahm unter Kaiser
Josef II. außerordentlich an Bedeutung zu; schon vor dem Jahre 1790 hatte
sie 200 Stühle im Betriebe." Wir werden dieses Unternehmen, das übrigens
bis zum Jahre 1890 fortbestand, noch wiederholt erwähnen müssen.
In den zehn, zwölf Jahren, die dem Siebenjährigen Kriege folgten, wurden
in Wien zahlreiche Fabriksneubauten errichtet; die Seidenwarenerzeugung
unserer Stadt hat sich in dieser Zeit mehr als verdoppelt. Das Jahr 1775
brachte dann allerdings eine schwere Krise, die durch den hohen Seidenpreis,
von dem wir hören, nur zum Teile erklärt wird.
Die früher erwähnte Qualitätenordnung, die schon wiederholt zu Miß-
helligkeiten Anlaß gegeben hatte und den Forderungen und Gewohnheiten
der Zeit nicht mehr entsprach, wurde in den Jahren x77o und 1774 geändert
und im Jahre 1782 aufgehobenif"
Wie schon Keeß hervorhebtj- war das Zeitalter verschwunden, wo
das Brautkleid der Großmutter noch zum festlichen Anzuge der Enkelin
diente. Nun wünscht man", heißt es weiter, lieber um denselben Preis zwey
Kleider zu haben, als eines aus jenem dauerhaften StoHe." Es hing dies aber
mit dem ganzen Wandel der Lebensformen und der Kunstauffassung zu-
sammen. Es begann das Zeitalter rasch wechselnder Moden, die den Stoff-
erzeugern wohl Vorteil, aber auch manche Beschwer einbrachte. Wir haben
schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, daß selbst die Lyoner Fabrikanten
über den allzu raschen Modewechsel zu klagen Ursache fanden.
Gerade dieser rasche Wechsel drängte aber auch auf Veränderungen
in der Webeeinrichtung, die uns im weiteren noch beschäftigen werden.
Zugleich ließ diese Zeit die großgemusterten Stoffe in den Kleidern
beinahe völlig, aber auch in den Wand- und Möbelbespannungen größten-
teils, verschwinden und begünstigte andrerseits die bedruckten Stoffe und
Papiertapetenj-j-
Wir haben bereits viel von Einfuhrbeschränkungen oder Verboten
gehört; in der letzten Zeit Maria Theresias war man in dieser Hinsicht aber
weniger streng gewesen. Erst unter Kaiser Josef wurde die Schutzpolitik
Helene Deutsch, Seite x04 und 105. Keeß IIfx, Seite 301 bietet eine etwas andere Entstehungs-
geschichte; doch befindet er sich hier wohl im Irrtum.
Keeß, II'x, Seite 30x.
Über Streitigkeiten mit Hebenstreit und Hornbostel siehe Helene Deutsch, a. a. 0., Seite 94 und x05.
Zur Qualitätenordnung von x77o siehe Keeß, Ilfx, Seite 304 f., und Bujatti, Seite 53 H. Allmählich wurde
auch die Frauenarbeit in der Seidenweberei in größerem Umfange gestattet Helene Deutsch, Seite x07, womit
aber die Ausfühnmgen auf Seite x28 in Widerspnich zu stehen scheinen.
IIfx, Seite 307.
Über den starken Wettbewerb der Papiertapeten siehe Dernian im "Archiv für Geographie und Statistik
herausgegeben von J. M. Freih. v. Liechtenstem für das Jahr 1804". Wien Seite 133. Vgl. auch die Ein-
leitung von Eduard Leisching zum Kataloge der "Ausstellung der österreichischen Tapeterv, Linkrusta- und
Linoleum-Industrie im k. k. Österreichischen Museum für Kunst und Industrie, Wien 1913.
343
wieder in höherem Maße aufgenommen. Es geschah dies nun hauptsächlich
durch hohe Konsumzölle, wie sie das Zollpatent von 1784 auf die ein-
geführten Seidenwaren legte, wodurch wenigstens die rechtmäßige Einfuhr
kaum mehr lohnend erschienf"
Daneben suchte der Staat aber auch durch Geldunterstützungen die
heimische Tätigkeit wieder möglichst zu heben. Auch nahm der Kaiser
persönlich lebhaften Anteil an der Förderung der Gewerbe; so brachte er im
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G439! Qäfgl-täägij! XxJ HY JiUg
I. f. tat-gib
5.
Abb. x3. "Möbelstoff." Lila auf Gelb. Über derwirklichen GrößevonjosefNigri inWieri, 1835 Österr. Museum
Jahre 1777 von einer Reise zu seiner Schwester Maria Antoinette, Königin
von Frankreich, eine Samtweberei und eine genaue französische Beschreibung
der Herstellungsweise aus Paris mit und soll dadurch manche Anregung
geboten haben."
Mit staatlicherUnterstützungwurde im Jahre 1780 einWalzenmaschinen-
stuhl, der auch für schwerere Zeuge zu gebrauchen war, durch den Genueser
Seidenzeugfabrikanten Villa eingerichtet. Helene Deutsch führt in ihrem
Werke noch verschiedene heimische und fremde Seiden-, Flor- und Dünntuch-
Der Tarif abgedruckt bei Bujatti, Seite 66.
Bujani, a. a. 0., Seite x70.
344
.V erzeuger an, die staatliche För-
derung genossen Die Ausfuhr
1.
von osterreichischen Floren er-
streckte sich damals bereits auf
'14 Polen, Rußland und die Türkei.
Wir heben unter den vom
Staate Geforderten besonders
Christoph Andre Andreae zu
Abb. X4. "Miniatursamt." Wassergriin in schwarzem Grunde. Muhlheln? am Rfleln hervor' der
wun. Größe. vuu Mestrozi in Wien, m9 Österr. Museum sich bereit erklart hatte, seinen
ältesten Sohn und seinen Fabriks-
direktor Bräunlich nach Osterreich zu senden und nach längeren Unterhand-
lungen im Jahre 1787 in einem ehemaligen Kloster zu Wiener-Neustadt, das
man ihm überließ, unter dem Titel "K. k. privilegierte Niederländische
Seidenfabrik" ein großes Unternehmen gründete?"
Diese Fabrik entwickelte sich rasch zu einer der größten in Osterreich;
im Jahre 1790 beschäftigte sie schon 400 Arbeitskräfte.
Andre und Bräunlich trennten sich später; doch behielten beide Fabri-
kanten ihre hervorragende Stellung, besonders die Andresche Fabrik blieb
bis über die Mitte des XIX. Jahrhunderts eine der hervorragendsten in Oster-
reich. Keeßü" sagt im Jahre 1820 von ihr Einer rühmlichen Erwähnung
würdig ist die besonders in Sammten und reichen Stoffen ausgezeichnete
Fabrik des Herrn ChristofAndrä in Wiener Neustadt. Diese Fabrik war sonst
eine Verlagsfabrik, das ist sie hielt eine Quantität Muster, und verlegte in
früheren Zeiten 220 Stühle, welche die vorzüglichsten Arbeiten lieferten, wie
denn die Fabrik auch schon früh Absatz im Ausland sich zu verschaffen
wußteßi
Wegen ihrer großen Bedeutung glaubten wir auf diese Fabrik besonders
hinweisen zu sollen, obgleich sie ihren Sitz nicht in Wien selbst hatte. Bei
der Nähe Neustadts stand das Unternehmen natürlich immer in engster
Seite x88 8'.
Vgl. Bujatti, Seite 57 H. Der Name wird in den älteren Quellen verschieden geschrieben "Andre"
oder "Andrae". Ein altes Musterbuch im Österreichischen Museum trägt die Bezeichnung Carte d'Echantillons
de C. Andreae Öls et Braeunlich WL-Neustadt", so daß wir wohl diese dritte Schreibweise für die eigentlich
richtige halten dürfen. Der Einfachheit wegen be-
halten wir aber die häufigere Form "Andre" bei. 4.
A. a. O. Il Seite 302.
Dies War übrigens auch bei Hombostel
der Fall. Über den Handel ums dem Auslande f.
siehe Helene Deutsch, Seite 125. Für den Aus-
landabsatz war auch die Verwendung dünneren g. 5.
Gold- und Silberdrahtes gestattet.
Im Jahre 1787 hatte übrigens auch der
in Wien bereits ansässige Seidenzeugfabrikant
Cagniano in Mödling ein aufgehobenes Kloster
für seinen Betrieb erwOrben. In Triest wurde dem
Seidenzeugfabrikanten Morpurgo gleichfalls ein
Kloster überlassen. Förderung erfuhr auch der Abb. 15. ,.Miniatursamt." Grün "ombriert" auf mehr-
Seidenzeugfabrikant Michael Ritter 1789. Siehe farbigem Grunde. Wirkl. Größe. Von Mestrozi in Wien,
Helene Deutsch, Seite 126. räxg Österr. Museum
Verbindung mit Wien; die
LebensbeschreibungMestro- Vl
zis, die uns noch einge-
hender beschäftigen soll, .,i "i-iw
wird uns dies ganz deutlich .1
vor Augen führen. jlixiyy
Keeß erwähnt auch ei-
nige wichtigere Einführun-
gen und Verbesserungen in
der österreichischen Seiden- .i
industriejenerZeitzänSo hat
zum Beispiele Krauthauf im
Jahre 1786 zuerst die feinen
seidenen Halstücher, die
Sonst Holland hierher
eingeführt wurden, verfertigt
und seit dieser Zeit die Einfuhr derselben entbehrlich gemacht. In eben dem-
selben Jahre verfertigte Kugelmann in Wien zuerst Bologneser Dünntuch,
französische Entoilagen und Veli tirati, wovon er schon 1788 eine eigene
Fabrik besaß. Eine andere Dünntuch- und Taftfabrik wollte 1788 auch
Freiherr Peter von Braun errichten, der in demselben Jahre gläserne Ringel
zur Seidenzeugfabrikation einführte. Irn Jahre 1789 errichtete Walter in
Wien eine Mailänder Seidentücherfabrik" und so weiter.
Wir erwähnen noch, daß im Jahre 1783 der Lyoner "Chineur" Anton
Fray nach Wien gezogen wurde und daß besonders seine hier dauernd ver-
bliebene Gattin Johanna 1803 zahlreiche Inländer in diesem Kunstzweige
ausbildete."
Einige Verbesserungen der neunziger Jahre führt Helene Deutsch a. a. 0.,
Seite 135, an. Wir erwähnen noch, daß die "Schnell-Gache", die mit den
"Schnell-Schützen" in Ver-
bindung steht, in Wien im
"i. Jahre 1797 eingeführtwurde.
V4 Diese Einrichtung, die Joh.
GeorgBartsch Sei-
.3 xi te als "eine der schönsten
Q. Erfindungen, welche der
Webekunst stets außeror-
dentlicheVortheile gewährt"
bezeichnet, wurde angeblich
A. a. 0., Seite 302.
Helene Deutsch, Seite 196. Das
i. französische Moirieren wurde in Wien
schon seit 1765 betrieben-Über Seiden-
färber aus Lyon siehe ebenda, Seite 192.
Abb. 17. "Faconiener Seidenstoti." Mattlila. Wirkliche Größe. Von Unter den Wiener Seidenfärbern liber-
Mestrozi in Wien, 1820 Österr. Museum wogen aber die Italiener.
Jlfu
348
nach Lübeck und Neapel sendetenfk Um das Jahr 1800 waren unter allen
Wiener Gewerbetreibenden die Seidenerzeuger bereits die zahlreichsten; es
waren damals über 8ooo Stühle in Tätigkeit." Doch kam es nun infolge der
fortwährenden Kriege, besonders in Oberitalien, und aus andern Ursachen
zu schweren Erschütterungen.
So waren in den Kriegen vielfach die Maulbeerkulturen Italiens zerstört
worden. Schädigend wirkte auf Österreich auch das Ausfuhrverbot auf Pie-
monteser Seide, die den Franzosen vorbehalten werden sollte, eine Beschrän-
kung, die übrigens ebenso gegen die deutschen Manufakturen Frankenthal,
7.x;
31'" eljq-qwv
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uäiümiig ßürnaJfyäl Qgglmrßäx
ä. wette.
lih wir"-
1x"!
Abb. 19. "Faconierter Seidenstoi", gelb und weiß. Die Hälfte der wirklichen Grüße. Von Paul Mesuozi in
Wien, 182a Österr. Museum
Offenbach, I-Ianau, Berlin, Leipzig, Langensalza, Sebnitz gerichtet war. In
Wien kamen noch die Anhäufung italienischer Stoffe und die Billigkeit der
Erzeugnisse von Udine, Vicenza, Görz, Gradisca und Südtirol als erschwerend
hinzu, aber auch verschiedene Mängel der Wiener Industrie selbst.
Einen Überblick über den Stand im Jahre 1803 bietet uns J. A. Demiaq
in der bereits erwähnten Abhandlung Die Seiden-Manufakturen in Osterreich
unter der Enns" im Archiv für Geographie und Statistik. Herausgegeben
von Joseph Marx Freiherrn von Liechtenstern" Wien, für das Jahr 1804,
Seite 230 HJÄM
Helene Deutsch, a. a. 0., Seite x33. Don Seite x32 auch über die angebliche Auswandening einer
größeren Anzahl Wiener Seidenweber nach Berlin.
Keeß, a. a. 0., llvr, Seire 300; Slokar, a. a. 0., Seite 393.
Auf Seite 2359!. wird hier auch auf einige innere Schwierigkeiten der Wiener Weberei hingewiesen.
349
Trotz der damals gerade ungünstigen Verhältnisse wurden im Jahre 1803
in ganz Niederösterreich immer noch 48 k. privilegierte und landes-
befugte Seidenzeugfabriken" gezählt, von denen sich alle bis auf eine zu
Wiener-Neustadt und eine zu Traiskirchen in Wien befanden. Es seien hier
Abb. 20. "Broschierte Diinntuch-Bajadere", aus Seide, rosa und weiß. Die Hälfte der wirklichen Größe. Von
Mesuozi in Wien, 180 vergleiche Abb. 2x Österr. Museum
folgende Fabrikanten hervorgehoben die Gebrüder Höpünger 80 Stühle im
Gange, Christian Georg Hombostel 82 Stühle im Gange, wobei gesagt wird,
die Fabrik "behauptet ihrer Solidität wegen einen vorzüglichen Rang, welches
schon daraus abzunehmen ist, daß die Stühle von lauter Gesellen bearbeitet
werden, und nicht von Frauenzimmern, wie dies bey den meisten übrigen
45
Seidenzeugfabrikanten der Fall ist", Freiherr von Geramb 75 Stühle im
Gange; die Aufsicht hat ein sehr geschickter Werkmeister, der ein Franzose
ist, und die Lehrjungen in den technischen Fabrikkenntnissen unterrichtet;
daher es hier einem jeden Fremden verboten ist, mit diesen Lehrjungen zu
sprechen"?
Ferdinand Fürgantner hat 5a Stühle, welche gegenwärtig alle gehen."
Joseph und Johann Grünauer, haben bey 50 Stühle im Gange; in dieser
Fabrik werden auf 12 Stühlen auch seidene Tapeten verfertiget." Wir werden
von dieser Fabrik noch bei Mestrozi zu sprechen haben.
Karl Lang, im Oktober 1803 waren hier 18 Stühle im Gang, welche
broschirte Zeuge, Atlas und Taffete liefern."
Anton Pezana erzeugt verschiedenartige Stoffe in größeren Mengen, die
hauptsächlich nach Prag gehen.
Peter Jordan Firma Peter Jordan Cief" erzeugt größtenteils Mai-
länder Tüchel und etwas Seidenzeuge. Ähnlich arbeitet Johann Maria Cava-
lini, dessen Erzeugnisse hauptsächlich im Salzburgischen abgesetzt werden.
Ausschließlich broschierte und durchschossene Seidenzeuge stellt Leopold
Harresleben her.
Sehr bemerkenswert erscheint uns der Hinweis auf den Absatz in be-
stimmte Gegenden. Wir werden später noch sehen, daß man sowohl in der
Wahl der Muster als in der Durchführung der Gewebe schon damals auf die
Absatzgebiete in hohem Grade Rücksicht nahm. Wir dürfen deshalb auch
Stoffe, die wir heute in bestimmten Gegenden finden und die mit ihnen volks-
mäßig durchaus verwachsen zu sein scheinen, noch immer nicht unbedingt
für Erzeugnisse dieser Gegenden halten, sondem müssen immer erwägen,
ob sie nicht in einem größeren Mittelpunkte eben mit Rücksicht auf den be-
sonderen Geschmack eines Gebietes ausgeführt worden sind, eine Erwägung,
die gewiß auch für weit ältere Zeiten der Textilkunst gilt und aus der
Betrachtung der älteren Kunst überhaupt nicht ausgeschaltet werden darf.
Reiche Seidenzeuge liefert nach Demian auch Georg Griller, der neben
Sebast. Kargl, Stephan Ziegler und andern auch von Keeß angeführt wird."
Außer den 46 Wiener landesprivilegierten Zeugfabrikanten werden aber
noch 156 bürgerliche aufgezählt, bei denen sich zum Teile gleichfalls recht
bemerkenswerte kurze Angaben finden. Darunter Joseph Berger 30 Stühle,
Leopold Beiwinkler, Adam Beiwinkler arbeitet nur für andere Meister",
Gebrüder Kritzenberger "liefern größtentheils reiche Zeuge auf 20 Stüh-
len", Libory I-Iebenstreit 13 Stühle, Joseph Hermann "fabricirt blos allein
reiche Zeuge auf 30 Stühlen", Johann Caspar Kastner verfertiget auch
reiche Zeuge auf 50 Stühlen", Johann Kugelmann der auch viele reiche
Zeuge verfertiget", Emanuel Massa "macht meistenteils Sammette auf
16 Stühlen", Konrad Reschauer "verschiedene glatteund broschirte Zeuge
Weiterhin heißt es Martin Jonas arbeitet auf 45 Stühlen, welche sich außer dem Hause befinden
und nur Taffete verfertigen". Andreas Heinrich Jonas fabriziert jetzt nichts mehr. Seine Söhne, Franz und
JOEeph Jonas, haben jetzt 42 Stühle belegt".
A. a. 0., II Seite 30x.
351
auf 48 Stühlen", Johann Georg Resch "verfertiget reiche Seidenzeuge auf
20 Stühlen", Joseph Mestrozi seel. Wittwe 37 Stühle, And. Paul Heben-
streit 23 Stühle." Wir haben hier hauptsächlich diejenigen Fabrikanten
hervorgehoben, die uns entweder schon vor-
gekommen sind oder noch begegnen werden. m9.-
Insbesondere tritt uns hier bei Demian zum
ersten Male in einer älteren Quelle der Name
Mestrozi entgegen. KM
Zehn Jahre später 1813 gab es nach II
Keeß in Wien 235 Meister und gegen 600
Seidenzeugfabrikanten, "welche in guten Zeiten
gewiß über 6000 Gesellen, bis 900 Lehrlinge
und bis 8.000 Arbeiterinnen beschäftigten"f'""
Sehr schwierig gestalteten sich jedoch die
Jahre 1817 bis 181g, über die wir schon den
Pfarrer von St. Laurenz klagen hörten. Im
Jahre 1819 waren auch nur mehr 4600 bis 4800
Stühle im Betrieb. 54
Im Jahre 1822 betrug die Zahl der privile- 3'.
gierten Fabriken 232, die der bürgerlichen 267;
im Jahre 1827 erscheint die Zahl etwas ge- 1,73
wachsen. Yfxä.
Von sehr großer Bedeutung war die nach
dem Wiener Kongreß erfolgte Vereinigung
Oberitaliens mit den alten österreichischen
Ländern, wodurch diese leichter in den Besitz
des italienischen Rohmaterials gelangen konn-
ten und Gesamt-Österreich nun überhaupt
der größte Seidenproduzent in ganz Europa
Allerdings konnte Oberitalien Jetzt in "ff
manchen Stoffarten auch ein recht gefähr-
licher Nebenbuhler werden; im ganzen gilt Abb. 21. Aus deruwienerleitschrifzfür
aber für diese Zeit, was Keeß im Jahre 1820 ägtz" gälaieztrrlnlriojz;
sagtzw" "Wenn 111311 auf die Quantität Rvon Stubenrauch. gestochen von Fr.
der Production Rücksicht nimmt, so ist die fsgrfäzggäirlzffä;hläläljxgszfgäz;
Länder ohne Zweifel am stärksten im lom-
bardisch-venezianischen Königreiche indessen kann es nicht geläugnet
Eine Probearbeit Meisterstilck eines Matthäus Resch vom er. Juli 1806 findet sich im Besitze des
Herrn Dr. Albert Figdor in Wien. Auf ihr sind auch der "Innungs Commissair" Joseph v. Rehrl, der "Ober
Vorsteher" Joseph Payr und der "Unter Vorsteher" lgnaz Höplinger genannt. Die reiche broschierte Arbeit ist
"Einem k. u. k. k. Hoch Löbl. Magistrat gewidmet" alle Schrift eingewebt.
Keeß, a. n. 0., H31, Seite 300.
Ilfx, Seite 298.
werden, daß in den neueren
Zeiten in mehreren Artikeln,
in's?" besonders in faconnierten
und Modewaaren dieWiener
Fabriken sich über die ita-
11T, lienischen erhoben haben."
Nicht übersehen dürfen
wirjedochdenfortwirkenden
Wechsel im Geschrnacke,
"fxftgu ff," der die schweren Stoffe im-
mer mehr zurücktreten ließ
und damit zahlreiche Web-
Abb. u. "Mode-Felpel", gelbbrauner Grund mir weißen, teilweise stühle ZUYII Stillstand brachte.
schwarz gesprenkellten Zonen. 23 der wirklichen Größe. Von Um so größer wurde aber
Mestrozi Wien, 1822 Österr. Museum
d1e Vollkommenheit des
I-Iergestellten. Selbst in den schwierigen Zeiten, die dem großen Aufschwung
der jahre von 1797 bis 1801 folgten und die sich dann zeitweise wieder-
holten, hat die technische Entwicklung der Seidenweberei in Wien
ununterbrochen Fortschritte gemacht.
So wird uns berichtet, daß Hornbostel und Thomas Bischof im Jahre 1816
ein Privilegium auf einen selbstwebenden Stuhl"erhielten, "welche Erfindung
zu Leobersdorf im Großen angewendet wird"?
Dann heißt es bei Keeß a. a. 0., Seite 300 weiter Im Jahre 1817 haben
Chr. Georg Hornbostel und die Brüder Mestrozi in Wien die bisherige Art
der Fabrikation umgeworfen, alle älteren Maschinen in Unthätigkeit gesetzt,
und zum Theil eine ganz neue Erzeugungsart mit neuen Werkzeugen und
Stühlen begonnen, und seitdem werden die Wiener Seidenzeuge schöner
und vollkommener als jemals erzeugt, und dürften jedem fremden Erzeug-
nisse an die Seite gestellt werden können."
Bei dem selbstwebenden Stuhle" Kunstwebestuhl, Webemaschine",
von dem zunächst die Rede war, handelt es sich um den Antrieb des
Stuhles, also mehr um eine äußere Frage des Betriebes."
Man muß aber nicht denken, daß die Sache gar so einfach war; man
darf sich nicht vorstellen, daß es sich um nichts anderes handelte, als darum,
an Stelle eines Antriebes einfach einen andern zu setzen, wie es heute vielfach
gleichgültig ist, ob man eine Maschine mit Dampf oder Elektrizität betreibt.
Denn hier handelte es sich um den Ersatz einer von einem denkenden Kopfe
geleiteten Hand durch einen reinen Mechanismus, mochte dieser selbst
Siehe auch Keeß und Blurnenbach, Seite 44x. Über andere Verdienste Hornbostels Einführung der
xiirierten Seide, Errichtung einer Seidensrocknungsanstalt in Wien siehe Bujatti, Seite 58.
Andre und Bräunlich konstruierten schon 1806 Samrsrühle, um zwei Stücke übereinander zu weben,
die dann auseinandergeschninen wurden, siehe Bujatti, Seite x02.
Der Franzose Gennes erfand schon r677 einen mechanischen Webstuhl, der aber praktisch kaum
Verwertung fand. Die Bandweberei schritt dann in diesen Einrichtungen voran Schubstühle und Band-
mühlen. In den Jahren x784 bis 1787 wurden endlich die neueren mechanischen Webstühle ziemlich gleich-
zeitig von E. Cartwright und j. Jeffray erfunden. Vgl. auch Keeß-Blumenbach, Seite 3m und 31x.
O30
nun durch Menschen-, Wasser- oder Darnpfkraft angetrieben werden. Dabei
ergaben sich unzählige Schwierigkeiten, wodurch es auch kam, daß sich
diese Neuerung weit eher in der Baumwoll- als in der kunstvolleren Seiden-
weberei durchsetzen konnte.
Wir wissen nicht, ob Slokar unbedingt recht hat, wenn er Seite 178
meint, daß die Bemühungen, mechanische Stühle für die Seidenweberei zu
bauen, sich zuerst in Österreich ihrer Verwirklichung näherten. Jedenfalls
hat Österreich aber sehr früh auf diesem Gebiete Hervorragendes geleistet.
Die weiteren Verbesserungen, von denen Keeß an der erwähnten Stelle
spricht, betreffen die Einrichtungen des Aufzuges, mittels deren die einzelnen
Kettenfäden beim Weben voneinander "geteilt" und die verschiedenen
"Bindungen" erzeugt wurden. In den ältesten Zeiten geschah dies gewiß
mit der Hand, wie es heute noch bei der Bildwirkerei Tapisserie, Gobelin-
arbeit der Fall ist. Bei einfacheren Geweben Leinenbindung, Köper und
anderem, wo es sich um regelmäßige Wiederholung nach wenigen Schüssen
handelt, kam man wohl früh schon auf den Gedanken, hierzu "Tritte" zu
verwenden; bei reicheren Geweben mußte man jedoch die um die einzelnen
Kettenfäden gelegten "Litzen" mit dem Litzenauge" innerhalb einer Muster-
Wiederholung Rapport für jeden Schuß bündelweise durch die Latze"
zusammenfassen und besonders anziehen "Zugstuhl".
Die Hauptaufgabe der weiteren Entwicklung ging nun dahin, die Arbeit
des Latzenziehers zu ersparen, jeden einzelnen Kettenfaden vom andern
unabhängig zu machen und die Anregung zur Bewegung der einzelnen
Fäden auf einen Mechanismus zu übertragen, ähnlich wie es zum Beispiele
bei der Drehorgel, in ihren Vorstufen bekanntlich einer sehr alten
Vorrichtung, der Fall ist.
Schon zu Anfang des 29" Q.
XVIII. Jahrhunderts erfand
ein Niederlander, Kunmg, 5,4, w.
den sogenannten Kegel-oder "in; "weg-it'- 41
Zapfenstuhl, durch den je-
der Faden seine eigene Be- .-i 513,4
wegung" erhieltfk Dadurch läligfk
wurde besonders die Aus- P43
führung ganz zarter Muster
wie der "Brillant-Dessins" 3a. 15.,
ermöglicht. Diese Vorrich- tägq iüfigii"
tung wurde im Jahre 1802 i.-
durch Freund in Wien zu der LÄQE-i
sogenannten Schnecken-
maschine" ausgebildet. Pla-
tinen mit Nadeln und ein "iffiyw. im, i. "Mai?"
"'Siehe Abb. 23. "Mode-Felpel", weiß, lila und violett. der wirklichen
Abb, auf Tat. Fig. Größe. Von Mestrozi in Wien, 1822 Österr. Museum
Prisma mit Karten verwendete Falcon schon im Jahre 1728;"' doch war die
ganze Vorrichtung noch nicht recht gebrauchsfähig. Vaucanson nahm statt
des Prismas eine umfangreiche Mustertrommel, gab seine Versuche aber
wieder auf, wie man sagt, hauptsächlich infolge des bedrohlichen Wider-
standes der Weber und Fabrikanten." Schon zeitgenössische Quellen, wie
die Anna1es des Arts et Manufactures" von 1808m" sehen übrigens in der
Jacquardschen Erfindung eine Weiterbildung, allerdings eine durchaus ge-
niale, der Vaucansonschen Maschine. Jacquard griff aber wieder auf die ältere
Falconsche Prismenidee zurück, vielleicht ohne diese Vorstufe zu kennen.
Für ein technisches Museum scheint es uns, nebenbei bemerkt, aber
nicht unwichtig, hier wieder einmal zu erkennen, wie sich eine ältere, selbst
von einem bedeutenden Erfinder wie Vaucanson aufgegebene Idee später
als die glücklichere erwiesen hat.
Die eigentlich sogenannte Jacquardmaschine kam wahrscheinlich im
Jahre 1805 zustande, nachdem ihr Erfinder bereits in den Jahren 179g und
1801 eine Latzenzugmaschine geschaffen hatte, die aber keine größere
Verbreitung erlangteri-
Schon im Jahre 1843 war, beiläufig bemerkt, im Niederösterreichischen
Gewerbevereine von außen her die Frage angeregt worden, obJacquard vor
der Ausführung seiner Erfindung nicht in Wien gewesen und durch die hier
bereits bestehenden Maschinen angeregt worden wärerf-l- Das damalige
Wiener Gutachten, das, um Kohls Worte zu gebrauchen, außerordentlich
hochherzig abgefaßt war, fand zwar keinen Beweis für einen Wiener Auf-
enthalt Jacquards, stellte jedoch fest, daß es in Wien bereits vor seiner
Erfindung I-Iebemaschinen für Musterweberei" gab, und zwar die Trommel-
maschine seit dem Jahre 1790, die Stoß- oder Hochsprungmaschine seit
1799 und die Leinwandmaschine seit xßroslrf-l- Das Wiener Gutachten fährt
fort, möge Jacquard aber auch, wie es sich sogar voraussetzen lasse, mit
allen diesen Vorrichtungen bekannt gewesen sein, so könne seine Erfindung
doch durchaus nicht als eine Nachahmung betrachtet werden, da der Über-
gang, den Jacquard vom Bekannten zum Unbekannten gemacht habe, so
großartig und von solcher Vollendung sei, daß alles Vorangegangene nur als
ein toter Embryo erscheine
Kohl nimmt dagegen an, daß Jacquard die Wiener Stoß- und Hoch-
sprungmaschine vom Jahre 179g nicht gekannt habe, wohl aber sicher die
Vaucansonsche Erfindung. Wir wollen Jacquards Verdienst auch nicht im
geringsten herabsetzen. Dieser ebenso edle als geniale Mann gehört zu den
Friedrich Kohl "Geschichte der Jacquard-Maschine". Berlin, x873, Seite 7.
Andere Versuche machten Panson 1775 und de Verrier 1798. Auf die alte Stifl- und Trommel-
maschine ist man übrigens auch später, nachjacqunrds Kartenmaschine, wieder zurückgekommen, so Pauli und
Bourgeois 1883, Fontaine Moreau 1849, in anderer An Praxel 1854.
Kohl, n. a. 0., Seite ff.
Vgl. Kohl, Seite 7.
Kohl, n. a. 0., Seite 3.
i-T-f Abbildungen bei Kohl, a. a. 0., Tafel Beschreibung Seite 24 ff. Die Stah- und Hochsprung-
masehine isr eine Erfindung des Wiener Mechanikers Waldhör, von dem wir noch sprechen werden. Bujatti a.
a. 0., Seite x03 schreibt Waldherr.
JJJ
wenigen, die sich eine Aufgabe wirklich aus Menschenliebe gestellt haben;
als Sohn eines Werkmeisters in einer Brokatweberei und einer Muster-
einleserin" kannte er ja von Jugend auf das Elend der zum Latzenziehen
verwendeten Kinder und wollte hier Wandel schaffen. Mit bewunderungs-
würdiger Uneigennützigkeit stellte er seine Erfindungen der Welt zur
Verfügung und wurde dabei, wie gewöhnlich, noch von denen befehdet,
denen er nützen wollte, wurde seine Maschine doch sogar verbrannt und
er selbst am Leben bedroht.
Uns hat selten etwas so ergriffen wie ein Bericht über seine späteren
Jahre, die er nach wechselvollem und aufregendem Leben in bescheidener
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i. isvxj H3 X891; ef
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i'm, Q6 Kg,
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Abb. 24. "Schwerer Möbelstoff", grün und gelb auf rotem Adasgrunde. Gegen die Hälfte der wirklichen Größe.
Von Hombosxel in Wien, 1832 Österr. Museum
Zurückgezogenheit verbrachte. Es kam da öfter vor, daß er im Schlafe
von furchtbaren Gesichten, von Feuerschein und Verfolgung geängstigt
wurde; wenn er dann erwachte, betete er zu Gott, daß er seinen Feinden
verzeihe. Wer wollte einen solchen Mann zu verkleinern trachten? Wenig-
stens haben wir bis jetzt keinen Grund gefunden, diese Berichte für unwahr
zu halten.
Wir wollen also niemand verkleinern, wir wollten hier nur darauf hin-
weisen, daß sich der erlinderische Geist der Österreicher auch auf dem
Gebiete der Weberei schon früh betätigt und Fruchtbares geschaffen hat,
und daß auch in Wien durch selbständige Vorarbeit der Boden für eine
durchgreifende Verbesserung vorbereitet war.
Wir dürfen auch nicht glauben, daß Jacquards Maschinen nun ein-
fach überall "bezogen" werden konnten, wie das heute etwa bei rein
gewerblichen Einrichtungen der Fall wäre. Wie schon Bujattil hervorhebt,
A. a. 0., Seite m4, Anmerkung x.
war es in der ersten Zeit äußerst schwierig, wenn nicht ganz unmöglich,
einen ganzen Stuhl aus Lyon zu erhalten.
Die Lyoner hatten Jacquards Maschine zuerst zwar verbrannt und den
Erfinder am Leben bedroht; bald aber sahen sie den großen Nutzen der
Neuerung ein und wachten eifersüchtig über dem Geheimnisse, so daß es
vorkommen konnte, daß ein Wiener, der sich in Lyon um die neue Ein-
richtung etwas mehr gekümmert hatte, eine Zeitlang gefangen gehalten wurde.
Kohl berichtet, daß die Jacquardmaschinen in Wien schon im Jahre 1816
zur Anwendung gelangten Doch scheint die allgemeine Ansicht dahin zu
gehen, daß Johann Baussemer nach einem längeren Aufenthalte in Lyon
die Jacquardmaschine als erster in Wien und zwar im Jahre 1820 in
den Handel gebracht, wenn nicht überhaupt als erster hier gebaut habe?"
Nach Bartsch wurden diese Maschinen im Jahre 181g durch Kannengießer
und Baussemer in Wien eingeführt und seither von diesen beiden wie von
andern Wiener Maschinisten verbessert.
In dem Berichte über die Wiener Gewerbeausstellung des Jahres 183g
heißt es wieder von Ignaz Beywinkler, daß er der erste in Wien war, der
auf bloße Mittheilung der Idee von einem Jacquard-Stuhle einen solchen voll-
kommen ausgeführt und in Anwendung gebracht Merkwürdigerweise
ist diese Angabe in dem älteren Ausstellungsberichte von 1835 nicht enthalten,
trotzdem er auch über Beywinkler spricht-l-
Jedenfalls berichtet Keeß in seinem wiederholt angeführten Werke,
das dem Inhalte nach mindestens für das Jahr 1819 giltfr-l- von der Verbreitung
des Jacquardstuhles In Wien haben ihn bereits die Gebrüder Mestrozi,
I-Iornbostel, Beywinkler, Alexander Daumas und andereßfl-l-
Und schon die oben angeführte Stelle bei Keeß-Blumenbach spricht von
Verbesserungen, wobei es dann weiter heißt Insbesondere gab man sich
in Wien seit Einführung derselben der Jacquardstühle viele Mühe, diese
Maschine nicht nur zu verbessern, sondern auch zu vereinfachen, und man
hatte es bis zum Jahre 1824 dahin gebracht, daß die Bestandteile größtenteils
aus Holz sind und die Maschine an sich viel niedriger ist, so daß sie auch in
niedrigen Zimmern aufgestellt werden kann was für den Betrieb äußerst
wichtig war." ln Wien", heißt es weiter, kostet gegenwärtig 1829 ein
Jacquardstuhl nur 28 bis 32 H. C. M., in Frankreich dagegen 200 Franken!"
A. a. 0., Seite 38. Nach Slokar a. a. 0. Seite x78 waren die Jacquardmaschinen gleichfalls 1816
nach Wien gekommen, wo Woitech und Willmann sofort an den Bau derselben schritten und sie in Holz aus-
mhnen Vgl. Keeß, a. a. 0., II x. Seite 290.
Bericht über die zweite allgemeine österreichische Gewerbs-Produkten-Ausstellung im Jahre 183g"
Wien 1840, Aus der k. k. Hof- und Staats-Aerarial-Druckerei, Seite 295.
Bericht über die erste allgemeine österreichische Gewerbsprodukten-Ausstellnng im Jahre 1835"
Wien, gedruckt bei Carl Gerold, Seite So.
A. a. 0., II Seite 388.
.auch in Mailand ist er seit dem Jahre 1820 eingeführt".
Bartsch a. a. 0., II, Seite 63 erwähnt als Verbesserer die Wiener Joh. Bausserner, Joh. Seyfert, Will-
mann, Endres und andere. Kohl a. a. 0., Seite 72 bespricht Baussemers 182! patentierte Neuerungen ein-
gehender; siehe hierüber auch Keeß, a. a. O. Anhang, Seite 49; Kohl berichtet a. a. 0., Seite 38 auch über die
Wiener Mechaniker Woitech und Willmann, desgleichen über Joh. Seufert, der im Jahre 1832 ein Patent für eine
357
Wir werden auf die Frage der Einführung des neuen Stuhles in Wien
übrigens bei Besprechung der Tätigkeit der Brüder Mestrozi noch einmal
zurückkommen müssen.
Manche Gewebe, zum Beispiel reiche schwere Kirchenstoffe, von denen
verhältnismäßig geringe Mengen herzustellen waren, wurden übrigens auch
zu Bartsch' Zeit immer
noch auf Zugstühlen
gearbeitetfk Man be-
greift, daß in solchem
Falle die umständlichen
Vorbereitungen nicht
lohnend waren; man
erkennt aber auch, daß
die neuen Maschinen
auf den Großbetrieb .5
hindrängten, so daß
die Befürchtungen der
Lyoner von einem ge-
wissenStandpunkte aus '13; fffi
gerechtfertigt waren." 11th
Wie Jede technische Er-
findung, sagen wir, wie
jedeNeuerung,wareben a7
auch diese ein zwei-
schneidiges Schwert.
Wir haben früher
schon die Brüder Me-
eiseme Jacquardmascbine und für
andere Verbesserungen erhielt I.
siehe auch ebenda Seite 42.
Über die Kartenschneid- und Kar-
tenschlagmaschine von Willmann
siehe auch Bartsch a. a. 0., II,
Seite 77 daselbst über die
Wien" Kanenkopiennaschine uv Abb. 25. "Broschirter schwerer Seidenstoff", farbig auf schwarzem Grunde.
Seite 87 Keeßßlumenbach NR Ist nicht broschiert, sondern hat durchgehende Fäden Von Nigri in
Uni, Seite H5 führen auch Wien, m34. Ungefähr der Wirkllthen Größe Österr. Museum
wichtige Verbesserungen an, die
Hombostel irn Jahre r825 durchführte und insbesondere solche. die Stephan Ziegler und dessen Söhne schon im
Jahre 1824 gesetzlich schützen ließen. Über eine Verbesserung durch den Maschinisten Wunsch in Wien ebenda,
Seite 440. Man vergleiche auch noch Keeß. a. 21.0., lV Anhang, Seite 48 ff. über Griller, Michael Sottil und
andere, ferner Bujani, a. a. 0., Seite m4. Spätere Verbesserungen durch Thorn. Wojtech siehe bei Kohl, a. a. 0.,
Seite 77; über Wojtechs "Düppelmaschine" ebenda, Seite x23. Wir erwähnen hier auch gleich Jos. Willmanns
"Schaftmaschinen" daselbst, Seite 164 vom Ende der dreißiger Jahre, femer die "Wiener Repetiervorrichtung"
ebenda, Seite die von Willibald Schrarnm erbaute Doppel-Jacquardmascbine ebenda, Seite 126 und
Röders Trittmaschine von 1846 ebenda, Seite x63. Doch soll unsere Aufzählung keineswegs vollständig sein.
Bansch. a. a. 0., Seite 75.
Die Kosten eines Musters bei Jacquardweberei konnten bis rooo Gulden Konventionsrnünze steigen,
siehe Bartsch, II, Seite 4. Über die Kostenberechnung der Stofie daselbst II, Seite ro, Anmerkung.
46
strozi unter denjenigen angeführt, die sich um die Neugestaltung der Webe-
kunst in Wien besonders verdient gemacht haben. So wollen wir nun auf
ihre Tätigkeit näher eingehen, um so mehr, als ihr Unternehmen, wie schon
anfangs dieses Aufsatzes hervorgehoben wurde, in wichtigen Arbeiten über
die österreichische Weberei überhaupt nicht erwähnt ist und als unser Museum
über aufschlußreiche, bisher nicht genauer veröffentlichte Quellen zur
Geschichte ihrer Tätigkeit verfügt.
Es ist da zunächst die Selbstbiographie Paul Mestrozis, des älteren der
Brüder, zu erwähnen, die im Jahre 1912 durch die Direktion des k. k. Öster-
reichischen Museums erworben wurde. Sie Endet sich in einem geschmack-
voll gebundenen Großoktavbande auf mehr als 300 Seiten niedergeschrieben;
der Titel lautet 'Die wichtigsten Momente meines Lebens gewidmet seinen
fqxx
wx-r Jgfifg-eßi, an.
HfwILi
"Riäryßjvi" XJY
"ilßw-"ävx"
"'11
lfiai-
.155 31;" .17"
Abb. 2G. "Seiden-Gilet", grün und lila auf schwarzem Grunde. Etwas unter der wirklichen Größe. Von
Alexander Daumas in Wien, 1833 Österr. Museum
Nachkommen zur stäten Erinnerung von Paul Mestrozi im Jahre 183g." Es
scheint der Nenner der Jahreszahl übrigens erst nachträglich aus einem
ausradierten Einser entstanden zu sein.
Die Abfassung der Lebensbeschreibung erstreckt sich offenbar auf
mehrere Jahre; denn auf Seite 100 sagt der Verfasser, dessen Bild wir hier
auch unter Nr. 48 bringen In gegenwärtiger Zeit nämlich im Jahre r824,
als ich dieses ganze beschriebene verfaßt habe". Es war dies ein Jahr nach
der freiwilligen Auflösung seines Untemehrnens, wo der bis dahin so tätige
Mann wohl erst die genügende Muße, aber auch den Wunsch eines Rück-
blickes haben mochte.
Man kann auch bemerken, daß die Schriftzüge kleine Verschieden-
heiten aufweisen; insbesondere von Seite 27g an innerhalb des Jahres 1830
beginnend könnte man überhaupt an eine andere Hand denken und vielleicht
ein Diktat annehmen. Die Zeilenweite ist nicht überall gleich, was ebenfalls
auf verschiedene Abfassungszeiten hindeutet. Besonders gegen Ende wird
die Schrift weitläufiger. Die letzten Notizen betreffen das Jahr 1838; am
Schlusse finden sich leere Blätter. Darauf folgt ein Inhaltsverzeichnis, das
räumlich gleichfalls noch die Möglichkeit einer Fortsetzung bietet. Wir
haben schon oben darauf hingewiesen, daß die Selbstbiographie nach der
ursprünglichen Jahreszahl auf dem Titel anscheinend schon einmal im
Jahre 1831 abgeschlossen war; vielleicht rührt der Neuner am Schlusse der
jetzt erscheinenden Jahreszahl auch von anderer Hand her. Jedenfalls müssen
wir die allmähliche Entstehung im Auge behalten.
Wir wollen bei der Beschreibung des Mestrozischen Unternehmens in
der Hauptsache nun dieser Handschrift folgen. Man muß bei Selbstbio-
graphien freilich immer sehr vorsichtig sein; denn nirgends finden sich mehr
falsche Urteile als in Selbstbeurteilungen. Hat eine Selbstbiographie einen
gewissen Kunstwert durch psychologische Vertiefung oder durch Kraft und
Vollendung der Darstellung, so ist es darum vielleicht das Beste, sie
unverändert zum Abdrucke zu bringen und allenfalls durch eine Einleitung
.37. in 1,. üf. 3'124.
Abb. 27. "Faconniner Seidenstoß", in verschiedenen Farbenstellungen vorhanden. Die Hälfte der wirklichen
Größe. Von Beywinlder in Wien, 1835 Österr. Museum
einen Standpunkt für sie zu schaffen sowie durch hinausleitende Worte
wieder zur Wirklichkeit zu führen. Hat eine Selbstbiographie solche künst-
lerische Vorzüge jedoch nicht, so ist es dagegen wohl das Beste, nur das
Tatsächliche herauszuziehen, auf die Richtigkeit hin zu prüfen und aus den
Einzelheiten allenfalls den Charakter oder die vorübergehende Stimmung
des Schreibenden sich zu vergegenwärtigen. Mestrozis Selbstbiographie
gehört nun unbedingt in die zweite Gruppe des hier Besprochenen.
Glücklicherweise ist es aber gerade bei Mestrozi möglich, den nüchternen
Auszug der Selbstbiographie durch Abbildungen verschiedener von ihm
geschaffener Arbeiten zu beleben.
Seit dem Jahre 1864, also seit den ersten Anfängen des Österreichischen
Museums, befindet sich hier, zunächst als Leihgabe, eine von Paul Mestrozi
angelegte Mustersammlung, die über 8000 Stücke umfaßt und im Jahre 1867
in den Besitz des Museums überging.
Nach Bujatti" wurde diese Sammlung auf seine Empfehlung "ungefähr
in den Siebziger Jahren" vom Direktor des Museums Hofrat von Eitelberger
A. a. 0., Seite x30.
erworben. Ob sich die Mittätigkeit Bujattis auf die Beschaffung im Jahre 1864
oder 1867 bezieht, wissen wir nicht; der kleine Irrtum in der Zeit darf uns
nicht bedenklich machen.
Gelegentlich der Übernahme der Sammlung im Jahre 1867 erschien nun
in den Mitteilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und
Industrie" auch eine nicht unterfertigte Notiz über Mestrozif
Als Gründungsjahr der Fabrik wird darin das Jahr 1798 angegeben.
Doch waren, wie wir sehen werden, die Brüder schon seit dem Tode ihres
Vaters 1790 mehr oder weniger selbständig tätig; im Jahre 1798 erhielten
sie nur die "Fabriksbefugnis". Woher die sonstigen Angaben dieser Notiz
stammen, ist uns unbekannt; vielleicht gehen sie auf Bujatti oder auf
Familienüberlieferungen, die man einholte, zurück, vielleicht zum Teil auf
eine etwas ungenaue Durchsicht der Selbstbiographie, die damals noch im
Besitze der Familie war. Daß die Brüder zum Beispiel ihre Tätigkeit so
eingeteilt hatten, daß der jüngere Vitale die "technische" und Paul die
"administrative" Leitung hatte, geht aus der Selbstbiographie nicht her-
vor, eher das Gegenteil, da eine noch zu erwähnende größere Reise zur
Anknüpfung geschäftlicher Verbindungen von Vitale untemommen wird und
Paul zurückbleibt, weil er sich nach den Worten der Selbstbiographie
Seite 64 von der Leitung der Fabriks-, der Zeichnungs-, Schreib- und
Verkaufsgeschäfte nicht entfernen konnte.
Übrigens müssen wir im weiteren noch auf diese Notiz in den Mittei-
lungen des Museums zurückkommen.
Die erwähnte Sammlung umfaßt jedoch nicht bloß Arbeiten der Brüder
Mestrozi selbst, Finden sich in ihr doch auch Stickereien, Schalarbeiten und
Zitze, die in der ausführlichen Selbstbiographie nirgends als Erzeugnisse des
Hauses erwähnt werden. Nach der angeführten Notiz in den Museums-
mitteilungen vom Jahre 1867 scheint man die Sachlage auch damals schon
so aufgefaßt zu haben; man muß dies allerdings mehr zwischen den Zeilen
lesen, als daß es klar ausgesprochen wäre.
In letzter Zeit ist noch eine größere Anzahl von Arbeiten der Brüder
Mestrozi und überhaupt von älteren österreichischen Webereien durch die
Übernahme eines Großteils des ehemaligen technischen Kabinetts zu dem
bisherigen Besitze des Österreichischen Museums hinzugekommen. Daß
diese reichen Bestände, die durch lange Zeit im k. k. Technologischen Ge-
werbemuseum verwahrt wurden, bei der Umgestaltung der Sammlungen
dieser Anstalt an das k. k. Osterreichische Museum für Kunst und Industrie
gelangt sind, verdankt dieses vor allem der wohlwollenden Fürsorge der in
Betracht kommenden hohen Zentralstellen, inbesondere auch des Sektions-
chefs im Ministerium für öffentliche Arbeiten Dr. Adolf Müller sowie des
Ministerialrates Rudolf Freiherrn von Klimburg, und dem verständnisvollen
Entgegenkommen des Begründers der Sammlungen des k. k. Technologischen
Museums, Exzellenz Dr. W. F. Exner, und des gegenwärtigen Direktors
Band 1855 bis 1867, Seite 308 f.
351
T". Ff
ßßikr
59' 501-.
79
Abb. 28. "Geblumler Atlass". mehrfarbig aufschwarzem Grunde. Fast wirkliche Größe. Von Ludwig Rüdelmann
in Wien, x83G Österr. Museum
derselben, I-Iofrats G. Lauboeck. Wir sind dadurch in die glückliche Lage
versetzt worden, für einen Hauptteil der von uns behandelten Zeit ein
unerwartet reiches Anschauungsmaterial zu besitzen.
Weiterhin konnte noch eine Anzahl einzelner, aber wichtiger, Erzeug-
nisse nachgewiesen und einiges hiervon in Abbildung gebracht werden.
Paul Mestrozi, der ältere der Brüder und der Verfasser der Selbstbio-
graphie, wurde am 6. September 1771 zu Wien in der I-Iundsthurmer
Vorstadt geboren; er stammte aus einer Görzer Familie, also aus einem
alten Seidengebiete. Sein Vater Josef, am 28. März 1742 noch in dieser
Stadt geboren, war seit dem Jahre 1765 in Wien tätig, wo er sich im Jahre
1771 auch verehelichte; seit dem Jahre 1777 war er "bürgerlicher Seiden-
zeugfabrikant" in Wien?
Keeß sagt" im Jahre 1820 Auch Jos. Mestrozi hat in den 80 ger Jahren
vieles zur Emporbringung der Seidenweberey mitgewirkt, wie denn die von
ihm begründete und von seinen beyden Söhnen Paul und Vitalis fortgeführte
Fabrik bis zum gegenwärtigen Augenblicke immer eine der ausgezeichnetsten
Der Großvater Pauls väterlicherseits hieß Franz Mistruzzi 1785, der mütterlicherseits Matthias Nef.
Die erste Frau Josephs, Pauls Mutter, starb 1789 im 35. Lebensjahre.
Über die frllhe Bedeutung der Görzer Seidenzuuht und Weberei vergleiche Helene Deutsch, a. 11.0.,
Seite r5 5., 143 E. und 145. Aus Görz stammten, wie berichtet, auch die Bujani.
A. a. 0., Ilvr, Seite 301.
und vollendetsten geblieben ist." Der Sohn berichtet nun, daß sein Vater
schon als Geselle in den größten und ausgezeichnetsten Fabriken Wiens tätig
war, so in der des Herrn Vial und der des Herrn Massa, daß er stets die
beschwerlichsten und seltensten Stoffe aller Art zu bearbeiten bekommen"
habe und eine eigene Fähigkeit zur Einrichtung seltener Stühle" hatte?"
Noch später, als der Vater Mestrozi bereits bürgerlicher Seidenzeug-
fabrikant war, mußte er aber wegen Vermögenslosigkeit für die großen
Seidenniederlagen des Grafen von Fries, Jakob Galliano und Josef Grün-
auer" um den Taglohn tätig sein."""
Wie der Sohn weiter berichtet, konnte Josef wegen des stets nötigen
Neuherrichtens der Stühle und wegen der Sorge um die Familie nie auf einen
grünen Zweig kommen, so daß die Angehörigen beim Tode des Vaters, der
nur das 48. Lebensjahr erreichte er starb am 14. März r7go, nicht bloß
ohne Besitz, sondern sogar mit Schulden belastet dastanden. Selbst die
Begräbniskosten konnten nur durch Freundeshilfe beschafft werden.
Die Hinterbliebenen mußten die väterliche Wohnung in Margarethen
als zu kostspielig aufgeben und eine ganz bescheidene auf der Landstraße
mieten. Der damals achtzehnjährige Paul und der um zwei Jahre jüngere
Vital Fidelius arbeiteten nun für den bereits erwähnten Josef Grünauer
auf zwei allein verbliebenen Webstühlen beinahe Tag und Nacht", um sich,
die Stiefmutter und drei jüngere Geschwister notdürftig zu erhalten?"
Besonders schmerzlich war es Paul auch, daß nun seine Weiterbildung un-
möglich gemacht zu sein schien. Seit dem Jahre 1787 hatten nämlich er und
Vital an Sonn- und Feiertagen in der Privatzeichenschule des bereits er-
wähnten Direktors der Manufakturzeichnungsklasse an der Akademie der
bildenden Künste, F. Grabner, zu zeichnen begonnen; nun konnten sie die
monatliche Zahlung dafür nicht mehr aufbringen. Doch war Grabner, als er
den Grund des Wegbleibens seiner Schüler erfuhr, vornehm genug, ihnen
für die fernere Zeit
den unentgeltlichen
Besuch des Unterrich-
tes zu gestatten; im
M1. Jahre 1793 stellte er
den beiden über die
siebenjährige Arbeits-
zeit bei ihm auch ein
x74 74' 511a Über Vial und Masse
siehe Seite 3538, 34a 350 und
531" Keeß, II Seite 300.
'51? ja Über die hierGenann-
i-giif-Ilifisätfj, ten siehe Seite 335, 33g, 350.
gßw" Ei; .3, Über Fries siehe auch He-
"itfih- St?"
11. Das jungste Kind, aus
zweiter Ehe, starb übrigens schon
Abb. 29. "Geblumler Atlas", weiß auf blaurosa Grund. Die Hälfte der wirk- 1790. Ein Bruder, Franz, starb
liehen Größe. Von Nigri in Wien, x834 Österr. Museum 1795 im 13. Lebensjahre.
36a
Abb. 3c. "Darnen-Umhängetuch von jos. Fiirgantners Seidenzeuginanufactur in Wien, 1835." Weiß und Guld-
braun. Gegen der wirklichen Größe Österr. Museum
sehr günstiges Zeugnis aus. Noch von einer andern Anerkennung hören
wir. Am xo. April x7g3 bestätigten die Eigentümer der damals vielleicht
größten österreichischen Seidenzeugfabrik C. Andre Sohn und Bräunlich
in Wiener-Neustadt den beiden Brüdern, daß sie die mancherley schweren
Zeichnungen zu den gold- und silberreichen Spalieren ins Quatre
Quatre Papier" gesetzt hätten und darin unentbehrlich seien. Das Wort
"unentbehrlich" bezog sich, nebenbei bemerkt, auf eine in Aussicht stehende
militärische Aushebung.
Zu den bedeutendsten Arbeiten der Andreschen Fabrik wurden die
Spaliere für den Fürsten Louis Alois von und zu Liechtenstein gerechnet;
gerade für diese Gewebe hatte Paul Mestrozi die Hilfszeichnungen im
JV"?
Jahre 1793 nach mehr als einjähriger Arbeit vollendet. Die erste größere
Arbeit jedoch, die von den Brüdem Mestrozi selbständig durchgeführt wurde,
scheinen die Borten für die Galalivreen des Fürsten Kinsky gewesen zu
sein; die Ausführung fällt in die Jahre 1793 und 1794 Abb. 1. Ein Stück
davon wurde in der Manufakturzeichenschule in der k. k. Akademie der
bildenden Künste ausgestellt, und auch sonst trug diese Arbeit dazu bei, den
Namen Mestrozi bekannt zu machen.
So erhielten die Brüder den Auftrag, für die Tochter Ludwigs XVL,
die seit Beginn des Jahres 1816 in Wien weilte, zu einem ihr sehr werten
französischen Samtstücke so viel hinzuzuweben, daß ein ganzes Kleid daraus
gemacht werden könne. Paul Mestrozi berichtet voll Stolz, daß zwischen den
von ihm hergestellten zehn Ellen und den vier Ellen des Musters auch bei
strengster Prüfung kein Unterschied gefunden wurde. Welcher Art dieser
Samt war, ist aber nicht zu erkennen.
Kunstgeschichtlich wichtiger sind die Angaben über Stoffe für den Palast
des Grafen Czernin in der Wallnerstraße. Obgleich Mestrozis Verdienst
nur die technische Herstellung, und zwar eines Teiles davon, war, ist
es für uns doch wichtig, hier von Stoffen zu hören, die nach den Entwürfen
eines hervorragenden österreichischen Künstlers angefertigt wurden und die
wenigstens teilweise zum Glück auch noch erhalten sind; allerdings
sind es gerade nicht die von Mestrozi ausgeführten. Dieser Palastfk der eine
Zeitlang im Besitze Kaiser Josefs II. war und daher heute noch das Kaiser-
haus genannt wird, wurde in den Jahren 1776 bis 1777 vom Grafen Franz
Ulrich von Kinsky erworben dessen Sohn Josef verkaufte das Haus jedoch
wieder, nachdem er im Juni des Jahres 1794 von einer großen Reise nach
Wien zurückgekehrt
Mestrozi berichtet nun, daß Graf Johann Rudolf Czernin, der neue
Besitzer, den Bau ausgestalten ließ; es war dies der berühmte Kunstfreund,
seit dem Jahre 1824 Oberstkämmerer, in den Jahren 1824 bis 1834 auch
Stellvertreter des ersten Obersthofmeistersrl"
Mestrozi sagtzi-T "Der damals durch seine genialischen Talente so
allgemein bekannte und hochgeschätzte Architekt Herr Heinneritzi Henrici
hatte bei dem Sr. Excellenz dem Herrn Grafen v. Czernin gehörenden
in der Stadt, Wallnerstraße befindlichen Palais, sowohl in Hinsicht des Baues
wie auch der inneren Einrichtung desselben, ihn nach seinen vorgesetzten
Ideen herzustellen, von Sr. Excellenz die unumschränkte Vollmacht erhalten.
Da beinahe schon alles seiner ausgezeichneten Vollendung nahe war, ergab
es sich, daß die goldreichen Meublenstoffe, die in Rücksicht der Zeichnung
Heute Wallnerstraße 3.
Nach Josef Erwin Folkrnann "Die gefürstete Linie des uralten und edlen Geschlechtes Kinsky"
Prag, 1851, Seite 66 und 67.
Ebenda Seite 58. Die Angaben bei Wilhelm Kisch Die alten Straßen und Plätze Wiens" Wien, 1883,
Seite 550, sind unrichtig.
Geboren 1757, gestorben 1845.
T1 Selbstbiographie Seite 24 K. und Seite 23g. An der zweiten Stelle wird kurz vorher das Jahr 1795
genannt.
365
und Eintheilung ganz nach dem Sinne des Herrn Architekten gemacht
werden sollten, noch nicht einmal in Bearbeitung waren. Dieser Aufenthalt
lag darinn, daß der hiesigen Fabrikanten I-Ir. Ditschheimer, Fachinelly und
Pippon den Plan des Herrn Architekten für unausführbar erklärten"
Die Brüder Mestrozi führten die Stoffe jedoch dem Wunsche des Künst-
lers gemäß und zur größten Zufriedenheit des Bestellers aus.
Der hier genannte Henrici oder Heinneritzi, wie Mestrozi schreibt, hat
unter anderem auch den Hochaltar für St. Laurenz in Schottenfeld entworfen,
der im Jahre 1786 aufgestellt wurde siehe das erwähnte Denkbuch von St.
Laurenz Seite wo sich auch ein Kupferstich des Altars Findet. Von Henrici
rührt auch die Stiftskirche in der Mariahilferstraße mit ihrem schönen Turme
Sees xiXxuw sie RAR
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saß NS
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weit-N X3 äx NS
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nativ" cf 4.
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Abb. 3x. "Virginia-Stoß", weiß auf Rosa." Ungefähraiie Hälfte der wirklichen Größe. Von Jos. Fürganrner in
Wien, 1836 sterr. Museum
her. Von den wundervollen Räumen des "Kaiserhauses" sind heute noch zwei
an den Wänden mit dem. hier Abb. dargestellten Stoffe bedeckt; es ist
eine schwere Seide von einem ins Weinrot gehenden Tone. Da auch die
alten Decken, Wandgliederungen und Spiegel mit ihren geschnitzten und
vergoldeten Holzrahmen großenteils erhalten sind Abb. kann man heute
noch empfinden, wie diese kraftvoll lebendigen Formen tatsächlich wie aus
einem Gusse geformt und dem Haupte eines WifkilCh "genialischen" Mannes
entsprungen sind.
Nach Mestrozis Worten müssen wir wohl annehmen, daß auch diese
Wandbespannungen von I-Ienrici entworfen und aller Wahrscheinlichkeit
nach in Wien vielleicht von einem der oben Genannten ausgeführt
worden sind. Die Schwierigkeiten der Herstellung ergaben SlCh Ja erst
Dietscheiner wird auch im Denkbuch von St. Laurenz Seite r6 als Inhaber einer der größten
Seidenzeugfabriken bezeichnet.
Auch in anderer Farbenstellung vorhanden.
47
366
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äffz '11 hßä K. keit des Ganzen
es? tsw verwandte Fer-
men, vermutlich
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wissen eige-
rung, Bereicherung und Verfeinerung aufgewiesen haben. Und auf jeden
Fall kann uns der hier abgebildete Stoff als ein bemerkenswertes Denkmal
der Zeit gelten.
Die Stilrichtung der ganzen Räume müßten wir wohl als Rokoko
bezeichnen; doch sind die Nachwirkungen der Barockkunst noch so stark,
wie wir sie anderwärts in dieser Zeit kaum mehr fmdemWir müssen bedenken,
daß der große Zusammenbruch des Alten auf allen Gebieten in Frankreich
damals bereits mehrere Jahre zurücklag. Die bessere Verwaltung der mittel-
europäischen Hauptländer hatte hier solche Gewalttaten nicht nötig gemacht
und auch in der Kunst vielfach eine ruhigere Ausgestaltung und Fortführung
der Überlieferungen ermöglicht.
Wie bereits gesagt, war die französische Revolution der Entwicklung
der österreichischen Seidenweberei zunächst nur von Vorteil. Auch die
Brüder Mestrozi machten sich die günstige Lage zunutze und richteten, da
sie damals nur über bescheidene Mittel verfügten, zum Teile mit einem
privaten Darlehen, in kurzer Zeit vier Stühle ein, worauf sie fasionierte
geblumte Miniatur, dann gestickte Saison und Winterstaatskleider Sammete",
Wir erlauben uns diesem, Herrn Generaldirektor G. Ullmann, für die giilige Erlaubnis zur Besichtigung
und Veröffentlichung hier unsem ergebensten Dank auszusprechen.
den französischen gleich, ausführen konnten. Auch ist hier bereits von Ver-
besserungen der Stühle die Redef
Die früher erwähnte Notiz in den Mitteilungen des Osterreichischen
Museums spricht davon, daß die Brüder Mestrozi die Brillantins und die
übrigen faconnierten Stoffe mittelst einer größeren oder kleineren
Trommelmaschine gewebt" hätten, und es muß bei dieser Nachricht an die
erwähnte Zeit gedacht sein. In der Selbstbiographie heißt es bei dieser
Periode um 1795 aber nur Wir hatten nun auch solche Stühle, die niemals
mehr zu verändern nöthig waren, denn die von uns erfundene Einrichtung
derselben war von der Art, daß jedes nur gewünschte Muster alsogleich und
mit weniger als einer Stunde Zeitverlust, wozu früher zwey Monathe erfor-
derlich waren, bearbeitet werden konnte." Es ist immerhin möglich, daß es
sich hier um "Trommelstühle" handelt; leider ist das in der Selbstbiographie
mehrfach erwähnte Maschinenbeschreibungsbuch nicht mehr aufzufinden
gewesen."
Für die Verwendung von Trommelstühlen spricht auch eine Nachricht
der Wiener Zeitung" vom 25. Jänner 1820, in der eine Schenkung der
Gebrüder Mestrozy und Compagnie" an das Produkten-Cabinett des poly-
technischen Instituts" rühmend besprochen wird; es heißt dabei "Hierher
gehören die verschiedenen faconnirten und jour gearbeiteten Sammte, fer-
ner ein Zeug auf Meubeln mit einem großen Dessein, der aber in seinen
kleinsten Bestandtheilen mit einer Genauigkeit ausgeführt ist, die auch noch
unter dem Vergrößerungsglase dieselbe bleibt, und nur mittelst einer neuen,
die gewöhnliche Trommel am Seidenweberstuhl weit übertreEenden und
sehr einfachen Vorrichtung auszuführen, möglich ward. Es handelt
Handschrift, Seite 30 E. und Seite 240.
Herr Kapellmeister Paul Mestrozi, ein Nachkomme des berühmten Webers, hat sich schon seit Jahren
vergeblich bemüht, es aufzufinden. Für seine freundliche Mitteilung sei hier bestens gedankt.
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Abb. 33. "Geblumter Atlas." Brillantinartig in rosa Seide. H5 der wirklichen Größe. Von Joseph Nigri in Wien.
Erhielt auf der Allgemeinen Gewerbeausstellung 1835 die bronzene Medaille Österr. Museum
sich hier in der Notiz des Jahres 1820 um eine spätere Arbeit mit einer
Maschine in Art der Jacquardschen; aber die Hervorhebung und Gegenüber-
stellung der früheren Herstellungsweise mit dem Tromrnelstuhle ist für. uns
bemerkenswert und gestattet vielleicht einen Rückschluß. Jedenfalls scheinen
die Brüder in der früher erwähnten Zeit um r7g5 schon große Fortschritte
gemacht zu haben, so daß ihren Erzeugnissen allmählich der Vorzug selbst
vor den französischen gegeben wurde. Ende des Jahres 1795 beschäftigten
sie nach Angaben der Handschrift schon vierzig Arbeitskräfte.
Nun machten sich die großen Weltvorgänge allerdings auch in anderer
Weise geltend; so mußten Vitale Mestrozi sowie I8 Gesellen und Arbeiter im
Frühjahr r7g7 als Soldaten einrücken, freilich nur für kurze Zeit.
Am 18. September 1798 wurde dann dem Paul Mestrozi, der amtlich bis
dahin immer noch Seidenzeugmachergesell" war, auf seine Bitte die
fabriksrnäßige Befugnis" erteilt zur Erzeugung aller Gattungen Samte und
Seidenzeuge mit den nötigen Gehülfen und Lehrjungen beiderley Geschlech-
tes", womit für die beiden Mestrozi auch die Befreiung vom I-Ieeresdienste
erreicht war. Die Brüder, die nun auch geschäftlich aufs engste verbunden
waren, hatten damals bereits zwölf der erwähnten kunstvollen Stühle im
Gange.
Schon zwei Jahre vor dieser Zeit hatten sie den wiederholt vergrößerten
Betrieb nach der Vorstadt Schottenfeld verlegt, weil sie dort inmitten zahl-
reicher Seidenfabriken leichter Arbeiter finden konnten. Auch weiterhin
mußten wiederholt umfangreichere Räume gemietet werden, da die Arbeiter-
zahl im Jahre 1800 bereits auf 180 beiderlei Geschlechtes angestiegen war
und das Vergeben der Arbeit außer dem Hause nicht genügend sorgfältige
Erzeugung verbürgte. Die Tätigkeit erstreckte sich nun über die erwähnten
geblumten Miniatursamt-Kleiderstoffe "faconirte Sammte auf Lyoner Art",
aber auch auf alle Gattungen geblumter, fassonierter, broschierter und andere
Seidenstoffe.
Im Jahre 1802 kauften die Brüder in der erwähnten Vorstadt einen
Baugrund und errichteten von Grund auf ein eigenes Fabriksgebäude.
Demian gibt, wie wir Seite 351 sahen, für das Jahr r8o3 die Zahl der
Stühle bei den Brüdern Mestrozi mit 37 an, eine Anzahl, die unter den 56
Fabriken ohne "Landesprivilegium" nur von zweien übertroffen wurde; die
meisten blieben weit dahinter zurück.
Das ganze Unternehmen befand sich in ununterbrochen glücklichem
Aufstiege, als der Krieg mit den Franzosen, die im November des Jahres 180
bis nahe vor Wien kamen, das ganze wirtschaftliche Leben erlahmen ließ.
Die Brüder Mestrozi waren aber mutig genug, nicht nur weiter tätig zu
bleiben, sondern sogar eine große Anzahl brotlos gewordener Arbeiter auf-
zunehmen und auf Vorrat zu arbeiten. Dieses Unterfangen mochte bei ihrem
damals noch bescheidenen Vermögen immerhin gewagt erscheinen, hatten
sie beim Friedensschlusse doch für 300.000 Gulden Waren angehäuft; aber
die Weiterentwicklung gab ihnen recht binnen zwei Monaten war alles ver-
369
kauft. Wir dürfen in diesem Unternehmen wohl eine Hauptgrundlage ihrer
späteren Wohlhabenheit erkennen. Es mußte auch sofort nach dem Kriege
das Fabriksgebäude durch Aufsetzen eines zweiten Stockwerkes vergrößert
werden.
Große Befriedigung mochte es Paul Mestrozi gewähren, daß er mit
Dekret vom m. Juli 1805 zum votierenden Stimmführer" für die Preis-
verteilungen an der mehrfach erwähnten k. k. Manufaktur-Zeichnungs-
schule bei St. Anna" emannt wurde, jener Anstalt, an der er selbst seinerzeit
gelernt hatte und die er aus Not beinahe hätte verlassen müssen, ehe seine
Ausbildung noch vollendet war.
Im Jahre 1806 erhielten die Brüder, die nun schon 250 Arbeitskräfte
beschäftigten, das ,,Landes-Fabriks-Privilegium" und führten das Unter-
nehmen unter warf" Paul
diaimiblie" Mestrozi hebt
bruderlvlestrfßz" rlllillllllllill hBTVOT, daß
lllllllllllllllll
Z1 Welter- uuunlmu lllllllllllllllllll um mm um Mlllllllllll lll lllllllllllllllll Zahlreiche an"
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Das Lan- dere wlene,
rimllllPlirlllllfilJllllHlllh'ililrli'lllhll'i'
ll Illllllll lllllllll lllllllll llll lllßllllllll? ll lllllll lßlll llllr lllllllllllllllllllll
hatte damals lllJPlLilililüällillPßJllllPlllLINIIM3illillillf'lllul""frii läßlllllllllllllllillll 119m Beispiele
HIV." lPlhIllIiPll. lllllPll-IIIILIIWIEIJ lllllllllllPll
m6?" der"? iiiiiiI-iiiiiiiiiiiiliäiiiiiiiiiiiiiiiiil1liiiiiiiiiiiiiwiiii""xi." eh". tatsrch-
früher, brachte um Weise gesagt
llllllllllllllll lllll lllllllllilllli Hlllll lllllll WIIIÜI III lll lll lil llllllIllll
llll Illlllllll lll III lll IIII l'l lll
ab" mmefhm werde" darf
nocheßnigeße- odmbde
gunstigungen, dernnurgleich-
von denen das Abb. 34. "Brillantstoff" in "cm. rigata". Nach 101.. Georg zeitig Verbes-
Bartscb, Die Vorrichtungskunst der Werkstühle" Tafel a4,
Nledeflag? Muster 44 Text Seite 1x8. Abb. 34-36 nach dem Exem- serungen v0?
reCht Vielleicht plare in der k. k. Hofbiblioxhek nahmen, die
das wichtigste gewissermaßen
in der Luft lagen, vermögen wir nicht zu entscheiden; immerhin mag der
Erfolg des Mestrozi die Mitstrebenden ermuntert haben.
Der Aufschwung des Unternehmens hielt auch weiterhin an und über-
dauerte glücklich das krisenreiche Jahr 180g, wo die Brüder sogar die
doppelte Anzahl verlassener Arbeiter" beschäftigten. In diesem Jahre wurde
auch eine eigene Fabrikstischlerei errichtet, um alles, was für die selbst-
erfundenen und selbstgezeichneten Maschinen wichtig war, unter eigener
Aufsicht rasch herstellen zu können?" Zur Förderung des Absatzes nach
außen hin unternahm nun der jüngere Bruder im Februar des Jahres 1810
Merkwürdigerweise schreibt Mestrozi an der Stelle der Lebensbeschreibung, die hierüber handelt
Seite 60, seinen Namen mit zwei während er ihn im Titel der Biographie und sonst mit einem angibt. Zu
bemerken ist auch, daß die Lebensbeschreibung mit folgenden Worten beginnt "Paul Mestrozi, eigentlich
tru
ls Siehe Slokar, a. a. 0., Seite 147 und x50.
r8r5 wurde die Tischlerei vergrößert.
eine Reise nach Oberösterreich, Salzburg, Bayern und nach einem Teile
Italiens. Es kamen dadurch wichtige Geschäftsverbindungen zustande, und
es wurde dadurch auch ermöglicht, die Seide aus erster Quelle zu beziehen
sowie den Geldverkehr über das als Geldplatz wichtige Augsburg zu leiten.
Im Jahre x8xo heiratete Paul Mestrozi die damals zwanzigjährige Elisa-
beth Schlechta, eine Färberstochter, geboren zu Koschetitz im Öaslauer
Kreise. Das erste Kind wurde im Jahre 1811 geboren und erhielt den Namen
Ludmilla Anna; sie ist für uns deshalb von Wichtigkeit, weil sie später einen
der Hauptbegründer der österreichischen Maschinspitzenindustrie heiratete
und dadurch ihrem Vater Gelegenheit gab, auch auf diesen Zweig der öster-
reichischen Textilkunst Einfluß zu nehmen.
Unser Museum besitzt eine Zusammenstellung aller in Böhmen erzeug-
ten Leinwandgattungen" von Peter Carl Schlechta Lomnitz, Bidschower
Kreis in Böhmen vom Jahre 1829. Wir wissen aber nicht, ob es sich hier
um einen Verwandten der Gattin Mestrozis handelt.
Im Jahre 18m konnte nach Abzug der Franzosen von Wien die Fabrik
durch einen Zubau an Stelle eines abgerissenen Nebenhauses erweitert
werden; im Jahre 181 war diese Vergrößerung vollendet und es wurden
nun neue Einrichtungen für "besondere moderne Lyoner Stoffe" getroffen.
Im ganzen waren damals 400 Arbeiter und Arbeiterinnen bei den Brüdern
beschäftigt. Der Wert der jährlichen Erzeugung hob sich auf x,5oo.ooo Gul-
den. Doch erlitt das Haus beim Staatsbankerotte des Jahres x81 durch den
Kursunterschied beim Einkauf und Verkauf des Auswahllagers beträcht-
lichen Schaden. Immerhin scheint dieses Ereignis keine dauernde Schädigung
des Unternehmens zur Folge gehabt zu haben, obgleich die Vorgänge dieser
Zeit dem allgemeinen Geschäftsleben natürlich sehr abträglich waren
und auch auf den Ver-
ÄW rm-txazislflßiätzi-
en ei
x. Sohörenwirineinem
xx. Wiener Modeberichte
vom August 18m in
KX dem Weimarer our-
zwa. aß, nal des Luxus und der
8x x. Mode",Seite 693Der
IX diesmalige Modenbe-
xx e,b IX richtwirdbeinahe kärg-
gäw a. lich ausfallen; denn der
hier unendlich steigen-
xx de Geldmangel zwingt
alle Stände zu Ein-
5x 11A, schränkungen, und es
Abb. 35. "Linux-stahl" Nach Joh. Georg 13mm, "Die Vorrichtungskunst bieten sich in dem
der Werkstühle" Tafel 19, m. xxx, Text Seite 21g sonst SO luxuriösen
Wien nur wenige Modeveränderungen dar. Alles simpliiicirt sich.
Man scheint nach diesem Berichte damals hauptsächlich nquadrillirten
Levantin" getragen zu haben, also eine ziemlich einfache Stoffsorte.
Die Überwindung der Schwierigkeiten dieser Jahre ist den Brüdern
Mestrozi wohl hauptsächlich dadurch gelungen, daß sie beim Wieder-
erstarken des wirtschaftlichen Lebens nach dem ersten Pariser Frieden über
sehr große Vorräte von Stoffen verfügtenfk
Seit dem 14. November 1811 war Paul Mestrozi Schätzmeister am
k. k. Niederösterreichischen Merkantil- und Wechselgerichte; am 26. Mai
1812 wurde er durch den Magistrat zum zweiten Schätzmeister im Gremium
der privilegierten Seidenzeugfabrikanten, am 23. Juli desselben Jahres zum
Schätzmeister des Metropolitankapitels und am 29. April 1813 zu dem des
Stiftgerichtes Schotten ernannt, was jedenfalls für sein Ansehen und seine
Tüchtigkeit spricht.
Die Tätigkeit der Brüder setzt sich begreitlicherweise zum großen
Teil aus zahllosen Kleinigkeiten zusammen; man darf es sich darum nicht ver-
drießen lassen, wenigstens einigen nachzugehen, wenn man ein Bild nicht
nur ihres Wirkens, sondern des ganzen Gewerbezweiges erhalten will.
Etwa vom Jahre 1814 an wurden zum Beispiele für Kopf- und Kleider-
putz der Damen besonders Dünntücher begehrt, die zunächst ausschließlich
aus Frankreich kamen. Die Brüder Mestrozi suchten die Erzeugung dieses
außerordentlich wich-
tigen Handelsartikels "im
zwar sofort für Oster- gf pßl
reich zu sichern, muß- ggf 2,7 n.
ten aber die traurige
Erfahrungmachemdaß qf
keine der hier markt- X3 1x,
gängigen Seiden, auch ffl
die beste italienische 51,. a4
nicht, obzwar allen an- M5
dern sonst überlegen, 7x xqh
jenes reineWeißbesaß,
das gerade für diese vä-vß x.
Dunngewebenotigwar. "M4
Doch gelang es den a'x
Brudern nach verhalt IX 51MB?
Bemerkenswert ist, daß 412i? in
während des Kongresses der 45
französischen Gesandtschaft ein im Vxä 3x
schwungvoller Handel mit frnn- äwä
zösischen Erzeugnissen gegen LV
xnmoou Franken in der Woche
getrieben wurde und erst durch
das Eingreifen des Kaisers einge- Abb. 36. "Kirchen-Ornat-Stolf." Nachjoh. Georg Bartsch, "Die Vorrichtungs-
stellt werden konnte. kunst der Werkstühle" Tafel 30, Text Seite 227
372
nismäßig kurzer Zeit, ein neues Färbe- und Appreturverfahren auszudenken,
wodurch es möglich wurde, auch die italienische Seide zu verwenden. Sie
konnten schon wenige Monate nach den ersten Versuchen 70 und später
noch mehr Stühle auf diese Dünntücher einstellen. Im nächsten Jahre folgten
nach Angabe der Handschrift auch andere Fabriken, so daß sich in solchen
Arbeiten eine sehr große Erzeugung ergab.
Von Geweben dieser Art, die in den verschiedensten Farben ausgeführt
wurden und für die Zeit sehr bezeichnend sind, enthält unsere Sammlung
zahlreiche Beispiele.
Unter den technischen Verbesserungen dieser Jahre 1814-1815 wäre
allenfalls die, nach langem Probieren zustande gebrachte, Verwendung von
Platinnadeln zur Herstellung weißer Samte oder mit weißem Flor gezierter
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Abb. 37. "Reicher orientalischer lGeidersroH", rot, mit Gold und farbiger Seide broschiert. Über die Hälfte der
wirklichen Größe. Von Georg Griller in Wien, 1820 Österr. Museum
Stoffe hervorzuheben, da die bis dahin üblichen Nadeln leicht Rostßecke
erzeugten" Besonders wichtig war aber der Bau einer Maschine für sehr
reiche Muster mit 400 Direktionsgliedern, die, nach den Angaben der Selbst-
biographie, im Jahre 1815 gelang.
Es handelt sich hier offenbar um eine Maschine in der Art der Jacquard-
schen. Schon nach dem früher Seite 354 Gesagten wollen wir es nicht für
unmöglich halten, daß die Brüder Mestrozi, wenigstens ohne unmittelbare
Kenntnis der Lyoner Stühle, Einrichtungen ähnlicher Art geschaifen haben.
Die Biographie betont dies auf Seite 93 ff. jedenfalls sehr entschieden.
In dem Gesuche, das Paul Mestrozi im Jahre 1830 an Seine Majestät
richtete, spricht er von diesen Verbesserungen etwas ausführlicher Noch
viel wichtiger, ja vom entschiedensten Vortheile für das ganze Land und
jede Gattung von Weberey war die Einführung der allgemeinen Dessein-
Maschine, des von mir erfundenen nur nach zweckmäßigeren Principien
ausgeführten, französischen, sogenannten Jaquin- Jacquard- Stuhles, dessen
Die Samrnadeln waren gewöhnlich aus Messing, siehe Keeß, II Seite 666; auch wurde Kupfer und
Stahl verwendet.
Herstellung uns noch im Jahre 1815 nach mehrjährigen angestrengten
Forschen und großen Geldaufopferungen wirklich gelang. weil durch diese in
33 i. tx;ü
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Abb. 38. "Auf dem Stuhle gestickaer Seidenstoff." Blauer Grund mit Guld weitläufig gesponnen und
Silber. Die Hälfte der wirklichen Größe. Von Karl Soklil in Wien, 183! Österr. Museum
unserer Fabrikstischlerey nach eigener Angabe und Leitung hervorgebrachte
Maschine zur Bearbeitung der Desseins in allen, wie immer Namen haben-
48
374
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Abb. 39. "Stück eines reichen Meßkleidstoffes." Vielfarbige Seide, Gold und Silber auf weißem Grunde, broschiert.
9x, der wirkl. Größe. Von Seb. Hecht in Wien, x83o. Bezeichnung in Gold broschiert Ösxerr. Museum
den Weberey-Stoffen, als der ersten in der österreichischen Monarchie eine
ganz neue Epoche in der Weberei bezeichnet wird
Und an anderer Stelle Seite 94 wird gesagt Diese Maschine hatte,
wie wir später erfahren haben, mit der französischen Jaquin-Maschine große
Aehnlichkeit."
Auch heißt es von dem später noch zu besprechenden Stoffe für das
Audienzzimmer des Kaisers auf Seite 2x2 Dieser Stoff war ein Brillantine
von grüner Farbe und einer jener Waarengegenstände, welche nur mittelst
unserer im August 1815 hier in Wien errichteten und zu Stande gebrachten
Maschinen, wovon wir mit Ende des Jahres 1815 schon nebst der
besonders und höchst wichtig und nötigen Latzausschlagmaschine in Besitz
hatten, gemacht werden konnten Wir waren demnach die Urheber
dessen, und die Ersten, die dieses alles leisteten
Im Inhaltsverzeichnisse der Handschrift heißt es dann zum Abschnitte IX
die zustande bringung der Schaka Maschin im Jahr 1815. Der Majons und
der Desseng Schlagmaschin i. J. 1816".
Nach der Selbstbiographie hätten die Brüder im Jahre 1816 schon
zwanzig solcher Stühle fertig gehabt.
Die früher erwähnte Notiz in den Mitteilungen des Österreichischen
Museums vom Jahre 1867 sagt dagegen von den Brüdern Mestrozi Im
Jahre 1818 waren sie es auch, welche zuerst die Jacquard-Maschine anwen-
deten, und zwar construirten sie dieselbe blos nach den Aussagen eines aus
Lyon eingewanderten deutschen Stuhlarbeiters Namens Carl Kannengiesser.
Zwei Jahre später fand sie die Jacquard-Maschine erst durch einen früher
in Lyon ansässigen Maschinisten Bausemer in Wien allgemeine Anwendung."
Diese Anführung steht insbesondere betreffs des Zeitpunktes der Ein-
führung in scharfem Gegensatze zu dem, was die Selbstbiographie berichtet.
Es ist auch merkwürdig, daß Keeß, der mit Mestrozi viel verkehrte und
seiner Mithilfe schon in dem Vorworte seines Werkes, das vom April 1820
datiert ist, Erwähnung tut, die Neuerungen Hornbostels und Mestrozis erst
in das Jahr 1817 versetzt. Immerhin ist dies ein Jahr früher, als die Notiz in
den Mitteilungen des Museums angibt. Und vielleicht bezieht sich die Angabe
von Keeß auch mehr auf den Abschluß der Versuche, allenfalls auf den
Zeitpunkt, wo die, auf die neue Weise erzeugte, Ware bereits im Handel
vorlag, so daß wir für die Maschine selbst noch um ein Jahr zurückgehen
dürfen. Allerdings bis zum Jahre 1815 können wir auf diesem Wege kaum
zurückgelangen oder höchstens für die ersten Versuche.
Sollte Mestrozi, der seine Aufzeichnungen ja erst begann, nachdem sein
Bruder gestorben und er selbst infolge schwerer Krankheit sein Unternehmen
aufgelöst hatte, hier einen Gedächtnisfehler begangen haben? Oder sollen wir
annehmen, daß sich bei ihm Tatsachen des eigenen Lebens, wie es auch
bei tüchtigen Menschen manchmal der Fall ist, in der Vorstellung allmählich
so umgemodelt haben, daß das nüchteme Urteil darüber verloren gegangen
ist? Wir können es heute schwer sagen. Es mögen ja tatsächlich ältere
Versuche oder selbst wirkliche Ergebnisse vorgelegen haben. Nur genügen
uns die Angaben einer Selbstbiographie nicht, dies als Tatsache zu behaupten.
Wohl nur ein Zufall könnte uns die Mittel in die Hand geben, hier Klarheit
zu schaffen.
Im Zusammenhang mit der Umgestaltung des Webstuhles beschäftigten
sich die Mestrozi auch mit der Herstellung einer eigenen Maschine zum Aus-
schlagen der Karten; sie nannten diesen Apparat Latz- und Dessins-Aus-
schlag-Maschine". Die erste dieser Vorrichtungen war nach der Selbst-
biographie zu Beginn des Jahres 1816 glücklich zustande gebracht, worauf
gleich eine zweite in Arbeit genommen wurde?" Doch mag auch hier wieder
ein zu frühes Datum angegeben sein. Jedenfalls vermochten die Brüder aber
nach Durchführung der Neuerungen wöchentlich 40 bis 50 Muster auszu-
Selbstbiographie Seite x01 ff. und 248 B.
schlagen, zu deren Ausnützung ihnen nach Angabe der Selbstbiographie
schon im Jahre 1817 30 Maschinenstühle zur Verfügung standen.
Am 29. Jänner 1818 wurde wieder nach der Selbstbiographie der
Staatsverwaltung eine Musterkarte mit 139 Einzelstücken übergeben, "deren
jedes nur mittelst dieser Maschine hervorzubringen möglich war". Wie
sehr sich die Brüder bemühten, aus ihren Erfahrungen immer weiter zu
lemen und stets neue Verbesserungen durchzuführen, erkennt man auch
daraus, daß sie imJahre 1817 eine neue Dreh- und Bohrmaschine herstellten,
die später nach Auflösung des Mestrozischen Untemehmens von der k. k.
privilegierten Linzer Wollenfabrik angekauft wurde. Auch diese Maschine
sollte im Maschinennotizbuche näher beschrieben sein.
Wie gesagt, erscheint es uns nicht so wichtig, ob die einzelnen erwähnten
Verbesserungen etwas früher oder später vorgenommen wurden, als es uns
von Bedeutung ist, daß sie überhaupt in diesem Zeitabschnitte zur Ausführung
gelangt sind und daß bei ihnen allen eine entschiedene Mitarbeit der Wiener
Meister anzunehmen ist. Die wundervolle Ausnützung aller technischen
Möglichkeiten, die uns bei den Geweben jener Zeit entzückt, wäre ohne
solche mitschöpferische Tätigkeit wohl auch kaum erreicht worden.
Als Zeichen für den außerordentlichen Aufschwung der Wiener Seiden-
erzeugung im allgemeinen darf es übrigens angesehen werden, daß sich die
Staatsverwaltung veranlaßt sah, Erzeugnisse der inneren Länder" Öster-
reichs durch das Gubernium in Mailand zur Ausstellung zu bringen, darunter
auch 139 Muster der Mestrozischen Fabrik, die am 29. Jänner 1818 zu diesem
Zwecke abgegeben wurden.
Der Londoner Bankier Riesenböck soll bei einem Besuche in Wien
sogar den Ausspruch getan haben, daß er in keiner französischen Fabrik so
vielerlei Ware gesehen habe wie bei Mestrozi. Riesenböck hatte nach der
Selbstbiographie auch die Absicht, in England eine Fabrik mit 80 Maschin-
Stühlen in der Art der Mestrozischen zu errichten, wenn einer der beiden
Brüder die Einrichtung übernähme und mindestens ein Jahr lang in England
verbliebe. Man sicherte ihnen dafür außer dem Ersatz aller Kosten 20.000
Pfund Sterling zu. Doch nahmen die Brüder, abgesehen von andern Gründen,
auch deshalb nicht an, weil sie ihr damals vollauf beschäftigtes Unternehmen
auch nicht einen Monat ohne Schaden hätten verlassen können. Der Plan
Riesenböcks wurde damit hinfällig. Ein ähnlicher Antrag kam übrigens später
1822 aus Petersburg für ein Unternehmen, das auf Kosten des Kaisers von
Rußland errichtet werden sollte.
Von besonderen Aufträgen und Lieferungen wären in den letztbespro-
chenen Jahren etwa zu erwähnen ein großer Teil der Stoffe zur Ausstattung
der Erzherzoginnen Maria Clementine 1816, Maria Leopoldine Anfang 1817
und Karoline 1819, für das Audienzzimmer des Kaisers ein grüner Brillantin
1816, sowie Stoffe zur Vermählung einer Tochter des Fürsten Johann
Liechtenstein, die erst nach Paris vergeben werden sollten 1817. Auch
konnten seit dem Jahre 1816 nicht unbeträchtliche Lieferungen nach Polen,
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Abb. 42. "Reicher Kirchenstoß von Franz Karg in Wien, 1835", Brokat, weißer Grund mit verschiedenartigem
Gold und Silber und roten Umrissen. Die Guldfäden, zum Teile mit farbiger Seide gedreht, wirken ähnlich einer
Lasurstickerei. der wirklichen Größe Ösrerr. Museum
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Die Brüder ruhten jedoch nicht, sondern sannen immer auf neue
Verbesserungen. Ein wichtiger Artikel waren zum Beispiele die ver-
schiedenen geflammten Stoffe Darnentüchel, Kleiderstoffe, Dünntücher,
Plüsche und Samte in chinierter Art, deren Herstellung jedoch bis dahin
sehr zeitraubend und kostspielig war. Die Mestrozi versuchten nun die
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Abb. 44. "Reicher KirchenstoH aus der Seidenzeugrnanufaetur der Herren Anton Fries und Zeppezauer in
Wien, 1836." Gold und braune Seide auf weißem Grunde, broschiert. 1,13 der wirklichen Grüße Österr. Museum
Kettenfäden vor dem Weben mit hölzernen Modeln zu bedrucken;
erst nach langwierigen Versuchen soll es im Jahre 1817 gelungen sein,
die entsprechenden Farben zu finden, worüber die Brüder ein eigenes
Buch schrieben, das aber leider auch nicht mehr aufzufinden war. Die
Kosten des Chinierungsverfahrens konnten so auf ein Zehntel der
früheren ermäßigt werden. Diese, ursprünglich für Flammierung berech-
nete, Chinierungsmethode wurde dann so ausgebildet, daß vom
Jahre 1818 an ganze Gemälde in chiniertern Samte ausgeführt werden
49
konnten? Es folgte noch eine Fülle von Neuerungen und Versuchen, deren
Aufzählung hier aber zu weit führen würdef"
Wenn wir vielleicht auch annehmen müssen, daß manche Neuerung,
die Mestrozi anführt, nicht gerade eine unbedingte Neuerlindung war, so
wird sie es doch von seinem Standpunkt aus gewesen sein, da er, wie
gesagt, von einer allgemeinen Idee immer erst durch eigene Versuche zur
Ausführung gelangt ist. Und weiter erkennen wir auf jeden Fall, daß die
angeführten Dinge wenigstens ungefähr zu den angegebenen Zeiten in Wien
tatsächlich hergestellt wurden. Von den Erzeugnissen des Jahres 1820 er-
wähnt Keeß folgendes Ganz besondere glatte Stoffe waren die imjahre 1820
von den Brüdern Mestrozi verfertigten doppelt gewebten und gehefteten
Dünntücher, welche wie moiriert aussehen; die Dünntuchbajadere vgl.
Abb. 20 und manche andere künstliche Stoffe, welche als Erzeugnisse einer
vorübergehenden Mode zu betrachten sind."1' Unter den zahlreichen kostbaren
Damenkleiderstoffen, die von 1821 auf 1822 bei Mestrozi erzeugt wurden,
Über die ältere Methode des Flammierens durch Abbinden siehe Bartscb, lila, Seite 197 8., über das
Färben mit Holzmodeln, das also dem Mestrozischen entspricht, ebenda Seite 205.
Zuerst sollen chinierte "Samtgemälde" von Gregoire in Paris angefertigt worden sein, vergleiche Keeß,
Anhang zur Darstellung Seite 5a.
Man vergleiche hierzu auch eine Nachricht in der Wiener Zeitung" vom 18. Jänner 1820 Das am
l-nkpolytechnischen Institute befindliche National-Fabriks-Producteu-Cabinett erhält durch freywillige Beyträge
einzelner Fabriks- und Gewerbs-Inhaber täglich neue sehr schätzenswerte Beyträge Unter den eingegangenen
Stoffen zeichnet sich ein mit Farben in Sammet gewebtes Madonnenbild aus der schon rühmlichst bekannten
Seiden-Fabrik des C. G. Hornbostel in Wien vorzüglich, und schon dadurch aus, daß ähnliche Arbeiten vormahls
bloß in Frankreich vollkommen verfertigt worden sind Merkwürdigerweise findet sich in der "Mestrozi-
scben Sammlung" unseres Museums eine solche Madonnendarstellung nach Raffaels "Madonna della sedia".
Wir haben bereits erwähnt, daß wir nicht alle Stücke dieser Sammlung den Brüdern Mestrozi selbst zuzuschreiben
haben.
So kamen die Brüder auf den Gedanken, wie sich ein langtioriger Plüsch ausnehmen würde, wenn die
in den Flocken befindliche Seide wie feine Stricheln gekräuselt erschienen". Sie bauten zu diesem Zwecke
im Jahre 1817 eine Gouverier"- Couvrin Maschine. "Das Nähere über deren Const-ruction kommt in unseren
Nctizenbuche vor." Seite 255 "Gouvernir-Maschindt Den Brüdern Mestrozi glückten so jedenfalls sehr eigen-
tümliche pelzartige Wirkungen, wie wir auch auf Abbildungen 22 und 23 erkennen können. Zwei jahre später
soll der Appretetir Gianizelly wohl Peter Gianicelli ähnliches mit Hilfe eines Zylinders, aber nicht immer
erfolgreich, durchgeführt haben. Über Gianicelli siehe Keeß, Ilfr, Seite 296, Keeß und Blumenbach, Seite 451,
Helene Deutsch, Seite 108. Vergleiche auch Abb. und 1a.
Weiterhin aber noch 1817 wurde auch eine kleinere Maschine ausgedacht, um die Fransen der Damen-
tüchel zu kräuseln. Diese Art fand solchen Anklang, daß sich nach der Selbstbiographie auch andere Unter-
nehmungen darauf einrichten mußten. Im jahre 1818 wurde ein "Regulateur" ausgeführt, der es ermöglichte,
die Fadenabstände bei besonders feinen Diinntüchem ganz genau einzuhalten, und zwar nicht nur in der
Längsrichtung, sondem, was viel schwieriger ist, auch in der Querrichtung; dieser Apparat ließ sich auch für
andere Stoffe verwenden. Bei der Auflösung der Fabrik wurde diese Vorrichtung vom Seidenzeugfabrikanten
Hummel erworben. Über den Regulator im allgemeinen siehe Bartsch, a. a. 0., 1182, Seite 176.
Im Jahre 181g wurden Verbesserungen in der Chenilleweberei vorgenommen, wonach es möglich war,
eine Aufsehen erregende Art Damen-Bajadere aus bunter mit Gold und Silber durchwirkter Chenille herzustellen.
"Die Beschreibung dieser Maschine für Chenille ist in unserem Maschinennotizenbuch umständlich ent-
halten"
Auch bemühten sich die Brüder, da sie bei Schmuggelfällen gewöhnlich zur Beurteilung herangezogen
wurden, ein Mittel zur Verhindenrng dieses weitgreifenden Übels zu finden sie glaubten den Zweck dadurch zu
erreichen, daß jeder Fabrikant ein Fakturenbuch mit fortlaufend numerierten Angaben der Erzeugnisse zu
führen und jeden Gegenstand, auch wenn er nur in Teilen in den Handel käme, mit dieser und einer zweiten
Nummer zu versehen habe, die der Fabrikant in einem allgemeinen Fabrikantenschematismus erhalten sollte.
Einen ähnlichen Vorschlag von Keeß und Bujattis Bedenken dagegen siehe bei Bujatti, Seite 56.
I1 Seite 186 7.
Ein doppeltes Diinntuch ist in der Sammlung des Museums erhalten, kiime in der Abbildung aber
nicht zum Ausdrucke. Vergleiche auch Keeß, ebenda Seite 296, und Bartsch, a. a. 0., Seite 254, Gaze Bajadeur".
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Abb. 45. "Kirchenstoff aus der Sammt- und Seidenzeugmanufaclur der Herren A. Fries und Zeppezauer in
Wien. 1837." Gold lanciert auf weißem Grunde. der wirklichen Größe Öszerr. Museum
wären Ufaconirte, jour gearbeitete und glatte Sarnte" sowie Diinntuch-,
Braut- und Ballkleider mit Borduren und dergleichen Dessein, dessen Gestalt
wie Blondspitzen sich täuschend darstellten" zu erwähnen, auch tiger-,
chinchilla-, hermelin-, bärenfellartige und Phantasieplüsche für Besätze und
Futter von Damenwintermänteln Abb. 22 und 23, endlich schwere moirierte
Gazestoffe für Damenkleider, wovon das erste Kleid an die Kaiserin Marie
Louise verkauft wurde.
Das Unternehmen befand sich in wahrhaft blühendem Zustande, als
Paul Mestrozi im März des Jahres 1821 in eine schwere Krankheit verfiel,
die zunächst die Augen, dann das Haupt ergriff und immer bedenklicher
wurde. Ende des Jahres glaubte der Kranke sein Ende so nahe, daß er mit
seinem Bruder alles wegen der Familie ordnete; doch besserte sich der
Zustand, so daß er im Frühjahr 1822 zur Erholung nach Baden bei Wien
gebracht werden konnte. Er blieb aber leidend und so geschwächt, daß er
die Auflösung des Geschäftes schon als unvermeidlich vor sich sah?"
Er hatte damals drei Kinder die bereits erwähnte Ludmilla,Paul.gcb0ren l81g,Moriz, geboren 1820. julius
Victor wurde erst 1831 geboren. Von Paul Mestrozi, dem Sohnqwissen wir nur, daß er Ende der sechziger jahre
eine Srrohhurfabrik HP. Mestrozi, vormals A. Trank", Ecke der Neustiftgasse 63 und Neubaugasse 80 besaß.
am. wniel-Nßiltäßi"
4,. Es; Durch fast anderthalb
Jahre ruhte die Sorge um
das Unternehmen allein auf
den Schultern des jüngeren
i. Bruders Vitale. Langjäh-
riges Übermaß an Arbeit,
8x wohl auch der Gedanke an
die Trennung der Brüder,
die bis dahin so einträchtig
51x zusammengehalten hat-
x95; i. ten, wirkte nun auf den
"S11 Jüngeren in solchem Maße
niederdrückend, daß sich
4,3" auch bei ihm eine schwere
Krankheit einstellte und
'51 den noch nicht Neunund-
vierzigjährigen nach we-
nigen Monaten am 6. März
1823 hinraffte. Vitale hatte
aber selbst noch wenige
1x. dpy, Wochen vor seinem Tode
Qvsk dem älteren Bruder drin-
gend nahegelegt, dasUnter-
nehmen aufzulösen, damit
er sich selbst schonen und
a-gj- den Angehorigen langer er-
halten könne
Bei der Regelung der
Geldverhältnisse der Brü-
NX der untereinander, die kurz
"t. vor dem Tode Vitales statt-
MGÜ IV" fand, werden uns drei Zeu-
I1
gen genannt, von denen
f. wenigstens zwei eine ge-
11..
v1.4 wisse Teilnahme in An-
rv s.
ab; Spruch nehmen Sebastian
im "51, Vitale, der unvermäblt geblie-
14a v5 3A ben war, trat Paul noch im Februar sein
lVJ, ganzes Vermögen ab, wogegen dieser
ä-a "YSÜQTT-Q der Stiefmutter Anna Mestrozi, gebore-
nen Mayenjährlich 150a Gulden Wiener
Abb. 46. "Reicher Kirchenstoff, nach einer Preiszeichnung von Herrn Währung auszahlen sollte. Um dieses
Prof. Rößner, verfertiget von J. Lemann, in Wien 1841." Brokat, Erträgnis gesondert zu sichem, wurde
verschiedene Goldsortemworunter auch weitläufig gesponnene Metall- im Jahre 1827 das sogenannte Me-
iäden mit braunen Seidenumrissen, und farbige Seide. der wirk- strozische Haus" josefstadi, Herren-
lichen Größe Österr. Museum gasse x89 erbaut.
Kargl, Seidenzeugfabrikant und Hausinhaber im Schottenfeld Nr. 44x, und
Franz Käßmann, akademischer Bildhauer und Hausinhaber zu Mariahilf
Nr. 20. Dieser war Vater des Bildhauers und Akademieprofessors josef
Käßmann und zeitweise auch Vertreter seines Sohnes an der Akademie?
Es erscheint uns nicht ganz belanglos, zu sehen, daß nicht nur ein Berufs-
genosse, sondern auch ein Künstler zum engsten Freundeskreise der Brüder
Mestrozi gehörte. Paul machte nach dem Tode des Bruders im Sommer x82
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Abb. 47. "Kirchenstoff", broschiert mit farbiger Seide und weitläufig mit Gold umsponnenem gelbem Seidenfaden
auf weißem Grunde. Gegen der wirklichen Größe. Von Anton Fries in Wien, 1535 Österr. Museum
noch den Versuch, sich in Karlsbad wieder herzustellen; doch kam er ganz
erschöpft von der Reise zurück.
Tief bedrückte ihn auch, daß er nicht recht wußte, was mit dem Koloß
der Fabrik" geschehen sollte; denn er hatte keine Aussicht, einen Käufer
zu finden, der genügende Tatkraft besäße, das Ganze zu übernehmen.
Es war sehr schmerzlich für ihn, ein Unternehmen, das er 33 Jahre
vorher unter den schwierigsten Verhältnissen begründet und trotz vieler
Fährlichkeiten durch Fleiß und Unternehmungsgeist zu ungeahnter Blüte
gebracht hatte, wieder zerfallen zu sehen. Bei der Auflösung der Fabrik,
die nur stückweise erfolgen konnte, waren große Verluste nicht zu ver-
Vergleiche Theodor Lort, "Die k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien", Wien xßgz, Seite 88.
30x
meiden? immerhin muß Paul Mestrozi ein sehr wohlhabender Mann geblie-
ben sein. So hebt er noch im Jahre 1830 in seinem Adelsgesuche hervor,
daß er das der Standeserhöhung angemessene, ansehnliche Vermögen"
besitze.
Allerdings finden wir doch eine Art Nachfolger der Brüder Mestrozi; so
erwähnen Keeß und Blumenbach" im jahre 1829 unter den "befugten Fabri-
kanten" als hervorragend Ludwig Riedelmann seit 1817, der nun die
vormahls Mestrozische Seidenzeugfabrik betreibt". Wie das Verhältnis war,
ist uns nicht ganz klar geworden; wahrscheinlich hat Riedelmann richtig
wohl Rüdelmann einen Teil der früheren Fabriksräume übernommen.
Das große aus drei Teilen bestehende Fabriksgebäude wurde nämlich
umgebaut. Mestrozi berichtet hierüber Ich entwarf mir hiezu die Pläne,
nach welchen im December 1823 der Veränderungsbau angefangen und im
April 1824 vollendet war, folglich auch anfangs May 1824 ebenfalls als
Seidenzeugfabrik bewohnt worden ist." Siehe Abb.
Nach diesen Worten und nach den vorhergehenden Meldungen über
den Verkauf der Maschinen und andem Einrichtungen scheint es sich bei
Rüdelmann also mehr um eine räumliche Nachfolge zu handeln.
Mestrozi widmete nun seine Zeit hauptsächlich der Erziehung seiner
Kinder, von denen zwei als "Seidenzeugmacher" und später auch als Band-
macher aufgedungen und freigesprochen wurden, sowie dem tätigen Rück-
blicke auf sein früheres Schaffen, wodurch er zugleich wohl auf seine Kinder
aneifernd wirken wollterl-
So legte er in den Jahren 1824 bis 1826 eine technisch geordnete Samm-
lung aller Gattungen Stoffe an, die er während seiner ganzen Schaffenszeit
zustande gebracht hatte. Es waren gegen 10.000 verschiedene Seidenstoff-
muster, dann gegen 3000 bedruckte Stoffe sowie mehr als 2000 eigenhändige
Manufakturzeichnungen worunter nur 150 Kopien, weiters mehrere tausend
in der Fabrik gebrauchte Quadrigatzeichnungen und eine bedeutende Samm-
lung von Zeichnungen zu seidenen Spalierstoffen, schließlich gegen 2000
Kupferstiche, die seinerzeit wohl als Anregungs- und Studienmaterial
gedient hatten.
Übrigens hatte er auch schon früher zu wiederholten Malen Zusammen-
Stellungen seiner Erzeugnisse gemacht, so bereits im Jahre 1819 für Keeß,
als dieser die bekannte Sammlung für den Kronprinzen Erzherzog Ferdinand
Für Fabriksgerätschaften allein waren im Verlauf der jahre fast 160.000 Gulden ausgegeben worden.
Für den größten Teil wurde eine freiwillige Lizitation abgehalten, die aber sehr verlustreich war. Auch wirkte
der Rückgang der Rohseidenpreise um ein Drittel gerade während der Geschäftsauflösung auf die reichen
Lagerbestände zurück. Paul Mestrozi berechnet insgesamt einen Verlust von fast 194.000 Gulden.
A. a. 0., Seite 458.
Beiläufig bemerkt, wurde der Besitz auch noch 1830 und 1835 vergrößert. Die Notiz bei W. Kisch,
"Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten", Wien, 1895, 2. Band, Seite 476, ist wieder irreführend.
B24 und 18a unternahm er seiner und seiner Frau Gesundheit halber Reisen nach Karlsbad, 1826 eine
Erholungsreise nach Linz, wo er auch die dortige Manufaktur besuchte und die Nachwirkungen seiner eigenen
Tätigkeit verfolgen konnte. Von äußeren Ereignissen seines Lebens möchten wir nur noch hervorheben, daß er
sich im Jahre 1838 aus gewissen Zweckrnäßigkeitsgründen um das Wiener Bürger-recht bewarb und es auch
noch in demselben jahre erhielt.
357
zusammenstellteß dann auch zu Keeßens eigenem Gebrauche. Zu Keeß
scheint überhaupt ein sehr enges Verhältnis bestanden zu haben; denn
Mestrozi berichtet, daß dieser ihn offenbar durch längere Zeit fast alle vier-
zehn Tage in der Fabrik aufgesucht habe.
Im Jahre x8rg wurde auch der Sammlung des neugegründeten Poly-
technischen Institutes eine Anzahl von Mustern nicht unbeträchtlichen
Wertes übergeben. Im Jah-
re 1822 überließ Mestrozi
ferner dem bekannten Arzte, T.
Naturforscher und Sammler
Dr.AntonRolleteine Samm-
lung für sein Museum.
1830 erhielt Grabner
eine Mustersammlung von
75 Stuck zu eigenem Ge-
brauche und ein eingerahm-
tes Stück der Kinskyschen
Borte von 1793 für die Manu-
fakturzeichenklasse. Auch
der Lehrer dieser Klasse 'i'vfi..
Stenzel empfingim genannten Eiiijf
Jahre 82 Muster als sein ihr; 1,141
Eigentum. "Ifffä
Im Jahre 1830 stellte
Mestrozi noch drei verschie-
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seinerzeitvon ihm erzeugten
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men, jede, wie er sagt, in
zwei Pracht Folio Bän-
den"; in jedem sechs sehr
elegante Einlagstafeln, auf
denen die Mustern aufge-
"age" Waren" Bei im" 213511133233Ällkißiiäfii;dYSZFEI?Llilliiniliilizldfi
Sammlung befand sich aUCh mit Mestrozis eigenhändiger Unterschrift Ösrerr. Museum
ein ei ener Katalo Eine
dieser ärei Sammlunggen bestimmte er für den Kaiser von Rußland, eine für
den König von Preußen, eine für den König von Bayern und beabsichtigte,
sie 1831 abzusenden. Wir führen diese Sammlungen und Schenkungen auch
deshalb an, weil manches davon vielleicht wieder auftaucht und dann
leichter bestimmt werden kann.
Auch Bujatti, der in seiner Jugend mit Mestrozi noch persönlich ver-
kehrte und mit großer Hochachtung von ihm spricht, hebt seinen Eifer
In den Jahren 1829 und x83o gelangten weitere Stücke dahin.
388
im Sammeln und Aufbewahren
der Erzeugnisse seines Hauses
hervcllat
jkkä. Uber die Mestrozische
s. Sammlung" unseres Museums
haben wir schon oben Seite 360
gesprochen.
311i, Ganz konnte der rastlose und
g. geSChäftsl-rundige lViann allerdings
R91 nicht auf ein unmittelbar tatiges
Leben verzichten. Ein Feld hier-
Tim". für scheint er später hauptsäch-
lich in dem Unternehmen seines
Schwiegersohnes gefunden zu
habe? 1m lahm 133" helräm
nämlich, wie bereits erwahnt
worden, seine Tochter Ludmilla Anna den bürgl. I-Iandelsmann und
k. k. priv. Tull-, Anglais- und Spitzen- Fabriks-Inhaber" Ludwig Damböck.
Dieser hatte sich schon im Jahre 182g mit dem Gedanken getragen, eine
Spitzenfabrik zu gründen. Mestrozi griff hier nun offenbar nicht bloß mit
Geldmitteln fördernd ein, sondern auch mit seinen Erfahrungen, die er auf
verwandtem Gebiete gesammelt hatte, so daß wir seinen Namen mit an die
Spitze der österreichischen Maschinspitzenerzeugung setzen müssen."
Vergleiche Abb. 50.
Ob das bereits erwähnte Bemühen Mestrozis, den österreichischen Erb-
adel zu erlangen, mit dieser Heirat irgendwie in Verbindung steht, wissen
wir nicht. Für uns ist es aber nicht unwichtig, daß Mestrozi bei dieser
Gelegenheit, also sechs bis sieben Jahre nach Auflösung seiner Fabrik, dem
Kaiser in einer Privataudienz einen selbstgewebten Stoff überreichte, den
wir hier in Abbildung I2 bringen können.""'""
Bujatti, a. a. 0., Seite x30.
Slokar, a. a. 0., Seite 178. Der Bobbinetstuhl fand in Wien durch Ludwig Damböck
Eingang."
Ausführliches über Dambück in dem noch zu besprechenden Bericht über die Ausstellung vom jahre 1835,
Seite 49 und 50, sowie auf Seite 52 über "Damböcl und Fiber" in Lettowitz und andere mit ihm verbundene
Fabriken. Bemerkenswert ist auch, daß sich in der Mestrozischen Sammlung des Österreichischen Museums
auf Tafel Z. x57 eine "Mestrozi" unterfertigte Zeichnung Endet, die in außerordentlicher Vergrößemng die
Fndenfdhrtmg des Tülls zeigt, wobei auch zwei ausgeführte Proben aufgeklebt sind. Über Ältere Versuche in
dieser Richtung in Österreich siehe Keeß, Blr, Seite 46g, sowie Keeß und Blumenbach, Seite 5x2. Nach
Mestrozis Angabe wurde die Dnmböcksche Fabrik im jahre x83! in Hemsls Wien eingerichtet, 1830 und 183i
waren schon sechs Kunstmaschinen tätig. Mestrozi kaufte dann "auf der Windmühle" ein Haus, ließ es nieder-
reißen und im Jahre 183 nach seinen Plänen ein eigenes zweckmißiges Fabriksgebiude aufführen. Eine
Erweitening fand irn jahre x837 mit Unterstützung Mestrozis statt.
Selbstbiographie Seite 235. Es ist "ein sehr schwer gearbeiteter Grosdenapel, das ganze große darinn
beündliche Deseing ist von feinem Gold eingearbeitet, und unten am Ende ist mit eben diesem Gold der
Nshme Gebrüder Mestrozi in Wien eingearbeitet. Dieses goldreiche Spalierrnuster geruhte Se. Majestät zu
würdigen und nach Verlauf etlicher Tage zur Bestindigen Aufbewahrung in das k. k. polytechnische Produkten-
Kabinets-lnstitut zu übersenden." Im lnventare dieser Sammlung findet sich auch der entsprechende Zuweisung-
Vermerk.
In die Jahre nach Auflösung der
Mestrozischen Fabrik fällt, wie gesagt,
auch die Abfassung der Lebensbeschrei-
bung. 233-.
Auf etliche Eigenheiten dieser
Selbstbiographie haben wir schon ge- Ürä
legentlich hingewiesen. Wir müssen
aber sagen, daß sie sich im ganzen,
besonders in den späteren Teilen, wie
eine Art Verteidigungs- oder selbst
Karnpfschrift liest. Bekanntlich bieten i.
Verteidigung und Abwehr in Wort und
Schrift den gewaltigen Vorteil, daß sie
uns fast allein ermöglichen, uns selbst
zu loben und unsere Verdienste nach
Gebühr ins Licht zu setzen. Das war
aber gewiß nicht der Ausgangspunkt
für Mestrozi, sondern er fühlte sich wirk- wäar-Zäiiäiäixl,Mimeirfliliiir.
lich gekränkt und scheint während der
Abb. 50. Nach Carl Grafen Vasquez, Plan der Stadt
Jahre der Abfassung Semer Lebensbe" Wien und der Vorstädte,BlattuMariahilf"Stein-
schreibung immer mehr in dieses Gefühl gasse, im Webgnsse
hineingekommen zu sein.
Gewisse kleine Eitelkeiten wollen wir kaum erwähnen, so, wenn er
seine Ehrenstellen und die Besuche von Erzherzogen und andern hohen
Persönlichkeiten mit größter Genauigkeit aufzählt. Anderes läßt aber tiefer
blicken, so, wenn er betont, daß er auch in den bedrängtesten Zeiten mit
Opfern und aus vaterländischer Gesinnung fortgearbeitet habe. Es macht
ganz den Eindruck, als kränkees ihn, daß Keeß im Jahre 1820 ähnliches
bei Andre und I-Iornbostel hervorhebt, bei ihm aber nicht?"
Auch war es ihm gewiß peinlich, daß die Fortsetzung des Keeßischen
Werkes, die im Jahre 182g, also vor Abschluß der Selbstbiographie,
erschien, ihn, den früher wiederholt gerühmten Mann, nun, wo er sich vom
tätigen Leben zurückgezogen hatte, kaum mehr erwähnte. Vor allem scheint
ihn aber eschmerzt zu haben, daß er den im Jahre 1830 angesuchten
Adel nichtg erlangen konnte. Sein Anspruch gründete sich seiner Meinung
nach wohl hauptsächlich darauf, daß er durch seine Tätigkeit die österrei-
chische Industrie gehoben und dem Vaterlande durch den Ersatz der Einfuhr
Millionen Goldes erhalten habe.
Was die Ursache der Abweisung war, konnten wir nic estste en.
Adelsarchive sind die Akten zwar erhalten; es ist aber strengstens untersagt,
die Begründungen der Entscheidungen durchzusehen. Und es ist undankbar,
Vermutungen auszusprechen, wenn die Lösung gewissermaßen neben uns
in einem Kästchen ruht und andere dazu den Schlüssel haben. Leider
Vgl. Keeß, n. n. 0., Hi, Seite 301.
SO
scheint Mestrozi in jenen Jahren nicht den Humor gehabt zu haben, sich
über Enttäuschungen hinwegzusetzen.
Man hat die Selbstbiographie Mestrozis wohl ergreifend gefunden. Auch
uns erschien sie so; aber nicht so sehr, weil beim Tode des Vaters Not
herrschte; denn daraus haben sich die Brüder mutig herausgearbeitet. So
etwas wirkt dann eher erhebend. Auch daß ein Geschäftsmann durch Über-
arbeitung krank wird, ist eigentlich nicht erschütternd. Aber wir müssen
sagen, daß es für uns weniges gibt, was uns einen betrübenderen Eindruck
machte, als einen tüchtigen Mann verfallen und die Grenze der ruhigen
Überlegung sagen wir des Erhabenen verlassen zu sehen.
Es kommt uns allerdings nicht befremdlich vor, daß ein Geschäftsmann
jener Tage nicht orthographisch schreiben kann. Wir finden es auch nicht
lächerlich, daß ein Mann, wie er, sich bei seinem steten Vorwärtsstreben
wohl über manches den Kopf zerbrochen hat, was bei regelmäßigerer äußerer
Bildung viel leichter zu haben gewesen wäre; wir achten es nur, daß bei ihm
alles auf Selbstdenken und eigener Erprobung beruhte. Er hatte freilich nicht
immer den richtigen Maßstab dafür, daß gewisse Ideen eben in der Luft
lagen, daß er doch nur Anregungen anderer ausbaute, und daß andere unab-
hängig von ihm auf gleiches oder ähnliches kommen konnten. Aus all dem,
aus seiner Kränklichkeit und Gereiztheit erklärt sich wohl auch eine gewisse
Gehässigkeit gegen andere Vorwärtsstrebende, wie Waldherr und Bausemer
es waren.
Wir sagen dies alles natürlich nicht, um Mestrozi irgendwie herab-
zusetzen, sondern um sein Bild von den Übermalungen zu befreien, durch
die er es selbst entstellt hat, um ihm die richtige Stellung in der gesamten
Entwicklung der Wiener Webekunst zuzuweisen und um diese selbst klarer
erscheinen zu lassen.
Erfreulich ist auch, daß durch alle Entstellungen die Gestalt des tüchtigen
Mannes immer wieder hindurchblickt, ein Typus jener Tage mit all der
kleinlich bürgerlichen Beschränktheit, aber auch mit wahrem Lebensernste
und allen häuslichen Tugenden.
Daß Mestrozi die bildende Kunst pflegte wenigstens durch Beitritt in
einen Verein und daß er auch dichterische Versuche unternahm wenig-
stens nach dem Tode des aufrichtig von ihm verehrten Bruders, das ist für
einen geistig angeregten Mann jener Zeit fast selbstverständlich; seine Liebe
zur Musik mag aber zu seinem tieferen Wesen gehört haben wie wir schon
vemahmen, ist einer seiner Nachkommen ja auch von Beruf Musiker
geworden. Und an seinem Kunstsinne und Geschmack im allgemeinen
dürfen wir jedenfalls nicht zweifeln"
Dem x83 gegründeten Vereine zur Förderung der bildenden Kunst trat er sofort bei; auch wurde er
"beständiges Mitglied des Kirchenmusikvereines zu St. Laurenz im Schottenfelde". Dieser x82a gegründete
Verein war der erste organisierte Kirchenmusikverein Wiens. Die Schottenfelder Kirche selbst war übrigens
dadurch berühmt, daß sie mit ihrer 1790 verferügten Orgel das beste Werk dieser Art in Wien besaß.
Über den Todestag Paul Mestrozis sind wir leider nicht unterrichtet. Wie uns der hochwiirdige Herr fürst-
erzbischöfliche geistliche Rat und Pfarrer von Schottenfeld P. Robert Tursky freundlichst mitteilt, findet sich in
den Sterbematriken der Schottenfelder Pfarre bis zum Jahre 1847 kein den Tod Paul Mestrozis betreffender
Mit der Auflösung des Mestrozischen Unternehmens ist jedenfalls eine
der wichtigsten Seidenfabriken vom Wiener Boden verschwunden, und
es war daher wohl berechtigt, bei der Entwicklung dieses Hauses etwas
länger zu verweilen. Es zeigte sich uns gewissermaßen das Streben
einer ganzen Zeit auf einem bestimmten Gebiete in dem Wirken einer
oder zweier Persönlichkeiten vereinigt, einer Zeit großer Kämpfe, die all-
mählich erst zu ruhigerem Genießen überführte. Denn, wir dürfen es hier
wiederholen, wenn Bujatti über die glücklichen Entwicklungsbedingungen
der Gewerbe des "Brillantengrundes" spricht, so trifft dies gerade für
Mestrozi doch nur in beschränktem Maße zu. Bei ihm und auch bei andern
war es, wie früher schon angedeutet, doch mehr als die bloße Gunst
des Schicksals, vom von fast
gerade in einer unbewußtem
bestirnmtenZeit Geschmacke
und an einem 4. wzäfi; undzwangloser
bestimmtenOr- V5" Anmutalledie-
te zu leben; al- -.l se Vorbedin-
le Schutzzölle .3 ßfj gungen hätten,
undpolitischen so wichtig sie
Ereignisse, al- auchwaren,nie
le Anregungen solche Erfolge
durcheineStadt glizNaffl-ii Vfnf; erzielt, wären
vollnatürlicher 21-3 beim einzelnen
und künst1eri- miiuäidäüh nicht so oft er-
HUB!!! Publik Hrnljllm anmrr.
scher Reize, erbte Überlie-
durch einever- ferung, stren-
feinerte Geselb Abb. 5x. Nach Carl Grafen VasqueLPIan der Stadt Wien und ge handwerk
schaftydurch ein der Vorstadte, Blatt "Manalnlf" liche undkünst-
lerische Schulung, Erfindungsgeist und bei aller Freude am Leben eine
unermüdliche Arbeitskraft und Arbeitslust hinzugetreten.
Von den Fabriken, die nach Mestrozis Rücktritt in Wien als die bedeu-
tendsten galten, wären nach Keeß und Blumenbach etwa die folgenden zu
nennen? zunächst die stets hervorragende von Hornbostel," dann die erst
im Jahre 1823 begründete Fabrik von Joseph Amon, die sich bald aber zu
einer der größten entwickelte.""'"" Dann werden hervorgehoben Alexander
Vermerk. Auch die Totenbücher der Stadt Wien verzeichnen bis zum Jahre 1840 Paul Mestrozi nicht; dies
nach glltiger Mitteilung des Kustos der Wiener städtischen Sammlungen Herrn Alois Trost.
Man wird es übrigens wohl entschuldbar finden, wenn wir bei den gegenwärtigen schwierigen Verhält-
nissen einige Fragen weniger verfolgt haben, als es unter andern Umständen wohl geschehen wäre. ln diesem
Falle handelt es sich übrigens um kein entscheidendes Datum, da wir Mestrozis Leben, das vielleicht gar nicht
in Wien abschloß, wenigstens bis zur Auflösung seines Unternehmens und selbst darüber hinaus verfolgen
und seine eigenen Angaben fllr diesen Zeitraum vielfach überprüfen konnten.
A. a. 0., Seite 45g. Die Angaben beziehen sich auf den Anfang des Jahres x8a7.
Das Haus bestand durch 12a jahre bis 1890, siehe Bujntti, Seite 58, Anmerkung. Über Theodor Hom-
bostel 1815-1888 daselbst Seite 1x5, Anmerkung.
Die schon länger bestehende Fabrik von Samuel Murmann erzeugte fast nur glatte Stoffe.
391
Schmidt seit 1825, Johann Matz 8rCie. seit 1825, Georg Bujatti seit 1826,i'
Friedrich Billhuber seit 1821, Joseph Fink, Anton Fries u. Cie., die Brüder
Johann Michael und Franz Michael Hirsch, Lorenz Milman seit 1825. Diese
und andere waren "landesbefugte" Fabrikanten. Unter den "bürgerlichen"
und "befugten" werden besonders erwähnt Joseph Fürgantner Vgl. Abb.
der auf Jacquardstühlen Seiden-, I-Ialbseiden- und besonders Modestoffe aus-
führte, dann Ignaz Beywinkler seit 1808, dessen Erzeugnisse als herrlich
bezeichnet werden Abb. Johann Hell, Ludwig Rüdelmann seit 1817,
der schon früher erwähnte Nachfolger Mestrozis, Alexander Daumas seit
181g, die Brüder Gießauf seit 1812, Peter Vesti seit 1814. Hervorzuheben
wären auch die Gebrüder Bader und Albert Kastner.
Erwähnt seien ferner Michael Sottil Sotil, der 1822 auch ein Privileg
auf Verbesserung des Seidenwerkzeugstuhles erhieltjw" Johann Faßbender-f
und der als Neuerer schon genannte Griller, der in seiner späteren Zeit
eine Webereischule in der Mariahilferstraße leiteterH
Begreiflich ist es, wie bereits früher gesagt, daß durch die Einführung der
neuen Maschinen der Kleinbetrieb immer mehr zurückgedrängt wurde; in
den vierziger Jahren war der Sieg des Großbetriebes anscheinend ent-
schieden.
Nach dem von uns bereits wiederholt angeführten Denkbuch der Pfarre
und Kirche zum heiligen Laurenz im Schottenfelde Seite 19 H. gab es im
Jahre 183g in dieser Vorstadt allein noch gegen 300 Seidenzeug-, Samt- und
Dünntuchmacher, unter denen eine ganze Reihe der von uns schon erwähnten
als hervorragend mit Namen angeführt werden; wir nennen danach außer den
schon mehrfach hervorgeho-
benen für Seidenzeuge Franz
Soini, Tobias Biehler und Carl
Tobias Biehler, Johann Faß-
bender; fur reiche schwere
.441,
Siehe Seite 32g, Anmerkung.
EX Dann Stephan Ziegler seit 1788
der gute Samte, Johann Sieß seit 1784,
der viele leonische Bandzeuge lieferte.
"hi Eine sehr merkwürdige Weberei
ggfä" des Michael Sotil aus dem Jahre 1808
pi? besitzt Herr m. Albert Figdor in Wien. In
11 M1 u. 1,75"- der eingewebten Inschrift wird unter an-
derern der früher erwähnte Stephan Ziegler
"via," als Ob. Vorsteher" genannt. Wir hoffen
uii Hi. ';ß1PYl dieses bemerkenswerte Stück bei anderer
ifii Gelegenheit veröffentlichen zu können.
Zu Karl Sottil vgl. Abb. 3a.
Bujatti, a. a. 0., Seite gB.
ueggjqh Bujatti, a. a. 0., Seite 107.
rN-yv"t i-H Über die technischen Neuerun-
gen haben wir größtenteils schon oben
1112;,- ÄiÄPÄEZ-miärßligqimm Seite 356, Anmerkung gesprochen. Filr
etwas spätere Zeit vergleiche man auch
Bujatti. a. a. 0., Seite 103, und Slokar,
und Residenzstadt Wien" Seite 399.
393
Zeuge Franz Kargl, Johann Kast-
ner, Albert und Adam Kostner,
Anton Leydold; für Modewaren
Wenzel Ritter, Joseph Nigri, .0
Franz Kellner; für Seidentiichel iä
Anton Chwalla und Johann He- Es
benstreit. Wir kennen naturlich 1251-,
nicht sagen, ob es sich bei all den .2
Angeführten nur um technisch
oderauchumkiinstlerischhervor- '54 r.
r.
ragende Leistungen handelt; w1r m11
wollen deshalb auch die Erzeuger
rq 19,.
von Samten, crorsierten schweren .4
425.291,15
und Atlaszeugen, bei denen nichts
Abb. 53. Nach iCarl Grafen Vasquez, Plan der Stadt Wien
Näheres bemerkt 1st, hler uner und der Vorstädte, Blatt "k. k. Polizey Bezirk St. Ulrich"
wahnt lassen.
Mit besonderer Auszeichnung" wird aber des bürgerlichen Seidenzeug-
fabrikanten Franz Bernard gedacht, dessen technische Verbesserungen der
Maschinen und persönliche künstlerische Betätigung gerühmt werden; doch
mag Bernard dem Priester vielleicht als Wohltäter der Kirche noch näher
gestanden haben
Nebenbei bemerkt, gab es in dem Pfarrsprengel auch wichtige Fabriken
für Chenille," Petinet- und Strumpfwirkerarbeiten, Posamentierer, Gold- und
Silberdrahtzieher.
Von einer Anzahl der hier Genannten ist es uns möglich, Abbildungen
gesicherter Arbeiten zu bringen; sie stammen zum großen Teile von der
Gewerbeausstellung des Jahres 1835, über die Slokar a. a. 0., Seite 24a
des näheren berichtet Abb. 56. Die Leitung dieser Ausstellung, die noch
unter Kaiser Franz vorbereitet, jedoch erst unter seinem Nachfolger Kaiser
Ferdinand vollendet wurde, lag hauptsächlich in den Händen von Stephan
von Keeß, I-Iornbostel und Leitenberger; es wurden diese übrigens später
auch Gründer des Niederösterreichischen Gewerbevereinsßq"
Diese Ausstellung des Jahres 1835 stellt einen Höhepunkt in der Ent-
wicklung dar, die nun noch einige Zeit in glücklicher Weise anhält, so daß
Unter den Wobltitern der Kirche werden in dem erwähnten Denkbuche Seite 49 H. unter andern
unter den im Jahre 183g Lebenden noch genannt Sebastian Kargl, emeritierter Vorsteher des bürgerlichen
Seidenzeugmacher-Mittels; Anton Chwalla; Albert und Adam Kostner; Joseph Braun, erster Vorsteher des
bürgerlichen Seidenzeugrnacher-Mittels. Leider sind die alten Kirchengewänder und Fahnen nach giitiger
Mitteilung des bereits erwähnten hochwürdigen Herrn Pfarrers P. Robert Tursky nicht mehr vorhanden, da die
vorhandenen Bestände der Pfarrkirche alle erst in den Anfang der fünfziger Jahre des XlX. Jahrhunderts
zuriickreichen.
Joseph Buchrnüller. Über diesen auch im Denkbuche, Seite 79. Über Barth. Moschigg siehe
Mestrozi, Seite 248.
Bujatti, a. a. 0., Seite xzo, Anmerkung.
Ein ausführlicher "Bericht über die erste allgemeine österreichische GewerbeproduktenaAusstellung im
Jahre 1835" ist seinerzeit in Wien gedruckt bei Carl Gerold erschienen ohne Jahresangabe. Es finden sich
hier verschiedene Angaben über Hornbostel Seite 78 Hi, Beywinlder Seite 80, Alexander Daumns Seite 8x.
wir hier die Gelegenheit zu einem Rückblicke finden, ohne uns noch mit
dem späteren Abstiege beschäftigen zu müssen, obgleich die Ursachen des
späteren Wandels zum Teil natürlich schon in diese Zeit zurückreichen.
Eine Behandlung der späteren Zeit dürfte sich aber nicht auf Wien
beschränken, da nicht lange nach diesem Zeitpunkte die Übersiedlung der
Seidenfabriken in die Provinz begann.
In vereinzelten Fällen wollen wir mit den Abbildungen allerdings über
den erwähnten Abschnitt etwas hinausgehen. Wenn wir unsere bildlichen
Belege jedoch zumeist erst der Zeit nach dem Jahre 1800 entnehmen, so
geschieht dies einerseits deshalb, weil damals erst die eigentliche Blüte der
Wiener Weberei begann, andrerseits aber auch, weil wir von wenigen
Ausnahmen abgesehen erst von dieser Zeit an wirkliche Beweise für die
österreichische und im besondern für die Wiener Herkunft der Stücke
besitzen. Denn es ist begreiflich, daß sich die älteren Arbeiten der damals
führenden französischen Textilkunst häufig so eng anschlossen, daß ohne
äußere Beweise eine bestimmte Zuweisung nicht möglich ist. Immerhin
haben wir gesehen, daß auch bei den früheren Arbeiten keineswegs bloß an
Nachahmungen zu denken ist; wir erinnem nur an die Stoffe des ehemals
Czerninschen Palastes. Doch reicht unsere Kenntnis im allgemeinen noch
nicht hin, für jene Zeiten das Einheimische vom Fremden künstlerisch zu
scheiden.
Aber auch für die späteren Jahre wagen wir es bei der Stilaus-
geglichenheit, die der Kunst jener Tage vielfach eigen ist, einstweilen
noch nicht, bestimmte künstlerische Kennzeichen der Wiener Arbeiten
anzugeben.
Es fehlt uns dazu vor allem das genügende Vergleichsmaterial, da uns
von Erzeugnissen anderer wichtiger Fabrikationsorte heute noch zu wenig
Gesichertes vorliegt. Man kann ja zum Beispiele bei einigen italienischen,
tirolischen und andern Stoffen unserer Sammlung bereits Geschmacks-
unterschiede erkennen, die teilweise wohl in der künstlerischen Auffassung,
teilweise auch in der Verschiedenheit der Bestimmung der einzelnen Erzeug-
nisse beruhen; diese Erkenntnis und einige Veröffentlichungen von Lyoner,
Franz Kargl Seite 85,J. Lemann und Sohn Seite 86, Josef Nigri Seite 89, Georg Bujatti Seite 91, Leopold
Dcrfleutbner Seite 92, Gebrüder Hirsch Seite 94, Wilhelm Bartsch junior Seite 97, Anton Fries und
Zeppezauer Seite 98, Johann Kastner Seite 100 und andere.
Wir verweisen hier auch gleich auf den Bericht über die zweite allgemeine österreichische Gewerbs-
Produkten-Ausstellung im Jahre 183g" Wien 1840, aus der k. k. Hof- und Staats-Aerarial-Druckerei. Auf
Seite 288 ff. sind von Wiener Seidenwebem unter andern angeführt Johann Herzig, Albert Kostner, Gebrüder
Bader, Josef Winter, Maria Kolb, Hombostel Compagnie, Johann Faßbender, Leopold Dorfleuthner, J. Breuer
und Söhne, Friedrich Siebert und Sohn, Josef Fink, Ignaz Gießauf Halbseidenzeugfabrikant, auch schon 1835.
lgnaz Beywinkler, Gebrüder Hirsch, Franz Petter, Alexander Daumas, Josef Nigri, Alexander Bellon. Über
Philipp Hans siehe Seite 243 und anderwäirts.
Der "Bericht über die dritte allgemeine österreichische Gewerbe-Ausstellung in Wien 1845" Wien,
1846, gedruckt und im Verlage der k. k. Hof- und Staatsdruckerei enthält auf Seite 475 H. einen kurzen Über-
blick über den damaligen Stand der Wiener Seidenweberei. Es folgen dann von Seite 497 an wieder genauere
Angaben über Hornbostel, Josef Lernann und Sohn, Ludwig Rüdelmann, Alexander Daurnas, Gebrüder Bader,
Josef Grünewald, Hell und Schopper, Albert Kostner, Franz Bujatti, Josef Nigri, Johann Faßbender, Anton
Flemmich und andere. Über "Philipp Haas, Inhaber einer landesbefugten Baum-, Schafwollem, Halbseiden-
Waaren und Teppicbfabrik in Wien" siehe Seite 387 ff.
395
Berliner und andern Arbeiten genügen aber nicht, uns ein klares Urteil zu
bilden.
Wir haben unsere Abbildungen so angeordnet, daß zuerst die wenigen
gesicherten älteren Stücke erscheinen, dann die von mehr oder Weniger
klassizistischem Geschmacke. Daß dieseRichtung zeitlich ziemlich weit reicht,
wird niemanden verwundern, der die Wiener Kunstentwicklung kennt und
sich zum Beispiele des in den Jahren 1837 bis 1844 neuerrichteten Nieder-
österreichischen Landhauses erinnert. Es folgen dann kleinere Stücke Abb. 14
und x5, die eine freiere Fortsetzung der älteren Louis-XVI-Richtung bilden.
Auf die Wiedergabe der häufigen "ombrierenden" Stoffe, die in abwechslungs-
reichster Gestaltung
durch die ganze be-
sprochene Periode
üblichwaremmußten
wirverzichten,da eine
farblose Abbildung r.
nutzlos wäre."' Ziem-
lich viel konnten wir
dann aus der natura- 1.!
listischen Richtung
bringgn, manch- Ing
"o. "gjf
mal zum Beispiele "it's
Abb. 30 zugleich et- 3.112554 gi.7tahiäällß
was Klassizistisches wiegt, f. h. aawgäi
an sich hat, manch- f". 13," M-Qqxy
mal aber ganz neue
Wege einzuschlagen w.
suchLZu einerbeson- ggiapfjrgg.i'a. ...l.vnk manßuc
deren Gruppe haben
wir auch Kirchex Abb. 54. Nach Carl Grafen llasquez, "Srtuationsplan der k. k. Haupt- und
Residenzstadt Wien"
Stoffe zusammenge-
faßt. Die meisten Darstellungen sprechen übrigens so für sich, daß die kurzen
sachlichen Angaben bei den einzelnen Darstellungen wohl genügen werden."
Was man sonst ombrieren, schattieren" und so weiter nannte, hieß auch "irisiren". So sagt Bartsch,
a. a. 0., I. Seite 22, in einem Abschnitte "Über das Irisiren, Irisschweifen" eine Schattirung nennt man die
Zusammensetzung mehrerer Farben, zum Beispiel von weiß angefangen über blaßgelb ins Grün und so abwärts
bis ins Schwarze vgl. unsern lrisdruck". Der Ausdruck zur Iris" bei dem auf Abbildung 55 dargestellten
Seidengeschäfte mochte also einen tieferen Sinn haben.
Wir haben bei den Unterschriften die den einzelnen Stücken beigegebenen Bezeichnungen möglichst
berücksichtigt. Es ist aber möglich, daß die Daten zum Teile nicht das Entstehungsjabr, sondern das Über-
nahmsjahr durch die frühere technische Sammlung bezeichnen. also etwas zu spät angesetzt sind; so ist bei
einem St" lt Ig. Beiwinkler das jahr 1812 angegeben, trotzdem das Stück selbst die jahreszahl iBzo ein-
gewebt tigdgggch kann es sich überall wohl nur um kurze Zeitspannen handeln, und gerade bei dem erwähnten
Stücke wäre eine verhältnismäßig spätere Übernahme noch am ehesten erklärlich, da es sich anscheinend um
eine Art Probe- oder Meisterstück handelt. Auf diese "Meisterstucke", von denenIdas vMuseurn eine Reihe
besitzt, soll noch gelegentlich zurückgekommen werden. Auch Herr Dr. Albert Figdor in Wien besitzt Wichtiges
der Art. 1m Allgemeinen haben es sich die Erzeuger wohl angelegen sein lassen, nicht mit Veraltetem vor die
Öffentlichkeit zu treten.
Eines darf man aber nicht vergessen, daß die Weberei in höherem
Maße als die meisten Kunstgewerbe schon früh eine Großindustrie war und
mit weiten Gebieten und verschiedenen Abnehmerschichten rechnen rnußte;
so heißt es auch bei Bartsch, wo von den Entwürfen für die Gewebe gespro-
chen wird Hauptsächlich muß man das Augenmerk auf das Land oder die
Provinz richten, wohin der zu erzeugende Stoff verschließen werden soll;
damit nicht nur der Geschmack im Figuriren und Schattiren, sondern auch
eine gehörige Qualität mit Preiswürdigkeit verbunden, dem dortigen Publikum
entsprechenf"
Der Geschmack ist in manchen Gegenden bekanntlich sehr beharrlich;
so sagt auch Bartsch gelegentlich der Linzer Zeuge" In diesem Artikel
darf mit der Zeichnung niemals anders varirt werden, als mit größeren
und kleineren Bouqueten. Die Figur selbst aber muß immer Ähnlichkeit mit
der hier befindlichen Abb. 35 haben, weil in diesen Gegenden, wo diese
Stoffe verwendet werden, kein Luxus, wohl aber die Caprice herrscht
womit die Großmutter bekleidet war, kleidet sich auch die Enkelin.""""
Wir haben früher auch schon von Wiener Fabriken gehört, die besonders
für Salzburg und Böhmen arbeiteten, und vor nicht langer Zeit hat uns der
Vertreter einer Wiener Fabrik, die wenige Jahre später als die hier bespro-
chenen zu blühen begann, die Mitteilung gemacht, daß sein Haus heute
nirgends so kostbare Brokate absetze wie in gewissen südungarischen
Gegenden, wo heute noch immer dieselben Muster gewünscht würden wie
vor gut zwei Menschenaltem. Man muß in dieser Hinsicht also sehr vor-
sichtig
Vieles Alte hat sich begreiflicherweise besonders auch in den Kirchen-
und Fahnenstoffen erhalten.
Andrerseits ist es erklärlich, daß sich gerade auf diesem Gebiete hie und
da auch ein größerer Künstler zu betätigen suchte, wenn er sich ohne-
hin schon mit Kirchenbau und Kirchenausstattung beschäftigte; so können
wir hier Abb. 46 einen bemerkenswerten Entwurf Rösners bringen, des
Erbauers der Kirche in der Praterstraße und anderer Kirchenbauten, die
trotz mancher Unbeholfenheit ein achtunggebietendes Vorwärtsstreben
erkennen lassenri-
Mit der Verwendung der Stoffe hängt es auch zusammen, daß sich in
gewissen Stoffarten bestimmte Musterrichtungen besonders festsetzten. So
bietet uns Bartsch ein mehrere Seiten langes Verzeichnis der verschiedenen
Stoffsorten und der bei ihnen hauptsächlich üblichen Muster.
A. a. O. Iljx, Seite Anmerkung.
Ebenda, II, Seite 220. Vgl. auch Polnische Kleider" bei Bartsch Tafel 31, Abb.F; Text II, Seite 228.
die an gestreifte persische Stotie erinnem.
Mehr für das Land berechnet ist anscheinend auch der lGi-ehenstofT auf Abbildung 47.
Rösner wurde m04 zu Wien geboren, starb 186g in Stadt Steyr; er war seit xBzE Korrekter, seit 1835
lfrofessor, und eine Zeitlang provisorischer Präsident der Akademie der bildenden Künste in Wien. Siehe
über ihn in Rich. Kraliks und Hans Schlitters "Wien, Geschichte der Kaiserstadt und ihrer Kultur" Wien, 192,
Seite 658. Eine sehr schöne Monstraxiz für die Kirche in der Praterstraße war auf der jubiläumaausstellung
des Österreichischen Museums im jahre 1914 zu sehen.
Ebenda II, Seite H".
397
Es versteht sich, .3.
daß sich in dieser Zeit
neben älteren Form 59- 3Ü33""
uberlieferungen und er?"
dem neueren Natura-
lisrnus hautig orien- A1,
tahsche, chinesische 13g. m4. .35
5x4 74- zu.
und Japanische Em- "ü. jF
flüsse geltend ma- ja?
chen; so finden wir WG
"M1
bei Bartsch Ch1ne- 4-5 mütllii
sische Stoffe", einen
StoffMandorinMan-
darin"und anderesf '51;
ManchesFremdartige
war auch zunächst
für dle Ausfuhr be" arlawwi-wae wwrhe.
stimmt Abb. a7. We're-wo '55
Naturhch kamen Abb. 55. Nach Carl Grafen Vasquez, Situat.ionsplan der k. k. Haupt- und
manchmal auch bg- Residenzstadt Wien"
stimmte Stoffarten
besonders in Mode, wie wir es oben schon von den Bajaderestoffen gehört
haben Abb. 20 und Reicher gemusterte Westenstoffe waren bis in die
Mitte des XIX. Jahrhunderts üblich.
Von besonderer Bedeutung tiir längere Zeit scheinen die "Brillantstoffe"
"Bnllantin" gewesen zu sein Abb. 32 bis 34, bei denen die Musterung nur
durch die Bindung das verschiedene Offenhalten der Fäden hervorgebracht
wurde, aber eine sehr wirkungsvolle Abtönung erreicht werden konnte,
jedoch höchstens in zwei Farben. Zwei Stoffmuster finden sich bei Bartsch,
Nr. 44 und 45 Teil Seite 118, und II, Seite 236 Hierzu wird bemerkt
Die lichte Figur wird durch die Kette, die dunkle durch den Eintrag erzeugt."
A. a. O. II, Seite 229 und 263.
Über ModestoHe der zwanziger Jahre siehe Keeß und Blumenbacb, Seite 44x tT. Die Verwendung
der erwähnten "Bajaderen" wirdaus Abbildungzr klar. Zu diesem Bilde, das wir der "WienerZeitschrift für Kunst.
Literatur, Theater und Mode" 1519, Modenbild XVII entnehmen, heißt es auf Seite 4x4 "Kleid von gesticktem
Vapeur, woran die Falbenstreifen eingearbeitet, so wie die Ärrnchen und das Vorderleibchen von demselben Stoffe
und gestickt sind. DasUnterkleid istvon rosenfarbigem Marceline, der Shwal eine Bajadere. Der Hut ist von Dünn-
tuch mit Blumen geziert." Das Weimarer "joumal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode" enthält im jahr-
gange 1820 als Tafel 14 ein Wiener Modenbild" Text Seite 323 mit gestickter Bajadere von Vapeur als
Gegensatz daneben ein Pariser Promenadenanzug und als Tafel 25 Text Seite 575 gleichfalls eine Wiener
Mode" mit einer Bajadere von chinesischem Kreppe. Zu den "Bajaderen" bemerken wir noch, daß das Öster-
reichische Museum zwei ganz erhaltene Stiicke besitzt die eine, von Ludwig Riidelmann aus dem Jahre 1842,
ist ohne die Fransen an den Schmalseiten über Meter lang und gegen Meter breit; sie ist weiß, von sehr
kunstvoller Weberei mit abschattierten blauen Streifen und durchaus in ganz kleine Querfalten gezogen; die
zweite, ungefähr ebenso lang, aber etwas breiter, ist bezeichnet als "Blau u. schwarz faconnirter Satin-Ritzer-
Bajadere, von Chr. G. HornbostePs Seidenmanufactur 1843".
Über die "Diinntuchbajadere" siehe oben Seite 382; vgl. bei Bartsch "Gace Bajadeure", ein Gaze-Stoff
mit lancierten Blumen, bei denen die Schußfaden hinter dem durchsichtigen Grunde ausgeschnitten sind, Stoff-
muster bei Bartscb, Nr. 61 Text ll, Seite 95; daselbst Seite "Crepplise-Bajadeure".
51
Die Kette bestand aus Organsin, der Schuß aus Tramaseide. Und an anderer
Stelle heißt es daselbstzl" "Brillant-Stoffe für Kleider- und I-Iutputz müssen
zarte Figuren aus der Phantasie haben, eine starke Nüancirung thut hier die
beste Wirkung. Brillant-Tüchel müssen große Phantasie-Blumen, Blätter
oder sonstige Figuren haben, und durch die Bindungen oder Schraffirungen
sehr auf Effekt getrieben werden.""""
Für den Naturalismus der Zeit war dies eine sehr geeignete StofTart.
Aber auch rein vom Standpunkt der Webekunst aus muß man die Brillantin-
stoffe" sehr hoch einschätzen. Nicht mit Unrecht sagt Bujatti von ihnen
Wenn schon die Seide als Königin unter den Textilstoffen gepriesen
wird, so nimmt folgerecht der Brillantinstoff den Ehrenplatz unter den
Seidengeweben einßil"
Man darf eine Periode der Weberei jedenfalls nicht unterschätzen, die
auf einem Gebiete das Höchste erreicht hat. Ja man darf vielleicht sagen,
daß diese Zeit in der Weberei in mancher Beziehung ebenso "klassisch"
dasteht wie Gotik, Renaissance oder Rokoko mit ihren Geweben. Denn
nichts kann als höheres Zeichen der Entwicklung angesehen werden, als
wenn eine Zeit imstande ist, für ihr Wollen nicht nur die eigenartigste künst-
lerische Gestalt, sondern auch die vollendetste technische Durchführung zu
finden. Die hohen Vorzüge dieser Kunst, die enge Verbindung von Technik,
Material und Form können in den Abbildungen allerdings nur in geringem
Maße zur Geltung gelangen.
Übrigens wurden die Brillantinstoffe nicht nur für Kleider, sondern auch
für Zimmereinrichtungen verwendet; so meldet Mestrozi, wie bereits erwähnt,
daß er irn Jahre 1816 für das Audienzzimmer Seiner Majestät einen grünen
Brillantin geliefert habe.
Gerade auf dem Gebiete der "Brillantstoffe" waren übrigens die Brüder
Mestrozi, wie auch Bujatti a. a. 0., Seite 130 bezeugt, besonders hervor-
ragend und es bestand in diesen Stoffen eine solche Nachfrage bei ihnen,
daß es ihnen kaum möglich war, sie zu befriedigen.
Übrigens mag manche Wiener Neuheit auch unter falschem Namen
bekannt geworden sein; so heißt es bei Keeßz-l- Die im jahre 1820 von
Griller in Wien erfundenen Federplüsche wurden im Jahre 11822 unter
dem Namen "Velutins en plumettes" von Lyon auf die Leipziger Michaelis-
messe gebracht." Also wieder eine Mahnung zur Vorsicht.
Wenn wir heute im ganzen auch nicht imstande sind, den kennzeich-
nenden Wiener Geschmack überall nachzuweisen, so können wir in den
sicheren alten Wiener Erzeugnissen doch unbedingt einen großen Reichtum
und eine außerordentliche Verfeinerung erkennen und werden bei ihrem
Studium gewiß heute noch manche fruchtbare Anregung finden.
Ebenda, II, Seite 8.
Vgl. auch Bartsch, a. a. 0., S. x15 B1, über die geschichtliche Entwicklung der für die Brillantstoife
verwendeten Maschinen von etwa 1760 bis 7o an.
A. a. 0., Seite x19.
IV, Anhang, Seite 48.
.753
jedenfalls dürfen wir auch sagen, daß Wien in der von uns behan-
delten Zeit außer von Lyon von keiner Stadt in der Kunst der Seiden-
weberei übertroffen, ja kaum erreicht, worden ist. Mit gerechtem Stolze
konnte noch der Bericht der Wiener Ausstellung vom Jahre 1845" sagen
Wie weit die Wiener Seidenmanufactur vorgeschritten ist, beweiset am
klarsten der Umstand, daß bei der letzten, kürzlich in Lyon erfolgten Aus-
stellung fremder Seidenwaren, welche alle Jahre daselbst Statt zu finden
pflegt, um zu ermessen, welche Concurrenz die französische Seidenweberei
xi RÄIF
.14;
Ei? .3
ftäiii-
f.
H55, 14.1
"-51 .4;
Ei ist-f, 1. 951 '31,
v-r
ijgr.
.4 zyßvl4w 11? Kg
rx
Abb. 56. "Ein Theil der Industrie und Gewerbs-Produckten-Ausstellung
im Jahre 1835 in der k. 1c Reitschule in Wien.
Nach der Natur gez. u. lith. v. F. Wolf." Nr. 49-56 nach Ahdrucken in den Wiener Städtischen Sammlungen
im Auslande zu überwinden habe, zunächst die Wiener Stoffe und dann die
Mailänder Seidenwaren als diejenigen bezeichnet wurden, welche an Qualität
und Arbeit den Lyoner Erzeugnissen am nächsten stehen, und deren
Concurrenz am meisten zu beachten sei. Ein ähnliches Resultat gab die
Berliner Ausstellung im Jahre 1844, wo die Kunstfertigkeit und der höhere
Schwung in den Einsendungen von Hornbostel und Haas, so wie überhaupt
die Selbständigkeit der sich nicht ängstlich an die französischen Vorbilder
bindenden österreichischen Industriellen dieses Faches, lobend anerkannt
wurden."
Man darf also sagen, daß Wien sich das Recht erworben hat, durch
handwerkliches Geschick und künstlerische Fähigkeit eine führende Stelle
A. a. 0., Seite 477 f.
zu beanspruchen, war Wien in jenen Tagen doch auch eine wichtige Mode-
stadt von eigenartigem Geschmack, der sich natürlich der Zeit einfügte,
dem Zeitgenossen aber bewußt war; man hätte sonst nicht in ausländischen
Blättern vgl. Anmerkung" auf Seite 397 besondere Wiener Modebilder
im Gegensatz zu solchen aus Paris und anderswoher gebracht.
Es wird an uns liegen, diesen Anspruch Wiens auch heute wieder als
berechtigt erscheinen zu lassen, und nichts kann uns dabei vorteilhafter sein,
als wenn wir die Errungenschaften unserer Vorfahren lebendig erhalten, so
daß ein Rückblick hier zugleich ein Ausblick in die Zukunft werden kann?
UBER GOTISCHE TRUHEN IN NORD-
DEUTSCHLAND 50' VON KURT FREYER-
LE .80-
JN. IE folgenden Zeilen haben nicht die Absicht, eine
Clgl-wzi- vollständi Übersicht der esamten otischen
dd hi gb 13'
ru enluns in or eu sc ge- en. ei
pägiwi-ß; dem Relchtum an Typen, der vielleicht in keiner
äxvYß-yäßq andern Epoche so groß ist wie im Mittelalter,
würde diese Aufgabe den hier zur Yerfügung
ÄJR, stehenden Raum weit überschreiten. Überhaupt
äfiiifz3iäÄTz-g soll die Untersuchung weniger auf das Historische
gerichtet sein. Eine Betrachtung unter entwick-
lungsgeschichtlichem Gesichtspunkt würde hier
auch wenig Ergebnisse bringen, denn die ein-
zelnen Typen gehen, wie wir sehen werden, im allgemeinen zeitlich parallel,
ohne daß sich in den beiden Jahrhunderten, um die es sich hier handelt, dem
XIV. und XV., wesentliche Stilwandlungen erkennen lassen. Sondem es
soll der Versuch gemacht werden, die Haupttypen, die sich innerhalb der
gotischen Truhenkunst Norddeutschlands sondern lassen, in ihrer Erschei-
nungsweise zu charakterisieren, dadurch den Gesamtbegriff, den man sich
von der norddeutschen Möbelkunst des Mittelalters bilden kann, zu klären
und zu vertiefen und so vor allem die verschiedenen Arten des in diesen
Werken zum Ausdruck kommenden Kunstwollens zu erfassen. Von
allen Möbelarten sind die Truhen hierfür am geeignetsten, weil sie am
wenigsten bestimmt sind von dem Gebrauchszweck, es ist einfach ein
rechteckiger, mit flachem Deckel versehener Kasten, an dem nur die Vorder-
seite dekoriert ist, so daß sich hier die künstlerische Absicht des Erzeugers
frei aussprechen kann, und weil sie ebensowenig bestimmt sind von der
Anlage des umgebenden Raumes, sei es ein kirchlicher oder profaner. Infolge
Das Museum hat daher auch schon Ende Mai eine wechselnde Ausstellung der alten österreichischen
Textilerzeugnisse begonnen. Wegen mangelnden Personales und aus andem Gründen kann diese Vorfühning
einstweilen allerdings nur Fachkreisen zugänglich gemacht werden; doch werden diesen alle Bequemlichkeiten
zum Studium geboten.
qui
dieser Freiheit hat keine andere Möbelart des Mittelalters so reiche und
verschiedenartige Gestaltungen erfahren wie die Truhe.
Was die geographische Abgrenzung betrifft, so handelt es sich in erster
Linie um die Ostseeländer, besonders das an mittelalterlicher Möbelkunst
so reiche Schleswig-Holstein, mit Ausblicken nach Hannover und Westfalen.
Es ist aber durchaus notwendig, auch die skandinavischen Länder hinzu-
zunehmen, deren Möbelkunst, wie wir sehen werden, im Mittelalter mit der
norddeutschen eng zusammenhängt.
Man kann in der mittelalterlichen Möbelkunst den Norden vom Süden
Deutschlands ganz allgemein durch das Verhältnis des Ornaments zum
eigentlichen Möbelkörper unterscheiden. Im Süden und noch bis nach
Mitteldeutschland hinein ist das Ornament dem Möbelkörper gleichsam
aufgelegt, sei es als Stab- und
Maßwerk, sei es als Flach- nur? Fwfv"
schnitzerei. Im'Norden dage-
gen erstrebt man eine viel en- güja gjiy
gere Verbindung von Orna- T,fßl' TEQ gzf"; 53g?
ment und Untergrund, das QEÖ 3.
Ornament wird gleichsam aus "w. 3x? V-fväßs
was A7.
dem Brett herausgeholt, die i. tätig
Tätigkeit des Erzeugers ist in Xi NLÄQJL
entschiedenererWeise aufdas
in
Schnitzen gerichtet. Infolge- ÄA.
dessen ist das mittelalterliche ja
Möbel im Norden niemals .I
außer erst im Beginn des ifbw
XVI. Jahrhunderts ZU einer Abb. 1. Museum Stockholm, aus Visby, xxv. Jahrhundert
so weitgehenden Durchbil-
dung im architektonischen Sinne gekommen wie im Süden. "Die Behaup-
tung, daß der Beginn der Gotik charakterisiert sei durch den Übergang von
der Brettkonstruktion zur Rahmenkonstruktion"? trifft für den Norden
fast gar nicht zu. Während im Süden, vielleicht unter dem Einfluß des
architektonischer emptindenden Italiens, schon früh jener wichtigste Schritt
zur tektonischen Gestaltung des Möbels, die Unterscheidung von Rahmen
und Füllungfgetan wurde, bleibt im Norden das Tektonische, der Aufbau
des Möbels, ohne wesentliche Durchbildung. Selbst in der ziemlich wech-
selnden Proportion ist wenig künstlerische Absicht erkennbar. Man kann
sogar sagen, daß die romanischen Schränke trotz ihrer ausgesprochenen
Brettkonstruktion eher einen konstruktiven und in der Proportion bestimmten
Eindruck machen als die gotischen. Bezeichnend ist für diese der Typus
des "wandfesten" Schrankes Abb. den man zur Hälfte in die Wand
einzulassen pflegte, so daß er schon dadurch nicht als tektonisches Werk,
A. G. Meyer und R. Graul, Tafeln zur Geschichte der Möbelforrnen Leipzig. 190g, Serie VI -VlX, S. 16.
Ähnliche Auffassung bei. von Falke, Mittelalterliches Holzmobiliar Wien, 1894.
402
sondern als eine zu dekorierende Vor-
derfläche in Erscheinung trat. Beson-
31V"! ders aber bei den Truhen bleibt noch
rlfwilßi? i. ÄQFF? W171i" '97? bis in die Spätzeit des Mittelalters
"fiel, .1, hinein die einfache Zusammenfügung
der Vorderwand aus zwei brettartigen
grillt, pi, Seitenpfosten und einem Mittelbrett
15 üblich, so daß sich eine zusammen-
hängende Vorderfiäche zur dekora-
tiven Bearbeitung darbietet. In deren
Nw-k Äxsxk. Schmückung durch Schnitztechnik be-
Rx; 32 iwiv stand bei den mittelalterlichen Truhen
des Nordens das Wesentliche der
3.7" ,193? künstlerischen Gestaltung?"
Doch dieser Unterschied zwischen
dem Norden und dem Süden ist nicht
9x9 Tx-ÄVSTÄTS" unbedingt bindend. Auf beiden Seiten
gibt es Ausnahmen, und besser als
durch den Vergleich mit dem Süden
ÄfJXI-Lk? Mr stank werden wir das Wesen der nordischen
rügt lt .v' Möbelkunst erfassen, wenn wir die
wichtigsten Sonderbildungen, die inner-
375a, halb der allgemeinen gotischen Stil-
vlgl. richtung aufgetreten sind, an dem Bei-
XXV Mp3" spiel der Truhen zu erfassen suchen.
QJF Es lassen sich hier vier Hauptgruppen
sondem, die, zeitlich ungefähr parallel
gehend, wesentlich verschiedene Ge-
staltungsweisen zeigen. Bei der Cha-
rakterisierung ihrer Unterschiede soll
zunächst von der Art der Schnitztechnik
Abb. z. Museum Flensburg, Schrank aus Nordfries-
1m; Xv, Jahmunden ausgegangen werden, weiterhin werden
sich dementsprechend verschiedene
Arten des Kunstwollens ergeben. Die erste Gruppe zeigt die Technik des
Kerbschnittes, die wohl die altertümlichste innerhalb der nordischen Schnitz-
kunst ist, wie sie sich ja auch noch bis in unsere Zeit hinein in der Volks-
kunst der nordischen Länder ohne wesentliche Stilveränderung erhalten hat.
Die Truhe des Stockholmer Museums Abb. die schon durch die Schmal-
heit des Mittelteils von den üblichen Truhenformen abweicht, bietet auch nur
in diesem Teil ausgeprägten Kerbschnittstil Das Ornament wird mehr durch
Daneben bestand als andere Art des Schmucke der Eisenbescblag. Er ist im eigentlichen Nord-
deutschland selten, häufiger in Westfalen und im Rheinland siehe Kunst und Kunsthandwerk, 1907, S. 481,
besonders reich ausgebildet in Skandinavien, schon seit romanischer Zeit siehe zum Beispiel Zs. Fornvännen,
1914. S. 237. Wieweit die Farbe zur künstlerischen Mitwirkung kam, läßt sich heute nicht mehr entscheiden.
Aus Visby stammend. Vgl. Zs. Fataburen, xgog, S. 26.
403
die vertieften Formen als durch die stehenbleibenden Grate gebildet, es
entsteht mehr durch Hineinarbeiten ins Holz als durch Herausmodellierung.
Das Ornament der Seitenpfosten dagegen, das auch zum Teile durch stehen-
gelassene flache Felder gebildet wird, weicht etwas von dem üblichen Kerb-
schnittstil ab. Durch diesen Unterschied zwischen dem Ornament der Seiten-
pfosten und dem des Mittelbrettes wird hier auch der Aufbau der Truhe ein
wenig berücksichtigt. Aber das Wesentliche ist doch, daß die ganze Ansichts-
fiäche der Truhe vom Ornament vollständig bedeckt ist. Die andere Verwen-
dungsart des Kerbschnittes, daß das Ornament in einzelnen Rosetten und
dergleichen über die Fläche verstreut ist und diese selbst durchaus zur Geltung
kommen läßt, ist seltener, Wohl hauptsächlich üblich bei Schränken. Siehe
Abb. Schrank aus Nordfriesland, im Flensburger Museum."' Es kommt hier
wohl zu einer Sonderung, aber nicht zu einer harmonischen Beziehung
zwischen Grund und Muster. Ein schönes Beispiel reinen Kerbschnittstils ist
übrigens das Ornament am Gesimsbrett dieses Schrankes. Dem Wesen dieser
Technik entsprechend ist das Kerbschnittornament durchaus abstrakter Natur,
zumeist mit zentralem Anordnungsprinzip, also ohne Markierung der hori-
zontalen oder vertikalen Hauptrichtungen des Möbels.
Die zweite Gruppe wird in ihrer einfachsten Form dargestellt in einer
von Fühnen stammenden Truhe des Kopenhagener Museums Abb.
Die hauptsächlich zur Anwendung kommende Technik ist als Linienschnitt
zu bezeichnenß" Nicht weniger abstrakt als das Ornament der ersten Gruppe,
zeigt dieses doch schon eine ausgesprochene Bewegung, ein Aufstreben und
Sich-Zusammenschließen. Und eine gewisse architektonische Absicht kommt
in einer allerdings nur angedeuteten Unterscheidung von Rahmen und
Füllung zum Ausdruck. Aber diese Unterscheidung wird nicht, wie zum
Beispiel bei den Truhen der Renaissance, durch die Konstruktion gebildet,
sondern die rahmenden Streifen sind in gleicher Weise wie die Füllungen
aus dem Brett herausgeschnitten. Dazu kommt, daß die Seitenpfosten den
gleichen Dekor zei-
gen wie das Mittel- 1-7
ßTi-uhendieserArt xi XÄ Um IVMN .i
Alu ldliifwilsukitl Äkidläyi-yji kill N1" mnil
upboards London, 1902, Nil .5 X1, 11;; zu
14-1- "er-W! "312!" ii Hi gdi i.
VgLZsFatabu- 3,1 .1 Q1 ÄLnmiiiwyX-wlßfr-lli
.s. .w' W11? Ja .2 mw
ggrfemarknrluit KLI PH il. Aiiiiillii ii igi .i ixuli
wig Holstein zusammen- "ÄQ XÖ' IäX-tfxa
hängt, beweist ein fast glei- W17" lnnf Kxil-w QKXÄÜ YXVTT xä
ches Exemplar, das mit der
Herkunftsangahe Satrup
Angeln kürzlich bei Lepke-
Berlin zur Versteigerung lbiif f.
kam Katalog r7z7, Nr. 353. iiüißii"? 37
Technisch ge-
sprechen handelt es sich
zum Teil um Hobelarbeit. Abb. 3. Museum Kopenhagen, von Fühnen, XV. Jahrhundert
404
Das. rx L. lt
säjvi
f4-1- Äw. n.
A3
Abb. 4. Dansk Folkemuseum Kopenhagen, aus Ostenfeld, Ende des XV. Jahrhunderts
brett, also nicht in ihrer besonderen tektonischen Funktion charakterisiert
sind. So wird hier der Unterschied zwischen tektonischem und architek-
tonischem Ornament deutlich das Ornament dieser Gruppe ist nicht
tektonisch, das heißt nicht bestimmt durch den Aufbau des Möbels wie das
ja dem allgemeinen Charakter der nordischen Möbelkunst entspricht, aber
es ist architektonisch, es erstrebt, sei es in den Formen, sei es wenigstens
im Ausdruck, Übereinstimmung mit der gleichzeitigen Architektur.
Es sei hier eine Bemerkung eingefügt über das Faltwerkornarnent.
Es scheint mir, daß es in einem Ornament der eben besprochenen Art seinen
Ursprung hat und dadurch entstanden ist, daß man den durchgehobelten
Streifen zuerst oben, dann auch unten durch Schnitzerei einen Abschluß
und zugleich Verbindung miteinander zu geben suchte. Allmählich gewann
diese Schnitzerei die Hauptbedeutung, wurde reicher und bewegter und
zwang so die Streifen, mehr hervorzutreten und die Schärfe des Profils
aufzugeben. Wenigstens scheint mir diese Erklärung dem Wesen der
Omamentbildung mehr zu entsprechen als die von Roe a. a. O. S. 112 ff.
und andern geäußerte, daß das Faltwerk auf die Nachahmung von
Stoff-Falten zurückzuführen sei. Die Ähnlichkeit mit Stoff-Falten zeigte sich
überhaupt erst im weiteren Verlauf des eben geschilderten Entwicklungs-
prozesses. In der Gotik entstanden und daher oft für typisch gotisch gehalten,
hat das Faltwerk seine eigentliche Ausbildung erst im XVI. Jahrhundert
erhalten, weil es, als ausgesprochenes Füllungsornament, eine Unterscheidung
von Rahmen und Füllung voraussetzt.
Die reinste Ausbildung findet diese Gruppe wohl in einer Truhe im
Ostenfelder Haus des Dansk Folkemuseum Abb. 4. Obgleich hier auch
andere Arten der Schnitztechnik hinzukommen Kerb- und Mandelschnitt,
wird der Eindruck doch beherrscht von dem in Linienschnitt hergestellten
5d .1 X1"?
if-Ygw I. ieeißweäw II- s. gen reg; l.
Pgßsxggß 14k Mäßigun-
ßyxi, x.
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iiaiilih, f. als; ms;'äl41,w iprfllääli
.1 rßirwziii .1 ißiizi-ßv "litt illlllllWrs-i-r
2.; m5 jtrliilFi; .3! ihlli 1,112 i-HHL will-k
ab a1 .1 käikilili-äliikiiiäaßllilliälälli .14
iiiiiir
Abb. 5. Kunslgewerbemuseum Bremen, zweite Hälfte des XV. Jahrhunderts
Spitzbogenmaßwerk. Das in Mandelschnitt gebildete Fialenblattwerk stellt,
indem es energisch aus dem Brett herausgearbeitet ist, nurwieder eine engere
Verbindung mit dem Möbelkörper her, die durch das Maßwerk schon leicht
gelockert war. Neben dieser ausgeprägten Anlehnung an die Formen der
Architektur kommt auch die leichte tektonische Sonderung von Seitenpfosten
und Mittelbrett kaum zur Geltung.
Der Typus dieser Truhe hat in seinen verschiedenen Ausbildungen in
der mittelalterlichen Möbelkunst, auch in Frankreich und England, eine
große Rolle gespielt. Es sei daher gestattet, ihn noch ein wenig über das
Gebiet unseres Themas hinaus zu verfolgen? Eine aus der Umgegend von
Bremen stammende Truhenvorderwand im Bremer Kunstgewerbemuseum
Abb. gleicht mit ihrem reichen Maßwerk und Fischblasenwerk völlig
der Wandarkatur eines gotischen Domes. Dicht gedrängt, sodaß vom Grund
nichts mehr sichtbar bleibt, streben die Spitzbogen gegen die stark rotierenden
Rosetten an, und darüber hinaus flammt das Blattwerk weiter aufwärts, als
ob das Omament sogar die tektonische Begrenzung der oberen Abschlußleiste
durchbrechen wollte. An diesem Werk wird uns auch die Verwandtschaft
dieser Gruppe von Truhen mit dem Schnitzwerk der gotischen Altäre deutlich.
Den weiteren Fortgang der Entwicklung würde eine aus der Gegend
von Lüneburg stammende Truhe des Hamburger Museumsih" bezeichnen.
Das Ornament ist hier mehr beruhigt, und in der ausgesprochenen
Sonderung von Grund und Muster klingt bereits der Geist der Renaissance
leise an.
Dagegen ist ein älteres Stadium dieses Typus vertreten in einer noch
dem Ende des XIV. Jahrhunderts angehörenden Truhe des Kölner Kunst-
Mit anderen Beispielen tat dies, ebenfalls von dieser Truhe ausgehend, bereits B. Olsen in Tidskrift er
Kunsunglisäii iazigtagliidligsglixemplar befindet sich im Kopenhagener Museum.
Vgl. die Abbildung in Brinckmanns "Führer" 1894, S. 635.
S2
gewerbemuseums Abb. 6. Sie stammt aus der Gegend von Osnabrück,
wie überhaupt Westfalen auf diesem Gebiet eng mit Norddeutschland
zusammenhängt, während die Gestaltungsweise der rheinländischen Truhen
mehr der süddeutschen gleicht. Das Ornament dieser Truhe ist noch nicht
so stark bewegt wie das der Bremer, es hat noch die stille Feierlichkeit der
frühen Gotik. Aber die Grundidee des Ornaments ist die gleiche wie die der
eben besprochenen nordischen Truhen. Andrerseits lassen uns die feineren
Profile, der reizvolle Rhythmus der verschiedenen Fenster"-Gruppen, die
eleganteren Formen des Blattwerkes fühlen, daß wir uns hier bereits etwas
von der schweren, ernsten Empiindungsweise des Nordens entfernt haben.
Zugleich kommt an den Seitenpfosten mit den Relieffiguren ein neues Element
hinzu, das uns erst später beschäftigen wird.
Nr"? 1.3; NU- 1T
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L,.
Abb. 6. Museum Köln, aus der Gegend von Osnabrück, Ende des XIV. jahrhundens
Hier sei noch eine Truhe des Kopenhagener Museums Abb. angefügt,
die sich zum Teil dem Maßwerkstil dieser Gruppe anschließt, aber doch im
Aufbau wie im Ornament eine ganz besondere Bildung zeigt. Die Seiten-
pfosten sind hier ganz weggefallen, es besteht nur eine von einer schmalen
Leiste eingefaßte Vorderplanke. jetzt beide aus einem Stück, ursprünglich
aber war vor die Umrahmung noch eine gleich breite Leiste gesetzt, sodaß,
zwar nicht der Konstruktion, aber doch dem Eindruck nach, das Prinzip von
Rahmen und Füllung bestand. Die ganze Vorderlläche ist dann in drei Teile
geteilt, von denen die seitlichen ursprünglich bemalt waren. Am Mittelteil
eine Maßwerkarchitektur von klarer, ruhiger Durchbildung, die fast den
Eindruck macht, daß sie, ähnlich wie an den süddeutschen Truhen, dem
Möbelkörper vorgesetzt sei. Dann aber statt der Maßwerkrosetten Medail-
lons mit Tieren in Flachrelief, wie sie uns ähnlich an einer weiteren Truhen-
gruppe begegnen werden. So erscheint uns diese Truhe als ein inter-
essantes, aber nicht typisches Werk des Übergangs zu andersartiger Gestal-
tungsweise.
im Il Eli VW 1'571 1x1
iv im Ei;
"Öi? Ü. 551 95'
3m 52.4?
ii
Äu. '11"
du i. i.
Abb. 7. Museum Kopenhagen, um 1500
Wie der Maßwerkstil im Norden ausklingt und zur Renaissance weiter-
iührt, möge eine Truhe des Flensburger Museums Abb. zeigen? Hier
tritt endlich der tektonische Aufbau des Truhenkörpers als das wesentliche
hervor deutliche Sonderung von Rahmenwerk und Füllung, harmonischer
Ausgleich von Vertikalen und horizontalen Tendenzen. Bezeichnend ist auch,
wie das Schloß nicht mehr unvermittelt und unorganisch aufgesetzt, sondern
zu einem besonderen Gliede des Aufbaues gemacht wird. Das Ornament,
durchbrochen gearbeitet, ist nun vom Truhenkörper getrennt, ganz ausge-
sprochen aufgelegt, es hat nicht mehr architektonischen, sondern in seiner
Anordnung zentralen, in seinem Wesen ornamentalen Charakter gleich dem
Ornament der ersten Gruppe. S0 sehr die Formen des Ornaments noch gotisch
sind, ist es doch bereits Renaissancegeist, der aus diesem Werke spricht.
Weniger bekannt ist die dritte Gruppe. Und doch ist gerade sie vielleicht
am meisten als typisch nordisch zu bezeichnen. Sie ist durch die Technik
des Reliefschnittes charakterisiert, der ja hie und da auch bei der zweiten
Andere, skandinavische Beispiele bei R. Meiborg, Danske Böndergaarde Kopenhagen, 1897, S. 35-37.
400
VTLETZPFZ GruPPe auftrat, hier
aber für die Gestal-
.ä'lä4 E. a. 315W! .3 i. tung entscheidend
M11 ist, Während die übri-
ist "13 6-1, 7-. 4. gen Techniken da-
Yä neben zurücktreten.
fl '11 Jxlxxljiiäli! Das Hauptwerk die-
i-Ü imix" 515- ser Gruppe, zugleich
Äägxkli dascharakteristische-
"Ex Nixllfh ste und künstlerisch
Qx" wertvollste, ist eine
aus Nordschleswig
stammende Truhe
T." des Flensburger Mu-
Abb. g. Museum Flensburg, aus Nordschleswig, XIV. ahrhundert Seums Die
Anordnung des Or-
naments gleicht im Prinzip der zweiten Gruppe. An Stelle der Maßwerk-
reihe eine Reihe von spitzen Winkeln, die an die Wimperge der gotischen
Architektur erinnern. Aber sie sind nicht mit Stab- und Maßwerk ausgefüllt,
sondern mit streng und phantastisch stilisierten Drachenfiguren, in denen
noch die Gestalten frühnordischer Ornamentik nachklingen. Nach oben zu
wieder Ausklang durch symmetrisches Blattwerk. Eine Unterscheidung von
Rahmen und Füllung ist wieder nur leicht angedeutet und nicht kon-
struktiv hergestellt, das Ornament geht gleichmäßig über Mittelbrett und
Seitenpfosten fort, welches Prinzip hier noch dadurch verstärkt wird,
daß die Tiere der Pfosten zu je einem des Mittelbrettes gegenständig sind.
Nur im unte-
ren Teil Sind
Pfosten und
Mittelbrett lrbxll
einwenigver- QP-Ii
1-.
schieden, auch in 47', I. adrjl H1 V7, v.
ist dem Prin- 15;. 1.1 yii
53' 11
zip der Tek- VI ii
i. flx-
tomk eine w.
kleine Kon- x11; .1 n. np, f.
zession ge- Efvl,i' Q1
Huf Ii II
machtd durch .i h.
beson ereBe M10 41x14.
"Vgl.Sauer-
mann, Handwerk- 7x
liche Schnitzereien
aus Schleswig-Hol-
stein Frankfurt a.
M., 190, Taf. 2c. Abb. XIJ. Museum Kopenhagen, XV. Jahrhundert
tonung und Aus-
gestaltung des Tei- we-l
les,derdasSchloß 11;.
Mdrrxrzrlglj
enthalt. Das Orna- ff?
ment selbst ist nun JIxää-Qr I.
aber von ganz an- .1
derer Art wie das 17W i.
derzweitenGruppe. MA -i'w 1M"
Das Wesentliche ÄJTTFÄ 717, d'r
des Unterschiedes
liegt nicht darin, .4 .1
daß hier ein figür-
liches Ornament
hinzukommtf" son- I.
dern daß, vermit- 1.
tels besonderen Abb. u. Museum Lüneburg, Anfang des XV. jahrhunderts
Technik des Relief-
schnittes, in noch stärkerem Maße als bei der zweiten Gruppe das Orna-
ment aus dem Brett herausgeholt wird. Der Schnitzer modelliert hier
völlig wie ein Bildhauer er führt die Formen bald hart und eckig, bald
weich und fließend, setzt breite Flächen und scharfe Winkel gegeneinan-
der und erzeugt so in bewegtem Spiel von Licht und Schatten eine eigen-
tümliche Mischung von Herbheit besonders durch die streng durch-
geführte Symmetrie und leidenschaftlicher Bewegtheit. Seine Technik
ist unendlich reich der Mandelschnitt stellt nur die Grundlage der Formen
her, die dann durch Kerbung, Linienschnitt, Ritzung, Punzierung immer
weiter durchgebildet werden. Das Messer erschöpft all seine Möglichkeiten,
und so feiert die
wr-täi-ütm? nordische Schnitz-
kunst hier ihren
11-5; höchsten Triumph.
An keinem an-
dem Exemplar ist
.1
derstildieserGrup-
pe zu gleich reiner
41 Ausbildunggekom-
Uf-J men wie an dem
i'i FlensburgenBeial-
Nach diesem Ge-
Qäf" ilZRÄiiSTÜIBCÄZSiiIiZÄZLZ?
liar, Wien, 1894 und Meyer
und Graul a. a. O. l-left
f. E. S. zo zwei Gruppen der go-
zischen Möbeldekoration zu
Abb. u. Museum Lüneburg, XV. Jahrhundert unterscheiden gesucht.
len andern tritt die Verwendung von Architekturformen wieder mehr hervor,
und nur einzelne, in Reliefschnitt gearbeitete Teile, die aber für den Gesamt-
eindruck bestimmend sind, bezeichnen sie als zu dieser Gruppe gehörig. Bei
allen aber sind diese Teile flacher, weniger bewegt modelliert als bei dem
Flensburger Werk. Diesem am nächsten steht eine Truhe des Kopenhagener
Museums Abb. Io,besonders durch die mit Tieriiguren ausgefüllten Wimperge,
die hier durch die Krabben noch deutlicher als solche gekennzeichnet sind.
Im unteren Teil des Mittelbrettes, wo die Arkaden leicht vor den Grund vor-
treten, ist dieses Werk der zweiten Gruppe verwandt vgl. Abb. während
im oberen Teil mit den turmartigen Gebilden, die den Grund wieder zudecken,
ein neues Element hinzukommt. Besonders bemerkenswert aber und für diese
Gruppe charakteristisch ist der Dekor der Seitenpfosten, nicht nur, weil hier
wieder die Drachenliguren wieder in anderer, prächtiger Stilisierung auf-
treten, sondern weil diese Figuren wieder in der frei modellierenden Technik
des Reliefschnittes gearbeitet sind. An dieser Truhe wird auch die Bedeutung
des eigentümlichen Ornaments an der Unterkante des Mittelbrettes, das uns
schon mehrfach begegnete, als eines kielbogenartigen Hängewerks deutlicher.
Von diesen Truhen aus, die vielleicht noch dem XIV., höchstens dem
Anfang des XV. Jahrhunderts angehören, scheint die Entwicklung in dem
Sinne weiterzugehen, daß immer mehr das Bestreben hervortritt, den in
Relief gearbeiteten Teilen besondere Bedeutung zu geben. Nicht nur werden
sie durch ihre Einfassung immer deutlicher gegen das Architekturwerk
abgegrenzt, sondern sie werden auch vor freien Grund gesetzt, während an
den übrigen Teilen noch eine Füllung des Grundes erstrebt wird. Die Tier-
gestalten sind dann nicht mehr, wie das bei der Flensburger Truhe noch
ganz ausgeprägt war, nur ornamentale Form, sondern stehen gleichsam als
selbständige Figuren innerhalb einer gotischen Architektur. Bei einer Truhe
des Lübecker Museums sind die Tiere noch, fast etwas gewaltsam, so stili-
siert, daß sie den
ganzen Grund m1-
len, bei einer ähn-
lichen Truhe des
.7, Lüneburger Mu-
seums Abb. 1x
15 aber wird das eben
v. ijgff geschilderteBestre-
21.1, Pi 'jx ben schon deutlich.
Diese Truhe ist
auch durch ihre
Klarheit des Auf-
xs baues und Strenge
Siebe Jahrbuch des
Lübecker Museums 19x53.
Abb. 13. Museum Hamburg, aus Lüneburg, Ende des XV. jahrhunderts S. 25.
der Stilisierung beson-
dersbemerkenswerLDaß h. für WJ?
dieser Typus auch bis
nach Westfalen hinein
vorkommt, zeigt eine aus
Dortmund stammende IX A.
Truhe des Germanischen A.
Museums in Nümbergß" .9 1x K.
die, mitinteressantenAb- .1
weichungen die Tiere r.
nicht in Wimpergen, son- T.
dern in Rhomben, der
Lübecker Truhe ähnlich
ist, sowie eine westfali-
sche Truhenwand des
Düsseldorfer Kunstge Abb. 14. Museum Braunschweig, XIV. jahrhundert
werbemuseums, die die Tierreihe ganz am unteren Rand zeigt, während das
Architekturwerk darüber fast ganz dem der Bremer Truhe Abb. gleicht.
Eine andere Truhe des Lüneburger Museums Abb. I2 zeigt noch mehr
das Übergreifen des Reliefs über das Architekturwerk. Die Tiere sind hier
nicht nur in den Wimpergen angebracht und zwar in besondere Kreise
hineinstilisiert, sondern es sind auch zwischen die Fialen an der Stelle, die
bei Abbildung 10 noch mit Türmen ausgefüllt war Vögel gesetzt, und in
dem Tierfries des unteren Abschlusses erhält die Truhe jetzt einen Teil, der
nur der reinen Reliefdarstellung dient.Eine Truhe des Stockholmer Museums"
ist der Lüneburger ähnlich, nur fehlt der Tierfries, dafür sind die Seitenpfosten
mit frei modellierten Wappen geschmückt.
Solche Wappen an den Seitenpfosten finden sich auch an einer Truhe
des Hamburger Museums Abb. Es sind die Wappen der Lüneburger
Geschlechter Bromes und Schomaker, die am Ende des XV. Jahrhunderts
dort nachweisbar sind. Der allgemeine Aufbau mit dem Tierfries und den
Vögeln zwischen den Fialen gleicht auch der Lüneburger Truhe Abb. 12.
Nur läßt das Ornament hier den Grund noch mehr hervortreten. Bedeutsam
aber wird diese Truhe dadurch, daß der Schnitzer hier den Schritt zur Dar-
stellung menschlicher Figuren es sind drei tanzende Paare als Vertreter
dreier Lebensalter gewagt hat, die er in ziemlich hohem Relief modelliert.
So wird hier die Erinnerung an die Egurengeschmückten Arkaden der goti-
schen Architektur noch lebhafter. Die nordische Möbelkunst nimmt hier eine
Gestaltungsweise auf, die uns ja bereits an der frühen westfälischen Truhe
Abb. an den Seitenpfosten begegnete und die in andern Ländern schon
Vgl. Mitteilungen des Germanischen Museums xgo4, S. 48, sowie Meyer und Grau, a. a. 0.,
Serie S. 12.
Aus dem Vadstena-Kloster stammend. Vgl. Fataburen, rgog, S. 25, und H. Hildebrand, Sveriges
Medelüd Stockholm rgoo, S. 335.
Vgl. Brinckrnanns "Führer" 1894, S. 635.
seit dem XIV. Jahrhundert üblich warf Die weitere Entwicklung dieser
Gruppe, obwohl sie zurn Teil noch in gotischer Zeit verläuft, wollen wir hier
nicht verfolgen. Sie führt zu den besonders in der Gegend von Lüneburg
und Bremen vorkommenden Truhen, bei denen die ganze Vorderfiäche
unter Wegfall der Seitenpfosten mit einer einzigen Reliefdarstellung bedeckt
ist, zunächst, noch in gotischer Zeit, mit dem Stammbaum Christi nach
dem Stich von Israel von Meckenem, dann, in der Hochrenaissance, mit
tigurenreichen biblischen Erzählungen und allegorischen Darstellungen."
Während die dritte Gruppe der zweiten durch-die Verwendung architek-
tonischer Formen verwandt ist, steht die vierte Gruppe zur dritten durch den
iigürlich-plastischen Charakter des Ornaments in Beziehung. Sie tritt aber
dadurch als besondere Gruppe auf, daß ihre Technik nicht der figürliche
Reliefschnitt ist, sondern der Flachschnitt. Die Formen sind in flachem Relief
auf freiem Grund gebildet, die Innenzeichnung zum Teil durch Ritzung und
Punzierung. Diese Gruppe scheint nur auf eine kurze Epoche des Mittel-
alters, das XIV. Jahrhundert, und auf einen engen Bezirk, Niedersachsen,
beschränkt zu sein, dagegen in den Ostseeländem und Skandinavien kaum
vorzukommen. Als Beispiele seien angeführt eine Truhe des Braunschweiger
Museums Abb. I4, eine Truhe des Berliner Kunstgewerbemuseums Abb. I5
und eine Truhenvorderwand des Hamburger Museums Abb. 16. Dazu wäre
noch auf die Kopenhagener Truhe Abb. hinzuweisen also doch ein
Beispiel aus Skandinavien und aus der Spätzeit, die zum Teil ähnliche
Elemente enthält wie die genannten. Die drei Beispiele zeigen fast die gleiche
Gestaltungsweise Die ganze Vorderfiäche ist mit zwei bis drei Horizontal-
reihen von Kreisen besetzt, in die Tiergestalten und Fabelwesen auf der
Hamburger Truhenwand in den vier Ecken die Evangelistensymbole ein-
geschlossen sind. Die Zwickel sind mit Reliefschnittornamenten Rosetten
und anderem ausgefüllt. Das Anordnungsprinzip ist hier wieder, ähnlich wie
bei der ersten Gruppe, ganz untektonisch, selbst die Vertikalbewegung der
Truhe wird durch die I-Iorizontalstreifen der Kreise unterdrückt. Bei der
Braunschweiger Truhe sind wenigstens noch Pfosten und Mittelbrett unter-
schieden sie ist im Aufbau der Stockholmer Truhe Abb. ähnlich, bei den
beiden andern fallen die Pfosten ganz weg, es besteht nur ein Vorderbrett,
dessen Fugen sogar von den Kreisen überschnitten werden. Bei der Berliner
Truhe war durch den Fries der beiden Tiere unten von dem jetzt das Mittel-
stück weggeschnitten ist eine Art Sockel gebildet, aber mit dem ganzen
Vorderbrett aus einem Stück. Auch bei dieser Gruppe bestand also, wie bei
der dritten, die künstlerische Tätigkeit in einer bildnerischen Bearbeitung
der Vorderfiäche, nur war sie hier, wie wir noch näher betrachten werden,
von anderer Art wie bei jener. Die ganze Gruppe hat innerhalb der nordischen
Das schönste Exemplar dieser Art irn Museum Cluny, abgebildet bei Roe, a. a. O. S. 29. Dieser bringt
auch noch weitere Beispiele aus England und Frankreich. Ein französisches Exemplar in der Sammlung Figdor,
Wien siehe Kunst und Kunsthandwerk, 1907, S. 127.
Auch dieser Typus tritt in England und Frankreich schon in gotischer Zeit auf, Beispiele bei Roe,
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Abb. 15. Kunstgewerbemuseurn Berlin, XIV. jahrhundert
Möbelkunst etwas Fremdartiges, und zum mindesten die Tiergestalten lassen
an italienischen oder gar westorientalischen man beachte zum Beispiel auf
Abb. 15 das Tier links neben dem Schloß Einfluß denken.
In diesen vier Gruppen glauben wir die wichtigsten Typen der nordischen
Möbelkunst vorgeführt zu haben. Ihre Verschiedenartigkeit zeigt wieder, wie
wenig damit getan ist, wenn ein bestimmtes örtliches oder zeitliches Gebiet
der Kunstgeschichte mit einem einzigen oder wenigen Begriffen charak-
terisiert wird. Solche Gesamtbegriffe haben nur Wert, wenn sie als Grund-
lage für die weitere Sonderung dienen. Als das Gemeinsame der vier Gruppen
hatten wir das unmittelbare I-Ierausarbeiten des Ornaments aus dem Möbel-
körper und das Überwiegen der dekorativen Gestaltung über die tektonische
erkannt. Ihre Unterscheidung haben wir zunächst nach den verschiedenen
Schnitztechniken vorgenommen. Aber sobald wir darüber hinaus die vier
Gruppen in ihrer Eigenart näher zu charakterisieren suchten, zeigte sich
sogleich, daß die technische Sonderung, von der wir ausgegangen waren,
nur sekundäre Bedeutung hat, wie sie sich ja auch nicht ganz konsequent
durchführen ließ. Das Technische ist ja nur Ausdruck und Erscheinungs-
weise eines tiefer liegenden Wesens der Werke. Daher wird sich, indem
wir nun das Erkannte zusammenfassen, das Entscheidende erst aus einer
Sonderung nach formalen und geistigen Gesichtspunkten ergeben.
In bezug auf das Formale können wir die erste Gruppe als die im eigent-
lichsten Sinne dekorative bezeichnen. Bei ihr bewahrt das Ornament als
solches sein Wesen am reinsten, es wird, bei einfacher Aneinanderfügung
zentraler Motive, in seiner Gestaltung weder von der Tektonik des Möbels
bestimmt, noch lehnt es sich an die Formen einer andern Kunstart an.
Dieser autonome Charakter des Ornaments tritt bei der zweiten Gruppe zurück.
Hier kommt der Aufbau des Möbels wenigstens in der Aufwärtsbewegung
des Dekors zum Ausdruck, besonders aber erfährt die Gestaltung des Orna-
ments einen Einfluß von der gleichzeitigen Architektur, es formt sich nicht
nur in rhythmischer Vertikalgliederung, sondern nimmt auch äußerlich die
Motive der gotischen Architektur an. So können wir diese Gruppe als die
architektonische bezeichnen. Diese letztere Eigenschaft klingt zum Teil auch
noch in der dritten Gruppe mit. Das Wesentliche aber ist hier die mit dem
Schnitzmesser geformte Körperhaftigkeit, die Freiheit der Umrisse, die
bewegte Reliefbildung, wodurch sich der Charakter dieses Dekors ebenso-
weit von der Ruhe des reinen Ornaments wie von der Strenge der Archi-
tektur entfernt, es ist die plastische Gruppe. Und wenn wir die übliche Unter-
scheidung vontektonischer und malerischer Plastik aufnehmen, so handelt es
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Abb. xG. Museum Hamburg, XIV. Jahrhundert
sich hier um malerische Plastik. Der Gesamtcharakter dieser Gru bestäti
PP
uns jetzt, daß nicht das Figürliche das Primäre in der künstlerischen Absicht
war, sondern daß der freie Stil der malerischen Plastik unwillkürlich solchen
figürlichen Bildungen zutreibt.
Die vierte Gru hat in der Anordnun des Ornaments wieder stark
PP
dekorativen Charakter, es ist ebenso beziehungslos zum Möbelkörper wie das
der ersten Gruppe. Aber das Wesentliche ist doch auch hier die plastische Ge-
staltun Nur handelt es sich hier nicht um malerisches, sondern um tektoni-
sches Relief klare Sonderun von Grund und Muster, Betonun der ideellen
Vorderflächey" und gerade das ist es wohl, was diese Gruppe innerhalb der so
malerisch ernpi-indenden nordischen Kunstanschauung so fremdartig macht.
Mit weniger festen Begriffen läßt sich das Geistige, das in diesen ver-
schiedenen Formbildungen zum Ausdruck kommt, umschreiben. Zumal das
Ornament der ersten Gruppe ist so zurückhaltend irn Ausdruck, daß man
sein Wesen nur auf ein verhältnismäßi primitives Schmuckbedürfnis zurück-
"Tektonisch hier also nicht im Sinne einer Beziehung auf den Möbelkörper, sondern unter dem Gesichts-
punkt der Plastik.
führen kann. Es spricht aus ihm die strenge Sachlichkeit des Handwerkers,
aber wir empfinden nichts von der Intensität des Gefühls, das uns doch als
eine I-Iaupteigenschaft mittelalterlichen Geistes erscheint. Anders verhält es
sich mit der zweiten und dritten Gruppe. Bei der zweiten Gruppe ist der
Ausdruck des Ornaments feierlich wie die gotische Architektur, in seiner
einfachen Form Abb. von innerlicher Schlichtheit oder Abb. voll
verhaltener Glut, in der reicheren Abb. und sehnsuchtsvoll bewegt, bis
ins Inbrünstige gehend. Das Ornament der dritten Gruppe, zumal bei der
Flensburger Truhe Abb. ist ganz mit leidenschaftlichem Ausdruck erfüllt,
innerlich durchwühlt bezeichnend, daß die Fialenblätter nicht aufwärts
streben, sondern in sich zurückiiuten, man empfindet hinter dieser gewaltig
formenden Kraft eine seelische Erregung von höchster Intensität, sodaß hier
fast die Grenze erreicht wird, an der das Kunstgewerbe in die von den
Fesseln des Technisch-Praktischen befreite reine Kunst übergeht. Bei andern
Werken der dritten Gruppe Abb. II und I3 und besonders bei der vierten
Gruppe herrscht ein heiterer, prächtiger Ton, der sogar zu einer für jene
Zeit auffallenden, ruhigen Harmonie abklingt.
Wollen wir mit allem Vorbehalt die Beziehung zu der sozialen
Gliederung jener Zeit suchen, so würde obwohl die meisten dieser Truhen
wohl kirchlichen Zwecken gedient haben die erste Gruppe dem gebun-
denen Denken des Bauerntums entsprechen, die zweite das kirchlich-religiöse
Fühlen jener Zeit zum Ausdruck bringen, die dritte und vierte Gruppe aber
bezeichnend sein für die Kreise der Vomehmen und besonders des aufstei-
genden Bürgertums, in denen jene für das Mittelalter so charakteristische
Mischung von Mystik und Weltfreudigkeit lebte, in denen aber auch im
Norden noch der phantastische Sinn und die leidenschaftliche Bewegtheit
altgermanischen I-Ieldenwesens nachklang.
KLEINE NACHRICHTEN 50-
KUNSTAUSSTELLUNG DES INVALIDENFONDS IN WIEN. Es gehört
zu den erhebenden Eindrücken der ernsten Kriegszeit, zu sehen, wie opferfreudig
und gabenfroh die Bevölkerung Österreichs den Einladungen des Kriegsfürsorgeamtes
gefolgt ist. Ein ganz spezielles und sehr interessantes Gebiet des Studiums bieten hier die
Sammlungen von jenen Objekten, welche Kunstwert besitzen, die eben sorgfältig geordnet
und gesichtet werden und teilweise auch schon ausstellungsfähig gemacht sind. Während
die kunstgewerhlichen Gaben noch nicht so weit geprüft und katalogisiert sind, daB
eine ganz abgeschlossene Aufstellungsweise möglich war, sind die Bilder und graphischen
Werke bereits so gehängt und angeordnet, daß ihre Zusammenstellung den Eindruck einer
kleinen Kunstausstellung macht.
Die verschiedenen Stockwerke eines großen Modehauses im III. Bezirk, welche dem
Kriegsfürsorgeamt zur Verfügung gestellt wurden, bergen nun die Resultate rühriger
Sammlertätigkeit, welche der Chef des Kriegsfürsorgeamtes Feldmarschalleutnant Löbl in
Szene zu setzen verstand.
Trotz der Ungunst der Zeit hat sich eine sehr stattliche Anzahl von Werken ein-
gefunden. Man braucht nur eine Mater dolorosa von J. V. Krämer oder das Schönbrunner
Interieur von C. Moll zu erwähnen, um zu kennzeichnen, welche künstlerisch und räumlich
hervortretenden Leistungen zu finden sind, oder nur darauf hinzuweisen, daß vom Karls-
ruher Dill und seiner Gattin zirka 20 kleine Bilder beigesteuert wurden, um deutlich zu
machen, wie gabenfreudig mancher zu finden war. Die bekannten Namen der Wiener
Schaustellungen sind vielfach vertreten und Ölbilder wie Aquarelle, Zeichnungen,
Radierungen, Kleinplastiken, Plaketten machen den Eindruck der Mannigfaltigkeit voll-
ständig.
Es ist weder die Liste der Einsendungen abgeschlossen, noch die Art der Nutzbar-
machung für öffentliche Wohltätigkeitszwecke festgestellt. Es sind nur Zeugnisse des
warmen Herzens, der freigebigen Hand aus jenen Kreisen, welche nicht in hohem Maße
mit Glücksgütern gesegnet sind, ja auch von solchen, welche gerne Not leiden, um anderer
Not zu lindern, gesammelt und vereinigt worden. Manches geräumte Atelier hat noch ein
Zeugnis seines Bestandes hierhergesendet und manch ein eifriger Sammler hat das
Resultat langer Mühen als freiwillige Gabe zur Verfügung gestellt. So mag diese Sammlung
von Kunstgegenständen nicht bloß aus Interesse für das wertvolle Objekt sondern auch im
Hinblick auf den nicht geringen Inhalt an menschlichen Dokumenten studiert werden.
Für die treffliche, kundige Verfolgung des Zieles in ihren weiteren Stadien bürgt die sorg-
fältige Handhabung der ganzen Aktion, der sachkundige, erfahrene Mitarbeiter zur
Verfügung stehen. Es ist dafür gesorgt, daß die Widmungen für den wichtigen Zweck
in günstigster Weise verwertet werden. Die jetzige Aufstellung ist ein vorbereitender
Schritt hierzu.
SCHLOSS MÜNICHAU BEI KITZBÜHEL IN TIROLR" Hofrat m. J. M.
Eder hat durch Herausgabe einer Publikation über das nunmehr zerstörte Schloß
Münichau in Tirol einen Akt der Pietät ausgeübt. Das ursprünglich dem bayerischen
Geschlecht der Münichauer gehörige wahrscheinlich um die Mitte des XV. jahrhunderts
erbaute Schloß ging später in den Besitz der Lambergischen Familie über und fiel trotz
Einspruches maßgebender Kreise vor kurzem einer rücksichtslosen Zerstörung zum Opfer.
Da es nicht nur für die Geschichte der Reformationszeit und die Tiroler Adelsgeschichte
von Interesse war, sondern auch als Baudenkmal Wert besaß, ist das Fehlen seiner charak-
teristischen Erscheinung allen jenen schmerzlich, die es noch vor kurzem kannten. In
einer Reihe von Abbildungen, deren Mehrzahl von Professor Georg Brandlmayr gezeichnet
oder radiert wurde, wird das stattliche burgartige Aussehen des Bauwerkes festgehalten.
Die Umfriedung mit Mauer und Ecktürmen war noch erhalten. Dem Baukörper war durch
seinen dreigeschossigen Aufbau und drei schlanke Rundtürme eine ausgesprochene Höhen-
entwicklung gegeben, die um so mehr wirkte, als der Talkessel, in dem es stand, dem Bau
eine ebene Umgebung und hochragende Kulissen gab. Solche Denkmäler einer formal
einfachen, aber durch Aufbau und Massenverhältnisse wirksamen Bauweise alter Zeiten
verdienen um so mehr eine Beachtung, wenn ihre Entstehung und Geschichte durch viel-
fältige Beziehungen mit der Landesentwicklung verknüpft ist. Diese Geschichte urkundlich
festgelegt und erörtert zu haben, ist ein Verdienst des Textes. Die k. k. Graphische Lehr-
und Versuchsanstalt hat der Veröffentlichung eine sehr sorgfältige Ausstattung gegeben.
H. F.
OFFIZIELLER KRIEGSBECHER 191411915. Diese unter dem Protektorat
Seiner Majestät des Kaisers stehende, von dem Statthalter in Steiermark Grafen
Manfred Clary und Aldringen angeregte Erinnerungs- und Kriegshilfsalrtion bringt Kriegs-
becher in vier Ausführungen in den Handel. Zwei davon sind Glasbecher, die andern
sind aus hochpoliertem Geschoßstahl, innen stark vergoldet. Sämtliche Becher sind von
stark vergoldeten Bronzereifen umgeben, weiche Professor Marschalls Relief bildnisse der
verbündeten Monarchen tragen. Kernstock hat die Sprüche für die Reifen der Becher
Kommissionsverlag von Artaria Co.
gewidmet. Die offiziellen Kriegsbecher sind nicht bloß durch die Vertriebszentrale Wien,
1., Graben 16, zu beziehen, sondern auch durch fast alle vornehmen Geschäfte in Österreich-
Ungarn und Deutschland.
Seine Majestätder Kaiser hat dieser Erinnerungs- und Kriegshilfsaktion eine Spende
von 5000 Kronen zugewendet.
UNSERE HEERFÜHRER. Das Kriegsfiirsorgeamt des k. u. k. Kriegsministe-
riums gibt im Einvernehmen mit dem Armeeoberkommando ein Werk heraus, das
in fünf Serien zu je 40 Kunstblättern 200 vom Maler Oskar Brüch gezeichnete Porträte
unserer und unserer Verbündeten Heerführer enthalten wird. Der Preis einer Lieferung
des Werkes, durch dessen Verkauf der Kriegsüirsorge eine neue Hilfsquelle erschlossen
werden soll, beträgt xo Kronen.
XTE WAFFEN AUS DER SCHWEIZ Architekt C. Boissonas, Genf, der
nicht nur eine rege Bautätigkeit, ein erfolgreiches Wirken im öffentlichen Leben,
sondern auch eine beharrliche Sammlertätigkeit auf einem interessanten Gebiet der Waffen-
kunst entfaltete, hinterließ eine große Zahl früher Schweizer WaEen. Diesen Stücken, die
von den ältesten Zeiten bis zum Ausgang des Mittelalters reichen, ist eine sehr ausführliche
und gute Veröffentlichung in Buchform gegeben worden. Sie enthält außer den genauen
Markenverzeichnissen 33 Lichtdrucktafeln, welche die mächtigsten Stücke in großem Maß-
stabe sehr anschaulich wiedergeben. Es sind nicht Prunkstücke von omamentalem Reich-
tum, sondem hauptsächlich Hippen und Halbarten, also Stangenwaffen, dann Schwerter
und Bauernwaffen, von einfacher, aber handwerklich tüchtiger und charakteristischer Form
und Ausführung. Es sind Stücke, die nur jemand sammeln kann, der Verständnis und Liebe
für das Handwerk des Schmiedes besitzt und nebenbei jene Behan-lichkeit, welche allen
Varianten der bevorzugten Waffe nachspürt.
Ein bestimmtes Gebiet der alten Waffentechnik ist damit aufgehellt und durch so
anschauliche Abbildungen klargestellt, daß das Buch ungemein unterrichtend wirkt. H. F.
MI EILUNGEN AUS DEM K. K. OSTER-
REICHISCHEN MUSEUM 51b
AUSZEICHNUNG. Seine k. und k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchster
Entschließung vom 17. August d. J. dem Kuratoriumsmitgliede des Österreichischen
Museums, Statthalter im Herzogturn Steiermark, Geheimen Rate Manfred Grafen Clary und
Aldringen das Großkreuz des Leopold-Ordens mit Nachsicht der Taxe allergnädigst zu
verleihen geruht.
AUSSTELLUNG ÖSTERREICHISCHEN KUNST- UND EXPORT-
GLASES. Am 31.Juli Vormittags um 1x Uhr wurde im Österreichischen Museum
eine reichhaltige Ausstellung der heimischen Kunstglas- und Exportglasindustrie durch
Seine Exzellenz den Herrn Minister für öffentliche Arbeiten Dr. Ottokar Trnka in Anwesen-
heit zahlreicher geladener Gäste eröHnet. Es waren erschienen Ihre Durchlauchten Fürstin
Montenuovo und der Präsident des Kuratoriums des Osterreichischen Museums Prinz Franz
von und zu Liechtenstein, Ihre Exzellenzen Minister für Kultus und Unterricht Dr. Ritter
von Hussarek, Handelsrninister Dr. Schuster von Bonnott, Minister a. D. Dr. von Wittek, die
Sektionschefs Dr. Adolf Müller, Dr. Pranter und Burger, die Hof- und Ministerialräte
Dr. Borkowski, Dr. Dlabac, Dr. Fischer, von Förster-Strefßeur, Freiherr von Klimburg,
Dr. Pawlitza, Freiherr von Präzak, Dr. Schima, Sustersic, die Ministerialsekretäre Dr. Berg-
Herausgegeben von Richard Karl Schmid Co., Berlin.
mann, Dr. Rücker und Beresina, General der Infanterie von Tisljar, Konteradmiral Schanzer,
Generalmajor Kuchinka, Polizeipräsident Baron Gorup, der Direktor des k. k. Gewerbe-
förderungsamtes Hofrat Dr. Vetter mit Sekretär Dr. Herz, Vizepräsident der niederöster-
reichischen Handels- und Gewerbekammer Kitschelt mit Sekretär Dr. Pistor, Präsident
der Reichenberger Handels- und Gewerbekammer Kirchhoff, Direktor der Hofbibliothek
Hofrat von Karabacek, Hofrat Professor Dr. Neuwirth, der Direktor des k. k. Lehrmittel-
bureaus Regierungsrat Stübchen-Kirchner, der Präsident des Österreichischen Werkbundes
Freiherr von Bachofen, der Präsident des Wiener Kunstgewerbevereines Kommerzialrat
Ermer mit den Verwaltungsräten Beschorner, Falkenstein, Günther, Krampolek, Meltzer,
Papke, die Vizepräsidenten des niederösterreichischen Gewerbevereines Stoll und Krause,
der Präsident der ständigen Ausstellungskommission Dr. Faber, der Vizepräsident des
Gremiums der Wiener Kaufmannschaft Josef Vinzl, der Direktor der Kunstgewerbeschule
Professor Roller mit Professor Dr. Strnad, Vorstand und Vorstandstellvertreter der
Genossenschaft der bildenden Künstler Professor Damaut und Ranzoni mit den Künstlern
Konopa, Professor Freiherr von Krauß und Professor Kundmann, Vorstand des l-lagenbund
Architekt Keller, die Museumsdirektoren Professor Kristinus Budweis, Julius Leisching
Brünn, Rath Graz, die Glasindustriellen Lobmeyr, Bakalowits, Bayermann Haida,
Goldberg l-Iaida, Dr. von Sprung Firma Spann, Klostermühle, Meltzer Langenau,
Münzel Langenau, Oertel Haida, Oppitz Haida, Fr. F. Palme Steinschönau, Schmid
Annathal, Zahn l-Iaida.
Seine Exzellenz der Herr Minister und die Ehrengäste wurden empfangen vom Direktor
Hofrat Dr. Leisching, Vizedirektor Regierungsrat Dr. Dreger, Kustos Dr. Schestag, Ama-
nuensis Dr. von Schönbach, l-Ierrenhausmitglied Lobmeyr und dem Präsidium des Ver-
bandes der nordböhmischen Glasindustrie, den Herren Franz Friedrich Palme, kaiserlicher
Rat Oppitz und Bayermann, sowie Fachsehuldirektor Strehblow.
Der Präsident des Verbandes der nordböhmischen Glasindustrie Franz Friedrich
Palme hielt an Seine Exzellenz den Herrn Minister für öffentliche Arbeiten folgende
Ansprache
"Euer Exzellenz!
Dank der weitblickenden Fürsorge des k. k. Ministeriums für öffentliche Arbeiten,
welches als oberste staatliche Behörde in den Angelegenheiten der Gewerbeförderung
dem heimischen Kunsthandwerke stets die wohlwollendste Unterstützung hat zuteil werden
lassen, ist es der österreichischen Kunstglas- und Exportglasindustrie ermöglicht worden,
an dieser hervorragenden Pfiegestätte kunsthandwerklicher Arbeit eine Ausstellung zu
veranstalten, welche die Aufmerksamkeit weiter Kreise der staatlichen und autonomen
Behörden, des Publikums und der Kaufleute des In- und Auslandes neuerlich auf diesen
künstlerisch und wirtschaftlichbedeutenden Zweigdes österreichischen Schaffens lenken soll.
In schwerer Zeit haben wir dieses Unternehmen gewagt. Auch die Glasindustrie
Österreichs befindet sich gegenwärtig in einem Notstande. Zahlreiche Betriebe mit ihren
hausindustriellen Werkstätten sind zum Stillstande gekommen, viele andere in ihrer Tätig-
keit wesentlich eingeschränkt, weite Kreise der Edelarbeiter, auf deren hochentwickeltem
Schaffen die Bedeutung unserer Tätigkeit ruht, befinden sich in emstem Kampfe ums
Dasein. Wir alle haben aber den festen Willen, auszuhalten, und dies wird und muß uns
gelingen. Wir wollen mit dieser Ausstellung ein Bekenntnis ablegen ein Bekenntnis
unserer Arbeitswilligkeit und unseres festen Vertrauens auf eine segensreiche Zukunft der
kulturellen und wirtschaftlichen Arbeit unseres Vaterlandes, das sich in dem uns aufge-
drungenen furchtbaren Ringen der Völker so stark und unüberwindlich erwiesen hat. Wir
bitten unsere Leistungen zu prüfen und werden alle Ratschläge und Anregungen mit
schuldiger Aufmerksamkeit und Erkenntlichkeit entgegennehmen.
Der hohen Regierung danken wir innigst für die Zulassung und Durchführung dieser
Ausstellung. Wir Vertreter des Verbandes der nordböhmischen Glasindustrie danken aber
auch herzlichst unseren Kollegen aus den andern Teilen Böhmens und aus Wien für ihre
Mitwirkung und sind besonders glücklich darüber, vor allem auch den Altmeister Ludwig
Lobrneyr an unserer Spitze begrüßen zu können.
Gestatten Euer Exzellenz, daß ich namens der Aussteller mit dem nochmaligen Aus-
drucke unseres wärmsten Dankes die Bitte an Euer Exzellenz richte, die Ausstellung
eröffnen zu wollen."
Seine Exzellenz Minister Dr. Trnka ergriff hierauf das Wort zu nachfolgenden
Ausführungen
"Meine sehr geehrten I-Ierren! Für die freundlichen Worte der Begrüßung und Aner-
kennung, die soeben gesprochen worden sind, sage ich Ihnen den herzlichsten Dank.
Wenn es schon in den Zeiten des Friedens eine der vomehmsten Aufgaben des mir
anvertrauten Ressorts ist, den gewerblichen Mittelstand in seinem wirtschaftlichen Gedeihen
zu fordern und ihm alle hierzu dienenden staatlichen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen,
so ist diese Aufgabe durch den nun schon ein Jahr andauernden Krieg zu einer noch
ernsteren, noch dringenderen geworden. Es gilt, den durch den Krieg in ihrer Existenz
betroffenen Gewerbezweigen über alle Schwierigkeiten hinwegzuhelfen, insbesondere aber
wenigstens einigermaßen Ersatz zu schaffen für das plötzliche Nachlassen des Bedarfes
im Inland und für die großen Ausfälle, die sich aus unserer Blockierung durch das feind-
liche Ausland ergeben. Das Ministerium für öffentliche Arbeiten ist nach Kräften bestrebt,
dieser Aufgabe gerecht zu werden. Wo sich nicht die Möglichkeit bot. direkt Bestellungen
zu vermitteln, hat das Ministerium wenigstens versucht, dem heimischen Publikum die
Leistungsfähigkeit des Gewerbes vor Augen zu fuhren und so einerseits die Produktion
selbst zu fördern, andrerseits die Kauflust der Konsumentenkreise zu beleben.
Ich darf an die kleine Ausstellung von qualitativ hochwertigen und dabei auch für
Minderbemittelte erreichbaren Kriegsandenken erinnem, die im letzten Winter in diesem
Hause stattgefunden hat, unter schöner Beteiligung auch Ihrer Industrie; und an unsere
zunächst bei den Bekleidungsgewerben angesetzten Versuche, den Konsumenten dafür zu
gewinnen, daß er sein Geld nicht mehr aus Modelaune in das feindliche Ausland trage, wo er
doch bei uns in Geschmack und Güte Gleichwertiges oft um billigeren Preis beschaffen kann.
Der Kriegszustand hat auch für Ihre Industrie, meine Herren, für Arbeitgeber und
Arbeitnehmer schwierige Verhältnisse geschaffen. Sorge und Not haben sich vielfach ein-
gestellt. Aber darum wollen wir nicht die Hände in den Schoß legen; es gilt, Ihre hoch-
wertige und leistungsfähige Industrie auch in der Kriegszeit zu beschäftigen, ihr einen
Stock von geübten, tüchtigen Arbeitern zu erhalten, deren Abgang einen nicht ersetzbaren
Schaden bedeuten würde. Und es sollen auch nicht die Früchte jener Arbeit verloren
gehen, die bisher vom Staate für die Industrie geleistet worden ist. Zwei Fachschulen sind
in den Dienst Ihrer Industrie gestellt; die schon im Jahre 1856 als Privatlehranstalt
für Fachzeichnen und Modellieren errichtete und dann im Jahre 1880 verstaatlichte Schule
in Steinschönau und die Schule in I-Iaida, die im Jahre 1870 als Privatschule gegründet
und im Jahre x877 vorn Staate übemommen worden ist. Beide Schulen sind seit dem
Bestande des Ministeriums für öffentliche Arbeiten bedeutend ausgestaltet worden, so
Steinschönsu durch Beistellung von Apparaten für Gravieren, Glasschneiden und Schleifen,
Haida durch Angliederung einer Versuchsglashütte. Sie beschränken sich nicht darauf, in
der Anstalt selbst die verschiedensten Zweige der Glasveredlun und -verzierung zu lehren,
sondern sollen auch durch Wanderunterricht alle neuen Techniken vermitteln.
Eben sind wir auch noch daran, an die Fachschule in I-Iaida nach dem Muster der
Steinschönauer Schule ein Zeichenatelier anzugliedern, das den Interessenten gediegene
Muster zur Verfügung stellen wird.
Die beiden Anstalten sollen aber auch femerhin einer lebenskräftigen Industrie zu
dienen haben.
Die Ausstellung, auf deren Durchführung Sie, meine Herren, selbst Gewicht gelegt
haben und die ein lebendiges Zeichen unserer Zuversicht und unseres Selbstvertrauens ist,
420
bietet uns eine reiche Sammlung schöner Kunstglaserzeugnisse und eine Abteilung von
Exportwaren. Wir hoffen, daß der Fleiß und das Geschick, mit denen es die Industrie
verstanden hat, für ihre Produkte in der weiten Welt reichen Absatz zu finden, nicht ver-
loren gegangen sind und daß sich das neutrale Ausland auch jetzt für unsere Exportware
interessieren werde. Wir hoffen von der Kunstglasausstellung, daß sich vor allem das
heimische Publikum für Ihre Erzeugnisse interessiere. Am Anfang des Krieges wurden
freilich alle nicht unmittelbar dringenden Bedürfnisse zurückgestellt, nun aber, da der
Krieg schon über ein Jahr dauertund wir beweisen konnten, daß wir die feste Absicht
haben, militärisch und wirtschaftlich durchzuhalten, wird auch das Publikum geneigt und in
der Lage sein, Bedürfnisse zu decken, die nicht zur engsten Lebensnotwendigkeit gehören.
Mit dem aufrichtigen Wunsche, daß Ihre Bemühungen um das Zustandekommen
dieser Veranstaltung den verdienten Lohn finden mögen, erkläre ich die Ausstellung für
eröffnet."
Hierauf trat Seine Exzellenz den Rundgang durch die Ausstellung an und wurde hier-
bei von den Herren Direktor Hofrat Dr. Leisching, Franz Friedrich Palme, dem Obmanne
des Verbandes der nordböhrnischen Glasindustriellen, sowie von Direktor Strehblow, Leiter
der Fachschule in I-Iaida, geführt, welche die erforderlichen fachtechnischen Aufklärungen
gaben.
Wir werden im nächsten Hefte der Monatsschrift einen reich illustrierten Bericht
über die Ausstellung bringen.
ARTUR GRAF BYLANDT-RHEIDTT. Am 6. Juli starb in Baden bei Wien das
Kuratoriumsmitglied des Österreichischen Museums, Minister a. D. Artur Graf Bylandt-
Rheidt. Der Verblichene gehörte dem Kuratorium des Instituts seit dem Jahre x89g an.
PERSQNALNACHRICHTEN. Der Finanzminister hat das Mitglied des Kura-
toriums des Österreichischen Museums Sektionschef im Ministerium für öffentliche
Arbeiten Dr. Adolf Müller und den Hofrat und Direktor des Österreichischen Museums
für Kunst und Industrie Dr. Eduard Leisching zu Mitgliedern des Sachverständigenbeirates
der Hof- und Staatsdruckerei für die gegenwärtige Funktionsperiode emannt.
NEU AUSGESTELLT. Der Inhalt der rat- Textilfachleute bestimmten Sonder-
ausstellung älterer österreichischer Webereien siehe Seite 322 dieses Jahrgangs
wurde mit Beginn des August vollständig erneut und verbleibt bis Anfang September. Die
Ausstellung ist täglich mit Ausnahme des Montags von bis Uhr zu besichtigen
nach vorhergehender Anmeldung bis auf weiteres auch zwischen und Uhr.
BESUCH DES MÜSEÜMS. Die Sammlungen und Ausstellungen des Museums
wurden in den Monaten Juni und Juli von 7.626 Personen, die Bibliothek von
r.g2 Personen besucht.
KUNSTGEWERBESCHULE. "EITELBERGER-PREIS." Die unter dem
Präsidium des Herrenhausmitgliedes Ludwig Lobmeyr stehende Gesellschaft zur
Förderung der Kunstgewerbeschule" hat zur bleibenden Erinnerung an Hofrat Eitelberger
von Edelberg, den Begründer des k. k. Österreichischen Museums und der mit diesem
verbundenen Kunstgewerbeschule, und zur Bekundung der gemeinsamen Interessen dieser
beiden Institute einen Preis in der Höhe von 600 Kronen, der Eitelbergers Namen trägt,
geschaffen und diesen Eitelberger-Preis heuer dem Schüler Josef Pfaifenbichler des
Professors Anton Ritter von Kenner für ein in gebranntem Ton ausgeführtes Kruzifix
zuerkannt.
Alle für "Kunst und Kunsthandwerk" bestimmten Sendungen sind an die Reduktion dieser Monntsschrift.
Wien, I., Smbenring zu richten. Für die Redaktion verantwortlich Franz Ritter.
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JOSEF FU HRICH
I.
VON DR. MÜRIZ DREGER. PIERAUSGEGEBEN
VOM K. K. MINISTERIUM FUR KULTUS UND
UNTERRICHT
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Textband. 40A. 17 Bogen mit 45 Illustrationen in Lichtdruck
und Zinkätzung, davon farbig. Tafelband im Formate
4536 Zentimeter, mit 60 Tafeln in Lichtdruck und Heliogra-
vüre. Einmalige Ausgabe in SOO Exemplaren und 65 un-
verkäuflichen Dedikationsexemplaren. Subskriptionspreis
für beide Teile gebunden in Original-Halbleinenband 96."
Die Erhöhung des Preises wird vorbehalten.
Dieses Werk erschien als dritte Veröffentlichung in einer vom
k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht herausgegebenen
Serie von Werken, die das Schaffen hervorragender österrei-
jri chischer Künstler in musterhaften Wiedergaben und in monu- jci
mentaler Weise zur Anschauung bringen sollen. Der Verfasser
Regierungsrat Vizedirektor Dr. Dreger, Dozent an der Wiene;
Universität und an der Akademie der bildenden Künste in
Wien hat sich seit langem mit Führich beschäftigt und konnte ÄCi
bisnun ganz unbekannte Quellen benützen. Der Tafelband
enthält fast durchaus Werke, die bisher niemals oder nicht
unmittelbar nach den Originalen wiedergegeben worden sind.
JQSEF FUI-IRICI-IS WERKE
nebst dokumentarischen Beiträ en und Bibliographie, gesammelt von
HEINRICH VON WOERbgDLE unter Mitwirkung von ERICH
STROHMER. Herausgegeben vom k. k. Ministerium wir Kultus und
Unterricht mit Abbildungen. Preis broschiert 15 in Original-
Leinenband 166D. Dieser "Oeuvre-Katalog" bildet die Ergänzung
zu der oben angezeigten großen Monographie. Beide Werke sind zu
beziehen durch alleBuch- und Kunsthandlungen sowie durch den Verlag.
KATALOG UND HISTORISCHE
EINLEITUNG "VON j. FOLNESICS
ERSTER VIZEDIREKTOR DES K. K. ÖSTERREICHISCHEN
MUSEUMS FÜR KUNST UND INDUSTRIE
Die umfassende Bedeutung dieser Sammlung ließ" es berechtigt erscheinen, dem
eigentlichen Katalog eine historische Einleitung vorangehen "zu lassen, die in großen
Zügen an der Hand der vorhandenen Objekte ein Bild der geschichtlichen Entwicklung
der Wiener Porzellanfabrik vor Augen führt und die Bedeutung der einzelnen besonders
hervorragendenObjek- in farbigen Autotypien
te klarlegt. Sie stammt "wer, von LÖWY ausge-
aus der Feder des Mit- ßff-j 131.? fuhrt, welche die cha-
arbeiters an der 1907 BILLIGE rakteristische Farben-
erschienenen bereits .1 gel-lx-fi Ä. wirkung der Originale
vergriffenen umfang- gfäj; ig-ts" mit bisher kaum er-
reichen Geschichte der reichter Treue veran-
Wiener Porzellanma- schaulichen.
nufaktur, des ersten Das Werk er-
Vizedirektors am k. k. scheint im Format die-
Österreichischen Mu- ses Prospektes in ei-
seum, Regierungsrates ner auf 350 Exempla-
JOSEF FOLNESICS, i-ägi re limitierten Auflage,
und ist mit 86 Tafeln Jj; vonwelcher300Exem-
versehen, die uns 220 Ku- 11- plare mit den Num-
dererlesensten 0derge- mern bis 300 in den
schichtlich bedeutend- 31 Handel gelangen.
sten Stücke der Samm- .4 Der in Leder ge-
lung vorführen. Davon gRÜlCTor'leIalflTäIiii1Tßg-'fji' bundene Band enthält
sind 20 Tafeln teils in PYJIMMM' 75W etwa 20 Druckbogen
Farbenlichtdruck, teils Text auf Büttenpapier
und 86 Volltafeln, davon 10 Farbenlichtdrucke, 10 farbige Autotypien und 66 einfarbige
Lichtdruektafeln. DER SUBSKRIPTIONSPREIS FÜR EIN GEBUNDENES
EXEMPLAR BETRAGT l00'- M. DIE ERHOHUNG DES LADEN-
PREISES NACH ERSCHEINEN DES WERKES IST VORBEHALTEN.
Subskriptionen werden von allen Kunst- und Buchhandlungen entgegengenommen
sowie vom Verlag ARTARIA CO
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