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vmmc von ARTARIA s. Co. In wlm. XlX.JAHRG.1916. man uno s.
KUNST UND KUNSTHANDWERK
um JÄI-IRLICH 12 HEFTE um
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Abonnements werden in allen Buch- und Kunsthandlungen,
im k. k. Osterreichischen Museum, sowie von der Verlags-
handlung Artaria Co., I., Kohlmarkt Nr. übernommen
Inhalt KU-lt-HOFTISGHLER
Berhard Strigel in Wien Sei" G.
von Hans Ankwicz 281
Reichsadlergläser,
Gruppierungsver-
suche von Walter
Stengel 322
Das Hoetger-Museum
von Erich Cüpper in
Aachen von Paul H.
Schmidt .339
Aus dem WienerKunst-
leben von Hartwig
Fische 342
Kleine Nachrichten 345
Mitteilungen aus dem
k. k. Österreichischen
Museum 348
Literatur des Kunstge-
werbes 349
4127"
VÄBINSIB LERPIATZ 31x
201.
BERNHARD STRIGEL IN WIEN S0 VON HANS
VON ANKWICZ-WIEN Sie
ASS zu Anfang des XVI. jahrhunderts in Wien und
Niederösterreich eine verhältnismäßig lebhafte
Kunsttätigkeit geherrscht hat, weiß man eigent-
lich erst, seitdem die nunmehr systematisch
in Angriff genommene Inventarisierung unseres
Kunstbesitzes wider Erwarten das Vorhandensein
einer ganz respektabeln Zahl von Denkmälern der
Malerei und Plastik aus jener Zeit ergeben hat
Freilich sind es vorläufig noch namenlose"
Werke, mit denen wir es da zu tun haben, denn
noch sind wir namentlich auf dem Gebiete der
Malerei nicht so weit, um irgend eine der damaligen einheimischen
Künstlerindividualitäten in ihrem lokalen Wirken abgrenzen oder gar nach
der biographischen Seite hin fassen zu können. Das wird erst möglich sein,
wenn es der Forschung gelungen ist, zwischen den in Urkunden und Amts-
büchern erwähnten Künstlernamen und dem zur Verfügung stehenden
Bildermaterial die richtige Beziehung herzustellen. Da steht es fast noch
besser um unser Wissen über die damals in Österreich tätigen auswärtigen
Künstler. Zwischen 1502 und 1504 hat, wie Dörnhöffer nachwies," Lukas
Cranach auf niederösterreichischem Boden gearbeitet, und in den ahren
1515 und 520 weilte der berühmte schwäbische Maler Bernhard Strigel in
Wien, um für Kaiser Maximilian I. und seinen Rat Dr. Cuspinianus einige
Arbeiten an Ort und Stelle auszuführen. Die Strigel-Forschung hat dem Auf-
enthalt des Meisters in Wien immer eine ziemliche Bedeutung beigemessen,
da die in dieser Stadt entstandenen Gemälde einen wichtigen Platz in seinem
Oeuvre einnehmen. Allein über die näheren Umstände dieser Reisen ist man
so gut wie gar nicht unterrichtet und es soll daher im Folgenden der Versuch
unternommen werden, auf Grund neuer Materialien in die mit der Anwesenheit
Strigels in Niederösterreich zusammenhängenden Fragen einige Klarheit
zu bringen.
Zum Ausgangspunkt unserer Untersuchung nehmen wir dabei das
Verhältnis Strigels zu dem kaiserlichen Rat Dr. Johann Cuspinian, dessen
jetzt auf Schloß Kreuzenstein befindliches Familienporträt jene bedeutungs-
volle Inschrift trägt, durch die der Name Strigel überhaupt erst in die
Kunstgeschichte eingeführt worden ist. Es wird sich mit Rücksicht auf
Neben der Österreichischen Kunettopographie" machen sich gegenwärtig in erster Linie die von
Professor Wilhelm Suida herausgegebenen Österreichischen Kunstschätze" Wien, Verlag j. Löwy, sowie die
Publikationen des Wiener Altertumsvereines, des Vereine für Denkmalpliege und Heimatschutz in Nieder-
österreich", das "Kunstgeschichtliche jahrbuch der k. k. Zentrnlkommission" und die Monatsschrift des
Österreichischen Museums "Kunst und Kunsthandwerk" um die Aufhellung der niederösterreichischen Kunst-
geschichte des XV. und XVI. jahrhunderts verdient.
Jahrbuch der k. k. Zentrnlkommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen
Denlernale, Neue Folge ll. Band, 2. Teil Wien 1904, Spalte 175 E.
36
das Folgende empfehlen, über die Persönlichkeit dieses Wiener Freundes
Strigels zunächst einige orientierende Worte vorauszuschicken. Dr. Johann
Cuspinian sein eigentlicher Name lautete Spiessheimer nicht Spiess-
hammer, wie man so häufig liest,"' erblickte in der freien Reichs-
stadt Schweinfurt im Jahre 1473 das Licht der Welt, studierte zuerst
in Leipzig, dann seit 1493194 an der Wiener Universität, wo er
sowohl das philosophische wie das medizinische Doktorat erwarb und
an beiden Fakultäten Vorlesungen abhielt. Im Jahre 1500 zum Rektor
gewählt, wurde er ein Jahr später vom Kaiser zum Superintendenten der
Wiener Universität ernannt, ein Amt, das er bis zu seinem Tode innehatte.
1508 wurde ihm nach dem Ableben Konrad Celtis dessen ordentliche
Professur der Poetik und Rhetorik übertragen, doch verzichtete er schon
nach einigen Jahren auf sein akademisches Lehramt, um sich von 1510 an
durch mehr als ein Jahrzehnt fast ausschließlich der diplomatischen Tätigkeit
als kaiserlicher Gesandter in Ungarn zu widmen, in welcher Eigenschaft er
sich namentlich um das Zustandekommen der Doppelheirat zwischen den
Enkeln Maximilians I. und den Kindern König Wladislaws II. von Ungarn
bleibende Verdienste erwarb.
Im Herbste 1513 war Cuspinian nach elfjähriger Ehe mit Anna, der
Tochter des kaiserlichen Kammerdieners" Ulrich Putsch, Witwer geworden,
verheiratete sich aber, um seinen verwaisten Kindern wieder eine Mutter zu
geben, schon im folgenden Jahre aufs neue, und zwar mit Agnes Stainer, einer
Tochter des ehemaligen Wiener-Neustädter Bürgermeisters Hippolyt Stainer,
die ihm eine stattliche Mitgift ins Haus brachte. Eine Schwester dieser
Agnes, Margaretha, war mit Alexius Funck, einem gebürtigen Memminger,
vermählt, der durch mehrere Jahre die Würde eines Bürgermeisters von
Wiener-Neustadt bekleidete und am 3. Dezember 1521 in Memmingen, wohin
er wahrscheinlich wegen der damals in Österreich grassierenden Pest geflohen
war, gestorben ist." Ein Sohn des 1462 in die Memminger Geschlechterzunft
aufgenommenen Johann Funck, war Alexius schon gegen Ende des XV.Jahr-
Eine ausführliche Biographie Cuspinian wird aus der Feder des Schreibers dieser Zeilen nach dem
Kriege im Verlage von B. G. Teubner in Leipzig erscheinen. Einstweilen vergleiche man Horawitz in der
Allgemeinen Deutschen Biographie, Band IV, pag. 66a Aschbach, Geschichte der Wiener Universität, II. Band,
pag. 284 EL; Bauch, Die Reception des Humanismus in Wien Breslau 1903, pag. 48 f., 156 B1, und Ankwicz im
Monatsblatt des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich, VIII. Jahrgang 1909, pag. 237 ff.
Alexius Funck wurde in der St. Martinskirche zu Memmingen beigesetzt, an deren Westwand noch
heute sein Grabstein zu sehen ist. Die darauf angebrachte Inschrift, deren Kenntnis ich Herrn Stadtarchivar
Professor Dr. j. Miedel in Memmingen verdanke, lautet Anno dni. 1521 auf 3. tag Decembr. starb Alexi
Funck weiland Burgermaister zw W. Newstatt in Oesterreich. Dem got gnad." Die besonderen Umstände
des Pestjahres 1521 brachten es mit sich, daß Alexius Funck in seiner Vaterstadt und nicht in Wiener-
Neustadt, das ihm zur zweiten Heimat geworden, bestattet wurde. Denn in seinem vom 19. März 1515
datierten Testament Wiener-Neustädter Stadtarchiv, Ratsprotokoll lI, fol. CCCLIIQ verfügte er ausdrücklich
Vnnd ist mein bittn vnd begern mein leichnam zu der Erde zu bestatten hie bey vnnser lieben frswen
Thumbkirchen bey weilen lpolten Stainer meines lieben Schweher seligen begrebnuss". Und weiter heißt es
darin ltem ich verorden, das mein liebe hawsfraw mir zw meiner begrebnuß ain Stain vnd ein gedechnus
tafl machen sol lassen." Diese GedächtnistafeW, eine Darstellung des Todes Mariii mit den Bildnissen der
Stifterfamilie, existiert noch und wird gegenwärtig im fürstlich Liechtensteinschen Schlosse Greifenstein bei
Wien aufbewahrt. Vgl. meine Abhandlung Drei altdeutsche Tafelbilder im Schlosse Greifenstein an der Donau"
im Kunstgeschichtlichen Jahrbuch der k. k. Zentralkommission, Band IV 1910, Beiblatt Spalte 177 bis 19a,
woselbst eine Abbildung dieses Gemäldes und weiteres Material über Alexius Funck zu finden ist.
Abb. I. Bernhard Slrigel, König Ludwig II. von Ungarn Wien. Hofmuseum
St. Elisabethtag 149g als Zeuge und Bürger zu Wiener-Neustadt erscheint. Als
Bürgermeister ist er daselbst für die Jahre 1514, 1515 und 151 nachweisbar.
doch dürfte er dieses Amt bis zu seinem Tode innegehabt haben, weil während
seiner Abwesenheit im Jahre 1521 kein neues Gemeindeoberhaupt gewählt
wurde, sondern laut Urkunde des Wiener Stadtarchivs vom Montag nach
Judica 1521 ein gewisser Dr. Bernhardin Kirchlamnitzer als Verweser des
Burgermaisterambts zu der Newenstat" die Geschäfte der Stadt führte. Das
Verwandtschaftsverhältnis Funcks zu Cuspinian erhellt aus einem Eintrag
im Wiener-Neustädter Grundbuch Stadtarchiv, Gewerbuch fol. 424, wo
wir unterm Jahre 1524 lesen, daß ,-,Margaretha weilennt Alexien Fungkhen
verlassen wittib vnd Agnes Ir Swesster herrn Johann Cuspian sie doctor
etc. f. d. Stat Anwalt zu Wyenn Eeliche hawsfraw" nutz vnd gwer" eines
Hauses erhalten, das von weilennt Ipoliten Stainer an die obgenannten
bede geswistreid Margrethen vnd Agnesen Erblichen komen ist".
In dieser Verschwägerung mit einem Mitgliede der angesehenen
Memminger Patrizierfamilie Funck liegt nun der Schlüssel zum Verständnis
der Beziehungen Cuspinians zu Bernhard Strigel. Denn letzterer stand nach-
weisbar mit den Funcks in Fühlung ein Vetter des Alexius namens Wolfgang
Funck war zum Beispiel gleichzeitig mit Strigel Pfleger an der St. Martins-
kirche zu Memmingenf" in welcher schon 150g eine eigene Funkenkapelle"
existierte" und es ist daher als sicher zu betrachten, daß Meister Bernhard,
als er im Juli 1515 zum erstenmal nach Wien kam, es nicht versäumt haben
wird, seinen Landsmann Alexius Funck in Wiener-Neustadt aufzusuchen,
der ihn dann wieder mit seinem Schwager, dem einiiußreichen Wiener
Stadtanwalt Dr. Johann Cuspinian, bekannt machte. S0 öffneten sich dem
Künstler auf leichte Weise die Tore des gastfreundlichen Anwalthauses
und man versteht jetzt ohne weiteres, warum sich Cuspinian später gerade
von Bernhard Strigel malen ließ.
Forschen wir nach den Beweggründen, die den schwäbischen Meister
im Jahre 1515 in die Donauresidenz geführt haben, so wird man nicht
fehlgehen, wenn man als unmittelbare Veranlassung zu dieser Reise die
prunkvolle Doppelvermählung im Kaiserhause betrachtet, die in der am
22. Juli 1515 im Wiener Stephansdom erfolgten Trauung der Enkel
Kaiser Maximilians mit den Kindern des ungarischen Königs Wladi-
slaw II. ihre kirchliche Weihe erhieltfie" Eine so große Zahl von Fürst-
Vgl. die Auszüge aus den Mernminger Ratsprotokollen bei Robert Vischer, Neues über Bernhard
Strigel, Jahrbuch der königlich preussischen Kunstsammlungen, VI. Band 1885, pag. 50 1521, 28. August
Strigel soll anstat Wolff funcken Eberharten Zangmeister heißen die piieg zu sant Martin versehen";
pag. 56 1526, 8. juni Funckh und Strigel sein gebetten worden die pdeg bei St. Martin zu Verwesen". Wolf
Funck war ein Sohn des Andreas Funck, dessen jüngerer Bruder Johann der Vater unseres Alexius war.
Vgl. Paul von Stetten, Geschichte der adelichen Geschlechter in der freyen Reichs-Stadt Augsburg Augsv
burg 1762, pag. 223. Einer Schwester dieses Wolf Funclr namens Susanna vermachte Alexius Funck in seinem
Testament ein Legat von zum Gulden rheinisch Item Schaff vnd verorden Ich Susanna Andreen Funckhen
Tochter vrnb lrer getreuen dinst willen so Sy mir vnnd meiner Hausfrauen williclicben beweist hat,
zwayhundert gulden Reinisch".
Vgl. Robert Vischer, Beiträge zu einer Kunstgeschichte von Memmingen Allgäuer Geschichtsfreund,
IIX. Jahrgang, 1890, pag. 34.
Vgl. über den Wiener Kongreß von 1515 Xaver Liske, Der Congreß zu Wien im Jahre 1515, in For-
schungen zur Deutschen Geschichte, VII. Band 1867, pag. 463 5.; H. Ulrnann, Kaiser Maximilian 1., z. Band
Stuttgart rägl, pag. 54g Hi; A. Weidl, Der Wiener Kongreß im jahre 1515 und seine Vorgeschichte jahres-
bericht der mährischen Landes-Oherrealschule in Neutitschein xgogjzo.
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VXORHVYEKKKIN
ärdiwöxuixlxiu;
Abb. 2. Bernhard Su-igel, Kaiser Maximilian I. Wien, Sammlung Dr. Aiberl Figdor
lichkeiten hatten die Wiener bisher nie in ihren Mauern gesehen, denn
außer dem Kaiser und der Erzherzogin Maria waren auch die Könige
Wladislaw und Ludwig von Ungarn, die ungarische Prinzessin Anna, König
Sigismund von Polen und viele deutsche Reichsfürsten zur I-Iochzeitsfeier
erschienen, die ihrerseits wieder von den hervorragendsten Vertretern des
deutschen, österreichischen, ungarischen und polnischen Adels begleitet
wurden. Aber auch eine ganze Menge von Humanisten, Literaten und
Künstlern hatte dieses Ereignis nach Wien gelockt, die hier ein reiches
Betätigungsfeld zu finden hofften und auch tatsächlich fanden. Insbesondere
für Maler und Medailleure scheint es da mancherlei Arbeit gegeben zu haben.
So sind noch heute einige Gemälde erhalten, die das am 23. Juli 1515 in
Gegenwart des Kaisers abgehaltene Schauturnier, sowie das unter Teilnahme
des Hofes am Tage vorher gefeierte Beilager des Sigmund von Dietrichstein
und der Barbara von Rottal darstellenff und ebenso besitzen wir noch die
Denkmünzen, welche damals von dem durch Maximilian eigens nach Wien
berufenen Haller Münzmeister Bernhard Beham auf die Hochzeit des
Dietrichsteiners und von einem anderen Meister auf die Verlobung des
Kaisers mit der ungarischen Prinzessin Anna geprägt wurden."
Doch konnte sich wohl keiner dieser Künstler so hoher Aufträge rühmen
wie Bernhard Strigel, dem während der Kongreßtage die ehrenvolle Aufgabe
zuiiel, einzelne Mitglieder des Kaiserhauses zu porträtieren. Wie Gustav
Glück mit Recht vermutet hatfhl" ist ihm damals nicht nur die Ausführung
des Gemäldes Die Familie Kaiser Maximilians I." Katalog des Wiener
I-Iofmuseums Nr. 1425 Abb. sondern auch des Einzelbildnisses Ludwigs II.
von Ungarn Katalog des Wiener Hofmuseums Nr. 1428 Abb. übertragen
worden. Ludwig von Baldass-t setzt dann weiters auch die Entstehung
des trefflichen Maximilian-Porträts der Sammlung Dr. Albert Figdor in
Zwei im Besitze des Grafen Thun-I-lohenstein auf Schloß Kwassitz in Mähren befindliche Gemälde mit
der Darstellung des Schautumiers und des Dietrichsteinschen Beilagers beschreibt Mycielski in seinem Aufsatz
Kongres Wiederiski r. 1515 dwdch obrazach wspdlczesnych" Der Wiener Kongreß vom Jahre 1515 aufzwei
zeitgenössischen Gemälden im Kwartalnik historyczny", Rocznik IV 1890, pag. a4. Zwei ganz analoge Bilder
hängen auch im fürstlich Dietrichsteinschen Schlosse in Nikolsburg Mähren im sogenannten Kapellengange
des zweiten Stockwerkes. Vgl. Dr. Mathias Maria Feyfar, Die erlauchten Herren auf Nikolsburg Wien 187g,
pag. 107. Eine nähere Beschreibung derselben gibt J. Bergmann in seiner Abhandlung "Die feierliche Doppeb
Vermählung der Enkel Kaiser Maximilians I. und das Turnier in Wien im Jahre 1515, wie auch Sigmund's von
Dietrichstein festliches Beilager mit Barbara von Rottal in den Mittheilungen der k. k. Central-Commission
zurErforschung und Erhaltung der Baudenkmale, X. Jahrgang Wien 1865, auf pag. 177. Endlich findet sich
auch noch im Mährischen Landesmuseum in Brünn eine späte Kopie des Turnierbildes. Vgl. M. Trapp's Führer
durch das Franzens-Museum in Brllnn Brünn 1894, pag. 77.
Über die beiden von Bernhard Beham für Sigmund von Dietrichstein anno 1515 ausgeführten Denk-
münzen vgl. Domanig im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Band XIV,
pag. 17, und Domanig, Die deutsche Medaille in kunstv und kulturhistorischer Rücksicht Wien 1907, pag. f.
Die Denkmünze auf Kaiser Maximilians Verlobung mit Prinzessin Anna von Ungarn, die in der Legende als
IM. MAXI. DESPONSATA" bezeichnet wird. ist bei Ed. I-Ieyck, Kaiser Maximilian I. Monographien zur
Weltgeschichte, Band Bielefeld 1898 auf pag. 84 abgebildet. Der Kaiser ließ den Haller Mlinzmeister
Bernhard Beham schon im Juni 1515 nach Wien kommen, um von ihm zu Verehrungen" bestimmte Gold- und
Silbermünzen mit dem "Doppeldukaten-Eisen" schlagen zu lassen. Vgl. Jahrbuch der kunsthistorischen
Sammlungen, Band II, Regest 1194. 1197. und Domanig, Jahrbuch, Band XIV, pag. 1B. Solche Münzen
wurden, wie Cuspinian in seinem Diaxium de congressu" Freher-Struve, Rerum Germanicarum Scriptores,
Tom. II, Straßburg 1717, pag. 608 berichtet, am 24. Juli 1515 vom Kaiser beim Kartenspiel als Spielrnarken
an seine Gäste verteilt.
Vgl. Die Galerien Europas, Band VI Leipzig, E. A. Seemann, Nr. 470.
Baldass, Die Bildnisse Kaiser Maximilians I., im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des
Allerhöchsten Kaiserhauses, Band XXXI 1913, pag. 276.
Wien" Abb. in die Kongreßzeit, wozu ich als viertes Werk noch
das kleine Profilbildnis Kaiser Maximilians in der Wiener kaiserlichen
Gemäldegalerie Katalog des Hofmuseums Nr. 1426 Abb. anfügen
möchte, das dieselben Maße aufweist wie das Ludwig-Porträt 29 22 Zenti-
meter, also gewissermaßen als dessen Gegenstück anzusehen ist." Dieser
letztere Umstand scheint mir nämlich für die Datierung des Bildes von größerer
Bedeutung zu sein als die ikonographischen Abweichungen vom Bilde der
Sammlung Figdor, auf Grund deren Baldass das Gemälde des Hofmuseums für
das ältere hielt."""" Denn wir müssen folgendes in Betracht ziehen Das Bildnis
Ludwigs bildet für uns den sichersten, ja streng genommen den einzigenBeweis
für Strigels Anwesenheit beim Wiener Kongreß. Konnte ihm der Kaiser eben-
sogut an einem anderen Ort als Wien eine Sitzung gewährt haben, so ist diese
Möglichkeit bei Ludwig auszuschließen, der sich nur ein einziges Mal in
seinem Leben während des Kongresses in der Zeit vom 17. bis 31. Juli 1515
in Wien? und zweimal vom 31. juli bis 3. August 1515 und im Oktober 1523
in Wiener-Neustadtii- aufgehalten hat, sonst aber nie über die Grenzen seines
Reiches hinausgekommen ist. Da nicht anzunehmen ist, daß Strigel jemals
nach Ungarn oder Böhmen gekommen ist und überdies das in Rede stehende
Porträt den König als etwa neunjährigen Knaben zeigt was ja auch seinem
Alter zur Zeit des Kongresses entspricht so kann das Bild nur anläßlich der
ersten Reise Ludwigs nach Osterreich in Wien oder Wiener-Neustadt gemalt
worden sein und ist also die Entstehungszeit des Porträts und damit auch
Strigels Aufenthalt in Niederösterreich innerhalb der angegebenen Zeitgrenzen
17. Juli bis 3. August 1515 unzweifelhaft festgelegt.
Wenn nun mit diesem genau datierbaren Bild das oben erwähnte kleine
Maximilian-Porträt im Format bis auf den Zentimeter übereinstimmt, so kann
man aus dieser Tatsache wohl nicht nur auf den gleichen Besteller in
diesem Falle der Kaiser sondern auch auf die gleiche Entstehungszeit
schließen. Das Kaiserbild ist wahrscheinlich mit jenem petit tableau du chief
de Pempereur" identisch, das Baldass 1. c., pag. 272, Anmerkung in dem
vom 17. juli 15 16 datierten Inventar der Erzherzogin Margaretha, Statthalterin
der Niederlande, nachgewiesen hat; es dürfte also bald nach dem Kongreß in
den Besitz der Regentin gelangt sein. Vielleicht war auch das Ludwig-Porträt
Die Maße des Bildes sind nach einer Mitteilung des Herrn Dr. Ludwig von Baldass, der das Porträt
in seiner vorerwähnten Arbeit Tafel XXXV zum erstenmal publiziert hat, nachfolgende Höhe 35-8 Zentimeter,
Breite 27' Zentimeter. Es befand sich früher im Besitze des Lord Grinsthorpe in London.
Man hat früher mit diesen beiden Bildern auch noch drei andere, ungefähr gleich große Porträte
Ferdinand I. im Wiener Hofmuseum, Wladislaw II. in der Sekundärgalerie desselben Museums und
Margarethe von Parma in der Schweriner Galerie in Zusammenhang gebracht und von einer förmlichen
Folge" von Strigel-Bildem reden wollen. Allein, wie Baldass, l. c., pag. 277, Anmerkung mit Recht bemerkt, ist
diese Zusammenstellung schon aus dem Grunde eine rein willkürliche, weil das Bildnis Ferdinands und der
sogenannte Wladislaw II. in Wirklichkeit jemand ganz anderer gar nicht von Strigel herrühren, das Schweriner
Bild aber zwar von Strigel stammt, jedoch vermutlich keine Habsburgerin darstellt.
Vgl. Baldass, l. c., pag. 272.
Vgl. Cuspinians Diarium bei Freber, l. c., pag. 603 und 511.
Für den ernten Wiener-Neustädter Aufenthalt vgl. Cuspinian, l. c., pag. 611, für den zweiten, im Jahre
1523, Fraltndi, Ungarn vor der Schlacht bei Mohacs Budapest 1885, pag. 24, und L. Kolankowski im Kwsrtalnik
historyczny", Rocznik XXV 191 pag. 56 ff.
ZOO
für die Tochter des Kaisers bestimmt und miißte dann gleichfalls noch im
Laufe des Jahres 1515 oder anfangs 1516 nach den Niederlanden abgegangen
sein. Während der Kongreßtage selbst hat Strigel meiner Ansicht nach nur
zwei von den eben besprochenen vier Gemälden vollendet das Maximilian-
Porträt der Sammlung Figdor und das Einzelbildnis Ludwigs von Ungarn;
beide sind ohne Zweifel nach dem Leben gemalt. Die beiden andern Bilder
aber, das kleine Kaiserbild und das Gruppenporüät, erhielt er in Bestellung
und mag das erstere nach eigenen Skizzen daraus erklären sich die geringen
Abweichungen vom Maximilian-Porträt der Sammlung Figdor, das letztere
aber auch mit Benutzung fremder Vorbilder wohl noch in Wien begonnen
haben, wo ihm speziell für das Familienbild die nötigen Behelfe eher zur
Verfügung standen als in Memmingen. Denn da handelte es sich ja zum
Teil darum, Persönlichkeiten darzustellen, die längst nicht mehr unter den
Lebenden weilten, wie Maria von Burgundi" oder Philipp der Schöne, und
auch von den Erzherzogen Karl und Ferdinand mußte sich der Meister ander-
weitig Bildnisse verschaffen, da sie nicht persönlich zum Kongreß gekommen
waren. Die Idee zu dieser ziemlich gekünstelten Komposition wird man jeden-
falls dem Kaiser selbst zuschreiben müssen, der nach dem endlichen Gelingen
seiner I-Ieiratspläne, wie Glück meint, den Wunsch gehabt haben mag, die
Mitglieder der Familie, die zur Mehrung der Macht seines Hauses am meisten
beigetragen hatten und noch beitragen sollten, auf einem Bild vereinigt zu
sehen". So plausibel diese Erklärung erscheint, dürfte sie dennoch in dem
vorliegenden Falle nicht ganz das Richtige treffen. Denn nicht als Monument
pietätvollerErinnerung,nicht alsBeweis für den ausgeprägtenFamiliensinn des
Kaisers möchte ich dieses Bild auffassen, sondern als ein geschickt gewähltes
Requisit in jenem Meisterspiel der kaiserlichen Diplomatie, das in den Juli-
tagen 1515 in dem definitiven Abschluß der Doppelheirat seinen Triumph
über den so lange widerstrebenden ungarischen und polnischen Hof feierte.
Zu welchen Mitteln man damals griff, um sich die beiden Jagellonenkönige
willfährig zu machen, zeigt am besten die merkwürdige Urkunde vom
20. Juli 1515, in welcher Kaiser Maximilian den neunjährigen Ludwig von
Ungarn nicht nur als Sohn adoptierte und damit in die kaiserliche Familie
aufnahm, sondern ihn auch bei seinen Lebzeiten zum Generalreichsvikar und
nach seinem Tode zum Nachfolger in der Kaiserwürde ernannte."'"' Das
Gruppenporträt ist nun nichts anderes als eine Illustration zu diesem in der
Geschichte dynastischer Politik einzig dastehenden Dokument. Was die
Das Bildnis Marias von Burgund im Gruppenporträt stimmt mit den uns bekannten Bildern der ersten
Gemahlin Maximilians I. nicht überein, dagegen verrät es eine ziemliche Ähnlichkeit mit den Zügen der zweiten
Gemahlin des Kaisers, Bianca Maria, die Strigel auf einem im Besitze des Rittmeisters O. von Spitzel beündlichen
Gemälde Klassischer Bilderschau, herausgegeben von Reber und Bayersdorfer, Band Münchem Bruck-
mann 1898, Nr. 1413 in halber Figur gemalt hat. Wahrscheinlich stellt auch das Strigelsche Damenporträt im
Innsbrucker Ferdinandeum Abbildung in der Festschrift des Münchener Altertumsvereines 1914, pag. 130
die Kaiserin dar.
Die Galerien Europas, 6. Band, Nr. 470.
Vgl. iiber diese Urkunde Ulmann, Kaiser Maximilian I., Band Stuttgart 1891. pag. 550, und Liske
in den Forschungen zur Deutschen Geschichte", Band pag. 490 fl". Ein Abdruck dieser Urkunde findet sich
bei Pray, Epistolae procerum regni Hungariae, Pars Wien 1805, Nr. 49, pag. 49 bis 51.
Abb. 3. Bernhard Strigel, Kaiser Maximilian I. Wien, Hofmuseum
Adoptionsurkunde dem Jagellonensprossen in ihrem ersten Teil als besondere
Gunst verhieß die Aufnahme in das I-Iabsburgische Kaiserhaus, das wird
hier durch den Maler leibhaftig vor Augen gestellt, dessen Pinsel vielleicht
eine beredtere und eindringlichere Sprache führte als der tote Buchstabe
des Pergaments. Denn Strigel hat die Figuren so geschickt anzuordnen
verstanden, daß Ludwig, trotzdem er in die rechte Ecke gerückt ist, doch
eigentlich im Mittelpunkt des Interesses steht und nächst dem Kaiser
als die wichtigste Persönlichkeit des ganzen Gemäldes wirkt. Mit nicht
mißzuverstehender Gebärde hält er eine Papierrolle über die Brüstung,
hinter der er sitzt es ist der Adoptionsbrief, die Legitimation, die ihm das
Recht gibt, sich in diesem erlauchten Kreis als Gleichberechtigter aufzu-
halten. Und ebenso wohlberechnet ist die Handbewegung Karls V. sie
lenkt das Auge des Beschauers unwillkürlich auf Ludwig hin, und der
halbgeöffnete Mund des Erzherzogs scheint zu sagen Seht, das ist unser
neuestes Familienmitglied, unser jüngster Bruder!" Auch daß Maria von
Burgund, nach der Urkunde vom 20. Juli Ludwigs Adoptivmutter", gerade
hinter den Ungarnprinzen gestellt ist, geschah vielleicht nicht ohne Absicht.
Sie steht gewissermaßen schützend hinter dem Kinde und sieht frommen
Blickes nach aufwärts, wie wenn sie eben ein Gebet für dasselbe zum Himmel
senden würde. Der kleine König aber schaut mit stolzer Gelassenheit zur
Seite, als fühlte er, daß die allgemeine Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet sei.
Die Ausstellung der Adoptionsurkunde ist nach dem Wunsch des
Kaisers als strengstes diplomatisches Geheimnis behandelt worden; erst
nach dem Tode Maximilians im Jahre X519 drang die Kunde von ihrer
Existenz in die Öffentlichkeit, als Ludwig unter Berufung auf diese
Begnadung" seine Ansprüche auf die deutsche Kaiserkrone geltend
machen wollte. Da aber der Kaiser selbst niemals ernstlich beabsichtigt
hatte. die in jenem Dokument übernommenen Verpüichtungen auch
wirklich einzuhalten? betrieb er doch schon 1518 am Augsburger Reichs-
tage mit allem Nachdruck die Wahl seines Enkels Karl zum deutschen
Kaiser so erwies sich die Ausfertigung des Adoptionsbriefes letzten Endes
als diplomatisches Scheinmanöver und die Urkunde vorn 20. Juli 1515 als
wertloses Stück Papier. Dementsprechend dürfte auch das bei Strigel in
Auftrag gegebene Gruppenbildnis im Grunde nur für eine Augenblicks-
wirkung berechnet gewesen sein und es wird dem angestrebten Zweck, dem
Ehrgeiz der ungarischen Königsfamilie zu schmeicheln, genügt haben, wenn
Strigel noch während des Kongresses den versammelten Fürstlichkeiten
den ersten Entwurf dieses Gemäldes, zu dem er vom Kaiser selbst die
nötigen Direktiven empfangen, vorgelegt hat. Auch das wohlgelungene
Konterfei Maximilians und des kleinen Ludwig, die Vorstudien" für die
Vgl. Ulmanu, Kaiser Maximilian Band pag. 550 Ueber die staatsrechtliche Unsinnigkeit
dieses sicher nur als prunkvolles Schaugericht aufgetragenen Stückes ist kein Wort zu verlieren"; pag. 55x
Max hat trotz seiner gegentheiligen Behauptung sicher nie ernsthaft daran gedacht, die Kurfürsten in' dem
gedachten Sinn nämlich für die Wahl Ludwigs von Ungarn zu bearbeiten."
Dr. F. X. Weizinger hat in seiner jüngst erschienenen Arbeit Die Malerfamilie der ,Stn'gel' in der
ehemals freien Reichsstadt Memmingen" Festschrift des Münchener Altertums-Vereins zur Erinnerung an das
5ojährige jubiläum, München, H. Stobbe xgxq auf pag. x41 von dem Einzelporträt Ludwigs II. von Ungarn
in der kaiserlichen Gemäldegalerie behauptet, daß es genau nach dem Familienbild gemalt sei mit Abänderung
des Kostüms". Wie aus meinen obigen Darlegungen hervorgeht, ist gerade das Umgekehrte der Fall. Aber auch
große Komposition, mögen die Kongreßgäste noch gesehen haben. Aber
die fertige Tafel, die allem Anschcine nach dem ungarischen Hofe zugedacht
war und für die man vielleicht schon einen Ehrenplatz auf der Ofener
Burg reserviert hatte, bekamen weder Wladislaw noch Ludwig jemals
zu Gesicht. Der Meister hatte begreiflicherweise besondere Sorgfalt auf
ihre Ausführung verwendet und ein gutes Stück Zeit dazu gebraucht. Als
sie endlich vollendet auf seiner Staffelei stand, waren am politischen Horizont
so große Veränderungen vor sich gegangen, daß der Kaiser füglich darauf
verzichten konnte, das Bild seiner ursprünglichen Bestimmung zuzuführen.
Im März 1516 war nämlich Wladislaw II. gestorben und die ungarische
Nationalpartei, die schon vor dem Kongreß dem Habsburgischen Einiiuß
entgegengearbeitet hatte, bemächtigte sich nun sofort der Person des minder-
jährigen Königs und bekämpfte mit aller Macht die Ansprüche des Kaisers
auf die Führung der Vormundschaft, zu welcher er nach dem Wunsche des
sterbenden Wladislaw gemeinsam mit König Sigismund berufen war. Es
wäre unpolitisch gewesen, die Ungarn durch die Übersendung des Strigel-
schen Gemäldes, das so augenfällig auf die nahe Verbindung Ludwigs mit
dem Hause Habsburg hinwies, noch mehr aufzubringen, und so blieb das
Bild in des Meisters Händen, urn einige Jahre darauf, wie wir noch hören
werden, in Cuspinian einen neuen Besitzer zu finden.
Wenn wir uns nun fragen, wann Strigel-von den später hinzugesetzten
Überschriften über den Köpfen und der heiligen Sippe auf der Rückseite
abgesehen den letzten Pinselstrich an dem Gruppenporträt getan hat, so
steht uns da ein sehr gutes, bisher nicht genügend gewürdigtes Kriterium für
die annähernd genaue Bestimmung dieses Zeitpunktes zur Verfügung. Es ist
der Kranz auf dem Haupte Erzherzog Ferdinands. So richtig im allgemeinen
die Bemerkung Glücks war, daß die Kränze in den Haaren Ludwigs und
Ferdinands auf den Zusammenhang unseres Gemäldes mit der Doppelhochzeit
vom Juli 1515 hindeuten, so verfehlt wäre es doch, daraus auf die Vollendung
des Werkes in dem genannten Jahre schließen zu wollen. Vielmehr beweist
gerade die Tatsache, daß außer Ludwig auch Erzherzog Ferdinand mit
dem Kranz geschmückt ist, daß das Bild erst nach 1515 fertig geworden sein
kann. Wußte doch bis Ende März 1516 noch niemand, wer Ludwigs
Schwester, die Prinzessin Anna von Ungarn, heiraten würde der Kaiser,
Erzherzog Karl oder Erzherzog Ferdinand. Denn bekanntlich war am 22. Juli
1515 im Stephansdom zu Wien König Ludwig mit der Erzherzogin Maria,
mit der zwölfjährigen Prinzessin Anna aber in Abwesenheit seiner
Enkel der alte Kaiser selbst verlobt worden, der sich damals verpiiichten
L. von Baldass scheint mir zu irren, wenn er in seinen sonst so vortrefflichen Ausführungen über Die Bildnisse
Kaiser Maximilians I." auf pag. 276 die Ansicht vertritt, daß das Porträt König Ludwigs im Gruppenbild auf
einer andern Naturaufnahme beruhe als das Einzelbildnis. Denn wenn man das Spiegelbild des letzteren mit
dem Gruppenporträt vergleicht, ergibt sich eine völlige Übereinstimmung der Gesichtszüge und Konturen die
einzige Verschiedenheit liegt in den Augen des Königs, dessen Pupillen im Gruppenporträt etwas nach rechts
verschoben sind, um eine gewisse geistige Beziehung zu den übrigen Figuren des Bildes herzustellen; ich gebe
zu, daB dadurch unwillkürlich der Eindruck einer stärkeren Kopfwendung hervorgerufen wird, doch ist dies in
Wirklichkeit nur eine optische Täuschung.
Abb. 4. Bernhard Strigel, Tod der Maria Straßburg, Kunstmuseum
mußte, im Falle nicht einer seiner Enkel binnen Jahresfrist die Prinzessin
zur Gattin nähme, sie in eigener Person zu heiraten. Bartholinus hat uns
293
die Worte überliefertf die Maximilian bei dieser feierlichen Gelegenheit vor
dem Altare sprach Quanquam ego te uxorem meam fore dixi," sagte er zu
seiner jugendlichen Braut, sequestraque iide tu mihi iuncta es, tarnen ut vel
Carolo, vel Ferdinando nepotibus nubas, sententia est si vero neutri, tu mea
.uxor es." Es dauerte mehr als ein halbes Jahr, ehe sich infolge des ableh-
nenden Verhaltens Erzherzog Karls dessen Bruder Ferdinand entschloß,
den Großvater seiner lästigen Verpflichtung zu entheben und die ungarische
Prinzessin an seiner Statt zu ehelichen. Am 24. März I5r6 stellte Ferdinand
in Spanien eine Vollmacht zur Vornahme der Vermählung per procurationem
aus, und nachdem der Kaiser noch förmlich auf die Verbindung mit Anna
verzichtet hatte, kam es am 24. Juli 1516 in Wien zur Aufnahme des ordnungs-
mäßigen Vermäh-
lungsaktes." Man
kann darum sagen
wenn Strigel durch
das Attribut des
Kranzes bereits
Ferdinand als Bräu-
tigam bezeichnet,
so ist damit zu-
gleich auch ein
terminus quo für
die Datierung des
dinands vom 24.
März, beziehungs-
weise 24. Juli x5r6
Kenntnis davon
erhalten konnte,
wer eigentlich als
präsumtiver Gatte
Annas zu betrach-
ten sei.
Wie lange der
erste Besuch des
süddeutschen Mei-
sters in Wien ge-
Bildes gegeben,
weil Strigel eben
erst durch die for-
mellen Erklärun- In denMemminger
gen ErzherzogFer- Ratsprotokollen
fehlt sein Name zwischen März 1515 und März 15I6,'"'il doch dürfte er
sich kaum die ganze Zeit in Österreich aufgehalten haben. Aber er hatte
daselbst mit seinen letzten Arbeiten soviel Erfolg gehabt, daß er bald darauf
wieder einen Auftrag für Wien erhielt.
Es ist merkwürdig, daß eigentlich noch niemand auf den Gedanken
gekommen ist, den gegenwärtig im Straßburger Museum befindlichen Tod
der Maria",1' auf welchem der Wiener Bischof Georg Slatkonia neben
der" Figur des Kaisers als Stifter erscheint Abb. mit einer Wiener Kirche
in Verbindung zu bringen, obwohl doch schon die Persönlichkeit des
genannten Kirchenfürsten wie auch die ganze Geschichte der Tafel deutlich
auf diese Stadt als ursprünglichen Bestimmungs-, wenn nicht Entstehungsort
hinweisen. Freilich ging das Gemälde lange unter dem Namen Dürers und
dauert hat, läßt
sich schwer sagen.
Abb. 5. Bernhard Strigel, Detail vom Tode der
Maria" aus dem Schussenrieder Altar Berlin,
Kaiser Friedrich-Museum
Vgl. Riccardus Banholinus' Hodeporicon" bei Freher-Struve, Rerurn German. Scriptores, Tom. lI
Straßburg 1717. pag. 657.
Ulrnapn, Kaiser Maximilian 1., Band pag. 553.
Vischer im Jahrbuch der königlich preussischen Kunstsammlungen, Band VI, pag. 47.
Verzeichnis des Kunstrnuseums der Stadt Straßburg, 3. Auflage Straßburg xgog, pag. Nr. 1x a.
wurde erst in den letzten Jahren als Strigelangesprochen." Aber in der
Literatur war es schon seit Christian von Mechels Zeiten bekannt, der diesem
angeblich Dürerschen Werke, das damals noch ein Glanzstück der gräfiich
Friesschen Galerie in Wien bildete, in Meusels Museum für Künstler und
für Kunstliebhaber" im Jahre 1788 eine ausführliche Beschreibung gewidmet
hat?" Als die Friessche Sammlung im Jahre 1824 unter den Hammer kam,
verschwand der Tod der Maria" aus Wien und es hieß später, er sei nach
England verkauft wordenfi" Es war dies in der Tat kein leeres Gerücht,
denn wie mir Herr Kunsthändler Friedrich Schwarz in Wien freundlichst
mitteilte, wurde das Bild im Jahre 1896 von ihm auf einer Auktion bei
Christie and Woods in London käuflich erworben und im November 1897
an Dr. Wilhelm Bode für das Straßburger Museum überlassen.
Als Ersatz für das so lange verschollene Original galt der Kunstforschung
bis in die neueste Zeit eine Kopie des XVII. Jahrhunderts in der Bildergalerie
des Stiftes Klosterneuburg Abb. auf welcher anstatt des Kaisers und des
Bischofs Slatkonia der heilige Leopold und der Klosterneuburger Propst
Andreas Mosmüller 1616 bis 1629 zu sehen sindj- Sie befand sich, bevor sie
als Geschenk des regierenden Fürsten Johann von und zu Liechtenstein im
Jahre 1890 in den Besitz des Stiftes gelangtej-i- auf dem Liechtensteinschen
Schlosse Seebenstein Niederösterreich, wo sie Josef FeilH-f im Jahre 1855
sah und als eine späte, für den Klosterneuburger Propst Mosmüller
Vgl. Julius Elias in Kunst und Künstler", Jahrgang IX 191 pag. 446 daselbst auch zum erstenmal
eine Abbildung des Gemäldes; Baldass, 1. c., pag. 276, und Weizinger, l. c., pag. 143. Die Autorschaft Strigels
ist heute allgemein anerkannt. Läßt sie sich auch nicht urkundlich erweisen, so kann sie doch vom stilkritischen
Standpunkte aus als gesichert gelten. Man vergleiche nur zum Beispiel die Straßburger Tafel mit dem Tode
Mariä" auf dem Schussenrieder Altar im Berliner Museum siehe Abb. wo die Figur des Heilands und einzelne
Apostelgestalten ganz ähnliche, zum Teil derb bäuerliche Zlige aufweisen. Über den Schussenrieder Altar siehe
Weizinger, l. c., pag. 126, und Posse, Beschreibender Katalog der Gemäldegalerie des Kaiser-Friedrieh-Museums
Berlin, Bard 1911, z. Abteilung, pag. 45, Nr.6o6 c. Vischer, l. c., pag. 47, bat den Scbussenrieder Altar auf
Grund einer auf einem der Flügel Nr. 506 befindlichen Jahreszahl mit 1515 datiert. Gegenwärtig ist aber
diese Jahreszahl nicht mehr zu sehen.
Museum für Künstler und für Kunstliebhaber oder Fortsetzung der Miscellaneen artistischen Inhalts,
herausgegeben von Johann Georg Meusel, Vl. Stück Mannheim 17GB, pag.24ff. Beschreibung eines der
merkwürdigsten Gemälde von Albrecht Dürer vom Jahre 1518; welches unter der Vorstellung der sterbenden
Mutter Gottes eine Menge interessanter Porträte, nämlich Kaiser Maximilian, seine Gemahlin Maria von Burgund,
und seinen Sohn Philipp l. König in Spanien, nebst mehreren ihnen zugethanen Personen, unter dem Bilde der
Aposteln dargestellet." Eine Zusammenstellung der älteren Literatur über dieses Gemälde gibt Theodor von
Frimmel in seinen Mittheilungen über die Gemäldesammlungen von Alt-Wien" im 26. Bande der Berichte und
Mittheilungen des Alterthums-Vereines zu Wien 1890 auf pag. 96. Vgl. auch Aschbach, Geschichte der Wiener
Universität, Band II. pag. 10g Anmerkung.
Vgl. Feil in den Berichten und Mittheilungen des Alterthurns-Vereines zu Wien, Band 11856, pag. 88,
Anmerkung und Ilg, ebenda. Band XXVI 1890, pag. 106; über die Geschichte der Friesschen Gemälde-
sammlung, die hauptsächlich in den drei ersten Zimmern des ersten Stockwerkes des Friesschen Palais am
Josephsplatze untergebracht war, siehe neuestens Theodor von Frimmel, Lexikon der Wiener Gemälde-
sammlungen, Buchstabe bis München, Georg Müller, 1913, pag. 4085.; über unser Bild vgl. namentlich
Pas- 416. 419. 410. 438-
Vgl. über diese Kopie Drexler-List, Tafelbilder aus dern Museum des Stiftes Klosterneuburg,
Wien, F. Schenk o. J., Tafel XXX Text dazu pag. 13 f.; A. llg, Urkundlicbes zur Kunstgeschichte das Stiftes
Klosterneuburg unter Propst Andreas Mosmüller 1616 bis 162g, in den Berichten und Mittheilungen des Alter-
thums-Vereines zu Wien. Jahrgang XXVI 1890, pag. 106 H.
Monatsblatt des AJtertbums-Vereines zu Wien, Band lll 1896, pag. 61.
H1- Josef Feil, Andeutungen über Seebenstein im Jahre 1855. in Berichte und Mittheilungen des Alter-
thums-Vereines zu Wien, I. Band 1856, pag. 188.
Abb. 6. Kopie nach Bernhard Snigels Tod der Maria" Klosterneuburg, Stiftsmuseurn
angefertigte Wiederholung jenes verschwundenen Dürerschen" Todes der
Maria von 1518 erkannte.
Wenn man den Angaben der Hellerschen Dürer-Biographie, die auch
von der sterbenden Maria" der gräflich Friesschen Galerie zu Wien Notiz
nimmtf" trauen kann, so war auf diesem Gemälde, und zwar in dem offenen
Gebetbuche, das Slatkonia in Händen hält, noch im Jahre 1822 in der Mitte
der Schrif die Bezeichnung A. D. 1518" zu lesen. Mechel dagegenin allen
anderen Punkten Hellers Gewährsmann will die Buchstaben A. D. in der
bekannten Monogrammform Ei gesehen haben und gründet darauf sowohl
die Zuschreibung des Bildes an Dürer als. auch die Datierung 1518. Heute
ist davon nur noch ein Teil des zu sehen, das Übrige wurde im Laufe
der Jahrhunderte verwischt oder absichtlich entfernt, was immerhin zu
bedauern ist, da uns dadurch die Möglichkeit genommen wird, nachzuprüfen,
ob dort wirklich einmal das Dürersche Monogramm stand, das Ilg" berech-
tigterweise für eine Fälschung erklärte. Denn wären entsprechend Hellers
Worten an der fraglichen Stelle die Buchstaben A. D. und die Zahl 1518 zu
sehen gewesen, so hätte man die Inschrift unbedenklich für authentisch halten
können, weil sie dann nicht als Dürers Anfangsbuchstaben, sondern ganz
einfach als eine Abkürzung für Anno Domini 1518 hätte gedeutet werden
können, eine Angabe, deren Richtigkeit durch die folgende Darstellung
noch bestätigt werden soll.
Mechel hat in seiner oben erwähnten Beschreibung des Gemäldes seiner
Phantasie etwas allzusehr die Zügel schießen lassen und fast in allen darauf
befindlichen Figuren Porträts von Zeitgenossen erblicken wollen. Nachdem er
den knienden Bischof auf Grund des Wappens und der Verse in einwandfreier
Weise mit dem Wiener Bischof Georg Slatkonia identifiziert hatte, erklärte,
er den neben ihm knienden eifrig betenden Mann" als den kaiserlichen
Hofhistoriographen Johann Stabius, den hinter ihm gebeugt stehenden
würdigen Alten" als den Kaiser Maximilian I., die sterbende Maria" als des
Kaisers erste Gemahlin Maria von Burgund und den die Wachskerze reichen-
den Johannes" als deren Sohn Philipp den Schönen. Nicht minder", fährt
er dann fort, sind auch alle die übrigen Köpfe der das Bette umgebenden
Figuren Porträte, von denen bisher nur noch der berühmte Geschichts-
schreiber Johann Cuspinian, Maximilians Vertrauter, unter dem Bilde des
kahlköpiigen Alten, der zur linken mitten unter den andern hervorragt und
mit ausgedehnt gefaltenen Händen sehr eifrig bethet, zu entziffern möglich
war." Feil hat sich diesem Deutungsversuch im Prinzip angeschlossen, nur
wollte er außerdem noch in dem Manne mit dem Weihrauchfaß den früh
verstorbenen Erzherzog Franz und in dem betenden Alten statt Cuspinian
lieber den Erzherzog Sigismund von Tirol sehen. Ilg hat dann die Richtigkeit
dieser Behauptungen aufs entschiedenste bestritten und, da er nur die
Das Leben und die Werke Albrecht Dilrers von Joseph Heller, II. Band Leipzig 1831, pag. 261 f.
Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Vereines zu Wien, Band XXVI 1890, pag. 108. Anfangs
vertrat auch Ilg Dürers Autorschaft, wie sein Artikel Ueber den Besteller eines Dürefschen Gemäldes" in den
Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, XV. Jahrgang
1870, pag. XVlll 6., beweist, worin er die Behauptung aufstellte, das Gemälde sei 1518 von Dürer für Slatkonia
in Augsburg gemalt worden.
4.
Klosterneuburger Kopie kannte, bloß die Porträtähnlichkeit der Stifterfigur
anerkennen wollenf aber die jüngste Forschung hält wieder daran fest, daß
der hinter Slatkonia gebeugt stehende" Alte tatsächlich Maximilians Züge
trage, und zwar glaubt Baldass l. c., pag. 276 hier jenen Typus des Kaiser-
porträts vor sich zu haben, den Strigel im Bildnis der Sammlung Figdor
anno 1515 festgelegt hatte. Das ist zweifellos richtig, soweit es die ganze
Auffassung betrifft; im einzelnen jedoch erscheint der Kaiser gegenüber
jenem Bilde von 1515 schon so merklich gealtert, daß man unwillkürlich an
eine neuerliche Aufnahme nach dem Leben denken muß. Der Monarch steht
ohne jedes Abzeichen seiner Würde in dunkler, schmuckloser Kleidung
hinter dem knienden Bischof, dem er die Rechte gleichsam schirmend
auf die Schulter legt, während er mit der Linken auf den Kirchenfürsten
herabdeutet, als wollte er die sterbende Mutter Gottes eigens auf ihn
aufmerksam machen und ihn ihrer besonderen I-Iuld empfehlen. Slatkonia
selbst blickt von seinem Gebetbuche andächtig zu Maria auf und seinen leise
geöffneten Lippen entströmen jene bittenden Worte, die auf dem weißen
Blatte in der linken unteren Bildecke zu lesen sind
Aspice terrenis herentem fecibus altos
Zlatkonium scandis dum pia Virgo polos
Nostra tuos, audi modulantia guttura honores
Sernper et in laudes ora soluta tuas
Orantemque olim tecum miserata clientem
Auxiliatrici me rape ad astra manu.
Während zur I-Iimmelshöh' Du hinansteigst, selige Jungfrau,
Blick" auf Zlatkonia noch an die Erde gebannt;
Hör' meinen Mund, der gewohnt von Deinen Ehren zu singen,
Und meine Stimme, die Dir immer zum Lob sich ergießt.
Reiß' aus Erbarmen dereinst Deinen Schützling, mich, der hier betet,
Hilfreicher Hand mit Dir zu den Gestirnen emporj"
Überblicken wir den Lebenslauf Bischof Georgsfkl"; so nimmt es uns nicht
wunder, daß er sich hier gerade den Kaiser zu seinem Fürsprecher erkoren.
Stand er doch als langjähriger Leiter der Hof kapelle bei dem musikliebenden
Fürsten in höchster Gunst, die ihren äußeren Ausdruck in den zahlreichen
Ämtern und Würden fand, mit denen ihn Maximilian in reichem Maße
bedachte. Am 21. März 1456 in Laibach geboren und zum geistlichen Stande
Ilg in den Berichten und Mittheilungen des Alterthums-Vereines zu Wien, Band a6 1890, pag. 1x0
Will Feil in sämmtlichen Köpfen Bildnisse gewahr werden, so muß ich sagen, daß mir außer dem Kopfe
Mosrnüllers nicht einer Porträt zu sein scheint." Für den Maler des Bildes hielt llg damals einen in Österreich
tätigen alten zünftigen Meister von handwerksmäßigem gothischen Schrott und Korn".
Die metrische Übersetzung dieser Verse stammt von Professor Budde. Vgl. Verzeichnis des Kunst-
museurns der Stadt Straßburg, 3. Auflage Straßburg rgog, pag. Nr. xxa.
Eine gute Zusammenstellung der Lebensdaten Bischof Georg Slatkonias gibt josef Mantuani in der
Geschichte der Stadt Wien, herausgegeben vom Wiener Altertumsverein, III. Band, 1. Hälfte Wien 1907, auf
pag. 384. Vom selben Autor erschienen auch zwei Arbeiten über Slatkonia in slovenischer Sprache und zwar
Jurij pl. Slatkonja" in Dom in Svet", Letnik XX 1907, pag. 301 bis 309, 35g bis 353, 398 bis 402, und
Zapuicinski zapisnik po skofu Slatkonji" Verlassenschaftsinventar nach dem Bischof Slatkonia in Camiolak
Neue Folge, Jahrgang 1910, pag. bis ta.
38
bestimmt, wurde Georg Slatkonia der Name ist slovenisch und bedeutet
ungefähr soviel wie Goldpferd" zlato Gold, konj Pferd dank seinen
hervorragenden musikalischen Fähigkeiten schon früh in die kaiserliche
Hofkapelle aufgenommen, wo er bereits 1495 als Caplan und Cantor des
Königs" genanntwird. 1498 ist er Hofkapellrneister, 1506 designierter Bischof
von Pedena, am 12. November 1513 erfolgt seine Konsekration zum Bischof
von Wien. 1515 zeichnete ihn Maximilian durch die Ernennung zum kaiser-
lichen Rat aus, was etwa der heutigen Geheimen-Rats-Würde entspricht.
Auch wandte er ihm im Laufe derjahre eine Menge landesfürstlicher Patronate
zu, wodurch Georgs Einkünfte eine wesentliche Steigerung erfuhren, da das
Wiener Bistum damals noch nicht viel abwarf. In den letzten Lebensjahren
von zunehmender Kränklichkeit geplagt, starb Slatkonia am 26. April 1522,
nachdem er noch selbst für einen prächtigen Grabstein Sorge getragen, der
nach seinem Tode im Stephansdom in Wien enthüllt wurde und bis heute
unversehrt erhalten ist." Nicht nur einer der besten Musiker seiner Zeit, war
Bischof Georg auch ein eifriger Förderer von Kunst und Wissenschaft,
besaß selbst eine namhafte Bibliothek samt einem schönen Exlibris" siehe
Abb. und trug aus eigenen Mitteln mancherlei zur künstlerischen Aus-
schmückung der ihm unterstehenden Gotteshäuser bei. Als Bischof von
Wien erbaute er ein neues bischöfliches Palais, spendete schon 1513 für
die St. Stephanskirche einen Brictius-Altar und übergab überdies noch knapp
vor seinem Tode dem Domkapitel einen Betrag von 500 Gulden rheinisch
zur Errichtung einer Wochenmeßstiftung, und zwar sollte diese Messe, wie
es in der betreffenden Urkunde vorn 19. Juli 1521 heißtfi" jeden Montag
auf dem newen Altar, so der offtgenannt herr Bischoue in vnnser lieben
Frawen abseitten von newem erpawen vnd in den Eren der heiligen
martrer Nicephori Primi vnd Feliciani selbs geweicht bey seiner begreb-
nus daselbs", durch einen Domkaplan gelesen werden. Die Kenntnis dieser
Altarstiftung ist für uns deshalb von Wert, weil sie von vornherein die
ziemlich naheliegende Vermutung ausschließt, der Strigelsche Tod der
Maria" könnte mit Rücksicht auf den Stifter etwa für den Wiener Stephans-
dom bestimmt gewesen sein. Denn wir erfahren ja aus jener Urkunde
ausdrücklich, daß Slatkonia für die genannte Kirche einen Altar gestiftet hat,
der den Märtyrern Nicephorus Primus und Felician geweiht war, also für
einen Tod Mariä" keinen Platz bot. Darum müssen wir den Bestimmungsort
unseres Gemäldes anderswo suchen und ich glaube auch die Stätte
gefunden zu haben, zu deren Schmuck das fragliche Bild nach dem Willen
Eine Abbildung des Grabsteines bringt Mantuani, l. c., pag 384, Tafel X111.
Das hier zum erstenmal veröffentlichte Exlibris Slatkonia findet sich in den lnkunabeln 7A4, 1oA4
und 17A der Wiener Hofbibliothek, und zwar nicht in der sonst üblichen Weise an der Innenseite des Deckels
eingeklebt, sondern direkt von der Platte am Vorsatzblatte abgedruckt. Die Entstehungszeit dieses wahrscheinlich
von einem oberdeutschen Künstler herrührenden Biieherzeiehens fällt zwischen 1505 und 1513, da Slatkonia
darauf noch als Bischof von Pedena bezeichnet ist.
Die Originalurkunde, nach welcher ich die obige Stelle zitiere, beündet sich im fiirsterzbischliflichen
Diözesanarchiv in Wien. Vgl. dazu Kopallik, Regesten zur Geschichte der Erzdiözese Wien, 2. Band Wien 1894,
pag. Regest Nr. 16, und Quellen zur Geschichte der Stadt Wien, I. Abteilung, IV. Band Wien 1901, pag. 105,
Regest 3950.
seines Stifters dienen sollte. Es ist, wenn nicht alle Anzeichen trügen,
die Pfarrkirche zur seligsten Jungfrau in Hietzing, die zur Zeit Kaiser
Maximilians bloß als Capella Beatae Virginis" erwähnt wird" In der im
Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv verwahrten Reichsregistratur Kaiser
Maximilians I. findet sich nämlich im Bande B. B., der die kaiserlichen
Erlässe für das Jahr 1518 enthält, auf fol. 498a folgender Eintrag" Lau-
renntzen Sawrer Vitzthumb in osterreich etc. ist bevolhen worden, daz Er
auff vnnser lieben frawen Altar zu I-Iyetzingen ain taffl auff den Vordern
altar nach zimlichen dingen biß an die funfftzigkh gld. Rh. machen lassen
soll. Datum Kauffpeurn am IItag octobris Anno etc. im XVllllen."
Der Besteller dieser Tafel" ist der Kaiser selbst. Besitzen wir auch
sonst keine Beweise seiner Fürsorge für das Hietzinger Kirchlein, so wäre
doch in dieser Stiftung eines Habsburgers nichts Außergewöhnliches zu
erblicken, da die guten Beziehungen des I-Iietzinger Gotteshauses zur
Herrscherfamilie weit zuriickreichen. Schon am 21. Dezember 1340 stiftete
die Herzogin Johanna, die Gemahlin Albrechts des Weisen, zu Hietzing auf
dem dortigen St. Brigitta-Altar eine ewige Messe und kam selbst häufig
hinaus, um daselbst ihr Gebet zu verrichten. Im Jahre 1460 bestätigte dann
die Kaiserin Eleonore, die Gemahlin Friedrichs III., diese Stiftung und ver-
mehrte sie noch aus eigenen Mittelnfii" Man kann darum annehmen, daß
diese Vorliebe für die Hietzinger Kapelle auch späterhin im Hause Habs-
burg traditionell geblieben sei.
Wem die Anfertigung der Tafel übertragen werden sollte, wird in dem
Befehl an den niederösterreichischen Vitztum Laurenz Saurer nicht gesagt;
aber mancherlei Umstände weisen auf die Person Bernhard Strigels hin.
Ehe der Kaiser im Jahre 1518 nach Kaufbeuren kam, wo er vom
30. September bis 8. Oktober verweilte, hatte er sich zweimal in Memmingen
aufgehalten im Juni und im September, also kurz bevor er jenes Mandat
an Saurer erließ. Gerade damals beschäftigte er sich, wie Robert Vischer
ausfiihrtj besonders eifrig mit Kunstangelegenheiten, ließ sich am 28.Juni
zu Augsburg von Albrecht Dürer porträtieren und verkehrte auch mit Hans
Burgkmair und anderen Künstlern der Reichsstadt.
Sollte da während des Memminger Sejours nicht auch Meister
Strigel zu ihm Zutritt gefunden haben, er, der sich zwei Jahre darauf in der
Inschrift auf der Rückseite des Cuspinian-Bildes öffentlich rühmte, er sei solus
edicto Caesarem Maximilianum ut olim Apelles Alexandrum pingere iussus"?
Vgl. über die Geschichte dieses Gotteshauses Dr. Wolfgang Pauker, Die Pfarrkirche von Hietzing
Separutabdruck aus der Zeitschrift Alt-Wien", Wien 1899 und desselben Verfassers Regesten zur
Geschichte der Pfarre Hietzing" Separatabdruck aus dem Vaterland", Wien 1898, ferner Österreichische
Kunsttopographie, Band II Die Denkmale der Stadt Wien XI. bis XXI. Bezirk, bearbeitet von Dr. Hans Tietze,
Wien 1908, pag. 60 5., und Topographie von Niederösterreich, IV. Band Wien 1895, Artikel Hietzing, pag. 149.
Ein Regest dieser Urkunde im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiser-
hauses, Band 1583, pag. LXXIV, Regest Nr. 475.
Vgl. Pauker, Regesten zur Geschichte der Pfarre Hietzing, pag. 16, und A. Mayer, Maria Hietzing, in
Blätter für Landeskunde von Niederösterreich, I. Jahrgang 1865, pag. 77.
Vgl. Robert Vischer im Jahrbuch der königlich preussischen Kunstsammlungen, Band VI 1885,
pag. 48 f.
Daß sich der Kaiser, bevor er an Saurer schreiben ließ, bereits für einen
bestimmten Künstler entschieden und mit demselben alle näheren Details
besprochen hatte, ist wohl anzunehmen. Denn wenn er schon auf eigene
Kosten eine Tafel machen ließ, wird er die Wahl des Malers und den Gegen-
stand der Darstellung nicht dem Gutdünken seines Vitztums überlassen
haben, dem doch lediglich die Flüssigmachung des angewiesenen Betrages
oblag. Ebenso wahrscheinlich ist es, daß sich der Kaiser in Schwaben in
erster Linie an einen schwäbischen Meister gewendet hat, und wer schien
da eher zur Übernahme dieses für damalige Verhältnisse nicht schlecht
bezahlten Auftrages berufen denn der altbewährte Hofmaler Bernhardin
Strigel? Darum ist es sehr wohl möglich, daß der letztere noch während
Maximilians Anwesenheit in Memmingen oder eventuell später in Augsburg
die ersten Skizzen zu dem neuen Gemälde entworfen hat, bei welchem
selbstverständlich im Bildinhalt auf den Umstand Bedacht genommen wurde,
daß die Hietzinger Kapelle der Jungfrau Maria geweiht war. Ein Tod der
Maria", wie wir ihn auf dem Straßburger Bilde finden, war demnach ein
ganz passender Vorwurf für die vom Kaiser gestiftete Tafel, und es wird
dies mit Recht als eirier der Gründe angeführt werden können, die für
die Identität des Straßburger Marien-Todes mit dem für Hietzing bestellten
Altarbild sprechen.
Es soll hier aber auch gleich auf den gewichtigsten Einwand hingewiesen
werden, der gegen diese Annahme vorgebracht werden kann. Was hat, wird
man fragen, Bischof Slatkonia mit der Hietzinger Kapelle zu tun? Warum
hat der Maler ihn in den Vordergrund gestellt und mit allen Merkmalen des
Stifters ausgestattet, wenn doch in Wahrheit die Widmung der Tafel vorn
Kaiser ausging?
Zur Erklärung dieses in der Tat befremdenden Umstandes müssen wir
einen kleinen historischen Exkurs unternehmen und insbesondere die recht-
liche Stellung der I-Iietzinger Kapelle zum Bischof von Wien näher ins Auge
fassen.
Wie Dr. Pauker in seiner Monographie über die Pfarrkirche von Hietzing
Wien 189g an der Hand archivalischer Studien auf pag. 69 ff. darlegt,
gehörte die I-Iietzinger Kapelle ursprünglich dem Deutschen Orden, kam aber
im Jahre 1253 auf dem Tauschwege an das Stift Klosterneuburg, das von da
ab durch die Beistellung eines eigenen Beneüziaten für die ständige Auf-
rechterhaltung des Gottesdienstes sorgte. Es war im Jahre 1517, während
der Amtsführung des Benefiziaten Christian Wydmer, als ein heftiger Streit
zwischen dem genannten Stifte und dem Wiener Bistum wegen der Leben-
schaft und des Patronatsrechtes über die Kapelle in Hietzing ausbrach, der
dann auch auf die Frage der jurisdiktion und des Präsentationsrechtes
übergriff. Die Veranlassung dazu bot eine Urkunde Kaiser Maximilians
de dato Baden, I. Oktober 1517 abgedruckt bei Pauker, 1. c., pag. 77, in
welcher dem Wiener Bischof Georg Slatkonia alle von den österreichischen
Herzogen im Laufe der Iahrhunderte an das Wiener Bistum überlassenen
30x
Patronatsrechte bestätigt und neuerdings verliehen wurden. Unter den
Gotteshäusern, deren Patronat damals den Wiener Bischöfen ausdrücklich
zuerkannt wurde, befand sich auch die Capella B. Virginis in Hiezing",
die man wahrscheinlich irrtümlich für eine Filiale der bischöflichen Mensal-
pfarre Penzing gehalten und darum in die Urkunde mit aufgenommen hatte.
Gestützt auf dieses Privileg, hielt sich nun Bischof Georg für berechtigt,
Ansprüche auf die Kapelle und das Beneüzium zu I-Iietzing zu erheben, aber
der bisherige Patronatsherr, Propst Georg II. Hausmannstätter von Kloster-
neuburg, weigerte sich, dieselben anzuerkennen, und besetzte am g. Februar
1518 das durch den Tod Wydrners frei-
gewordene Beneüzium I-Iietzing aber-
mals aus eigener Machtvollkornmen-
heit, und zwar mit dem Freisinger
Diözesan Matthias Beham.
Die Akten, die erst mit dem
jahre 152g wieder reichlicher ein-
setzen, sagen uns nicht viel über den
Verlauf des Konfliktes in den nächst-
folgenden Jahren.
Wohl versuchte noch 1517 ein
kaiserlicher Spruch eine Einigung
zwischen den streitenden Parteien
herbeizuführen, allein der gewünschte
Erfolg blieb aus und der Zwist dauerte
weiter. Es kann aber bei der bevor-
zugten Stellung, die der Wiener
Bischof bei Hof einnahm, kaum ein
Zweifel darüber bestehen, auf wessen
Seite der Landesfürst stand. Denn von
persönlichen Sympathien ganz ab-
gesehen, wird er sich schon deshalb Slatkonia zugeneigt haben, weil dieser
ja seine Forderungen ausdrücklich aus der kaiserlichen Konfirmation vom
1. Oktober 1517 ableitete. Darum möchte ich es geradezu als offene Stellung-
nahme für den Bischof bezeichnen, wenn der Kaiser am 2. Oktober 1518 ein
Altarbild für die strittige Kirche spendete. Schien doch der Monarch seinem
Hofkapellmeister gerade damals besonders gewogen, da er ihm zur selben
Zeit noch einen weiteren unzweideutigen Beweis seiner Gunst gab, indem er
ihm zwei Tage später, am 4. Oktober 1518, zu Kaufbeuren ein Privileg
verlieh, kraft dessen der Bischof volle Freiheit in Bezug auf seine testamen-
tarischen Verfügungen genießen solltefk
Slatkonia, der im Jahre 1518 schon ein 62 jähriger kränklicher Mann war,
scheint nämlich damals mit einem baldigen Ende gerechnet zu haben, denn
er traf nicht nur alle Anstalten zur Durchführung seines letzten Willens,
Kopallik, Regesten zur Geschichte der Erzdiözese Wien, II. Band, pag. Nr. 13.
Abb. 7. Exlibris des Bischofs Georg Slatkonia
Wozu unter anderm auch die Erwirkung der obigen Urkunde gehörte, sondern
stiftete auch um seines Seelenheiles willen bereits am 27. April 1518 ein
ewiges Salve Regina", das teglich alle Abendt durch das ganncz Jar in
sand Steffans Thumbkirchen zu hallten vnd ze singen" war, und widmete
diesem Zwecke den Ertrag der fünf Cramerläden" beim bischöflichen Palais
Dieselbe Erwartung des nahen Todes atmen aber auch die Verse, die dem
Bischof auf dem Tod der Maria" in den Mund gelegt sind; auch dieses Bild,
das ganz im Stile der zu Beginn des XVI. Jahrhunderts üblichen Grab- oder
Gedächtnistafeln gehalten ist," bedeutet gewissermaßen einen Abschied vom
Leben und ist demgemäß in eine Linie mit jenen Handlungen zu stellen, zu
denen der Bischof durch den Gedanken an seinen bevorstehenden Hingang
veranlaßt wurde, und zu welchen er sich, wie wir vernahmen, auch teilweise
die Unterstützung seines kaiserlichen Herrn erbat.
Aller Wahrscheinlichkeit nach war Slatkonia als Vorstand der Hof-
kapelle, die den Kaiser in der Regel auf seinen Reisen begleiteteßff im Oktober
I5r8 in Kaufbeuren mit anwesend. Wenn nun der Monarch zur nämlichen
Zeit, da er dem Bischof in einem eigenen Privileg weitgehende Rechte
für seine letztwilligen Anordnungen einräumte, die Mittel für eine Tafel auf
dem vorderen Altar der I-Iietzinger Kapelle bewilligte, eben jener Kirche,
deren Patronat er Slatkonia im Vorjahre selber verliehen und um deren
Besitz der Bischof seitdem einen erbitterten Kampf führte, so gewinnt man
den Eindruck, daß hier nicht so sehr ein Gnadenakt des Kaisers gegenüber
der bei seiner Familie von altersher in Ansehen stehenden Kapelle, als viel-
mehr gegenüber der Person des verdienten Kirchenfürsten als deren Patronats-
herrn vorliegt, dem Maximilian durch die Schenkung des Bildes vielleicht
eine Entschädigung für die Aufregungen des Prozesses um das Gotteshaus
bieten oder überhaupt eine letzte Freude bereiten wollte, denn auch der
Kaiser stand ja damals schon mit einem Fuß im Grabe.
Man wird also, glaube ich, nicht mit Unrecht eine Parallele zwischen
dem Hietzinger respektive Straßburger Gemälde und der Urkunde vom
4. Oktober ziehen können. Denn wie der Kaiser in dem einen Falle dem
Bischof durch jenes Privileg das Scheiden von dieser Welt leicht machte, so
ebnete er ihm auf dem Tod der Maria" in symbolischer Weise den
Weg ins Jenseits, indem er das Amt seines Fürsprechers bei der himmlischen
Jungfrau übernahm. Und von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, wird
man nun auch leicht verstehen, warum Slatkonia auf dem Straßburger Bild
als Hauptperson behandelt ist. Die Tafel bedeutete eben nicht nur eine
Vgl. Camesina in den Berichten und Minheilungen des Alterthums-Vereines zu Wien, Band XI
1870, pag. 25g.
Beispiele derartiger Bilder besitzen wir in der Grabtafel des Bischofs Ludwig lI. Ebner von Chiemsee
im Stifte Klostemeuburg gemalt 1516, abgebildet bei Drexler-List, Tafelbilder aus dem Museum des Stiftes
Klosxerneuburg, Tafel XXVI, Text pag. oder in dem Gedächtnisbild des Alexius Funck im Schlosse
Greifenstein gemalt um 1522, siehe Kunstgeschichtliches Jahrbuch der k. k. Zentralkomrnission, Band IV, Jahr-
gang 19m, Beiblatt, Spalte x81.
Vgl. Manruani in der Geschichte der Stadt Wien, herausgegeben vom Altertumsverein zu Wien,
lll. Band, r. Hälfte, pag. 37g f. und 385.
JVJ
Spende des Kaisers für die Kirche," sondern vor allem eine Ehrung für deren
Patronatsherrn und der eigentliche Stifter beschied sich darum freiwillig
mit einer Nebenrolle.
Vielleicht wird manchem Leser meine bisherige Beweisführung noch
immer nicht zwingend genug erscheinen. So sei denn auf ein weiteres
Argument hingewiesen, das als sehr wesentliche Stütze meiner Hypothese
betrachtet werden kann. Es betrifft die Frage der Herkunft der Mos-
müllerschen Kopie des Straßburger Marien-Todes.
Wir haben schon erwähnt, daß sich im Besitze des Stiftes Kloster-
neuburg ein aus dem Anfang des XVII. Jahrhunderts stammendes Gemälde
Abb. befindet, das mit dem Straßburger Bild fast in allen Stücken über-
einstimmt; bloß in den Stifteriiguren zeigt sich ein Unterschied, indem das
Porträt und Wappen Slatkonias durch Porträt und Wappen des Kloster-
neuburger Propstes Andreas Mosmüller 1616 bis r629 und die ehrwürdige
Gestalt des Kaisers Maximilian durch einen heiligen Leopold mit indifferenten
Zügen ersetzt sind. Auch sieht man im Gebetbuch des Stifters auf den auf-
geschlagenen Seiten eine ganz andere Inschrift. Es steht dort nämlich neben
einer den Kirchenvätern entnommenen Textesstelle G. A. P. G. 1627
sowie 16-05. Ist es auch bis jetzt nicht gelungen, die vier Anfangsbuch-
staben befriedigend zu deuten die mittleren Buchstaben A. P. dürften
wahrscheinlich mit Andreas Praepositus aufzulösen sein so sagt uns
doch wenigstens die Jahreszahl 1627 mit Bestimmtheit, wann Mosmüller die
Kopie anfertigen ließ. Die Zahl 1605 allerdings entbehrt einstweilen noch
einer zureichenden Erklärung.
Ilg" und auf ihm fußend Drexler-Listik" haben bei der Besprechung der
Mosmüllerschen Kopie natürlich auch zu der Frage Stellung genommen,
wo der Klosterneuburger Propst Gelegenheit gehabt haben könne, den
Slatkoniaschen Tod der Maria" für sich kopieren zu lassen; nach Drexler-List
wären da folgende zwei Möglichkeiten ins Auge zu fassen Entweder hat
Zlatkonia, der Stifter des Dürerschen Gemäldes, das Bild für Klosterneuburg
machen lassen, da er seit 23. März 1506 in die Konfraternität des Stiftes
Klosterneuburg aufgenommen war. I-Iier wäre nun ein Zusammenhang des
Bildes mit dem Stifte. Oder das Dürersche Bild kam in kaiserlichen Besitz,
woselbst Mosmüller, da er persona gratissima bei Kaiser Mathias war, es
sah und im naiven Geiste der Zeit copiren liess, mit seinem Porträt an
Bilderspenden Kaiser Maximilians I. für Einzelpersonen oder Kirchen sind durchaus nichts Seltenes.
Um nur einen der bekanntesten Fälle zu erwähnen Im Jahre 1507 schenkte der Kaiser der johanniterordens-
kommende im Grünen Wörd zu Straßburg sein von Bernhard Strigel gemaltes Porträt, das sich gegenwärtig im
Straßburger städtischen Museum befindet. Strigel bekam dafür ein Honorar von 2c Gulden rheinisch, wie seine
am 28. Dezember 1507 zu Memmingen ausgestellte Quittung zeigt, in welcher er bekennt, von Dionys Braun,
königlicher Majestät Zahlmeister, für das, was er Seiner Majestät gemalt und gemacht hat", 20 Gulden rheinisch
erhalten zu haben. Wir sehen, auch hier ist nichts Näheres über den Inhalt und eigentlichen Empfänger des
Bildes gesagt. Vgl. über das genannte Gemälde Jahrbuch der kunsthistorisehen Sammlungen des Allerhöchsten
Kaiserhauses, Band II, pag. XXXVI, Regest Nr. 88g; Weizinger, l. c., pag. 1x7.
Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Vereins zu Wien, Band XXVI rBgo, pag. m7 f.
Vgl. Drexler-List, Tafelbilder aus dem Museum des Stiftes Klosterneuburg, Tafel XXX, Text pag. x3 f.
Die Maße der Mosmüllerschen Kopie sind I-Iöhe ror Zentimeter, Breite 73 Zentimeter. Das Straßburger Bild
dagegen mißt Höhe 96 Zentimeter, Breite 70 Zentimeter. Vgl. Weizingenl. c., pag. x26.
Stelle jenes Zlatkonias. Also auch hier war der Zusammenhang-mit Mos-
müller gegeben. Das Gemälde Dürers hätte dann leicht bei den häufigen
Ausscheidungen aus dem I-Iofbesitze in den Besitz des Grafen von Fries
kommen können."
Was die erstgenannte Möglichkeit anbelangt, so genügt der bloße
Hinweis auf die seit 1517 zwischen dem Wiener Bistum und dem Stifte
Klostemeuburg infolge des Streites um Hietzing eingetretene Spannung, um
die Unwahrscheinlichkeit eines solchen Geschenkes Slatkonias an das Stift
ohne weiteres darzutun. Aber auch für die andere Möglichkeit fehlt eine
richtige Begründung. Denn es ist kein Fall bekannt, daß Wiener Kirchen-
besitz an das Kaiserhaus übergegangen wäre. Auch hätte man ein so
interessantes Gemälde wie das vorliegende kaum aus den kaiserlichen
Sammlungen ausgeschieden und an die Grafen von Fries veräußert. Dagegen
läßt sich die Entstehung der Mosmüllerschen Kopie auf sehr einfache Weise
erklären, wenn wir daran festhalten, daß der Strigelsche Tod der Maria" für
Hietzing bestimmt war. Wir müssen zu diesem Zwecke noch einen Blick
auf die weitere Geschichte der I-Iietzinger Kapelle werfen.
Wie schon früher bemerkt, wurde auch nach 'dem Tode Slatkonias 1522
der Prozeß um das Gotteshaus von seinen Nachfolgern auf dem bischöflichen
Stuhle fortgesetzt und überdauerte sogar die Türkenbelagerung von 1529,
welche das Kirchlein in Schutt und Asche legte. Der damalige Benefiziat
war schon vorher geflüchtet und wird wohl die Kostbarkeiten der Kapelle,
darunter auch das vom Kaiser gespendete Bild, noch zu rechter Zeit in
Sicherheit gebracht haben. Erst einige Jahre nach dem Abzuge der Türken
unternahm dann Propst Georg von Klosterneuburg die ersten Schritte zum
Wiederaufbau der Kirche, mußte aber zuvor noch einen harten Strauß mit
dem Wiener Bischof Johann Faber bestehen, ehe er es am I4. September
1537 endgültig durchsetzte, daß das I-Iietzinger Benelizium dem Stifte Kloster-
neuburg inkorporiert wurde."
Von vereinzelten Angriffen des Penzinger Pfarrers abgesehen, konnte sich
nun das Stift bis zum Jahre 1664, wo der Streit von neuem auflebte, des un-
gestörten Besitzes der Hietzinger Kirche erfreuen." Sie befand sich demnach
auch zur Zeit des Propstes Andreas Mosmüller 1616 bis x629 fest in Händen
der Klosterneuburger, und wenn wir annehmen, daß das von Maximilian I.
gestiftete Gemälde nach Wiederherstellung der nunmehr zur Wallfahrtskirche
vergrößerten Kapelle seine Aufstellung am alten Platz gefunden, so bot sich
Mosmüller in der ihm unterstehenden Hietzinger Kirche jedenfalls eine sehr
bequeme Gelegenheit, das Bild für sich kopieren zu lassen. Und damit wäre
auch, ohne den Tatsachen Gewalt anzutun, der Zusammenhang des Gemäldes
mit Mosmüller, beziehungsweise dem Stifte Klosterneuburg hergestellt und
die Entstehungsgeschichte der Kopie in befriedigender Weise aufgeklärt.
Vgl. Pauker, Die Pfarrkirche von Hietzing, pag. 78 bis 8x.
Pauker, l. 2., pag. 86 H. Im Jahre 1605 wurde die Hietzinger Kirche von den Ungarn unter Bocskay arg
heimgesucht, doch konnte der angerichtete Schade bald wieder gutgemacht werden. Vgl. Pauker, pag. 81. Sollte
die auf der Mosmüllerschen Kopie befindliche Zahl 16705 mit diesem Ereignis in Zusammenhang stehen?
.8, Bernhard Strigel, "Die heilige Sippe" Wien, Hofmuseum;
Ehe wir von Strigels Tod der Maria" scheiden, bliebe noch die Frage zu
erörtern, ob der Meister im Jahre 1518 dieses Gemäldes wegen eigens nach
Wien gekommen sei. Ich glaube eher nein als ja, denn wie bereits angedeutet,
dürfte er die Skizzen zu den Porträts des Kaisers und wahrscheinlich auch
Slatkonias noch zur Zeit des Augsburger Reichstages angefertigt haben,
39
Jvu
während er das übrige nachher in seiner Heimat ausführte. Daß er aber dann
die fertige Tafel persönlich nach Österreich gebracht hat, ist ebenso zu
bezweifeln, denn eine Reise von Schwaben nach Wien war damals keine
Kleinigkeit, und Strigel war in seiner Vaterstadt viel zu sehr durch Amts-
geschäfte in Anspruch genommen, als daß er so oft hätte nach Österreich
fahren können. Ist doch sein nächster Aufenthalt in Wien schon für das
Jahr 1520 sicher bezeugt, und zwar durch die von Bode auf der Rückseite
des Cuspinianschen Familienporträtsf siehe Abb. I0 entdeckte Inschrift,
von der wir hier zum erstenmal eine Photographie bringen siehe Abb.
und deren Text wir gleichfalls hierhersetzen wollen, weil derselbe trotz
mehrfachen Abdruckes noch niemals ganz fehlerfrei wiedergegeben worden
ist. Er lautet
ANNO l-IVMANAZ REPARACIONIS MDXX MENSE OCTOBRI
LEONE PONT MAX QVVM CAROLVS PI-IILIPPI CALSTELJIJE
LEGIONIS"'"' AC GRANATIE REGIS FILIVS AQVISGRANI REGE
RO. CREARETVR AC RO. CIESAR DESIJGLNARETVR BERNARDI
NVS STRIGIL- PIETOR CIVIS MPLMINGEN NOBILIS QVI SOLVS
EDICTO CIESARE MAXIMILIANV VT OLIM APELLES ALEXAN
DRVM PINGERE IVSSVS HÄS IMAGINES MANV SINISTRA PER
SPECVLA FERME SEXAGENARIVS VIENNIE PINGEBAT.
oannes Cufpinianus doctor francus ex fchweinfurt olim caes.
Aug. Maximiliani imp. confiliis et ad reges I-Iungaziae-l" Boemia
ac Poloniae. Vladiflaü Ludovicü et Sigifmundü oratoz Carolio
V.Cms. Confiliarius ac locü tenens in fenatu Vienefi. quepVulgH-i-l-
Anwaldü" apellatfm Ex prima coniuge Anna octo libezos genuit
quibus hic Sebaftianus Fmlix annü agebat etatis quintüdecimßü
Das jetzt im Schlosse Kreuzenstein Niederösterreich aufbewahrte Strigelache Cuspinisn-Bildnis befand
sich bis 1913, in welchem Jahre es durch Tausch in den Besitz Seiner Exzellenz des Crrafen Hans Wilczek
gelangte, im Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin. Bode entdeckte die auf der Rückseite aufgemxlte Inschrift
durch einen Zufall. Als ich mich im verflossenen Sommer", berichtet er 1881 im Jahrbuch der königlich
preussischen Kuntsammlungen. II. Jahrgang, pag. 55, "der staubigen Arbeit unterzog, etwa zweitausend hei
Gründung des Museums als völlig unbrauchbar und daher als verkiuflich" ausrangierter Gemälde daraufhin
durchzusehen. ob nicht das eine oder andere Bild darunter für unsere Galerie oder wenigstens fllr eine Provinzial-
samrnlung von Interesse sein könnte, kam mir ein Familienhildnis in die Hand, welches mich sofort. an
Werke, welche in neuester Zeit dem Meister der Sammlung I-Iirscher zugewiesen sind, erinnerte. Ich legte das
Bild bei Seite und liess es zur Reinigung in das Restaurationsatelier bringen. Erst hier fiel mir im hellen Lichte
eine durch Schmutz damals fast unkennhare Inschrift auf, welche die ganze Rückseite der I-lolztafel bedeckte."
Vgl. dazu die Beschreibung des Gemäldes bei Posse, Die Gemäldegalerie des Kaiser-Friedrich-Museums, II. Ab-
teilung pag. 46, Nr. 583 B.
Die Inschrift wurde zuerst von Wilhelm Bode im Jahrbuch der königlich preussischen Kunst-
sammlungen, Band II, pag. 55 f., veröffentlicht. Wiederholungen dieses Abdruckes in Passes beschreibendem
Katalog der Gemäldegalerie des Kaiser-Friedrich-Museums, 2. Abteilung, pag. 46, und bei Weizinger, l. c.,
pße- 144-
Bei Bode REGIONIS; bei Posse regionis.
Bei Bode HVNGARAIE.
11' Der letzte Buchstabe dieses Wortes ist nicht mehr ganz sichtbar. Es könnte eventuell auch ein
sein und wäre dann vielleicht als augusti zu lesen; wahrscheinlicher aber ist, daß hier ein Schreibfehler vorliegt.
Auch Bode liest Carolio".
Bei Bode VVLGO; bei Posse vulgo.
Bei Posse Anvaldum.
Bei Bode APELLANT.
minoz natu Nicolaus Chrifoftomus duodecimü genitor horü
duodequinquagelimü Hagnes nouerca quadragefimüprimhi.
PRIMA TABVLA HABST IMAGINES MAXIMILIANI CAES AVG.
MARIE DVCISSIE BVRGVNDIAE FILIIE DVCIS PHILRF
FILII RGGIS CASTELLIE CAROLI V. IMP. AVG. FERDINAN.IN
FANTIS HISP. ARCHIDVCVM AC NCPOTVM CAES. ET. LVDOVICI
REGIS HVNGARIIE AC BOEMIIE.
Wie aus der Photographie ersichtlich ist, beginnt die von Strigel wahr-
scheinlich eigenhändig?" gemalte Inschrift nicht unmittelbar am linken Bild-
rand, sondern ein Stück von demselben entfernt; auf der rechten Seite dagegen
wird sie sogar einigemale vom Bildrand überschnitten, wodurch bei fünf
Zeilen die letzten Buchstaben verlorengingen. Das deutet darauf hin, daß
das Bild einmal eine Formatveränderung erfahren haben muß, bei welcher
rechts von vorne gesehen ein Streifen neu angesetzt oder ausgewechselt
wurde, während links eine Verschmälerung eintrat. Tatsächlich kann man
auch auf der Rückseite einen 6'2 Zentimeter vom linken Bildrand entfernt,
parallel mit demselben von oben nach unten verlaufenden Sprung feststellen,
der-auf der Vorderseite etwa zwischen VXOR und PACIFICA durchgeht
und unter der Farbschicht fast gar nicht sichtbar ist, doch hebt sich der
angestückelte Teil trotzdem durch etwas lichtere Farbentöne recht gut von
den links davon befindlichen Partien ab. Speziell am Kleid der Frau Agnes
Cuspinian zeigt sich dieser Unterschied ganz deutlich, da dort sowohl der
weiße Einsatz auf ihrer linken Schulter als auch diejenigen Glieder der
Goldkette, die sich auf dem angesetzten Streifen befinden, durch ihre hellere
Färbung von den anschließenden älteren Teilen abstechen. Besonders
auffällig aber tritt die nachträgliche Änderung in der über dem Kopf
der Frau Agnes angebrachten Inschrift zutage, die gerade da, wo der
Sprung verläuft, durch das merkwürdige, von Bode als Abkürzung für
PACIFICOS gelesene PACS zwischen dem und ein unmotiviert großer
Zwischenraum entstellt erscheint. Weiter sei dann noch bemerkt, daß die
Rückseite unseres Gemäldes auf der unbeschriebenen Fläche links von der
Inschrift die mit roter Farbe aufgetragene Nummer 1792 aufweist, während
in der rechten unteren Ecke die obere Hälfte eines eingepreßten Galerie-
oder Sammlerstempels zu sehen ist, der anscheinend aus den Buchstaben
und nebst darüber befindlicher Krone besteht. Ich konnte bisher
nicht nachweisen, wessen Marke dies ist. Mit der Sammlung Solly, aus
welcher das Bild angeblich in die Berliner Galerie gelangt sein soll, hat
sie nach Angabe der Direktion des Kaiser-Friedrich-Museums jedenfalls
nichts zu tun.
Zu ergänzen PHILIIPPI.
Strigel war bekanntlich auch Schreibkünstler. Besonders charakteristisch für ihn ist das neben dem
üblichen ab und zu verwendete runde wie es aufunserer Inschrift zum Beispiel in der vorletzten Zeile des
dritten Absatzes im Worte NGPOTVM vorkommt. Dieselbe Form finden wir auch in der Inschrift auf dem
Maximilian-Porträt der Sammlung Figdor siehe Abb. im Worte Sfflgies verwendet, aber auch auf dem
Sippenbilde Abb. sehen wir dieses im Worte ANNAE.
Sowohl dem Schriftbefund nach wie auch inhaltlich gliedert sich die
Inschrift des Cuspinian-Porträts in drei scharf getrennte Abschnitte. Im
Monat Oktober des Jahres 1520," heißt es im ersten Absatz, als unter
dem Pontifikat Leos X. Karl V., der Sohn des Königs Philipp von Castilien,
Leon und Granada, zu Aachen zum römischen König gekrönt und zum
römischen Kaiser designiert wurde, hat der edle Bemhardin Strigil sie,
Maler und Bürger von Memmingen, der allein berufen war, den Kaiser
Maximilian zu malen gleichwie einst nur Apelles Alexander den Großen
malen durfte diese Porträts mit der linken Hand mit Hilfe des Spiegels zu
Wien im Alter von nahezu 60 Jahren gemalt." Der Zusatz quum Carolus
Aquisgrani in regem Romanum crearetur ermöglicht eine
ziemlich genaue Datierung, da Karl am 23. Oktober 1520 zu Aachen gekrönt
wurde. Natürlich wird das Bild nicht gerade an diesem Tage gemalt worden
sein, wohl aber wird man dadurch wenigstens in die zweite Hälfte des
Oktober 1520, in die Zeit um den 23., geführt. Der PassuS qüi solus edicto
Caesarem Maximilianum ut olim Apelles Alexandrum pingere iussus" ist
gleichfalls nicht ganz wörtlich zu nehmen, denn wir wissen ja, daß der
Kaiser auch von einer ganzen Anzahl anderer Maler porträtiert worden ist,
man vergleiche nur Baldass' Arbeit über die Bildnisse Maximilians I. Aber
soviel ist immerhin richtig, daß sich der Kaiser am häufigsten von Bernhard
Strigel malen ließ, und in diesem Sinne konnte sich der Künstler schon einer
besonderen Bevorzugung durch den Monarchen rühmen. Vielleicht läßt
übrigens das edicto pingere iussus" sogar einen Rückschluß auf die Bilder
von l5r5 zu daß nämlich der Meister durch ein eigenes kaiserliches Dekret
an den Hof beordert worden sei, um jene Gemälde auszuführen, und nicht
bloß auf gut Glück zum Kongreß nach Wien gereist ist.
Die Bemerkung, daß Strigel die Bildnisse der Familie Cuspinian per
specula" gemalt habe, findet ihre Erklärung in der Tatsache, daß Strigel
Linkshänder war." Er hat seine Modelle, wenn er nach dem Leben zeichnete,
gewöhnlich nach rechts gewendet porträtiert, und wenn wir zum Beispiel
die bei Baldass reproduzierten Maximilian-Bildnisse von diesem Standpunkt
aus durchsehen, so werden wir diese Regel mit alleiniger Ausnahme der
ohnehin zweifelhaften Erlanger Zeichnung" durchaus bestätigt finden. Ver-
langte nun die Komposition eines Gemäldes die entgegengesetzte Haltung,
so wurde einfach das Spiegelbild der ursprünglichen Aufnahme auf die
Leinwand gebracht. In unserem Falle wären somit die Porträts der Gattin
und des ältesten Sohnes Cuspinians mit Hilfe des Spiegels gemalt worden.
Bei Cuspinian und seinem jüngeren Sohn bedurfte es dieses Hilfsmittels
nicht, da sie ohnedies beide nach rechts blicken.
Nikolaus Ellenbog berichtet 1513 von Bernhard Strigel, daß er etiam leva pingit". Vgl. R. Vischer,
l. c., pag. 46. Das Wörtchen etiam" sagt uns, daß der Meister den Pinsel auch ebensogut mit der Rechten zu
führen imstande war.
Die Echtheit der Erlanger Zeichnung siehe Baldass. l. c., Figur r4 wird von der Forschung vielfach
bestritten. Daß sie den Kaiser nach links blickend zeigt. könnte mit Rücksicht auf das oben Gesagte als weiterer
Beweis dafür betrachtet werden. daß sie nicht von Strigel stammt.
Der zweite Absatz der Inschrift beschäftigt sich mit der Persönlichkeit
und dem Alter der Dargestellten. Sebastian Felix, von dem die Inschrift
sagt, daß er annum agebat etatis quintum decimum", war am I4. Jänner
1505 geboren? hatte also damals das 5. Lebensjahr schon überschritten,
während sein als zwölfjährig bezeichneter jüngerer Bruder geboren am
6. Dezember 1508,?" das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Bei
Cuspinian und seiner Gattin sind uns die Geburtsdaten unbekannt, weshalb
sich nicht beurteilen läßt, inwieweit die Angaben der Inschrift genauzu-
nehmen sind.
Von größtem Interesse ist der dritte Absatz, der von einer prima
tabula" Kunde gibt, welche die Bildnisse des Kaisers Maximilian, Marias von
Burgund, Philipps von Kastilien, Kaiser Karls V., Erzherzog Ferdinands
und König Ludwigs von Ungarn vereinigt. Bode hat auf Grund dieser
Beschreibung die erste Tafel" sofort mit dem im Wiener Hofmuseum
befindlichen Gruppenporträt der Familie Kaiser Maximilians siehe Abb.
identiüziertflf" dessen Entstehung wir oben auf den Wiener Kongreß zurück-
geführt haben. Nun lernen wir dasselbe Bildi- auch als eine Art Gegenstück
zum Cuspinian-Porträt kennen, das jener prima tabula" gegenüber konse-
quenterweise als altera tabula" aufzufassen ist, also in irgend einem Bei-
ordnungsverhältnis zu jener stand. Daß die beiden Bilder wirklich als
Pendants gedacht waren, zeigt nicht nur die fast völlige Übereinstimmung
in den MaßenJ-T sondern auch die ganz analoge Komposition. Hier wie dort
ist das Familienoberhaupt in die linke Ecke gerückt und mit den beiden
Knaben zu einer festen Gruppe verbunden, zu welcher die weibliche Figur
den rechten Gegenpol bildet. Auf beiden Bildern ist die ganze Familie hinter
einer niederen Brüstung postiert und als zweite Horizontale im Hintergrund
ein schmaler Wasserstreifen in Kopfhöhe angesetzt, während die Vertikale
in dem einen Falle durch den Teppich, im andern Falle durch den Baum-
stamm betont wird.
Ist das Maximiliansche Gruppenporträt mehr auf repräsentative Wirkung
berechnet, so erscheint das Cuspinian-Bild bloß für den engsten Familienkreis
bestimmt, da Cuspinian darauf weder als Arzt, Gelehrter oder Staatsmann,
Vgl. das Tagebuch Cuspinians, herausgegeben von H. Anltwicz in den Mitteilungen des Instituts für
österreichische Geschichtsforschung, XXX. Band 1909, pag. 294 "1505, januar 14 Mane 110;; ßtn nach," mius
meus Sebastianus, quem deus foveat et custodiat."
Vgl. Cuspinians Tagebuch. l. c., pag. 300 1508, December Mane hora 71' paulo post natus est
mihi filius Leopoldus Nicolaus Crisostomus."
Jahrbuch der königlich preussischen Kunstsammlungen, II. Band, pag. 56.
Der Baldass'schen Annahme l. c., pag. 276. daß das heute im Hofmuseum beßndliche kaiserliche
Familienbild eventuell auch eine für Cuspinian angefertigte eigenhändige Replik Strigels nach einem jetzt ver-
lcrenen, flir den Kaiser bestimmten Original sein könnte, möchte ich mit Rücksicht auf die von mir auf pag.
dargelegten Umstände nicht heipdichten, sondern an der von Baldass gleichfalls schon in Betracht gezogenen
Möglichkeit festhalten, daß das ursprünglich für den Kaiser gemalte Original noch vor 1520 auf irgend eine
Weise in den Besitz Cuspinians gelangt sei.
Die Familie Kaiser Maximilians" mißt dem Galeriekatalog von 19u7 pag. 316, Nr. 1425 zufolge
73 Zentimeter in der Höhe und 6x Zentimeter in der Breite. Die von mir festgestellten Maße der Familie Cus-
pinian" sind 71 Zentimeter Höhe und Zentimeter Breite. Die geringfügige Differenz im Format der beiden
Bilder konnte durch entsprechende Rahmen leicht ausgeglichen werden.
xi axlxzlllxxxx-u lxw
ÄlJilLUVX "ÄYNHHN
llYleuXNlälä.
Abb. g. Bernhard Slrigel, Die Familie Kaiser Maximilians I. Wien, Hofmuseum
sondern nur als schlicht bürgerlicher Hausvater dargestellt ist, der seinen
Söhnen die Mahnung zuruft
FILII COLITE DEVM
DISCITE PRVDENCIAM
DILIGITE HONESTATEM.
Auffallen müssen die eigenartigen Überschriften zu Häupten der
einzelnen Personen. Über Cuspinians Kopf lesen wir ZEBEDEVS, oberhalb
Älbljl "VS"
HOi
Iillißglli
Abb. 10. Bernhard Strigel, Die Familie des Dr. johann Cuspinian gräflich Wilczeksches Sehloß Kreuzen-
stein, Niederösterreich
Sebastian Felix steht JACOBVS MAIOR CHRISTO COEVVS, oberhalb
Agnes SALOME VXOR PACIFICA QVIA FILIOS PAC1IFICOS
GENVIT und an der Brüstung kann man bei Nicolaus Chrisostomus noch
In ähnlicher Weise wie auf dem kaiserlichen Familienbild die durch die Inschrifr als erste Gemahlin
Maximilians bezeichnete Frauengestalr eigentlich die Züge der zweiten Gattin des Kaisers Bianca Maria trägt,
ist auch hier anstatt der längst verstorbenen ersten Frau Cuspinians. der Mutter seiner Kinder. in Wirklichkeit
die zweite Gattin Agnes porträtiert.
31A
die Worte IOANNES CI-IRHSTI wahrnehmen. Indem sich hier
Cuspinian samt seinen Angehörigen durch die obigen Beischriften mit der
Familie des galiläischen Fischers Zebedäus identifizierte, dessen Söhne
Jacobus maiorj und Johannes nach dem Evangelium Matthäi 21 und
Ev. Marci 19 von Jesus unter die Apostel berufen worden waren, wollte
er dem Bilde oHensichtlich einen biblischen" Anstrich geben.
Es ist nun eine höchst bemerkenswerte, schon von Theodor von
Frimmel" festgestellte Tatsache, daß sich auch auf dem Gegenstücke der
Cuspinian-Tafel, dem kaiserlichen Gruppenbildnis, derartige der heiligen
Schrift entnommene Namensbezeichnungen finden. Bei oberflächlicher
Betrachtung zeigen sich allerdings ganz andere Aufschriften. Über dem
Porträt Maximilians liest man die Worte MAXIMILIANVS. I. IMP.
ARCHIDVX AVSTRIZE DVX BVRGVNDIIE, über Philipps und Marias
Köpfen PHILIPPVS I-IISP. REX. I. ARCHIDVX AVSTRIZE, beziehungs-
weise MARIA DVCISSA BVRGVNDIIE MAX. VXOR und unter Karls
und Ferdinands Gestalten steht an der Brüstung CAROLVS V. IMP.
ARCHIDVX AVSTRIIE sowie FERDINANDVS. I. IMP. ARCHIDVX
AVSTRUE. Ludwigs Name LVD OVICVS REX HVNG ET BOI-IEMIIE
wurde in Errnanglung eines geeigneten Platzes auf der Pergamentrolle an-
gebracht. Indes beweist aber Ferdinands Betitelung deutlich, daß alle diese
Überschriften erst viele Jahre nach Strigels Tod hinzugefügt wurden; denn da
Ferdinand hier bereits als Kaiser bezeichnet ist, können die Überschriften
nicht vor 1558 auf das Bild aufgesetzt worden sein. Sieht man sich dann
die Tafel etwas genauer an, so macht man die überraschende Entdeckung,
daß unter den eben angeführten Namen, durch die deckende Farbschichte
teilweise unleserlich gemacht, I-Ieiligennamen stehen, die wie beim
Cuspinian-Bilde dem Kreise der heiligen Sippe entnommen sind. Es ist
Baldass Verdienst, diese, wie gesagt, bereits von Frimmel bemerkten über-
malten Sippennamen als erster publiziert zu haben, und zwar entzifferte er
l. c., pag. 273f. folgendes
Unter MAXIMILIANVS etc. stand ursprünglich
CLEOPl-IAS. FRATER. CARNALIS. I0
SEPI-II. MARITI. DIVIE. vmc. MARIIE.
Von Philipps des Schönen Beischrift konnte Baldass nur das I-IIEROSO-
LYMYTANVS der zweiten Zeile lesen. Jedoch gelang mir, als ich mich
seinerzeit unabhängig von Baldass mit diesen Überschriften beschäftigte, auch
die Entzifferung der drei ersten Worte. Man sieht also im ganzen noch
I.
IACOBVS MINOR FR.
I-IIEROSOLYMYTANVS.
Theodor von Frimmel, Geschichte der Wiener Gemlldesammlungen, I. Hnlbband Einleitung und
Geschichte der kaiserlichen Gemäldegalerie Leipzig 1899, png. 584 f.
Maria von Burgund war als
MARIA. CLEOPHIE. SOROR
vmc. MAR. FVTVRA. MA
TER man
bezeichnet, Karls V. Porträt trug die Überschrift
II.
SIMON ZELOTES CONSO
51-
BRINVS DNI. NRI.
und Ferdinand galt als In
JOSEPH ivsrvs.
Bei Ludwig II. von Ungarn fehlt der Sippenname, der nach Ev. Matth.
I3, 55 IVDAS lauten müßte.
Sehr wichtig ist der Umstand, daß ähnlich wie beim Kreuzensteiner
Cuspinian-Porträt auch die Rückseite des kaiserlichen Gruppenbildnisses
bemalt ist, und zwar mit einer heiligen Sippe siehe Abb. einem von
Strigel oft wiederholten Thema, das hier besonders reizvoll behandelt ist.
In der Gruppe links sehen wir die Familie Christi, nämlich das Jesuskind,
Maria undjoseph, Anna und Joachim, die Gruppe rechts zeigt uns den kleinen
Johannes den Täufer, seine Eltern Zacharias und Elisabeth und seine Groß-
eltern Esmeria mit ihrem Gatten Effra." Diesmal handelt es sich nicht um
Porträte mit fiktiven Überschriften, sondern um ein richtiges Heiligenbild
mit typischen Strigelschen Heiligenfiguren in zeitgenössischer Kleidung.
Ikonographisch genommen ist diese Darstellung eigentlich die wichtigste
von allen dreien, denn sie enthält den engeren Kreis der Familie Christi mit
dem Heiland selbst, während die beiden andern Bilder nur die entferntere
Verwandtschaft versinnbildlichen. Alle drei zusammen aber ergeben die
vollständige Sippe Christi" und erweisen dadurch schon inhaltlich ihre
Zusammengehörigkeit.
Die Überschriften am Sippenbilde lauten von links nach rechts gelesen x. oberhalb der Köpfe ANNA
VNICVM VIDVI- TATIS SPECIMEN; IOACHXM VNICVS MARXTVS ANNE; IOSEPH MARI- TVS
VIRG; ELIZABETH COGNATA MARIE VIRG; ESMERIA SOROR AN- NAG MINOR NATV; ZACHARIA;
für Eßru Namen war kein Platz vorhanden. a. an der Brüstung MARIA ILLABIS REGINA VIRGINITATIS
IDEA; HIESVS CHRISTVS SERVATOR NOSTER; IOANNES BAPTISTA SANCTIFICATVS IN VTERO.
Auf einem von Strigel um 1505 gemalten Sippenaltar, der sich jetzt teilweise in der Münchener Pina-
kothek, teilweise im Germanischen Museum zu Nürnberg befindet, sind den einzelnen Tafeln folgende, das
Verwandtschaftsverhälmis der Familie Christi erläuternde Verse beigegeben
Von lsathar und Suaanna
lst gpom hysmeria vnd annu.
Hismeria und ir mann het
Eliud vnd Elizabeth.
johaües der töffer v5 gut erkori
Aus Elizabeth v5 Zacharia hailg geporn.
Anna war dreimal verheiratet mit Joachim, Cleophas und Salome.
Anna mit oachim gebar
Mariam gottea mutter dar
Anna und Cleophas mit Ee
gepam mariam Cleophe.
Anna mit Salome nit liess
Die dritten maria Salome hies.
In
Die Sippe ist jedenfalls zur selben Zeit auf der Rückseite des kaiserlichen
Familienbildes aufgemalt worden, da die Sippennamen auf der Vorderseite
hinzugefügt wurden und die Porträts der Familie Cuspinian entstanden sind,
also im Oktober r52o. Diese so einfache Sachlage ist in der Literatur mit
alleiniger Ausnahme von Baldass, der l. c., pag. 276 auf eine derartige
Möglichkeit hindeutet, bisher nicht erkannt worden; Frimmel und Weizinger
zum Beispiel suchen das Verhältnis zwischen Kaiserbild und Sippe auf ganz
andere Weise zu erklären Die Inschriften der Vorderseite" des kaiser-
lichen Gruppenporträts, sagt Frimmelf" sind als Pentimente aufzufassen.
Sie sind zwar vermuthlich von Strigel's eigener Hand, gehören aber doch
nicht dem ursprünglichen Bilde an. Unter den Zügen mit den Namen der
Dargestellten haben andere Inschriften gestanden, die sich auf die heilige
Sippe beziehen. Man sieht sie, meist vollkommen leserlich, allerwärts durch
die alte Übermalung durchschimmern. Wahrscheinlich haben Gesellen, die
des Schreibens und Lesens wenig kundig waren, auf die Vorderseite jene
Schriften gesetzt, die für die Rückseite bestimmt waren. Nach einiger Zeit
bemerkte dann wohl der Meister das Missverständnis. Er liess dann vermuth-
lich die irrthümlich hingesetzten Namen überstreichen und malte auf die
gedeckten Inschriften neue. Auf der Rückseite sind die Überschriften die
sich auf die dargestellten heiligen Personen beziehen in ihrem ursprünglichen
Zustand verblieben." Daß die Pentimente erst nach Ferdinands Kaiser-
krönung aufgesetzt worden sein können, wurde bereits erwähnt. Aber die
Frimmelsche Gesellentheorie" ist schon deshalb unhaltbar, weil die Anzahl
der Figuren auf der Vorder- und Rückseite eine ganz verschiedene ist sechs
gegen zehn und darum eine Verwechslung der dazugehörigen Überschriften
selbst bei ganz ungeschickten Gesellen so gut wie ausgeschlossen erscheint.
Weizinger, der jüngste Strigel-Forscher, legt sich l. c., pag. 130 die Sache
folgendermaßen zurecht Die seiner Meinung nach um die Zeit der
Rehlinger-Bilder 1517 gemalte kaiserliche Familie" war ursprünglich als
Sippenbild gedacht. Das geht daraus hervor, daß unter den heutigen Auf-
Schriften noch Sippennamen zu erkennen sind; unter ,Ferdinandus I. Impf
steht ,Simon justusß unter ,Carolus V. Impf bemerken wir ,Simon
Zelotes conso .'. Diese Umtaufe hat Strigel selbst vorgenommen, und
zwar kurz nach dem Tode des Kaisers, 1520, nach der Wahl Karls zum
Die ersr maria jhesu genas
Der hailig gaisr tet würcken das
Joseph sein gschäizrer vaner was.
Chleophe maria alpheum het
Den mindern Jacob si geberen ret
Der gerecht Joseph der ander was
Der dritt und vierd Syrnon Judas.
Maria Salrne vnd ir rnann
Zebedeus geparn Johann
Ewlngelisten rain bekam
Vnd Jakobum den grössern gnanr.
Vgl. Weizinger, l. c., pag. x40, und Heidrich, Die alxdeutsche Malerei Jena 190g, Band der Kunst in
Bildern", pag. 26x, wo die Verse wesentlich richtiger wiedergegeben sind als bei Weizinger.
Frimmel, Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen, I. Halbband Leipzig rßgg, pag. 584 f.
deutschen Kaiser und der Ernennung Ferdinands zum römischen König.
Auf der Rückseite des 1520 als Pendant entstandenen Familienbildes des
kaiserlichen Rates Cuspinian nennt Strigel das Kaiserbild ,prima tabula' und
gibt die Namen der Dargestellten analog den dortigen Beischriften an. Mit
der Umänderung der Namen hatte das Wiener Bild den Charakter der Sippe
verloren und
Strigel hat
deshalb die
Rückseite mit
einer neuen
Sippe be-
malt." Wei-
zingers Er-
klärungsver-
suchwirdden
Tatsachen
ebensowenig
gerecht wie
FrimmelsI-Iy-
pothese auch
er führt die
Pentimente
auf Strigel
selbst zurück
und begeht
dabei noch
den chrono-
logischen Irr-
tum,dieWahl
Ferdinands
zum römi-
schen König
ins Jahr 1520
zusetzenstatt
insahr,1531.
Es wird sich
aber überhaupt der wahre Sachverhalt nicht ermitteln lassen, wenn man,
wie es bisher immer geschah, bloß das Bildermaterial zu Rate zieht. Man
muß, um den tieferen Sinn der merkwürdigen Verquickung von Familien-
porträt und I-Ieiligendarstellung zu ergründen, doch vor allem einmal die
Frage aufwerfen, was denn der durch die Inschrift als Besitzer beider
Tafeln genannte kaiserliche Rat Dr. Johannes Cuspinian mit dem Ganzen
bezweckt haben kann. Und vielleicht führt uns da eine kurze Notiz im
I-Iauskalender dieses, wie wir eingangs bemerkten, schon seit 1515 mit
Abb. x. Inschrift auf der Rückseite des Bernhard Strigelschen Gemäldes Die Familie des
Dr. Johann Cuspinian"
Strigel befreundeten Mannes auf den richtigen Weg. Am 19. August 1520,
also etwa einen Monat, bevor Strigel das Porträt der Familie des Wiener
Stadtanwalts vollendete, schrieb Dr. Cuspinian folgendes in sein Tage-
buch? Sacellum rneum est dedicatum reverendissimo episcopo Georgio
Viennensi." Als ich dieses Tagebuch im Jahre 190g neu herausgab, war
ich über die Örtlichkeit, wo diese vom Wiener Bischof Georg Slatkonia
geweihte Privatkapelle Cuspinians zu suchen ist, noch im unklaren und
bemerkte in einer Note zu der zitierten Stelle Vielleicht eine Kapelle auf
Cuspinians Lehenshof zu St. Ulrich." Inzwischen wurde ich aber durch
einen glücklichen archivalischen Fund in die Lage versetzt, dieses sacellum"
genau lokalisieren zu können. Es befand sich, wie nun außer Zweifel steht,
im I-Iintertrakte des Wiener Wohnhauses Cuspinians jetzt I., Singer-
Straße ro, in jenem geräumigen und stattlichen Gebäude, das Cuspinian
laut einer noch vorhandenen Inschrifttafel für sich und seine Familie im
Jahre 1510 erbaut hatte." Wir wissen das aus der detaillierten Häuser-
beschreibung des im Archiv des k. u. k. Reichstinanzministeriums in Wien
unter der Signatur 18638 verwahrten I-Ioff Quartier Buch Vber der Röm
Kay. May I-Iaubt und Residenz-Stadt Wienn de Anno x566", wo auf fol. 220
die Sininger straß zur rechten hinab" unter Nr. 960 das ehemalige Cuspinian-
Haus, das damals dem Gatten der Enkelin Cuspinians, Lorenz Osterrnair,
gehörte,""'""ausführlich beschrieben ist. Da werden zunächst die Räumlichkeiten
bei der Erden" verzeichnet, Keller, Gewölbe, Ställe, zween höf", gärtel",
dann folgen die Zimmer und Stuben im ersten Gaden", hierauf die Gemächer
im hindtern stogkh zur lingkhen", und zwar stube, stübl, Cammer,
Capell, khuchel bey der erden". Hier haben wir also das sacelluni
meum", von dem Cuspinians Tagebuch spricht, und jetzt wird uns auch mit
einem Schlage klar, welche Absicht Cuspinian damit verfolgte, als er sich im
Oktober 1520 von Strigel porträtieren, gleichzeitig die Sippe auf die Rückseite
des Kaiserbildes malen und die Sippennamen sowie die Inschrift anbringen
ließ. Er brauchte einen Bilderschmuck für seine kurz zuvor eingeweihte
I-Iauskapelle und adaptierte" zu diesem Zwecke die an sich Profanen"
Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Band XXX 1909, pag. 319.
Vgl. Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Vereines zu Wien, Band VIII X865, pag. CVI. Das
Cuspinianhaus" steht heute längst nicht mehr. Das an seiner Stelle um die Mitte des XVllLjahrhunderts erbaute
dreistäckige Gebäude wurde vor einigen Jahren abgerissen und durch jenen modernen Bau ersetzt, in den1
sich jetzt das Cafe Domhof" befindet. Die bis zur Demolierung xgu im Hofe des alten Hauses angebracht
gewesenen Cuspinianschen Inschrifttafeln wurden von dem Wiener Sammler Dr. Albert Figdor erworben und
geschenltweise dem Wiener Stadtrnuseum überlassen, wo sie derzeit bis zur Vollendung des neuen Museums-
gebäudes im Magazin aufgestellt sind.
In der gleichfalls im Archiv des k. u. k. Reichsfmanzministeriums beündlichen Beschreibung der
gantzen Stat Wienn. Angefangen worden den zwainzigisten Martij im 1563. jar vnd volendet den ersten Aprilis
durch R6. Kayserlich vnd lthu. Mt. etc. Quartiermaister Hans jörgen von Preising Ritter vnndt Genrgen Freiden-
reich" Signatur 18637 ist das Haus Nr. 96a auf fol. 73 noch als Spiefhamers haus" bezeichnet. Die
Aufzählung der Räumlichkeiten ist hier nur eine summarische, die Kapelle wird nicht eigens erwähnt. Die
einzelnen Wohnungen waren an verschiedene Parteien vermietet; im hindern stogkh" zum Beispiel wohnte
Grat? Ernfried von Orttenburgk", die Erben Cuspinians hatten sich bloß Zimmer vorbehalten, die als von
den Gerhaben verspertt" angeführt werden. Als dann Lorenz Osterrnair kurz darauf als Gemahl der Tochter
des Nikolaus Chrysostomus Spießheirner, Magdalene, in das Familienhaus einzog, scheint er die Parteien
wieder entfernt und das ganze Haus filr sich und seine Angehörigen in Anspruch genommen zu haben.
Gruppenporträte, indem er ihnen durch die Umtaufe in Sippenbilderml den
Charakter von Heiligenbildern und damit auch die Eignung verlieh, zur
Ausschmückung eines kirchlichen Raumes zu dienen. Die Familie Kaiser
Maximilians" erstand er wahrscheinlich schon zu jener Zeit von Strigel,
da die Annahme des Bildes vom Hofe endgültig abgelehnt worden war.
Hatte er doch ein ganz spezielles Interesse, dieses mit der Geschichte des
Wiener Kongresses von 1515 so eng verknüpfte Kunstwerk für sich zu
erwerben, da er selbst hervorragenden A'nteil an diesem großen historischen
Ereignis genommen und darum in dem Gemälde eine bleibende Erinnerung
an jene auch für ihn hochbedeutsamen Tage sehen konnte. Zudem stellte
es auch die Familie seines schwärmerisch verehrten Herrschers dar und
besaß schon aus diesem Grunde für den stets kaisertreuen Mann besonderen
Wert. Es war daher ein schöner Gedanke, daß er gerade mit diesem Bilde
seine Kapelle zieren wollte und auch sein eigenes Porträt nach dessen Muster
malen ließ. Die Anordnung der beiden Tafeln ergibt sich jetzt, wo wir über
ihre Verwendung im reinen sind, mit Leichtigkeit. Allem Anschein nach
waren die das Maximilian-Porträt und Cuspinian-Bild enthaltenden gegen-
wärtig nicht mehr vorhandenen Rahmen durch Scharniere so verbunden,
daß die Sippendarstellung auf der Rückseite des Kaiserbildes die Außenseite
bildete, die Gruppenbildnisse der kaiserlichen und Cuspinianschen Familie
die Innenflächen einnahmen und die Inschrift auf der Rückseite des Cuspinian-
Bildes den Beschluß machte. Auf diese Art bekam man eine Art zweiteiligen
Flügelaltar, der in geschlossenem Zustande nur die Verwandtschaft Christi"
zeigte, also sehr gut in eine Kapelle paßte. Erst beim Öffnen boten sich dem
Beschauer die beiden Familiengruppen dar, und zwar als erste links diejenige
Maximilians 1., auf welche somit die in der Inschrift gebrauchte Bezeichnung
prima tabula" vollkommen zutraf. Daß dieses Diptychon" direkt als Altar-
tafel gedient hat, möchte ich bezweifeln, wohl aber wird man dem Werke
einen Platz in der Kapelle angewiesen haben, der sowohl dem Range des
Künstlers als auch der Bedeutung der dargestellten Persönlichkeiten entsprach.
Solange Cuspinian lebte, dürfte das Sippenbild seinen Aufstellungsort nicht
geändert haben, aber nach seinem Tode 1529 ging es wahrscheinlich
denselben Weg wie so manches andere wertvolle Stück aus dem reichen
Besitz des Humanisten es wurde von verständnislosen Erben an den Meist-
bietenden verkauft. In unserem Falle wird dieses Schicksal zunächst die
Maximilian-Tafel betroffen haben, die von ihrem Pendant getrennt
wahrscheinlich nach dem Tode des letzten männlichen Sprossen der Familie
Cuspinian, Nikolaus Chrysostomus Spiesheimer, der 1561 gestorben ist," in
den I-Iofbesitz überging. Damals es mag bald nach der Errichtung der
Einen ganz ähnlichen Vorgang Finden wir bei zwei im Besitze der Frau Professor Streber München
befindlichen angeblichen Strigel-Bildern, die Gräfin von Oettingen mit ihren Kindern darstellend, wo in ganz
analoger Weise über den Köpfen der Porträtierten die Sippennamen Maria Salome, johannes und Jakobus,
beziehungsweise Maria Kleophe, Jakohus, Joseph, Simon und Judas angebracht sind. Vgl. R. Vischer im jahr-
buch der königlich preussischen Kunstsammlungen, VI. Band, pag. 88.
Vgl. Horawitz in der Österreichischen Wochenschrift, jahrgang 1872, 2. Band, pag. 382.
kaiserlichen Kunstkammer 558 gewesen seini" dürften die Sippenüber-
Schriften, die jetzt keinen rechten Sinn mehr hatten, überdeckt und durch die
wirklichen Namen der Dargestellten ersetzt worden sein. Zu Anfang des
XVII. jahrhunderts gehörte das Bild schon zum festen Bestand der kaiser-
lichen Galerie, da es, wie Baldass l. c., pag. 273, Anmerkung konstatierte,
bereits in dem zwischen 1610 und 161g entstandenen Inventar der Neuen-
burg" unter Nr. 78 Khaiser Maxirniliano sampt derselben gemahel und
jungen herrn" verzeichnet stehtf Die nächste Erwähnung des Gemäldes
findet sich dann erst wieder in Christian von Mechels Verzeichnis der
Gemälde der k. k. Bildergalerie in Wien Wien, R. Graefer 1783, wo es auf
pag. 237 Matthaeus Gruenewald" zugeschrieben wurde, welchen Namen
es beibehielt, bis Bodes Entdeckung der Cuspinian-Inschrift Strigels Autor-
Schaft wieder zu ihrem Rechte brachte.
Über die Wanderungen des Cuspinianschen Familienporträts sind wir
leider nicht so genau unterrichtet; als Familienstück dürfte es zwar etwas
länger im Singerstraßenhause geblieben sein, aber da das Geschlecht der
Spießheimer noch im XVI. Jahrhundert gänzlich erlosch, wird auch das
Bildnis des berühmtesten Trägers dieses Namens schon um die Wende
des XVI. Jahrhunderts in fremde Hände übergegangen sein. Ehe es in
der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts ins Kaiser-Friedrich-Museum
gelangte, hatte es schon einige andere größere Sammlungen Sammlung
Solly? passiert, da es bereits mit der eingepreßten Sammlermarke und der
Galerienummer 1792 in die Berliner Galerie kam. Auch die von uns oben
beschriebene sonderbare Ergänzung auf der rechten Bildseite fällt in die
Vor-Berliner Zeit und geht vielleicht auf einen nicht ganz geglückten Restau-
rierungsversuch zurück." Im Jahre 1913 wurde unser Gemälde im Tausche
gegen ein anderes Bild vom Kaiser-Friedrich-Museum an Seine Exzellenz
den Grafen Hans Wilczek überlassen, der das Werk seiner großartigen
Kunstsammlung im Schloß Kreuzenstein bei Korneuburg Niederösterreich
einverleibte. Dort ist es jetzt vis-ä-vis einer Kopie seines einstigen Gegen-
stückes, des Maximilianschen Gruppenporträts, in einem stimmungsvollen
altdeutschen Zimmer aufgehängt und damit wenigstens wieder in die
Nähe seiner einstigen Wiener Heimat zurückgekehrtßom
Vgl. Wilhelm Kühler, Aktenstiicke zur Geschichte der Wiener Kunstkammer in der herzoglichen
Bibliothek zu Wolfenbüttel, im jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses,
Band XXVI r9o7, pag. IV Nach einer Zahlungsnotiz der Bauakten der Wiener Hofburg wurde imjahre 1558
eine Kunstkammer erbaut, 1566 ein Aufseher für sie angestellt."
Es wäre für die Lösung der noch offenen Frage nach dem eigentlichen Zwecke dieser Ergänzung
entschieden von Wert, wenn einmal von fachkundiger Seite untersucht würde, ob die Cuspinian-Tafel und der
rechts an sie angesetzte Streifen von derselben Holzart, das heißt vom selben Brette stammen. Da wllßte man
doch wenigstens, ob der angestückelte Teil zum ursprünglichen Bildbestande gehört oder nicht.
Es sei rnir an dieser Stelle gestattet, sowohl der Direktion des Kaiser-Friedrich-Museums in Berlin für
die rnir seinerzeit erteilte Bewilligung, die Inschrift des Cuspinian-Porträts zu photographieren, als auch Seiner
Exzellenz Grafen Hans Wilczek für die rnir glitigst gewährte Erlaubnis, das Gemälde in Kreuzenstein näher unter-
suchen zu diirfen. meinen ganz ergebensten Dank auszusprechen. Nicht minder bin ich auch Herrn Hauptmann
Alfred Walcher Ritter von Molthein, gräflich Wilczekschem Galeriedirektor, sowie Herrn Dr. Ludwig Edlen von
Baldass, Kustosadjunkten am Kunsthistorischen Hofmuseum in Wien, für mehrfache freundliche Unterstützung
zu Dank verptiicl-rtet.
315
Die Strigel-
Forschung hat
anfangs des Mei-
sters Wiener Auf-
enthalt vom Ok-
tober 1520 bis ins
Jahr 1525 aus-
dehnen wollen
und Strigel auf
Grund zweier ihm
irrtümlich zuge-
schriebener Por-
träts Erzherzog
Ferdinands sogar
,österreichi-
als
schen Holbein am
Hofe zu Wien"
bezeichnetfk Diese
in manche Hand-
bücher und Le-
xika" übergange-
ne Anschauung ist
aber nicht haltbar,
denn durch die
Memminger Rats-
protokolle ist fest-
gestellt, daß Stri-
gel nur vom 19.
März 1520 bis zum
28. Februar 1521,
also nicht einmal
Abb. n. Grabstein des Dr. Johann Cuspinian x5zg im Wiener Stephansdom
W. Bode im Jahrbuch der königlich preussischen Kunstsammlungen, Band lI, pag. 57 Da. die
beiden Bildnisse Ferdinands I. von 1524 und 1525 datieren. so dllrfen wir wohl die Zeit seines Aufenthaltes in
Wien mindestens bis ins jahr r525 ausdehnen"; pag. 58 Die österreichischen Forscher werden uns hoffentlich
über den Aufenthalt dieses Jisterreichischen l-lnlbein am Hofe zu Wien' gelegentlich urkundliche Belege bei-
bringen." Heute wissen wir, daß die beiden Ferdinand-Porträts inFlorenz Uflizien und Rovigo städtische Galerie
nicht von Strigel, sondern wahrscheinlich von Hans Maler von Ulm, Maler zu Schwaz, stammen und daher als
Beweis für einen längeren Aufenthalt Strigels in Wien nicht in Betracht kommen. Vgl. Gustav Glück, Hans
Maler von Ulm, Maler zu Schwaz, im jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiser-
hauses, Band XXV 1904, pag. 245 if.
Vgl. zum Beispiel Geschichte der Malerei von Richard Muther, Band Il Leipzig xgog, pag. 206;
Bernhard Strigel aus Mernmingen, der dann in Wien als Hofmaler Kaiser Maximilians lebte Handbuch
der Kunstgeschichte von Anton Springer, Band lV 7. Auflage, Leipzig 1905, pag. x22 Bernhard Strigel aus
Memmingen welcher bei Kaiser Maximilian in hohem Ansehen stand und später nach Wien übersiedelte."
Hans Wolfgang Singer, Allgemeines Kilnstlerlexikon, Band IV Frankfurt 1898, sagt auf pag. 35 daß Strigel
1520, x52 und x5z5 in Wien urkundlich erwähnt" sei. Siehe auch Passes Katalog der Gemäldegalerie des
Kaiser-Friedrich-Museurns, II. Abteilung, pag. 4a, wo Strigel als in Wien um 1520, 1522 und 1525" anwesend
angeführt wird.
Qau
ein Jahr lang fern von seiner Vaterstadt geweilt hat." Und bloß einen Bruchteil
dieser Zeit wird er sich in Wien aufgehalten haben, wo damals infolge der
nach dem Tode Kaiser Maximilians ausgebrochenen ständischen Unruhen"
zeitweise fast anarchische Zustände herrschten, die für eine ausgebreitetere
künstlerische Tätigkeit nichts weniger als günstig waren. Man muß sich
schon wundern, daß Cuspinian, der als landesfürstlicher Stadtanwalt viel-
fachen Angriffen ausgesetzt war, damals Muße gefunden hat, sich von Strigel
porträtieren zu lassen. Aber vielleicht erklärt die alte Bekanntschaft der
beiden Männer und der religiöse Zweck der Bilder die Berufung des
Memminger Meisters. Daß dieser jedoch auch anderweitige Aufträge in
Wien erhalten habe, scheint ziemlich zweifelhaft, denn zwischen 151g und
1522 residierte kein einziges Mitglied des Hofes in Wien und unter der
Bürgerschaft überwog wohl noch die Sorge um Leben und Besitz das
Interesse an künstlerischen Dingen. So wird sich Strigels Anwesenheit in
Wien auf jenen Zeitraum beschränkt haben, den er zur Fertigstellung der
von Cuspinian bestellten Bilder benötigte, und noch im Spätherbst 1520
mag er den Wiener Freunden Lebewohl gesagt haben und nach Deutsch-
land zurückgereist sein.
Robert Stiassny hat vor Jahren einmal die Vermutung ausgesprochen,
claß ein im Kaisersaale des Prämonstratenserstiftes Wilten befindliches, auf
Leinwand gemaltes Doppelporträt Kaiser Friedrichs III. und seiner Gemahlin
Eleonore, auf welchem im Hintergrunde die Stadt Wien zu sehen ist, die
Kopie eines heute verlorenen Gemäldes sei, das Strigel während seines
Wiener Aufenthaltes im Jahre 1520 geschaffen habefk" Als Kopisten dachte
sich Stiassny einen jener Maler, die in der zweiten Hälfte des XVI. Jahr-
hunderts für Erzherzog Ferdinand im Schlosse Ambras tätig waren.
Weizinger hat sich in jüngster Zeit dieser Ansicht angeschlossen und sogar
einen bestimmten Namen für diesen Kopisten in Vorschlag gebracht-i-
Hans Folnesics dagegen, der sich in seiner Arbeit über die herzog-
liche Burg zu Wien im Mittelalter" gleichfalls mit dem Wiltener Bild
beschäftigte-H- setzte dessen Entstehungszeit an die Wende des XV. Jahr-
hunderts und hielt es für ein im Auftrage Kaiser Maximilians von Strigel
gemaltes Brautbild", das auch die Signatur Bernhard Strigl" trägt. Dem-
gegenüber hat nun Moriz Dreger kürzlich festgestellt-Hi daß das Doppel-
porträt in Wirklichkeit gar nicht signiert ist und mit Strigel überhaupt nichts
Vgl. R. Vischer im jahrbuch der königlich preussischen Kunstsammlungen, Band VI, pag. 49.
Vgl. Vancsa in der Geschichte der Stadt Wien, herausgegeben vorn Wiener Altertumsverein, II. Band,
z. Hälfte, pag. 583 f.
Robert Stiassny, Bildnisse von Bernhard Strigel, in Zeitschrift für bildende Kunst, Neue Folge,
III. Band 1892, pag. 25g. Eine Abbildung des Wiltener Bildes findet sich in der vom Wiener Alterturnsverein
herausgegebenen Geschichte der Stadt Wien. ll. Band, a. Hälfte Wien 1915, Tafel XXII, pag. 554.
Weizinger in der Festschrift des Münchener Altenumsvereines München x9x4,pag. 14x.
11' Kunstgeschichtliches Jahrbuch der k. k. Zentralkomrnission für Erforschung und Erhaltung der Kunst-
und historischen Denkrnzle, Band III xgog, Beiblatt für Denkmalpfiege, Spalte 6x. In Figur bringt Folnesics
eine vergrößerte Abbildung der durch das Fenster sichtbaren Ansicht von Wien.
Hal- Baugeschichte der k. k. Hofburg in Wien von Dr. Moriz Dreger Österreichische Kunsttopographie,
Band XIV, Wien 1914, pag. 70 l'. Als Abb. 42 der Fensterausschnitt mit dem Blick auf Wien.
zu tun hat, da die beiden Bildnisiiguren offenbar Kopien zweier getrennter
Bildnisse sind, die sich in der Münzsammlung des kunsthistorischen Museums
zu Wien befinden". Auch erbrachte Dreger den wichtigen Nachweis, daß
die durch den Fensterausschnitt sichtbare Ansicht von Wien erst nach der
Türkenbelagerung von 529 gemalt sein kann, weil die I-Iäuser der Vorstädte
hier nicht mehr so dicht an die Stadtmauer herantreten wie vor der
Belagerung und die der Burg vorgebaute Bastion erst durch die Ereignisse
des Jahres 1529 notwendig wurde. Somit ist also das Wiltener Bild definitiv
von der Liste der Strigelschen Werke zu streichen und es kommen als
Ergebnis der zweiten Wiener Reise Meister Bernhards faktisch nur die
Cuspinianschen Sippenbilder in Betracht.
In späteren Jahren ist Strigel wohl noch einigemal nach Österreich
Innsbruck,"' aber nicht mehr nach Wien gekommen. Daß er jedoch nicht
alle Beziehungen zu dieser Stadt abgebrochen, zeigt uns ein an Bürger-
meister und Rat der Stadt Memmingen gerichtetes Schreiben des Konvents
zu St. Maria Magdalena vor dem Schottentor in Wien, in welchem die
Klosterschwestern unterm 29. September 1527 den ersamen weisen
Bernhardn Strigl, burger zu Memingen", bevollmächtigen, das Erbteil der
aus Memmingen gebürtigen Konventschwester Anna Ganser für den Konvent
zu Maria Magdalena in Empfang zu nehmen." Wahrscheinlich hatte Strigel
anläßlich seines Wiener Aufenthaltes im Jahre 1520 die Landsmännin im
Magdalenenkloster aufgesucht und dort ein so gutes Andenken hinter-
lassen, daß die Schwestern noch nach sieben Jahren keinen besseren
Vertreter ihrer Rechte in Memmingen wußten als Bernhardin Strigel. In
künstlerischer Hinsicht" freilich ist von einer Nachwirkung der beiden
Besuche des berühmten Schwaben auf die Wiener Malerei nichts zu spüren.
Das mag daher kommen, daß er beidemale nur kurze Zeit in der Donaustadt
geweilt hat und hier ausschließlich Werke schuf, die bloß einem sehr
beschränkten Kreise zu Gesicht kamen. Darum kann sein Aufenthalt in der
österreichischen Metropole vom Standpunkt der heimischen Kunst nur als
Episode von vorübergehender Bedeutung gewertet werden; aber von Seite
des Biographen Strigels verdienen diese Reisen umso stärkere Beachtung,
denn sie bezeichnen wichtige Marksteine in seiner künstlerischen Entwick-
lung, die durch die in Wien empfangenen Aufträge sehr erheblich gefördert
worden ist.
Wie aus den Memminger Rarsproxokollen hervorgeht, hat sich Strigel in Angelegenheiten der Stadt
Memmingen in den Jahren r5a3, 1524 und 1525 vorübergehend in Innsbruck aufgehalten. Vgl. R. Vischer, l. c.,
pag. 53 H.
Vgl. Vischer, l. c., pag. 56, wo das Schreiben des Konvents zu Maria Magdalena in Wien im vollen
Wortlaut abgedruckt ist.
der Literatur über die Emailgläser kehrt die Be-
merkung wieder, die Schreibeweise der Namen
auf den Reichsadlerhumpen sei willkürlich,
schwankend. Czihak" hat bereits eine Aufzäh-
lung einiger Varianten gegeben, um das ortho-
graphische Durcheinander zu kennzeichnen.
Tatsächlich
wimmeln diese
Inschriften von
Flüchtigkeits-
fehlern. Namen und Wappen haben die
Maler bisweilen vertauscht. Auf einem Glase
in Stuttgart steht zum Beispiel über dem
Wappen von Bayern der Name Merchern
Mähren und auf einem Humpen in Frank-
furt Abb. 18 über dem Wappen von Brabant
der Name Brandenbur. Solche Versehen
sind eigentlich selbstverständlich. Viele der
Adlergläser wurden als Meisterstücke her-
gestellt und die für die Probearbeit von der
Zunft festgesetzte Lieferfrist von anderthalb
Tagen war knapp genug bemessen. Es kann
insofern nicht wundernehmen, wenn der
Geselle sich einmal verschrieben hat. Diese
I-Iinterwäldler waren keine Schriftgelehrten.
Manche sind gewiß im Gegenteil Analpha-
beten gewesen. Eben deshalb bemühten sie
sich aber auch, ihre Vorbilder getreu zu ko-
pieren, das heißt sie malten die Buchstaben
wortklauberisch nach, ohne sich viel dabei
zu denken. Daraus erklärt sich sowohl die
Entstehung orthographischer Eigenheiten
wie deren Erblichkeit.
Wahrscheinlich liegt der Keim zu der
Bildung mancher Sonderformen in dem
Text der graphischen Darstellungen des
XVI. Jahrhunderts, welche die Genealogie
der in die Emailmalerei übertragenen Quater-
nionenfolgen eröffnen. So findet sich die an Am, Reichsadlmws,
E. v. Czihak. Schlesische Gläser, Breslau 189i, Seite 105. datiert x651, Bremen Gewerbemuseum
einem Darmstädter Glas vom Jahre 1614 auffallende Angabe Pabst zu Rom"
statt Potestat" zu Rom bereits in dem Stich von Jan Bussemaker, der mit
diesem Glas auch eine besondere Anordnung der Wappen gemeinsam hat.
In dem Holzschnitt von Nickel Nerlich heißt die Überschrift Das Heilig
Römisch Reich mit sampt seinen Gliedern", während sie bei David de
Negker wo die Namen, worauf mich Max Geisberg aufmerksam macht,
typographisch eingesetzt sind lautet Das hailig Römisch reich mit
sampt seinen gelidern", ähnlich wie über dem Quaternionenadler von 1511,
nur daß dort noch das Wörtchen sampt" fehlt, das in einem 1535 datierten
Holzschnitt bereits eingeschaltet ist. Der lateinische Text der Malerei eines
Glases vom Jahre 1607 in Sigmaringen
.,SACRVM ROMANVM IN PERINN
CVM SVIS MEMERISM" geht sicher auf
eine graphische Vorlage zurück, die jedoch
verschollen zu sein scheint. Da es mit dem
Holzschnitt von 1535 und mit dem Blatt des
Nürnberger Briefmalers Hans Wolf Glaser
nicht anders steht, müssen wir von der
papierenen Vorgeschichte" hier absehen
und uns auf die Gläser selbst beschränken.
Bei diesem Versuch, in dem vielfach ver-
wachsenen Gestrüpp des reichverästelten
Stammbaumes der Adlerhumpen einige
Zweige freizulegen, werden wir im allge-
rneinen auf den der Kunstgewerbegeschichte
ja nicht immer förderlichen Sport verzichten,
überall sofort und ohne zwingende Gründe
eine Provenienzetikette anzuhängen.
Aus der Masse der Adlergläserf" hebt
sich eine Gruppe scharf heraus, die zum
Lehners Katalog Nr. 67. Die Sigrnaringer Sammlung
ist während des Krieges nicht zugänglich, daher konnten die
dortigen Adlergläser bei diesen Studien nicht näher berück-
sichtigt werden.
Vgl. darüber W. Stengel, Das Traumbild der Reichs-
einheit auf altdeutschen Gläsern" in Kriegsgahe, allen Mit-
gliedern des GerrnanischenMuseums gleichzeitig rnit demjahres-
bericht für x9x5 dargeboten vom Direktorium".
Das folgende Verzeichnis von datierten Reichsadler-
gläsern macht keinen Anspruch auf Vollständigkeit des erreich-
baren Materials. So sind zum Beispiel die Gläser der Löwenburg,
die während des Krieges nicht photographiert werden können, zu
vermissen. Für Auskünfte, beziehungsweise Photographieüber-
mittlung sei an dieser Stelle noch Dank gesagt den Herren
Direktoren Dr. Boehlau Cassel, Dr. Brinckmann Hannover, wlyyflaumfg lQHVÜ-SXÄW
Geheimrat Dr. Gradmann Stuttgart, Geheimrat Gröhbels Sig-
rnaringen, Professor Dr. Haenel Dresden, Professor Dr. Halm
München, Geheimrat Dr. jessen Berlin, Architekt Leisching Abb. z. Reichsadlerglas,
Briinn, Geheimrat Purgold Gotha, Professor Dr. Schäfer datiert r65r, Bremen Gewerbemuseum
Abb. und Würzburg 1652, Abb. I-Ialle 1654, Hannover 1659,
Weimar 1662, Wien 1669, Abb. und mit je einer Nummer vertreten
ist, demnach mindestens ein Vierteljahrhundert umfaßt. In der Sammlung
Thewalt waren zwei Exemplare der Gattung Nr. 398 1657 und 402 1663.
Lübeck, Professor D1. Stettiner Hamburg. Direktor Aug. Stoehr Würzburg, ferner den Direktionen des
Hofmuseums und des k. k. Österreichischen Museums in Wien, insbesondere Herrn Dr. H. j. Hermann Wien,
sodann Herrn Dr. Langer Zwickau, Fräulein Dr. Schütte Leipzig und Fräulein Bosse Bremen. Der
Verfasser wäre auch fernerhin für Mitteilungen über Reicbsadlerglilser dankbar.
1571. London, British Museum.
1572. London, Britisb Museum.
farbige Abbildung in Nesbitts
Katalog; Bremen Abbildung in
Schäfer, Aus den Sammlungen
des Gewerbe-Museums, 1905.
1573. Ehemalige Sammlung The-
walt Nr. 381 kleine Abb. im
Katalog, Taf. 6.
1574. Würzburg, vormals Samm-
lung Leofrid Adelmann Köln
1888, Nr.41a; ehemalige Samm-
lung Emden, Nr. 1005 Abbil-
dung im Katalog; Innsbruck
Ferdinandeum.
1577. Frankfurt;
museum.
578. Ehemalige Sammlung Adam-
herger; SammlungLanna Nr. 84
Abbildung im Katalog.
579.HannoverKestner-Museum.
1585. Sigmaxingen; Halle a. S. Ab-
bildung im Jahresbericht des
Städtischen Museums für das
Jahr 191a und in Lepkes 1640.
Auktionskatalog, Tafel 12.
586.Nürnberg, Gewerbe-Museum.
1587. Sammlung Felix 1880
Nr. 1464 vormals Sammlung
Milani; Sammlung Alb. Oppen-
heim'Berlin 1915 Nr. 118 Ab-
bildung im Katalog, Tafel 47.
15er. Köln.
1589. Hall in Tirol Lesestube.
1593. Berlin Abbildung Schmidt,
Seite 160; Brünn; ehemalige
SammlungCulemanMAbbildung
im Katalog Köln 1887, Nr. 138;
Sammlung Baron van den Bo-
gaerde Teil Vl, Amsterdam 901
Nr. 1628 identisch mit dem
VorigenP.
1594. London, South Kensington
Abbildung The Connousseur,
vol. London 1904, Seite 25.
1596. Nürnberg, Germaniscbes
Museum mit Kruzifix; Schloß
Gebren1nitKruzif1x; Sammlung
Felix 1880, Nr. 146a, vormals
Sammlung Milani mit Reichs-
apfel.
Wien Hof-
1598. Zwickau.
1599. Paris, Louvre ausführliche
Beschreibungbei Sauzay, Notice,
Paris 1867; Weimar; Breslau
Abbildung Czihak, Seite 106.
1600. Ehemalige Sammlung Disch
Abbildung im Katalog, Köln
1881, Nr. 378.
160a. Sammlung Felix 1880
Nr. 101.
1604. Stockholm oder Ulriltsdal,
Sammlung des Königs; Kölner
Auktion vom 1a.bis 18.Dezember
1894 Sammlung Bokelmann
etc. Nr. 913 Höhe 36 Zenti-
meter; Sammlung Baron van
den Bogaerde Teil VI, Amster-
dam 1901 Nr. 1631 Höhe
32 Zentimeter.
1605. Ehemalige Sammlung Paul;
Wien, Hofmuseum.
1606. Sammlung Joseph Kastner
Wien 1911 Nr. 93 Abbildung
im Dorotheums-KatalogCCxVl.
1607. Sigmaringen.
1608. Lübeck.
610. Sammlung Culemann Nr. 39.
161 1. Würzburg.
1613. Sammlung Bourgeois Köln
1904 Nr. 311 Abbildung im
Katalog.
1614. Darmstadt; Berlin Abbil-
dung Cicerone, VII, Seite 348;
Leipzig.
1615. Wien, Hofmuseum.
16. Nürnberg, Gewerbe-Museum;
Wien, k. k. Österreichisches
Museum; Sammlung Felix
1880 Nr. 1471 vormals Samm-
lung Milani; Sammlung Disch,
Nr. 379.
1617. Wien, Hofmuseum.
1618. Lübeck.
1623. Sammlung E. Habich Cassel
1901 Nr. 549 kleine Abbildung
im Katalog.
1627. Stuttgart, Staatssammlung
oder 1637
1618. München; Sammlung Disch
Nr. 380 Abbildung im Katalog;
Gutekunsts XXIX. Auktion
Stuttgart 1882 Nr. 107 kleine
Abbildung im Katalog.
1630. Karlstadt Abbildung Die
Kunstdenkmüler den König-
reichs Bayern, Ill, Unterfranken,
ll. Seite 19.
1631. Sammlung Felix 1880
Nr. 1463 vormals Sammlung
Milani.
1632. Stuttgart, Staatssammlung.
1637. vgl. 1627.
1638. Dresden, Historisches Mu-
seum.
1639. Hildesheim.
1640. Sigmaringen.
1641. Breslau Stück, vgl. Czihak;
Sammlung Lippmann-Lissingen
Nr. 182 Abbildung im Katalog,
München 1901; vgl. auch Leb-
nert, Geschichte des Kunstgewer-
bes, Abb. 531.
1643. Nürnberg, Germaniscbes
Museum Hannover, Provinzial-
Museum.
1644. Nürnberg, Gernianisches Mu-
seum Abbildung Zeh, Cicerone
Vll, Seite 350; Gotha.
1646. München.
1649. Berlin Abbildung Schmidt,
Seite 16a.
1650. Sammlung Franz Graf
Desfours-Walderode Photogra-
phie in der Bibliothek des Ber-
liner Kunstgewerbe-Museums;
Sammlung Christian Hammer,
Serie Nr. 448 und Serie Nr.
361 Abbildung im Katalog Köln
1892, beziehungsweise 1894.
1651. Bremen Abbildung Schäfer,
a. a. 0..
1652. Würzburg.
1654. Halle; Sammlung Culemann
Nr. 141.
1655. Sammlung Bourgeois Köln
1904 Nr. 313 Abbildung im
Katalog 0b identisch mit Samm-
lung Baron van den Bogaerde
Teil VI, Amsterdam 1901
Nr. 1634?
1656. Wertheim, Rathaus farbige
Zeichnung danach von Prof.
Weitere Stücke in englischem und österreichi-
schem Privatbesitz bei Robert Napier farbig ab-
gebildet in Waring and Bedford, Art Treasures
of the United Kingdom, Vitreous Art, pl. und,
1650 datiert. vor Jahren bei Franz Graf Desfours-
Walderode. Die Ähnlichkeit dieser Emailmale-
reien ist sehr groß. Bei allen setzt sich das
Gefieder am Körper des Vogels aus einzelnen
kurzen Strichelchen zusammen. Erst zuletzt
1669 wird es in ein feines Schuppennetzwerk
verwandelt. Die Nimbusringe sind in der Regel
von gelben Pünktchen ausgefüllt. Der blaue, mit
Perlrosetten geschmückte Reichsapfel ist rhom-
bisch karriert in den Winkeln der kleinen Rauten
ein kreuzender kurzer Strich. Dieses Motiv leitet
sich vielleicht von dem Kaiserhintergrund der
Humpen mit den stehenden Kurfürsten her.
Der Schwanz ist zum Teil schrafliert, ebenso
der Rand des Körpers und der Flügelansatz,
das Kreuz reich gedrechselt. Die dicken gelben
Beine sind wie Raupen zu einer Reihe von
Wiilsten abgeschnürt. In den Zwickeln weiße
Spiralen, manchmal zopfartig verflochten.
Abb. 3. Reicbsadlerglas, datiert 1652.
Würzburg Luitpold-Museum
Dem engen stilistischen Zusammenhang der Gruppe entspricht nun
auch die Gleichartigkeit der Orthographie. An der Rückseite heißt es zum
Beispiel nicht graven", sondern grajfen" graffenn, nicht Birg", sondern
Bürgen" Bürgerin und das erste Wappen rechts oben ist durchweg
Behm" überschrieben. Im Titel sind die Worte mit sampt" umgestellt
W. Weimar, Hamburg, im Be- 1664. Frankfurt.
sitze desselben. 1665. Leipzig.
1657. Sammlung Tbewalt Nr. 398 1669. Wien, Hofmuseurn.
kleine Abbildung im Katalog, 1671. Hamburg, zwei Gläser
T. Sammlung Jacob Anker-
smit Amsterdam 1905 Nr. 184
Abbildung im Katalog.
1659. Sammlung Disch Nr. 381;
Sammlung Culemann Nr. 142;
Hannover, Provinzial-Museum.
1662. Sammlung Thewalt Nr. 401
kleine Abbildung im Katalog;
Kölner Auktion vom 13. bis
17. Dezember 1898 Sammlungen
Ruhl, Schweißgulh, von Pode-
wils Nr. 135 Abbildung im
Katalog; Sammlung E. Habich
Cassel 1901, Nr. 972 kleine
Abbildung im Katalog; identisch
mit dem vorigen.
1663. Sammlung Thewalt Nr. 402
kleine Abbildung im Katalog.
Abb. 3a-b und qa-b in der
Kriegsgabe 1915-16 des Ger-
manischen Museums.
1672.SammlungSpi1zerfarbigeAb-
bildung imTafelwerk der Samm-
lung Spitzer; Nürnberg, Gewer-
be-Museum; Hamburg Stück.
1673. London, South Kensington.
1674. Kölner Auktion vom Jahre
1898 siehe 1662 Nr. 134 Ab-
bildung im Katalog.
1676. Sammlung Discb, Nr. 382;
Sammlung C. und P. N. Vincenl
1891 Nr. 861.
1678. Sammlung Minutoli Leipzig
1858 Nr. 895.
167g. Wien, k. k. Österreichisches
Museum; SammlungPaulNr. 458
Abbildung im Katalog, aus
Sammlung Minutoli; ehemals
Besitz des Regierungsrates von
Brandenstein, Merseburg be-
schrieben von Lepsius, III, Seite
205 f..
1681. Sammlung Felix 1880
Nr. 1465 vormals Sammlung
Milani.
1684. Berlin Abbildung Schmidt,
Seite 16a.
1685. Frankfurt, Kunstgewerbe-
museum. vormals Sammlung
MetzlerKatalogvonFrauberger,
1B97,Tafel 21; Sammlung Gum-
precht Berlin.
1702. Weimar.
1723. Gotha.
1740. Rudolstadt.
1743. Sammlung Franz Joseph
Wirz, Nr. 377 Abbildung im
Katalog, Köln 1897.
jzu
Das Heiliche so x65r in Bremen und 1652
in Würzburg Röhmische Reich Sarnpt mit!
etc."
Derselbe Meister augenscheinlich
handelt es sich bei allen Stücken um die
gleiche Hand hat jene Gläser mit einer
Allegorie auf den Westfälischen Frieden
gemalt, die wir aus den Jahren 1649 ehe-
malige Sammlung Becker bis 1655 Kunst-
kammer Karlsruhef kennen. Die stilistische
Übereinstimmung Endet auch hier wieder
ihre Bestätigung in der Orthographie den in
beiden Darstellungen begegnenden Namen
Rorn" beziehungsweise römisch schreibt
der Maler gern mit h". Sein Vorbild war ein
Kupferstich, der sich betitelt Danck-Gebet
für den so lang gewünschten Frieden?" eine
Komposition, die zum Teil wieder zurückgeht
auf das ältere
BlattSchwe-
discherBundt
mit zweyen
Churfürsten
1632, Drugu-
lin Nr. 1962,
wo das unter
den Inkunabeln der Karikaturen des gegen-
wärtigen Krieges aufgefrischte Kleeblattmotiv
bereits vorkommt. Ein Exemplar des Stiches
liegt mir nicht vor, so daß ich nicht sagen
kann, ob die Doppelösenform der Schrift-
bandendigung, die der zu der Behm"-Gruppe
zählende Adlerhumpen in Würzburg Abb.
mit den Friedensgläsern gemeinsam hat, aus
der graphischen Vorlage übernommen wurde
oder dem älteren Formenschatz der Werkstatt
angehört.
Der Deckel des erwähnten Humpens der
Sammlung BeckerNr. 31 desKölnerAuktions-
katalogs vom 23. Mai 1898 ist ebenso wie der
des Bremer Glases mit einem von Punkten
Abbildung in Marc Rosenbergs Publikation der Karls-
ruher Kunstkammer.
Drugulin W., Historischer Bilderatlas, Leipzig 1857. II, Abb. 5. Reichsadlerglas, datiert 166g, Wien
Nr. 2274. Hofmuseum
Abb. 4. Reichsadlerglas, datiert x66g. Wien
Hofmuseum
begleiteten Kranz umzogen. Dasselbe
Ornament hat der Deckel des hierher
gehörigen Adlerhumpens vorn Jahre I6 57
ehemalige Sammlung Thewalt Nr. 398.
In Bremen am Knauf ein Name, wohl der
des Bestellers Hans Eichhorn Geredt
das ist ,genannt'? Owerhagenn in Breme
1651i"
Bremen besitzt noch einen zweiten
Reichsadlerhumpen Abb. 6. Dieser hat
das frühe Datum 1572 und stammt eben-
falls aus altem Bremer Besitz, nämlich
aus der Lade des Amtes der Schmiede,
die das ursprünglich anders gedachte
Symbol der ehernen Schlange an der
Rückseite für ihr Wahrzeichen nehmen
konnten Abb. 7. Es ist anzunehmen,
daß diese ihr Glas aus derselben Quel-
Abh. 7. Reichsadlerglas, datiert 1571, Bremen
Gewerbernuseum
le be-
zogen,
an die
sichspä-
ter,Mit-
te des
XVII.
Jahr-
hunderts, der Patrizier wandte. Der Stil
jener Emailmalereiwerkstatt war 80 Jahre
vorher naturgemäß ein anderer, wiewohl
damals schon die Schraflierung am Flügel-
ansatz eine Rolle spielt, die Bezeichnung
des böhmischen Wappens ist aber 1572
schon die gleiche wie 1651 BEHMBehm.
Man beachte auch den Zettel an der Rück-
seite GRAFEN.
Das 1605 datierte Kruzitix-Adlerglas
in Wien scheint außer der Schreibung
Behm" keine intimeren Beziehungen zu
dieser Gruppe zu haben. Dasselbe gilt von
einem kleinen Becher ohne Datum im
Germanischen Museum, der lediglich in
Abb. 6. Reichsadlerglas, datiert 1572, Bremen
Gewerbemuseum
Deckelinsehriften auch an dem Adlerglas vom Jahre
1596 in Gehren und an einem Kurfilrstenhumpen vom ahre
1592 in Schwerin.
Willvlitltßlßttll
"Wjwviiwgymq-ywwwvßl"
Üllilr illmiiir
Jöznzjz
d'un all.
1a qlnillnij
oäißm
.9 C9
Abb. S. Reichsadlerpokal der Fuß falsch ergänzt,
Nürnberg Germanisches Nationalmuseum
Weiß bemalt und radiert ist. Der Kata-
log der Sammlung Minutoli Leipzig
1858 bezeichnet diese Technik als
sogenannte weiße Schappermalerei"
gelegentlich der Beschreibung eines
Humpens Nr. 907 mit der Ansicht
von Nürnberg, dem Wappen der Stadt
-und dem Spruch Nürnberger Witz,
Straßburger Geschütz, Augsburger
Pracht, Venediger Macht, und Ulmer
Geld, wer diess hatt ist der Reichste in
der Weld, Siegemund Junt 1696".
Eine zweite Spezies fällt durch die
jedenfalls aus Venedig vgl. Lehnerts
Allgemeine Geschichte des Kunst-
gewerbes, Abb. 432 übernommene
Kelchform auf. Beispiele besitzen das
Germanische Museum Abb. und die
Bayrische Landesgewerbeanstalt in
Nürnberg Abb. und I0. Der Fuß,
bei beiden abgebrochen und falsch
ergänzt, läßt sich rekonstruieren nach
dem vollständigen Kelch im Münchener
Nationalmuseum Abb. der wie ein
der kleinen Katalogabbildung nach
zu schließen gleichartiges Glas bei
Thewalt Nr. 413 mit den reitenden
Kurfürsten bemalt ist. Auf diesen
Reichsadlerpokalen steht ebenso
liest man es in München auf der
Etikette des reitenden Königs über
dem böhmischen Wappen Bhemen"
beziehungsweise Bhmen". Das Band
des mit Häkchen getüpfelten Reichs-
apfels wurde hier mit einer Reihe
großer weißer und farbiger Schmelz-
perlen belegt. Das Gefieder des Vogels
ist nicht weiß gehöht, sondern schwarz
gezeichnet, eine Eigentümlichkeit, die
wir auch an zwei konischen Quater-
nionenbechern in Nürnberg und Wien
beobachten. Diese tragen auf der Rück-
seite die Initialen Georg Wilhelm
Markgraf Zu Brandenburg und die
Jahreszahl 1616. Beide machen mit
ihrem im Email ausgesparten Reichs-
apfel einen etwas befremdenden
Eindruck. Die Echtheit des Wiener
Exemplars Nr. 5631 des k. k. Öster-
reichischen Museums, Buchers Kata-
log Seite 88 hat denn auch, wie
mir Herr Dr. H. Hermann mitteilt,
Folnesics bereits angezweifelt. Ein
solches Glas mit Draht umsponnen
war auch in der Sammlung Felix
Nr. 1471. An dem Nürnberger
Becher schieben sich was bei
seinem Wiener Gegenstück nicht
der Fall ist die Wappen von
Braunschweig und Brabant an die
erste Stelle. Ein in der Malerei ähn-
liches, mit den gleichen Initialen und
derselben Jahreszahl aufgemuntertes
Glas des Österreichischen Museums,
mit Fußrand und von mehr zylin-
drischer Form, ist notorisch neu; es
stammt aus einerFabrik desXIXJahr-
hundertsf"
Die drei Pokale sind sämtlich
undatiert. Die abwechselnd aus
Punktreihen und dicken Strichen
gebildete Bordüre des einen kennt
man von sicheren Bischofsgrüner
Gläsern der Fünfziger- und Sech-
zigerjahre des XVII. Jahrhunderts"
und von Kreußener Krügen der
gleichen Zeit. Zu vergleichen wäre
da auch ein 1666 datiertes Glas mit
dem Wappen der Schoffmann von
I-Iemerles, das aus dem Bezirk
Melnik nach Prag in das Landes-
i'll 14.5
Abb. g. Reichsadlerpokal, Nürnberg Bayrische Landes-
gewerbeansnlr
museum kam?" Den anderen Kelch säumt eine Spielart dieser Borte,
die sich so statt der Striche Wellenlinien an der 1655 datierten
bauchigen Glaskanne des Bergmanns Hans Gasmann im South-Kensington-
Eine moderne Fälschung verzeichnet auch Lehners Katalog der Sammlung in Sigmaringen Nr. 235.
Vgl. in E. Zehs Aufsatz über die Oberfränkischen Emailgläser. Cicerone. VII, Seite 343 31, die Abbil-
dungen Nr. 2x und 36.
Abgebildet in Topographie der historischen und Kunstdenkmale im Königreich Böhmen, VI, Melnik,
Seite x77.
JJ"
Zaum iifgifgmgl
wy-'YYY7YY'YYYVYYWW'W"
dlllllinii cipnw-
Abb. 10. Reichsadlerpokal,
Nürnberg Bayrische Landesgewerbeanstalt
Nürnberg lautet Gott behüdt vnndt erhalt erhaldt
das gantze heillige Römische Reich mitt Sampt
Abbildung in The Connoisseur, vol. London 1904.
Ein Glas der ehemaligen Sammlung Culemann Nr. 177, Abbildung
im Kölner Katalog von 1887. das die nämliche Pokalform hat, zeigt ebenfalls
diese Schilde, die in der Abbildung nicht deutlich erkennbar nach Angabe
des Katalogs die Wappen von Solothurn und Schaßhausen enthalten sollen.
Sammlung Alben von Parpan Nr. 438.
Museum? findet. Weniger Gewicht ist
vielleicht darauf zu legen, daß hier
und an einer drei Jahre älteren Kanne
des Germanischen Museums, die das
Randomament mit geraden Strichen
hat, ebenso wie an dem Bischofsgrüner
Schreyer-Glas von 1659 Abbildung
Cicerone, VII, Seite 353 die reich aus-
geschnittene Wappenschildform des
Münchener Pokals wiederkehrtfkg
Diesem steht unter den zylindrischen
Kurfürstenhumpen des Germanischen
Museums das große Exemplar am
nächsten Form derArkaden, Zwickel,
Numerierung etc., das die seinem
jetzigen Zustand sehr entsprechende
Inschrift trägt Glück und Glas wie
bald bricht das". Ein Kurfürstenpokal
mit Nodus in der Sammlung Vin-
cent 1891, Nr. 863, 1645 datiert,
hatte dage-
gen eine an-
dere Anord-
nung derKur-
fürsten und
stattArkaden
freischwe-
bende gebo-
gene Schrift-
bänder über
den sich zum
Teil über-
schneiden-
den Pferden.
Die In-
Schrift der
Pokale in
Abb. u. Kurfxlrstenpokal.
Schweizerisch isr auch das Wappen des 1676 datierten Nodus-Pokals der München Bayrisches National-
museum
seinnen gliedern all zu gleich." Diese
Wunschforrnel begegnet uns nun auch bei
einer dritten Gruppe, die unter anderen
durch Gläser in Dresden 1638, Abb. 12,-
Wertheim 1656, Frankfurt 1664, 1685
sowie zweimal in Hamburg 1671 vertreten
ist und zu den vorigen nur weitläufige
Beziehungen hat. Ihr Kennwort lautet nicht
Behm", auch nicht Bhemen", sondern
Behmen" 1638, auch bei dem aufgesetzten
Kurfürstenhumpen, und 1656, beziehungs-
weise Böhmen" 1664, 1671, 1685." Statt
der Bezeichnung graffenn" graffen, die
sowohl für die erste wie für die zweiteGattung
charakteristisch war, schreiben die Maler
dieser Gläser es kommen mehrere Hände
hier in Frage durchgängig GRAVEN
Graven. Das Gefieder am Körper des
Vogels bilden Strichbüschel, die an Krähen-
füße erinnern. Die Schwingen sind oben mit
weißer Wellenlinie konturiert. Bei beiden
Hamburger Gläsern von 1671 heißt es nicht
anders als bei dem Frankfurter Exemplar von
1685 an der Rückseite Bürger". Ebenso
steht es zu lesen auf dem Wiener Glas vom
Jahre 1678, wo dieWunschformel am Anfang
der Inschrift weggelassen ist, während der
Schluß der gleiche blieb all zugleich".
Für die Dekoration des Adlers mit Por-
träten, die in dieser Gruppe wiederholt vor-
kommt zum Beispiel Hamburg 1671, Frank-
furt 1685, gibt es graphische Analogien.
Dem Stich von Kaspar Merian am nächsten
verwandt scheint ein Thewaltscher I-Iumpen
vom Jahre 1662 und das 1723 datierte Glas
in Gotha, wo die Quaternionen fehlen.
Der Adler von 1638 hat am Schwanz-
ansatz einen kleinen weißen Ring mit
Mittelpunkt. Dieses Detail ist auch an
Ähnlich die Inschrift des 1657 datierten Reichsadler-
pokals mit abgesetztem, umgekehrt kegelförmigern Fuß, aber
ohne Nodus in der ehemaligen Sammlung Ankersmit, dessen
Malerei, nach der kleinen Katalogabbildung zu schließen, von
etwas anderer An zu sein scheint.
Abb. z. Reichshumpen,
datiert 638, Dresden Historisches Museum
Ein "BöhmenWl-Iumpen der ehemaligen Sammlung Christian Hammer, 1650 datiert, hat auf der
Rückseite ein Doppelwappen mit der Überschrift A. F. M. 3., das der Katalog auf eine Familie Forbus bezieht.
332
einem Humpen der ehemaligen Sammlung Disch 1628 zu beobachten, ferner
in Frankfurt 1664 und in Wien 1678. Die Gläser von 1664 und 1638 dürften
aus einer Werkstatt stammen. Abgesehen von dem Apfel blaue Färbung,
Rankenverzierung und der Krone blaues Futter, nur ein Mittelsteg beachte
man besonders die Augen mit den nach vorn ausstrahlenden weißen Striche-
chen. Bei einigen Humpen der Gattung Sammlung Spitzer 1672,"' Wien 1678
Abb. 13 und 14. Reichsadlergläser, datiert 1577, Wien Hofmuseum
sind die Beine oben knorpelig verdickt. Und zwar zeigt das Spitzer-Glas
sternförmige Warzen. In Wien ist die Bildung weniger betont, desgleichen
in Frankfurt 1685. Die Maler der beiden letztgenannten Gläser schreiben
Brawandt". Diese Version, die auch an einem der Hamburger Gläser
1671 vorkommt wie an einem älteren Humpen in Wien 1617, BEHMEN,
geht phonetisch zusammen mit der Entstellung von Semperfreien" in
Semverfrein", die wir 1638 in Dresden haben und schon früher 1611 in
Eine zweifelhafte Wiederholung dieses Glases besitzt die Bayrische Landesgewerheanstalt. Das Maser-
Mandelrnusler des Apfelbandes schon bei dem Hannoveraner Hurnpen von 1643 Behrnen, der auch die stem-
fdrrnigen Warzen hat, aber im übrigen auf einer anderen Linie steht Bierg, Grafen.
JJJ
Würzburg SENWERFREIN. Die Form
läßt sich bis ins XVLJahrhundert zurückver-
folgen Wien 15 77 Abb. x3 und 14. Dieses
Glas hat noch die Bezeichnung BEHEM. S0
ist der Name in den Holzschnitten gedruckt
und dann wohl vornehmlich inBöhmenselbst
beibehalten worden. Auch an den Humpen,
die mit den stehenden Kurfürsten bemalt
sind, lautet das Wort so. Nach Schmidt
sind sie sämtlich böhmisch. Eine Ausnahme
macht das mehrerwähnte Dresdener Glas
der BEHMEN-Spezies.
Die Altertumssammlung in Zwickau
besitzt einen undatierten Humpen Abb. 15,
dessen ursprünglicher? Deckel ein in Böh-
men vorkommendes Ornament Schmidt,
Seite x78 aufweist. Diesem I-Iumpen ähnelt
ein Glas der 1904 in Paris versteigerten
Sammlung E. Gaillard einfach karrier-
tes Band am
blauen Apfel,
darauf schlich-
tes Kreuz mit
langemkeulen-
förmigen Ver-
tikal- und kur-
zem Querbal-
ken. Die Brust
desVogelswird
durch punk-
tierte Linien in
zwei Hälften
mit schrägen
Streifen ein-
Abb. 16. Reicbsadlerglas, datiert x574,
Würzburg Luitpold-Museum
Abb. 15. Reichsadlerglas, Zwickau Alter-
tumssammlung
geteilt. Das böhmische Wappen ist bei beiden
mit BEHMN bezeichnet. Die Verschiedenheit
in der Schreibung der übrigen Namen und in
der Stilisierung des Gefieders beweist jedoch,
daß es sich nur um mittelbare Verwandtschaft
handeln kann. Ein zweitesAdlerglas in Zwickau,
1598 datiert, zeigt nur Rudimente oder erst
Anfänge? der Gliederung durch Punktreihen,
die an einem Glas in Schwerin deutlicher in
Erscheinung tritt. -Bei letzterem lautet das
uJ-r
Kennwort BEHEM, an dem Zwickauer Hum-
pen von 1598 Beheim. Dieser hat mit dem
Gaillard-Glas wieder die Färbung des Kronen-
futters blau-rot-blau gemeinsam. Es ist das
eine Eigentümlichkeit, die gerade bei der
Beheim-Gruppe häufiger zu sein scheint wie-
wohl derartige Kennzeichen selbstverständlich
nur als Teilkriterien gelten können. Beispiele
in Köln 1588 und Berlin 1593, zwei Gläser,
die außerdem in der Gestalt des Kreuzes
dünne Stangen Ähnlichkeit zeigen, sowie
auch im Schmuck des Apfelbandes 1588 Kette,
1593 Flechtband der Schweriner Humpen
hat an dieser Stelle einen Kranz von Rosetten,
die an das Ornament von Krompacher-
Gläsern des zweiten und dritten Jahrzehnts
des XVII. Jahrhunderts erinnern. Hierher ge-
hört auch der Berliner I-Iumpen von 1684,
der nach Schmidt Abb. 85, Seite 196, Anmer-
kung 95 sicher
sächsisch ist und
von derselben
Hand herrührt wie
Abb. 17. Reichsadlerglas, datiert 1577. dig Gläser Vgn
Frankfurt Kunstgewerbemuseum und X702 in
der Sammlung Gumprecht Berlin und in
Weimar.
UnterdenböhmischenEmailmalereischulen
ist die von Falkenau, wie uns die Urkunden
sagen, jedenfalls eine der bedeutendsten ge-
wesen. Hier verlangte die Zunft wie in Kreibitz
ein Reichsadlerglas als Meisterstück. Vielleicht
stammt aus Falkenau die Londoner BEHEM-
Reichsadlerkanne von 1572, deren steil konische
Gestalt 1580 wiederkehrt bei einer Kanne im
Germanischen Museum Dreieinigkeit, Evan-
gelisten und geistliches Wappen. Die gleiche
Form, höher als die prinzipiell ähnlichen Steil-
kufen, die neben den bauchigen Exemplaren in
blauemböhmischemMaterialvorkommen,hatdie
ebenfalls mit einem religiösen Bild der Madonna
bemalte Kanne vom Jahre 1647 in Prag Ab-
bildung Cicerone VII, Seite 352, und an dieser
nennt sich ein Glashüttenmeister in Falkenau.
Abb. 18. Reichsadlerglas. datiert 1577,
Frankfurt Kunstgewerbemuseurn
Selten kann die Konstruktion von Ver-
wandtschaften durch das Vorhandensein von
Meisterzeichen gestützt werden. Mehrere
frühe BEHEM-Gläser hat ein Maler G. P.
signiert in getrennten Initialen 1574, Würz-
burg Abb. 16 und ligiert 1577, Frankfurt
Abb. 17 und 18. Während die Randborten
verschieden sind, bestätigt eine orthogra-
phische Kleinigkeit, nämlich die überein-
stimmende Abkürzung SEPERFREIEN,
die Zusammengehörigkeit. Vermutlich ist hier
noch anzureihen ein 1573 datierter Humpen
der Sammlung Thewalt Nr. 381, von dem
der Katalog sagt auf der Rückseite die
Schlange Mosis, darüber das Monogramm
Abb. zo. Reichsadlerglas, Leipzig Kunst-
gewerbemuseum
P. G3". Der
Verfasser der
Beschreibung
hat das Mono-
gramm wahr-
scheinlich ver-
kehrt aufge-
löst. Alle diese
BEHEM-Glä-
serhabennoch mnuuuu-upnü,
das Kruziiix im
Zentrum der
Quaternionen, Abb. 19. Reichsadlerglas, datiert 1614,
Leipzig Kunstgewerbemuseum
e1n den Holz-
schnitten entnommenes Motiv, das späterhin
nur sporadisch vorkommt, und zwar, wie es
scheint, vornehmlich in jenen Werkstätten,
die das böhmische Wappen mit BÖHEMB
Böhemb, Böhem zu bezeichnen pHegten.
Beispiele in der ehemaligen Sammlung
Lippmann-Lissingen 1641, in Leipzig 1665
und in der ehemaligen Sammlung Paul 1679.
Weitere Nummern der Böhemb-Spezies, mit
Reichsapfel, in Leipzig 1614, Abb. 19 und 20,
in Stuttgart 1632, Abb. 21, im Germanischen
Museum 1643, in der ehemaligen Sammlung
Emden Nr. 1003, undatiert, Abbildung im
Katalog, in der Bayrischen Landesgewerbe-
anstalt 1672, Abb. 22 und 23 und, nur
0.1""
"Hi,",u.uv-n.....--
Abb. 2x. Reichsadlerglas. datiert 1532, Stutt-
gart Vaterländisches Museum
indirekt verwandt, im k. k. Österreichischen
Museum 1679 sowie in Schwerin Inv.
Nr. 46. Die gewöhnlich mit zwei, bis-
weilen auch mit drei Stegen versehene
Krone dieser Adler ist meist rot gefüttert
und mit weißen Schmelzperlchen besetzt.
An der Rückseite in der Regel Paurn
PAVREN, BIERGER Birger", aber
auch das herkömmliche Birg". An dem
Bande des blauen Apfels eine Wellenlinie
mit abwechselnd oben und unten abzwei-
gender Volute. Mit Rücksicht auf die mut-
maßliche sächsische Provenienz wäre hier
das Rankenornament später Hallorengläser
zu vergleichen. Die Beine sind meist so
gezeichnet, daß die Abschnürungen nicht
als I-Iorizontalteilungen durchgehen, son-
dern nur im Profil als Kerben sichtbar
werden; auch beidseitige Kerbung kommt
vor. Die Schultern nicht glatt konturiert,
sondern mit gesträubten Federn besetzt.
Auffallend ist besonders die Gleichartigkeit
in der Behandlung des Geiieders am Körper
des Vogels bei den genannten Gläsern von
1632 und 1672, zwischen deren Entstehung
also ein Zeitraum von 40 Jahren liegt.
In der Sammlung E. Habich war ein
1623 datiertes Reichsadlerglas, von dem
nach Angabe des Katalogs Cassel 1901
in einer alten Familienchronik zu lesen
ist Im Jahre 1627 schenkte der römisch
deutsche Kaiser Ferdinand II. zu seiner
Krönung der Familie von Münchhausen
den emaillierten Pokal mit Reichsadler,
damit bei einer jeden Kaiserkrönung die
Familie von Münchhausen aus dem Pokal trinken solle. Als der letzte
deutsche Kaiser abdankte, übergab ein Herr von Münchhausen seinem Sohn
den Pokal mit den Worten, er solle denselben fortstellen und warten, bis
wieder ein deutscher Kaiser gewählt würde und dann denselben aus dem
Pokal trinken lassen. Als im Jahre 1871 Kaiser Wilhelm I. gekrönt war,
sandte ein Herr von Münchhausen genannten Pokal nach Berlin, um Kaiser
Wilhelm aus demselben trinken zu lassen. Kaiser Wilhelm I. freute sich
sehr, das alte Stück zu sehen, und schrieb einen Brief an die Familie von
Münchhausen welcher Brief noch vorhanden ist er wünsche, daß das
Glas der Familie von Münchhausen noch recht lange möge erhalten bleiben."
An der Zuverlässigkeit der letzteren Mitteilung, zu der noch in Parenthese
gesetzt werden mag, daß die Kaiserin Friedrich in ihre Kunstsammlung
auf Schloß Friedrichshof zwei Reichsadlergläser aufnahm, wird kaum
zu zweifeln sein. Dagegen ist die ältere Überlieferung, die von der
Schenkung berichtet, vielleicht nicht ganz von dem naheliegenden
Verdachte abenteuerlich-legendarischer Ausschmückung freizusprechen.
Daß Reichsadlergläser offiziell gebraucht wurden, ist sonst nicht bekannt.
Walcher von Molthein hat nachgewiesen, daß im Jahre 1653 ein Salz-
burger Glaserer für den Regensburger Reichstag I-Iumpen lieferte Kunst
und Kunsthandwerk, 1909, Seite 527; doch wissen wir nichts über deren
etwaigen Dekor. Übrigens gibt es aus dem frühen XVII. Jahrhundert kleine
Terrasigillata"-Krüge ähnlich der Ware, diejm Münchener National-
Museum als Strigauer Arbeit geführt wird mit Regensburger Stempel
und mit Emaillierung, die ganz den Charakter von Gläsermalerei hat es wäre
also immerhin möglich, daß in Regensburg, der Heimat Helmhacks, auch
Reichsadlergläser entstanden. Für den besonderen Fall fehlen uns aber die
Anhaltspunkte. An sich würde bei einem kaiserlichen Geschenk wohl auf
böhmische Herkunft des Stückes zu
schließen sein. Es bleibt nachzuprüfen,
ob nicht eine andere Provenienz in
Frage kommt. Der Münchhausensche
Humpen war kurz vorher 1898 auf
einer Kölner Kollektivauktion, unter
deren Vorbesitzern an erster Stelle
wieder ein hessischer Sammler, Christ.
Ruhl-Cassel, genannt wird. Jener Köl-
nerKatalog hat die chronikalischeNotiz
noch nicht. Dagegen verzeichnet er
ein zweites Adlerglas, dessen Reichs-
apfelband ebenso wie der Münchhau-
sensche Humpen wellig gemasert ist.
Auch lassen die kleinen Abbildungen,
die zu näheren Feststellungen nicht
ausreichen, in beiden Fällen eine un-
gewöhnliche Isolierung des päpstlichen
und des böhmischen Wappens als
Anzeichen gleicher Herkunft erkennen.
Das bereits erwähnte Glas vom
Jahre x6I4inDarmstadtstehtmitseiner ÜÜ.
dieüblicheAnordnungderQuaternionen "llllqn'uHuqqgßlu
umkehrenden Anordnung nicht allein.
In dersammlungBourgeols war elnum Abb. 22. Reichsadlerglas, datiert 1572, Nürnberg
ein Jahr älteres Gegenstück, von dem Bayrische Landesgewerbeanstalt
43
JJV
der Katalog dessenungeachtet sagte
auf den Flügeln in der üblichen
typischen Anordnung je 28 Wappen".
Der erste senkrechte Wappenstreifen
beginnt hier wie in Darmstadt nicht
31? mit Potestat zu Rom, Braunschweig,
Üiguunil
Bayern, sondern mit Cöln, Regens-
burg, Costnitz, der zweite statt Maintz,
Mähren mit Augsburg, Metz wobei
w. .4 wir von der besonderen Schreibweise
fy qmm ilxgum 01' absehen. Beiden Gläsern gemeinsam
"Ömum. ist auch die Blaufärbung des Apfels
und des Futters der Krone, die nur
einen Mittelsteg zeigt. Die sich kreuzen-
den schrägen Bogenlinien am Kreuz-
sockel des Humpens von 1614 ent-
sprechen dem gleichen Ornament am
vertikalenApfelband des älterenGlases.
Auch sieht man hier wie dort zu Sei-
ten der Hälse je eine weiße Rosette
in Darmstadt viermal abwechselnd ein
nach innen offenes Häkchen und ein
Strich, bei Bourgeois zwischen den vier
Strichstrahlen vier abgekürzte Lilien.
Abb. 23. Reichsadlerglas, Nürnberg Bayrische Randborten sind Verschieden 1613
Landesgewerbeansiak eine aus Schmelzperlchen gebildete
komplizierte Ranke, gerahmt von je zwei Punktreihen, 1614 Perlringe
zwischen fünf kreuzweise gesetzten Punkten. Ein drittes Glas, das dem
Schema des Kölner Stiches zu folgen scheint, steht im Knochenhauerhaus
in Hildesheim. Hier ist die Terminologie anders als in den alten Holzschnitten
und auch mit Bussemakers Blatt nicht übereinstimmend; die Etiketten
lauten, von oben nach unten gelesen, am heraldisch linken Fittich des
Adlers Erzgrafen, Grafen, Ritter, Dorffer, Burger, Vicari, und
an der Gegenseite hertzoge, M. Grafen, B. Grafen, Freiherrn,
Heuptstehte, Bawren. Wie bei dem Darmstädter Glas die Bourgeois-
Katalog-Abbildung ist in dieser Beziehung nicht ausreichend sind oben
noch Zettel angebracht für die Wappen der geistlichen und weltlichen
Kurfürsten. Im einzelnen weichen aber diese Inschriften von dem in der Zahl
der Quaternionen ja viel reicheren Kupferstich vom ahre 1587 wesentlich
ab Wir erinnern uns der eingangs festgestellten Tatsache, daß in der Reihe
der erhaltenen Vorbilder, die in den Glasmalerwerkstätten benützt wurden,
manche Glieder fehlen.
335
DAS HOETGER-MUSEUM VON ERICH
CUPPER IN AACHEN 50 VON PAUL
F. SCHMIDTSlv
ITTEN im Kriege, in den Unterständen der Champagne,
wo man so viel Zeit hat, über Vergangenes nach-
zudenken, taucht die Erinnerung an eines der
schönsten und liebenswertesten Kunstgebilde auf,
das uns der letzte Friedenssommer geschenkt hat.
Ein Kunstwerk, das wie ein Traum der leib-
haftigen Schönheit aus dem Dreiklang jener schon
sagenhaften Tage gewoben scheint Frieden,
Mathildenhöhe in Darmstadt und Sommersonne
über der durchsichtigen Smaragddecke des
Platanenhains. Leuchtend hebt sich daraus die
ununterbrochene Kette der Skulpturen, die Bernhard Hoetger unter dieses
edle, rechteckig und gleichmäßig abgeschnittene Schattendach gestellt hatte,
den Raum umhegend und mit dem höchsten Sinn dieser Erde füllend
Frauengestalten, einzeln und in Gruppen, Kinder, Raubtiere, weltentrückte
Paare von fremdartiger Rasse und Lebensgewohnheit, einheitlichem
Gedanken untergeordnet und gleicher plastischer Idee." Im Kreislauf des
Wassers das Symbol alles Lebens, in Menscheniigilren dargestellt, archi-
tektonisch zu mächtiger Einheit zusammengefaßt und von reinster Klarheit,
durch Farbe betonter Einfachheit der Form das ist der Platanenhain
Hoetgers, das erste wahre Architekturwerk der Plastik seit dem letzten
gotischen Figurenportal.
Ein Kunstwerk und ein Programm keine Schrift, keine Erklärung,
kein Meinungskampf konnte die endgültige Absage an die naturalistische
Auffassung der Kunst schroffer aussprechen wie diese stummen farbigen
Geschöpfe der Schönheit. Es war die jubelnde Absage an die ganze Zeit
der Manet, Rodin und Begas, es war das erste große, vollwichtige Bekennt-
nis, daß die Plastik eine Kunst des Räumlichen und der Bindung ist, eine
Rückkehr zu den unerschütterlichen Wahrheiten der ägyptischen, früh-
griechischen und gotischen Skulptur.
Mit der Schöpfung des Platanenhains war Bernhard I-Ioetger endgültig
zu einem Wortführer der Richtung" geworden, die er seit einem Jahr-
zehnt und noch vor Maillol seit seinem Bruch mit Rodinscher Auffassung
verfolgt hatte, der in Deutschland die jüngsten, kräftigsten Talente angehörten
und die sich, instinktiv und bewußt zugleich, zur Abkehr von der will-
kürlichen Geste, der Zufallsmäßigkeit aller Erscheinung und der genauen
Befolgung der Naturvorschriften durchgefunden hatte; durchgefunden zur
Einfachheit, Ruhe und stilistischen Kristallisation aller Figur. Klarer und
mit schnellerem Erfolge als in der Malerei setzte sich dieser plastische
Siehe Kunst und Kunsthandwerk", XVII. Jahrgang, Seite 34x ff.
Idealismus als Gesamterscheinung durch. Und es war gleichsam eine letzt-
willige Bestätigung seines Sieges, die der scheidende Friede als Unterpfand
künftiger Entwicklung an Deutschland hinterließ, daß dem erfolgreichsten
Meister eine so wundervolle Aufgabe wie der Platanenhain zufiel, in dem
sich Geist und Materie, Idealismus als Verbildlichung einer umfassenden
Idee und Strenge des plastischen Stils zur Symphonie vereinen.
Nun kommt uns plötzlich, noch mitten im Kriege, die Nachricht, daß
den Werken dieses Schöpfers eine alles zusammenfassende Heimstätte von
einem rheinischen Großindustriellen geboten werde; daß Erich Cüpper in
Aachen ein Hoetger-Museum begründet habe und die sämtlichen noch
erreichbaren -'auch in Zukunft erreichbaren Skulpturen des Meisters in
einem besonderen Anbau an sein Wohnhaus aufstellen werde.
Es ist die zweite große Kristallisation, die dem Werke dieses Begnadeten
zuteil wird. Profane Zungen mögen sagen er habe Glück, daß ihm gerade
das Schicksal solche Konzentration, solche sichtbare Kräftesammlung, ein-
mal im Platanenhain und abermals bei Erich Cüpper in Aachen werde.
Aber Mephistos Wort gilt immer noch
Wie sich Verdienst und Glück verketten,
Das fällt den Toren niemals ein.
Das Schicksal suchte sich den rechten Mann aus; und daß es gerade
Hoetger war, dessen Werke auf einer Sonderausstellung in diesem Frühjahr
einen so tiefen Eindruck auf den langsam genesenden, aus Frankreich schwer
leidend heimgekehrten Cüpper machten, ist kein Zufall. Das Repräsentative
in seiner Kunst wurde jenem zur Offenbarung; die Form eines Ausdrucks,
welche die neue Zeit mächtig bewegt, erschien ihm hier in einer Vollendung,
wie sie einer noch im Werden begriffenen Kunst überhaupt möglich ist. Das
Grandiose der Einfachheit, die ins Herz treffende Innerlichkeit dieserFiguren
überzeugten mit einer Wahrheit, die dem bloßen Naturalismus immer versagt
bleibt; die Zusammenfassung der Einzelheiten in eine große Form und das
typisch Bleibende der Gesten wurden zum Erlebnis einer neuen Ausdrucks-
form der Skulptur, als der Körper in den Raum stellenden Kunst. Dies ist die
große gemeinsame Linie, die Hoetger mit van Gogh, Munch, Nolde verbindet
und die den neueren Plastikern wie Albiker, Lehmbruck, Scharff und so weiter
gegenüber der Plastik des Realismus einen gegensätzlichen Standpunkt
anweist daß sie alle von einem inneren Erlebnis ausgehen, Visionen und
Empfindungen, ja man schaudere Ideen darstellen an Stelle einer Abschrift
der Natur. Daß der Bildhauer sich dabei dem Naturbild, der körperlichen
Gestalt, enger anschließen muß als der frei schaffende Maler, liegt an seinem
Material. Wie er es dennoch nach Möglichkeit umformen und überwinden
könne, lehren ihn die großen Epochen gebundener Form in derVergangenheit.
Und so ist es kein Wunder, daß die jüngeren Talente übereinstimmend sich,
statt Renaissance und Barock, der ägyptischen und griechisch-archaischen
Skulptur zuwenden als ihrem großen Leitstern.
Hoetger bietet vielleicht den liebenswürdigsten und überzeugendsten
"Fall der neueren Ausdruckskunst. Cüpper erfuhr an ihm das umwälzende
Erlebnis einer neuen Weltanschauung, wie sie mit überwältigender Kraft
nur die Kunst vermitteln kann. Kein Wunder, daß er von dieser Persönlich-
keit hingerissen wurde; daß er, durch Leiden doppelt empfänglich gemacht,
und nach den erschütternden Begebnissen der französischen Front, diese
Offenbarung mit dem Mut und der Überzeugungstreue idealistischer Jugend
sogleich in tatkräftigen Kult ummünzte. Nicht der Erwerb von ein paar
schönen Skulpturen konnte ihn befriedigen; nach einigen Wochen Bekannt-
schaft mit diesen Sachen war es ihm Bedürfnis geworden, die Gesamtheit
dessen, was Hoetgcr schuf, als bleibende Sammlung zu vereinigen. So ging
denn alles, was noch frei war, in seinen Besitz über, und die zukünftigen
Werke des Meisters werden ihren Weg zu ihm finden, soweit sie nicht auf
festen Auftrag hin geschaffen worden sind. Und es entstand eine neue Art
von Museum, die Privatsammlung sämtlicher Werke eines Künstlers das
Hoetger-Museum am Cüpperschen Wohnhause in Aachen.
Es wird wohl kaum an Widerspruch und Tadlern fehlen. Gegengründe
liegen auf der Hand. Aber nicht um Grund und Gegengrund handelt es sich,
wo mitten im Kriege, der Deutschland und .seine Verbündeten vernichten
sollte, ein Kulturwerk von besonderem Reiz entsteht. Daß diese Tat aus dem
reinsten Idealismus entsprungen ist, daß sie den Willen kundgibt, diese
Überzeugung mit Opfern und mit dem Einsetzen der ganzen Persönlichkeit
vor der Welt zu vertreten und für seine Idee zu werben das macht ihren
besonderen Wert aus. Man kann ruhig darüber streiten, ob I-Ioetger oder ein
anderer lebender Meister der Ehre eines Museums würdig wäre daß Sonder-
museen von Plastikern nichts Seltenes sind, besagen manche Vorgänger,
wie Thorwaldsen, Rauch, Schwanthaler, Donndorf und so weiter, und mag
daraus die Konsequenzen ziehen, daß auch anderen Künstlern von repräsen-
tativem Wert solche Mäzene erstehen mögen, die aufs Ganze gehen.
Unbestreitbar aber ist, daß eine solche Tat wie die Cüppers vorbildlich ist
nach vielen Richtungen hin. Dem Mäzenatentum wird der Weg zur jüngsten
Kunst gezeigt, der Kunst der Lebenden und Zukunftsreichen; denn altbewährte
Kunst zu sammeln ist Sache öffentlicher Museen und sicherer Kapitalsanlage.
Der Mut, sich zu einem führenden Künstler zu bekennen und sein gesamtes
Werk der Öffentlichkeit zur Kenntnisnahme, zur Begeisterung oder Kritik
zu unterbreiten, würde uns, allgemein geworden, mit intimen und anregenden
Sammlungen bereichern. Wie denn auch stets die Sammlungen die reiz-
vollsten und fruchtbringendsten sind, in denen ein oder zwei Meister über-
wiegen und auf ihre Arbeiten die größte Sammlerliebe verwendet ist.
Und schließlich tun uns wohl auch kleine Museen von Originalskulpturen
not, die mit Geschmack und nach neueren Grundsätzen angelegt sind. Die
älteren Sondermuseen, etwa von Rauch oder Schwanthaler, leben ein über
alle Maßen beschauliches Dasein. Wer nicht unbedingt hin muB, meidet diese
Stätten verstaubter, kalter Pracht, weil man dort nur lieblos hingepflanzte
Gipsabgüsse vorgesetzt bekommt. Man geht aber wohl nicht fehl, wenn man
annimmt, daß das Cüppersche Museum ein sehr erfreulicher und mit feinstem"
Geschmack eingerichteter Sammelort vornehmer Kunst sein wird; eine Stätte
des Genusses und der innersten Sammlung.
Der Krieg ist die ungewollte Ursache dieses wahren Kulturwerkes
geworden. Dem Verwundeten, dem Leidenden wurde die Kraft Hoetgers
zum Trost, sie richtete ihn auf und verlieh ihm die köstliche Gabe einer
reinen, selbstlosen Begeisterung. Vielleicht wären Künstler und Mäzen ohne
das niemals zueinander gekommen, hätten nie das Schauspiel einer so idealen
Harmonie der Welt bieten können. Jetzt ist das merkwürdige Werk in wenig
Wochen und lMonden entstanden, mitten im Kriege, trotz des Krieges und
als ein Wahrzeichen des unüberwindlichen deutschen Idealismus. So sorgt
das deutsche Volk lange vor Friedensanbruch für die Zeit nach dem Kriege,
so bereitet es die Epoche einer neuen, weit nach allen Seiten ausgreifenden
Kultur vor, während ihm das Messer noch so glauben wenigstens die
Feinde an der Kehle sitzt. Dies ist vielleicht das Beste und Vorbildlichste
an Cüppers Tat, daß sie unerschrocken über die beengte Gegenwart hinweg-
schaut nach einer Zeit der Blüte und des Friedensglanzes, von der sie nur
Trostreiches denken kann, und der sie mit ihren köstlichen Gaben eine
Triumphpforte froher Hoffnung zum Empfange bereitet.
Dafür dem Sammler zu danken und gegen Angriffe und Mißverständnisse
für ihn Zeugnis abzulegen, scheint mir eine Pflicht für alle zu sein, die Kunst
mit dem Herzen empfinden.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN 54b VON
HARTWIG FISCHEL-WIEN Sie
KRIEGSAUSSTELLÜN IM KAISERGARTEN. Der ernste Zweck, welchen
die Heeresverwaltung mit der Kriegsausstellung im Prater verfolgt, hat in einer
würdigen Veranstaltung Ausdruck gefunden. Der ehemalige Kaisergax-ten", der zu so
mannigfaltigen Ausstellungszwecken bisher nicht immer in einwandfreier Weise
herangezogen wurde, bietet diesmal reichen Belehrungsstoff und einen Anblick, der auch
in künstlerischer Hinsicht Befriedigung erweckt.
Das Gelände ist wohl seiner Lage, nicht aber seiner Form nach für Ausstellungs-
zwecke günstig. Trotzdem hat der geübte Projektant Architekt Professor Karl Witzmann
verstanden, den Rahmen der Schaustellung mit sicherer Hand, durch strenge und sachliche
Bildungen übersichtlich zu formen.
Die ungemein klare Gliederung seiner Raumgestaltungen, die einfache und konstruktiv
wohldurchdachte Gestaltungsweise des Aufbaues gibt trotz der Enge und Gedrängtheit der
Grundrißbildung manches erfreuliche Bild. Vom Wahrzeichen des Haupteinganges, der
kubisch aufgebauten Stufenpyramide, führt zu den beiden Haupthöfen dem Theaterplatz
und dem Hauptplatz, der Weg durch eine geordnete Folge mannigfaltiger und gut
proportionierter Ausstellungsräume. Ein Theaterbau und ein Restaurationsgebäude ergeben
Über das Ganze unterrichtet der bei Kurt Wolf! in Leipzig erschienene, mit x6 Abbildungen versehene
Katalog Galerie Erich Cüpper, Aachen, Sammlung der Werke von Bernhard Hoetger, Vorwort von G. Bien-nann,
Einleitung von Kasimir Edschmid, xgzö.
jene großen und abwechslungsreichen Baugruppen, die in den beiden Hofanlagen dominieren.
In diesen sind aus den umschließenden Fronten der Saalbauten und eingeschobenen Klein-
bauten anziehende Platzbilder gewonnen, die gute Proportionen besitzen.
Es ist kein überflüssiger Prunk angewendet und kein aufdringlicher Schmuck. Die
strenge Sachlichkeit und Einheitlichkeit der vom weißen Putz beherrschten Schauseiten
zeigt die gute Wirkung einer modernen, von einem zielsicheren Gestaltungsprinzip und
einer guten Baudisziplin beherrschten einheitlichen Ausstellungsanlage, die auf bloße
Zufallswirkungen verzichtet; die dem Zweck vor allem dient. Der gute Geschmack
verhinderte hier jene Ausschreitungen, die sonst gerade bei Ausstellungsbauten häufig
sind und deren Fehlen sicherlich viel zum Gelingen der guten Wirkung beitrug.
Auch im Innern herrscht eine wohltuende Ruhe, soweit dies der mannigfaltige
Inhalt gestattet. Da aber auch diesem eine gewisse Einheit des Zweckes und der Anordnung
innewohnt, da auch hier zumeist eine gute Disziplin bei der Unterbringung gewaltet hat,
bleibt die Übersichtlichkeit und zugleich die angenehme Betrachtungsweise gewahrt. Das
fördert die belehrende und anregende Wirkung des reichen und wertvollen Materials, das
zur Schau gestellt ist.
Zwei Abteilungen sind speziell den künstlerischen Zielen gewidmet, die innerhalb
der Kriegsereignisse, im engsten Zusammenhang mit diesen gefördert werden konnten;
sie seien aus dem Ausstellungsrnaterial herausgegriffen, das überaus reich ist.
Die eine wird von der Kunstausstellung des k. und k. Kriegspressequartiers gebildet.
Dort hat sich ein umfangreiches Bildermaterial angesammelt, das von der Kunstgruppe
auf verschiedenen Kriegsschauplätzen in den beiden Kriegsjahren geschaffen wurde. Von
den Wiener Kriegsbilderausstellungen und von einzelnen Sonderschaustellungen ist die
eifrige Tätigkeit bekannt, die von dieser Stelle aus den großen Kriegsereignissen gerecht zu
werden trachtet. Die Zahl der an der Front tätigen Künstler ist erheblich gewachsen und
so hat sich auch die Leistung nach vielen Seiten hin ausgebreitet.
Im Prater ist bereits die zweite Abteilung zur Schau gestellt, gleichzeitig sind in der
Schweiz, in Berlin und Stuttgart die Kunstausstellungen vom Kriegspressequartier beschickt
worden. Immer mehr tritt die bequeme Form der Übertragung eingebürgerter Friedens-
gewohnheiten das Überwiegen der Porträtkunst in den Hintergrund, immer stärker
erscheint die Wirkung des Erlebten in dem Geschafienen. Ob nun der strengere, nach
geschlossener Form, nach konzentrierter Darstellung ringende moderne Geist oder die
irnpressionistische, den flüchtigen Moment fassende, rasch zugreifende Art am Werke ist,
es mehren sich die Leistungen von packender, tiefgehender Wirkung. Auch zu größeren
abgerundeten Werken ist hinter der Front mitunter Muße und Konzentration gefunden
worden.
Sicherlich ist noch immer die Skizze, der Ausschnitt das Häufigste und Beste. Aber
es lassen sich immerhin schon die Zeichen einer starken innerlichen Nachwirkung durch-
fühlen, welche vermutlich noch lange Zeit die künstlerische Tätigkeit unserer Generation
beherrschen wird. Und als wertvolles Anschauungsmaterial, alsWiedergabe starker, inhalts-
reicher Eindrücke wird das Gebotene seinen bleibenden Wert behalten.
Man braucht nur die sicherlich treffliche photographische Arbeit zu überschauen, die
gleichzeitig geleistet wurde und die teilweise zur Schau gestellt ist, um hier den Unter-
schied zu fühlen, der zwischen der sachlichen Wiedergabe des Objektivs und der
Darstellung persönlicher Erlebnisse besteht.
Von besonderem Reiz sind naturgemäß gerade die graphischen Arbeiten, denen
die Erzählung, die Folgenreihe zusammenhängender Ereignisse als natürliche Arbeits-
weise ebenso zufallt wie die rascheste, ilüchtigste Wiedergabe einer Augenbliekswirkung.
Auch die graphische Arbeit bat sich wesentlich erweitert und hat bleibende Werte
geschatfen. Es sei hier auch auf den allerdings beschränkteren Einblick hingewiesen,
welchen die Ausstellung in die Arbeit unserer Bundesgenossen bietet. Die Abteilung für
Kriegsliteratur bietet Gelegenheit, eine Reihe guter deutscher Veröffentlichungen kennen zu
lernen. von denen manche Leistung vorbildlich genannt werden kann. Die Kriegsgraphik
ist in Deutschland rascher in das Publikationswesen eingedrungen als bei uns und hat
weitere Kreise gezogen. In dieser Richtung gewährt der große Buchladen der Kriegs-
literatur lehrreiche Einblicke.
Eine zweite Abteilung mit besonderen künstlerischen Zielen bildet die Gruppe der
Kriegsgräber. Hier ist zum erstenmal die praktische Betätigung auf einem Gebiet vor-
geführt, das vorerst in Form von umfangreichen theoretischen und prinzipiellen
Erörterungen behandelt worden ist.
Durch diese Ausstellung soll allen, die ein teures Leben auf den Schlachtfeldern zu
betrauern haben, die Beruhigung gegeben werden, daß kein noch so aufopferungsfähiger
Farniliensinn imstande wäre, den toten Helden würdigere Ruhestätten zu bereiten, als es
sich die militärischen Behörden, von dem regen patriotischen Geist aller Bevölkerungs-
schichten werktätig unterstützt, angelegen sein lassen."
In diesem Sinne äußert sich die Kriegsgräberabteilung des k. und k. Kriegs-
ministeriums, welche das Bestattungswesen organisiert hat.
Auf den westgalizischen Schlachtfeldern sind ro Bezirke geschaffen worden, die
10.000 Quadratkilometer, 6x0 größere und kleinere Friedhofsanlagen umfassen. Auch auf
den südlichen Schlachtfeldern sind solche Organisationen gebildet worden, soweit es die
jetzigen Verhältnisse zulassen.
Die im ganzen Kampfgebiete verstreut beerdigten Leichen wurden auf einzelnen
dazu ausersehenen Plätzen angesammelt. Die so geschaffenen Neuanlagen sind rnit Rück-
sicht auf den landschaftlichen Charakter "mannigfaltig gestaltet worden. Es sind Krieger-
friedhöfe, Massengräber und Einzelgräber zu trennen. Die Kriegsfriedhöfe schließen sich
mitunter aber räumlich getrennt -an vorhandene Ortsfriedhöfe an, mitunter sind
selbständige Anlagen errichtet worden; als typische Anordnung tritt das Reihengrab auf.
Massengräber wurden meist am Ursprungsort belassen. Ebenso solche Einzelgräber, die
an landschaftlich reizvollen Stellen erhalten bleiben konnten.
Wo eine spätere Denkmalkunst hervorragend wichtigen Plätzen eine besondere
Auszeichnung widmen soll, beschränkte sich die Vorarbeit auf die Friedhofsanlage und für
die Denkmale nur auf Projekte.
Zahlreiche Modelle solcher Gedächtnisbauten sowie aber auch ausgeführter Friedhofs-
anlagen kennzeichnen die Art, wie diese Grundsätze gehandhabt wurden.
Naturgemäß sind die den einzelnen Gräberbezirken wie Smigrod, Jaslo, Gorlice,
Luzna, Pilzno, Tarnöw, Dabrowa, Brzesko, Bochnia, Limanowa zur Verfügung stehenden
Kräfte für die künstlerische Gestaltungsweise maßgebend gewesen. Im allgemeinen kann
die aus Modellen und Photographien hervorgehende Anpassung an die natürlichen Terrain-
verhältnisse und den Vegetationscharakter in vielen Fällen als glücklich und gelungen
bezeichnet werden. Auch ein wohltuendes Streben nach einfacher Formgebung und Ruhe
tritt vielfach in Erscheinung. Einzelne Versuche, die volkstümliche und ortsübliche Bau-
weise in den Kapellen- und Torbauten widerzuspiegeln, sind weniger einwandfrei gelungen.
Die Kluft, welche das naive Volkstum und die Tradition von jeder Nachempfmdung trennt,
tritt bei solchen Anlässen nur allzu deutlich hervor. Nicht das formale Detail, sondern nur
der Geist, aus dem die Form entsprang, kann schöpferisch weiterwirken.
Es ist erfreulich, daß im allgemeinen der Verlockung zur formalen Nachbildung
seltener nachgegeben wurde als dem Bemühen, aus Lage, Bodengestalt, Umgebung die
würdigste Anlageform abzuleiten. Diese bleibt die Hauptsache, der einfache, möglichst
unmittelbare Ausdruck für die zu erfüllende Aufgabe wirkt auch in dieser Sache gut und
hier vielleicht ganz besonders.
So entstanden Waldfriedhöfe, die der Natur angepaßt und gut eingefügt sind,
Terrassenanlagen, die in das Gelände eingeschnitten sind und architektonische Gesamt-
wirkung erzielen; einzelne Abteilungen hatten sichere, künstlerisch geschulte Kräfte zur
Verfügung, die der Disposition einen großzügigen Charakter gaben und dabei jene formale
Zurückhaltung bewahrten, die ein Kennzeichen guten Geschmacks bildet. Sicherlich ist
der Umstand, daß die den Abteilungen zugeteilten Kräfte an Ort und Stelle wirken können
und genaue Kenntnis der räumlichen Verhältnisse erlangen. ebensosehr ein großer Vorteil,
wie anderseits der Umstand wichtig ist, daß auch die Durchführung der Arbeiten durch die
militärische Organisation in einwandfreier Weise gesichert wird.
Anschließend an diese beiden Abteilungen ist die Gruppe des Bauwesens ausgebreitet,
die inhaltlich viel Interessantes bietet und gut angeordnet ist.
Man kann hier erkennen, daß auch in den umfangreichen Hochbauten, welche im
Gefolge des Krieges entstanden durch diesen hervorgerufen ein künstlerischer Einiluß
zur Geltung kommen konnte. Bei Bauanlagen der Luftfahrtruppen und auch in Lagerbauten
kam die Mitwirkung von Kräften zur Geltung, die bewiesen, daß auch einer Spitalsküche,
einer Luftschifferkaserne, einem Gotteshaus für Gefangenenlager jene Form gegeben
werden kann, die ausdrucksvoll, zweckvoll und geschmackvoll zugleich wirkt.
Wenn solche Einflüsse zumeist nur glücklichemZusammentreiTen günstigerUmstände
zu danken sind, so bilden sie doch eine so ermunternde und belebende Tatsache, daß
sie hervorgehoben zu werden verdient.
Daß auch bei beschränkter Zeit, mit einfachen Mitteln bauliche Aufgaben gut gelöst
werden können, beweist nicht nur der architektonische Aufbau der Ausstellung selbst,
sondern auch der Inhalt an vielen Stellen. Es haben so nicht bloß Zeichner und Maler,
sondern auch Architekten Gelegenheit gefunden, ihre Kunst jenen Problemen zuzuwenden,
die der Krieg geschaffen hat.
KLEINE NACHRICHTEN Sie
RUNDFORMEN DER KUNSTANSCHAÜUNG. Das Interesse des
zeitgenössischen Publikums an den Werken der bildenden Künste ist mit den
Jahren zusehends gestiegen. Neugründungen von Museen und Kunstsalons, wechselnde
periodische Ausstellungen, auch eine unserm zunehmenden materiellen Wohlstand
entsprechende private Sammeltätigkeit von Gemälden und Bildhauerarbeiten, sodann
Kunstbücher und aeitschriften mit trefflichen Druckwiedergaben, nicht zuletzt die
vielerlei unterrichtenden Vorträge mit dem Lichtbilderapparat bezeugen diese weit inter-
essierte ästhetischeAufnahmefähigkeit einer kunstbegeisterten Menge. Andererseits hat
sich das Schaffen der Künstler selbst nicht nur unendlich vervielfältigt und über manche,
frühem Zeiten noch als unkünstlerisch" oder außerkünstlerisch" geltende Gebiete schnell
ausgebreitet man denke besonders an das reiche Betätigungsfeld der modernen Nutz-
künste sondern vor allem auch sich stetig vertieft und in seinen sich selbst gestellten
Aufgaben verfeinert und verinnerlicht. In einer raschen, in sich selbst jedoch begründeten
Entwicklung lösten die jeweiligen ästhetischen Probleme der bildenden Kunst sich ab Das
Stadium des Naturalismus wich der impressionistischen Verfeinerung und Empfindungs-
Steigerung, bis auch dieser psychologisch auflösende Impressionismus seine Zielsetzung
und die Umkehr seiner eigenen Werte in einer wieder mehr zusammenfassenden, monu-
mental aufbauenden Gestaltungsweise fand, die man, im Gegensatz zu der impressio-
nistischen EindrucksWKunst, die Kunst des Ausdrucks", den Expressionismus, nennt.
Bei solcher Fülle des auf den Betrachtenden eindringenden Kunstmaterials und der
in wechselnder Mannigfaltigkeit dem Schaffenden sich darbietenden Probleme erscheint es
als Gebot intellektueller und energetischer Selbsterhaltung, sich die Grundtatsachen vor
Augen zu führen, die den Aufbau und die wirkungsmäßige Lebensäußerung des optischen
Kunstwerkes ausmachen. In einem vor kurzem erschienenen Werk Kunstgeschicht-
liche GrundbegriHe. Das Problem der Stilentwicklung in der neueren Kunst" F. Brück-
mann A.-G. München hat ein Meister der kunstpsychologischen Betrachtungsweise, zu-
gleich ein Kunstschriftsteller von hohem Rang, Heinrich Wölfflin, in fünf gegensätzlichen
4A
34V
Begriffspaaren die in der neueren Geschichte verwirklichten Ausdrucksmöglichkeiten der
bildenden Kunst faßbar auseinandergelegt und damit zugleich Gelegenheit geschaffen,
mittels dieser ästhetischen Grundformen auch im Bereich der älteren und der zeitgenös-
sischen Kunst Klarheit der Anschauung zu verbreiten.
Wie in seinen älteren Werken, Renaissance und Barock" x888, Die klassische
Kuns 1898 und Die Kunst Albrechts Dürers" 1905, geht Wöltflin auch jetzt mit
bestimmten optischen und räumlichen Anschauungskategorien an die historisch konkreten
Kunstwerke heran, die er sich aus Zeichnung und Malerei, der Plastik und Architektur des
XV. bis XVIILJahrhunderts auswählt. Da es sich für ihn um den Wesensgegensatz man
kann sagen den Gegensatz künstlerischer Weltanschauung von Renaissance- und
Barockform handelt, so sind, wie in seiner mit dem nämlichen Titel versehenen Jugend-
schrift, die Werke des XVI. und XVII. Jahrhunderts, vor allem Italiens, besonders bevor-
zugt. Das Quattrocento wird mehr gelegentlich, als Vorbereitung auf die klassische
endgültige Formulierung um 1500, herangezogen, und das XVIII. Jahrhundert als Ausklang
jener großen barocken Strömung gefallt, die um die Mitte des XVI. Jahrhunderts in Italien
geboren, ihr Ende in dem grundsätzlichen Stimmungsumschwung des neuen Klassizismus
der Aufklärungszeit fand. Außer diesem zeitlichen Stilgegensatz gelangt der nationale
zwischen der formal gerichteten Kunst des romanischen Südens und der stimmungshaften
Anschauungs- und Gestaltungsweise des germanischen Nordens zum ästhetischen Aus-
druck, wobei wieder jenes tiefe kunstpsychologische Problem berührt wird, das auch den
Kern von WölHlins Dürer-Buch gebildet hat.
Die fünf Kategorien, die nun diese zeitlichen und nationalen Wesensgegensätze
formanalytisch illustrieren, sind l. das Lineare und das Malerische, z. Fläche und Tiefe,
3. geschlossene Form und offene Form, 4. Vielheit und Einheit und 5. Klarheit und Unklar-
heit und zwar immer so, daß der erste Begriff die klassische Kunst entweder der
Renaissance oder Italiens charakterisiert, der zweite Begriff die barocke Kunst ent-
weder der Nachrenaissance oder des Nordens. Es versteht sich, daß diese fünf charakte-
risierenden Betrachtungsweisen sich vielfach in ihrem inhaltlichen Ergebnis decken,
da sie nur dieselbe kunstgeschichtliche Tatsache von einem andern Standpunkt aus
beleuchten Beispielsweise wird eine Kunst reiner Linearität, die die optische Wirklichkeit
sich wesentlich als Zeichnung zurechtlegt man denke etwa an Dürer oder Raffael auch
die einzelne und Gesamtform streng geschlossen zu geben suchen, während andererseits
eine malerische Kunstanschauung wie sie etwa Rembrandt oder Tintoretto vertritt
mit der malerisch aufluckernden Anschauungs- und Darstellungsart zugleich jede feste
Form vernichtet. Weiterhin bedeutet derselbe Gegensatz der geschlossenen und der offenen
Form, aus dem Planimetrischen ins Plastische übertragen, den Gegensatz von Fläche und
Tiefe; das heißt, an Stelle des in einer Ebene auf ruhig geschlossener Hintergrundsfolie sich
abwickelnden Renaissancebildes wie es Raffael oder die Florentiner Bildhauer um 1500
geben tritt die gewaltig bewegte Barockdarstellung, die grundsätzlich die Hintergrunds-
ebene mittels perspektivischer Durchbrechung zerstört und auch die Einzelform lediglich
nach ihrem plastischen Gehalt, ihrem Tiefenausdruck wertet; hierfür seien als malerischer
Vertreter Peter Paul Rubens, als Bildhauer der Römer Lorenzo Bernini genannt. Dal
schließlich die lineare Kunst die Kunst absichtlicher Formklarheit ist, wie die malerische
die Kunst absichtlicher Formunklarheit, ein Gegensatz, der sich auch auf die Farben-
und Lichtgebung noch ausdehnen läßt die in einfachster Harmonie zueinanderstehenden
Lokaltöne hier, die vielfach gebrochene, in unendlichen Zwischenabstufungen verschwim-
mende koloristische Stimmung" da, hat natürlich denselben kunstbiologischen Ursprung,
und ebenso wird das malerische Barock sein Formensystem in ganz anderer Weise zur
ln einem sein Buch vorbereitenden Essai Über den BegriE des Maleriscben" in Band IV, jahrgang
1913, Heft Seite E. der kulturphilosophischen Zeitschrift Logos" hat Wölfflin tatsächlich von dieser
einen Kategorie aus den Gesamtbereich der bildenden und tektonischen Künste in kunstgeschichtlicherv
Antithese auseinanderzulegen gesucht.
Einheit zusammenschweißen als die relativ vielheitliche klassische Kunst, die dem
künstlerischen Einzelgebilde immer noch ein gewisses Maß von Sonderexistenz zubilligen
zu müssen glaubt.
Ob nun Wölfflin, wie er selbst in seiner Schlußbetrachtung dahingestellt sein lassen
will, mit diesen fünf Kategorien all Möglichkeiten der künstlerischenAnschauungsänderung
charakterisiert hat, ist der Natur der Sache nach fraglich es gibt keine zahlenmäßig
bestimmte Beschränkung wissenschaftlicher Fragestellung der unerschöpflichen und unend-
lichen Wirklichkeit gegenüber. Meiner persönlichen Meinung nach wäre vielleicht noch
eine Gegenüberstellung des Tektonischen" und des Atektonischen" fruchtbar gewesen,
vor allem für die in vorliegendem Buch im Verhältnis zu den Schwesterkünsten etwas
zu kurz gekommene Architektur, über die gerade Wölfflin uns sonst soviel Tiefes und
Feines und in letztem Sinn Aufschlußreiches zu sagen weiß. Gewiß ist aber auch dieser
Gegensatz des Tektonischen und des Atektonischen schon in den übrigen Stilvergleichen,
vor allem in dem Abschnitt über Klarheit und Unklarheit", implizite erörtert, wenn ihm
auch keine Sonderbetrachtung zuteil wurde.
Wie alle Wölfflinschen Bücher besitzt auch dieses wieder seine hervorragende kunst-
pädagogische Bedeutung, das will sagen, daß es in eminentem Sinn in das Wesen des
Kunstwerks einführt. Dem Laien, der auch jetzt immer noch in den Bildkünsten nur die
nämliche Nachahmung einer außerkünstlerischen Wirklichkeit sehen will, darüber aber
ihre dekorative", eigenste Wirkungsabsicht verkennt, sei nur der Satz auf Seite 237 vor-
gehalten Der Inhalt der Welt kristallisiert sich für die Anschauung nicht in einer gleich-
bleibenden Form. Die Anschauung ist eben nicht ein Spiegel, der immer derselbe bleibt,
sondern eine lebendige Auffassungskraft, die ihre eigene innere Geschichte hat und durch
viele Stufen durchgegangen ist.""'
Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob nicht die hier von Wöliflin mit soviel intel-
lektueller Willenskraft aufgestellten Grundformen der Kunstanschauung" dazu angetan
wären, die konkrete Lebendigkeit der in reichem Entwicklungsstrom dahiniiießenden Kunst-
geschichte doktrinär unwirklich zu schematisieren, besonders da die aus einem begrenzten
Forschungsgebiet, der Renaissance und dem Barock, gewonnenen ästhetischen Gegensatz-
paare in einer Art von Periodizität auch in andern Kunstperioden, wenn auch nicht mit
dieser vorbildlichen Schärfe, neue Wirksamkeit gewinnen." Aber aus Wölfflins Außerungen
selbst klingen deutlich warnende Stimmen vor einer mechanischen Übertragung der in
Renaissance und Barock sich mit besonderer Klarheit ausprägenden Grundbegriffe; auch
er sieht die historische Wirklichkeit als Komplex sich mannigfaltig verflechtender, generell
überhaupt nicht von vornherein zu bestimmender Tendenzen allerverschiedenster Art,
wie denn auch Wölfflin sich den fundamentalen Umschwung von der Renaissance zum
Barock im XVI. Jahrhundert und dann wieder von dem Barock zu dem neuen Klassizismus
um 1800 keineswegs rein ästhetisch als Aktion" und Reaktiorw zurechtlegt, sondern
eine durchgreifende Änderung in der Gesinnung, in der Weltanschauung annimmt, die weit
über den bloß künstlerischen Menschen hinausgreift. So ist wohl auch für Wölfflins große
Schülerzahl zu hoffen, daß sie den lebendigen Reichtum kunstgeschichtlicher Erfahrungen
nicht einem theoretischen Schema gedankenlos opfert, das in solchem Sinn der Meister
sicher nicht gemeint hat, sondern vielmehr die bunte, stets neue Individualität künstlerischer
Vgl. den Schlußsatz des genannten Aufsatzes im Logos" Wir stoßen hier auf die Zusammenhänge
zwischen Schönheit und Weltanschauung, und für die Geschichtsphilosophie tut sich die Frage auf, wie weit
das bestimmte dekorative Gefühl einer Zeit die Erkenntnis bedingt, und wie weit es von dern Inhalt der
Erkenntnis bedingt wird Nicht alles ist zu allen Zeiten möglich in den Künsten der Anschauung. Nicht alle
Gedanken können zu allen Zeiten gedacht werden.
au VgL auch die Warnung bei Hans Tietze, Die Methode der Kunstgeschichte Leipzig 1913, I. Kapitel
Begriff und Wesen der Kunstgeschichte, Seite 1B Die Gefahr wächst ins Ungeheure, sobald der Versuch
gemacht wird, die ganze Kunstgeschichte mit Rücksicht auf bestimmte Probleme durchzuwerten; jeder solche
Versuch muß dem Reichtum des kunsthistorischen Tatsachenmaterials in harter Weise Gewalt antun und es in
eine bloße Verkettung drahtgezogener Paradigmen umwandeln.
Geschehnisse nur dann begrifflich zu akzentuieren wagt, wenn damit auch diese Indivi-
dualität selbst, das Endziel und die Frucht alles historischen Sichbemühens, in ihrer einzig-
artigen Wirkung gesteigert erseheint." Fritz HD6118!"
WIEN. ZWEI JAHRE KÜNSTLERFÜRSORGE. In der Mitte September
abgehaltenen Sitzung des Künstlerfürsorgekomitees, welchem die Professoren von
l-ellmer und Darnaut als Vizepräsidenten, ferner als Mitglieder die Architekten, Bildhauer
und Maler Adams, Professor Bacher, Professor Breitner, Hänisch, Regierungsrat
Professor Hoffmann, Dr. Junk, Keller, Professor Freiherr von Krauß, A. Novak, Ranzoni,
Direktor Hofrat Roller, Professor Schmutzer, als Geschäftsführer kaiserlicher Rat
Präeeptor und als Rechtsbeistand Dr. A. Schük angehören, erstattete der Präsident Hofrat
Dr. Leisching Bericht über die nunmehr zweijährige Tätigkeit zur Unterstützung not-
leidender bildender Künstler. Die Gesamteinnahmen des Komitees betrugen 318.x86 Kronen
und 2400 Kronen Rente. Seine Majestät der Kaiser widmete 4o.0oo Kronen, das k. k. Mini-
sterium für Kultus und Unterricht 32.600 Kronen, das k. k. Ministerium für öffentliche
Arbeiten 16.000 Kronen, der niederösterreichische Landesausschuß 4000 Kronen, die
Kommune Wien 40.300 Kronen; die Summe von 187.586 Kronen wurde durch Spenden
von Kunstfreunden aufgebracht. Das Komitee hat in seinen bisher abgehaltenen
x05 Sitzungen 3604 Unterstützungsansuchen von 735 Künstlern erledigt 44 Architekten,
x68 Bildhauern, 523 Malern. Von diesen 735 Künstlern gehören 126 den Wiener
Künstlervereinigungen an, 609 stehen außerhalb der Organisationen, 91 der Unter-
stützten entfallen auf die Kronländer und die in Wien lebenden reichsdeutschen
Künstler, 5x der Unterstützten sind Damen. Einbezogen in die Hilfsaktion sind auch
die Absolventen und die zur militärischen Dienstleistung eingerückten Schüler der
Akademie und der Kunstgewerbeschule und anderer kunstgewerblicher Bildungsanstalten.
Die Zahl dieser letzteren beträgt dermalen 117. Die Zuwendungen bestehen in Beiträgen
zum Lebensunterhalt und zur Deckung der Wohnungs- und Ateliermieten, in Equipierungs-
beiträgen und fallweisen Zuschüssen an die ins Feld gegangenen Künstler, in Aushilfen
an die Familien Eingerückter, Invalider und Gefallener. Bisher wurde die Summe von
221.958 Kronen verausgabt; die gesamte Werbetätigkeit und Verwaltung der Hilfsaktion
wurde mit dem Betrage von 792 Kronen gedeckt. Angesichts der täglich wachsenden
Anforderungen an die Mittel des Komitees bittet dieses alle Kunstfreunde dringendst
um weitere Spenden. Der Sitz des Komitees ist in der k. k. Akademie der bildenden
Künste.
MITTEILUNGEN AUS DEM K. K. ÖSTER-
REICHISCHEN MUSEUM
ÜRATORIUM. Der Minister für öffentliche Arbeiten hat auf Grund des
der Statuten des Österreichischen Museums den Sektionschef Wilhelm I-Iaas im
Ministerium für öffentliche Arbeiten zum Mitgliede des Kuratoriums des Österreichischen
Museums für die Dauer der restlichen Funktionsperiode ernannt.
Vgl. Georg Dehio, Die Krisis der deutschen Kunst im XVI. Jahrhundert Vortrag im Stidelscben
Museumsverein zu Frankfurt arn Main xgig. Archiv für Kulturgeschichte, XII. Band, 1916, r. Heft, Seite
Die geschichtliche Wirklichkeit, so wie wir sie allein kennen, ist eine unlösliche lneinandersehiebung von Not-
wendigkeit und Freiheit, von Entwicklung und Verwicklung, von Kontinuität und Diskontinuität. Auf die Kunst-
geschichte angewendet heißt das alles Geschehen in ihr ist ein Zusammenwirken innerkilnstlerischer und
außerk iinstleriscb er Komponenten. Ihre Stellung zueinander ist in jedem Augenblick eine neue, gerade so
noch nicht dagewesene. Und in ähnlicher Weise legt Hans Tietze am Schluß des bereits angeführten Kapitels
der Methode der Kunstgeschichte" seinen Begriff der Kunstgeschichte ebenso ungezwungen wie plausibel fest
als eine Erforschung und Darstellung aller ästhetischen und außerästhetischen Tatsachen, die die
Entwicklung des menschlichen Kunstwollens erkennen lassen, in ihrem kausalen Zusammenhang".
349
USSTELLUNG VON TEXTILIEN AUS DEN BALKANGEBIETEN.
Die wechselnde Ausstellung der Gewebesammlung des Österreichischen Museums
auf der Galerie des Säulenhofes, die Stickereien, Handwebereien und Spitzen aus den
Balkangebieten und dem Orient umfaßte, wurde am 24. September geschlossen.
USSTELLUNG VON VOLKSARBEITEN AUS DEN BALKAN-
LANDERN. Sonntag den r. Oktober wurde im Österreichischen Museum auf
der Galerie des Säulenhofes eine vom Museum für österreichische Volkskunde aus seinen
einschlägigen Beständen veranstaltete Ausstellung von Volksarbeiten aus den Balkan-
liindern, besonders aus Albanien, Altserbien, Mazedonien und Bulgarien, eröffnet. Eine
erwünschte Bereicherung hat die Ausstellung durch eine Serie photographischer Original-
aufnahmen erfahren, welche die wissenschaftliche Balkanexpedition des Ministeriums für
Kultus und Unterricht und der Akademie der Wissenschaften aus Albanien und Serbien
beigesteuert hat. Auch die Sammlungen des Österreichischen Museums sind an der
Ausstellung beteiligt. Die Ausstellung kann täglich ausgenommen Montag bei freiem
Eintritt von bis Uhr besichtigt werden.
Zu dem Rundgange am Eröffnungstage, bei welchem Regierungsrat Professor
Dr. Mich. Haberlandt und Privatdozent Kustos Dr. Artur I-Iaberlandt die ausgestellten
Gegenstände erläuterten, hatten sich eingefunden Seine Exzellenz der Herr Minister für
Kultus und Unterricht Dr. Freiherr von Hussarek, Seine Exzellenz der Herr Minister für
öffentliche Arbeiten Dr. Freiherr von Trnka mit dem Sektionschef Haas und dem
Ministerialrat Freiherrn von Klimburg, der Präsident des Kuratoriums des Österreichischen
Museums Seine Durchlaucht Prinz Franz von und zu Liechtenstein, ferner Seine Exzellenz
Sektionschef Cwiklinski, Sektionschef Freiherr von Weckbecker, Direktor Hofrat
Dr. Leisching, Vizedirektor Regierungsrat Dr. Dreger und andere.
ESUCH DES MUSEUMS. Die Sammlungen und Ausstellungen des Museums
wurden im Monat September von 4.334 Personen, die Bibliothek von r.24r Personen
besucht.
UNSTGEVVERBESCHÜLE. Der Minister für öffentliche Arbeiten hat die
Professoren Bertold Löffler, Erich Mallina und Michael Powolny in die VII. Rang-
klasse befördert.
LITERATUR DES KUNSTGEWERBES 5b
rfrEcr-ruxx UND ALLGEMEINES.
ASTHETIK. KUNSTGEWERB-
LICHER UNTERRICHT su-
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NUMISMAT. GEMMENKUNDE.
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GRAPHIE. MUSEOGRAPHIE so
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BERLIN
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I-IADERSLEBEN
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Museurnskunde, XII, 2-3.
LÜBECK.
IESSEN, P. Das Museum für Kunst- und Kultur-
gescbichte in Lübeck. Museumskunde, XII, 2-3.
SCHAEFER, K. Das Museum für Kunst und
Kulturgeschichte im St. Annenkloster zu Lübeck.
Der Cicerone, VIII, 15-16.
MÜNCHEN
BAUDISSIN, Eva Gräfin v. Zur Ausstellung
Frauenluxus von Einst". Kunst und Handwerk,
1916, g.
UPSALA
Tl-IORMAN, E. Hausdeiß-Ausstellungen. In
schwed. Sprache. Svenska Slöjdföreningens
Tidskrift, 1916, a.
WIEN
Die Buchkunstaussteilung in der Bofbibliothek.
Graph. Revue Österreich-Ungams, 1916, 6.
EICI-ILER, F. Aus Anlaß der Buchkunstaus-
stellung der Hofbibliothek. Zentralbl. für Biblio-
thekswes, juli-August.
TIETZE, H. Wiener Ausstellungen.
Kunst-
cbronik, N. F. XXVII, 31.
WINTERTHUR
MARKUS, St. Das neue Winterthurer Museum.
Die Kunst für Alle, XXXI, 15-16.
ZÜRICH
SCHLOSSER, I-I. Die Textilausstellung irn Kunst-
gewerbemuseurn der Stadt Zürich, r916. Textile
Kunst und Industrie, 1916, 1.
Alle für Kunst und Kunsthandwerk" bestimmten Sendungen sind an die Redaktion dieser Monatsschrift,
Wien, 1., Stubenring zu richten. Filr die Redaktion verantwortlich Franz Ritter.
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DIE WIENER PORZELLAN-
SAMMLUNG KARL MAYER
KATALOG UND HISTORISCHE
EINLEITUNG VON FOLNESICS
ERSTER VIZEDIREKTOR DES K. K. ÖSTERREICHISCHEN
MUSEUMS FÜR KUNST UND INDUSTRIE
Die umfassende Bedeutung dieser Sammlung ließ es berechtigt erscheinen, dem
eigentlichen Katalog eine historische Einleitung vorangehen zu lassen, die in großen
Zügen an der Hand der vorhandenen Objekte ein Bild der geschichtlichen Entwicklung
der Wiener Porzellanfabrik vor Augen führt und die Bedeutung der einzelnen besonders
hervorragendenObjek- in farbigen Autotypien
te klarlegt. Sie stammt von j. LOWY ausge-
aus der Feder des Mit- fuhrt, welche die cha-
arbeiters an der 1907 r. rakteristische Farben-
erschienenen bereits wirkung der Originale
vergriffenen umfang- mit bisher kaum er-
reichen Geschichte der reichter Treue veran-
Wiener Porzellanma- schaulichen.
nufaktur, des ersten Das Werk er-
Yizedirektors am k. k. A. scheint im Format die-
Osterreichischen Mu- ses Prospektes in ei-
seum, Regierungsrates ner auf 350 Exempla-
JOSEF FOLNESICS, re limitierten Auflage,
und ist mit 86 Tafeln von welcher30OExem-
versehen, die uns 220 plare mit den Num-
dererlesenstenoderge- mern bis 300 in den
schichtlich bedeutend- .. Handel gelangen.
sten Stücke der Samm- Der in Leder ge-
ung vorführen. Davon KPm-"uqain Fa, bundene Band enthält
sind 20 Tafeln teils in ßwmu rtelluhnue 5451.77. etwa 20 Druckbogen
Farbenlichtdruck, teils Text auf Büttenpapier
und 86 Volltafeln, davon 10 Farbenlichtdrucke, 10 farbige Autotypien und 66 einfarbige
Lichtdrucktafeln. DER SUBSKRIPTIONSPREIS FUR EIN GEBUNDENES
EXEMPLAR BETRAGT l00'- M. 85'". DIE ERHOHUNG DES LADEN-
PREISES NACH ERSCHEINEN DES WERKES IST VORBEHALTEN.
Subskriptionen werden von allen Kunst- und Buchhandlungen entgegengenommen
sowie vom Verlag ART ARI CO
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IM VERLAGE VON ARTARIA Co., WIEN, ERSCHIEN
JOSEF FÜHRICH
VON DR. MORIZ DREGER. I-jIERAUSGEGEBEN
VOM K. K. MINISTERIUM FUR KULTUS UND
UNTERRICHT
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Textband. 4'". 17 Bogen mit 45 Illustrationen in Lichtdruck
und Zinkätzung, davon farbig. Tafelband im Formate
4536 Zentimeter, mit 60 Tafeln in Lichtdruck und I-Ieliogra-
vüre. Einmalige Ausgabe in 5OO Exemplaren und 65 un-
verkäuflichen Dedikationsexemplaren. Subskriptionspreis
für beide Teile gebunden in Original-Halbleinenband 96.
Die Erhöhung des Preises wird vorbehalten.
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Dieses Werk erschien als dritte Veröffentlichung in einer vom
k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht herausgegebenen
Serie von Werken, die das Schaffen hervorragender österrei-
chischer Künstler in musterhaftenWiedergaben und in monu-
mentaler Weise zur Anschauung bringen sollen. Der Verfasser,
Regierungsrat Vizedirektor Dr. Dreger, Dozent an der Wiener
Universität und an der Akademie der bildenden Künste in
Wien, hat sich seit langem mit Führich beschäftigt und konnte
bisnun ganz unbekannte Quellen benützen. Der Tafelband
enthält fast durchaus Werke, die bisher niemals oder nicht
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unmittelbar nach den Originalen wiedergegeben worden sind.
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JOSEF FUHRICHS WERKE
nebst dokumentarischen Beiträgen und Bibliographie, gesammelt von
ü. HEINRICH VON WOERNDLE unter Mitwirkun von ERICH
STROHMER. Herausgegeben vom k. k. Ministerium gur Kultus und
Unterricht mit Abbildungen. Preis broschiert 15, in Original-
Leinenband 16'50. Dieser Oeuvre-Katalog" bildet die Ergänzung
zu der oben angezeigten großen Monographie. Beide Werke sind zu 511
beziehen durch alle Buch- und Kunsthandlungen sowie durch den Verlag.
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MAFFERSDORF IN BÖHMEN
BERLIN S.W'. WIEN PARIS
J. C. ERBS ROTENTURMSTRASZE lO 13, RUE D'UZES
68, LINDENSTRASZE 15
NEW-YORK LONDON W.
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SPRACHE. VORZÜGLICI-IE VERBINDUNGEN MIT DEM AUSLANDE
ERMÖGLICI-IEN DIE RASCHESTE BESORGUNG DER LITERARISCHEN
ERSCHEINUNGEN ALLER LÄNDER
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IN DEN EUROPAISCHEN KULTURSPRACHEN
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PRAG! GRABEN BUDAPEST WAITZNERSTHASSE 25
Alle für Kunst und Kunsthandwerk" bestimmten Sendungen lind um die Reduktion dieser Munatnchrifx, Wien, l., Stubenriug
zu richten. Ilr Re 'on ve 'ch Franz Ritter.
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