Mitlhßilunuen das k. k. llastarrainh. Museums
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrift für Kunst und Kunstgewerbe.
Am i. eines jeden Monats erscheint eine Nummer. Abonnementspreis per Jahr H. 4.-
Redacteur Eduard Chmelarz. Expedition von C. Gerold" Sohn.
Man abonnirt im Museum, bei Gerold 61 Comp., durch die Postanstalten. sowie durch
alle Buch- und Kunsthandiungen.
WIEN,
FEBRUA-i! i87g. Jahrg,
Inhnlt Die XYeihnachu-Ausltellung im Oesterr. Museum. Von J. Falke. Die Fxiencen von Oir0n
Henrl-deux. Schluss Terracolten am Reichsruthsge ude. V4 Die Visitation des Zeichen-
untcrrichtes in XVüntemberg. Literaturbericht. Kleinen Mittheiiungen.
Die Woihnachte-Ausstellung im Oeatorr. Museum.
Von J. v. Falke.
Wiederum-dieses Jahr zum fünften Male ist es die Weihnachts-
Ausstellung, welche eine erhöhte Zahl Besucher in das Oesterr. Museum
herbeiruft; und nicht unbefriedigt, scheint es, verlassen sie dieselbe. Und
doch waren die Umstände keineswegs günstig, denn zahlreiche Gegen-
stände, welche Zierden gewesen wären, ganze Collectionen einzelner In-
dustriezweige konnten, wie vorauszusehen war, nicht rechtzeitig von Paris
zurückkommen. Trotzdem ein Beweis wachsender Theilnahme über-
stiegen die Anmeldungen jene des Vorjahres um. mehr denn hundert.
Manche freilich, die angemeldet hatten, sind freiwillig zurückgetreten,
Andere hat die Aufnahmsjury nicht für zulässig erkannt. Andere selbst
nahmen ihre Anmeldungen zurück, weil es ihnen, bei verkauftem Lager
und mit Bestellung und Arbeit überhäuft, an Material gebrach ein
Motiv, das man sich gern gefallen lässt. Nichtsdestoweniger sind auch
die vergrösserten Räume immer noch reich gefüllt, reicher denn je.
So viel neue Namen die Ausstellung aufweist, so sieht selbstverständ-
lich der regelmässige Besucher auch des Bekannten mancherlei. Viele In-
dustrielle haben ihr bestimmtes Genre, an dem sie festhalten, das sich
nicht von einem Jahre zum andern zu verwandeln vermag, und wenn sie
auch neue und andere Gegenstände bringen, so ist doch der Eindruck
kein anderer, sondern der gleiche uns wohlbekannte. Wie sie selber die
alten geblieben, so bieten sie auch der öffentlichen Besprechung nicht
Anlass zu neuen Bemerkungen. Wir begnügen uns daher, die Thatsachen
ihres Erscheinens constatirend, mit achtungsvollem Grusse an ihnen vor-
1879. XIV.
24
überzugehen, und w0llen statt dessen von Denjenigen reden, die uns
Neues bringen oder strebend, wachsend, sich erweiternd anti den alten
Bahnen wandeln.
Von diesem Gesichtspunkte bieten zunächst die Metallarbeiten eine
interessante Erscheinung und unter ihnen in erster Linie die grossen
Expositionen aus geschmiedetem Eisen, einerseits von A. Milde, an-
dererseits von L. Wilhelm, zu denen sich Tagleicht mit einer ein-
zelnen Arbeit, einem grossen Gitterthore, gesellt. Wer sich zurückzuer-
innern vermag, wie solche decorative Eisenarbeiten vor etwa zwanzig
Jahren aussahen, als der ganze Industriezweig noch unter der Herrschaft
des Gusses stand, der wird an diesen Gittern, Thoren und Thüren, Can-
delabern, Leuchtern und Lampen, an all' dem kleinen Detail von Schlös-
sern, Beschlägen, Thiirdrückern, Blumen und Ornamenten eine wahrhafte
Freude empfinden. Dieser lndustriezweig ist nicht nur in der Anwendung
der getriebenen Arbeit und in ihrer Technik, in der Freiheit, mit welcher
er sein zähes Material behandelt, erstaunlich fortgeschritten, er bewegt
sich auch in der Zeichnung auf durchaus guten und rationellen Wegen,
Dank den Architekten, die hier einmal in gelungener Weise mit Passion
und richtigem Sinne eingegriffen haben, was sich nicht von jedem Zweige
der Kunstindustrie behaupten lässt. Wenn etwas noch bei diesen Arbeiten
fraglich ist, so ist es die schwarze Farbe des Anstriches, welche wohl
noch der Discussion unterliegt. Den Eisenarbeiten zur Seite schreiten die
Bronzen gleicher Weise glücklich vor, wenn auch nicht in so auffallendem
Grade. Was namentlich Hollenbach, Lux und Bergmann, desgleichen
Schwarz, der Leiter der Ciselirschule des Museums, ausgestellt haben,
das besteht zwar meist nur aus kleineren Gegenständen, handlichen Dingen
des Gebrauches für Camin, Tisch und Schreibtisch, aber es zeichnet sich
immer klarer durch bessere und mannigfaltigere Behandlung der Ober-
fläche aus, so wie nicht minder durch correctere. edlere Form und rei-
neres Ornament, wogegen die figürliche Seite noch immer schwächer ist.
Auch der dritte Zweig der Metallarbeiten erscheint in lebendiger
Bewegung, nämlich derjenige in edlen Metallen. Das aber ist eine beson-
derS CrfrßUliChC ErSChCinllng, da ein Industriezweig, je kostbarer er ist,
vielleicht um so schwerer neue Wege einschlägt, aus Furcht, sich mit der
Mode in Widerspruch zu setzen. Die Schmuckarbeiten, vertreten beson-
ders durch Handle, V. Meyer's Söhne und Reiner's Erben, waren
noch niemalS S0 rßiCh und gut erschienen wie diesmal. Während der Erste
vorzugsweise lim Juwelenschrnucke glänzt, zeigt uns der Zweite den an-
tiken Goldschmuck in erfreulicher Erweiterung, in immer grösserer Theil-
nahme von Seite des Publicums, und der Dritte überrascht uns durch
tauschirte Arbeiten mit Einlagen von verschiedenfarbigem Golde, Silber
und Niellen, einer Imitation oder vielmehr einer freien Uehertragung japa-
niSChCT Ar! und TC-Chnik auf moderne europäische Bedürfnisse und Ge-
gEnSlände- D35 Sind aber nur drei Seiten, die durchaus nicht die einzigen
von Interesse sind; wir greifen sie nur aus der Mannigfaltigkeit der aus-
gestellten Gegenstände heraus. Von Meyer's Söhnen z. B. ist die Silber-
decoration einer Tafel in Aufsatz, Schalen, Candelabem ausgestellt, wohl
geeignet, Aufmerksamkeit zu erregen und Beifall zu finden. Uebrigens
trägt unter den Silberarbeiten die grosse Schmuckcassette von aune
Eigenthum Sr. Majestät des Kaisers, den Preis davon, ein Werk, das sich
mit dem Reichthume von Figuren und Ornamenten, mit der Sorgfalt der
Arbeit, mit seiner ganzen Wirkung in Verbindung von Stein und Silber
den Cabinetsstlicken des 16. und x7. Jahrhunderts würdig anreiht.
Wie die alten guten Zeiten wieder lebendig werden, das zeigen auch
andere Zweige der Industrie auf unserer Ausstellung. Aus diesem Ge-
sichtspunkte besonders sei die grosse Zahl kleinerer Glasgemälde erwähnt,
welche die Anstalt von Neuh aus er in Innsbruck uns gesendet hat, eine
Anstalt, welche in Strebsamkeit, richtiger Auffassung des Bedürfnisses und
künstlerischem Geschmacke allen Concurrenten vorangeht. Es sind meistens
kleinere Bilder mit figürlichen Gegenständen, ähnlich den Holzschnitten
oder Kupferstichen der Kleinmeister, wie man sie im 16. Jahrhunderte
in die Fenster der Wohnungen einzusetzen pflegte, dem Gemache damit
eine farbige, poetisch anheimelnde Zierde zu geben. Die Anstalt von Neu-
hauser geht mit diesen Bildern von dem gleichen Gedanken aus und
kommt zum gelungenen Ziele; diese liebenswürdigen, glänzenden Bild-
chen, seien sie nun mit Umrahmung oder in der Umgebung blinkender
Butzenscheiben, erfüllen vollkommen ihren Zweck. Von besonders deco-
rativem Reize und originell in seiner technischen Erfindung ist darunter
jenes grössere Fenster, welches einen Topf mit einem Orangenbaume
darstellt; nichts kann einfacher sein, denn es ist ein reines Mosaikbild
ohne Malerei, nichts aber auch wirkungsvoller.
Ein anderer Zweig der Kunstindustrie, der uns die alte Zeit, die
alte farbige Gemüthlichkeit wieder lebendig macht, sind die Fayencebfen,
die diesmal überraschend reich und gut auf der Weihnachts-"Ausstellung
erschienen sind. Gott sei Dank, dass endlich einmal die Stunde der weissen
Kachelöfen zu schlagen scheint! Wir sind ihrer herzlich satt. Wir haben
vier Aussteller farbiger Oefen Wudia in Graz, De Cente in Wiener-
Neustadt, Hartmuth und Ginzelmayer in Wien. Ohne einem von
ihnen den Preis zu geben, heissen wir alle willkommen! Unterstützt von
Künstlern wie Storck, Theyer, Ortwein, Petschnigg haben sie treffliche
Arbeiten gebracht, trefflich in Farbe, Glasur wie Construction. Camin
und Ofen von Ginzelmayer zeigen zudem in ihrer reichen und soliden
Anwendung von Gold eine Neuerung des unermüdlichen, erlindungsreichen
Kosch, dessen Spuren wir vielfach auf der Weihnachts-Aussteliung be-
gegnen. Wir wollen nur an die Gold- und Silberdecoration der verschie-
denen eisernen Oefen von Geburth, Heim, Holdorff und Brückner
erinnern, Oefen, die allerdings in ihrem künstlerischen Baue noch nicht
das Richtige getroffen haben. so wie an die Fayencegemälde von Josef
3.
Bauer, die an Saft und Kraft nichts mehr zu wünschen übrig lassen.
Welche reiche Anwendung gestattet diese, jetzt auf ein so einfaches Ver-
fahren zurückgeflihrte Kunst, sobald sie nur erst einmal sich zur Geltung
durchgearbeitet hat!
Weniger Neues und Bemerkenswerthes bietet das Porcellan. Wir be-
gegnen mit Radler öt Pilz, Zasche, Falb und Jäcltel der reichen
Art von Alt-Wien in immer grösserer Ausdehnung, aber es ist ihre Art,
in die Breite zu wachsen, nicht sich zu verändern. Ebenso hatten wir
niemals eine so reiche Ausstellung jenes Porcellans, das unter dem Namen
Fischer von Herend weltberühmt geworden ist. Auch dieses rhut gut,
seine mannigfachen Arten in so guter Ausführung wie nur möglich zu
behaupten. Wahliss nimmt wieder mit ausgezeichneten Gemälden den
modernen Standpunkt ein. Sonst haben wir aus dem Uebrigen nur das
Tafelgeschirr mit blauer Decoration von Knoll hervorzuheben. Ein Ser-
vice dieser Art zeigt sich zum ersten Male wieder in Oesterreich in dieser
schwierigen und dankbaren Technik gelungen, und es ist besonders er-
freulich, dass es eine neue Zeichnung hat und nicht jenes ewige, an sich
werthlose Zwiebelmuster von Meissen, das allerdings gute decorative Wir-
kung besitzt, aber allgemach langweilig zu werden beginnt, da man es
überall trifft, als ob es nichts Anderes geben könnte.
Aehnlich wie mit dem Porcellan ist es mit dem Glase, vertreten
durch Schreiber und Neffen, S. Reich und H. Ullrich. Hübsches
farbiges Glas, aber mehr im französischen Geschmacke, bietet Reich; neu
flir Oesterreich sind die gepressten Gläser von Schreiber, welche bis dahin
fast ein Privilegium Englands waren, so wie eine populäre Anwendung
antiker Glasarten durch denselben Fabrikanten. Das höhere Genre des
Kunstglases ist ferngeblieben; die Besucher des Museums werden aber
für diesen Mangel entschädigt werden, da im neuen Jahre Lobmeyr
seine ganze Exposition, nur noch mit Neuem vermehrt und bereichert,
im Museum auszustellen gedenkt.
Eine lehrreiche Erscheinung auf der Weihnachts-Ausstellung ist
diesmal die Stickerei, welche einen ziemlich breiten Raum einnimmt. Es
ist die höhere Fachschule für Stickerei, welche den Eindruck beherrscht,
aber eigentlich nicht sie selber, da sie als solche nicht ausgestellt hat,
sondern es sind die freien Arbeiten gegenwärtiger oder ehemaliger Schil-
lerinnen, oder solche Arbeiten, die nach ihrem Geiste und ihren Manieren
entstanden sind, welche unser Interesse vorragend in Anspruch nehmen.
Sie lehren uns, dass die neuen Arten tiefer und tiefer in das Publicum
eindringen, dass sie sich zugleich des Beifalles der arbeitenden Hände und
der schau- und kauflustigen Augen erfreuen. Und was uns dabei merk-
würdig erscheint, ist der Umstand, dass sie ihren Weg nicht, wie es sonst
mit diesen Neuerungen gewöhnlich ist, durch die Industrie in das Publicum
nehmen, sondern umgekehrt erst in das Haus dringen und von diesem
aus auch die Industrie zu ihrem Glauben zwingen werden. Bis jetzt ist
das noch sehr wenig geschehen; wenigstens auf unserer diesjährigen Aus-
stellung ich sehe dabei von Giani ab, der seit Alters seine eigene
künstlerische Richtung verfolgt ist so gut wie gar nichts davon zu
bemerken, kaum einige Spuren geben die Andeutung. Die Weißsticke-
reien zumal, diejenigen nämlich der Industrie, nicht der Dilettanten,
bewegen sich auf den hergebrachten Pfaden, bei denen man höchstens
an der Sauberkeit und Genauigkeit der Ausführung wie Manches bei
Weldler und Budle sich erfreuen kann. Nur einige Arbeiten der
Confectionsartikel gehen in die Farbe, aber nicht gerade mit besonderem
Glücke. Einige hübsche und gefällige Verzierungen in Blau und Roth
zeigen die Borten von Meinl"s Erben, während wir mit den blassen
Piquedecken dieser Fabrik keine Sympathie empfinden, und um so we-
niger, je mehr sie sich mit Figuren oder grossgeschwungenen Ornamenten
schmücken. Die decorative Stickerei und Weberei für die Wohnzimmer
ist dieser Ausstattung des Schlafzimmers voraufgekommen, und in dieser
Beziehung sei noch einmal der treiflichen Collection von Stickereien, von
Sitzmöbeln und Decorationsstoifen gedacht, welche Giani im Vereine mit
Fix ausgestellt hat. Eine ähnliche, noch reichere Collection wird das
Museum im Anfange des nächsten Jahres seinen Besuchern vorführen,
wenn die Pariser Exposition von Ph. Haas und Söhne in gleicher Fülle
und Grossartigkeit zur Aufstellung gelangen wird, gleich jener des Herrn
Lobmeyr. Andere Collectionen, wie die der Bronzegesellschaft, die von
Leopold Groner, werden sich anschliessen.
Was man den Arbeiten von Giani und Fix nachrühmen kann ein
richtiges Stylgefühl und jener schwer zu beschreibende Reiz, der dem
Mobiliar des r6. und 17. Jahrhunderts zu eigen ist, das gilt auch von
einer guten Anzahl anderer Möbel auf der Weihnachts-Ausstellung. Dieser
lndustriezweig ist besonders reich vertreten. Allerdings ist keineswegs
Alles tadelfrei, und man stösst immer und immer noch auf die Meinung,
dass mit einer guten und sauberen oder schwierigen Arbeit Alles gethan,
und Construction, Zeichnung, gefällige Wirkung überflüssige Dinge seien.
Anderes, so z. B. verschiedene Credenzen aus Eichenholz, leiden am
Zuviel, an Ueberladung und Massenhaftigkeit; sie sind Gebäude. nicht
Möbel. Daneben aber wird man mehr als eine Arbeit mit Vergnügen
betrachten, so die Möbelstücke von Irmler, die sich stets gleich bleiben
an Güte, die Möbel von Klöpfer, von Albert, von Ludwig, von
Konzert in Innsbruck, vor Allem aber das reizende Buffet von Leime
das elegante Form mit der Liebenswürdigkeit der Vorzeit vereinigt. Der
gleichen Richtung in gleicher Vortrelflichkeit gehören die geschnitzten
Rahmen von Chr. Ullrich an, welche mit entsprechendem Sitzmobiliar
von Leist in einem besonderen Zimmer in höchst anziehender Weise
ausgestellt sind. Ein Blick auf diese Rahmen muss auch dem Ungläu-
bigsten klar machen, auf wie verkehrten Wegen unsere heutigen, so an-
spruchsvollen Goldrahmen sich beGnden.
Gedenken wir noch der Chromolithographien, welche diesmal, wie
uns scheint, ebenfalls in glücklicherer Auswahl von den drei Firmen
Hölzel, Reiffenstein und Czeiger ausgestellt worden, desgleichen
der bekannten Radirungen und Kupferstiche aus den Publicationen der
Gesellschaft für vervielfältigende Kunst so wie einer erninenten Collection
von Holzschnitten des xylographischen Institutes von Waldbeim und
Bader, so hätten wir, gemäss den Intentionen, die wir oben angegeben,
unseren Rundgang durch die Weihnachts-Ausstellung vollendet. Wir
können aber nicht von ihr scheiden, ohne noch zum Schlusse eine trau-
rige Pflicht zu erfüllen eines Dahingeschiedenen zu gedenken, der all-
jährlich ein gern gesehener Gast auf dieser Ausstellung war. Vor wenigen
Wochen ist der Znaimer Thonwaaren-Fabrikant Alois Klarnmerth irn
besten Manuesalter einem unermüdeten Wirken entrissen worden. War
ihm auch nicht das höhere Kunstverständniss gegeben, irrte er auch zu-
weilen in dem, was er künstlerisch begann, so war doch sein Streben
vom besten und reinsten Willen erfüllt und von mannigfachen Erfolgen
gekrönt. Er vor Allen ist es gewesen, welcher es bewirkt hat, dass die
Znaimer Thonwaaren wieder in aller Welt bekannt sind und mit Achtung
genannt werden. Sollte dereinst einmal die neue Erhebung der Kunst-
industrie in Oesterreich ihren Geschicbtschreiber finden, so wird in seinem
Werke auch der Name Klammerth eine ehrenvolle Stelle finden.
w. Ap.
Die Faiencen von Oiron Henrl-deux.
Vortrag, gehalten im k. k. Oesterr. Museum von Bruno Bucher.
Schluss
An zahlreichen Henri-deux-Gefässen sind Fugen im Ornament zu
bemerken, an einigen so aulfallende, dass sie von den Zeichnern, z. B.
C. Delange, nicht ignorirt werden konnten, während sie an anderen we-
nigstens in photographischen Aufnahmen zu constatiren sind. An einem
Gefäss im Besitze fder Mrs. Hope in London treten diese Unterbrechungen
der Verzierungslinien so scharf hervor, dass Fillon annimmt, die Form
müsse aus mehreren Stücken zusammengesetzt sein, und er citirt das als
einen Beweis der nachlässigeren Arbeit in der späteren Fabricationsperiode.
Diese mehrtheilige Form wäre also, was wir eine Stückform nennen. Eine
solche wird von dem plastischen Modell abgenommen, die zusammengesetzten
Theile derselben stellen ganz genau das Modell wieder dar, nur im Gegen-
sinne, das Erhabene vertieft. Was aus einer Stückform gegossen wird,
verräth allerdings gewöhnlich die Fugen der Form durch die sogenanten
Nähte, die Jedermann an Gypsabgüssen kennt. Es können bei nicht sorg-
fältiger Manipulation geringe Verschiebungen der einzelnen Stücke vor-
kommen, es können die einzelnen Stücke verschiedenes Niveau haben,
aber fehlen kann nichts von dem, was am Modell vorhanden ist. An den
Henri-deux-Gefässen fehlt aber dort, wo Fugen zu constatiren sind, etwas
von dem Ornament, die Linien desselben sind unterbrochen. Ferner zeigen
sich die Form- oder Gussnähte als Erhabenheiten, die Fugen an diesen
Faiencen aber als Vertiefungen. Endlich gehen manche solcher Fugen
nicht über den ganzen Bestandtheil des Gefässkörpers. Ist dieser z. B. in
seiner oberen Hälfte von cylindrischer Gestalt, während er sich nach unten
hin abrundet oder zuspitzt, so zeigen sich die Fugen, oder doch einzelne
derselben, erst von dort an, wo die gewölbte Form beginnt; je mehr
nach unten, desto weniger passen die zu beiden Seiten an die Fuge an-
stossenden Ornamenttheile auf einander, es fehlt, wie genaue Vergleichung
zeigt, ein zwickelförmiges Stück.
Aus dieser Erscheinung zog H. Macht den Schluss, dass das Flächen-
ornament nicht vermittelst der Form hervorgebracht, sondern bereits vor-
handen gewesen sein müsse, ehe der Thon in die Form eingedrückt
wurde. Fortgesetzte Untersuchungen, zunächst an den Abbildungen, dann
an den Objecten selbst in den Staatssammlungen und in der historischen
Ausstellung d. J. in Paris wo durch die grosse Güte des Präsidenten der
Union centrale des beaux-arts appliques l'industrie, des Herrn Edouard
Andre mir Gelegenheit gegeben wurde, mehrere Stücke mit voller Bequem-
lichkeit zu betrachten, bestärkten uns in der Ueberzeugung, dass die Ge-
fässe von Oiron auf eine ganz ungewöhnliche, in der Herstellung kera-
mischer Producte aller Zeiten und aller Länder ohne Beispiel dastehende
Art gebildet worden seien.
Es wurde nämlich nach unserer Ansicht ein Thonklumpen zu einer
Sachen Scheibe oder Platte, einer sogenannten Schwarte oder croüte,
ausgewalzt, und diese mit dem Ornament versehen. Aus diesem gemusterten
Stoffe wurden dann die Stücke herausgeschnitten, um in eine Hohiform
gepresst zu werden. Handelte es sich um die Herstellung eines gerad-
wandigen, eckigen oder cylindrischen Körpers, so genügte es, ein recht-
winkeliges Stück in der erforderlichen Grösse herauszuschneiden, dessen
beide Enden zusammenschliessen mussten, wie die beiden Enden des
Drahtes, welche zum. Ringe geformt werden. In der That gibt es Gefäss-
theile von Ring-, Band- oder Cylinderform, welche die Stelle der Zusam-
mensetzung, aber auch nur diese eine erkennen lassens. Bauchige, ge-
krümmte, gewölbte Formen erforderten eine umständlichere Zuschneide-
arbeit. Der Körper wurde entweder aus mehreren Stücken von gleicher
Gestalt zusammengesetzt oder aus ein em Stücke mit zwickel-
förmigen Ausschnitten gebildet. Kreisrunde geneigte Flächen, wie der Rand
der erwähnten Schüssel im Kensington-Museum, der Fuss an verschiedenen
Gefässen, zeigen sogar auf das allerdeutlichste die Zusammensetzung aus
einer Menge kleiner trapezförmig zugeschnittener Stücke. An der Schüssel
zählt man deren 75; das Ornament, welches wie ein Spitzenkragen um
den Rund des Tellers hinläuft, wird nämlich durch ein zackenförmiges,
260
75mal wiederkehrendes Motiv gebildet und zwischen je zwei Zacken ist eine
Fuge zu bemerken, auch sind die einzelnen Zacken nicht immer genau
aneinandergepasst, hier rückt eine um ein Weniges über die Kreislinie
heraus, dort sind andere nicht in genau radialer Stellung u. dgl. m. An
anderen Exemplaren ist es freilich nicht möglich, dort Fugen zu ent-
decken, wo wir sie vermuthen sollten. Aber das sind diejenigen Stücke,
welche man allgemein für die frühesten hält, und deren einfache Orna-
mentation ein sorgfältiges Verputzen und Ebnen der Ansatzstellen gestattete.
Nehmen wir also an, die Ornamentation der Flächen sei vor der
Formung erfolgt, so entsteht die Frage nach dem Verfahren bei der
Herstellung der Ornamente. Da ist zu unterscheiden zwischen den Ver-
zierungen, welche aus Linien und feinem Blattwerk bestehen, und den
breiteren, bandartigen, welche sich an den späteren Arbeiten durch jene
Arabesken hindurchschlingen. Die ersteren sind schwärzlich und vertieft,
die Bänder haben vertiefte schwärzliche Umrisslinien, zwischen denen der
Raum mit brauner, aufgemalter Farbe ausgefüllt ist. Dass die Arabesken
mehr als an irgend etwas anderes an Buchbinderverzierungen erinnern, ist,
wie erwähnt, schon mehrfach bemerkt, auch bereits die Vermuthung ge-
äussert worden, dass diese mit denselbenWerkzeugen, deren sich der Buch-
binder zum Aufdrucken seiner Verzierungen bedient, in die noch weiche
Thonmasse eingedrückt sein möchten". Das ist auch ohne Zweifel richtig.
Nur hat man nicht erst die Verzierungen eingedrückt und dann mit Farbe
gefüllt, sondern, ganz so wie es der Buchbinder macht, beides zugleich.
Die Stempel, Stanzen oder Fileten wurden mit Farbe bestrichen und dem
Thon, wie sonst dem Leder auf- und eingedrückt. Die Bandstreifen
wurden dann mit dem Pinsel ausgemalt. Manche Details, für welche keine
Stempel vorhanden sein mochten, Linien, Embleme, in Umriss gezeichnete
Köpfe u. a. m. können mit einem in Farbe getauchten Metallstifte einge-
graben worden sein s. Für die häufig vorkommenden, ein Kettenornament
bildenden, kleinen Kreise genügte als Stempel ein Federkiel. Es ist also
keine lncrustation in dem Sinne, dass eine farbige Thonmasse in die Ver-
tiefungen gestrichen worden wäre.
Die Farbe ist in den allermeisten Fällen dunkelbraun bis schwarz-
braun, seltener roth Eisenroth; nur an wenigen Exemplaren kommen
beide Farben zugleich vor. Doch nie zugleich an einem und demselben
Bestandtheil. So gibt es mehrere Leuchter, welche ganz roth ornamentirt
sind, nur die Basis braun, an einer Giesskanne ist nur das oberste Hals-
stück roth. Die Regel ist, dass das Ornament farbig auf dem Thongrunde
erscheint. Doch fehlt es nicht an Beispielen, namentlich bei textilen Mu-
stern, dass der Grund gefärbt, die Zeichnung ausgespart ist. Die Un-
tersuchung, welcher Pigmente man sich bedient hat, muss natürlich der
Chemie überlassen bleiben".
Welcher Art waren nun die Formen, aus welchen die Gefässe ge-
presst wurden? Wer war der Künster, der sie modellirte? Unserer Ueber-
zu
zeugung nach wurde die Mitwirkung eines solchen gar nicht in An-
spruch genommen. Die Vergleichung der einfachsten und complicirtesten
Oirongefässe führt nämlich zu der Annahme, dass die Haupttheile aus
Hohlformen hervorgegangen seien, die zumeist in nichts anderem als Ge-
schirren, der Credenz und der Küche entlehnt, bestanden haben. Be-
trachten wir die einfachen Coupen der ersten Periode ein flacher Napf
dient zum Formen der Schale, ein kleinerer gibt den Fuss, ein cylindri-
sches Gefäss, vielleicht ein ordinäres Glas, den Ständer. Und falls man
sich der Gläser zu diesem Zweck bedient haben sollte, würde das die Ar-
beit erheblich erleichtert haben, da derjenige, welcher die einzelnen Stücke
zusammenfügte, das Werk seiner Hände immer vor sich sah. Mit höchst
seltenen Ausnahmen wurden Gefässe benutzt, deren Innenfläche ein Heraus-
stürzen des geformten Objects ermöglichte, weshalb denn auch die Ge-
fässbäuche und andere Stücke von annähernd sphärischer oder sphäroidaler
Gestalt immer aus zwei Theilen zusammengesetzt sind. Wo aber ein
nicht derart zusammengesetzter Theil über die Halbkugelform hinausgeht
u. dgl. finden sich namentlich an Leuchtern wurde vermuthlich das
als Hohlforrn dienende werthlose Gefäss zerschlagen, um das geformte
Stück herauszubekommen; denn es wäre höchst seltsam, wenn für so
kleine Stücke Stückformen benutzt worden sein sollten, welche man für die
grösseren nicht anwenden wollte oder konnte. Sind wir einmal auf dieser
Spur, so verwandeln sich uns auch die complicirtesten Stücke, der Blu-
menständer im Besitz des Baronet Anth. Rothschild, die Leuchter, die
Kannen etc., in Combinationen von Abdrücken aus gewöhnlichen Näpfen,
Schalen u. dgl. m., Einzeltheilen, die wieder auf ganz dilettantische, naive
Weise aneinandergefügt worden sind. Um die Stelle, wo zwei solche Näpfe
zusammengesetzt -sind, ist gewöhnlich ein Thonstreifen herumgelegt, als
einfacher Wulst, oder um seine eigene Achse zu einer Art Strick gedreht,
oder auch die Ränder der beiden Stücke umgelegt, in spitzem Winkel
aneinandergepasst und abwechselnd von unten und von oben mit Ein-
drücken versehen, welche diesem Verbindungsgliede ungefähr das Ansehen
einer gefältelten Halskrause geben. Wo ein Mittelstück in eine grössere
undecorirte Fläche eingesetzt ist, z. B. in das Innere einer Schüssel oder
flachen Schale, zeigt sich das Bemühen, die Trennungsfuge durch regel-
mässige, nahe an einandergerückte Eindrücke in der Umgebung des Mittel-
stückes zu verbergen. Dahin gehören die von Delange mit Bienenzellen
verglichenen rundlichen Eindrücke, welche wohl einfach von der Finger-
spitze herrühren".
Plastische Verzierungen bestehen im Wesentlichen aus zweierlei Arten
r. Voluten und ähnliche architektonische Formen, welche in einzelnen
Fällen, ebenso wie verschiedene Henkel, aus der omamentirten Thon-
schwarte herausgeschnitten wurden; z. Figuren.
Die Art, wie manche von den letzteren angebracht sind, hat schon
längst zu der Ansicht geführt, dass diesen Theil der Arbeit ein Künstler
zuz
nicht geleistet haben könne. Die Figuren machten es insbesondere sehr
wahrscheinlich, dass dieselben häufig aus der Form in wesentlich anderer
Gestalt hervorgegangen und dann erst gerichtet, gereckt und ausgerenkt
worden sein möchten, mit mehr Rücksicht auf ihre Bestimmung als auf
die Anatomie; ohne Zweifel sind die Körper, welche Henkel bilden, frei,
aber nicht von Künstlerhand, modellirt und an die aus der Form gedrückten
Köpfe oder gar nur Gesichter angefügt worden. Beachten wir ferner, wie
oft ganz dieselben Satyr- und Terminusfiguren, Köpfchen und Masken sich
in der verschiedensten Anwendung wiederholen, so haben wir Grund an-
zunehmen, dass die Formen für dieselben von Originalen im Besitz des
Verfertigers der Gefässe gewonnen, keineswegs aber von Modellen, welche
eigens für diesen Zweck wären gearbeitet worden. Damit fällt auch die
Nöthigung weg, den Abdrücken von Medaillen oder Amuleten, welche an
einigen Gefässen vorkommen, eine bestimmte Beziehung auf das Gefäss
oder den Verfertiger, oder den Besitzer beizulegen, was bisher viel Ver-
legenheit bereitet hat". Es fällt auch manches Bedenken weg, welches
dadurch entstand, dass dies oder jenes Beiwerk nicht völlig zum Charakter
der Zeit passen wollte, in welche man die Entstehung der Gefässe setzte.
Wie früher erwähnt, drückten der oder die Verfertiger offenbar in Thon
ab, was ihnen zur Hand war und geeignet erschien.
Fassen wir das Besprochene kurz zusammen, so erhalten wir die
folgenden Sätze
Die Oirongefässe sind ohne Anwendung der Drehscheibe oder der
Stlickformen gebildet; die einzelnen Bestandtheile gingen aus Hohlformen
hervor, als welche wir uns in den meisten Fällen gewöhnliches Küchen-
geschirr denken können, oder wurden frei modellirt. Die Flächenornamente
wurden mit Buchbinderfileten und mit Farbe auf die Thonschwarte ge-
druckt, und dann erst aus dieser die für das Formen erforderlichen Stücke
geschnitten.
Der originelle Aufbau der complicirteren Gefässe verräth ein feines
Forrngefühl, aber durchaus nicht eine künstlerische Schulung des Auges
und der Hand. Und sowohl diese Art der Composition, als die äusserst
mühsame, viel Geduld, peinliche Genauigkeit und geschickte Finger vor-
aussetzende Mosaikarbeit aus Thon machen es sehr wahrscheinlich, dass
wir die Oirongefässe als eine höchst merkwürdige Species weiblicher Hand-
arbeit zu betrachten haben; ein Grund mehr, weshalb wir gegen die Hy-
pothese nichts einzuwenden haben, nach welcher Frau Helene de Hangest-
Genlis als die Urheberin derselben zu gelten habe.
Den stricten Beweis, dass sie oder irgend Jemand sonst die vor-
handenen Oirongefässe wirklich auf die geschilderte Art gemacht habe,
können wir allerdings nicht führen. Dass es aber möglich ist, auf jene
Art Gefässe herzustellen, welche mehr alsirgend eine frühere Imitation
den wirklichen Charakter der Oirongefässe haben das hat Hr. Macht
durch praktische Versuche dargethan, durch welche allerdings neuerlich
der Beweis geführt ist, dass dieser Charakter in einer fabriksmässigen
Herstellung nicht gewahrt werden könnte.
Für denselben darf also das Verdienst in Anspruch genommen werden,
dass er in eine vieldiscutirte Frage Licht gebracht und den Kreis von
Arten der Kunsttechnik, welche durch Jahrhunderte der Vergessenheit ver-
fallen, in der Gegenwart zu neuem Leben erweckt worden sind, um ein
höchst interessantes Glied bereichert hat 1".
Anmerkungen.
An einer gestickten Cassette im Oesterr. Museum sind in dasselbe Monogramm
noch ein und ein eingefügt.
Fillon, L'Art de terre chez les Poitevins, pag. gr.
Vgl. H. und C. Delange, Recueil de toutes les pieces .. de la Faience dite
de Henri ll. Paris 186, pag. 25.
Fillon, a. a. O. pag. 83. 84,.
Die meisten französischen Schriftsteller acceptiren Fillon's Standpunkt völlig;
Demrnin verwirft ziemlich unbedingt dessen Entdeckungen; übereinstimmend mit unserer
Auffassung spricht sich Clement de Ris indem Kataloge derFaiencen des Louvre-Museums aus.
Vergl. Examples of Art Workmanship. Henri Deux Ware. London 1868, pl. I8.
Em. Vattier bei Delange, recueil pag. 25. Demrnin, Guide de Yamateur de
faiences etc. 4319 edit. Paris 1873, psg. 553. Fillon a. a. O. pag. 93.
Vergl. Belange, recueil pl. r7, 23, 37, 43 etc.
Wahrscheinlich wurden Eisenoxydul, Eisenoxyd und Manganverbindungen benutzt.
Vergl. Delange, recueil pl. g.
Eine flache Gourde.der Sammlung Basilewski zeigt auf der einen Seite ein
Wappen, auf der andern den Abdruck einer Medaille mit liguraler Darstellung.
Für Leser, welche der Sache nachgehen wollen, folgt hier noch eine Reihe von
Bemerkungen des Herrn Hans Macht zu den von dem South-Kensington-Museum her-
ausgegebenen Photographien vExampleS etc.-
Pl. i. Im Centrum ein Wappenschild in einem mit einem Textilmuster bedeckten
Buckel von elliptischer Form eingesetzt. Um diesen Schild herum das Ornament in con-
centrischen Zonen angeordnet; unter diesen letzteren besonders bemerkenswerth die brei-
teste auf der Schüsselfahne, welche zwickelformige Ausschnitte deutlich erkennen lässt.
Die Nahte sind hier wahrscheinlich deshalb besonders auffallend, weil die Schwarte mit
der nichtornamentirten Seite an die Form eine Schüssel gedrückt wurde. Bei den
anderen Geflissen war die Anwendung eines Kerns anstatt einer Hohlform ausgeschlossen,
weil die um einen solchen gelegte Schwarte beim Trocknen auf jeden Fall zerreissen musste.
Pl. z. Die untere Hälfte des den Gefassbauch bildenden Ovoids ist aus Stücken der
auf S. angegebenen Form zusammengesetzt. Die obere l-alfte ist in höchst charakte-
ristischer Weise gebildet. Zwei für sich geformte Stücke sind gewissermassen ineinander-
geschachtelt. Das aussere, den Hals des Gefasses nicht erreichende umfasst das innere
wie eine Duplicatur; drei gespaltene Zipfel gehen von seinem oberen Rand aus und
schmiegen sich, einwärts zu zierlichen Voluten gedreht, an das innere Stuck an. Beide
Stücke zeigen, wie in sammtlichen analogen Fallen, verschiedenes Ornament.
War man zu dieser merkwürdigen Bildung etwa durch den Umstand gezwungen,
dass zur Herstellung in einem Strick keine taugliche Hohlform zu finden war und man
"deshalb zwei Stücke con-ibinirte? Fast scheint es so; denn die Voluten, welche allen-
"falls glauben lassen, es wäre ein ästhetischer Beweggrund hier massgebend gewesen,
fehlen bei anderen Kragen, deren obere Bauchhälften gleichfalls aus zwei Partien bestehen,
welche aber nur sehr unvollkommen durch aufgelegte bogenförmige Lisieren abgetrennt
erscheinen.
Der
ric
en
enkel isg frei modellin; eine menschliche Figur mit dem Kopf nach abwärts
re Beine endigen in Schlangen, deren Köpfe den als Muschel geformten, frei
man halbrnondförmigen Stempel aufgedruckt. Sonst schmucken diesen Krug noch
i!Illlllilliäliillilil
lyil" iiii
lfiiiliiul
g-qy
lrt Ausg ss des Kruges fassen. Die Schuppen der Schlangen sind mit einem
'w'lii'1
IM mf""'l I".
'l1Ii1I1ßÄh AiW4
lllliüll
llüiii 451W um
v1
quiljmpil
Iliiiiilnllß!
Fuß! PH 1111i M...
unimfläßlühwiägi1
...amannüllillllhiiiiämw.
plastische Masken, Engelsköpfe mit Flügeln, zierliche Müschelchen und kleine Volutenv
welch' letztere am Fuss des Gelässes gleich den Eckblürtern romanischer Siulenbnsen
gebrncht sind.
Wie dieser Krug ist euch der Henkelbeeher aus der Snmmlung Rothschild
Pl. mit frei mbdellirten Zuthaten ausgestattet. Ein Satyr bildet den Henkel, dessen
Kopf in der gewöhnlichen Weise mit Hilfe einer kleinen Form angefertigt ist, auch die
Haarzotten an seinen Schenkeln sind aus einer Form gedrückt und aufgelegt; ferner
musste das auf Pl. t. und sonst üfter vorkommende Engelskdpfchen für den Satyr ein
paar Flügelchen hergeben. Der grimmige Saurier, dessen Rachen den Ausguss des Ge-
fässes bildet, hat seinen unbeholfen mndellirten Leib ganz mit Schuppen bedeckt, welche in
gleicher Weisewie bei den Schlangen des Hollingtvorth-Magniadschen Kruges aufgedruckt sind.
Figurale Henkel zeigen auch zwei Krüge Sir A. Rothschilds Pl. und 20.
Pl. Andrew Fountaine Esq., und
Pl. tSouth-Kensington-Museum. Zwei Leuchter. Schildhaltende Putten mit Hals-
ketten, welche mit einem ganz kleinen ringförmigen Stempel aufgednickt sind. Vergl.
oben S. 260, Z. 29. Auf den Schilden bei Pl. das gekrönte französische Lilienwappgn,
bei Pl. das Monogratnm Heinrichs und Diana's. Bei Pl. in einem Textilmuster das
Monogramm Christi von Strahlen umgeben, welches auch auf
Pi. Blumenhälter Baron Rothschild wiederkehrt.
Pl. 8. Eines jener wenigen Exemplare, bei welchen alle Fugen mit möglichster
Sorgfalt getilgt sind; dass aber auch bei solchen die Schwarten gestückt wurden, ist nach-
weisbar. Besonders gut z. B. an einem Henkelkrug mit Deckel der Collection Roth-
schild, Paris, bei welchem an einer breiten Zone die das Ornament durchschneidende
Fuge deutlich bemerkbar ist. Ein halbes Ornamentmotiv stbsst hier an ein ganzes.
"Pl. u. to. Biberons. Bei letzterem auf einem Schild unter dem Ausgussrohre die
drei verschlungenen Halbmonde Heinrich ll. oder der Diana von P. oder das Wappen
von ßordeauxi, an den Henkeln auf quadratischen Blättchen das Monogramm HDD
wie oben, und im Textilmuster der dreifachen, breiten Henkel das französische Lilien-
wappen wie bei Pl. doch im Gegensinne, hell auf dunklem Grunde.
Bei genauer Vergleichung der beiden Wappen auf Pl. und 10 findet man beide
nicht ganz symmetrisch; diese Unregelmässigkeit ist jedoch bei den bsiden Wappen im
Gegensinne vorhanden, so dass das eine Mal die mittlere Lilie ein wenig zu weit nach
links, das andere Mal nach rechts gestellt ist.
Ein Flechtornament auf dem Biberon Pl. lo findet sich auf einem Krug, Pl. 16,
im Gegensinne wieder. Es spricht dies wohl für meine Vermuthung, dass erhaben ge-
schnittene Muster manchmal zur Herstellung weiterer Stempel einzeln oder combinirt in
Thon abgedruckt wurden. Zu vergl. auch die beiden durchaus gegensinnigen Zeich-
nungen am Halse und am Ausguss des Rothschilrfschen Kruges Pl. 2o u. s. w.
Als technische Merkwürdigkeit findet sich an diesen beiden Biberons, wie an der
Kanne des Baron Alphons Rothschild und dem Biberon mit dem Cnxcil-ix im Louvre
Delange pl. u. ein in allen seinen Theilen aus Thon hergestelltes Scharnier, in
welchem der Deckel beweglich ist.
Pl. 14. Henkelkrug Mrs. Hope. Eines der instructivsten Exemplare! Die obere
Hllfte des Gefaabauches, augenscheinlich aus nur wenigen Stücken zusammengesetzt,
zeigt deutlich, wie widerspanstig sich die Schwarte in die Hohlform fügte; das Gefass,
welches hier als solche diente, wurde sicher geopfert, herauszustnrzen war das Stück
nicht. Um ein Gefäße mit solchem Umriss zu erzeugen hat auch der Verfertiger gewiss
nicht eine besondere Stückform machen lassen.
Man kehre das Blatt um und betrachte nun die Theile des Gelässbauches; es sind
zwei Küchengeschirre, übereinander gestürztl-Ein einfaches Napfchen diente wohl als Form
für den Fass, der aus vielen kleinen Stückchen vielleicht Abfällen? zusammengesetzt ist.
Einfacher glatter Henkel. Das Puttenköpfchen auf der Cnrtouehe, welches den Hals
des Kruges ziert, findet sich auch auf der Schüssel Pl. wo es in den elliptischen Kranz,
welcher den im Centrum sitzenden Buckel umgibt, zweimal eingefügt ist.
Pl. t5. Fragment eines Geßsses Mrs. Hope. In der Form aus Stücken zusammen-
gesetzt nicht, wie Fillon meint, mit Hilfe einer viertheiligen Stückform gemacht, u. zw.
aus mindestens sechs Stücken von der öfters angewendeten Form. Vier plastische Masken
und ebenso viele Festons aufgelegt. Wir fügen eine genaue Zeichnung dieses Gefasses
S. 265 sowie eine schematische Darstellung der einzelnen Cornpartimente mit Weg-
lassung der zwischen den Bandschlingen befindlichen Ornamentranken S. 264 bei. Der
Process wird dadurch vollkommen deutlich. Auch zeigt sich, dass bei der Anordnung
des Ornaments bereits auf die Nothwendigkeit, Zwickel herauszuschneiden, Bedacht ge-
nommen wurde.
Pl. 16. Krug. Martin T. Smilh, Esq. M. P. Eine frei modellirte Schlange bildet
den Henkel.
Pl. 17. x7a. Zwei Salzfasser Duke of Hamilton; South-KensingtonvMuseum. Beide
im buchstäblichen Sinne wgebaut-l.
Pl. 18. -Mortier a. cire.c Dessen oberer Theil reich ornamentirt hell auf dunklem
Grunde. Eine das Ornament durchschneidende Fuge aufder Photographie deutlich erkennbar.
Pl. 19. Salzfass. T. M. Whitehead, Esq. Die Eckpfeiler des dreiseitigen Aufbaues
sind mit schmalen Leisten belegt, welche durchbrochene gothische Spitzbogen zeigen;
diese, aller Wahrscheinlichkeit nach von irgend einem Gerath abgeformt, schienen dem
Verfertiger gleich tauglich, als radial angeordnete Leisten eine wTasseu und den dazu ge-
hörigen Deckel zu schmücken. Pl. 12.
Terracotten am Roiehsrathsgehäudo.
Das Comite für den Bau des Reichsrathsgebäudes hat wie die
Wiener Ztg. vorn 15. Januar 1. J. berichtet in seiner am n. Januar
unter dem Vorsitze des Fürsten Adolf Auersperg abgehaltenen Sitzung
beschlossen, vdass Terracotta aus künstlerischen und ästhetischen Rück-
sicbten zur ornamentalen und figuralen Ausschmückung der
äusseren Fassade des Gebäudes nicht verwendet werden darf. Nur
die Ausführung der Akroterien aus Terracotta wurde zugelassen. Zur
Erweiterung des negativen Beschlusses durch gleichzeitige Festsetzung der
Ausschmückung lag dermalen eine Veranlassung nicht vor."
Ich habe in den "Mittheilungen des Oesterr. Museums" wiederholt
darauf hingedeutet, welcher Missbrauch in Wien mit der Ausschmückung
selbst monumentaler Gebäude durch Terracottaliguren und Terracotta-
reliefs getrieben wird, und es wird daher allen Freunden der plastischen
Kunst in Oesterreich zu grosser Befriedigung gereichen, dass bei dem Par-
lamentshaus die Terracotten nur als Akroterien verwendet werden sollen.
Bei einem Baue wie das Parlamentshaus muss ganz besonders mit
kritischer Schärfe vorgegangen werden. Reichen die Geldmittel nicht aus,
um Marmor oder ein besseres Material anderer Art zur Geltung zu brin-
gen, so muss man eben warten, bis der Zeitpunkt kommt, in welchem
die Geldmittel es gestatten werden, künstlerische Materialien anzuwenden.
Wien hat bei mehreren öffentlichen Gebäuden viel zu schlechte Erfah-
rungen gemacht, sowohl bei Terracottaßguren als bei Steinfiguren von
minderer Steinart, als dass man nicht hinlänglich gewitzigt worden wäre.
In meinem Berichte über die Wiener Plastik habe ich, wie ich glaube,
mit voller Deutlichkeit die Grenzen bezeichnet, in welchen die Terracotta
zu statuarischem Material zu verwenden ist. Für Nutzbauten gewöhn-
lichster Art, für Ausschmückung von Gärten mag dieselbe ihre Be-
rechtigung haben; für Monumentalbauten hingegen ist sie gänzlich un-
berechtigt.
Ebenso ist der Beschluss vollkommen gerechtfertigt, Marmor und
keine schlechtere Steinart zur Verwendung zu bringen. Man sehe nur die
Statuen am Portale der Akademie der bildenden Künste an, die jetzt
schon ganz schwarz sind, um zu erkennen, wohin die Verwendung
schlechteren Materiales führt. Mit der Verschlechterung des Materiales
geht in der Regel die Verschlechterung der Arbeit Hand in Hand, die
geringere Sorgfalt in der Composition und in der Detailausführung, dann
die Protection von Künstlern, die mehr eine fabriksmässige als künstle-
rische Leistung im Auge haben. Wer die Hebung der Plastik in Wien
wünscht, der muss dahin zu wirken suchen, dass nur die tüchtigen und
leistungsfähigen Künstler zu Monumentalarbeiten berufen werden, und zwar
bei angemessenen Preisen und bei Verwendung von Materiale, welches
dauerhaft ist und künstlerische Arbeit zum Ausdrucke bringt.
Bei diesem Anlasse bemerke ich, dass die Sterzinger Marmor-
und Porphyrbrliche seit Einem Jahre wieder im Gange sind. Letztere
kommen beim Beethoven-Monumente in Wien zur Geltung. Es scheint,
dass diese vorzügliche Bezugsquelle für monumentale decorative und
figurale Plastik jetzt mit ausreichenden Mitteln in Betrieb gebracht wurde.
R. v. E.
Die Visitation du Zoiohenunterrlahtea In Württemberg.
Da die lnspection des Zeichenunterrichtes auch bei uns noch einer definitiven Re-
gelung bedürftig ist, so wird es nicht ohne Interesse sein zu erfahren, wie diese Ange-
legenheit in Württemberg organisirt ist, dessen Schuleinrichtungen ja in manchem Bezug
musterhaft zu nennen sind. Wir entnehmen darüber dem Gewerbeblatt aus Württemberg
vom 5. Januar 1879 Folgendes über die Visitation des Zeichenunterrichtes an den gewerb-
lichen Fortbildungsschulen, den Real- und Lateinschulen und den Gymnasien, sowie an
den Volks- und Mittelschulen Sie ist von den Aufsichtsbehörden in der Weise fest-
gestellt, dass in der Regel je nach zwei Jahren eine Schule in diesem Fach visitirt wird
und hiebei der Visitator nur in die am Hauptort befindlichen Schulen selbst kommt, wo
die Lehrer der benachbarten Gemeinden. in welchen der Unterricht von geringerer Aus-
dehnung ist, demselben die Arbeiten ihrer Schüler vorzulegen, über den Gang des Unter-
richts Auskunft zu geben und die erforderlichen Anweisungen entgegenzunehmen haben.
Die Schulvorstande sind verpiiichtet, dahin zu wirken, dass auf den vorgezeichneten
Termin alle für die Vornahme der Visitation erforderlichen Vorbereitungen getroffen, und
insbesondere die geeigneten örtlichen Anzeigen und Bekanntmachungen erlassen sind, um
das lnteresse und die Theilnahme von Behörden und Privaten für die Visitation und ihre
Ergebnisse anzuregen.
Da mit der Visitation eine Revision des sätnmtlichen der Schule angehdrigen In-
ventars an Gegenständen aller Art der Mobiliar, Beleuchtungs-, Heizungs- und Ventila-
tions-Einrichtungen, der Knrper- und Blattvorlagen, der Modelle. der Schulbibliothek, der
Journale, der angesammelten ausgezeichneten Schularbeiten u. s. vorzunehmen ist, so
sind die darüber zu haltenden Verzeichnisse in vollständiger Ergänzung, und die betref-
fenden Gegenstände in geordneter Weise zur Besichtigung und Prüfung für den Visitator
parat zu stellen.
Zur Erleichterung der Abfassung der früher vorgeschriebenen Jahresberichte werden
den Schulvorständen vor Beginn der Visitationen die von der k. Commission im Einver-
sländnisse mit den übrigen Aufsichtsbehörden entworfenen Formulare in Tabellenform
zur Ausfüllung zugestellt. Dieselben sind, wenn es sich um eine Fortbildungsschule han-
delt, und diese Schule im laufenden Jahre visitir! Wird. in dßppelter, im andern Falle in
einfacher Ausfertigung, von den Vorständen sammtlicher Gymnasien, Lyceen und Real-
anstalten direct, von denjenigen der gewerblichen Fortbildungssehulen, l.atein-, Real- und
Volksschulen durch Vermittlung der gemeinschaftlichen Oberamter vor dem 15. Januar an
die k. Comrnission zurückzusenden, welche die Tabellen der im laufenden Jahre zu visi-
titenden Schulen den Visitatoren zur Benutzung zustellen wird.
Die Visitation des wissenschaftlichen Unterrichts beschrankt sich auf die gewerb-
lichen Ferthildungsschulen, und wird ebenfalls in zweijährigem Turnus, abwechselnd mit
der Visitation des Zeichenunterrichts, an einigen Schulen auch zugleich mit dieser vor-
genommen. Vor Vornahme der Visitationen werden den Verstanden der gewerblichen
Fnrtbildungsschulen ebenfalls Formulare in tabellarischer Form zur Ausfüllung zugestellt.
Dieselben sind, wenn eine Schule zur Visitation im laufenden Jahre vorgemerkt ist, in
doppelter, im andern Falle in einfacher Ausfertigung vor dem 15. Januar durch Vermitt-
lung des gemeinschaftlichen Oberamts an die lt. Commission zurückzusenden, welche
solche den betreffenden Visitatoren zur Benutzung einhandigen wird.
Litoraturbaricht.
Sticltmusterblicher für Stramin- und Leinenstickerei.
l. Album mssischer und kleinrussischer Zeichnungen von A. Jveenko. Petersburg,
1875. 15 Mk.
ll. Südrussische Nationalornamente, gesammelt und herausgegeben von Pelagia Le-
kolevna Litvinova. 1. Lieferung. Kiew, 1878. 16 Mk.
lll. Felix Lay Ornamente südslavischer Haus- und Kunstindustrie. Agram. Liefe-
rungen 15 fl.
lV. Ornamente der Hausindustrie Ungarns, Text von Dr. Carl v. Pulszky, gezeichnet
von Friedr. Fischbach. Budapest, 1879. 72 Mk.
V. Julius Lessing Muster altdeutscher Leinenstickerei, gesammelt von Berlin,
bei Fr. Lipperheide, 1878. Mk.
Vl. H. A. Versteyl Die kirchliche Leinwandstickerei. Musterblatter im romanischen
und gothischen Style. Düsseldorf, L. Schrann, 1878. Liefg. Mk.
Bei dem wachsenden Interesse, welches die Damenwelt und die Zeichner Wiens
für Stramin- und Leinenstickerei an den Tag legen, halten wir es für angemessen, die
Aufmerksamkeit der Leser auf die neuen Publicationen in dieser Richtung zu lenken.
Das erstgenannte Werk von A. Jveenko enthält a5 chromolithographirte Tafeln, eine
Reihe von ganz interessanten russischen und kleinrussischen Mustern, die originell und
für Weberei und für Leinenstickerei verwendbar sind. Ein beschreibender Text in russi-
scher Sprache gibt Aufschlüsse über die Muster. Der Preis, Rubel, ist als ein massiger
zu bezeichnen.
Umfassender ist das Werk der Frau Pelagia Lekolevna Litvinova, Südrus-
sische Nationalmuster, angelegt. Die erste vorliegende Lieferungxnthalt südrussische Na-
tionalornamente aus dem Gouvernement Cernigov und dem Kreis Gluchov. Auch dieses
Werk enthält eine eingehende Beschreibung der Sachen in systematischer Reihe für
Stramin- und Leinenstickerei, und bringt ausserdem einige Tafeln der in Russland be-
liebten, bemalten Ostereier. Der Preis dieses Werkes, die Lieferung zu zu Tafeln, ist
gleichfalls ein geringer.
Reicher ausgestattet, daher auch kostbarer, ist das Werk von Herrn Felix Lay in
Essegg. Es liegen gegenwärtig sieben Lieferungen vor, welche aus der Lithographie und
Druckanstalt des Jacob Stockinger und A. Norsack, Wicn, hervorgegangen sind. Da der
begleitende Text auch in deutscher Sprache erschienen ist, so sind wir über die Fund-
orte und Provenienz der einzelnen Muster, die in Originalgrosse gegeben sind, orientirt.
Unter dem Titel i-Ornamente der Hausindustrie Ungarns- ist soeben ein ähnliches
Werk erschienen, das vom ungaiischen Nationalmuseum herausgegeben, von Fr. Fisch-
bach gezeichnet und von Dr. C. v. Pulszky in Kurze erläutert ist. Die Tafeln sind
sammtlich in Farbendruck ausgeführt, die Muster sehr interessant, zum cssten Theile
Wiedergabe von Ornamenten ungarischer Hausindustrie auf der Wiener eltausstellung
1873. In der Erklärung der Tafeln sind in ungarischer, deutscher und französischer
Sprache die wünschenswerthen Notizen über Herkunft und Technik der veröffentlichten
Gegenstände mitgetheilt. Bei der sonstigen Trefflichkeit der Publication ist nur der hohe
Preis derselben bedauerlich, weil er die Anschaifung des XVerlces für Schulen fast un-
möglich macht.
Ein ausserordentlich brauchbares Werk sind die hMuster der altdeutschen Leinen-
stickerei- von Director Julius Lessing. Das Werk enthält auf 44 Tafeln 242 Muster,
welche sämmlich vorhandenen Originalarbeiten des 15. und 16. Jahrhunderts entlehnt
sind. Auch sind darin einige Alphabete enthalten, Sprüche für gestickte Tischdecken, und
da der Preis ein niedriger ist, so wird dieses Werk und zwar mit Recht in Schulen
und Familien leicht Eingang finden.
Pfarrer H. A. Versteyl in Schanz Kempen hat den lobenswerthen Gedanken
gefasst, Musterblatter für kirchliche Leinwandstickerei herauszugeben, welche wohl noch
vielfach Verwendung finden Werden. Sie sind im romanischen und gothischen Style ent-
worfen, jener der Renaissance ist hier nicht vertreten; da aber die meisten katholischen
Kirchen in diesem Style gebaut sind und der textile Schmuck mit dem Styl der Kirche
harmoniren muss, so sollte künftighin der Renaissancestyl nicht ausser Acht gelassen
werden. Herr Versteyl gibt eine ausführliche Einleitung und polemisirt gegen Kreuzstich
und die sog. Holbeintechnik als für kirchliche Zwecke nicht passend. Zur Richtigstellung
der Polemik wäre zu bemerken, dass wenn der Kreuzstich für eine bestimmte Zeichnung
assen wurde es ganz und gar nicht abzusehen Ware, warum er nicht auch verwendet
werden sollte. Nicht ob eine Sticharx kirchlich oder nicht kirchlich, sondern ob sie für
270
eine bestimmte Zeichnung passt oder nicht passty darum handelt es sich. Der Verf.
empfiehlt den Tambourir-, Ketten-, St1el-, Stopp, Knotchen- und Plattstich und gibt
auch die Bezugsquellen für das Stickmateriale an. ln Wien ist an gutem Stickmatcrial
für Leinwandstickerei kein Mangel.
"La vera Perfettione." Venetianisches Stickmusterbuch vom Jahre 1567,
herausgegeben von J. Ongania. Venedig, 1878.
Die Buchhandlung Mnnster-Ongania in Venedig setzt mit ruhmlicher Consequenz
die Publication alter venetianischer Stickmusterbücher auf heliographischem Wege fort
und hat so eben als siebente Publication das Stickrnusterbuch vLa vera Perfettione del
disegno di varie sorti di Recami et di cucine punti fogliami punti tagliati punti Eli
et rimessi punti in cruciati punti stuora et ogni alta arte che dia opera disegni. ln
Venetia, appresso Giov. Ostaus 1567u veröffentlicht Das Werk, einer Signora Lucretia
Contarini vermalt mit einem Printi dedicirt, ist in dieser Ausgabe vom Jahre 1567 in
Mr. Bury Pallisefs franzosiscber Geschichte der Spitzen nicht erwähnt, sondern erst in
jener vom Jahre 159i. Der Herausgeber, ein Herr Giovanni Ostaus, scheint ein Deutscher
und ebenso scheinen auch die Zeichnungen deutschen Ursprunges zu sein; sie haben
eine deutliche Verwandtschaft mit deutschen Spitzenmusterwerken des XVl. Jahrhunderts.
Die uns vorliegende Ausgabe in Queroctav enthält 34 Stickmusterblätter und ausserdem
Titel, drei Widmungsblätter an Lucretia Printi, eines an den Leser und eine Schluss-
Vignette des Druckers Giov. Ostaus. Wir empfehlen diese Publication der Aufmersamkeit
iener Leser, die sich für Stickerei und Spitzenfabrication interessiren.
Bei diesem Anlasse bemerken wir, dass die Preise für alle Stickmusterbücher sich
so sehr steigern, dass es wirklich gut ist, wenn durch photographische Puhlicationen der
weiteren Preissteigerung ein Damm gesetzt wird, denn in dem jüngsten Katalog der
-Livres rares- von Tross 1878, IV finden wir ein Venetianisches Spitzenmusterbuch
i-Esemplario nuovo che insigna- etc. opera di G. A. Tagliente vom Jahre 1531, mit
dem Preise iäoo Frcs., ein zweites all Teatro delle nobili et virtuose Donnev der Catanea
Parasole Romane, Roma x616, mit 1800 Frcs. verzeichnet. Glücklicherweise besitzt die
Bibliothek des Oesterr. Museums bereits das zweitgenannte Stickmusterbuch in derselben
Ausgabe.
Tenax, B. P. B. Prössel Die Steingut- und Porcellanfabrication als
höchste Stufen der keramischen Industrie. Leipzig, Gebhardt, 1879. 8.
In compendiöser Fassung wird uns durch das vorliegende Werkchen das Gesammt-
gebiet der angegebenen Fabricationszweige vorgeführt. Klar in der Darstellung, mit Ver-
meidung aller jener kaum verwerthbaren Einzclnheiten, wie sich solche sonst nur zu oft
von Buch zu Buch schleppen, bringt der Verfasser alles principiell Wichtige, überall den
praktischen Fachmann bekundend. Den Lesern des mSprechsaal-w und dies will ungefähr
sagen Fast allen Keramikern Deutschlands und Oesterreichs ist B. P. Tenax übrigens
ein alter Bekannter, und wird gewiss jeder von ihnen das Erscheinen seines Buches mit
Freude begrüsst haben.
Dass die Ansichten des Verfassers von dem Kunstästhetiker nicht immer ge-
billigt werden können, soll und wird dem Buche bei seinen übrigen Vorzügen nicht
zum Schaden gereichen; wie viel in dieser Beziehung gerade der Techniker irrt und
dies fast ausnahmslos ist Jedermann bekannt; da aber wo er frohlockt, trauert zumeist
der Künstler. Wir wollen auch dem Verfasser nicht zum Vorwurf machen, dass er
sein Feld für das beste halt auf dem weiten Gebiete der Keramik, mit dem Wunsche
aber schliessen wir diese Zeilen Es mögen sich für die übrigen Zweige der Thonwaaren-
industrie bald so tüchtige und gewissenhahe Bearbeiter finden, als Steingut und Porcellan
den ihrigen in B. P. Tenax gefunden haben.
KLEINERE MITTHEILUNGEN.
Schenkung des österreioh-ungar. Gomitäs an das Oesterr.
Museum. Die Sammlungen des Oesterr. Museums haben durch die
Schenkungen des östern-ungar. Comitäs, welches sich in Paris constituirt
hatte, einen nicht unbedeutenden Zuwachs erhalten. Es sind zwar noch
nicht alle Gegenstände angekommen es fehlen noch die Sendungen
der Firmen Minton, Th. Deck u. a. m. gleichwohl glauben wir die
27x
hervorragendsten bereits mittheilen zu können. Zu diesen gehören in
erster Linie die altfranzösischen Renaissancemöbel im Style des I6. Jahr-
hunderts; sie belinden sich im Saale XI und sind bereits, um sie Tisch-
lern und Zeichnern zugänglicher zu machen, photographirt und theilweise
in Gyps siehe den Verbindungsgang abgegossen worden. Ein Gobelin
von Henri Braquenie hat ebenfalls im Saale Xl Platz gefunden. Von
Emails sind Arbeiten von Charles-Jean und L. Dalpayrat, Glasobjecte
der Firma Baccarat, Thonwaaren und Fayencen von Houry, Laroche
Imitationen von gallischer Terra sigillata, Celliere, Doulton; Schmuck-
gegenstände in Gold und Silber im altnordischen Style von Christensen,
eine Metallschüssel von Singer England, der Barbediennäsche galvano-
plastische Abguss der Porta Sansovinds im Presbyterium der Marcus-
kirche in Venedig, eine Elfenbeintasse mit Metalleinlagen von Giroux,
einige orientalische Teppiche und endlich sieben japanische Objecte,
welche die Sammlungen des Museums ergänzen. Sämmtliche hier ange-
führte Objecte sind den Sammlungen bereits eingereiht und ausgestellt.
Da die Durchführung der Schenkungen des lästern-ungarischen Coinitefs
in die Hände des hochverdienten Curators Grafen Edmund Zichy ge-
legt wurde, so ist das Museum demselben um so mehr zu Danke ver-
pflichtet, als Erwerbungen ähnlicher Art inmitten einer Weltausstellung
einen hohen Grad von Opferwilligkeit und l-lingebung von Seite des-
jenigen voraussetzen, der sich einer solchen Aufgabe unterzieht. Bei
diesem Anlasse müssen wir dankend mehrerer Mitglieder desselben Co-
mitäs, des Grafen Mnizek in Paris, welcher dem Museum emaillirte
Metallgegenstände der Firma Maublanc in Paris geschenkt hat, des Grafen
Prokesch-Osten und in erster Linie des Barons Hirsch-Gereuth
gedenken; letzterem hat das Curatorium des Museums speciell seinen be-
sonderen Dank votirt.
An weiteren Geschenken sind dem Museum im Laufe des Monates
Jänner zugekommen Von Seite des h. Ministeriums für Cultus und
Unterricht drei Tableaux mit den Wappen sämmtlicher österreichischen
Kronländer, und von den Glasfabrikanten Herren Schreiberöt Neffen
und Herrn Reich mehrere Stücke aus ihren Collectionen von der Weih-
nachts-Ausstellung.
Besuch des Museums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monate
Januar von 17.621, die Bibliothek von 2948 und die Vorlesungen von 134i Per-
sonen besucht.
Der Hanpta-ltar der Votlvkirohe, welcher seiner Vollendung entgegengeht, wird
in der Geschichte der Metallotechnik in Oesterreich einen wichtigen Platz einnehmen.
Bekanntlich hatte ein grosses französisches Haus sich darum beworben, dieses Werk her-
zustellen, und ein einzelnes inländisches Etablissement wurde kaum im Stande gewesen
sein, iene Concurrenz aus dem Felde zu schlagen. Dafür vereinigten sich mehrere W'iener
Bronzefabrikanten, welche die Arbeit folgendermassen unter sich vertheilten Den
Klafter hohen Altaraufsatz liefern Brix und Anders, die Figuren des segnenden Hei-
lands und der vier ihn umgebenden Engel Karl Haas, die Leuchter D. Hollenbach;
die Emailarbeit übernahm J. Chadt also lauter Künstler und Industrielle, welche ihre
Leistungsfähigkeit bereits vielfältig erprobt haben. Besondere Beachtung verdient aber,
dass dabei unseres YVissens zum ersten Male in Oesterreich die Galvanoplastik zur
Losung einer monumentalen Aufgabe herangezogen worden ist. In Frankreich ist das
nichts Neues. Die galvanoplastische Reproduction ermöglicht dort nicht nur, figurale
Bronzen zu Preisen zu liefern, welche auch dem weniger bemittelten Kunstfreunde er-
reichbar bleiben, sondern sie tritt auch da ein, wo ein gegosscnes Werk wegen des
grossen Gewichts nicht zulässig wäre. Die Preis- und die Gewichtsunterschiede sind
eben sehr erheblich. Die von Josef Gasser modellirte Christusgestalt für den Altar der
Votivkirchc misst x'7t Meter und ist in neun Stücken galvanoplastisch geformt werden,
welche zur Erhöhung der Festigkeit untereinander verschraubt werden. Bei einer durch-
2724
schnittlichen Metallstarke von anderthalb Linien hat das Ganze ein Gewicht von zwei
Centnern, wahrend es gegossen vielleicht das Dreifache wiegen und um die Hälfte mehr
kosten wurde.
Ausstellung architektonischer Skizzen in Berlin. Ein Comite, bestehend
aus den Architekten Luthmer, Schutz, Stöckhardt, Zaas und Ziller, dem Histo-
rienmaler Meurer und dem Geh. Reg-Rath Lüders, ist in Berlin zu dem Zwecke zu-
sammengetreten, daselbst vom 15. April bis 1. Juni eine Ausstellung von Reiseskizzen,
decorativen und kunstgewerblichen Aufnahmen zu veranstalten; auch deutsch-österreichische
Künstler sind zur Betheiligung eingeladen. Es ist dies ein Unternehmen, dem wir um
der Sache willen besten Erfolg wünschen, denn ausser dem Kunstgenusse, den gerade
solche frisch unter dem Eindrucke der Kunstwerke von geschulter Hand hingeworfene
Skizzen gewähren, wird die Ausstellung auch in einem gewissen Bezug praktische Ziele
verfolgen können, praktisch im Sinne des Kunstunterrichtes. Ein möglichst ausführlicher
Katalog der ausgestellten Skizzen wird künftighin als eine Art von Führer reisenden
Künstlern Winke geben können, welche Kunstwerke bereits künstlerische Aufnahme er!
fahren haben, und auch kunstsinnigen Verlegern, welche kunstgeschichtliche, architekto-
nische oder kunstgewerbliche Publicationen beabsichtigen, wird ein solcher Katalog werth-
voll sein.
Wiedererweokang der Zünfte. Es darf nicht unbemerkt bleiben, dass im
Deutschen Reiche Anstrengungen verschiedener Art gemacht werden, das lnnungs-
und Zunftwesen neu zu beleben. S0 lesen wir in der wA. Allg. Ztg.- Folgendes aus
Baden, 19. Januar "Der Druck der Zeit macht sich überall fühlbar, daher überall die
vielfachen verschiedenartigen, einander sogar widerstreitenden Versuche zur Besserung.
Von der Wiedererweckung der Zünfte ist lange geredet worden, jetzt wird es uns verr
gönnt sein, einen praktischen Versuch auf diesem Felde zu beobachten. In Pforzheim
wollen die Schmiede eine lnnung gründen, in Freiburg sind bereits zwei derartige Ver-
eine, nämlich der Tischler und der Schuster, gegründet. Neben der Pflege des zünftigen
Gemeingeistes wollen dieselben die Ausbildung der Lehrlinge, sowie die Herstellung eines
besseren Verhältnisses zwischen Meister und Gesellen fördernnv In Osjnahrück hat
die Stadtvertretung die Angelegenheit der Reorganisation des lnnungswesens in die Hand
genommen. Auch ein Erlass des preussischen Handelsministeriums beschäftigt sich mit
dieser gegenwartig viel ventilirten Frage.
Wanderausstellung Am 16. Decbr. v. J. fasste der Pforzheimer Kunstgewerbe-
verein den Beschluss, eine Wanderausstellung stylgerechter Gnld- und Silber-
waaren zu veranstalten. Jetzt, nach erlangter Genehmigung der Regierung, verölientlicht
der Verein das Programm des Unternehmens. Die Gegenstände, aus 13',karätigem Golde
verfertigt, sollen -alle Artikel der Biiouterie-Fabrication umfassen und unter strengster
Wahrung der Stylreinheit sich doch im Allgemeinen der Verkaufsgelegenheit des deut-
schen Marktes anpassenm Die Sammlung soll in allen grösseren Städten des Deutschen
Reiches zur Ausstellung kommen. Mit der Ausstellung ist eine Lotterie verbunden, welche
bei 7500 Losen zu Mark 410 Gewinnste haben wird, deren niedrigster nicht unter
10 Mark, deren hochster nicht über 300 Mark Werth haben soll. Durch diese Lotterie
glaubt man die Kosten des Unternehmens decken zu können. Sollte es den Unterneh-
mern gelingen, den ferner erstrebten Zweck zu erreichen, nämlich den Beweis zu liefern,
dass man in Deutschland nicht nur billig und schlecht arbeite, sondern auch gut, schön
und doch billig, dann wäre ihnen gewiss eine der schönsten Bürgerkronen zuzuerkennen.
A. A. Ztg.
Das Budget das Deutschen Bandesrathea für Kunstzwenke enthalt für das
Jahr 187g folgende ausserordcntliche Posten Für die Ausgrabungen auf dem Boden des
alten Olympia 150.000 Mk., zum Bau des Botschaftshütels in Wien 100.000 Mk.,
zur inneren Einrichtung der Repräsentationsraume im Botschaftshötel in Wien 120.000 Mk.,
zum Ankauf und Ausbau der Casa Zuccari in Rom 325.000 Mk. Der Posten für
Olympia, sowie der letztgenannte Posten, sind durch besondere Denkschriftcn motivirt.
Bezüglich der Casa Zuccari wird das Bedurfniss nachgewiesen, der deutschen Künstler-
schaft in Rom einen dauernden Mittelpunkt für die Studien zu gewinnen. Die Casa
Zuccari, einst der berühmten Malerfamilie der Zuccari gehörend, ist auclfals Casa Bar-
tholdy bekannt. Dort wohnte 1812 der preussische Generalconsul Bartholdy, der ein
Zimmer von deutschen Künstlern Cornelius, Overbeck, YV. Schadow, Veit schmücken
liess. Die Casa Zuccari-Bartholdy liegt gleich am Anfange der Via Scotina, nahe beim
Monte Pincio.
Brlhllvnrll an Genau. Immun
Nunhrlrnllnd von Clrl ßuun an.