Mmhailunuan des k. k. llestarraiuh. Musaums
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrift für Kunst und KunstgewerbeA
Am t. eines jeden Monats erscheint eine Nummer. Abonnementspreis per Jahr H. 4.-
Redacteur Eduard Olimelnrz. Expedition von C. Gerolcfs Sohn.
Man nbonnirt im Museum, bei Gerold Comp., durch die Postanstalten, sowie durch
alle Buch- und Kunsthandlungen.
Nr. 165. ÄIVIEÜW, JUNI 13179- VXIV. Jahrg.
Inhalt Gottfried Semper. Ueber einige Benennungen mittelalterlicher Gewebe. Von Prof. Dr. Kara-
bacek. lForts. Zur Frage der Verbindung einer gewerblichen Arbeitxschule mit der Volks!
schule und rnit der Fachschule. Von R. v. Eitelberger. Form Literaturhericht. Kleinere
Minheilungen.
Gottfried Semper.
Am rS. Mai d. J. starb zu Rom im 76. Lebensiahre Gottfried
Semper, einer der hervorragendsten deutschen Architekten der Gegen-
wart und zugleich der hervorragendste und geistvollste Schriftsteller auf
dem Gebiete der Architektur und der Theorie der Künste unter den gegen-
wärtig lebenden Architekten Europas. Es wird in diesem Organ sich noch
oft Gelegenheit finden auf Gottfried Semper zurückzukommen und wir
begnügen uns deshalb mit Angabe einiger Daten und Bemerkungen. Ge-
boren zu Altona am 29. November 1803, gründlich bewandert in den clas-
sischen und mathematischen Studien, hat er erst im relativ späteren
Lebensalter den künstlerischen Beruf ergriffen. Er lebte in seinen jün-
geren Jahren in Paris, Italien und Griechenland und kam im Jahre x834
an Stelle Thürrner's als Professor für Architektur an die Bauschule in
Dresden. ln dieser Eigenschaft entwickelte er eine reiche künstlerische
und literarische Thätigkeit, welche aber durch die Ereignisse des Jahres
1848 unterbrochen wurde. Genöthigt, Deutschland zu verlassen, hat
Semper in Paris, später in London seinen Aufenthalt genommen und nach
manchen Wechselfällen und Wanderjahren im Jahre 1853 die Stelle des
Directors an der Architekturabtheilung des polytechnischen Institutes in
Zürich erhalten. Dort wirkte Semper bis zu jener Zeit, als er nach Wien
berufen wurde, um an den grossen Arbeiten für den Bau der Hofmuseen
und des Burgtheaters hervorragenden Antheil zu nehmen. Ueber die Bau-
thätigkeit Sempefs hat in der wAllgemeinen Zeitungu vor wenigen Tagen
ein in Wien lebender Architekt Constantin Jovanovits ausführlich und ein-
1879. xiv,
.144
gehend berichtet, wodurch der Antheil Semper's an den genannten Mo-
numentalbauten gebührend gewürdigt worden ist. Weder Berlin noch
München können sich rühmen, ein Bauwerk zu besitzen, das den Stempel
Semper'scher Erfindung an sich trägt, oder ernsthafte Schritte gemacht
zu haben, G. Semper eine würdige Stellung zu verschaffen. Man hat sich
in Oesterreich über politische Bedenklichkeiten früher hinausgesetzt, als
es in den Metropolen der Wissenschaft und der Kunst im deutschen
Reiche der Fall war. Nach Wien war es Dresden, das sich des berühmten
Architekten, Gelehrten und Lehrers annahm. Semper trat im verliossenen
Jahre von seiner Bauthätigkeit in Wien zurück und lebte seitdem grössten-
theils in Italien, während des letzten Winters in Florenz und Rom. So
bedeutend Semper als Künstler und Gelehrter war, so eigenthümlich war
sein Charakter und sein Leben. Er liebte es einsam und fern von seiner
Familie im Auslande zu leben und selbst seine Angehörigen erhielten nur
von Zeit zu Zeit genauere Mittheilungen über seinen Aufenthalt. Das her-
vorragendste Werk Semper's vDer Stil in den technischen und
tektonischen Künsten oder praktische AESIhCIiku, 1860 in
München erschienen, ein epochemachendes Werk im eigentlichen Sinne
des Wortes, ist leider ein Torso geblieben, doch geben wir uns der
Hoffnung hin, dass sich das Manuscript für den 3. Band wenigstens theil-
weise in Semper's Nachlass vorfinden werde. Aus der Zeit seines Lon-
doner Aufenthaltes besitzt das Oesterr. Museum ein Manuscript Semper's
vom Jahre 1852 betitelt "Ideales Museum für Metallotechniku,
welches zur Zeit der Gründung des Kensington-Museums geschrieben
wurde, zu welcher Semper durch seine im Auftrage des Prinzen Albert
verfasste Schrift nWissenschaft, Industrie, Kunstu geradezu den Anstoss
gegeben hat. Eine geistvolle Biographie Semper's findet sich im 2. Bande
von Friedrich Pecht's wDeutsche Künstler des 19. Jahrhundertsu. Unter den
Schriften Semper's sind folgende zu bemerken wUeber den Bau evange-
lischer Kirchen. Mit besonderer Beziehung auf die gegenwärtige Frage
über die Art des Neubaues der Nicolaikirche in Hamburg und auf ein
dafür entworfenes Projectß, Leipzig 1845; "Vorläufige Bemerkungen über
bemalte Architektur und Plastik bei den Alten", Altona 1834; ßDas könig-
liche Hoftheater in Dresden", Dresden 1849; "Die vier Elemente der Bau-
kunst. Ein Beitrag zur vergleichenden Baukundeu, Braunschweig 1851;
ßWissenschaft, Industrie und Kunst. Vorschläge zur Anregung nationalen
Kunstgefühls-w, London 1851; nUeber die formelle Gesetzmässigkeit des
Schmuckes und dessen Bedeutung als Kunstsymbolu, Zürich 1856; nDie
Anwendung der Farben in der Architektur und Plastik", Dresden 1836;
vUeber Polychromie und ihren Ursprung", Brunswick 1851; nUeber die
bleiernen Schleudergeschosse der Alten und über zweckmässige Gestaltung
der Wurfkörper irn Allgemeinen", Frankfurt a. M. 1857.
Eine Tochter Semper's ist mit Hofrath Professor Dr. Sickel in Wien
verheiratet, ein jüngerer Sohn, Dr. Hans Semper, wirkt als Docent für
543
Kunstgeschichte an der Universität in Innsbruck; zwei andere Söhne,
Manfred und Emanuel, sind ersterer als Architekt, der zweite als Bild-
hauer in Dresden thätig. R. v. E.
lieber einige Benennungen mittelalterlicher Gewebe.
Von Prof. Dr. Karabacek.
Fortsetzung
In den Ländern des unteren Euphrat-Tigris-Gebietes und weiter
südlich herab entlang dem persischen Golf, vereinigten sich die Hauptsitze
der säsänidischen Seidenmanufacturen. Vorzüglich Chüzistän Susiane
und Fars Persisl wetteiferten in 'der Erzeugung schwerer und leichter
Seidengewebe; sie bewahrten den darin erworbenen Ruf auch fernerhin
unter der Herrschaft der Sarazenen. Zwei Städte von Susiane haben sich
aus der Säsänidenzeit den Ruhm der besten Atlas- und Sammtfabrication
in den lslärn hinübergerettet Tuster d. i. Schuster Sosirate und Süs
Susa.
Wenn nun auch die iranische Sage einem Peschdädhier das Verdienst
zuschreibt, der Erste gewesen zu sein, welcher die Perser zur Verspinnung,
Verwebung und Färbung der Ganz- und Flockseide geführt", so ent-
schädigt uns gleichwohl dafür mit Bezug auf die eben genannten Manu-
facturstätten eine bemerkenswerthe historische Nachricht Als nämlich
Sapor IL, der Sohn des Hormizdas, um die Mitte des IV. Jahrhunderts
die an die Römer verlorenen Provinzen siegreich durchzog, soll er, wie
einst Darius mit den Milesiern aus Kleinasien verfuhr eine gewisse
Anzahl aus den Einwohnern Mesopotamien's nach Susa und anderen Städten
von Persis verpflanzt haben. Weil aber unter diesen Colonisten viele in
der Weberei erfahrene Arbeiter sich befanden, datiren die Araber seit
jener Zeit den unvergleichlichen Aufschwung der Sammtfabrication von
Süs und der Atlasweberei von Tuster Zweifellos ist, dass der Textur
eines uns glücklich erhaltenen säsänidischen Seidengewebes des 45. Iahr-
hunderts wirklich ein an die spät-römische Stolfornamentik erinnerndes
typisches Gepräge anhaftet, welches sich jedoch kaum sehr lange erhalten
haben dürfte, wenngleich dieser Einfluss noch zu Justinians Zeit, als viele
Seidenarbeiter aus Tyrus und Berytus in Folge des die Privatindustrie schä-
digenden, ärarischen Monopols nach Persien auswanderten, vorwaltend ge-
wesen sein mochte
Tabari, Annales, Tom. ed. Barth r87g, p. 179. Al-Berüni, ed. Sachau,
p. 103, weniger bestimmt. Vgl. auch Spiegel, Eränische Alrerthumskunde, 525 f.
Herodot, Vl, zo.
Maäüdi, l. c. 124. Bei Heyd, l. c. 21 ist die Ziffer hinter Schahpur
in ll zu verbessern.
Dessen Abbildung die demnächst erscheinende 4. Lieferung von F. Fisch-
bach's -Ornamente der Geweben enthalten wird,
Procupius, Anecdota ed. Bonn, lll, p. x40 tf,
Aber wie die römischen Caesaren im Westen, scheinen die säsanidischen
Perserkönige im Osten den Gendsch-i dibäi chosrewi d. i. den Schatz
der königlichen Seid enbrokate auf Kosten der Privatindustrie in
Evidenz gehalten zu haben; wenigstens glaube ich die vielen rnonopolisirten
ärarischen Solfrnanufacturen der rnuhammedanischen Herrscher in Fars
und die Einrichtung grossartiger Gewandkammern chaqufin el-kiswä! eben
nur für ein ererbtes persisches Regale halten zu dürfen 9'.
Nicht minder als die Säsäniden den Transithandel mit dem Roh-
material für ihre eigenen Landesmanufacturen gegenüber den Griechen
auszunützen verstanden, boten auch die Araber Alles auf, ihren christlichen
Rivalen in dieser Beziehung den Rang abzulaufen. Wir sehen also an-
fänglich die erwähnten südpersischen Hauptfabriksorte nicht nur von
der See her, sondern auch über Land aus Choräsän und Indien auf den
bereits angedeuteten Wegen mit dem Rohmaterial an chinesischer Seide ver-
sorgt. Dazu kam bald der Eigenbau. In Kirmän selbst, an der Nordgrenze
dieser Provinz, war das durch ein Castell wohlgeschützte Chabis schon im
10. Jahrhundert reich an Seidenernten und von den südlichen Ländern
des kaspischen Meeres, wo auch heute noch die Seidencultur" blüht
bezogen Fars und Chuzistan ihr Rohmaterial in Hülle und Fülle 9'. Die
arabischen Geographen jener frühen Zeit zählen daher Dschurdschän, Ta-
beristän, Gilän, Arrän etc. zu den hauptsächlichsten Heimatländern der mus-
limischen Seidencultur. Auch die chalif-ischen Steuerregister geben darüber
vollgewichtige Zeugnisse ab.
Erstere Provinz, deren Massenproducte an Rohseide weithin nach
allen Himmelsgegenden verführt wurden, lieferte ausserdem noch alljährlich
an die benachbarten taberistänischen Seidenzüchter die Eier der Seiden-
raupe bagr düdah, ohne dass dadurch die Güte ihrer Producte beein-
trächtigt wurde; ja vielmehr versichert Ibn Haukal, es gäbe keine Gegend
des Erdballs, welche productiver an Rohseide sei, als Taberistän 95. Wie
in diesem Lande die Stadt Amul, beherrschte in Dschordschän neben
der gleichnamigen Hauptstadt weiter noch Asterabäd, von wo der Handel
gleichzeitig übers Meer zu den Chazaren gieng, den Markt für Rohseide 9G.
In Arrän ragte diesbezüglich die prächtige Metropole Berdhaia hervor.
Ihre Umgegend hatte Ueberfluss an herrenlosen Maulbeerbäumen. Ausser-
halb des wKurden-Thoresu befand sich ein weitläufiger Platz, der soge-
nannte vKranichmarkt-i, wo jeden Sonntag aus den umliegenden Oertern
Mefudi l. 134. Ibn Hadschala, Sukkardän es-Sultän, Ausg. von
Buläk, p. 1x6. Ueber den reichen Inhalt der falimidischen Gewandkammern in Kairo
vgl. Makrizi, Chilat, p. 409 ff.
Mukaddnsi, I. c. p. 463.
Ztschr. d. D. M. G., XXI, p. 232 IT.
lbn Hnukal, l. c. p. 24,1.
95 Istachri, l. c. p. 2x2 f. lbn Haukal, p. 272 f.
Die Bewohner dieser Stadt waren insbesonders geschickte Verarbeiter der Flock-
seide. Mukaddasi, l. c. p. 358.
345
das Volk zu einer Handelsmesse sich versammelte, auf der nur Stoffe und
Rohseide die gangbaren Artikel bildeten, und von denen die letztere
fast ausschliesslich nach Fars und Chüzistän verhandelt wurde i".
Achten wir nun auf das den ebengenannten Ländern in der geschü-
derten Weise zugeführte Rohmaterial, so haben wir dasselbe, soweit
es zur Atlasfabrication diente, in's Auge zu fassen.
Es ist die Roh- oder Ganzseide.
Ibrisam, ibresam, ibrisum, syrisch abräschom, abrischüm", vom
persischen abräscham, abräschum, ufräscham u. s. w. Unter ibrisam
verstehen die arabischen Quellen entweder gehaspelte das eigentliche
Rohmaterial oder gedrehte, gezwirnte Ganzseide. Im letzteren Falle,
je nachdem sie lockerer oder fester zum Aufzug arab. sadä, pers. tär
oder Einschlag arab. lühme, pers. püd gezwimt war, hat man den
Fäden verschiedene, zum Theil nach dem Ort ihrer Herkunft gewählte,
Bezeichnungen gegeben. So leitet sich beispielsweise nach meinem Dafür-
halten die allbekannte heutige Fadenbenennung organzino, organxin von
dem Seidenmarkt Urgendsch in Chiwa her, welcher im Mittelalter in
Europa unter dem Namen Organci geläufig war. Dass in Mittelasien,
dem alten Sererlande, zumeist die Gattungen gezwirnter Seide in Handel
kamen, beweist eben das osmanisch-eagataische ipek, jipek ibrisam;
denn die Wurzel ip, jip bedeutet eigentlich nur ein Gewinde, von ij,
iv drehen, winden 99. Es scheint daher nothwendig hier zu erwähnen,
dass die arabischen Quellen ibrisam ganz allgemein auch für Seidenfaden,
Seidenz wirn nehmen, gleichviel ob derselbe die Coconfäden oder das aus
der Flockseide erzeugte Faden-Gespinnst betriHt m". Dieser Fingerzeig
genügt, um bei der Beurtheilung der von den muhammedanischen Autoren
erwähnten Seidenstoffe zur Vorsicht zu mahnen.
Noch muss bemerkt werden, dass die Araber die ausgekochte, de-
gummirte lbrisam-Seide auch harir nennen m. Sie verstehen darunter
die von dem Klebstoff befreite, gebleichte, glänzend weiche Seide m".
97 lbn Haukal, l. c. p. 241.- Mukaddasi, l. c. p. 580. Diese sonntägliche
Handelsmesse gutaltete sich zu solch" einem volksthümlichen Brauch, dass man den
Namen des Marktplatzes auf den Tag der Messe übertrug und in Berdha'a die Wochen-
tage zu zählen pflegte Freitag, Samstag. Krznichtag, Montag u. s. w.
Bar Ali, Lex. ed. l-lofmann, p. n. tol; Payne-Smith, Lex. s.
Vämbery, Etymol. Worterb. der Turko-tatarischen Sprachen, 1878, p. 35.
Derselbe, Die primitive Cultur des Turko-tatarischen Volkes, 187g, p. 88.
Die in dieser Richtung aus den morgenländischen Quellen geschöpften Resul-
tate ausgedehnter Untersuchungen muss ich mir für einen andern Ort aufsparen.
Tädsch el-'arüs, l. c. lll, 139. Butrus el-Bustäni, Kutr el-muhit,
Beirüt, 1569, p. 383. Die Wurzel hurra heiss machen weist eben auf die ersten
vorbereitenden Acte der Seidengewinnung Tödtung der Puppen in den Cocons durch
Erhiuung und Eintauchen derselben in heisses Wasser zur Ablösung der äussern Flockseide.
Harfr oder das nom. un. harfre bezeichnet auch einen aus lbrisam-Seide ge-
fertigten Stoff, dessen Zusammenhang mit Atlas später noch besprochen werden wird.
Vgl. Dschauhari, Sihah, Buläker Ausg. p. 304.
aqv
Haben wir das Gespinnst festgestellt, aus demldas herrliche Atlas-
gewebe hervorgieng, so müssen wir jetzt wohl auch nach dessen frühe-
sten Namen in den arabischen Quellen forschen. Dies führt uns, wie in
Erinnerung der oben besprochenen Fabrikslocalitäten nicht anders zu er-
warten steht, neuerdings auf eine fremde Form zurück die von uns
jetzt mit Atlas oder Satin bezeichnete Gewebeart hat mit den Arabern
unter dem Namen dibädsch die halbe Welt durchzogen.
Dibädsch ist die arabisirte Form aus dem persischen dibäh oder dibü,
syr. dibug, armen. dipak, von der Wurzel dfp nglänzenu. Francisque-
Michel '03 findet daher mit ebensowenig Glück den Ursprung von dibäh
in dfßupog, dibaphus, als Chafädschi den Namen aus dem persischen diw
bäf, d. h. "von Genien gewebtw, herleitct m. Nur der Dichter des
Wigalois übertritft einigermassen noch unseren arabischen Etymologen,
indem er einen kostbaren Man tel-StolT upfelleu sogar im Feuer von
Salamandern gewirkt sein lässt m5.
l. c. 250 f.
Chafädschi, Schifä el-ghalil, Kairiner Ausg. p. 94, und darnach Tädsch
el-'arüs, ll, p. 37.
Wigalois der Ritter mit dem Rade, 7435 -die wrirme Salamandre
worhten in in dem viurem Auch Titurel 157, wpfelle üz Agremont dem Huren
und Parzival, ed. Bartsch, XVI, 76g
ich stach vor Agremuntin
gein eime riter fiurin
wen min kursit Salamander,
aspinde min schilt der ander,
ich waer' verbrunnen an der tjost.
Eine Art heiss glanzenden pfellek oder pfellefs, der wie man spater sehen wird, im
Grunde mit Atlas identisch ist, hiess also hinsichtlich der ihm zugeschriebenen Anferti-
gungsweise salamauder. Ganz falsch ist demnach, was die Erklärer dieser Dichtungen
darüber beibringen. Auch der Herausgeber des Parzival irrt, wenn er zur obigen Stelle
XVl, 77x notirt nsalamander aus Salamander-Häuten also gegen Feuer geschutzu,
und ebenso wenig zutreEcnd ist im Hinblick auf das oben gegensätzlich angewandte
aspindi, das was Benecke in seiner Ausgabe des Wigalois, 476 mit Francisque-Michel
II, 92 meint es sei hier von einem Asbest-pfellel die Rede. Vielmehr glaube ich dass
abgesehen von der fabulirten Unverbrennbarkeit, die deutschen Dichter dabei einen
sicheren seidenartigen Stolli vor Augen gehabt, nämlich die aus Muschelseide oder Mu-
schelhart der Pinna marina oder nobilis verfertigten Gewebe. Die Ausnützung der
Steckmuschel für die Weberei, speciell auch zur Herstellung der glupiig, ist aus dem
Alterthum genugsam bekannt. Auch die Araber lstachri, l. c. 42; Mukaddasi, I. c. 240
sprechen darüber. Das Weichthier nennen sie Abi knlamün Chamäleon nach dem aus
seinen Faserchen fabricirten schillernden Stoß". Diese seidenanigen, in ihrer natürlichen
Farbe brillant goldig glänzenden Fäden nennen sie aber süf elrbahr Meereswolle wie
die Griechen 59m 10' äulcinqg oder niwntov iqmv und die Italiener lana penna
vgl. auch Dozy, Suppl. 853. Die omaijadischen Chalifen Spaniens liessen aus der
bei Schantirin Santarem gewunnenen Muschelseide monopolisirte Steife erzeugen, von
denen ein Stück nwegen seiner Pracht und Herrlichkeit iooo-io 000 Goldstücke kostete.
Die Ausfuhr war verboten, doch wurde geschwärzt. Der spanische Heerführer und Major-
domus bn Abi "Amir el-Mansßr vertheilte während seiner Feldzüge 976-1002 n. Chr.
34-7
Im christlichen Europa ist der persische Name dibä meines Wissens
nur von den Venetianern für ihre reichen Goldstotfe angenommen
worden m. Dieselben genossen selbst noch im XVIII. Jahrhundert inner-
halb der osmanischen Reichsgrenzen einen bedeutenden Ruf; doch waren
sie dort im Gegensatz zu den Constantinopler islämbül dibäsi und
griechischen Brokaten dibäi rümf zugleich mit den Wiener Gold-
steifen Betsch kjdri unter der allgemeinen Bezeichnung Wenedik kjäri
Venetianer-Fabricat gangbar m".
Bleiben wir bei dem arabisirten dibädsch. Er entspricht nach ein-
helligem Urtheile der muslimischen Gelehrten dem Atlas-Gewebe. Und dies
vermögen wir wohl auch aus der ältesten uns vorliegenden Iexicalischen
Quelle, dem berühmten Werke Dschauharfs 1003 herauszulesen, weil
dort, wenn auch ohne Worterklärung, dem Dualis von dibädsch 1neto-
nymisch die Bedeutung der beiden Wangen zuerkannt, derselbe demnach
wegen seiner Glätte auf ein glänzendes Angesicht bezogen wird m.
Man verstand also darunter einen glatten, haarlosen Stoff, dessen Kette
und Einschlag aus Ibrisam-Seide bestanden auch gehörte er in jene
Reihe von Luxusartikeln, deren Verwendung den rechtgläubigen Muslimen
kanonisch untersagt war m.
21 aus diesem kostbaren Stoß gefertigte Mantel kisd zu Gnadengeschenken Ibn Ad-
hari, l. c. II, 319. Allein nicht nur in Spanien, sondern auch in Italien, namentlich in
Calahrien und Sicilien wurde Musehelseide verarbeitet. Dies fuhrt uns auf die meines
Wissens bisher noch nicht entdeckte Herkunft des nSalamanderu-Gewebes der deut-
schen Dichtung. Nach derselben kamen diese kostbaren pfellel, wie wir oben gesehen,
aus dem Berge Agremant, Agremuntin oder Agremontin was Bartsch I. c. Bd. III
S. 307 s. v. auch als ein nLand mit einem feurigen Berges nimmt, auf Spanien hin-
deutet Germ. Stud. 1875, II, 157 und in der Note zu IX, 1900 etymologisch wder
scharfe Berg prov. ngre, aceru erklärt. So viel ich sehe, steckt aber nichts anderes
dahinter als der Acremonte bei Palazzuolo in Sizilien, auf dessen steiler Anhöhe ehemals
die Stadt Agrae af 141191111, 1411912 lag also kommt Agrernontin nicht vom provenea-
lischen agre, sondern vom griechischen 5111m, d. i. Spitze, Gipfel. Aber weder da oben,
noch drinnen, sondern bei dem Agremontin in der in Seidenmanufacteu thätigen Provinz
Syrakus, werden im Mittelalter die köstlichen v-Goldstotfe- Salamander zu 111x111; kisd
murrte! und anderen Bekleidungsstucken verbraucht worden sein.
Peyssonel, Traite sur Ie commerce de Ia mere noire, 36, 40.
Tärichi Wasif Efendi, gedr. in Konst. 121g 1804, p. 305, Jahr 1767.
Husein Wehbi, Sür name, d. i. Buch der Hochzeitsfestlichkeiten, türk.
Handschr. der k. k. Hofbibl. in Wien, H. O. 94, Fol. 51 rev., vom Jahre 1132 d. H.
1710.
Tarichi 'lzzi, gedr. zu Konst. 1199 1784 Fol. 95, Jahr 1746.
Dschauhari l. c. p. 149. Vgl. auch oben Anm. 4.
Zamachschari 1144, Lex. arabicum-persicum ed. Wetzstein, p. 62.
Sch1r'at el-Isläm vom Imäm Rukn-el-Isläm Muhammed ibn Abi Bekr lmämzäde el-
Hanefi 1177 mit Commentar von Jaküb ibn Seijid 'Ali s. Hädschi Chalfa, IV, p. 41,
n. 7544, arah. Handschr. in meinem Besitz, Fol. 159 av. Tadsch el-'arüs, II, p. 37.
Das was Bock, Gesch. lit. Gew. 37, Anm. -scharf- vorn Korän über
das Verbot der Seidenstoffe gesagt sein lasst, ist, wie wir oben Anm. 77 gesehen haben,
Wortlaut der Sunna.
348
Bemerken müssen wir, dass die Araber, was die alte Zeit betrifft,
hinsichtlich der Bedeutung dieses Stoffnamens mit den Persem auseinander
gehen. Letztere verstehen unter ihrem dibä nicht nur einen buntfärbigen,
sondern auch einen gold- oder silberdurchwirkten Seidenstoß". Wie das
erstere zu nehmen sei, darüber belehrt uns eine alt-arabische Quelle, nach
welcher das dibäh-Gewebe der Perser gegensätzlich zu dem ursprüng-
lichen dibädsch der Araber bunt gemustert mundkkaseh war m.
Deshalb, und weil diese mehrfärbigen Satinstolfe vornehmlich in Tuster
Schuster verfertigt wurden, galt im persischen Sprachgebrauch die Rede-
weise dibäi Schüster däschtuen neinen dibä von Schuster tragenu soviel
als nverschiedene Farben habenu i".
Dieser Art stand der gold- oder silberdurchwirkte dibä gegenüber.
Es scheint jedoch, dass, so oft von demselben die Rede sein sollte, nicht
nur die persischen Quellen solches ausdrücklich bemerkenm, sondern
auch die arabischen Schriftsteller selten von der genauen Unterscheidung
Umgang nehmen. So war nach ihnen der Mantel des bekannten Perser-
fürsten Hormozän min ed-dibädsch ellddxi fihi eds-dxdhab waus dibädsch
auf welchem sich das Gold eingewirktbefand 1". ln Mashidfs ngoldenen
Wiesena lesen wir zum Jahr 288 d. 90x n. Chr. von einem vAnzug
aus gold-durchwirktem dibädschu bddle dibädsch mansüdsche bi-ds-
dsdhab und der dibädsch mudsdhhab nvergoldete Clibädschu des spa-
nischen Mälaga hatte im Mittelalter weitverbreiteten Ruf u. s. w.
Aus alldem geht also hervor, dass die Araber die Synonymik des
dibädsch mit Atlas im Grunde auf den glatten, eintönigen uni, arab.
sädidsch, vorn pers. sddeh Stoff aus Ibrisam-Seide zurückführen
wenngleich ihnen der buntfärbige wohl bekannt war m. Wie aber der
Im Commentar zum Schifat eI-Isiärn, I. c. foi. x59 av. Ein Beleg
dafür in Dschämfs Behäristin ed. SchIechta-Wssehrd, p. 133 Text dibdi mundkkasch.
Diese Bezeichnung mundkkasch dessinirt ist entgegengesetzt dem sddidsch glatt, ohne
Musterung, wie aus Makrizi, I. c. p. 4x8 hervorgeht.
Burhäni Käti", Ausg. v. Calcutta, 1818, nun; Vuller's Lex. s. v. dibd.
Tärichi Beihaki, l. c. p. 673 dibihdi rümi be-ur rbyzantinische dibd
mit Golda
Ibn eI-Athir, I. c. II, 48.
Murüdsch eds-dsähab, I. c. II, p. 379. Vgl. auch Dschähiz, i. c.
fol. x77 rev. IOOI Nacht ed. Habicht, tom. VI, p. 196; VII, p. 229 etc.
Ihn eI- Chälib in M. J. Müllefs Beiträgen zur Gesch. d. westi. Araber, p. S.
Dass sideh mit dem arabischen alle identisch ist, werden wir später sehen-
Kitäb eI-muwäschschn IX. .lhdt., Handschr. der Universitätsbibiiolhek
in Leyden, II, fol. av. cllardü"! ed-dfbädsch eI-ibrisamwe -Geldbeutel aus dibädsch
von Ibrisam-Seidv. Vgl. eintönigen rothen, grünen, weissen, blauen, schwarzen
und gelben dibzidsch in loox Nacht ed. Habicht-Fleischer, torn. VIII, p. 289, 29x,
p. 47, x00; XII p. 181; Abü-I-mahäsin, I. c. II, p. 45;, 455, 461; Mnkrizi,
I. c. 447 450, 477 etc.
Mnkrizi, I. c. 4x3; wol Nacht, I. c. p. 108; XI, 11,459 und an vielen
Stellen dibddsch muldwwan buntfärbiger dibädsch.
erstere mit der letzteren rein-arabischen Namensform sich Bahn brach,
soll jetzt gezeigt werden; doch müssen wir vorerst den abgebrochenen
Faden wieder aufnehmen, und noch einen kurzen Blick auf die Weiter-
entwicklung der arabischen dibädsch-Fabrication in den südpersischen
Küstenländern werfen. Fortsetzung folgt.
Zur Frage der Verbindung einer gewerblichen Arbeitesehule mit der
Volksschule und mit der Faehschule.
Von R. v. Eitelberger.
II. Zur Abwehr und. zur Verständigung.
Fortsetzung
Am olfensten und entschiedensten spricht sich nach dieser Richtung
in Oesterreich die Brünner Handels- und Gewerbekammer aus, die an
den Schreiber dieser Zeilen eine Zuschrift vom 8. Jänner 187g richtete,
aus welcher hervorgeht, dass sich die Kammer mit meiner Abhandlung über
die Verbindung einer gewerblichen Arbeitsschule mit der Volks- und Bürger-
schule eingehender beschäftigt hat. Es ist das Votum der Brünner Handels-
und Gewerbekammer um so bemerkenswerther, als dieselbe die Vertreterin
der Grossindustrie im eigentlichen Sinne des Wortes ist und einen Handels-
kammerbezirk repräsentirt, der neben dem Wiener die erste Stelle in der
österreichischen Monarchie einnimmt. wWir sind, so heisst es in dieser
Zuschrift, gleichfalls der Ansicht, dass gegenwärtig eine Art von Con-
currenz zwischen dem Volksschulgesetze und der Gewerbeordnung be-
steht, insofern als ersteres Kinder bis zum 14. Lebensjahre ausschliesslich
zur Ertheilnng des Primarunterrichtes in Anspruch nimmt, während letztere
die Verwendung von Kindern dieses Alters für gewerbliche und industrielle
Zwecke gestattet. Auch wir beobachten mit Bedauern, wie namentlich die
Technik des sogenannten Kleingewerbes fortwährende Rückschritte macht,
was ausser von anderen ungünstigen Umständen gewiss auch dadurch
verursacht wird, dass die Kinder zu spät mit der Erlernung der mecha-
nischen Fertigkeiten und Kunstgrirfe der vorgeschriebenen Gewerbe
beginnen und ihnen ausserdem der Besuch von Fachschulen vor dem
15. Lebensjahre verwehrt wird. Die in Znaim vorgekommenen Fälle, wo
der Ortsschulrath einigen Kindern, die von ihren Eltern für die Thon-
industrie bestimmt waren und die vierte Classe der Volksschule bereits
mit dem iz. Jahre mit Vorzugsclassen beendet haben, die Theilnahme
an dem Unterrichte in der Fachzeichnen- und Modellirschule untersagte,
und die Kinder gezwungen wurden nochmals in die Volksschule zurlick-
zuwendern, um dort weitere zwei Jahre im eigentlichen Sinne des Wortes
nabzusitzenu, dürfte Euer Hocbwohlgeboren wohl ohnehin bekannt sein.
i-Nech alledem unterliegt es für uns keinem Zweifel, dass etwas
geschehen müsse, um den zur Erlernung von Gewerben bestimmten Kin-
350
dern noch im schulpflichtigen Alter gewisse technologische Vorbegriffe
beizubringen. Worin dieser Unterricht bestehen und wie er ertheilt wer-
den soll, darüber möchten wir bei dem heutigen Zustande des ganzen
Reformprojectes noch kein Urtheil abgeben, zumal wir die Ansicht Euer
Hochwohlgeboren theilen, dass jeder derartige gewerbliche Vorbereitungs-
unterricht ein facultativer sein und sich strenge den localen Verhältnissen
anpassen muss.
t-Damit entfällt ohnehin schon die Nothwendigkeit einer grossen
complicirten Organisation und treten an Stelle derselben concrete An-
ordnungen, die immer specielle Orte und specielle Gewerbe betreffen, und
daher von Fall zu Fall behandelt werden müssen."
In ähnlicher Weise haben sich eine Reihe von Vertretern der Schule
und der Industrie geäussert, und es erwächst mir dadurch die moralische
Verpßichtung, dieses Thema weiter zu verfolgen und auf einige Punkte
etwas näher einzugehen.
Als unanfechtbare Thatsachen dürften hingestellt werden
l. Dass die Kinder zu spät jene Fertigkeiten erlangen, welche zur
Ausübung der Gewerbe unerlässlich nöthig sind.
2. Dass in der Volksschule auf die Erlernung solcher Fertigkeiten
viel zu wenig Gewicht gelegt wird, und
3. Dass die Klagen des Kleingewerbes und der Vertreter einiger
Kunstgewerbe und Künste namentlich der Medailleur- und Graveurkunst
und der graphischen Künste über das Sinken der gewerblichen Technik,
wenigstens zum Theil dem Umstande zuzuschreiben sind, dass die Kinder
zu spät in das Gewerbe eintreten, ohne vorher in der Schule gewisse
technische Fertigkeiten erworben zu haben.
Das sind Thatsachen, die als bestehende anerkannt werden müssen.
Die Volksschul-Institution muss heutigen Tags den Bedürfnissen des Ge-
werbestandes Rechnung tragen, und man darf daher sein Ohr jenen Klagen
nicht verschliessen, die über das gegenwärtige Gesetz aus gewerblichen
Kreisen allerorts zum Ausdruck kommen.
Vor Allem aber ist es nöthig, dass man sich vollständig klar mache,
welche Bedeutung die Fertigkeiten als solche haben, sowohl jene, welche
in der Schule gelehrt werden können, als auch diejenigen welche im
Handwerk selbst und in der Kunst zu vermitteln sind. Und bei den Fer-
tigkeiten welche auf erstere Art erworben werden können kommt es
wieder darauf an, dass man genau unterscheide zwischen denjenigen,
welche in der Volks- und Bürgerschule zu erlernen sind und jenen, deren
Aneignung nur an besonderen Fachschulen stattzutinden hat. Die Gegen-
stände, welche in der Volks- und Bürgerschule gelehrt und die durch den
Unterricht in den Fertigkeiten ergänzt werden müssen, wenn sie überhaupt
für die gewerblich producirende Bevölkerung von Nutzen sein sollen, sind
die Sprachen, das Rechnen, Schreiben und Zeichnen. In der Bürgerschule
treten nach dem österreichischen Gesetz noch einige Gegenstände hinzu,
die ebenfalls auf Fertigkeiten beruhen, oder die mit Fertigkeiten in Ver-
bindung stehen; aber es ist in der Bürgerschule das Lehrziel nicht klar
präcisirt, denn es heisst im 17 des betreffenden Gesetzes dass die
Bürgerschule die Aufgabe hat, denjenigen, welche eine Mittelschule nicht
besuchen, eine über das Lehrziel der allgemeinen Volksschule hinaus-
reichende Bildung zu gewähren. Dieses Ziel aber ist nicht klar gestellt
und es wird vielerlei gelehrt, ohne dass der Auswahl des Lehrstoffes eine
zielbewusste Tendenz zu Grunde läge. Als Klage, welche sich über die
Volks- und Bürgerschulen in allen massgebenden Kreisen geltend macht,
ist besonders hervorzuheben, dass denjenigen Fertigkeiten, welche für das
praktische Leben nöthig sind, nicht genug Zeit zur Ausbildung gegönnt
wird. Und in Wahrheit zeigt es sich, dass den Knaben, welche die Volks-
schule und Bürgerschule verlassen, die Fertigkeit im Schreiben, im Rechnen
und im Zeichnen mangelt. Es wird ihnen eben in den genannten Schulen
nicht die nöthige Zeit gewidmet, weil die Jungen mit einer Menge anderer
Gegenstände überbürdet sind. Aber selbst zugegeben, der Junge lernte in
der Volks- und Bürgerschule vollständig das Zeichnen, Rechnen und
Schreiben, so dass er mit einer gewissen Leichtigkeit sich schriftlich aus-
zudrücken in der Lage wäre, so möchte damit für die eigentliche gewerb-
liche Bildung noch gar nichts, oder nur sehr wenig gethan sein, da der
Knabe erst nach vollendetem 14. Lebensjahre in irgend eine Gewerbe-
schule oder in eine Fachschule eintreten kann. Denn die meisten Gewerbe
bedingen zu ihrer vollständigen Entwickelung, dass die Fertigkeiten schon
in früheren Jahren erworben werden. Und da bei dem gegenwärtig be-
stehenden Volksschulgesetze diese Fertigkeiten nicht in früheren Jahren
erworben werden können, so sind die Klagen des Gewerbestandes voll-
ständig berechtigt, welche der Volksschule vorwerfen, dass an ihr das
nicht genügend gelehrt werde, was für das Gewerbe nöthig ist, und dass
durch sie das Lernen jener Fertigkeiten verhindert werde, welche man
gerade für das Gewerbe nöthig hat. So wird denn der heutige Zustand
gewiss mit Recht getadelt, und gerade der kleine Gewerbsmann fühlt am
stärksten den Druck, den die gegenwärtige Volksschulgesetzgebung aus-
übt, indem dieselbe bei Feststellung ihrer Ziele auf das Gewerbeleben keine
Rücksicht nimmt, und den Abschluss des Unterrichtes in ein Lebensalter
hinausschiebt, von welchem die praktische Welt sagt vEs ist bereits
zu spätx
Die Volksschulgesetzgebung muss auf die Bedürfnisse des Gewerbe-
standes specielle Rücksicht nehmen und vor Allem das Verhältniss des
Lehrlings zur Schule klar präcisiren. Je mehr die Volksschule dasjenige
pflegt, was der Lehrling braucht, desto besser wird es um das Gewerbe
stehen, je weniger darauf Rücksicht genommen wird, desto schlimmer.
Der Wiener Publicist der "Augsburger allgemeinen Zeitung", dem die
Aufrechterhaltung des status quo so sehr am Herzen liegt, malt in wahr-
haft komischer Weise die Situation einer Volksschule, in welcher gewerb-
352
licher Unterricht ertheilt werden soll, und fragt ganz naiv, wie viele
Gewerbelehrer denn an einer Volksschule angestellt werden sollen; denn
er meint, der Schreiner kann nicht den Drechsler, der Schlosser nicht
den Bronzegiesser vertreten u. s. f. Seine Sorgfalt geht so weit, dass er
glaubt, es müssten dann auch Fachlehrer für Metzger und Bierbrauer
aufgenommen werden. Solche Aeusserungen sind besonders bezeichnend
für den Standpunkt des anonymen Schreibers", man sieht aus ihnen, dass
er gar nicht weiss, um was es sich eigentlich bei der ganzen Angelegenheit
handelt, indem er solche Ungereimtheiten Jenen unterlegt, die eine An-
bahnung gewerblichen Unterrichts in der Volksschule erstreben. Denn bei
dem Vorschlag, den ich machte, handelt es sich nicht absolut darum, eine
ganz neue Organisation der Volksschule in's Auge zu fassen, sondern um
eine erhöhte Rücksichtnahme auf die Erlernung der Fertigkeiten liber-
haupt, wenn möglich um die Verminderung des Lehrstoffes derart, dass
die Möglichkeit geboten ist, dort, wo es nöthig erscheint, auch einen
gewerblichen Unterricht zu ertheilen. Es wird heutigen Tags an der Volks-
schule zu vielerlei gelehrt, daher muss die Vereinfachung des Lehrplanes
das erste Ziel Derjenigen sein, welche die Volksschule den Bedürfnissen
der Bevölkerung anpassen wollen. Der Schreiber des Artikels in der "Augs-
burger allgemeinen Zeitungu scheint die wirklichen Zustände der Volks-
schule in den Kronländern nicht zu kennen, und besonders dort nicht,
wo Fachschulen existiren. Die Zustände, welche die Volksschul-Legislative
in ganz Mitteleuropa geschahen hat und die thatsächlich vorhandenen
gewerblichen Verhältnisse, machen uns begreiflich, dass gegenwärtig die
Lehrlingsfrage überall in den Vordergrund tritt. nDas Schlimmste, so
spricht das Organ der Gewerbemuseen in Zürich und Winterthuf, ist,
dass unsere heutigen Lehrlinge von dem Werth und der Verantwortung
ihres Berufes nicht durchdrungen sind; mit halbem Wissen und grossen
Ansprüchen gehen sie in die weite Welt hinaus, und wenn ihnen dann
die nackte Wirklichkeit entgegentritt und ihre Blössen zur Schau kommen,
so sind sie die ersten, die hineingerathen in jene Strömung, welche die
Arbeit nicht als Segen, sondern als Grund zu Hass und Fluch auffassenw
Es ist nur zu begreiflich, dass solche Zustände sich überall geltend
machen, da die Jugend durch die Volksschule auf das viele Wissen dressirt
wird, während man daselbst auf den gewerblichen Unterricht keine Rück-
sicht nimmt.
Von diesen Thatsachen wollen einige Juristen und Beamte, welche
sich berufen glauben, den gegenwärtigen status quo zu vertheidigen, wenig
wissen und es ist ihnen daher ausserordentlich unbequem, wenn gerade
hievon die Rede. Sie hören es daher nicht gerne, wenn gesagt wird, dass
die Volksschulgesetzgebung mit daran Schuld ist, dass die gewerbliche
Bildung gehemmt wird und sie sehen es ebenso ungern, wenn ein Ver-
Siehe Schweizer Gewerbeblatt, Juhrgang 1879, Nr. 9.
353
gleich gezogen wird zwischen den Leistungen der Gewerbe in früheren
Zeiten und jenen der gegenwärtigen Periode.
Was den ersten Punkt betrifft, so sind .sie zumeist vollständig Ideo-
logen. Ihnen liegt weniger daran, dass eine Jugend herangebildet wird,
welche mit Liebe dem Gewerbestande angehört, welche gewohnt ist zu
arbeiten und durch die Arbeit sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen,
als daran, dass durch die Volksschule und Bürger-schule der Jüngling
gewissermassen zum staatsbürgerlichen Leben ausgebildet wird. Ihnen
scheint es vollständig zu, genügen, wenn das Volk nur zu einer Art poli-
tischer Halbbildung herangezogen wird die sich denn auch überall in
schreckenerregender Weise geltend macht. Dass das Gewerbewesen hin-
gegen im fortwährenden Sinken begrilfen ist, darüber beruhigen sie sich
leicht, und wenn man den Zustand der Gewerbe in früheren Zeiten mit
dem gegenwärtigen vergleicht, so gehen sie entweder darüber leichtfertig
hinweg oder sie trösten sich mit der allgemeinen Phrase, dass das neun-
zehnte Jahrhundert seinem fortschrittlichen und freiheitlichen Charakter
nach andere Aufgaben zu lösen habe, als frühere Jahrhunderte. Die
factische Unkenntniss der gewerblichen Arbeit früherer Zeiten erscheint
wohl als eine Entschuldigung und muss auch für viele als eine wirkliche
Entschuldigung betrachtet werden; denn aus den Acten lernt man diese
Arbeitsleistungen nicht kennen. Man muss die Production der früheren
Jahrhunderte zu beurtheilen verstehen, um sich darüber aussprechen zu
können, wie weit die gegenwärtige Zeit auf gewerblichem Gebiete hinter
die Leistungen früherer Jahrhunderte zurückgetreten ist.
Nur in wenigen Berufszweigen wird heutigen Tages überhaupt aner-
kannt, dass Fertigkeiten von Jugend auf geübt werden müssen, wenn sie
im praktischen Leben später von irgend welchem Werth sein sollen. ln
erster Linie ist dies bekanntlich bei der Musik der Fall, und hier wird
diese Wahrheit auch noch am wenigsten von der gegenwärtigen Generation
verleugnet. Jeder Musiklehrer in einem Conservatorium weiss es, dass ein
Junge, der nicht mitidem neunten Lebensjahre angefangen hat, das Violin-
spielen zu lernen, sein Lebelang kein fertiger und tüchtiger Violinspieler
werden kann. Ob er es zum wirklichen Künstler auf der Violine bringt
oder nicht, das hängt von der speciellen Begabung ab, die aber immer die
grosse Fertigkeit voraussetzt. Es muss ihm daher, wie aus diesem Beispiel
hervorgeht, in jungen Jahren die Möglichkeit geboten werden, sich Fertig-
keiten in solchem Grade anzueignen, dass sie für den künftigen Beruf,
für die Schaffung des Lebensunterhaltes von Werth sein können. Bei der
gegenwärtigen Schulgesetzgebung ist dies nach gewerblicher Richtung
nicht recht möglich und dies erscheint als der Grund warum hier die
Forderung aufgestellt wird, dass bei Revision des Volksschulgesetzes und
über die Nothwendigkeit einer solchen Revision herrscht in den mass-
gebenden Kreisen kein Zweifel darauf Rücksicht genommen werde
074
l. dass jenen Fertigkeiten, die heutigen Tags schon im Lehrplan
der Volksschule einen Platz einnehmen, eine grössere Zeit gewidmet wird
als es gegenwärtig der Fall ist, damit diese Fertigkeiten, nämlich im
Lesen, Schreiben, Rechnen und Zeichnen, wirklich erworben werden
können, und
z. dass ferner die Möglichkeit geboten wird, in jenen Gegenden,
wo es wünschenswerth erscheint oder wo es die Verhältnisse geradezu
fordern, auch dem gewerblichen Unterricht einen gewissen Spielraum zu
eröffnen.
Im Princip ist, wie bereits in einem früheren Artikel bemerkt wurde,
ungefähr Aehnliches selbst vom Gesetze zugestanden, aber Thatsache
bleibt es doch, dass der gewerbliche Unterricht an der Volks- und Bürger-
schule beinahe gar nicht ertheilt wird, da auch in den meisten derlei
Schulen die Vorbedingungen zur Ertheilung eines gewerblichen Unter-
richtes fehlen. Herr Director Wilda hat in seiner Schrift ganz richtig
bemerkt, vdass der Aufbau unserer österreichischen Volksschule derart
ist, dass sich ohne allzu grosse Aenderungen das aufgestellte Ziel er-
reichen lässt. In den ersten vier Classen werden die Kinder aller Stände
zusammen unterrichtet; daran werde nichts geändert, nur vielleicht
dem Zeichenunterricht bereits hier ein grösseres Gewicht
beigelegt. Die Uebung in dieser Kunst kann nicht früh genug begonnen
werden und ist für die Kinder aller Stände von gleichmässigem Werthe.
Nach der 4. Classe hat die Volksschule diejenigen Elemente verloren,
welche eine höhere Ausbildung an Gymnasien und Realschulen nach-
suchen. Der Rest werde im gemeinsamen Unterricht wie bisher durch die
5. Classe geführt. Von nun ab beginnt der Theil der Volksschule, wel-
cher selbständig oder mit den unteren Classen verbunden unter dem
Namen der "Bürgerschuleu besteht. Auch diese bleibe unverändert für
diejenigen, welche eine höhere gewerbliche oder commerzielle Ausbildung
an Fachschulen erstreben, oder welche sich einem Berufe widmen wollen,
der keine manuelle Geschicklichkeit erfordert; aber man gebe der
Bürgerschule eine Parallel-Abtheilung, oder wandle in Städ-
ten, wo die Zahl der Schüler zwei Bürgerschulen und mehr
crheischt, eine solche in eineArbeiter-Vorbereitungsschule,
gleichviel unter welchem Namen, um. Hier werde dem gewerb-
lichen Zeichnen ein erhöhtes Zeitrnass ausgeworfen, dem Sprachunterrichte
technologische Themen unterlegt und ferner in einer kleinen Werkstatt
täglich zweistündig das Modelliren in Thon, in steifem Papier und in
Holz Holzverbindungen geübt, Steinverbände mit Holzsteinen gelegt
und in der oberen Classe der Gebrauch des Hebels, der Säge, der Feile
und des Drebstahles gezeigt. Alles das ist mit sehr geringen Mitteln mög-
lich. Ein Versuch in einer Stadt, in welcher sich bei schon bestehender
Bürgerschule, resp. achtclassiger Volksschule das Bedürfniss der Errichtung
einer Parallelclasse in Rücksicht auf die Schülerzahl geltend macht, würde
355
mit gar keinen Mehrkosten verbunden sein, und sollte unternommen
werdenm
Ganz besonders dankbar aber muss man Herrn Wilda sein, wenn
er es oiTen ausspricht vdass der Satz, die grössere allgemeine Bildung
mache den Arbeiter zufriedener und erwerbsfähiger, unrichtig ist; die
Erfahrungen, die man in Deutschland nach länger als fünfzigjährigem
Bestehen der Volksschulen gesammelt, widerlegen ihn gründlich; vielmehr
ist die Umkehrung richtig; die grössere Erwerbsfähigkeit des Arbeiters
macht ihn zufriedener und bildungsbedürftiger für sich oder wenigstens
für seine Kinder. Hüten wir uns, dass wir unserem Ideal der Volksbildung
nicht unseren Nationalwohlstand opfern, mit dessen Niedergange uns dann
die Mittel für jede ideale Schöpfung fehlen würdenm
Doch die Frage der Reform des Volksschulgesetzes als solches im
Detail zu behandeln, ist nicht meine Aufgabe; mir liegt in erster Linie
das Gewerbe am Herzen, sowie die kunstgewerblichen Fachschulen. Die
Volksschule ist von mir nur deshalb in den Bereich der Discussion ge-
zogen worden, um zu zeigen, dass es nöthig ist, den Zusammenhang der
Volksschuleinrichtungen mit den Entwickelungsbedingungen der Kunst-
gewerbe und der kunstgewerblichen Fachschulen klarzustellen und ins-
besondere darauf hinzudeuten, dass die kunstgewerblichen Fachschulen
eine breitere Basis besitzen müssen, als es gegenwärtig der Fall ist.
Herr Director Wilda vertritt mit grosser Lebhaftigkeit das System
der Lehrwerkstätte, und zwar der mit ausgiebigem theoretischen Unter-
richte verbundenen, die Schulbildung begleitenden und ergänzenden Lehr-
werkstätte. Er gibt diesem System unbedingt den Vorzug vor der Werk-
stattlehre. In einem Theil wird wohl Jedermann Herrn Wilda zustimmen,
nämlich dass es nöthig ist, das System der Lehrwerkstätte auszubreiten,
und dass es insbesondere sich dringend empiiehlt, mit Gewerbeschulen
und verwandten Instituten Lehrwerkstätten direct in Verbindung zu bringen.
Hatte doch schon das Unterrichtsministerium bei den Lehrerseminarien
sich veranlasst gefunden, eine Art schüchternen Versuch mit einer Lehr-
Werkstätte zu projectiren, weil man deutlich gesehen hat, dass es für die
künftigen Volksschullehrer, die ja sehr viel mit Lehrlingen zu thun haben,
nöthig ist, gewisse gewerbliche Fertigkeiten zu erlernen. Dagegen bin ich
keineswegs der Meinung mancher Vertreter des gewerblichen Bildungs-
wesens, welche glauben, es könnten die Lehrwerkstätten jemals die eigent-
liche Werkstatt als Unterrichtsstätte verdrängen. Ich bin umgekehrt der
Ueberzeugung, dass auf die Wiederherstellung der Werkstatt-
lehre das grösste Gewicht gelegt werden müsse; es ist dies dasjenige,
was in der Natur der Dinge liegt, was in den Traditionen des Gewerbe-
lebens begründet und mit den Gewohnheiten des Gewerbestandes untrenn-
bar verknüpft ist. Allerdings, wie das heutige Gewerbewesen organisirt ist,
wo Jeder ein Gewerbe betreiben kann, er mag dazu berufen sein oder
nicht, er mag dafür geschult sein oder nicht, er mag auf dem betreifen-
356
den Gebiete Fachmann sein oder nicht bei einer solchen Organisation
des Gewerbelebens versteht es sich natürlicherweise von selbst, dass die
Lebenskraft der Werkstatt keine grosse ist. Nicht wenige unserer heutigen
Handwerker sind Unternehmer, Speculanten, die mit ihrem Gelde mani-
puliren, die aber selbst ein Gewerbe zu betreiben nicht im Stande sind.
Mit der soliden bürgerlichen Werkstätte ist eine Schulorganisation aller-
dings nicht vereinbar, welche den Jungen zwingt bis zum vollendeten
14. Lebensjahre auf der Schulbank zu bleiben. Diese Schulgesetzgebung
stimmt vollständig zusammen mit jener Organisation im Gewerbeleben,
wornach Jeder ein Gewerbe betreiben kann, ohne etwas davon zu ver-
stehen. Beide Zustände beschleunigen nur den Niedergang des Gewerbes.
Wird hingegen eine Organisation des Gewerbestandes angebahnt, wodurch
es möglich ist, die Werkstatt wieder neu zu beleben, so wird von selbst
das Schulgesetz eine veränderte Physiognomie annehmen müssen, und bei
einer solchen Organisation wird auch in einem gewissen Kreise von
Schulen die Lehrwerkstätte ihren rechten Platz Enden. Kein Staat der
Welt wurde die Geldmittel auftreiben können, um die Werkstattlehre
durch Lehrwerkstätten zu verdrängen, denn das ist nach meiner unmess-
geblichen Meinung absolut unmöglich. Wohl kann eine grosse Anzahl
von Schulen, speciell Gewerbeschulen, gut organisirte Lehrwerkstätten
haben und zugleich die Werkstattlehre ergänzen. Diese Frage der Lehr-
werkstätten und der Werkstattlehre führt aber auf ein ausserordentlich
weites Gebiet, das zu vertreten ich weder die Bestimmung habe, noch
hinreichend Fachmann bin, um hier in Details urtheilen zu können. Ich
wende mich daher jenen Fragen zu, welche das Kunstgewerbe und das
lnteresse der kunstgewerblichen Schulen berühren.
Fortsetzung folgt.
Literaturhericht.
Venetianische Musterblälter aus dem XVI. Jahrhundert für Passementerie-
Arbeiten und verwandte Techniken. Nach dem Original-Musterbuche
im Besitze der Bibliothek des k. k. Oesterr. Museums, von demselben
herausg. Wien r879. Commissionsverlag von F. Patermfs Nachfolger.
Dieses neuestens von dem k. k. Oesterr. Museum herausgegebene Musterbuch bringt
auf 29 Tafeln Vorbilder für Passernenteriearbeiten und für jene Techniken, in welchen
Schnürchen, Borten oder Bändchen in fortlaufender Linie zur Anwendung kommen. Des-
gleichen enthalten dieselben reiche Motive für Schnur- und Litzenbenähung, für Point-
lace-Arbeit und Klöppelspitzen, welche von Musterzeichnern mit Nutzen verwendet wer-
den konnen. Der von der k. k. Hof- und Staatsdruckerei bestens besorgten photo-litho-
graphischen Nachbildung liegt die in der Bibliothek des Museums befindliche Original-
ausgabe des zweitcn Theiles des Musterbuches i-Le Pompe-r, Venedig 1562, zu Grunde.
Repertorium für Kunstwissenschaft. Redigirt von Dr. Hub. Janitschek
und Dr. Alfred Woltmann. II. Band. z. Heft. Stuttgart, W. Spemann,
1879.
Nach längerer Unterbrechung erschien soeben das z. Heft von Band ll des rnRe-
pertoriums für Kunstwissenschsft-i, das erste seit dem Personenwechsel in der Redaetion
desselben. Das Heft enthält nebst dem Literaturbericht und einer sorgfältig gearbeiteten
357
Bibliographie acht grössere Abhandlungen Unger, Ueber die vier Colossal-Saulen in
Constantinopel; Woltmann, Die tschechischen Fälschungen; Kraus, Drei angebliche
Dürer in Strassburg; Luschin-Ebengreuth, Notizen über Friauler Künstler im 15.
Jahrhundert; Woltmann, Ein Vertrag mit dem Maler Isenmann in Colmar; His, Hol-
bein's Verhaltniss zur Baseler Reformation; Scheins, Inschrift aus der Zeit des Königs
Richard von Cornwallis; Vögelin, Ergänzungen und Naehweisungen zum Holzschnitt-
werk H. Holbein's d. Jüngeren. Wir wünschen, dass es gelingen möge, ein pünktliches,
programmmassiges Erscheinen der einzelnen Hefte herbeizuführen.
Docutnenti Inediti per servire alla storia dei Musei d'Italia, pubblicati per
cura del Ministero della Pubblica Istruzione. Volume primo. Firenze
Roma, Tipografia Bencini, 1878. 8.
Man denkt zunächst an eine nach einem bestimmten System geordnete Publication
sammtlicher wichtiger Inventare der alten Sammlungen Museen und Galerien Italiens.
Leider unterlässt es die Einleitung uns mit dem Plane der Publication bekannt zu machen
und der Inhalt des ersten Bandes lasst im Zweifel, ob ein solcher wirklich vorliege. Das
Kostbarste was uns darin geboten wird, ist das Inventar des Museums des Cardinals Pietro
Barbo nachmaliger Papst Paul II aus dem Jahre 1457. Paul II., der durch Platina's
gehassige Schilderung in den Ruf eines Bildungshassers kam, wird bald als einer der
feinsinnigsten Kunstkenner des 15. Jahrhunderts gelten müssen. Es folgt dann gleich das
Inventar des Cardinals Alexander Famese aus dem Jahre 1568, woran sich dann schliesst
eine bunte Reihe von Inventaren Galerie des I-Ierzo von Savoien 1666, Münzen- und
Medaillen-Cabinet des Jaeopo Arpino in Turin a. 165, Museum Mastrilli in Neapel 1766,
Museum der Purcellanfabrik in Neapel a. 1796, Museo Borgiano a. 1314 und endlich
Museum der Universität zu Turin, von welchen zwar keines als bedeutungslos erachtet
werden darf, welchen aber doch Wichtigeres hätte vorausgehen müssen. Was ist es z. B.
mit dem Inventar des Lorenzo Medici, dessen Publieation für die Kunst- und Cultur-
geschichte der Renaissance von höchster Bedeutung Ware? Man darf dann auch fragen,
ob es nicht bei einer Publication, welche unter dem Patronat des Staates erscheint, am
Platze gewesen wäre, selbst alte Inventare, die bereits publicirt, hier als Theile eines zu-
sammenhangenden Ganzen neuerlich zum Abdruck zu bringen, z. B. das Inventari des
Gismondo Malatesta im Bataglini die von Campori publicirten Kataloge u. s. w.
l-IoEen wir, dass uns mindestens der nachste Band umfassende Aufklärung über
den Plnn der Publication und eine umsichtigere redactionelle Hand bringen wird.
Leonardo Michelangelo. Studio Arte di Camillo Boit o. Milano, Ulrico
Höpli, 187g. 8.
Im grossen Ganzen kommt das Werkchen zu dem bekannten Resultat Michel-
angelo ist der sturmvolle Idealist, Lionardo der besonnene Realist; beide sind reinste
Olfenbarung der beiden Secten des italienischen Geistes. Lionardo hat die Klarheit, Michela
angelo das Feuer desselben. Zum Glück tritt diese Parallele erst als Schlusscapitel auf,
nachdem zuvor in zwei Abschnitten die Charakteristik Lionardds, dann in zwei Abschnitten
die des Michelangelo gegeben ward. Diese Abschnitte beruhen auf ziemlich umfassender
Kenntniss der literarischen und monumentalen Werke des Künstlerpaars. Die beiden Ab-
schnitte über Michelangelo haben der Hauptsache nach schon eine Publication in der
Nuova Antologia im Herbste 1875 gefunden
Herr Archivar D. Schönherr wird in der nächsten Zeit seine kunsthistorischen
Publicationen-Gedrucktes und Ungedrucktes- in drei Banden im Verlage der Wagner-
schen Universitätsbuchhandlung in Innsbruck veröffentlichen. Allen Freunden der Kunst-
geschichte Tirol's wird diese Publication sehr willkommen sein, da die Arbeiten Schön-
herr's auf archivalisches Material sich stützen und die wichtigsten Denkmale der Kunst,
unter andern das Grabmal Maximilians l., umfassen.
KLEINERE MITTHEILUNGEN.
Personalnaohrichtem Der Director des Museums, Hofrath Pro-
fessor v. Eitelberger, ist von seiner Reise in Italien zurückgekehrt.
Besuch des Museums. Das Museum War an den Festtagen in ausserordent-
licher Weise besucht und zwar am 25. April von 5x17, um 26. von 5763 Personen.
lm Monate Mai wurden die Sammlungen van 11.648, die Bibliothek von m98 Personen
besucht.
358
Neu ausgeatelltz Eine grosse Collection von Alt-Meissener Porcellan, Eigenthum
des Grafen Keglevich; eine Collection geschnitzter und decorirter Rahmen von Ch.
Ulrich 81 Comp.; lntarsiatafel mit dem Selbstporträt des Künstlers Antonio Barile
vom Jahre 1502; Fächer von Elfenbein mit Malerei, Eigenthum des Herrn Oberlieute-
nants Questiaux; Portratbüste, ausgeführt vom Bildhauer Löher in Wien; Titan,
Gypsfigur von E. Mayer, Schüler des Prof. Zumbusch; Simson von Th. Blot-
nicki, desgleichen; geschnitzte Mobel vom Bildhauer Rudrich in Wien; ein Feld
des Kanzelgitters der Votivkirche nach dem Entwurfe des Oberbaurnthes von Ferstel,
ein Trinkhorn nach Zeichnung des Architekten Fröhlich, montirt in Schmiedeeisen vom
k. k. Hofschlosser Ign. Gridl in Wien; Schreibtisch vom Tischlermeister Seisz in
Wien; grosser getriebener Pocal von vergoldetem Silber vom Jahre 1580, edelste Nürn-
berger Arbeit von Wenzel Jamnitzer, Eigenthum des Grafen Ferdinand Zichy;
grosse Laterne aus der Gruppe der Spengler vom historischen Festzuge, gearbeitet und
ausgestellt von R. Geburth;-- goldenes Diadem, Copie nach antikem Originale von A.
Castellani in Rom;- Gobelingewebe aus dem XVI. Jahrhundert, Eigenthum des Museums;
Glasgegenstande von J. Schreiber 81 Neffen, von C. Stolzle und von H. Ull-
rich; Shawls und Shawlgewebe von Em. Thieben; Stickereien von J. M. Hoch-
stadter; Decorationsgewebe von Phil. l-laas 6x Söhnen; Silberarbeiten von
V. Meyer's Söhnen; Gold- und Schmucltgegenstäride von Reinefs Erben und
von Augustin; tauschirte Gegenstände von Nowak und von Grünwald; -Sticke-
reien von Frau N. Huber, Frau A. Gosehala, Frau J. Pollinger und Fräulein
M. Deutsch; Möbel von Klopfer; Schnitzereien von M. Pecherstorfer und
A. iratko; Bronzen von C. Lux u. s. w. Banner und Costüme vom historischen
Festzug, theils Privatbesitz, theils Eigenthum des städtischen Walfenmuseums, besorgt
und aufgestellt durch C. Giani; zwei grosse Fahnen des Oesterr. Museums, gezeichnet
von Prof. Sturm und gemalt von dessen Schülern; Collection moderner Bucheinbande,
Geschenk der Buchhandlung Gerold Camp.
Die grosse Glasnusstellung von J. 8x L. Lobmeyr wurde Sonntag den 18. Mai ge-
schlossen und der Saal Vl ist nunmehr der wechselnden modernen Industrie zurück-
gegeben.
Das kunstgewerbllohe Museum in Prag. Die Prager Handels- und Gewerbe-
kammer versendet soeben ihren ersten Bericht über den Stand der Vorbereitungsarbeiten
zur Errichtung eines kunstgewerblichen Museums in der böhmischen Hauptstadt. Seit
einem Decennium wird die Gründung dieser Anstalt beabsichtigt, aber Schwierigkeiten
aller Art, auf welche wir hier nicht näher eingehen wollen, verlangsamten die Durch-
führung des schonen Planes. Um so anerkennenswerther ist das klare, zielbewusste Vor-
gehen dieser Behörde im Vereine mit einigen wahrhaft patriotischen Kunstfreunden, das
weise vorbauende Schalten mit den verfügbaren Geldmitteln, wie sich dies aus dem vor-
liegenden Berichte ergibt. Wir wünschen nur, dass dieses auf Hebung der Kunstgewerbe
und des Volkswohlstandes in Böhmen abzielende Unternehmen mehr Gönner finde als
bisher, damit das kunstgewerbliche Museum sich cntfalre und reiche Früchte tragen
könne. Uebrigens bürgen auch die Namen der gegenwärtig am meisten hervortretenden
Herren Dormizer, v. Dotzauer, v. Lanna und Dr. Schebek dafür, dass eine Ab-
schwachung des Interesses nicht zu befürchten ist. Allerdings wird dessen factische Er-
otTnung erst in vier Jahren stattßnden, wenn das von der bohmischen Sparcassa gebaute
Künstlerhaus, Rudolphinum, vollendet sein wird. Die auf der letzten Pariser Ausstellung
bereits für das neue Museum angekauften Gegenstände waren in der zweiten Hälfte des
Monats Mai von der Handels- und Gewerbekammcr in einem Privathause zu einer kleinen
Ausstellung vereinigt worden.
Die Klbppelaohule in Idrla hat durch den am zo. Mai nach längerem Leiden
erfolgten Tod ihrer Leiterin und Lehrerin Johanna Ferjandie einen fast unersetzlichen
Verlust erlitten; ihrer Thatigkeit ist es in erster Linie zuzuschreiben, dass sich diese
Schule in so rascher und glänzender Weise entwickelt hat.
Münchener Knnatgawerbeverein. Derselbe hat den Director des Oesterr. Mu-
seums, Hofrath v. Eitelberger und den Vicedirector, Regierungsrath v. Falke, zu
seinen Ehrenmitgliedern ernannt.
Ratrospaotlve Ausstellung der Stadt Florenz. Die Stadt Florenz hat auf
Anregung mehrerer einflussreicher Kunstfreunde und Sammler beschlossen, im Monate
November dieses Jahres eine grosse retrospective Ausstellung zu veranstalten, auf welcher
in möglichst reicher Vertretung sämmtliche transportable Kunstschatze Toscana's von den
antiken Zeiten an bis einschliesslich zum siebzehnten Jahrhundert der olfentlichen Be-
sichtigung zugänglich gemacht werden sollen. Der König gestattete, dass die ausgedehnten
Räumlichkeiten des Palazzo Pitti als Ausstellungslocnle verwendet werden dürfen, jedoch
mit der Clauscl, dass die Galerie Pitti ganz unabhängig von dieser Ausstellung dem Be-
59
suche des Publicums reservirt zu bleiben habe. Diese Ausstellung, welche eine in ihrer
Art einzig destehende zu werden verspricht, wird nach dem festgesetzten Plane nicht
blos Gemälde, Statuen, Zeichnungen, antike und moderne Medaillen, lntaglien, Cameen etc.
umfassen, sondern auch Glasmalereien, Erzeugnisse der Goldschmiedekunst, Glasarbeiten,
Emails, Mosaiken, Mobel, Marqueterien, Modelle in Wachs, Elfenbeinschnitzereien, Terra-
cotta-Gegenstande, ernaillirte Thonarbeiten von Lucca della Robbia, Majoliken, Seiden-
und Sammtstoife, Brocate, Teppiche, Spitzen; ferner Musik-Instrumente, Bücher, Manu-
scripte, Buchbinder-Arbeiten; endlich gestickte Polster, Wagen, Tragsessel, bemalte Koffer,
optische und physikalische Instrumente, Uhren, Niello-Arbeiten, Tabatieren und schliess-
lich ltunsthistorische Merkwürdigkeiten jeder Art.
Knnstgewerblioho Fanhschula des Gewerbemuseuma in Zürich. Wir theilen
in Nachfolgendem das Programm und den Lehrplan der genannten Fachschule mit, deren
Sommersemester am 2x. April begonnen hat.
I. Programm. Art. t. Die kunstgewerbliche Fachschule des Gewerbemuseums in
Zürich bezweckt die künstlerische Heranbildung von tüchtigen Arbeitskräften beiderlei Ge-
schlechtes für die Bedürfnisse der verschiedenen Zweige der Kunstindustrien, mit beson-
derer Berücksichtigung der Töpferei, der Bildhauerei, Bildschnitzerei und den damit ver-
wandten Gewerben.
Art. 2. Der Lehrplan umfasst Vorlesungen über die nüthigsten Hilfswissenschaften;
Zeichnen von Ornamenten und Figuren nach Vorbildern und nach der Natur; Entwerfen
von kunstgewerblichen Gegenständen; Modelliren in Thon und WVachs; Ausführung von
keramischen Arbeiten; Anbringung plastischen und farbigen Schmuckes auf Glas- und
Thonwaaren; Arbeiten in Holz, Stein etc.
Art. 3. Die Besucher der Schule theilen sich in eigentliche Fachschüler und Ho-
spitanten.
Art. 4. Die Arbeitszeit betragt täglich neun Stunden. Ferienzeit bis 10 Wochen
per Jahr.
Art. 5. Um in die Schule aufgenommen zu werden, muss sich der Bewerber dar-
über ausweisen r. dass er das 15. Altersjahr zurückgelegt habe; 2. dass ihn seine Kennt-
nisse dazu befähigen, die Schule mit Erfolg besuchen zu können.
Art. 6. Schüler und Hospitanten haben eine einmalige Einschreibegebühr von Frcs.
zu entrichten.
Das Schulgeld beträgt für die Fachschüler 20 Frcs. per Semester. Mit Bewilligung
des Schulvorstandes dürfen in der Schule für den Verkauf bestimmte Arbeiten ausgeführt
werden. Die Verwerthung solcher Arbeiten besorgt das Museum und vergütet dem be-
treffenden Schüler den erzielten Nettoerlös.
An. 7. Am Ende des Schuljahres findet eine öffentliche Prüfung, verbunden mit
der Ausstellung der gemachten Arbeiten, statt. Schüler, welche die Schule während min-
destens zwei Semestern besucht haben, erhalten Fahigkeitszeugnisse.
Die',Schule vermittelt auf Wunsch denjenigen Schülern, welche die Schule absolvirt
haben, Anstellungen in der Praxis.
Die Fachschüler sind gehalten, die ganze in Art. bezeichnete Zeit in der Schule
zu verbleiben und müssen den für ihr Fach besonders bestimmten Lehrplan verfolgen.
Es sollen dieselben in der Regel die Schule während wenigstens zwei Jahren besuchen.
Der Eintritt erfolgt nur auf den Anfang eines Semesters. Die Hospitanten verptiichten
sich nur für diejenige Arbeitszeit, die sie bei ihrem Eintritt angemeldet haben. Durch
die Aufnahme von Hospitanten soll es jüngeren und älteren Zeichnern, Modelleuren, Stuc-
catoren, Bildschnitzern etc. etc., welche schon praktisch thatig sind, ermöglicht werden,
sich noch in einzelnen Richtungen besser auszubilden und in ihr Fach einschlagende Ar-
beiten unter der Leitung des Lehrers und mit Benützung der Vorbilder und Einrichtungen
der Anstalt auszuführen.
II. Lehrplan. Zeichnen von Ornamenten und Figuren nach Vorbildern und nach
der Natur, Entwerfen von kunstgewerblichen Gegenständen, Modelliren in Thon uud Wachs,
Ausführung von Töpferarbeiten, Anbringung plastischen und farbigen Schmuckes auf Thon-
waaren, Arbeiten in Holz, Stein etc. bei Herrn Joseph Reg.
Formenlehre mit praktischen Uebungen bei Herrn Architekt Albert Müller.
Darstellende Geometrie mit Zeichnungsübungcn bei Herrn Secundarlehrer Ryffel.
lm Winter-Abendcurs Zeichnen von Ornamenten und Figuren, Entwerfen von
kunstgewerblichen Gegenständen bei Herrn Jos. Regl.
lm Sommer dasselbe im Frühcurs.
Museum und Kunstgewerbeachule in Haar-laut. Die niederländische Gesell-
schaft zur Beförderung der lndustrie zu Haarlem kann sich dessen rühmen, zur würdigen
Feier ihres hundertjährigen Bestehens im Jahre 1877 das erste Museum fur Kunstindusrrie
in den Niederlanden erotfnet zu haben.
Jetzt hat sie neben diesem Museum die erste niederländische Zeichnenschule für
Kunst-Industrie gegründet. Diese Schule ist mit dem Museum verbunden, doch wird sie
vorläulig in einem besonderen Gebäude gehalten. Sie stehtbunter der Direction des Museums
und wird theilweise von der Gesellschaft, theilweise von der Regierung subsidiirt.
DieSchuIe ist in Classen vertheilt. In den untern Classen werden die ersten
Grundlagen des Zeichnens nach festenKorpem mit Berücksichtigung von Perspective,
Anatomie und Propor-tionslehre docirt, in der vierten Classe die Anwendung des Zeichnen
fur Malerei, Sculptur und ArchiteltturQuebst Ornamentlehre, Kunstgeschichte und Symbolik;
in der fünften Classe, die mehr besondere Anwendung des Zeichnens auf "verschiedene
Gewerbe und eigene Composition mit freiem Studium im Museum.
Das Schuljahr dauert von September bis Juni; der Unterricht wird jeden Abend
von 7-9 Uhr gegeben, mit Ausnahme des Sonnabends und Sonntags.
Am Ende eines jeden Schuljahres werden in allen Classen Concurrenzaufgaben gestellt.
Director der Schule ist Herr B. J. Bouwmeester, Lehrer Herr van Looy.
Sie wird schon von 40 Lehrlingen besucht.
Die neue Anstalt wurde am 7. Januar feierlich erdlfnet in Gegenwart der Autoritäten
in Provinz und Gemeinde, der Direction der niederländischen Gesellschaft zur Beförderung
der Industrie und des Comites für das Museum. Dieses Comite besteht aus den Herren
A. J. Enschede, Präsident, A. C. Kruseman, S. Grafen von Limburg-Stirum,
E. Colinet aus Amsterdam, O. Smissaert und F. W. van Eeden, Secretar.
Herr A. C. Kruseman, dessen ausserordentlichem Eifer die Schule besonders
ihre Gründung und Einrichtung verdankt, hielt bei der ErüEnung eine Rede, worin er
den gegenwärtigen Verfall der einmal so weltberühmten niederländischen Kunstindustrie
besprach, und die Holfnung ausdrückte, dass dieser erste Schritt auf der Bahn zur Ver-
besserung allgemein im Lande Nachfolge Gnden würde.
Das Haarlemer Museum für Kunst-Industrie breitet sich immer mehr aus. Es
enthält grosstentheils Imitationen, Reproductionen und Abbildungen stylvoller Objecte,
so streng als möglich geordnet, damit der Hauptzweck, Uebersicht der altern und neuern
Stäle im Kunstgewerbe, erreicht, und den Besuchern auf diese Weise Anschauung und Be-
le rung zugleich geboten werde.
Jedes Obiect ist mit einer Beischrilt versehen, und weitere Aufklarung ist gegeben
in einer kurzen Uebersicht des Museums, vom Secretär des Comites redigirt.
Die Sammlun von Abbildungen ist ganz nach dem Vorbilde des bayrischen Ge-
werbemuseurns in urnberg zusammengestellt.
Auch Vortrage und specielle Ausstellungen werden durch das Comite des Museums
veranstaltet.
Die Frauenarbelten im Pariser Salon. Vergleich der Theilnahme des weib-
lichen Geschlechts an den Ausstellungen im Pariser wSaion-t in den Jahren 1872 und 1878
1872 1878
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Fayencemalerei 11 15 73 86
Porcellanmalerei. 19 32 194 28a
Miniaturen, Aquarell, Pastell etc. 4.7 63 13 191
Emailmalerei 146i 1762 25
Holzschnitt, Kupferstich, Lithographie io
Mosaik
Sculptur 1a 13
Summa. 1461 98 136 1761 452 636
Im Jahre 1872 sind bei der Gesammtzahl die Maler eingerechnet, im Jahre 1878
jedoch nur die in den genannten Fächern vorkommenden Aussteller gezählt-H
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