Minlmilunußn das k. k. llestßrrßinh. Museums
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrift für Kunst und Kunstgewerbe.
Am I. eines ieden Monats erscheint eine Nummer. Abonnementspreis per Jahr fl. 4.-
Redacteur Edulrd Olunelarz. Expedition von C. Gerolf Sohn.
Man abonnirt im Museum, bei Gerold 61 Comp., durch die Posmnstallen, sowie durch
alle Buch- und Kunxthandlungen.
Nr, 173, l. FEBRUAR 1880. XV, Jahrg
Inlult Karl Hus 1-. Karl Geyling. Die Weihnlchts-Auutellung im Oesterr. Museum. Von
.l. v. Falke. Gottfried Semper in seinen Beziehungen zum Kunstgewerbe. Von Bruna Bucher.
lForll. Vorlelungen im Museum. Literaturbericht. Kleinere Mittheilungen.
Karl Hans T.
Kurz bevor das Manuscript zu dieser Nummer der wMittheilungenu
in Druck gegeben wird, kommt uns die Nachricht zu, dass Karl Haas,
k. k. Hof-Metallwaarenfabrikant, Vorstand des galvanoplastischen Instituts
und zugleich Correspondent unseres Museums, nach längerem Leiden aus
dem Leben geschieden ist. Herr K. Hans gehörte seit der Gründung des
Museums demselben an und hat an der Förderung der Anstalt hervor-
ragenden Antheil genommen. Alle Besucher des Museums kennen die
zahlreichen galvanoplastischen Abgüsse, welche von ihm angefertigt worden
sind. Er gehörte zu den wenigen Kunstindustriellen, welche eine umfas-
sende wissenschaftliche Bildung und eine ganz specielle Einsicht in die
Kunsttechniken des Mittelalters besitzen, und er hat manche Frucht seiner
archäologischen und kunsttechnischen Studien verötfentlicht, wie beispiels-
weise seine Untersuchungen über venezianische Mosaiken in den Mitrhei-
lungen der Central-Commission.
Wir dürfen wohl die Hoffnung aussprechen, dass es möglich sein
wird, das galvanoplastische Institut in derselben Weise fortgeführt zu
sehen und behalten uns vor, in diesem Organe auf das Wirken und
Leben von Karl Haas noch ausführlicher zurückzukommen. Er wurde
vom Kaiser mit dem Franz Josefs-Orden ausgezeichnet, und war auch
Mitglied der Central-Commission zur Erhaltung der Baudenkmale.
Vlll. Bd. 1880.
Karl Geyling.
Am 2. Jänner l. J. starb Karl Geyling in Wien im väterlichen
Hause, in welchem er am 23. Februar vor 66 Jahren das Licht der Welt
erblickt hatte. Mit ihm verlor die Glasmalerei-Anstalt Geylings in Wien,
welche sich eines weitverbreiteten und wohlverdienten Rufes erfreut, ihr
Oberhaupt und die führende Kraft. Wenn er auch nicht allen Anforde-
rungen gerecht wurde, welche man heutigen Tages an die weitverzweigten
künstlerischen und technischen Aufgaben der Glasmalerei stellt, so muss
man dem Talente, der Thatkraft und der Ausdauer des Künstlers volle An-
erkennung zollen, der es verstanden hat ohne alle staatliche Sub-
vention in Mitte schwieriger äusserer Verhältnisse eine Anstalt für Glas-
malerei zu gründen und vier Jahrzehnte hindurch ehrenvoll zu führen.
Durch seinen Tod hat die Künstlerwelt Wiens einen grossen Verlust er-
litten, der umsomehr empfunden wird, als Karl Geyling eine durchaus
liebenswürdige Persönlichkeit war, mit der Jedermann gerne verkehrte. Er
stammt aus einer Künstlerfamilie; sein Vater war Hof -Zimmermaler und
starb 1819. Von den Söhnen wollte sich der älteste, Josef, der Historien-
malerei widrnen, musste aber, achtzehnjährig, die Akademie verlassen, um
nach dem Tode des Vaters das Geschäft desselben fortzusetzen und seine
Mutter und jüngeren Geschwister erhalten zu können. Karl Geyling, als der
jüngste Sohn, trat frühzeitig in die Akademie der bildenden Künste ein und
widmete sich daselbst der Landschaftsmalerei unter Führung des Pro-
fessor Mössmer, in seiner Neigung für die Landschaft unterstützt durch
seine Bekanntschaft mit dem Maler Stövesandt geb. zu Danzig r8o8, gest.
daselbst 1838. Er erhielt an der Akademie drei Preise, darunter auch den
grossen Kaiserpreis; schon in jungen Jahren scheint er sich mit einschlägigen
technischen Versuchen beschäftigt zu haben; denn schon im Jahre 184.0
treffen wir Karl Geyling im Lustschloss zu Laxenburg beschäftigt Land-
schaften auf Glas zu malen. Er verwendete damals als Bindemittel eine
Art enkaustischen Firnisses, der sich allerdings für die Länge nicht be-
währte. Um die Eigenthümlichkeiten der Geyling'schen Glasmalereitechnik,
bei welcher immer ein naturalistischer und altwienerischer, akademischer
Zug durchgeht, zu würdigen, muss man sich erinnern, dass es in damaligen
Zeiten keine Kunstgewerbeschule in Wien gegeben hat; die Stillehre und
die Ornamentenlehre waren damals unbekannte Gebiete. Erst durch Van der
Nüll und Siccardsburg kam an der Wiener Akademie das Ornament zur
Geltung. Wie ganz anders würde sich das Talent Geyling's entwickelt
haben, wenn es ihm schon in seinen Jugendjahren möglich gewesen wäre, sich
für grössere kunstgewerbliche Aufgaben vorzubilden, Einsicht in die Ver-
bindung der Decdration mit den Anforderungen des Baustiles zu gewinnen.
All seine Sehnsucht ging dahin Eintritt in die königl. Glasmalerei-Anstalt
in München zu erhalten, welche König Ludwig von Baiern geschaffen hatte.
Durch Fürst Metternich erhielt er ein Empfehlungsschreiben an die öster-
reichische Gesandtschaft in München, die ihm dies ermöglichen sollte. Doch
blieben alle Bemühungen hiefür erfolglos. K. Geyling kehrte wieder nach
Wien zurück, auf seine eigene Kraft angewiesen und beschäftigte sich uner-
müdlich mit der Farbenchemie und mit praktischen Versuchen. Die Fürsten
Liechtenstein und Kinsky gaben dem Künstler Aufträge. Er selbst versuchte
sich auch auf technischem Gebiete. Im Jahre 1843 erhielt er auf der Gewerbe-
ausstellung in Wien die bronzene Medaille für Mousselin- und Spitzenglas.
Die meisten Glasgemälde, die er damals malte, waren dem Landschafts-
fach entnommen, aber schon in den nächsten Jahren finden sich Glas-
gernälde aus figuralem Gebiete von seiner Hand vor. lm J. 1846 malte er
im Auftrage der n. ö. Landstände für deren Hauscapelle drei Glasgemälde
nach Cartons von Ludwig Schnorr von Karolsfeld, kurz darauf an den
Fenstern des Geineinclerathsaales in Wien 34 Wappen der Vorstädte und
der Stadt Wien, Glasgemälde für die Gruftcapelle der Fürstin Kinsky in
Chotzen, für die Capelle des Irrenhauses in Wien drei grosse Altarfenster
mit den überlebensgrossen Figuren von Christus, Maria und Johannes.
Die Bewegungen des Jahres 1848 unterbrachen nur wenig seine Thätigkeit.
In jenen erregten Zeiten dachte Niemand daran eingegangene Verbindlich-
keiten zu erfüllen, er musste die goldene Medaille seines Kaiserpreises ver-
kaufen, um seinen Brennofen zu erhalten. An der Londoner Ausstellung r85r
nahm er Antheil und erhielt dort ebe-tfalls eine Bronzemedaille. Von der
Zeit an finden wir K. Geyling fortwährend beschäftigt, theils mit Aufträgen
vom Kaiser und von Mitgliedern des Kaiserhauses so hatte K. Geyling
die Fenster der Weilburg in Baden mit Figuren zu verzieren dann von
Mitgliedern des Adels und des Clerus, theils auch aus den Kreisen des
Bürgerstandes und der Geldaristokratie. Wir können fast nur summarisch
seine Werke aufführen, denn der vielbeschäftigte Künstler hat keine ge-
nauen Aufzeichnungen seiner Arbeiten hinterlassen, wenigstens nicht mit
Rücksicht auf die Maler und die Architekten, mit denen er" gemeinsam
thätig war. Läge ein solches Verzeichniss vor, so würde es sich deutlich
zeigen, wie beliebt er speciell in Künstlerkreisen gewesen ist. Er lebte
so recht inmitten der Wiener Künstler und darf auf dem Gebiet der
Glasmalerei als 'der eigentliche Repräsentant der Wiener Schule be-
zeichnet werden. Von seinen Arbeiten heben wir nur beispielsweise eine
Reihe der bedeutendsten Glasgemälde hervor. ln Frankreich wurde sein
Name in weiten Kreisen bekannt durch die Glasfenster in der Lothtinger
Kirche in Nancy, welche nach den Entwürfen von Friedrich Schmidt,
Franz Jobst, Führich, Rieser und Klein ausgeführt wurden und auf der
Pariser Weltausstellung 1867 ausgestellt waren. Auch für die deutsche
Kirche in Paris führte er Glasgemälde im Auftrage des Kaisers nach Cartons
von Rieser aus. Aber nichts trug zur Popularität seines Namens so viel
bei, als die zahlreichen Glasfenster, welche er für die Stephanskirche und
für die Votivkirche ausgeführt hat. Seit der Zeit, als er Aufgaben erhielt,
welche mit der kirchlichen Architektur in Verbindung standen, wurde es
ihm klar, dass die eigentliche Aufgabe der Glasmalerei nicht auf dem
z.
14
Gebiete der Landschaftsmalerei zu suchen sei; er verliess die in jungen
Jahren geübten Fächer der Landschift und der Städteansichten und wid-
mete sich mit Energie der Malerei für kirchliche Zwecke. Er trat in
Verbindung mit den Architekten Fr. Schmidt, Ferstel, Jobst, Avanzo,
Lippert und mit Fr. Klein, Führich, Dobiaschofsky, Trenkwald, Rieser,
Laufberger, Karl Jobst; Künstler, welche stilistisch genug geschult sind,
um für kirchliche Aufgaben wirken zu können. In einer Reihe von Kirchen
finden sich daher Glasgemälde von K. Geyling; so im Dom in Kaschau
1861 nach Cartons v. Dobiaschofsky, in der protestantischen Kirche in
Brünn 1865, in der Dorniuikanerkirche in Wien 1866, in der Schloss-
capelle zu Amstetten 1868, in der Kirche zu Tischnowitz in Mähren
und in Oslavan bei Brünn 1869, in der neuen Kirche zu Schönau bei
Teplitz 1871, in der Jakobskirche zu Brünn 1872, in der neuen Fünf-
hauser Kirche, in der Hospitalskirche zu Trier a. d. Mosel 1874, in der
Krönungskirche zu Pressburg, in der Agnescapelle in Klosterneuburg und
im Stift Lilienfeld 1875, in Neu-Währing bei Wien und in einem Frauen-
kloster zu Krakau 1876.
Aber auch in zahlreichen Schlössern und Palais kommen Arbeiten
K. Geyling's vor; ganz besonders müssen die Fenster in der Rotunde im
Prater erwähnt werden, welche nach Cartons von Ferdinand Laufberger
ausgeführt sind. K. Geyling's weltlicher Sinn, im guten Sinn des Wortes,
befähigte ihn sehr für Profanzwecke thätig zu sein. Rasch fand er sich
in den verschiedenen Aufgaben zurecht, welche die lnnendecoration für
Profanbauten verlangt.
Der Künstler erfreute sich mancherlei Auszeichnungen; er erhielt
das Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens 1867, die goldene Medaille pro
Literis et Artibus 1873 und den Titel eines k. k. Hof-Glasmalers 1874.
Bei mehreren Ausstellungen, an denen er sich betheiligte, wurde K. Geyling
durch Medaillen ausgezeichnet, so erhielt er, ausser den schon früher er-
wähnten Bronzemedaillen, bei der n. ö. Gewerbeausstellung in Wien 1848
die silberne Medaille, bei der Weltausstellung in Paris 1867 eine ehren-
volle Erwähnung, bei der Weltausstellung in Wien 1873 die Medaille
für Fortschritt und in Graz 1870 und Teplitz 1879 goldene Medaillen.
R. v. E.
Die Vleihnachts-Ausstellung im Oesterr. Museum.
Von J. v. Falke.
Ein regelmässiger Besucher unserer Weihnachts-Ausstellung wird
dieses Mal vielleicht mit jenem berühmten Magister "Viele sehen, die
nicht da sindn. Es ist auch ganz richtig; wir vermissen manchen wohl-
bekannten Namen, der sonst dieser Ausstellung zur Zierde gereichte. Der
Eine und der Andere ist fern geblieben mit Rücksicht auf die Myriadcn
von grossen und kleinen Ausstellungen, die uns im kommenden und in
den nächstfolgenden Jahren bedrohen; er wollte insbesondere seine Kräfte
für die Sommer-Ausstellung in der Prater-Rotunde aufsparen; die Herren
von der Bronze-Gesellschaft haben uns erst mit einer glänzenden Aus-
stellung erfreut gehabt und warten, bis sich Neues zu würdigem Erscheinen
wieder gesammelt hat. Dieser oder Jener hat sich mit allzu viel Arbeit
entschuldigt, eine Entschuldigung, die sich von allen immer am besten
hört. Statt deren sind neue Namen gekommen, Firmen insbesondere aus
den Kronländern oder Wiener Firmen, welche von dem steigenden Rufe
dieser Ausstellung mitgeniessen wollen, Namen in mindestens gleicher Zahl
der Ausgebliebenen. Mehr denn zweihundertfünfzig Aussteller, die Spät-
linge mitgerechnet, hatten sich gemeldet, und etwa zweihundert, gerade
so viele wie voriges Jahr, sind nach freiwilligem Ausbleiben oder nach
dem Ausscheiden durch die Jury noch in den Sälen des Museums vertreten.
Das Bild, das die Weihnachts-Ausstellung darbietet, ist daher viel-
fach ein anderes, aber durchaus kein schlechteres als in früheren Jahren,
vielmehr geht das Urtheil des Publicums, wenn wir es richtig interpre-
tiren, dahin, dass die Ausstellung dieses Jahres ihre fünf Vorgänger über-
treffe, kurzum die beste sei. Können wir selbst dieses Urtheil auch nur cum
grano salis, mit starken Ausnahmen, zugeben, so ist es doch richtig, dass
die Ausstellung viel Hübsches enthält und dass sie viel neues und frisches
Leben darbietet und beweist, dass die ausgestreute Saat fortfährt, gute
Früchte zu tragen. Wir meinen damit vorzugsweise jene Gegenstände,
welche aus den Kronländern gekommen sind,
Das Urtheil wird gleich beim Eintritte in die grosse Halle günstig
gefangen genommen und zwar durch den Blick auf die oberen Arcaden,
welche Herr Karl Giani mit seinen Prachtstoffen in freier und reicher
Drapirung höchst wirkungsvoll geschmückt hat. Der Anblick versetzt uns
in antike Zeiten, in das Haus, in den Palast der Alten, die von solchen
Gehängen und Behängen zwischen Säulen und Arcaden einen so gross-
artigen Gebrauch machten, von dem wir wohl lesen, von dem uns aber
die Vorstellung fehlt. Aehnlich geschah es in den besten Zeiten der Re-
naissance. Hier an dieser gelungenen Decoration in der feinen Architektur
des Areadenhofes können wir uns ganz gut eine Vorstellung machen, ja
wir können einen wirklichen Kunstgenuss haben, wenn wir uns gegen-
überstellen und die Wirkung beobachten, welche durch die Architektur,
durch die Gewebe, durch die zierliche Malerei der Gewölbe und durch
das farbige Lichterspiel der gemalten Fenster über der; Stiege zugleich
hervorgebracht wird.
Unter die Arcaden zwischen die Draperien ist eine Anzahl Lustres
und Laternen von geschmiedetem, zum Theile vergoldetem Eisen gehängt
worden, Arbeiten aus den Werkstätten von V. Gillar. Diese Gegen-
stände, wenigstens einzelne von ihnen, hängen hier vielleicht nicht allzu
günstig weder für sich selbst, noch für den Gesammtanblick, aber sie
zeigen in bewundernswürdiger Weise, bis zu welcher Höhe sich dieser
junge Zweig der modernen Kunstindustrie erhoben hat, mit welcher Frei-
heit und Meisterschaft er sein zähes Material handhabt. Wie Wachs unter
dem Finger biegt und windet es sich unter dem Hammer. Einige der
schönsten Gillar'schen Arbeiten sind mit in jenen zwei Gernächern ver-
wendet, welche Herr Giani mit einigen Genossen als Salon und Speise-
zimmer eingerichtet und ausgestattet hat. Sie zeigen das Eisen in neuer,
zum Theile aber auch aus praktischen Gründen in fraglicher Anwendung,
so in Kettenform als Halter der Portieren. Zu diesen Gernächern haben
viele Namen beigetragen Giani, der das Ganze leitete, lieferte die Gewebe
und die Stickereien, Bernhard Ludwig die schwarzen, zum Theile mit
Elfenbein eingelegten Möbel des Salons, Albert jene des Speisezimmers
sammt dem Holzplafond, Meyer so wie Schembera die Tapezierarbeiten,
Hospodarsky die Passementerie, Hollenbach die Bronzegegenstände, Hart-
muth Ofen und Kamin, Pollak und Joppich die Galanteriesachen und
Andere haben Anderes beigesteuert, die kleineren Gegenstände auf Salon-,
Schreib- und Speisetisch. So sind die Zimmer reich gefüllt, mit Allem im
Grossen und Kleinen ausgestattet und machen mit ihrer -Fülle und ihren
Farben einen behaglichen Eindruck, den die Glasgemälde in den Fenstern
aus der Tiroler Glasmalereianstalt in Innsbruck in reizender Weise zu
dämmerig-stimmungsvoller Wirkung erhöhen. An den einzelnen Gegen-
ständen gäbe es zwar Mancherlei zu kritisiren, wie z. B. die Speisezimmer!
sessel mit ihren Behängen auf Sitz und Lehne nicht unanfechtbar sind,
genauere Betrachtung lässt auch die Mängel einer zufälligen Zusammen-
stellung nicht übersehen, indessen bieten doch diese Gemächer so viel
Schönes, zeigen so viel Reiz und Lebendigkeit, so viel gute und verwend-
bare ldeen, zumal in den Draperien, dass man sich gern ihren Vorzügen
überlässt.
Ausser dem, was diese beiden Gemächer bergen, ist die Ausstellung
noch reich mit Möbeln beschickt, ganz vor Allem mit Credenzen in Eichen-
holz, welche aber durchgängig an zu grosser Schwere leiden. Einzelne
sind gut construirt, aber zu sehr im Geiste des Architekten gehalten, mehr
nach Stein als nach Holz aussehend. Mehr Freiheit und mehr Leichtig-
keit, wie sie dem Holze angemessen sind, lassen sich wohl mit einer
gesunden Construction vereinen. Hervorzuheben um Bau und Farbe willen
ist die Credenz von Klöpfer nebst dem dazu gehörigen Speisetische,
desgleichen eine Credenz von Harthan und ein kleines Bußet von Ri-
chard Ludwig. Unter den übrigen Möbeln ist oder war vielmehr, denn
es hat schnell seinen Käufer gefunden das reizendste Stück ein Wand-
kasten von lrmler, der eine einbruchsichere Casse in sich barg. Das
Problem, die eiserne Casse einer kunstgerecht eingerichteten Wohnung
entsprechend zu machen, erschien hier in glücklicher Weise gelöst.
Wir haben schon der Glasgemälde aus der Tiroler Anstalt gedacht.
Noch niemals hat diese Kunstanstalt die Weihnachts-Ausstellung so reich
beschickt, niemals auch gezeigt, mit welcher Consequenz und Ausdauer
'17
sie ein künstlerisches Ziel verfolgt. Dieses Ziel ist der Schmuck der Woh-
nung durch farbig decorirte Fenster. Die Richtigkeit dieses Zieles ist viel-
fach in Abrede gestellt worden, und Diejenigen, welche es thun, haben
die letzten Jahrhunderte für sich, welche die Sitte des Mittelalters und
des 16. Jahrhunderts völlig aufgegeben hatten. Je grösser die Scheibe, je
klarer das Glas das war das Ideal, das einzig zu erstrebende Ziel.
Freilich, wenn man den Reiz der Wohnung darin sieht, dass man sich
die Welt durch das Fenster betrachten kann, dann liegt das Recht wohl
auf dieser Seite. Allein Andere suchen den Reiz der Wohnung in ihr
selber und nicht in dem, was ausserhalb ist, und in diesem Sinne nun
soll das farbig decorirte Fenster das Seinige beitragen, den Reiz, die
Wohnlichkeit, die Schönheit, die Poesie der Wohnung zu erhöhen, und 'das
muss geschehen, ohne dass der Helligkeit im Zimmer mehr Eintrag ge-
geschieht, als die Bestimmung des Gernaches es zulässt. Eine Anstalt, die
solche Ziele verfolgt, steht also vor einem Probleme, das durch praktische
Versuche gelöst werden muss. Solche Versuche zeigt nun die Weihnachts-
Ausstellung aus der lnnsbrucker Anstalt in grosser Zahl und in grosser
Mannigfaltigkeit. Sechs der mächtigen Doppelfenster des Museums sind
damit gefüllt. Alle gehen gemeinsam auf farbig poetischen Reiz aus, die
einen in zarter Weise, die andern höchst eiectvoll; die einen fein aus-
gemalt in Art der feinsten Schweizer Arbeiten des 16. Jahrhunderts, die
anderen mit kräftiger Bleifassung technisch nach der musiviscben Weise
des früheren Mittelalters. Technisch sagen wir, denn die Idee, die Fenster
auf bläulich durchscheinendem Grunde mit bunten Vögeln und Schmetter-
lingen, mit glänzenden Blumen und goldenen Früchten, mit Ranken und
Laubzweigen in dieser musiviscben Art herzustellen, und zwar höchst
einfach, fast ohne alle Malerei, mit Hilfe von gefärbten Butzenscheiben,
das ist eine völlig neue, völlig moderne Idee. Andere fein ausgeführte
Bilder schliessen sich auch gegenständlich mehr an alte Art an, so die
Bilder mit den Landsknechten und die Bilder nach Virgil Solis. Ihre Be-
stimmung ist, als Mittelstücke in die geometrisch eingetheilte und mit
durchscheinendem, lichtem Glase ausgefüllte Fläche des Fensters eingesetzt
zu werden. Einige grosse Fenster, denjenigen des Museums angepasst,
zeigen die Anwendung in vollkommen gelungener Weise. Diese Art dürfte
für Speisezimmer, die im Wesentlichen ihr Licht behalten sollen, voll-
kommen geeignet sein. Andere wieder mit Portraitliguren aus dem Fest-
zuge, von Butzenscheiben umrahmt, machen nicht minder glückliche Wir-
kung; andere mit zierlicher, aufsteigender Pilasterornamentation wir
meinen diejenigen im Gianfschen Salon erscheinen für Salonräume
bestimmt und geeignet. Kurzum, es liegt eine Fülle von Versuchen in
diesen Glasgemälden, eine Fülle von Gedanken, die uns zu vielen und
ausführlichen Betrachtungen Anlass geben könnten, wenn es hier in diesen
kurzen übersichtlichen Bemerkungen über die Weihnachts-Ausstellung des
Ortes wäre.
28
Die Glasausstellung würde uns zu mancherlei Betrachtungen reizen,
wir wollen aber nur das hervorheben, was uns wesentlich neu oder be-
deutungsvoll erscheint. Beschickt ist sie von Ullrich, Stölzle, Kalus, La
Chapelle und Bakalovits, dem regelmässigen Besucher der Weihnachts-
Ausstellung meist ungewohnte Namen. Eine Wahrnehmung, die sich Dem-
jenigen, der diese Dinge verfolgt, zuerst aufdrängt, ist die, dass bei den
sogenannten altdeutschen Gläsern, den grünen Römern, Humpen, Pocalen
endlich einmal die richtige Farbe zum Vorschein kommt. Nicht als ob
das unangenehme, kalte Grün, wie es bisher in Uebung stand, ver-
schwunden wäre, aber es zeigt sich daneben das richtige, warme Bou-
teillengrün, zum Theile in sehr schönen Tönen und nicht vereinzelt.
Kalus in Kramsach bei Brixlegg in Tirol hat sogar eine ganze Collection
nur von dieser Farbe gesendet; auch La Chapelle hat einige Beispiele,
denen nur bessere Form zu wünschen wäre; zahlreicher und feiner sieht
man sie bei Bakalovits. Diese Firma bietet überhaupt des Neuen und
des Zierlichen mancherlei, lNeues in den Farben so auch in gelungener
Nachbildung alter Irisirung und Zierliches in Form und Zeichnung.
Wie das Glas, so zeigen auch die glasirten Thonwaaren neue Namen.
Steidl aus Znaim, Eichler aus Dux, Gerbing 8c Stefan aus Boden-
bach waren bisher unbekannt auf den Ausstellungen des Museums. Auf
einmal erscheinen sie mit sehr vorgeschrittener Emailtechnik, mit zum
Theile sehr interessanten Gegenständen, denen nur mehr künstlerisches
Maß, mehr Schönheitsgefühl, mehr feiner Geschmack zu wünschen wäre.
Käme die rechte künstlerische Kraft hinzu, so liesse sich Ausgezeichnetes
erwarten. Manches ist auch ganz vortrelflich, so von Gerbing 81 Stefan
die braunen, mit Rosetten besetzten Steingutgefässe, in Doultons berühmter
Manier, die ihren englischen Vorbildern nicht nachstehen. Die liebens-
würdigsten, vollkommensten und harmonischesten Erscheinungen von
Allem, was die Ausstellung auf dem Gebiete der Fayencen zeigt, sind die
mit orientalischen Mustern decorirten Gefässe von W. Szolnay in Fünf-
kirchen, durchaus fein im Tone der gelblichen Masse, farbig und doch
maßvoll in ihrer Wirkung. Der Beifall, den diese Arbeiten bereits auf der
Pariser Ausstellung des Jahres 1878, namentlich bei dem feineren und
kunstgebildeten Publicum gefunden haben, ist durchaus verdient. Als neue
Erscheinung, bis jetzt aber auch nur im Stadium der Versuche, seien
noch die Landschaften auf Thonplatten erwähnt, gemalt von Ober-
müllner, mit den Frittefarben des Dr. Linke, Assistenten am chemisch-
technischen Laboratorium des Oesterr. Museums.
Ueberwiegt in Fayencen das Neue, so im Porzellan das Alte. Die
wohlbekannten Namen Fischer von Herend, Haas 8c Czizek, Rädler
und Pilz, Zasche haben sich wieder eingestellt mit ihrer eigenen wohl-
bekannten Art. Eigentlich Neues bringt nur Pernold mit seinem Service
in Platinadecoration, welche, zierlich gezeichnet, eine feine Wirkung übt,
sodann Knoll in Karlsbad mit seinen zarten Schneeballgefässen, die an-
muthig von jugendlichen Gestalten getragen werden. Es sind freie Schö-
pfungen der Laune, aber das Porzellan ist ein Material, das Capricen
duldet, wenn sie rnit Grazie vorgebracht sind. Diese Arbeiten von "Knoll
sowie diejenigen von Szolnay sind durch Ernst Wahliß ausgestellt, Proben
seines neuen, überaus sehenswürdigen Etablissements in der Kärntnerstrasse.
Sind die Bronzen gering vertreten, nur durch eine Collection von
Lux, durch die Ciselirschule des Museums sowie durch dasjenige, was
Hollenbach zu den Gemächern Giani's gesendet hat, so erscheinen
dagegen die Edelmetalle in reicher Entfaltung, sei es in Geräth, sei es in
Schmuck von Gold und Juwelen. Eine umfassende Collection nach beiden
Richtungen bietet Granichstädten und wie jedes Jahr V. Mayer's
Söhne. Unter den Arbeiten der letzteren Firma ragt eine reiche Tafel-
garnitur hervor, Girandolen und Schalen von Figuren getragen, sowie vor
Allem eine von Storck componirte grosse Blumenschale von Silber, von
höchst freiem Wurfe der Erfindung, mit Fruchtgehängen in Hochrelief
kräftig und wirkungsvoll geziert. Eine ähnliche Tafelgarnitur wie jene bei
V. Mayer, nur etwas schwerer gehalten, mit Figuren von C. König,
bildet auch das Hauptstück der imposanten Ausstellung von Granich-
städten, welche das ganze Gebiet der Gold- und Silberarbeit bis zum
Brillant- und Rubinschmucke umfasst. Wie es bei diesem kostbarsten aller
Kunstindustriezweige heute noch gar nicht anders sein kann, schliesst
sich Vieles in Form und Art an die Mode des Tages an, Manches aber
ist reizend auch aus rein künstlerischem Gesichtspunkte oder schlägt neue
Wege ein wie das kleine Theeservice in echter Tulaarbeit. Mit Vergnügen
sieht man diese feine Technik des Niello, während sie in Tula sinkt, zu
einem speciiisch österreichischen Industriezweige sich heranbilden. Zum
Beweise dafür dient auf der Weihnachts-Ausstellung die reiche Collection
von C. Lustig, welche noch mit dem Niello echte Tauschirarbeit, ein-
geschlagenes Gold und Silber verbindet. Wie bei Granichstädten zeigt
auch die gewählte und kostbare Collection von Juwelenschmuck bei
Alexander Köchen Mode und Kunst neben einander. Der Kunstfreund,
wenn er von dem materiellen Werthe der Gegenstände absieht, wird nicht
lange schwanken und den kleinen Schmuck nach Holbein nebst seinen
ähnlichen Nachbarn sich erwählen. Uebrigens haben Brillanten und Perlen
ihren eigenen Kunststyl und lassen sich nicht bloß nach der Zeichnung
heurtheilen wie etwa eine Arbeit in Gold. Sollen wir noch, einer tech-
nischen Neuigkeit erwähnen, so sei einiger kleiner Sehmuckgegenstände
mit verschiedenfarbigem Golde im Relief auf eigenthiimlich gearbeitetem
Grunde gedacht, welche in der Collection von Rein ers Erben aus-
gestellt sind. Sie sind durch Anregung zweier Schmuckarbeiten entstanden,
welche wir 1878 auf der Pariser Ausstellung von Tiifany in New-York
erwarben.
Wie in geschlossener Masse sind auch diesmal wieder die Damen-
arbeiten erschienen, Stickereien und Nadelspitzen, unter denen vor Allem
die, Schule, ist diese; Mal, ex professo vertreten, während gewöhnlich, die
Schülerinnen für sich ausstellten. Aus den zahlreichen, ziemlich gleich-
förmigen Arbeiten ist es schwer, Einzelnes herauszuheben, doch mag als
einer bedeutenderen Leistung des großen Spitzeneinsatzes der Gräfin
Runigneigskirch sowie des, von eben derselben gestickten Sessels gedacht
werden, Die böhmische Spitze ist durch liollarth vertreten.
Wie, gewöhnlich, ist auch wieder der Farbendruck gekommen, und
zwar rnit den gleichen Namen. Reiffenstein, Hölzel, Czeiger. Der
Kunstfreund, gewohnt, die Originale zu sehen, geht an, diesen, Copien
leicht vorüber. und schenkt ihnen nur einen oberflächlichen Blick, und
allerdings ist es, ja eine ziemliche Kluft, welche hier Copien und Oigiginalg
trennt. Abel; wen-n man bedenkt, was vor diesen Chgornplithographienden
gewöhnlichen Zimrnerschmuck bildete, wenn man die Mühsamkeit der Hen-
stellupg und das enjeicbte, höchst aghtbare Resultat vergleicht, so darrf
man diesen, Aiqbeiten die Beachtung nicht versagen. In der That linden
sich bei allen dreien, höchst anerkennenswerthe Leistungen, wie B. bei
I-Iölzel, die. beiden Bilder nach Leopold Müller. Ein Fortschiqitt von. der
ersten Weihnphchts-Ausstellung. bis zur heutigen ist nicht zu übersehen.
Ihnen, hätte sich die Photographie mit ihren so interessanten Drucke,
leispupgen zur Seite stellen sollen, aber auffallender Weise ist Löwy de;
einzige, der sie vertritt.
Wir; sind, mit unserem Rundgange und unserer Uebersicht des Be-
rneqkenswerthen zu, Eaide. Doch nein! Eine neue Erscheinung auf der
Weihnachts; Ausstellung, wollen wir nicht unbemerkt lassen die künste
liehen ßlurnen, welche vor Andepen Hoffmann in; einer. grösseren Aus-
wahl gesendet hat. Mancher schüttelt bedenklich sein Haupt bei, ihrem
Anblicke, aber wer möchte diesem Zweig von einer Ausstellung heimischer
Kunstindustrie verbannen, diesenlyweig, der an sich. so bedeutend. ist und
so Liebenswiirdiges. und. Anmuthiges zu schaffen vermag. Es muss sich
freilich, zur, Kunst der Naehahrnnng der Natursinn und der Schönheitssinp
hinauaesslleu. Abdn-l
Gpjgfried Sgmper, in seinen Beziehungen. zum Kunstgawerhe.
Vory.rng, gehalten im Oesterr. Museum um I3. Novbr. 187g.
Vqiyßruno Bucher.
FOUSBIZUngJ
Segiper, charalgterisirt. und, vergleicht zuerst, die Vergangenheit und.
die Gegenwarx, das heisst die Zeit vor 28 Jahren in Beziehung auf die
Kunstteghnilq. Wenn wir uns bemühen seine Auseinandersetzungen in
wenige Worte zusammenzufassen, werden wir etwa Folgendes erhalten.
DieVei-gqngenheit, suphge, fand underfand dasjenige, was sie brauchte,
und.war daher nicht in Verlegenheit, wozu und wie das Gewonnene an-
zuwenden sei. Er führt als Beispiele solcher empirischen Erwerbungen
an, wie die Handrischen Maler gegen das Ende des 14. Jahrhunderts sich
11m ein besseres Bindemittel der Farben bemühten und die Oelmalerei
erfanden und wie Bernard Palissy ein halbes Menschenleben der Her-
stellung eines opaken Emails opferte. Um die Mitte unseres Jahrhunderts
war man. in. der entgegengesetzten Lage. Die damalige Gegenwart wurde
überschüttet mit wneuen nutzbaren Stoffen und wunderwirkenden Natur-
kräften, mit neuen Methoden in der Technik, mit neuen Werkzeugen und
MäSChi-DEIIH, und sie hatte nicht Zeit, sich in die halb aufgedrungenen
Wohlthaten hineinzuünden und derselben Meister zu werden. So erklärt
er die Erscheinung, welche uns ja noch heute oft beschäftigt, dass es
unserer Zeit so schwer fällt, für neue Gebrauchsgegenstände eine zugleich
zweckmässige und ästhetische Form zu finden, aus jener Umkehr der
Ordnung der Dinge, indem nicht mehr das Bedürfniss die Empfindungen,
solidem; die Empfindungen die Bedürfnisse ins Leben rufen. Auch hierfür
umii für den Mangel an Vermögen, sich der neuen Mittel zu bemeistem,
gibt. 91' ßÄruBeispiel in der Gasbeleuchtung. "Welche herrliche Erfindungu,
sagt er, wwie bereichert sie abgesehen von deren unendlicher Wichtigkeit
für, den Bedarf des. Lebens unsere Festlichkeiten! Dennoch suche man
i-n den Salons die, Mündungen der Gasrölnren so zu verstecken, dass sie
als Kerzen oder Oellarnpen erscheinenu, und bei llluminatinnen verwende
man, die Gasflatnmen zu blendenden Feuererscheinungen, hinter welchen
die Häuserfagaden unsichtbar werden, anstatt deren Massen und Gliede-
rungen, zu beleuchten. Vor solchen Verirrungen könne nur das Stilgefühl
bewahren. Und da er die Nothwendigkeit erkennt, diesen Ausdruck zu
erläutern, gibt er folgende Definition nStil ist das zu künstlerischer Be-
deutung erhobene Hervortreten der Grundidee. und alle inneren und
äusseremCoefficienten, die bei der Verkörperung derselben in einem Kunst-
werke mßdilicirend einwirktena. Stillosigkeit sei hernach der Ausdruck für
die Mängel einesWei-kes, welche aus. Nichtberücksichtigung der ihmi zu-
gehörigem Gtundideq, und aus der Unbeholfenheit in, ästhetischer Ver-
werthung der gebotenen Mittel zu seiner Vollendung entstehen. Wie in
der Natur bestünden auch im den technischen Künsten gewisse Urformen,
die durch eine ursprüngliche Idee bedungen, in steter Wiedererscheinung
doch eine, durch nähen bestimmende Umstände bedrungene unendliche
Mannigfaltigkeit. gestatten. Er führt dann weiter aus, wie die Grund-
form, als, einfachster Ausdruck der Idee sich modihcire, besonders nach den
Stoffen, den Werkzeugen, nach Ort, Klima, Zeit, Sitte, endlich nach
Eigenthürnlichkeit, Rang, Stellung desjenigen, für den das Werk bestimmt
ist und dqrglßiähßß mehr. Eine Stillehre sei. daher in drei Theile zu
fassen den ersten kunsthistorischerg, die Lehre von den Urmotiven. und
den aus ihnen. abgeleiteten früheren Formen; denizweiten, welcher zu
belehren habe, wie. mit unseren Mitteln, sich, die Formen aus den Motiven
anders zu gestalten. haben, und; wie das Stolfliche. bei unseren vor-
V32
geschrittenen Technik nach Stilgrundsätzen zu behandeln sei; den dritten,
welcher die ausser dem Kunstwerke liegenden örtlichen, zeitlichen und
persönlichen Einflüsse auf Gestaltung desselben besprechen, und seine
Uebereinstimmung mit Anderem, die Charakteristik, den Ausdruck um-
fassen sollte.
Bei diesem dritten Punkte erörtert er in der geistvollsten Weise den
Einlluss des Arbeiters für den Markt, nicht für eine bestimmte Person
oder einen bestimmten Ort, und weist zugleich den Leistungen der asia-
tischen und anderer wenig civilisirter Völkerschaften den gebührenden
Platz an. Bekanntlich war auf der ersten Londoner Ausstellung noch wenig
von orientalischer Kunst zu sehen. Japan fehlte gänzlich, China war schwach
und auch die Türkei nicht vollständig vertreten; dagegen hatte England
für reichliche Betheiligung seiner asiatischen und amerikanischen Besitzungen
Sorge getragen, und die indischen und die indianischen Arbeiten waren
es vornehmlich, welche denkende Beschauer zu Vergleichen mit der euro-
päischen Kunstindustrie aufforderten, und zu dem beschämenden Geständ-
nisse nöthigten, dass jene halbbarbarischen Völker uns weit voraus seien.
Auch Semper erkennt deren Ueberlegenheit im Stil entschieden an, hebt
jedoch bereits hervor, dass die orientalischen Erzeugnisse, wie sie den
Bedingungen vollständig entsprechen, welche an die Marktwaare gestellt
werden müssen, wie sie in alle Umgebungen passen, sich zu den ver-
schiedensten Zwecken verwenden lassen, dafür des individuellen Ausdrucks,
der Sprache, der Seele ermangeln. Und indem er voraussagt, dass der
Einfluss der orientalischen Waaren sich als eine der ersten Wirkungen
der Londoner Industrie-Ausstellung an den europäischen kunstgewerb-
lichen Producten zeigen werde, warnt er zugleich vor der blinden Nach-
ahmung. wWir besitzen einen Reichthum von Wissenu, sagt er, weine nie
übertroifene Virtuosität im Technischen, eine Fülle von Kunsttraditionen
und allgemeinverständlichen Bildern, eine wahre Naturanschauung, und
dürfen wahrlich dies alles nicht für halbbarbarische Weisen hingeben.
Was wir den Völkern von nicht europäischer Bildung absehen müssen,
ist die Kunst des Treffens jener einfachen verständlichen Melodien in
Formen und in Farbentönen, die der lnstinct den Menschenwerken in
ihren einfachsten Gestaltungen zutheilt, die aber bei reicheren Mitteln
immer schwerer zu erfassen und festzuhalten sindm Das Studium der-
selben empfiehlt er wie das Studium der Naturformen, deren unmittelbare
Nachahmung, welche damals sehr im Schwunge war, er selbstverständlich
ebenso verwirft. Es ist betrübend, uns sagen zu müssen, dass trotz allem,
was seitdem geschehen, gelehrt, erstrebt, gearbeitet worden ist, jene Worte
noch heute wie vor beinahe dreissig Jahren am Platze sind der Natura-
lismus zwar ist so ziemlich zurückgedrängt, dagegen florirt gerade in
einigen tonangebenden Ländern das gedankenlose Nachälfen orientalischer
Besonderheiten, und das von Semper geforderte Studium der Natur behufs
der selbstständigen künstlerischen Reproduction ihrer Formen gehört überall
33
zu den Seltenheiten. Auch Sempers Bemerkungen über die damalige Ein-
wirkung der akademischen Künstler aufedie Kunstindustrie, über den
Mangel eines inneren Zusammenhanges zwischen Bestimmung eines Gegen-
standes und dessen Ausschmückung, den Mangel an Rücksicht auf die
Natur des Stolles und die Technik und anderes mehr haben noch keines-
wegs alle Bedeutung für die Gegenwart eingebüsst.
Nach eingehender Besprechung der Ursachen des ungünstigen Standes
der Künste in England erklärt er sich mit Entschiedenheit gegen die Idee
reines künftigen Künstlerareopagsu und Vormundschaftsanstalten des Volks-
geschrnackes; viel besser, äussert er wiederholt, dass noch lange Zeit
geirrt werde, als dass das Volk sich des unveräusserlichen Rechtes begebe,
bei dem, was es bestellt oder kauft, dem eigenen Gefallen zu folgen.
Nur Gelegenheit müsse geboten werden zur Bildung des Volksgeschmaclrs
und zwar durch l. Sammlungen, 2. Vorträge, 3. Werkstätten, 4.. Wett-
eifer und Prämien. Sammlungen und öffentliche Monumente nennt er die
wahren Lehrer eines freien Volkes; man habe jedoch bisher nur gelehrte
Kunstsammlungen gegründet, die das Volk auf seinem dermaligen Stand-
punkte der Kunstbildung gar nicht verstehen könne, und deren Inhalt
auch den Kunstkennern oft unverständlich bleibe, da er zum Theil aus
Bruchstücken bestehe, die aus ihrem ursprünglichen Zusammenhange her-
ausgerissen wdrden. Weit geeigneter zu Sammlungen seien solche Gegen-
stände der Kunst, die von Ursprung her keinem bestimmten Platze an-
gehörten. An diesen müsse sich der Volksgeschmack erst wieder erholen,
weil sie das Früheste waren, woran sich der Kunstsinn des Menschen
bethiitigte. Er verlangt nun solche Sammlungen der keramischen Kunst
mit Einschluss der verwandten Glas-, Stein- und Metallwaaren, dann der
Textilkunst, der Holzarbeit, der Kunst des Maurers und des Ingenieurs;
jede dieser vier Abtheilungen nach einem zugleich historisch-ethnographischen
und technologischen Plan geordnet und verbunden durch eine Modell-
samrnlung, in welcher der Zusammenhang der Industrie mit der Baukunst
und den übrigen Künsten studirt werden könnte. Die Vorträge hätten jene
Sammlungen zu erläutern und vor Allem die Lehre von den Stilerforder-
nissen und die Technologie zu behandeln. Für die l-Ieranbildung von
Künstlern und Kunsthandwerkern legt er den grössten Nachdruck auf den
Werkstattunterricht, verlangt namentlich, dass in den Zeichenschulen der
Zögling von Anfang an einsehen lerne, dass die Zeichnung in den meisten
Fällen Mittel zum Zwecke, nicht an sich Zweck ist. Das brüderliche Ver-
hältniss desMeisters zu seinen Gesellen und Lehrlingen wird, so hellt er,
die Akademien und die Inclustrieschulen nach ihrer damaligen Einrichtung
in Wegfall bringen, Belohnungen und Auszeichnungen erwähnt er eigent-
lich nur, um auf deren bedenkliche Seiten hinzuweisen.
Den so in grossen VZügen entworfenen Plan führt Semper, wie
erwähnt, in der zweiten Arbeit wenigstens zum Theil im Einzelnen aus.
Dieselbe gliedert sich in drei Abschnitte Ueber Sammlungen überhaupt,
94
deren Geschichte und Einrichtungen, Katalog, Museographie und
Biographie einer Sammlung, wie er sie sich denkt. Dieser Katalog umfasst
allein mehr als einhundertundfünfzig Folioseiten.
An die Spitze des Ganzen stellt Sernper, sich auf das in der ersten
Schrift Entwickelte beziehend, eine Reihe von Fundamentalsätzen des
Inhaltes Kunst, Kunstsinn und Stilgefühl haben in der modernen Welt
nicht Schritt gehalten mit der Entwicklung des Wissens; die Volksbildung
wird aber nur dann eine vollendete sein, wenn, wie zur Zeit der Blüthe
der griechischen Cultur, Wissenschaft und Kunst Hand in Hand gehen
und zu allen menschlichen Dingen in Beziehung stehen. Dieses Ziel kann,
vorausgesetzt dass die Gesellschaft auf gesunden Grundlagen ruht, durch
öffentlichen Unterricht erreicht werden. Ein Haupterziehungsmittel sind
gut organisirte Kunstsammlungen, das heisst solche, die zugleich wissen-
schaftliche und künstlerische Anstalten sind. In diesem Sinne ist die Ge-
schichte der Sammlungen eine Art Index der Geschichte der Cultur.
Auf den nächsten Seiten skizzirt der Verfasser nun die Geschichte
der kunstgewerblichen Sammlungen, welche zuerst in Zelt und Haus zu
Gebrauch und Zierde angelegt, dann den Todten mit in ihre Ruhestätten
gegeben wurden, bis nicht mehr die Gräber, sondern die Tempel nationale,
durch die Heiligkeit des Ortes geschützte Schatzkammern wurden. Er
weist dann die Vorliebe für Privatsammlungen bei den altorientalischen
Völkern nach, und verfolgt die Ausbreitung dieser Neigung über Griechen-
land, das Reich Alexanders, Rom und endlich zu den nordischen Zer-
störern des Weltreiches. Die abendländische Kirche vereinigte abermals in
sich Grabstätte und Museum. Um die Zeit des Ueberganges vom Mittel-
alter zur Neuzeit erregten die aus dem Orient, aus dem von den Türken
eroberten byzantinischen Reich, und endlich aus der neuen Welt kommen-
den Kunstarbeiten und fremdartigen Naturerzeugnisse wieder, wie in Rom
nach der Unterwerfung Griechenlands, die Lust zum Sammeln, die Leiden-
schaft dafür. Dem Charakter jener Zeit entsprechend wurde für die damals
angelegten Sammlungen mehr nach dem Fremden, Seltenen, Wunderbaren
getrachtet, als nach dem Schönen, und vollends fern lag systematisches
Sammeln und Ordnen. Doch verdankt ltalien jener Zeit und ihren grossen
Architekten die ersten Sammlungen von classischen Alterthümem, wäh-
rend die Holländer chinesische, japanische und indische Erzeugnisse auf-
häuften und den Grund zu naturhistorischen Museen legten, die deutschen
Fürsten und auch die Könige von Frankreich in ihren Kunst- und Rari-
tätencabineten in der Regel Kunst- und Naturproducte vereinigten. Das
vorige Jahrhundert brachte die kritische Richtung auch auf diesem Gebiete
zur Geltung, man trennte, classificirte, fasste die Museen als öHentliche
Bildungsanstalten auf, aber der Gedanke eines Universalmuseums, welchen
ältere Museographen angeregt hatten, gerieth in Vergessenheit.
In einer Anmerkung zu dieser Stelle nennt Semper eine von den
kleineren Schriften Kants, wldeen zu einer allgemeinen Geschichte in welt-
35
bürgerlicher Absicht", und da dieselbe zu den weniger gelesenen gehören
dürfte, ist es wohl gestattet, diejenigen Gedanken des grossen Philosophen
zu citiren, welche unserem Autor vorgeschwebt zu haben scheinen. Kant
sagt dort unter AnderemfwDa die Menschen in ihren Bestrebungen nicht
blus instiuctmässig, wie Thiere, und doch auch nicht wie vernünftige Welt-
bürger, nach einem verabredeten Plane im Ganzen verfahren, so scheint
auch keine planrnässige Geschichte wie etwa von den Bienen oder den
Bibern von ihnen möglich zu sein Es ist hier keine Auskunft für den
Philosophen, als dass, da er bei Menschen und ihrem Spiel im Grossen
gar keine vernünftige eigene Absicht voraussetzen kann, er versuche, 0b
er nicht eine Naturabsicht in diesem widersinnigen Gange menschlicher
Dinge entdecken könne, aus welcher von Geschöpfen, die ohne eigenen
Plan verfahren, dennoch eine Geschichte nach einem bestimmten Plane
der Natur möglich seilu Und weiter wAm Menschen sollten sich die-
jenigen Naturanlagen, die auf den Gebrauch seiner Vernunft abgezielt sind,
nur in der Gattung, nicht aber im Individuum vollständig entwickelnp
in welchem Zusammenhange dann auf die Ueherlieferung der Aufklärung,
wie Kant sagt, der Cultur, wie wir sagen würden, hingewiesen wird.
Und endlich "Die Natur thut nichts überflüssig und ist im Gebrauch
der Mittel zu ihren Zwecken nicht verschwenderisch. Da sie dem Menschen
Vernunft und darauf sich gründende Freiheit des Wissens gab, so war das
schon eine klare Anzeige ihrer Absicht in Ansehung seiner Ausstattung.
Er sollte nämlich nun nicht durch lnstinct geleitet oder durch aner-
schaffene Kenntniss versorgt und unterrichtet sein", er sollte vielmehr alles
aus sich selbst herausbringen. Die Erfindung seiner Bedeckung seiner
äusseren Sicherheit und Vertheidigung wozu sie ihm weder die Hörner
des Stieres, noch die Klaue des Löwen, noch das Gebiss des Hundes,
sondern blos Hände gab, alle Ergötzlichkeit, die das Leben angenehm
machen kann, selbst seine Einsicht und Klugheit, und sogar die Gutartig-
keit seines Willens, sollten gänzlich sein eigenes Werk sein. Sie scheint
sich hier in ihrer grössten Sparsamkeit selbst gefallen zu haben, und ihre
thierische Ausstattungso knapp, so genau auf das höchste Bedürfniss
einer anfänglichen Existenz abgemessen zu haben, als wollte sie, der
Mensch sollte, wenn er sich aus der grössten Rohheit dereinst zur grössten
Geschicklichkeit, innerer Vollkommenheit der Denkungsart und so viel es
auf Erden möglich ist dadurch zur Glückseligkeit emporgearbeitet haben
würde, hiervon das Verdienst ganz allein haben, und es sich selbst nur
verdanken dürfen. Gleich als habe sie es mehr auf seine vernünftige Selbst-
schätzung, als auf sein Wohlbefinden angelegt Befremdend bleibt es
immer hierbei, dass die älteren Generationen nur scheinen um der späteren
willen ihr mühseliges Geschäft zu treiben, um nämlich diesen eine Stufe
zu bereiten, von der diese das Bauwerk, welches die Natur zur Absicht
hat, höher bringen könnenn- Schluss folgt
36
Vorlesungen lm Museum.
Am 27. November hielt Prof. Dr. Karl v. Lützow einen Vortrag über die Jugend-
bilder Tizians im k. k. Belvedere und demonstrirte an denselben den Stufengang in der
Entwicklung des Meisters Die Zingarella Zigeunertnadonna ward durch eine Copie des
Malers Simmaier, die Kirschenmadonna durch einen Farbendruck und die Madonna mit
den Heiligen Stcfanus, Hieronymus und Georg durch eine Radirung W. Ungefs den
Zuhörern in Erinnerung gebracht. Der Redner wies in formell eleganter und sehr sach-
licher Weise nach, wie Tizian bei dem ersten Bilde noch völlig innerhalb, der feierlich
gebundenen Vortragsweise seines Lehrers Bellini befangen an der Anordnung des tradi-
tionellen Andachtsbildes festhält, um sodann durch das Stadium, welches die Kirschen-
madonna reprasentirt, zur-uzweiten Form des Gottlichenu, der auf sich beruhenden Schon-
heit, fortzuschreiten. Für Kunstfreunde und Kpnstler gleich interessant war die Ausein-
andersetzung der von so glänzendem Erfolge gelohnten gewissenhaften Restaurirung der
Kirschenmadonna durch Erasmus Engert, und der Anblick jener Copie, Welche Engert
bei dieser Gelegenheit von der Rückseite der Bildfläche genommen hatte. Selbe zeigt
deutlich, wie sich bei Tizian während der Arbeit an dem Bilde ein entscheidender Fort-
schritt geltend" macht. Der Meister sprengt hier während des Schaffens die Fesseln der
schematischen pyramidalen Composition, und im dritten Bilde hat der Cultus des Schonen
der Würde und Anmuthl völlig den Sieg über die rituelle Gebundenheit des Andachte-
bildes errungen, ohne deshalb der religiösen Empfindung Abbruch zu thun.
Das überaus zahlreich erschienene Publicum spendete der meisterhaften Leistung
Prof. Lutzow's schließlich reichlicbsten Beifall.
Am 4. December sprach Dr. Aug. Fournier über Turgot. Der Vortrag lieferte
einen neuen Beweis dessen, dass die enorme ökonomische Kraft des frauzosischen Volkes
nicht allein aus dessen allerdings überaus günstigen natürlichen Verhältnissen zu erklären
ist, sondern ebensowohl aus dessen jahrhundertelangem Bemühen, die Arbeit des Volkes
berufsmäßig zu schulen und zu bilden. Die Eroberungen der französischen Armeen Lud-
wig XlV. fanden bald ihr Ende, die parallel gehende Handels-. Kunst- und Gewerbepolitik
Frankreichs eroberte sich den Markt einer Welt und wusste denselben dauernd zu be-
haupten. Seit ienen Tagen hat sich mit der' Freigebung der Gewerbe eine durchgreifende
Vllanydiung der Grundsätze organisatorischer Einflussnahme des Staates vollzogen. Die Ini-
tiativc zu dieser erst von der Revolution durchgeführten That ergriff Turgot, der Minister
Ludwig XVL- An die Biographie und Charakteristik dieses bedeutenden Mannes und die
wissenschaftliche Darlegung seiner wirthschaftlichen Theorien schloss der Redner die Schil-
derung deHFinanzlage in Frankreich vor und nach der großen Krise Laws, die Theorien
der Oekqnomisten und Physikraten, und die einleitenden Steuer- und Verwaltungs-
reformen Turgots, bis zur Aufhebung der Zunfte 1776. Dr, Fournier wusste selbstver-
ständlich als Historiker der Bedeutung der Corporationen im Mittelalter bis in die neuere
Zeit gerecht zu werden, schilderte in Schlagworten Colberts anerkanntes Verdienst um
Hebung der Gewerbe, gleichzeitig legte er aber durch .die Zeichnung der allmalig er-
wachsenen Mißstände im Zunftwesen Turgots radicale Reform als nothwendig, heilsam
und imltlalltrrechte begründet dar. Aber Turgot scheiterte zn der staatsrechtlichen Oppo-
sition des Parlamentes und an Hofcabalen, und erst die Revolution vollführte, was der
Reformator nicht hatte durchsetzen können. Ein kurzer Hinblick auf den Verfall der Ge-
werbe lill Folge der Aufhebung der Zünfte, und der Hinweis, wie durch die neue Gestaltung
dem Staate eben neue Aufgaben erwachsen, das Gewerbe zu schulen und zu bilden, schloss
dieser ausgezeichnet disponirte, trefflich gesprochene und von den Zuhörern mit lebhaf-
testem Beifalle aufgenommene Vortrag.
Am n. December sprach Herr Regierungsrath Exner nUeber die österreichische
Spielwaarenindustriew.
Redner entwickelt die Gesichtspunkte, von denen aus die SpielwaareuHausindustrie
erörtert werden-kann und begrenzt den von ihm gewählten Stoff dahin, dass er die in
den verschiedenen Kronländern Oesterreichs bestehenden Hausindustrie-Emporien der
Spielwaarenerzeugung vom technischen Standpunkte aus zu erörtern beabsichtigt. Hierauf
wurden die eigenartigen Verhältnisse der hausindustriellen Production, deren Rohstoff
Holz ist, umständlich besprochen. Dann folgte eine Erörterung der Spielwaarenproduction
des Erzgebirges, der Umgebung von Grulich, des nordostlichen Mährens, Galiziens, der
Fichten und des Grödner Thales.
An einer großen Zahl von Obiecten wurde das Verfahren in technischer Beziehung
erörtert und durch Angabe des Preises und der Absatzgebiete der für die Arbeiter und
Unternehmer resultireude Gewinn festgestellt. Den Schluss des Vortrages bildete die Be-
sprechung jener Maßregeln, welche zur Hebung des in Rede stehenden Industriezweiges
ergriffen werden könnten und sollten.
Der Vortrag erfreute sich bei dem zahlreichen Publicum der lebhzftesten Theilnahme.
37
Die beiden angekündigten Vorlesungen über die Pflege der Kunstindustrie-arn Hofe
der Päpste während des Renaissancezeitalxers mussten wegen anhaltenden Unwohlseins
des Prof. Dr. Janitscliek ausfallen.
Erst am 15. Jänner folgte wieder ein Vortrag des Herrn Regierungsrathes Professor
Bauer wüber organische Stoffe-i. Zuerst wurde die ewöhnliche Meinung und Definition
der organischen Stufe corrigirt und dann ging der ortmgende sogleich auf die von den
Gewerben noch am meisten verwendeten FarbsloEe über. Er skizzirte eine Farbenlehre
von Newton bis Helmholz; wie durch die Vibration der Luft die Töne. so entstehen
durch Vibration des Aethers die Farben. Es wird auf den Zusammenhang dieser Erschei-
nung mit der Photographie hingewiesen, die Vervollkommnung der Farben durch wieder-
holte Reüexiou, die regelmassige und unregelmässige Reliexion erklärt. Ein lehrreiches
Experiment setzte den Zuhörern die Wichtigkeit dieser Erscheinung bei den Aquarellen
und bei Anwendung des Oeles als Farbbindemittels und des Firnisses als Schutzmittel bei
Oelgemalden auseinander.
Prof. Bauer bespricht hierauf das verschiedene Oelbedürfniss der verschiedenen
Farben und legt den Grund nahe, warum Vergehen gegen die Gesetze der Kunst uns im
Oelgemälde scharfer verletzen als im Aquarell. Nach der Darlegung des Processes beim
Trocknen der Oelgemalde demonstrirt er vor den Zuhörern das Pettenkofefsche Regene-
ratiunsverfahren und vertheidigt schließlich die Chemie gegen die volksthümliche An-
nahme, als hätte sie in neuerer Zeit die Farben verdorben. Mit Ausnahme der Anlllne
farben seien die meisten andern ziemlich unveränderlich und durch Kenntniss der Con-
trastwirkungen könne man auch unschönen Farbenelfecten aus dem Wege gehen. Das
einschlägige Wissen vermittelt eben die Chemie, und so kann auch diese ihr Scherflein
zur Pflege der Kunst beitragen.
Reg-Rath Bauer bewährte auch diesmal wieder sein ausgezeichnetes Talent, die
schwierigsten Themata in fasslichster Weise seinen Zuhörern vorzuführen, und erntete
schließlich reichlichen Beifall.
Literaturhericht.
Warnecke, F. Heraldisches Handbuch für Freunde der Wappenkunst
sowie für Künstler und Gewerbetreibende bearbeitet und mit Beihilfe
des ltönigl. Preuss. Cultusministeriums herausgegeben, mit 363 Abbil-
dungen von E. Doepler d. J. und sonstigen Abbildungen in Licht-
druck von S. Koväcselt. Görlitz, C. A. Starke, 1880. Fol.
Ein neues und zwar ausschliesslich der deutschen Heraldik gewidmetes Hand-
buch, und gleichwohl nicht überflüssig, denn es scheint gerade das rechte Maß zu halten.
Dem unterrichteten Fachmanne dürfte es wenig Neues, dem Künstler und Gewerbetreie
benden jedoch für die meisten Fälle alles für seine Arbeiten auf diesem Gebiete Erfor-
derliche darbieten. Der Text füllt 48 Folioseiten und hiebei ist das nicht unbedingt
Nothwendige in Anmerkungen verwiesen. Der Schwerpunkt der Belehrung liegt in den
33 Tafeln, deren jede eine Reihe von verlässlichen Mustern enthält.
Musterblätter für Künstler und Kunstgewerbetreibende, insbesondere
für Glasmaler. Berlin, H. S. Hermann, 1880. F01.
Auch hier schließt der Verfasser wieder an einen erklärenden Text mit kurzer
Geschichte der Glasmalerei 20 Tafeln an, mit phototypischen Copien von Zeichnungen
berühmter Meister der deutschen Renaissance für Glasgemalde in ganz entsprechenderWeise.
Le Breton, Gast. Ceramique "Espagnole. Paris, R. Simon, 187g. 27 p. 8.
Ein Vortrag, gehalten vor der Alterthums-Commission des Departements Seine-
lnferieure den 16. März 1877. In entsprechend gedrängter Form führt uns der Verfasser
ein bemerkenswerthes Werk der Keramik des 18. Jahrhunderts vor einen gänzlich mit
Porzellan verkleideten Salon des Schlosses zu Madrid aus der Zeit Karl lll.
Die Ausführungen des Verfassers sprechen für die Wahrscheinlichkeit, dass diese
im Stile Louis XV. hergestellten Verkleidungsstücke von einem früher in Capo di Monte
beschäftigten italienischen Künstler, Giuseppe Gricc', in der Manufactur zu Buen Retiru
angefertigt wurden. Die Brochüre bringt ausserdem noch mehrere schätzenswerthe No-
tizen über die Geschichte dieses Etablissements und dessen Beziehungen zur Fabrik von
Capo di Monte.
Der nett ausgestattete Text ist von einigen Illustrationen von Ch. Goutzwiller
begleitet.
Viollet-Le-Duc Histoire d'un dessinateur, comment on apprend
dessiner. Paris, J. Hetzel Gt C"., 1880. 8.
Den Manen des Verfassers sei unser Dank gebracht für dieses sein posthumes
Werk. Möge es jenen Armen im Geiste, welche im gedankenlosen Nachstricheln unver-
standener Vurlageblatter ihr Heil erblicken, den rechten Weg weisen helfen als eine
andere Biblia pauperum!
Die leichtverstandliche und anregende Form, in welche Viollet-Le-Duc die ideale
Geschichte eines jungen Mannes gekleidet, welcher das Zeichnen unter der Leitung eines
verständigen und wohlgebildeten Meisters als etwas Besseres als eine blos mechanische
Augen- und Fingerfertigkeit erlernt, dürfte das damit Gebotene wohl auch jenen Köpfen
fasslich machen, welche sonst die Körner des Wissens als pure graue Theorie und des
wKünstlersc unwürdig durch das weitlücherige Gedankensieb fallen lassen.
Gelangt auch nur die Minderzahl der Leser zum Begreifen der Thatsache, dass
sich die Zeichenfertigkeit zum Zeichnen genau so verhält wie das Sprechen als
bloße Fertigkeit genommen zur Sprache, so ist der Zweck des in Rede stehenden
Buches reichlich erfüllt.
Mag sein, dass eben der Zweck dieses Buches auch von Manchen missverstanden
werden wird. Viele werden das Gebotene als eine Anleitung zum Zeichnen in nuce hin-
nehmen; doch ist ein solcher Irrthum nur bei oberflächlicher Betrachtung des Inhalts
möglich, welcher ja nichts Anderes beabsichtigt, als den Weg zu weisen in das weite
Gebiet, welches der Zeichner zu erobern und zu beherrschen hat; mit einem Worte, in
motivirter WVeise die Frage zu beantworten Wie und zu welchem Zwecke lernt
man Zeichnen?
Nicht verhehlen wollen wir aber auch, dass der Verfasser den Nutzen unbetunt
lasst, welcher dem Lehrlinge im Zeichenfache daraus erwächst, dass er die Arbeiten
seines Meisters unter dessen Hand vor den Urbildern entstehen sieht und auf diese Weise
das Endziel der Anwendung seiner gesammelten theoretischen Kenntnisse klarer zu er-
fassen und leichter zu erreichen im Stande ist.
Wir müssen es jedoch bei der bloßen Berührung dieses Punktes bewenden lassen,
da jede weitere Ausführung desselben uns zu sehr von unserer Aufgabe an dieser Stelle
ablenken wurde.
Wilh. Klein Euphronios. Eine Studie zur Geschichte der griechischen
Malerei. Wien, K. Gerolcfs Sohn, 1879. 4".
Im Jahre t873 hatte Alexander Conze begonnen. die erhaltenen Bilder der be-
deutenderen Vasenmaler zu sammeln und in geordneter Folge in den archäologischen
Vorlegeblattern zu publiciren. Es schien ihm geboten, mit dem eigenartigsten unter
ihnen, mit Euphronios zu beginnen, Duris und Brygos folgten zunachst, Nachdem Heide-
mann, Michaelis und Andere versucht hatten, die beiden letztgenannten als lndividualitaten
festzustellen. war es dem Verfasser vorliegender Schrift, der das Glück hatte, jene oben
erwähnten Bestrebungen an Conze's Seite von ihrem Beginne an verfolgen zu können,
vorbehalten, Euphronios in seinen Beziehungen zu Gleichzeitigen und Nachfolgern zu
schildern. Er beginnt die Gruppe von Malern zu besprechen, welche sich mit dem Namen
des Epiktetos in Verbindung bringen lassen, findet Euphronios unter ihnen, und bringt
caput 2-9 eine sorgfältige interessante Beschreibung und Erklärung von dessen acht er-
haltenen Vasen, gleichsam einen begleitenden Text zu jener Conzdschen Publicadon. Der
Vasenrnaler in seiner Entwickelung wird für uns lebendig, die sieben ersten Vasen werden
uns in jedes Detail der künstlerischen Absicht hinein verständlich, freilich um das Rathsel,
welches die letzte aufgibt, noch verschlungener zu gestalten. Eine Uebersicht der Gefasse
des epiktetischen Kreises bringt ein sehr übersichtlich angelegter Anhang. Dass Euphronios
und jener Kreis nicht archaisirten. hat der Verfasser bewiesen, wenn er sich jedoch gleich
in der Einleitung gedrungen fühlt, sich gegen die Annahme, dass griechische Vasenmaler
absichtlich archaisirten, ausdrücklich und feierlich zu verwahren, so wird er wohl Manehem
erlauben müssen, dass ihm diese Annahme erst recht zum Probleme wird.
Das -Repertorium fur Kunstwissenschaftu, redigirt von den Professoren Janit-
schek und Woltmann, nimmt raschen und erfreulichen Fortgang. Vom Ill. Bande ist
soeben das erste und zweite Heft erschienen, mit interessanten Beitragen von H. Hymans
über Rubens, Janitschek über Palermitaner Malerei, Janitsch, Bucher, Reber, und ein-
gehender Bibliographie.
KLEINERE MXTTHEILUNGEN.
Besuch des Museums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monate
Janner von 16.942, die Bibliothek von 2990, die Vorlesungen von 790 Personen
besucht.
Oeaterr. Museum. Die bisher von der Weihnachts-Ausstellung in Anspruch ge-
nommenen Sale lX und wurden wieder dem Besuche des Publicums eröffnet.
Neu ausgestellt wurde im Saal IX eine Collection von mehr denn 200 Copien
von Miniaturen und Schriftproben, darstellend die Entwicklung der Schrift und der lni-
tialcn vom Beginn des Mittelalters bis zum Ausgang desselben, nach den Originalen aus-
geführt von Franz de Paula Find ey ferner eine Büste des Freiherrn von Dingelstedt,
modellirt von Alois L6 her.
Auch der Saal VI, welcher seit dem Ende der WeihnachtsAAussIeIlung geschlossen
war, ist nun wieder mit Gegenständen der modernen lndustrie eröffnet. Er enthält Por-
zellane, Fnyencen, Arbeiten in Gold, Silber und Bronze, Schmuckarbeiten, Glas, Tauschir-
arbeiten, Stickereien, Lederarbeiten und künstliche Blumen. Aussteller sind Gerbing und
Stefan, Szolnay vertreten durch Wahliß, Fischer von Herend, Schutz, V. Mayer's Söhne,
Reiner's Erben, Lustig, H. Ullrich, Bakalovits, Augustin. Segner, Kolbinger, Pendel, Novalt,
Grünwald, Schostal 81 Hertlein, Hochstadter, Christomano etc.
Kunstgewerbesohule Die diesjährige Ausstellung der Kunstgewerbeschule des
k. k. Oesterr. Museums wird vom 14. bis 21. Mnrz in den Salen des Museums l. Stock
statttinden.
Todesfälle Am a5. Janner starb in Wien im 54. Lebensjahre der tüchtige und
strebsame Bronzewaarenfabrikant Herr Clemens Lux, dessen Arbeiten sowohl auf der
Pariser Weltausstellung wie in den Weihnachts-Ausstellungen des Museums sich wohl-
verdiente Anerkennung errungen haben. Am 22. Janner verschied in Prag das corre-
spondirende Mitglied unseres Museums, der Historienmaler Jos. Adalb. Hellich, Prases
der christl. Akademie, Ehrenmitglied der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde Prags,
im 73. Jahre seines rastlos thatigen Lebens. Karl Steinhäuser von Bremen, Pro-
fessor der Sculptur an der grossherzoglichen Kunstschule in Karlsruhe, ist im 66. Lebens-
iahre verschieden.
Industrie. und Kunntanaatellungen. Das gewählte Comitä der schlesischen
Landesausstellung in Teschen pro 188a besteht aus den Herren Eugen Graf Larisch-
Mbnnich als Präsident, Dr. Sobieslaus Klucky und Bankier Johann Rosner als Vice-
Prasidenten, dann Liquidator Szigmansky und Buchhändler Ed. Schröder als Schriftführer.
Das Ausstellungs-Comite hat folgende SubeComitfs gebildet das Central-Comite mit dem
Bureau, das Finanz-Bau- und Festcomite, ferner das landwirthschaftliche, forstwirth-
schaftliche, montanistische und gewerbliche Comite. Die Ausstellung wird wenigstens
14 Tage dauern und der Aulruf zur Betheiligung demnächst ausgeschickt werden. Die
Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und die benachbarten Bezirke, in Ver-
bindung mit einer allgemeinen deutschen Kunstausstellung zu Düsseldorf, wird am
g. Mai 1830 erßffnet werden. Die Anmeldungen mehren sich in sehr erfreulicher Weise
und sind bereits auf über 2500 gestiegen. Die bedeutendsten Goldschmiede von Aachen,
Frankfurt a. M., Münster, Köln und Düsseldorf werden auf der Ausstellung erscheinen.
Für die Gruppe v-Kuitstgewerbliche Alterthümera wird ein eigener Pavillon errichtet
werden. Mit der Gewerbeausstellung wird die 4. allgemeine deutsche Kunst-
ausstellung verbunden, welche von den bedeutendsten Künstlern Deutschlands
beschickt werden ;wird. Das leitende Comite der in Berlin vom 29. Juni bis
lo. August 1880 stattfindenden internationalen Ausstellung der Ziegel-, Thonwaarem,
KalIt-, Cement- und Gypsindustrie gibt bekannt, dass Anmeldungen nur bis 15. März 1880
erfolgen können. König Ludwig von Baiern hat auf die Bitte des Landescomitefs für
die im Jahre 1882 in Nürnberg abzuhaltendc Landes-Industrie, Gewerbe- und Kunst-
ausstellung das Protectorat dieser Ausstellung übernommen und zum Zwecke der Erleich-
terung der Beschickung derselben Seitens der kleineren Gewerbetreibenden die Summe
von 25.000 Mark bestimmt. Die Gesellschaft aArti et amicitiae in Amsterdam be-
reitet für den Monat April eine Ausstellung von Werken der Goldschmiedekunst in ihren
Leistungen bis zum Ende des XVlll. Jahrhunderts vor, und zwar als erste Abtheilung
kirchliche Gegenstände, Prachtgeschirr, lnsignien, Bucheinbande der Stadte und Gilden,
häusliche Gefasse und Getathe, Münzen, Medaillen, Siegel, und in einer zweiten Abtheilung
Documente zur Geschichte des genannten Kunstgewerbes, als Zunftbücher, städtische
und andere Rechnungen, Meisterverzeichnisse, Marken und Monogramme, Bildnisse von
Goldschmieden, Ornamentstiche, Bücher über die Goldschmiedekunst, Werkzeuge u. s. w.
Die Cornmission wendet sich auch an auswartige Besitzer unter Zusicherung aller mög-
lichen Garantien.
40
Prager Kunstakademie. Der Ausschuss denGescllschaft patriotischer Kunst-
freunde in Böhmen hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, den Posten eines Directors
der Prager Kunstakademie nicht wieder zu besetzen, sondern nach dem Vurbilde anderer
Kunstschulen das lnstitut des Rectorates einzuführen und die Stelle eines dritten ordent-
lichen Professors zur Leitung des Ateliers und der Malerschule zu creiren. An die Stelle
des Herrn Dr. Friedrich Grafen Schönborn, der seinen Wohnsitz nach Wien verlegt
hat, wurde Herr Dr. Josef Neu mann, Advocat in Prag, zum Geschältsleiter der Gesell-
schaft patriotischer Kunstfreunde und des Kunstvereines gewählt.
Der Pariser Salon 1880. Das neue Reglement für den -Salon- von 1880,
welches soeben erschienen ist, macht in hiesigen Kunstlerkreisen viel von sich reden und
hat auch für die Künstler des Auslandes ein um so grösseres llnteresse, als eine der
wichtigsten Neuerungen des Reglements in directer Weise sie betrifft. Das Reglement für
1880 bestimmt nämlich, dass den ausländischen Künstlern, welche den diesjährigen vSnlon-
beschiclten, eine besondere Section zugewiesen werden wird. Diese Neuerung wird in dem
Berichte des Unter-Staatssecretärs der Künste an den Minister folgendermaßen rnotivirt
nVon allen Gesichtspunkten aus empfiehlt es sich, ihr der ausländischen Künstler Streben
und ihre Tendenz zu constatiren. Sei es, dass sie sich von den Künstlern französischer
Nationalität durch ihre originellen Eigenschaften auszeichnen, sei es, dass sie sich ihnen
durch erworbene Eigenschaften nähern, wir haben in beiden Fallen und indem wir ihnen
gleichwohl eine entgegenkommende Gastfreundschaft gewähren, ein grosses Interesse, sie
in ihren Arbeiten mit Aufmerksamkeit zu verfolgen Eine andere radicale und hier
im Allgemeinen abfällig beurtheilte Neuerung besteht darin, dass die ausgestellten
Oelgentälde nach Genres classilicirt werden sollen. Die Historien-, Landschafts- und Genre-
bilder, sowie die Porträts werden, von einander abgesondert, in eigenen Sectionen aus-
gestellt werden. Nicht genug an dieser Classitication, werden noch besondere Abtheilungen
creirt für dieKünstler, dieMitglieder der Akademie sind, welche für ihre Werke rnit dem Orden
der Ehrenlegion decorirt wurden oder auf früheren Ausstellungen entweder eine Medaille
oder den Prix du Salon, den Prix de Rorne oder eine Mention honorable erhalten haben.
Da indess dieses neue Reglement nur fur den vSalonn von 188a gilt, wird diese nmethodische-
Classification, wenn sie sich nicht bewähren sollte wie man hier in Künstlerkreisen
allgemein annimmt nur eine kurze Lebensfrist haben. Nicht unerwahnt mag aber eine
Reform bleiben. welche neben den oben erwähnten prekären Neuerungen eine entschieden
anerkennenswerthe und liberale ist. Es ist dies die Creirung einer mit der Section für
Architektur in Verbindung stehenden Abtheilung für monumentale und decorative Kunst.
Dieselbe wird Skizzen, Modelle, Aquarelle und ndthigenfalls auch Photographien von
Kunstwerken enthalten, deren Natur oder lnamovibilitat die Ausstellung in natura nicht
möglich macht. Die Bestellung oder Ausführung solcher Arbeiten muss der betrefende
Künstler mittelst eines vorn Architekten des Baues oder Denkmals auszustellenden Geni-
ücats legitimiren. Für diese Abtheilung ist auch eine Medaille erster Classe creirt worden.
N. Fr. Pr.
Preisausschreiben Der kgl. Universität München sind 3000 Mark übergeben
worden zum Zwecke der Ausschreibung eines Preises für die beste Geschichte der
deutschen Holzschneidekunst von der ältesten bis zur neuesten Zeit Der Termin
der Einsendung ist 1. Janner 1883.
Preisausschreiben Das Gewerbemuseum zu Schtvabisch-Gmünd schreibt nach-
folgende Preisaufgaben aus, bestehend in Entwürfen von einer Garnitur ganz von Gold
oder auch mit Silber combinirt, bestehend aus Collier mit Anhänger und Ohrgehangen
im Fabrikspreis von 300 Mark, erster Preis 120 Mk., zweiter Preis 6c Mk.; ll. einer
Garnitur wie oben im Fabrikspreis von 150-180 Mk., erster Preis 80 Mk., zweiter Preis
40 Mk.; lll. einer Garnitur in Silber, bestehend aus Collier mit Anhänger, Armband
und Ohrgehangen im Fabriksprcis von 80-100 Mk., erster Preis 80 Mk., zweiter Preis
4o Mk.; lV. einer Broche oder einem Anhänger mit Ohrgehangen ganz von Gold oder
mit Silber combmirt im Fabrikspreis von 30-40 Mk., erster Preis 6a Mk., zweiter Preis
40 Mk.; V. einem silbernen Pocal im Fabrikspreis von 150 ML, erster Preis 120 Mk.,
zweiter Preis 60 Mk. Ausserdem werden noch eine Anzahl Belobungs-Diplome für her-
vorragende Arbeiten zuerkannt werden. Einsendungen sind bis spätestens 15. Marz 188a
franco an den Vorstand des Gewerbemuseums, Commerzienrath J. Erhard in Schwäbisch-
Grnund. zu richten.
Zu Preisaufgabe IV ist zu bemerken, dass die in Schwabisch-Gmünd verfertigten
Gßldwßrlrßn Vßrwißgßnd MS billiger, sogenannter couranter Bijouterie bestehen und es
wurde in Rücksicht dessen die obige Aufgabe gestellt.
snaimri-t; du x. i. Oashrr. Inlnulvu. nnhhdmd c." 55.14 3.