Minhailunuan des k. k. üaslßrrßinh. Mnsaums
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrift für Kunst und KunstgewerbeA
Am r. eines ieden Monats erscheint eine Nummer. Abonnementspreis per Jahr fl. 4.-
Reducteur Eduard Chmelarz. Expedition von C. Gerulls Sohn.
Man abonnirt im Museum, bei Gerold Cump., durch die Posuanslalten, sowie durch
alle Buch- und Kunsthandlungen.
1. SEPTEMBER 1881.
Inhalt Die Triestiuer Ausstellung irn Jahre 1882. Zur Organisation des gewerblichen Bildung-
weseus. Die Gewerbelchuldebatte im Ahgeurdnelenhauee. Fans Kruguuulellung im
Oesterr. Muleum. Von B. Bucher. II. Ferdinmd Llufberger als Lehrer. Die Beziehungen
der Chemie zur bildenden Kunst, insbesondere zur Malerei. Von Nicalue Teclu. Schlulm
Preiuausschreibung behufs Liefenlug von Plänen für Gaslaternen und Gaslaternenüiger zur
öffentlichen Beleuchtung der Stadt Wien. Fortsetzung des Verzeichuiuel der käuflichen
Gypsabgüsee des k. k. Oeaterr. Museums. Literaturberichl. Kleinere Mitrheiluugeu.
Die Triestinor Ausstellung im Jahre I882.
Zur Soojährigen Jubelfeier der Stadt Triest soll im nächsten Jahre
eine österreichische Industrie-Ausstellung veranstaltet werden. Wir machen
unsere Leser auf diese Ausstellung ganz besonders aufmerksam, weil die-
selbe für das ganze österreichische Kunstgewerbe von der größten Be-
deutung ist. Alle maßgebenden Factoren des Oesterr. Museums sind von
der Nothwendigkeit durchdrungen, dass, wenn bei irgend einer Ausstel-
lung, so bei dieser das Oesterr. Museum, die Kunstgewerbeschule und
die chemisch-technische Versuchsanstalt in vollständiger und würdiger
Weise vertreten sein müssen. Sobald wir von den Grundzügen des Aus-
stellungsprogrammes verständigt sein werden, wird im Museum eine Com-
mission zusarnmentreten, welche die Maßregeln berathen wird, welche zur
Durchführung einer würdigen Vertretung des Museums und der Kunst-
gewerbe in Triest nöthig sind. Zur Orientirung unserer Leser theilen wir
nur mit, dass Triest sich im Jahre 1382 dem Herzog Leopold von Oesterreich
übergeben hat'. Schon damals hatten die Triestiner ein richtiges Verständ-
niss für die Wechselbeziehungen von Triest mit dem Deutschen Reiche.
Von dem Jahre 1382 angefangen blieb Triest, mit Ausnahme eines ein-
zigen Jahres, bis zur französischen Invasion, fest mit Oesterreich ver-
bunden. Mit Recht bemerkt die A. A. Ztg., vdass Triest ganz und gar
Siehe Krones, Oesterr. Geschichte, II. p. 159.
VIII. Bd. 1881.
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die künstliche Schöpfung eines glücklichen österreichischen Staatsgedankens
ist. Venedig, Genua und Pisa, sowie die Hansestädte im Norden, sind,
von ihrer Lage begünstigt, durch sich selbst bedeutende und mächtige
Emporien geworden, Triest aber nur durch die Gründung einer öster-
reichischen Handelspolitik unter Karl Vlm
Von italienischer Seite wird eine Publication vorbereitet, vielche die
historischen Documente zur Geschichte Triests bis zum Jahre 1382 ent-
halten wird. So interessant auch so retrospective historische Betrach-
tungen sein mögen, an der unverrückbaren Thatsache wird nichts ver-
ändert, dass Triest seine commercielle und seine Weltbedeutung einzig
und allein seiner Verbindung mit Oesterreich zu verdanken hat. Zur
rechten Zeit erscheint soeben in Leipzig, bei Otto Wigand, eine Schrift
von Friedrich Scubitz, Lehrer an der öffentlichen Handelslehranstalt
zu Leipzig, welche den Titel führt "Triest und seine Bedeutung
für den deutschen Handeln! Herr Karl v. Scherzer hat diese
Schrift mit einem Vorworte begleitet, in welchem die hohe Bedeutung
des Triestiner Hafens nicht blos für die Waarenbewegung des österrei-
chischen Außenhandels, sondern auch für den deutsch-orientalischen Handel
erörtert wird. Indem wir unseren Lesern diese Scubitz-Scherzefsche
Brochure zu eingehender Würdigung empfehlen, können wir nicht umhin
auf einen Ausspruch in W. Roscher's soeben erschienenem Werke
nNationalökonomik des Handels und Gewerbesa, Stuttgart 188i, S. 443
aufmerksam zu machen vDie Entfremdung Triests von Oesterreich wird
sehr dadurch verstärkt, dass mit dem letzteren immer nur durch Zoll-
schranken hindurch verkehrt werden konnte, während die Zollschranken
gegen Italien theils ferne lagen, theils gegenüber den italienischen Frei-
häfen gar nicht existirtenm
Zur Organisation des gewerblichen Bildungswesens.
Die vWiener Zeitunga vom 4.. August theilt mit, der Kaiser habe
mit allerhöchster Entschließung vom 30. Juli genehmigt, dass vom Jahre
1882 an sämmtliche, dem gewerblichen Bildungswesen ge-
widmete Credite im Etat des Unterrichtsministeriums ver-
einigt und von diesem Ministerium unter Mitwirkung des
Handelsministeriums verwaltet werden.
Zugleich veröffentlicht die vWr. Ztg. ein Memorandum, in welchem
die Momente dargestellt werden, welche für diese Reform im gewerb-
lichen Unterrichtswesen maßgebend gewesen sind.
Die Maßregel, durch welche der Credit des Handelsministeriums für
das gewerbliche Bildungswesen mit dem Etat des Unterrichtsministeriums
vereinigt wurde, kommt unsern Lesern weder unerwartet noch uner-
wünscht. Seit langer Zeit hat es keine Maßregel gegeben, welche von so
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weittragender Bedeutung für das gesammte gewerbliche Unterrichtswesen
in Oesterreich wäre als diese. Denn dieselbe berührt nicht blos das Unter-
richtswesen im engeren Sinne des Wortes, sondern auch die Interessen
der Volkswohlfahrt des Reiches. Wir werden noch oft Gelegenheit haben,
auf diese Maßregel eingehend zurückzukommen, empfehlen daher vor-
läufig unsern Lesern die aufmerksame Lectüre des in der wWiener Ztgm
veröffentlichten Memorandums. Es lautet wie folgt
Die Organisation der Oberleitung des gewerblichen Bildungswesens.
Seit einem Jahrzehent haben Dank der landesvaterlichen Fürsorge Sr. Majestät des
Kaisers die gewerblichen Bildungsanstalten einen solchen Aufschwung genommen und
sich zu einem so bedeutenden Verwaltungsobiecte gestaltet, dass es im Interesse einer
weiteren gedeihlichen Entwicklung nunmehr unabweisbar erschien, alle diese zwar viel-
fach abgestuften, aber einander innerlich verwandten Institutionen unter einheitliche
Oberleitung zu bringen. Die Losung dieser Aufgabe konnte nur insofern verwaltungs-
xechnische Probleme darbieten, als es sich darum handelte, die einfachsten Formen
für ein Zusammenwirken zweier Ressorts zu wählen, welche beide in gleicher Weise an
den bezüglichen Fragen interessirt erscheinen.
Es sind dies die Ministerien für Handel und Gewerbe und für Cultus und Unter-
richt. Wenn es dem ersteren obliegt, darüber zu wachen, dass für die Förderung der
Industrie, soweit solche auf dem Wege der Schule stattfinden kann, die nothwendigen
Maßnahmen getroffen werden, so ist es die Pflicht des letzteren, durch besondere Insti-
tutionen des otfentlichen Unterrichtes für die geistige Hebung und die berufliche Tüch-
tigkeit der gewerblichen Classen zu sorgen und die mannigfachen Beziehungen zu pflegen,
welche diesen speciellen Unterrichtszweig mit dem übrigen Bildungswesen enge ver-
knüpfen. Es erscheint sonach Sache des Handelsministeriums, auf die Wahl geeigneter
Orte und auf die Feststellung der praktischen Endziele für die gewerblichen Bildungs-
anstalten in Gemaßheit der industriellen Bedürfnisse Einfluss zu nehmen, so wie dem
Unterrichtsministerium die Aufgabe erwachsen muss, die Einzelheiten der Schuladmini-
stration im Geiste richtiger Didaktik und Pädagogik zu besorgen.
Diesen Gesichtspunkten entsprechend, sind die Wirkungskreise beider Ministerien
bereits durch die Allerhochsten Entschließungen Sr. Maiestat vom 23. Mm und t. August
1848 und vom z. März 1867, ferner vom I0. April l86t abgegrenzt, indem durch die-
selben dem Unterrichtsministerium die Leitung und Ueberwachung des ge-
sammten Unterrichtswesens und dem Handelsministerium die Mitwirkung bei
Errichtung und Regulirung von lndustrieschulen übertragen wurde.
Hiedurch erscheint die Form des Zusammenwirkens gegeben. Bei Berathung
der Maßnahmen, welche die Regierung bezüglich der Errichtung und Regulirung gewerb-
licher Bildungsanstalten trifft, hat das Handelsministerium seinen Einfluss geltend zu
machen, während die administrative Durchführung der Beschlüsse in den Pflichten-
kreis des Unterrichtsministeriums fallt.
In der Oberleitung dieses Verwaltungsbereiches muss sonach zwischen conaul-
tativen und executiven Functionen unterschieden und kann eine Einheit nur da-
durch hergestellt werden, dass die ersteren durch beide Ressorts gemeinsam, die letzteren
durch das Unterrichtsministerium ausgeübt werden. Demgemäß erkannte die Regierung
die Nothwendigkeit, für Angelegenheiten des gewerblichen Unterrichtes durch beide Mini-
sterien gemeinsam ein fachliches Berathungsorgan einzusetzen, dessen Beschlüsse sodann
durch das Unterrichtsministerium ausgeführt werden.
Daher wird nach dieser Auffassung der Regierung zwar der Verwaltungsaufwand
für diesen Schulzweig in den Etat des Unterrichtsministeriums als des Executivorganes
einzustellen sein; bezüglich der Verwendung der Credite auf Errichtung und Regu-
lirung gewerblicher Schulen hat jedoch das Handelsministerium in einer besonderen Fach-
commission ressortmäßig mitzuwirken.
Eine derartige Organisation der Centralleitung bewegt sich streng auf der Basis
der bereits erwähnten Allerhochsten Entschließungen über den Wirkungskreis beider
Ministerien, und die Regierung musste sich verpflichtet halten, die Organisation nunmehr
auf diese Basis zurückzuführen, über welche die Verhältnisse während des abgelaufenen
Decenniums allmalig hinausgewachsen waren.
Als nämlich in den ersten Siebziger Jahren eine umfassendere Thatigkeit auf dem
Gebiete des gewerblichen Unterrichtes sich als nothwendig herausgestellt hatte, war an-
fangs die Absicht der Regierung nicht directe auf Einrichtung und Verwaltung von neu
zu creirenden Staatsanstalten gerichtet, sondern es war vielmehr nur die Gewahrung
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von Subven tionsbe tragen, welche die Selbstthatigkeit der localen Factoren hatten
beleben sollen, in Aussicht genommen. Daher wurde zwischen dem I-Iandels- und dem
Unterrichtsministerium ein Uebereinkommen über die Gesichtspunkte getroffen, nach
welchen beide sich in die Suhventionirung der Lehranstalten thcilen würden, damit nicht
einer und derselben Schule von beiden Seiten äUnterstützungen zukamen. Schon die Er-
fahrung weniger Jahre ergab jedoch, dass durch eine lediglich subventionirende Wirk-
samkeit die Schatfung eines den Bedürfnissen entsprechenden gewerblichen Bildungs-
wesens nicht erzielbar sei, und der Staat sah sich gezwungen, die organisatorische Auf-
gabe in allen Details mehr und mehr selbst in die Hand zu nehmen. Auf diese Weise
bildete sich allrnalig in jedem der beiden Ministerien ein neuer Agendenkreis und eine
unmittelbare Executive aus.
lm Jahre r875 war diese Entwicklung so weit gediehen, dass bereits Berathungen
zwischen den Ministerien über die Frage einer Fortdauer dieser doppelten Executive
nothwendig schienen; jedoch wurde damals beschlossen, vorläufig und bis zur Erlangung
weiterer Erfahrungen von einer definitiven Aenderung noch Umgang zu nehmen. Seither
hat es sich aber immer deutlicher erwiesen, wie sehr das Interesse dieses Unterrichts-
zweiges eine einheitliche Verwaltung erbeischt und wie richtig in jenen Allerhöchsten
Entschließungen für die Wirkungskreise beider Ressorts die Grenzen gezogen sind.
Es musste sich daher gegenwärtig empfehlen, diese Verwaltungsverhaltnisse wieder
im Geiste jener Allerhochsten Resolutionen zu ordnen, und zwar in der Art, dass von dem
mit der Executive betrauten Unterrichtsministerium eine Centra lcommissinn als Fach-
organ bestellt und dem Handelsministerium ein bestimmt geregelter Einßuss in diesem Be-
rathungskörper und auf denselben gesichert wurde. Dies wurde dadurch zu erzielen ge-
sucht, dass die den gewerblichen und commerciellen Kreisen zu entnehmenden Mitglieder
der Commission zur Hälfte vom l-landelsminister vorgeschlagen und dass überhaupt alle
Mitglieder vom Unterrichtsminister im Einvernehmen mit dem Handelsminister berufen
werden. Um aber dem letzteren Ressort die volle Gewahr zu bieten, dass keine das ge-
werbliche Bildungswesen betreEende Maßregel zur Ausführung gelangen kann, die etwa
mit den praktischen Bedürfnissen der Industrie in Widerspruch steht, soll überdies ein
specieller Delegirter des Handelsministeriums an den Berathungen Theil nehmen und dem-
selben das Recht eingeräumt sein, gegen ihm bedenklich scheinende Majorititsbeschlnsse
der Cornmission Verwahrungen zu Protokoll zu geben, welchen für die administrative
Durchführung der betreffenden Beschlüsse aufschiebende Wirkung zukommt.
Außer diesem Zusammenwirken beider Ministerien in einem Consultativ-Organe
emptiehlt es sich ferner, auch sonst im inneren Dienste dem Handelsministerium eine
Einliussnahme auf die Entwicklung des gewerblichen Bildungswesens zu gewährleisten.
Dies glaubt die Regierung dadurch in ausreichendem Maße zu erzielen, wenn die
lnspectoren der gewerblichen Lehranstalten stets im Einvernehmen der beiden Ministerien
ernannt werden und wenn außerdem dem Handelsminister das Recht vorbehalten bleibt,
sich jederzeit durch Entsendung eines besonderen Ministerial-Commissars an gewerbliche
Schulen, Versuchsstationen etc. unmittelbare Kenntniss von dem Zustande der beuefenden
Institute zu verschaffen. In der Natur einer solchen Mission, die ja die Wirksamkeit der
stlndigen lnspectionsorgane nicht beirren soll, ist es gelegen, dass der Ministerial-Com-
missar bei der Besichtigung der Anstalten eine lediglich beobachtende Haltung einzu-
nehmen und in keiner Art durch directe Weisungen oder Bemangelungen in die Action
der betreffenden Fachlehranstalten einzugreifen hat; vielmehr gedenkt das Handelsmini-
sterium, erst auf Grund der Berichte des Commissirs dem Unterrichtsministerium seine
Ansichten und Wünsche auszusprechen.
Selbstverständlich werden außer dieser für die Verwaltung des gewerblichen Unter-
richtes im Besonderen festgestellten Art gemeinsamer Thätigkeit auch alle jene Formen
des dienstlichen Verkehres Anwendung finden, deren sich im Allgemeinen die Admini-
stration innerhalb ihres gesetzlichen Wirkungskreises zu bedienen ptiegt; und in solcher
Weise wird es der Regierung ermöglicht sein, eine Gesammt-Organisation des
gewerblichen Bildungswesens zu schaffen, die einerseits auf klarer Erkenntnis
der industriellen Zwecke beruht und anderseits diese Zwecke durch die Wahl richtiger
pldagogischer Mittel erreicht.
zur Reorganisation des gewerblichen Unterrichtes. Unter
diesem Titel hat die Reichenberger Handels- und Gewerbekammer soeben
einen vom Secretär Dr. Hallwich verfassten Bericht veröffentlicht 23 S.
in gr. der die Frage des gewerblichen Unterrichtes, mit besonderer
Rücksicht auf die k. k. Staatsgewerbeschule in Reichenberg und die Fach-
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schule in Gablonz sachgemäß und eingehend erörtert und zur Hebung
des gewerblichen Unterrichtes folgende Postulate aufstellt r.Vereinigung
sämrntlicher Agenden des gewerblichen Erziehungswesens im Ressort des
k. k. Unterrichtsministeriums; 2. Einsetzung einer ständigen Centralcotn-
mission, bestehend aus Vertretern der Kunst, des Handels und der Gewerbe
als Consultativorganes der genannten Centralstelle in allen Fragen der
Errichtung und Verwaltung gewerblicher Lehranstalten; 3. Organisirung
des gesammten allgemeinen und gewerblichen Fortbildungsunterrichtes
nach den gegebenen Fachschuldistricten unter Oberleitung der betreffenden
Staatsgewerbeschule. Schließlich wird ein Verzeichniss der durch dieHandels-
kammer in Reichenberg r875-r88x verliehenen Subventionen mitgetheilt,
aus dem hervorgeht, dass die Reichenberger Handels- und Gewerbekarnmer
ihre Subventionen in richtiger und rationeller Weise verwendet.
Die Gowarboachuldehatte im Abgeordnetenhaus.
Fortsetzung
Sitzung am 14. Kai.
Die Frage der einheitlichen Organisation des gewerblichen Unterrichtes kam ge-
legentlich der Debatte über das Budget des Handelsministeriums nochmals zur Sprache.
Der erste Redner. welcher Gelegenheit nahm sie zu berühren, war der Abgeordnete Dr.
Hallwich. ln einer Rede, deren lnhalt uns im Uehrigen nicht berührt, sagte er
Und ganz dasselbe muss ich, zum Schlusse eilend, in Hinsicht nach einer anderen,
nicht minder hieher gehörigen, nicht minder brennenden Frage, wenngleich mit
schwerem Herzen, erklären ich meine die schon bei Gelegenheit der Debatte über das
Unterrichtsbudget neuerlich angeregte Frage der Centralisirung, oder, wie man von Seite
der Rechten lieber will, der Vereinheitlichung des gewerblichen Unterrichtes
eine Frage, über welche alle Culturstaaten Europas, die das Institut der gewerblichen
Schulen kennen, so England, Frankreich, Deutschland u. s. w., nunmehr glücklich hinaus
sind, die nur bei uns noch immer der Lösung harrt.
Und ich dränge nicht zur Entscheidung. ich fürchte aufrichtig gestanden
unter den gegenwärtigen Verhältnissen die Losung dieser und noch mancher anderen
Frage vom leidigen politischen Parteistandpunkte der verehrten Majorität dieses
hohen Hauses, einem Standpunkte, den solche Fragen nun und nimmermehr vertragen.
Auf diese Stelle der Rede zurückkommend äußerte der Handelsminister Freiherr
v. Pin Was die Bemerkung des Herrn AbgeordnetenDr. Hallwich betriEt, rücksichtlich
der Centralisirung des gewerblichen Unterrichtes, so muss ich gestehen, dass ich selbst
eine solche Centralleitung des gewerblichen Unterrichtes lebhaft herbei wünsche und dass
die Regierung sich damit beschäftigt, eine solche Centralleitung zu schaffen.
Hierauf sprach Specialberichterstatter Ritter von Gomperz im Verlaufe seiner
Rede über unseren Gegenstand in folgender Weise
Indem ich dieses Thema Schutz der Interessen des Handels und der Industrie
verlasse, will ich noch auf eine Aeußerung, welche bezüglich der Gewerbeschulen gefallen
ist, zurückkommen. Vorn ersten Herrn Redner und im Laufe der Debatte noch von einem
anderen Herrn Redner wurde kurz auf die Gewerbeschulen und deren wünschenswerthe
veränderte Organisation hingewieseny sie haben keinen bestimmten Antrag gestellt und
ich freue mich auch dessen, weil diese Angelegenheit ziemlich complicirt und einer reif-
lichen Erwägung bedürftig ist. Seine Excellenz der Herr Handelsminister sagte, dass er
die Absicht habe, allen Gewerbeschulen in Oesterreich eine einheitliche Leitung zu geben,
das heißt, wenn ich ihn recht verstanden habe, dass die gegenwärtig zwei Ministerien
untergeordneten Schulen unter einem einzigen Ressort vereinigt werden. Darüber wurde
im Budgetausschusse und außerhalb desselben in Fachkreisen, wie in Handelskammern
in der letzten Zeit sehr viel gesprochen und es zeigte sich immer mehr das Bedürfniss,
dass eine einheitliche Leitung der bezüglichen Schulen platzgreife.
ln letzter Zeit sind die Missstände dieser Schulen sowohl in der öffentlichen Presse,
als auch in Fachkreisen häufig besprochen worden, und der Wunsch wurde laut, dass
durch ein inniges Zusammengehen beider Ministerien das Ziel erreicht werde, das wir
Alle anstreben, nämlich dem Gewerbeschulwesen wirklich gedeihlich unter die Arme zu
greifen. lch habe meine Freude darüber geäußert, dass kein bestimmter Antrag gestellt
wurde, weil es wirklich eine sehr schwere und verantwortliche Aufgabe ist, mit positiven
Vorschlägen in dieser Beziehung zu kommen, und weil ich die Ueberzeugung habe, dass
es PGicht der Regierung sein wird, nach Erwägung der Verhältnisse und nach Anhörung
der Fachkreise, welche in erster Linie dazu berufen sind, ihr Votum hierüber abzugeben,
Vorschläge zu machen und in dem Abgeordnetenhause Vorlagen einzubringen, welche
geeignet sind, ein einheitlicheres, gedeihlicheres und besseres Zusammenwirken beider
Ministerien zum Zwecke eines entsprechenden Gewerbeschulunterrichtes zu Stande zu
brinen.
Den Ausführungen des Herrn Abg. R. v. Gomperz, sowie denen des Herrn Abg.
Wiesenburg tritt Abg. Dr. Haase in folgender Weise entgegen Wenn nicht schon
von dem ersten Herrn Redner zum Budget des Handelsministeriums, dann von Seiner
Excellenz dem Herrn Handelsminister und jetzt von dem Herrn Specialberichterstattcr für
Centralleitung darauf hingewiesen worden ware, dass die einheitliche Organisation unseres
gewerblichen Unterrichtswesens eine unbedingte Notbwendigkeit sei, so wurde schon die
Thatsache, dass wir die Kosten für einen Theil der gewerblichen Bildungsanstalten im
Budget des Untcrrichtsministeriums, die Kosten für einen anderen Theil im Budget des
Handelsministeriums eingestellt finden, uns an diesen wunden Fleck in der Organisation
der genannten Bildungsanstalten erinnern.
Es ist gewiss erfreulich, dass von allen Seiten die Nothwendigkeit der einheitlichen
Organisation dieser Anstalten auch in diesem hohen Hause und selbst von Seite der
Regierung mit eben der Lebhaftigkeit anerkannt und betont wird, wie in den Kreisen der
Gewerbetreibenden. lch konnte mich aber mit dem letzten Vorredner, dem Herrn Special-
berichterstatter für den Titel Ceniralleitung nicht einverstanden erklären, wenn derselbe
meint, wir waren wohl verpflichtet, unseren Wunsch, es möge eine einheitliche Leitung
des gewerblichen Bildungswesens bewirkt werden, auszusprechen, wir sollten uns aber
enthalten, etwas über die Richtung zu sagen, in welcher diese einheitliche Organisation
schließlich zu Stande gebracht werden soll. Ich bin vielmehr der Ansicht, dass es unsere
Pflicht ist, darauf aufmerksam zu machen, dass dieselben Gründe, welche andere Cultur-
staaten, wie England, Frankreich, Preußen langst schon bewogen haben, die Leitung der
gewerblichen Bildungsanstalten im Ressort des Untcrrichtsministeriums zu vereinigen,
auch uns bewegen. auf derselben Bahn vorzugehen und die anderwarts gemachten Er-
fahrungen auch uns zu eigen zu machen. ln der That finden wir auch in den Kreisen
der Gewerbetreibenden, um deren eigenste lnteressen es sich ja handelt, eine weitaus
überwiegende Majoritat, welche für die Leitung des gewerblichen Unterrichtswesens im
Ressort des Untcrrichtsministeriums einsteht, und viele von Denjenigen, welche vor nicht
gar vielen Jahren sich für die Vereinigung aller auf das gewerbliche Erziehungswesen be-
züglichen Agenden im Ressort des Handelsruinisteriums ausgesprochen haben, sind heute
anderer Ansicht geworden und stimmen mit uns überein, wenn wir wünschen und fordern,
dass das Unterrichtsministerium diese Agenden übernehmen solle.
Allerdings sind mir in den letzten Tagen und namentlich in Folge des von mir im
hohen Hause zum Capitel der Staatsgewerbeschulen eingebrachten Resolutionsantrages
einige Einwendungen dagegen mitgetheilt worden, auf deren Widerlegung ich mich heute
beschränken will. Man sagt nämlich und das sind die Einwände, welche von den
Freunden der einheitlichen Organisation des gewerblichen Unterrichtes unter dem Pro-
tectorate des Handelsministeriums eltend gemacht werden erstens das Handels-
ministerium und nicht das Unterric tsministerium hat in Bezug auf das gewerbliche
Unterrichtswesen die Bahn gebrochen; zweitens das Handelsministerium widmet den
gewerblichen Unterrichtsanstalten eine ausgedehntere Pflege als das Unterrichtsministerium,
und drittens das Handelsministerium ist viel eher in der Lage, sich mit den Gewerbe-
treibenden in Fühlung zu erhalten als das Unterrichtsministerium.
Gestatten Sie, dass ich in kurzen Worten und darauf soll sich meine heutige
Aufgabe beschranken diese Einwände auf ihr richtiges Maß zurückführe.
Wer mit der Entwicklung unseres gewerblichen Unterrichtswesens vertraut ist, dem
ist es kein Geheimniss. dass die ersten gewerblichen Fachschulen weder vom Unterrichts-
ministerium noch vom Handelsministerium, sondern von denjenigen Gewerbetreibenden
in's Leben gerufen wurden, welche das Bedurfniss einer höheren gewerblichen Bildung
zuerst erkannten und kein Opfer scheuten, um dasselbe zu befriedigen.
Vom Jahre 1864 aber beginnt eine in der That Bahn brechend Thatiglteit auf
diesem Gebiete und zwar durch das Unterrichtsministerium. Es wird im Jahre 1364 zunächst
das Osterreichische Kunstgewerbemuseum in's Leben gerufen. drei Jahre später, im Jahre
1867 die vWiener Kunstgewerbeschule- und abermals drei Jahre später, im Jahre 1870
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die erste technische Fachsehule der Monarchie, namlich die nk. k. Staatsgewerbeschule
in Wienu. Nachdem durch die, wie man gewiss zugestehen wird, verstandnissvolle Or-
gnnisirung dieser drei Grundlagen unseres gewerblichen Bildungswesens die Gründung
kleiner Fnchschulen erst ermöglicht worden war, begann dann vom Jahre 187a angefangen,
iene bekannte Parallelaction des Handelsministeriums in Errichtung von zahlreichen ge-
werblichen Fachschulen an verschiedenen Orten der Monarchie. So wenig die Verdienste
der betreEenden Herren Handelsminister sich verkennen lassen, welche sich für die ge-
werbliche Fachbildung in der lebhaftesten Weise interessirten, wird man doch nicht
leugnen können, dass eben diese Fachschulen nach gewissen Beziehungen in einer fort-
währenden Abhängigkeit von dem Unterrichtsministerium standen und stehen, und zwar
in Bezug auf das Lehrmittelwesen, dann in Bezug auf die Lehrer, weiche zum größten
Theile in den Anstalten des Unterrichtsministeriums vorgebildet waren, endlich in Bezug
auf die Fachinspectoren, welche von dem Unterrichtsministerium entlehnt wurden.
Man kann also nicht behaupten. dass das Handelsministerium hier allein eine
bahnbrechende Thätigkeit entwickelt habe und was mich anbelangt, würde ich es am
liebsten sehen, wenn wir weder dem einen, noch dem anderen Ministerium diese Ehre
ausschließlich vindiciren würden. Seien wir Denienigen dankbar, welche sich um die
Hebung des gewerblichen Unterrichtes verdient gemacht haben, und vergessen wir dabei
nicht, dass die Ersten, welche an die Gründung von gewerblichen Anstalten gegangen
sind, die Gewerbetreibenden selbst waren. Der erste Einwand scheint mir damit behoben
zu sein.
Wenn man zweitens behauptet, dass das Handelsministerium den gewerblichen
Unterrichtsanstalten eine ausgedehntere Pflege widme, als das Unterrichtsministerium, so
ist das nicht weniger unrichtig. Die Verdienste, welche sich die Handelsminister, namentlich
Banhans und Chlumecky, um die gewerblichen Fachschulen erworben haben, sind
allerdings oEenkundig. Aber man muss uns doch so viel Urtheil zutrauen, um Quantität
von Qualität zu unterscheiden und um zu wissen, dass die Pßege des gewerblichen
Erziehungswesens nicht allein in der Gründung einer möglichst großen Anzahl von
gewerblichen Fachschulen bestehe. Man wird nicht vergessen dürfen, dass viele dieser
Anstalten nicht an den richtigen Orten gegründet wurden, nicht vergessen dürfen, dass
das Handelsministerium zwar eine gewisse Hast in der Errichtung von gewerblichen
Fachschulen entwickelt, aber an vielen Orten diese Schulen, nachdem sie einmal in's Leben
gerufen waren, gewissermaßen ihrem Schicksale überlassen hat. Man wird sich auch daran
erinnern müssen, dass das Unterrichtsministerium durch die Errichtung seiner Zeichen-
und Modellirschulen und durch die fortwährende sorgfaltigste Pflege derselben zur Hebung
des Gewerbes an den betrelfenden Platzen viel mehr beigetragen hat, als an anderen
Orten das Handelsministerium durch gewerbliche Fachschulen, sowie, dass das Unter-
richtsministerium durch die Heranziehung von Lehrern zu Fachcursen. beispielsweise in
Reichenberg, sich bemühte, auch schon die Volksschule in den Dienst der gewerblichen
Bildung zu stellen. Denken wir zudem an iene großen, auf die Entwicklung des gewerb-
lichen Lebens abzielenden Anstalten, wie das Museum für Kunst und Industrie u. s. w..
so werden wir wahrlich keinen Grund haben, zu sagen, dass sich die gewerbliche Bildung
von Seite des Unterrichtsministeriums einer geringeren Pflege erfreue und dass das
Unterrichtsministerium nicht die in den gewerblichen Kreisen gehegte Voraussetzung zu
rechtfertigen vermochte, es werde dem in seinem Ressort vereinigten gewerblichen
Bildungswesen eine ausgezeichnete Forderung zu Theil werden lassen.
Wenn man drittens bemerkt, das Handelsministerium sei viel mehr in der Lage,
sich mit den Gewerbetreibenden in einer gewissen Fühlung zu erhalten, als das Unter-
richtsministerium, so muss ich ragen, obin der bisherigen Thatigkeit des Handelsministeriums
die nbthigen Garantien für eine solche Zuversicht geborgen liegen.
Es ist ja ein offenes Geheimniss. dass an die Stelle des seinerzeit bestandenen
technischen Aufsichtsrathes vom Handelsministerium vor drei Jahren ein aus Gewerbe-
treibenden zusammengesetzter Beirath berufen wurde, dass aber dieser nur eine, sage
eine, und zwar die constituirende Sitzung gehalten hat Seit jener Zeit, also seit drei
Jahren. hat das Handelsministerium unter drei Handelsministern die gegenwärtige Handels-
excellenz mit inbegriffen, es nicht für nothwendig befunden, bei seinen Actionen des Rathes
der Gewerbetreibenden sich zu bedienen. Es würde mich sehr freuen, wenn ich in Bezug
auf diese Beschwerde von irgend einer Seite widerlegt würde. So lange ich aber nicht
widerlegt bin, habe ich das Recht zu behaupten, dass das Handelsministerium in seiner
Vergangenheit nicht die Garantie biete, dass es in der Zukunft mit den Gewerbetreibenden
in einer engeren Fühlung sich befinden werde. Jedenfalls wünsche ich, dass dasjenige
Ministerium, welches die einheitliche Leitung de gewerblichen Bildungswesens zu besorgen
haben wird, also wie ich meine das Unterrichtsministerium, sich hierbei stets eines Beiruthes
von Gewerbetreibenden bedienen und bei allen wichtigen Actionen, bei der Bestimmung
über die Art der Fachschulen, welche da oder dnrt zu errichten sind, bei der Berufung
der Lehrer, bei der inneren Organisation u. s. w., diesen Beirath hören soll.
Wenn es nun feststeht, dass das Handelsministerium ungeachtet des Bestandes eines
solchen Beirathes auf die Anhörung desselben stets verzichtet hat, so hindert mich nichts
zu glauben. dass, falls statutarisch auf dem Wege der Gesetzgebung der Wirkungskreis
eines solchen Beirathes festgestellt wurde, das Unterrichtsministerium sicher bereitwilliger
und in höherem Maße, als dies bis jetzt vom Handelsministerium gesagt werden kann,
auf die Forderungen und Wünsche der Gewerbetreibenden hören und dieselben berück-
sichtigen wurde. Ich will damit dem gegenwärtigen Herrn Unterrichtsminister keineswegs
und ich sage das ausdrücklich, um nicht missverstanden zu werden ein Vertrauens-
voturn entgegenbringen, aber es handelt sich hier nicht um Personen, nicht um das
herrschende System, nicht um politische Richtungen, sondern um einen Gegenstand, welcher
aller Politik durchaus fernsteht und welcher mit politischen und staatsrechtlichen Fragen
nicht in den geringsten Zusammenhang gebracht werden soll und darf.
Das war es, hohes Haus, was ich sagen wollte. Sie sehen, wie schwach die Einwände
und Bedenken sind, welche gegen die einheitliche Leitung der gewerblichen Bildungs-
anstalten durch das Unterrichtsministerium geltend gemacht werden. Man sagt erstens
das Handelsministerium hat in Bezug auf das gewerbliche Bildungswesen die Bahn ge-
brochen. Wir haben gesehen. dass dies nicht der Fall ist. Man sagt zweitens das
Handelsministerium würde dem gewerblichen Bildungswesen eine ausgedehnter Pflege
widmen, als das Unterrichtsministerium. Auch dafür sind Garantien nicht geboten, und
man sagt drittens das Handelsministerium wurde sich mit den Gewerbetreibenden mehr
in Fuhlung setzen, als das Unterrichtsministerium und die Vergangenheit hat uns bewiesen,
dass dieser Schluss auf die Zukunft der Berechtigung entbehrt.
Ich halte also dafür, dass die Einwendungen, welche gegen die einheitliche Leitung
des gewerblichen Bildungswesens durch das Unterrichtsministerium vorgebracht werden,
nicht stichhaltig sind, und dass wir die Verpflichtung haben, mit allem Eifer darauf zu
dringen, dass die einheitliche Leitung sämmtlicher gewerblichen Bildungsanstalten im
Ressort des Unterrichtsministeriums ehestens bewirkt werde.
Hierauf sprach Abgeordneter Dr. Mikyaka Wenn ich der Debatte des Vorjahres
anlässlich der eben in Rede stehenden Frage und der diesbezüglich gefassten Resolution
gedenke, so kann ich mich einer gewissen wehmuthvollen Anwandlung nicht erwehren,
forsche ich nach den Wirkungen und Erfolgen derselben, untersuche ich inwiefern das
hohe Handelsministerium den geäußerten Intentionen dieses hohen Hauses entsprochen
hat. Als Neuling in diesem hohen Hause glaubte ich, dass das Wohlwollen, welches
von allen Seiten dieses hohen Hauses der Pßege der gewerblichen Fachschulen zugewendet
wurde, von Seite des Handelsministeriums gewürdigt werde und ich knüpfte an die
gefasste Resolution die freudigsten Hoffnungen für die weitere PHege und das Gedeihen
dieser handelsministeriellen Institutionen. Ich gestehe meine Enttäuschung und nehme
keinen Anstand zu erklären, dass das hohe Handelsministerium der Fliege dieser gewerb-
lichen Fachbildungsanstalten nicht jene Aufmerksamkeit zuwandte, welche es einerseits
der wirthschaftlichen Bedeutung derselben, anderseits der Rücksichtnahme und Achtung
dieses hohen Hauses schuldet, und ich spreche mein tiefstes Bedauern aus, dass eben in
jenem Ressort, welchem die wirthschaftliche Regelung und Organisirung der Productions-
ltrafte des Staates in erster Linie obliegt, diesen Schulen nicht jene warme Sympathie,
jene veratandnissinnige Behandlung zutheil wurde, ohne welche gewiss das Gelingen eines
so schwierigen Erziehungswerkes, wie es eben die fachgewerbliche Schule ist, mit dem ihm
zu Grunde liegenden Principe der praktischen Lehrstatte, kaum gedacht werden kann.
Einen Beleg hiefür finden wir zunächst in dem vorliegenden Budget. Wenn wir
die Gesammtpositionen per 250.000 fl. mit den Gesammtpositionen des Vorjahres per
210800 B. vergleichen, so ergibt sich allerdings ein Mehrkostenvoranschlag von 19.200 6.;
desgleichen bestanden im Jahre 1880 75 gewerbliche Fachbildungsschulen, und finden wir
für das Jahr t8St 83 verzeichnet. Allein dieser Mehrvoranschlag per 29.200 f. abzüglich
der für die neu zu errichtenden Anstalten bestimmten 8255 8.. restlich also per 10.945 B.
kann ebensowenig geeignet sein, die 75 bereits bestehenden insgesammt nothleidenden
Schulen von der stetig sich vollziehenden Aushungerung zu bewahren, als es ernstlich
gemeint sein kann, mit 8255 fl. acht neue Fachschulen, darunter zwei Webeschulen und
eine Eisenindustrieschule zu errichten und auszustatten. Dem dringendsten Bedürfnisse
nach endlicher Deiinitivstellung der durch ein nahezu zehnjähriges Provisorium bewahrten
Lehrkräfte wurde dadurch entsprochen, dass von x73 Lehrkräften a7 zur Deiinitivstellung
in Aussicht genommen wurden, während 146 heute nach wie vor einer ungewissen Zukunft
bange ent egensehen. Den Bitten einer stattlichen Reihe von Gemeinden, Corporationen,
Fachschul reunden, um Errichtung von derartigen Gewerbeanstalten, wurde ungeachtet
deren opferwilligen Beitragsleistungen und ungeachtet, dass alle Lebensbedingungen amtlich
constatirt waren, nicht stattgegeben, wie denn auch den Petitionen von mehr als zoo
Gemeinden des nordöstlichen Mährens, welche im vorigen Jahre gelegentlich der Noth-
standsdebatte zur Sprache kamen, und weiteren no Petitionen von den verschiedensten
Gewerbetreibenden des ganzen Staates, welche anlässlich der Revision der Gewerbeordnung
433
überreicht wurden, und welche alle dringendst um die Einrichtung und Pflege von gewerb-
lichen Anstalten ansuchten, keine Berücksichtigung zu Theil wurde.
Ich werde indessen nicht die Frage der Errichtung neuer gewerblicher Fachschulen
in's Auge fassen, sondern auf den Boden des Bestehenden mich stellen, und da ünde ich
denn. dass für dieselben wahrhaft stiefmütterlich gesorgt wurde, und dass in Folge der
Mangel und Unzukbrnmlichkeiten derselben, welche zumeist sowohl in materiell-ökonomischer,
als in administrativer Beziehung, wie endlich in padagogisch-didactischer Beziehung bei
allen Schulen zugleich zutreffen, nicht nur "der Bestand dieser Schulen gefahrdet ist,
sondern dass viele dieser Schulen geradezu der Auflösung entgegen-
ehen.
Was die Fürsorge für die materiell-ökonomische Ausstattung dieser Schulen betrifft,
ist sie gewiss unzureichend. Betrachten wir nur die Besoldungen der einzelnen Lehrkräfte.
Mit wenigen Ausnahmen einiger Bevorzugter, variiren die Zahlungen zwischen 6oo bis
tooo il. und bitte ich zu berücksichtigen, welche Anforderungen an die Lehrkräfte der
gewerblichen Bildungsanstalten nicht nur gestellt werden, sondern mit Recht gestellt
werden müssen.
Es sind dies nicht nur Anforderungen pädagogischer Natur, sondern insbesondere
auch gewerblicher und merkantiler Fachbildung. Es ist dies gewiss eine Summe von
pldagogischer Bildung, manueller Fertigkeiten, technischen Wissens und merkantiler und
gewerblicher Fachbildung, die gewiss nicht so leicht erzielt werden kann.
Erwagt man noch die socialen Existenzbedingungen und die Zahlungen, wie sie
bereitwilligst von Seite der Fabriksetablissements verwendbaren Kräften zu Theil werden,
so erhebt sich die Fra und Befürchtung, wie lange wir für solche Zahlungen noch die
geeigneten Lehrkräfte nden, und es liegt die Gefahr nahe, dass die bcwährtesten Kräfte
in Folge des unabsehbaren Provisoriutns, ohne Vertrauen in die endliche Stabilisirung
ihrer Bezüge sich diesem Berufe abwenden und lohnenderem zuwenden, wodurch rnan zu
Kräften greifen muss, die ihrer Aufgabe nicht zu entsprechen vermögen, wodurch ja die
Existenzbedingung dieser Schulen entfällt, aber nicht nur für die Dotirung und sociale
Stellung der Lehrkräfte ist nicht ausreichend gesorgt, sondern auch für die erforderliche
Zahl derselben mit Rücksicht auf die Zahl der bestehenden Schulen.
So finden wir Anstalten, wo nur ein Lehrer existirt, dem auch die ökonomische
und administrative Leitung der Schule zugewiesen ist. Was soll nun mit der Schule und
den Schülern werden, wenn ein derartiger Fachlehrer, der zugleich ökonomischer Leiter
und Administrator ist, erkranltt, oder in Folge anderer Verhältnisse seinem Berufe nicht
entsprechen kann, ohne dass für seine Substituirung in Folge Mangel an Lehrkräften
gesorgt werden konnte? Auch Gnden wir Schulen, wo einzelnen Fachlehrern, 30, 40, 50
Schüler zugewiesen sind. Wie ist bei solchen Verhaltnissen ein individueller Unterricht.
eine individuelle Unterweisung das Grundprincip der praktischen Lehrwerkstatte
durchführbar?
Nicht minder unzureichend ist für die Ausstattung dieser Schulen an Lehrmitteln,
Werkzeugen Uebungsmaterials, des Kanzleibedarfes gar nicht zu denken- gesorgt.
Bei den meisten dieser Schulen finden wir für die Lehrmittel jährlich 35 B. praliminirt,
ungeachtet die meisten Schulen den größten Mangel an Lehrmitteln haben und seit ihrem
Bestand an diesem Uebel leiden.
Nicht besser, wo möglich noch unbefriedigender ist für die Ausstattung mit
Werkzeugen gesorgt. So finden wir bei den meisten Schulen 40 bis too H. praliminirt.
Nun dürfte es aber doch selbst dem Laien einleuchtend sein, dass bei einer gewerblichen
Fachschulc der Gebrauch des Werkzeuges, die richtige Verwendung, die Kenntniss der
Leistungsflhigkeil derselben bei den Fortschritten der Technologie und bei den auf diesem
Gebiete sich dringenden Erfindungen doch zu einer der Hauptaufgaben der gewerblichen
Fachschulen gehört und sorgsam zu pßegen waren.
Betrachten wir endlich das für die einzelnen Schulen präliminirte Uebungsmaterial,
so finden wir gleichfalls durchschnittlich den stereotypen Betrag von 35 G. lch erlaube
mir nun, auf eine Schule hinzuweisen, die sub 50 bezeichnete, welche eine der bedeutendsten
dieser Schulen ist und an 80 Schüler zahlt, welche zum großen Theil an dem Modellir-
unterrichte, insgesammt aber an dem Unterrichte in den einzelnen Lehrwerkstattcn für
Kunstdreherei, Holzschnitzerei und Tischlerei theilnehmen, und an welcher Schule der
monatliche Bedarf an verbrauchtem weiter nicht mehr zu verwendenden Uebungsmaterial
den für ein ganzes Jahr praliminirten Betrag übersteigt. Da aber der Bedarf an Uebungs-
material, Werkzeugen, Lehrmitteln aller Art doch von der Leitung herbeigeschatft werden
muss, wenn die Schulzwecke darunter nicht leiden sollen, so ünden sich die einzelnen
Fachleiter je nach ihrer Findigkeit veranlasst, in einer gewiss der Staatsverwaltung nicht
würdigen Weile, diese Kosten entweder auf Rechnung der Fachschulfreunde, oder auf
Rechnung der den einzelnen leistungsfähigeren Schülern zuzuweisenden Remunerationen
und Entlohnungen, oder auf Rechnung der Soliditat der Erzeugnisse zu decken. Dass
derartige Verhältnisse für die Dauer nicht haltbar sind, ergibt sich wohl von selbst.
Die Frage der administrativen Leitung dieser Schule möchte ich nicht allzu streng
beurtheilen.
Die Mehrzahl dieser Schulen entstand über Anregung von Corporationen, Gemeinden,
Fachsebulfreunden, hier durch das Handelsministerium, da durch das Unterrichtsministerium,
andernorts durch Landesvertretungen und Bezirksvertretungen. Die Mittel zum Betriebe
der bezüglichen Lehrwerkstatten wurden gleichfalls von diesen Factorcn beigeschaift. Es ent-
wickelten sich in Folge dessen so verschiedenartige Verhältnisse, das Princip der praktischen
Lehrwerkstätten schuf in seiner Durchführung stmeigengeartete Vorbedingungen, Grund-
lagen und Rechtsverhaltnisse, dass diese Schulen mit ihren praktischen Lebt-Werkstätten
gewiss nicht uniform und schablonenmaßig behandelt werden können, sondern dass bei
denselben den localen und individuellen Verhaltnissen Rechnung getragen werden muss.
lndess auch in dieser Richtung müssen einheitliche und normale Grundlagen gee
schaden und angestrengt werden.
Es ist das allerdings eine nur schwer zu lösende Frage, welche aber vielleicht
dadurch wesentlich erleichtert wird, wenn man eben den localen Factoren, welche diesen
Schulen Interesse und Pflege zuwenden, auf die Weiterentwicklung und Leitung derselben
eine gebührende lngercnz belasse, denn von allen Arten Schulen bedarf eben die gewerbliche
Fachbildungsschule am meisten der theilnehmenden Mitwirkung und Unterstützung und
der warmen Sympathie der Bevölkerung. Bei der so gearteten vielgliedrigen Gestaltung
und Organisirung dieser Schulen ergibt sich wohl von selbst, dass die pädagogisch-didaktische
Behandlung dieser Anstalten die schwierigste Frage bildet, insbesondere wenn hiebei auf
die bei den beiden Centralstellen divergirenden Principien und concurrirenden Actionen
Rücksicht genommen werden soll. Hier das Handelsministerium mit seinen vorwiegend
praktischen, da das Unterrichtsministerium mit seinen vorwiegend theoretischen Erziehungs-
zielen und -Methoden, Daneben das i-Oesterreichische Museum für Kunst und Industrien,
welches dem Unterrichtsministerium untersteht, mit vorwiegend kunstgewerblichen
Richtungen und andererseits wieder das technologische Museum als autonome Institution
mit seinen technischen Bestrebungen, und allerorten ein aus den verschiedenartigsten,
heterogensten Elementen zusammengesetzter lnspicirungsapparat.
Die Schwierigkeiten dieser Frage werden noch erhöht durch die vielseitig herrschende
Unklarheit und die Verschiedenheit der Anschauungen und Auffassungen über Zweck und
Aufgabe dieser Anstalten, dass denselben der organische Zusammenhang mit den wirth-
schaftlichen Bedürfnissen des Lebens, der Contact niit der Volksschule, die feste Ver-
gliedung mit den übrigen gewerblichen Bildungsanstalten, endlich ein gesichertes Schüler-
materiale und verbürgte Lehrkräfte fehlen.
Eine organische Einfügung der Fachschule in den wirthschaftlichen, gewerblichen
und industriellen Entwicklungsgang des Verkehres und des Marktes, hienach eine einheitliche,
von großen Gesichtspunkten getragene Organisirung des gesainmten gewerblichen Unter-
richtswesens scheint mir hier unerlasslich. Die Mittel hiezu, die ja zur Pflege productiver
Arbeit, zur Pflege und Hebung wirthschaftlich schaffender Classen dienen, müssen und
können geschaffen werden. Sie müssen wohl geschaffen werden in einem Staate, der
immer erhöhte und erweiterte Anforderungen an die Bevölkerung stellt; in einer Zeit,
wo die Missjahre und die Elementarereignise der letzten Jahre wie eine chronische
Krankheit an der wirthachaftlichen Kraft der Bevölkerung zehren; in einem Lande endlich,
wo in Folge der ungünstigen agrarischen Verhältnisse jährlich Tausende von Grundbesitzern
sich beiriüssigt linden, ihr Eigenthum zu verschleudern und in fernen Ländern eine neue
Heimat zu suchen, wo endlich Hunderttausende von Kleingewerbetreibenden ihrem Ruine
entgegengehen. Die Mittel können aber auch geschaden werden, weil man gewiss sein
kann, dass das hohe Haus die Productivitat derartiger Auslagen zu würdigen vermag und
weil endlich weite Kreise um die Errichtung derartiger Anstalten dringendst bitten.
lnsolange aber die gegebenen Mittel nicht geschalfen werden können, inüge man die Zahl
der bestehenden Anstalten in soweit beschränken, als die Mittel ausreichen, und reducire
man diese Schulen in der Weise, dass die kleineren. minder lebensfähigen, mit den
größeren, bewahrteren vereinigt werden, wodurch gewiss dem Lehrzwerke mehr ent-
sprochen würde.
So sehr ich auch der Ueberzeugung bin, dass mir Rücksicht auf das winhschaftliche
Bedürfniss der Bevölkerung die Zahl der Schulen zu gering ist, so muss ich gestehen,
dass mit Rücksicht auf die Mittel, die dazu verwendet werden, ihre Zahl weitaus zu
groß ist.
Sinn und richtiges Verstantlniss ist in diesem Resort des Handelsministerium
leider abhanden gekommen, und es scheint, dass in diesem Ressort neben den großen
Fragen der Zoll-, Handels- und Eisenbahnpolitik kein Raum zur Pdege dieser Schulen
sich finde. und dass man sich dieser Schulen nur mehr wie einer Last, je eher, je lieber
entledigen wollte. Demgegenüber ist die erfreuliche Thatsache zu constatiren, dass das
Unterrichtsministerium in den letzten Jahren dem gewerblichen Bildungswesen seine
besondere Aufmerksamkeit zuwendete, dass dasselbe zielbewusst und mit ausreichenden
Mitteln vorging und auch vertrauenerwecltende Erfolge erzielte, wie dies insbesundere von
der Organisirung der Gablonzer Fachschule gelten dürfte.
Unter allen Bildungsanstalten, wie sich dieselben bei uns bis heute entwickelten,
scheint mir die gewerbliche Fachbildungsschule am geeignetsten, die in Bezug auf die
gewerbliche Ausbildung der Bevölkerung herrschende Lücke auszufüllen, rasche, dauernde
und durchgreifende Erfolge zu erzielen, das Handwerk zu ehren, den bürgerlichen
Mittelstand zur Geltung zu bringen und aus diesem Grunde erlaube icb mir, der hohen
Regierung die irn Vorjahre gefasste Resolution mit der Bitte in Erinnerung zu führen.
dem gewerblichen Ausbildungswesen eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen, demselben
eine zielbewusste, einheitliche, kräftige Leitung zu geben und die Fnchscbulen derart
nuszugestnlten, dass an denselben die Jugend die Arbeit lieben und den bürgerlichen
Beruf achten lerne, dass dieselbe an diesen Schulen über die Lebens- und Existenzbedttrfnisse
des Erwerben und bürgerlichen Mittelstandes belehrt werde, auf dass alsbald der bürgerliche
Mittelstand erwnchse, bluhe und gedeihe, selbstbewusst, leistungsfähig, berufsstolz, ein
mächtiger Wall gegen Ueberfiuthungen des Capitnls und der Großindustrie, zugleich aber
auch ein kräftiger Schutz gegen subversive Tendenzen socialistischer Butrebungen.
Fortsetzung folgt.
Kruuausstellung im Oesterr. Museum.
Von B. Bucher.
ll
Ob Jemand sein Trinkgefäß nur plastisch oder malerisch verziert
liebt, daran kann, wer will, gewiss mancherlei Folgerungen knüpfen. Uns
liegt, wenn wir einen Siegburger Krug und einen andern aus der langen
und in jedem Sinne bunten Reihe der farbig decorirten nebeneinander
stellen, die Bemerkung am nächsten, dass in dem einen Falle der Trinker
nur an sich selbst, in dem andern auch an seine Umgebung gedacht habe.
Die Schnelle mit ihrem äußerst einfachen Contour und ihrer einen be-
scheidenen Farbe kann erst dann geschätzt werden, wenn sie vor uns
steht; sie passt wohl zu der Vorstellung von einem nachdenklichen Trinker,
welcher, bevor er den hohen Krug zum Munde führt, die nklugen Dingen
betrachtet, die vin erhablner Arbeit d'rauf gebildete sind und die feinen
oder unfeinen Sprüche in seinem Herzen erwägt. Die anderen wirken
schon in die Ferne, erfreuen, auch wenn sie nur auf dem Gesimse oder
Bord stehen, mitunter dann mehr als in der Nähe. Für den heutigen
Fabrikanten aber gehören zu den allerinteressantesten eben jene Arbeiten,
welche sich bei genauerer Betrachtung kaum noch als Kunstproducte
behaupten, Erzeugnisse der Hausindustrie, schlicht, wenn nicht gar roh
und dennoch so wirkungsvoll. Es waren keine Künstler, welche diese
Gefäße für Wasser und Milch, Bier und Most u. s. w. formten und be-
malten, sie wollten auch nicht für Künstler gelten, hatten schwerlich
zeichnen gelernt und hätte man ihnen von der Farbenlehre gesprochen,
so würden sie wahrscheinlich außer Stande gewesen sein, mit dem Wort
einen Begriß zu verbinden. Ihre Lehrerin war die Tradition. Einzig dieser
folgend, malten sie keck darauf los, setzten die Farben nebeneinander, wie
Siehe Nr. 190 und 19x der wMinheilungem.
4-36
sie es von Jugend auf gesehen hatten, ohne zu klügeln und abzuwägen,
ohne zu ahnen, dass sie Etfecte hervorbrachten, welche einst mit großer
Aufmerksamkeit würden studirt werd'en.
Nichts kann uns eindringlicher predigen, wie weit wir, gerade die
Gebildeten, während des letzten Jahrhunderts in Sachen des Kunstgefühls
zurückgeworfen worden sind; nichts deutlicher das Ziel zeigen, welches
zu erreichen wir bestrebt sein müssen. Was wir an dem Teppichknüpfer
im Orient am meisten bewundern, was wir an ihm beneiden, die Unbe-
fangenheit und Sicherheit in den Farbencombinationen, dessen könnte sich
auch so mancher Hafner im Abendlande rühmen, freilich in Gegenden,
welche abseits der Verkehrscentren liegen. Wie jener an einem Webstuhl
von vorhomerischer Einfachheit arbeitet, ist dieser unberührt geblieben
von allen Verbesserungen, welche Mechanik und Chemie in die Thon-
industrie gebracht haben, seine Farbenpalette ist äußerst beschränkt, aber
wie er die wenigen Töne init wenig Kunst hinsetzt, so stimmen sie zu-
sammen, gleich denen der wildwachsenden Wiesenblumen. Vergleichen wir
die bunten Gefäße, welche in Vorderasien nach Art der rhodischen oder
persischen gemacht werden, die Krüge, welche die Stube des sächsischen
Bauers in Siebenbürgen schmücken wer erinnert sich nicht, sie in langen
Reihen in dem sächsischen Hause der Ausstellung von 1873 gesehen zu
haben, die mancherlei Geschirre aus Calabrien, die aus dem Schwarzwalde
stammenden u. s. w.; überall die gleiche glückliche Keckheit in Zeichnung
und Färbung. Nun kommt der einsichtige Künstler oder Fabrikant über
die Sachen, merkt ihnen die Geheimnisse ihrer Wirkung ab, eignet sich
dieselben an dieselbe Wirkung erreichen kann er nicht. Die einsichtigen,
künstlerisch gebildeten unter unseren Fabrikanten sind auch gar nicht in
Zweifel darüber, weshalb sie es nicht können. Machen sie ein Kunstproduct
höherer Gattung daraus mit strenger Zeichnung, wohlabgewogener Anord-
nung, so ist das natürlich etwas ganz anderes; neben den unbestrittenen
Vorzügen mangelt ihm doch der Reiz der Naivetät; und der heutige
Arbeiter ist wohl gewöhnt, eine Vorlage so treu als möglich zu copiren,
nicht aber innerhalb weiterer Grenzen sich selbstständig frei zu bewegen.
Auch das liesse sich durch Beispiele in Menge belegen. Was sich in der
zuversichtlichen Schöpfung des bescheidenen Hafners ausspricht, wird in
der ängstlich abgezirkelten Nachbildung des Fabriksarbeiters uninteressant,
die Unvollkommenheit, z. B. im Zeichnen des Figuralen, an der wir dort
keinen Anstoß nehmen, wird beleidigend.
Aehnlich verhält es sich mit vielen älteren Majoliken und Fayencen.
Es kann Niemandem einfallen, alles Gefällige und Originelle an solchen
Arbeiten als aus bewusster Absicht entstanden anzusehen. Eine besonders
elfectvolle oder interessante Glasur ist höchst wahrscheinlich durch den
Zufall zuwegegebracht und dem Verfertiger vielleicht nicht zum zweitenmal
gelungen; oder er kam doch erst nach vielen Experimenten darauf, dass
etwa ein Luftzug während des Brandes die neue Farbennuance geschaffen
habe dergleichen Erfahrungen werden auch beute gemacht. In anderen
Fällen beruht gerade in der Flüchtigkeit der Zeichnung oder in der
Sorglosigkeit, mit welcher das Colarit angebracht wurde, ohne den,Umriss
gänzlich zu füllen, der Reiz eines Stückes.
Das Gesagte könnte nun möglicherweise so verstanden werden, als
ob es besser wäre, unsere Arbeiter nicht höher zu schulen, sondern sie
in die Gebirgsdörfer in die Lehre zu schicken. Selbstverständlich liegt uns
diese Meinung fern. Aber vergegenwärtigen müssen wir uns immer wieder,
dass nicht, wie Mancher annimmt, in einigen Jahren oder Jahrzehnten das
Verlorene wieder gewonnen werden kann. Noch lange Zeit wird vergehen,
bis ein gewisses Kunstgefühl wieder Allgemeingut geworden ist und die
von Verbildung gereinigte Bildung und der unverdorbene Instinct einander
wieder auf demselben Boden begegnen. Der Process wäre wohl mit dem-
ienigen zu vergleichen, welchen die deutsche Sprache im vorigen Jahrhundert
durchzumachen gehabt hat, um von dem Schwulst und von den fremden
Schlacken frei zu werden. Auch das unselige Vorurtheil müssen wir vor
allen Dingen überwinden, dass es in der bildenden Kunst verschiedene
Rangclassen gebe nach dem Material, welches dem Künstler dient erste
Classe Malleinwand, Oelfarben, Marmor, Erz u. s. w. Ueber dieses Vor-
urtheil zu klagen, haben gerade unsere tüchtigsten Leute auf dem Gebiete
der Keramik Ursache. Sie machen immer neu die Erfahrung, dass Kunst-
jünger glauben würden, herabzusteigen, wenn sie sich entschlössen, einen
Teller oder eine Kanne zu bemalen. Lieber rnit Schmerzen und vergeblich
warten, dass ein Mäcen oder Kunsthändler ihnen die Bilder abnehmen
werde, welche alle Wände des Ateliers bedecken, als mit dem Malen auf
Staubglasur sich eine sichere und behagliche Existenz gründen!
Die an solchem falschen Stolze Laborirenden möchten wir vor den
Glasschranlt führen, in welchem verschiedene Gefäße, vornehmlich Majoliken,
aus dem Besitze des Freiherrn N. v. Rothschild aufgestellt sind; und zwar
würden wir ihre Aufmerksamkeit nicht in erster Linie auf die großen
Prachtstücke lenken, von welchen eines den berühmten Namen des Orazio
Fontana von Urbino trägt, sondern auf die aus drei Stücken Napf,
Untersatz und Deckel bestehende Wöchnerinnenschale. Würden sie leugnen,
ein Juwel vor sich zu haben, und würden sie wirklich glauben, der
Künstler, welcher Wände und Ränder der Gefäße mit den köstlichsten
Grotesken bedeckte, die Spiegelflächen aber mit Kinderstubenscenen würdig
des besten Meisters und mit wahrhaft entzückenden Putten der Künstler
wäre höher zu schätzen, wenn er die Sachen mit Oelfarben gemalt hätte?
Da tritt uns ein echtes, gesundes Kunstleben leibhaft entgegen. Dass die
Schale als Geschenk für eine vornehme Dame in einer sehr renommirten
ubüttegau bestellt worden, und dass der Maestro sein höchstes Können
darangesetzt habe, ist anzunehmen; er war aber ein Kunsthandwerker,
wie wir heute sagen würden, nicht etwa ein whöherer- Maler, welcher
sich gelegentlich zum Handwerk herabließ, ebensowenig jedoch ein
Fayencemaler, der einer Visierung von fremder Hand bedurft hätte. Sein
Vorbild freilich hatte er sich gewählt, ob überhaupt oder nur mit sicherem
Griffe gerade für diese Aufgabe, das steht dahin den Andrea del Sarto
in seinen heiligen Familien voll nfrischer, blühender Natürlichkeit und
mit den wKindern von reizendster Naivetätu. Was Jener dem Leben ent-
lehnt hatte für die kirchliche Malerei, nahm unser Meister zurück für die
Familie, die Madonnen sind wieder l-Iausmütterchen geworden, Johannes
zum älteren Bruder, der erstaunt den neuen Ankömrnling betrachtet. Auch
in den Grotesken lehnt sich der Künstler an Bekanntes an, ohne iu
copiren; dass ihm persönliche Beziehungen als Richtschnur gegeben worden,
scheint der Kranz von Musikinstrumenten um den Deckelrand zu bezeugen.
Und haben wir uns da sattgesehen, so wenden wir uns einem Kruge
aus Milchglas zu, welcher ebenfalls aus dem sechzehnten Jahrhundert,
aber aus Venedig stammen dürfte. Derselbe gehört Herrn v. Lanna und
ist ebenfalls ein prächtiges Beispiel jenes unmittelbaren Einflusses der
Kunst auf das Handwerk. Ein lustiger Zug von allerlei Meergottheiten,
in welchem antike Sarkophagmotive wiedererkannt werden, gezeichnet in
der Manier der frühen venezianischen Holzschnitte und in Schmelzfarben
kräftig colorirt. umzieht den Körper des Gefäßes, den Hals ein eigen-
thümliches Ornament, welches theilweise an das sogenannte venezianische
Email auf Metall erinnert. Leider ist unsere Kenntniss von der Geschichte
dieser letzteren Technik noch so gering, dass die Aehnlichkeit für die
Zeitbestimmung nicht viel nützt. Allein wir werden überhaupt in dieser
Ausstellung auf Schritt und Tritt an die Schwierigkeit gemahnt, nach der
Art des Ornaments Werke der Kleinkunst zu datiren. Stücke, welche eine
Jahreszahl tragen, beweisen nicht nur, dass Formen noch lange, nachdem
sie aus der architektonischen Decoration verschwunden waren, im Hand-
werk fortgelebt haben, sondern auch, dass ganze Cornpositionen und
Legenden sich innerhalb mehrerer Menschenalter fast ganz genau wieder-
holen. Ein besonders interessantes Beispiel dafür bieten sogenannteKreußener
Krüge, Nr. 822, datirt 157g; Nr. 14, datirt 1652; Nr. 417, datirt 1653,
sämmtlich mit der gleichen Inschrift, in der gleichen Orthographie. Diese
außerordentlich reich vertretene Specialität führt ihren Namen von dem
Städtchen Kreußen bei Baireuth und der Ortsname selbst, welcher in alten
Urkunden auch Crusen, Kraüsen u. a. geschrieben ist, scheint in Ver-
bindung mit dem Wappen der Stadt, einem Kruge, zu verrathen, dass
die dortigen mächtigen Thonlager von den ältesten Zeiten her zur Krug-
fabrication benützt worden seien. Denn Krus, Kroos,'Krause, Kräuslein
bedeutet einen Deckelkrug. ln dem Organ des baierischen Gewerbemuseums
in Nürnberg wKunst und Gewerbes sind in den Jahren 1877 und 1878
eingehende Untersuchungen über diese Industrie angestellt. Die Documente
reichen nur in die Zeit des dreißigjährigen Krieges zurück, aber, wie sich
schon aus dem Obengesagten ergibt, existiren Arbeiten von höherem Alter
Krüge und Flaschen mit Bleiverschluss aus braunem Steinzeug und mit
aufgepressten und eingeschnittenen Verzierungen, welche an den besseren
Exemplaren mit ungebrochenen Farben, Blau, Weiß, Gelb, Grün, auch
Gold bemalt sind. Man kennt die hervorragenden Hafnerfamilien Vest,
Schmidt, Seiler, und mit einem Friedrich Seiler, welcher 1804. in Baireuth
starb, erlischt dieses Kunstgewerbe; heutzutage wird in Kreußen nur
ordinäre Gebrauchswaare gemacht. So sehr die ausgestellten Stücke aus
den Sammlungen des genannten Nürnberger Museums, der Fürsten
Schwarzenberg besonders schöne Exemplare Nr. 4.17 und 418 mit dem
Eggenbergschen Wappen und Kinsky, Ritter v. Lanna, Graf Wilczek,
Baron Liebig, Professor v. Augeli u. A. im Grundtypus übereinstimmen,
kommen doch nicht zwei völlig gleiche Stücke vor.
Und so geht es fort durch die Maioliken welcher Name, beiläufig
bemerkt, den Malereien auf der Glasur nicht zukommt, die sogenannte
Hirschvogelmajolika, die, plastisch und farbig, meist kenntlich an einem
eigenthümlichen gelappten Blatte, wahrscheinlich dem Bernard Palissy als
Vorbild gedient haben, die Fayencen aus Delft, Rouen, Nevers und hundert
Orten Deutschlands, die Schaperkrüge mit schwarzen Malereien in Manier
der Federzeichnung alle diese Genres so schön und so zahlreich ver-
treten, dass unmöglich alles Interessante aufgezählt werden kann.
Verschwindend klein nimmt sich daneben die Gruppe des Porzellans
aus natürlich, als das Porzellan allgemein wurde, hatte bereits das Glas
den Platz erobert. Doch sind sehr schöne Krüge aus chinesischem Reis-
porzellan mit durchbrochener Arbeit, welche durch die Glasur wieder
ausgefüllt ist, Böttgerkrüge u. A. vorhanden. Unter den Glassachen
zeichnen sich die spanischen Gefäße des Grafen Wilczek, ein dem Fürsten
Kinsky gehöriger, leider arg beschädigter Doppelkrug, zwischen dessen
Wände beiderseits bemalte Leinwand mit den herrlichsten Renaissance-
darstellungen eingefügt ist und prächtig gefärbte Krüge Herr v. Lanna aus.
Auch Holzltrüge fehlen nicht, angefangen von dem schlichten thü-
ringischen nStübchen-i mit Fassreifen und den mit Zinn belegten vKorbelnß
bis zu einem höchst interessanten altdänischen Kruge, welcher ganz mit
hohem Relief bedeckt ist Fürst Kinsky.
Und endlich sind in langen Reihen die Metallgefäße aufmarschirt,
orientalische vom Orientalischen Museum und Grafen Edm. Zichy, eine
seltene Collection von bronzenen Aquamanilen, die Herrn Fr. Spitzer in
Paris gehört darunter besonders bemerkenswerth ein Gefäß, welches noch
ganz in frühmittelalterlicher Art Menschen- und Thierformen ineinander
übergehen lässt und die einst so beliebte Darstellung des von Phyllis
gerittenen Aristoteles, eine Glasflasche in geradezu wunderbarer italienischer
Silberfiligranfassung und mit einem entsprechenden Untersatz, welcher
einem in Silber übersetzten venezianischen Spitzenkragen gleicht Mad.
Jubinal in Paris, mit Metall gefasste Serpentinkrüge und Zinn in allen
Dimensionen. Vorzügliche Aufmerksamkeit verdienen ein gothischer, 4.7
Centimeter hoher Henkelkrug, der riesige, mit der Bekrönungsfigur über
440
Meter hohe Krug der Prager Brauerzunft von 1688 beide Herrn v.
Lanna gehörig, und ein 37 Centimeter hoher Zinnkrug von 1529, über
und über mit Darstellungen im Styl der Zeit der deutschen Kleinmeister
gravirt, Eigenthum des Herrn Spitzer.
Wir wollen mit einem charakteristischen Curiosum schließen. In
einer Sendung aus Paris befanden sich auch mehrere Fayencekrüge aus
dem vorigen Jahrhundert, richtige Bierkrüge mit Henkel und Deckel, der
Emballeur hatte sie declarirt als pots tabac. Dass man aus solchen
Gefäßen trinken könne, muss ihm unerhört vorgekommen sein.
Ferdinand Laufhorgor als Lehrer.
Unter den verschiedenen Talenten, welche Ferdinand Lauiberger
entwickelt hat, war das zum Lehrberufe ein ganz hervorragendes gewesen.
Alles, was zu einem Lehrer nöthig ist Liebe zum Lehrberufe, päda-
gogischer Tact, Einsicht in die Principien der Malerkunst, Ausdauer und
Selbstlosigkeit waren Eigenschaften, die Laufberger auszeichneten. Er
war dem Berufe als Lehrer so hingegeben, dass er über diesem sich selbst
vergaß; er war seinen Schülern auch ein aufrichtiger Freund und nicht
gewohnt, ihnen zu schmeicheln; die Sucht, bei seinen Schülern populär
zu sein, war ihm gänzlich fern. Wann er seinen Schülern gegenüber, sei
es in ihren Leistungen oder in ihrem Benehmen, etwas Tadelnswerthes
bemerkte, so sprach er den Tadel rückhaltlos aus. Da die Schüler Lauf-
berger als Künstler hochacbteten und wohl wussten, wie ernst und streng
er selbst seinen Künstlerberuf übte, so ist es begreiiiich, dass, wenn irgend
Jemand bei der Nachricht von dem Tode Laufbergefs schmerzlich berührt
war, es die Schüler waren, welche sich in seiner Schule zusammengefunden
haben. Aber nicht blos seine gegenwärtigen Schüler, sondern der ganze
Lehrerstand wird das frühzeitige Hinscheiden Laufbergefs tief bedauern.
Da weitaus der größte Theil der Zeichenlehrer an Mittelschulen und ins-
besondere an Fachschulen der Monarchie, in der Kunstgewerbeschule des
Museums gebildet, den Unterricht Laufbergeris genossen haben und von
ihm auch pädagogisch als Lehrer herangebildet sind, so war die Nach-
richt von dem Tode LaufbergeHs eine Trauerbotschaft, die sich weit
über die Grenzen Wiens verbreitete. Von allen Seiten laufen von seinen
ehemaligen Schülern, die jetzt als Lehrer wirken, Beileidsadressen an die
Direction des Museums oder an die Witwe Laufbergers ein. Der Lehr-
körper und der Aufsichtsrath der Kunstgewerbeschule beeilten sich, der
Witwe Beileidsadressen zu schicken. Laufberger gehörte nicht zu jenen
Lehrern, die mit der Schulstunde ihr Schulamt als abgeschlossen ansahen.
Gleich seinen Collegen an der Kunstgewerbeschule war er den ganzen
Fortsetpmg auf der Beilage.
BEILAGE
zu
Nr. 192 der Mittheilungen des k.k. Oesterr. Museums".
Tag an der Arbeit und gern bereit, den Schülern, wenn es nöthig war,
rathend zur Seite zu stehen. Und so wurden die Schüler Laufbergefs
nicht blos zur Kunst, sondern auch zur Arbeit herangezogen. Das falsche
Künstlerthum, das sich in affectirter Genialität und auffallender Kleidung
zu documentiren für nöthig hält, hatte in Laufberger den entschiedensten
Gegner. Er duldete nicht, dass seine Schüler den zweiten Schritt machten,
bevor sie den ersten mit Sicherheit gethan hatten. Auch das müssen wir
ihm rührnend nachsagen, dass er den Beruf und die Grenze der Kunst-
gewerbeschule nie aus dem Auge verloren hat.
Allerdings ist die Kunst eine untheilbare; wer sich in der Kunst-
gewerbeschule der Kunst widmet, muss wissen, dass man den vollen
Künstlerberuf in sich fühlen muss, um auf dem Gebiete der Kunstgewerbe
zu voller Geltung zu gelangen. Es ist ein Vorurtheil, das aus den alten
Vorurtheilen des privilegirten akademischen Künstlerstandes herstammt,
dass man den Künstler, der auf dem Gebiete der Kleinkunst oder decora-
tiven Kunst Kunstwerke schaEt, nicht als Künstler eben so hoch stellt als
Denjenigen, welcher auf dem akademischen Kothurn einherschreitet. Der
Werth eines Kunstwerkes wird nicht mit dem Zollstabe gemessen. Denn
die kleinen, zierlichen Tanagräischen Figürchen sind wahrhaft grosse
Kunstwerke, trotz der kleinen Form. Niemand wusste es besser als Lauf-
berger, wie eng verbündet das, was wir Kunstgewerbe heutigen Tages
nennen, mit der ganzen großen Kunst und wie die erstere nur ein Bruch-
stück von der ganzen großen Kunst ist. Der Einblick in den Zusammen-
hang der einzelnen Künste untereinander, der ornamentalen mit der figu-
ralen, der Malerei mit der Architektur, gibt wie der ganzen-Kunstgewerbe-
schule des Oesterr. Museums, so auch speciell der Schule Laufbergers
einen eigenthümlichen, wohlthuenden Charakter. Es ist von anderer
berufener Seite schon geschildert worden, wie förderlich das Zusammen-
wirken und die innige Freundschaft Storcks und Laufhergers für die Schule
selbst gewesen ist und wie zahlreiche Kunstschöpfungen dem Zusammen-
wirken dieser beiden Künstlerfreunde ihr Entstehen zu verdanken haben.
Seit dem Jahre r873 ist die Frage der Reform des Zeichenunterrichtes
an der Tagesordnung. In all den zahlreichen Conferenzen und Commis-
sionen, die sich mit dieser Frage, welche nicht blos eine pädagogische,
sondern eminent volkswirthschaftliche ist, beschäftigten, hat sich der päda-
gogische Beruf Laufbergers glänzend bewährt. Ich bin überzeugt, dass
alle Schulmänner und alle Künstler, welche sich mit dem Lehrfache be-
schäftigen, mit mir übereinstimmen, dass nicht blos ein tüchtiger Künstler,
Vlll. Bd. 188i. I7
sondern auch ein ganz vorzüglicher Pädagoge mit Laufberger zu Grabe
getragen wurde. Ich habe mich über den Lehrberuf Laufbergers etwas
ausführlich verbreitet, weil ich seit der Zeit der Gründung der Kunst-
gewerbeschule im Jahre 1868 Zeuge der Wirksamkeit Laufbergers gewesen
bin und weil es mir manchmal vorgekommen ist, dass Kunstfreunde und
Kunstschriftsteller es nicht genug würdigen, wenn Künstler von Beruf
sich dem Lehramte widmen. Künstler, welche als Maler Tüchtiges leisten,
gibt es sehr viele, aber Maler, die zugleich mit Erfolg, Einsicht und Liebe
ein Lehramt ausüben, gibt es relativ sehr wenige, und ich möchte nicht,
dass in unserer schnelllebigen Zeit das vergessen wird, was Laufberger
als Lehrer geleistet hat.
Unter seinen verschiedenen Publicationen ist ein Werk über Sgraf-
liten', welches sich in allen Kunstschulen als Lehrmittel eingebürgert hat.
Es ist nur zu wünschen, dass dieses Werk fortgesetzt werde. Denn wie
Laufberger so zu sagen der Wiedererwecker der altbewährten Technik
des Sgraflito gewesen ist, so ist auch seine Publication über Sgraffiten
weitaus die beste der in neuester Zeit erschienenen.
Laufberger hat einen großen künstlerischen Nachlass hinterlassen,
zahlreiche Skizzenbücher, Entwürfe etc. Sein ganzer künstlerischer Nach-
lass kann als ein großer Lehrapparat für eine Malerschule einer Kunst-
gewerbeschule angesehen werden; hat er doch im Leben seine eigenen
Studien und Arbeiten in liberalster Weise den Schülern zur Verfügung
gestellt Dass dieser ganze künstlerische Lehrapparat womöglich iritact der
Schule erhalten bleibe, ist der Wunsch aller Jener, welche das Gedeihen
dieser Anstalt im Auge haben. R. v. E.
llie Beziehungen derßhomie zur bildenden Kunst, insbesondere zur Malerei.
Vortrng, gehalten im Oesterr. Museum von Nicolae Teclu.
Schluss.
Es sind schließlich noch die Firnisse zu erwähnen, welche dazu dienen,
um mit denselben das fertiggestellte trockene Gemälde zu überziehen.
Sie werden erhalten durch theilweise, oder vollkommene Lösung gewisser
Harze, wie Bernstein, Copal, Damar, Mastix u. s. w. in flüchtigen Oelen,
meistens in Terpentinöl, aber auch in Alkohol. Alle diese Stoffe sind der
Einwirkung des Lichtes und der jeweiligen Temperatur ausgesetzt; sie
sind ferner beeinflusst durch die Bestandtheile der Luft, als Sauerstoif,
Ozon, Kohlensäure, Schwefelwasserstoif, Ammoniak, Wasser. Werden diese
Stoffe nun miteinander gemengt, so vollziehen sich überdies physikalische
und chemische Veränderungen im größeren Maßstabe, namentlich durch
Sgruffito-Decorerionen. Entworfen von F. Lnufberger. Wien, A. Holder, X877 8'.
Fnl. Bisher drei Hefte.
443
die Einwirkung der Bindemittel, die in den verschiedenen Malarten dies-
bezüglich von großer Tragweite sind. In der Aquarell-Malerei z. 8., wo
das Bindemittel im Wesentlichen Wasser ist, verdunstet dieses beim Ein-
trocknen der aufgetragenen Farbstoffe, wodurch diese schwinden und ein-
schlagen. In der Frescomalerei, wo man mit Kalkwasser als Bindemittel
auf Luftmörtel malt, wirkt die Kohlensäure der Luft auf den Kalk des
Mörtels und des Kalkwassers so ein, dass der Kalk in kohlensa-uren Kalk
bei Abscheidung von Wasser überführt wird. Dieser ist fest, und die Farb-
stotTe sind darin eingehüllt. In der Stereochromie malt man auf an der
Luft festgewordenem Luftmörtel, welcher mit Wasserglas imprägnirt ist.
Die Farbstolfe werden mit Wasser aufgetragen, das Gemälde nachher aber
ebenfalls mit Wasserglas in Form eines feinen Staubes überzogen; durch
chemische Wechselwirkung geht dann der kohlensaure Kalk des Mürtels
mit dem Wasserglase in die feste Verbindung des kieselssuren Kalkes über,
während gleichzeitig kohlensaures Kali oder Natron entsteht. Durch dieses
Verfahren wird das entstandene Gemälde verkieselt. Die GIas-, Porzellan-
und Emailmalerei beruht irn Wesentlichen auf der Eigenschaft einer Reihe
von Metalloxyden, sich bei der Schmelztemperatur in Silicaten zu lösen
und diesen eine gewiße Färbung zu ertheilen. So färbt z. B. Kobaltoxyd
blau, Chromoxyd grün, Kupferoxydul roth, Uranoxyd gelbgrün u. s. w.
Glas, Porzellan, Email, sind solche Silicate, man bringt auf diese, die mit
dem Flussmittel, einem Gemenge von Borax mit Bleiglas und mit einem
flüchtigen Oele, gewöhnlich Lavendel- oder Terpentinöl als Bindemittel
versehenen Metalloxyde, und brennt sie ein. Hiebei veriiüchtigt sich das
Oel, während die Metalloxyde in das Silicat, als kieselsaure Verbindungen
eintreten. In der Oelmalerei ist das Bindemittel gewöhnlich Lein-, Mohn-
oder Nussöl. Diese Oele sind von sehr hoher Zusammensetzung, bestehend
aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Man nennt sie Glyceride,
unter welchen das wichtigste das Linolein ist. Außer diesem findet sich aber
auch das Palmetin, Elain, Laurin und Myristin darin vor, sowie Pflanzen-
eiweiß und Pflanzensohleim, welche überdies noch Stic-kstoif und Schwefel
in Verbindung enthalten. Lässt man diese Oele der Einwirkung des Sauer-
stoffs der Luft ausgesetzt, so zeigen sie die Eigenschaft des Einu-"oekuens
zu einer durchsichtigen, elastischen Masse, in welches, wenn die Oele
als Bindemittel angewendet wurden, die Farbstoffe nach dem Eintrocknen
der Malerfarben meistens vollkommen eingehüllt sind. Während dieses
Eintrocknens gehen durch die Einwirkung des Sauerstoffes der Luft auf"
die Glyceride, Wechselzetsetzungen vor sich, deren Resultat das Auf-
treten einer Reihe von chemischen Verbindungen verursacht nämlich Ves-
bindungen, bestehend aus Sauerstolf und Wasserstoff, Sauerstoff und
Kohlenstoff und aus Sauerstoff, Kohlenstoff und Wasserstoß, als Wasser,
Kohlensäure, Ameisensäure, Essigsäure, Propionsäure, Acryl- und Acren-
säure, ja selbst Glycerinsäure, welche allenfalls auf die Farbstoiie und Mal-
mittel chemisch einzuwirken befähigt sind. Für das Auftreten solcher com-
17'
plicirter chemischer Processe beim Eintrocknen dieser nicht flüchtigen
Oele spricht auch die Thatsache, dass die frischgemalten Bilder meist
länger als ein Jahr in Anspruch nehmen um zu trocknen. Die nach diesen
Malarten entstandenen Bilder bleiben überdies den äußeren Einflüssen
ausgesetzt, wodurch physikalische und chemische Veränderungen, wie Ab-
blättern, Reißen, Einschlagen, Nachdunkeln u. s. w. zum großen Nach-
theile derselben sich über kurz oder lang einstellen können.
Von dem Gedanken ausgehend, dass beim Malen mit Oelfarben auf
der Bildfläche des Malers keine chemischen Processe stattfinden sollen,
weil diese stets die Folge stolflicher Veränderungen sind, und der Maler
gerade auf die Beständigkeit seines Materials angewiesen ist, habe ich,
vielfach angeregt durch Herrn Prof. Ed. v. Lichtenfels, eine" Methode
gesucht und gefunden, durch welche das Oel die früher angeführten Pro-
cesse vor seiner Anwendung in der Malerei durchgemacht hat. Dieses
Präparat brachte Herr A. G. Pummerer, Fabrikant in Wels, unter dem
Namen Linolein in den Handel. Das Linolein ist eine gelblich gefärbte,
zähliüssige, durchsichtige Substanz, löslich in Aether und ätherischen
Oelen, nicht in Alkohol; erhitzt verbrennt es, ohne einen Rückstand zu
hinterlassen. In dünner Schichte aufgestrichen, trocknet es an der Luft
in wenigen Stunden vollkommen klar und durchsichtig ein. Es kann ohne
weitere Vorbereitung direct als Malmittel angewendet, oder mit einem
flüchtigen Lösungsmittel vermischt werden, in welchem Zustande es auch
als Bindemittel anwendbar ist.
Es kann demnach nicht zweifelhaft sein, dass die stoßlichen Verän-
derungen, welche durch die chemische Anziehungskraft bewirkt werden,
der Chemie in der Malerei eine sehr hervorragende Rolle anweisen. Nur
von der Chemie können wir Aufschluss erlangen über die Zusammen-
setzung der Stotfe, welche der Maler anwendet; sie allein kann uns die
Methoden angeben, wie diese Stoffe, falls sie Kunstproducte sind, dar-
gestellt werden; nur auf Grund chemischer Operationen kann festgestellt
werden, 0b diese StoEe rein sind, so wie nur die Chemie darüber Auf-
klärung geben kann, welchen chemischen Veränderungen diese Stotfe ent-
gegengehen; insbesondere wird sie allein uns die Mittel angeben, durch
welche ein Stillstand in den chemischen Veränderungen bewirkt werden
könne, der ja von höchster Wichtigkeit wäre, da in Folge einer unauf-
haltbaren stolflichen Veränderung kein Kunstwerk zu erhalten ist. Die
Chemie vermag auch diesem Bedürfnisse zu genügen; sie zeigt auf Grund
der erforschten Eigenschaften der chemischen Veränderungen, dass unter
den gewöhnlichen Verhältnissen, zwischen den verschiedenen Stoffen, die
chemische Anziehungskraft nicht mit gleicher Energie einwirkt, ja dass
sie in einer großen Anzahl von Fällen gar nicht zur Wirksamkeit gelangt.
Lassen wir beispielsweise Eisen an der Luft liegen, so rostet es, da es
sich mit dem Sauerstoff der Luft verbindet; unter denselben Bedingungen
gibt aber Gold keine Sauerstoffverbindung, es bleibt chemisch unverändert.
Dieselbe Beständigkeit zeigt aber auch die Kohle, viele Erdarten, Harze etc.
und in viel höherem Grade eine große Anzahl von Stoffen, selbst wenn
sie innig miteinander gemengt, aber geschützt sind vor den äußeren Ein-
Hüssen; sie sind dann chemisch unwirksam. Zu diesen gehören speciell
in der Malerei einige Farbstoffe, selbst Bindemittel und Malmittel. Diesem
Umstande ist es hauptsächlich zuzuschreiben, dass in -den ägyptischen
Gräbern heute noch vollkommen gut erhaltene Malereien auf Holz und
Papyrus angetroffen werden, und älter als alle menschliche Kunst ist das
Bernstein-Harz, in welchem man zudem nicht selten unverändert erhal-
tene lnsecten und Pflanzentheile aufftndet.
Aus diesen Betrachtungen ergibt sich aber, dass man in der Malerei
die gegenseitig chemisch indilferentesten Stoffe zum Malen anwenden
müsse, und dass diese von den äußeren Einflüssen durch Abschluss nach
Außen zu schützen sind, dass ferner nur solche durchsichtige Stoffe zur
Isolirung nach Außen benützt werden dürfen, an denen eine auftretende
Veränderung leicht zurückgeführt werden könnte auf den ursprünglichen
Zustand des Stoffes, d. h. vollkommen zu restauriren wäre; es könnte
dann die Erhaltung der Gemälde auf unabsehbare Zeit hinaus als eine
gesicherte betrachtet werden.
Die vollständige Lösung dieser Aufgabe ist jedoch der Chemie bisher
noch nicht gelungen, da sie sich zu wenig mit den Interessen der Malerei
beschäftigt hat. Diesen Anforderungen und Bedingungen gegenüber finden
wir gegenwärtig, gerade jetzt, wo die Fortschritte der exacten Wissen-
schaften eine früher nie erreichte Höhe erlangt haben, einen Zustand be-
klagenswerther Unsicherheit in der Auswahl und Handhabung des tech-
nischen Materials, und eine allzurasche Vergänglichkeit der entstandenen
Werke. Wir blicken mit Erstaunen auf die so wenig bekannte Ausführung
der alten Bilder, welche meistens bis auf unsere Zeit sich so vorzüglich
erhalten haben und beklagen die lückenhaften und spärlichen Ueber-
lieferungen. Unzweifelhaft ist es aber, dass die nachtheiligen Folgen in
dem technischen Vorgehen von da an beginnen, wo sich die Industrie
der Bereitung der Malrequisiten bemächtigt hat, und die hiedurch noth-
wendig gewordene Controle über die Zusammensetzung, Darstellung,
Verfälschung und das Verhalten der angewendeten Stoffe vom Maler
nicht mehr ausgeübt werden konnte. Wir sehen z. B. durch Tintorett
den Bolusgrund und den Asphalt angewendet, und finden seine Bilder
stark nachgedunkelt. Die Werke von L. Robert, welcher die Siccative und
Firnisse eingeführt hat, sind voll von Sprüngen und Rissen; ähnlich ver-
halten sich auch die Bilder von Lawrence, Reynolds, Füger u. s. w. und
mancher Künstler der neuesten Zeit. Die alten Maler bereiteten sich
nämlich auf Grund vielfacher Erfahrungen ihre Utensilien fast ausnahmslos
selbst, und die angehenden Künstler hatten, wie uns Cennino Cennini in
seiner Abhandlung über die Malerei anführt, fünf bis sechs Jahre vollauf
damit zu thun, um sich in der Darstellung und Anwendung derselben
einzuarbeiten, während jetzt die rastlos arbeitende Industrie den Künstler
dieser Arbeiten überhebt, und in erster Linie bestrebt ist, ihre Waaren,
so gefällig als möglich ausgestattet, billig abzusetzen. Hiedurch haben
sich zwischen dem Maler und seinen Requisiten andere Beziehungen her-
ausgebildet, denen Rechnung getragen werden muss. Weder der Maler
noch der Fabrikant werden aber den neuen Anforderungen genügen
können, es dürfte vielmehr die specielle Thätigkeit eines Fachmannes
erforderlich sein, welcher einerseits durch Prüfung der einschlägigen
Präparate des Handels den Maler vor Fehlgriffen zu schützen hätte, an-
derseits berufen wäre, zur Hebung der heimischen Industrie, welche auf
diesem Gebiete die Concurrenz mit dem Auslande noch nicht zu bewäl-
tigen vermag, beizutragen. Zudem gebricht! es selbst dem Unterrichte,
welcher nach dieser Richtung belehren soll, und welchem in der That eine
ansehnliche Anzahl von Schülern mit Eifer anwohnt, in Folge Mangels
fachlicher Arbeiten an aufklärenden Thatsachen, und so sehen wir den
gewissenhaften Maler, ängstlich besorgt in der Wahl seiner technischen
Mittel, fast vollends auf ein empirisches Vorgehen angewiesen. Es bleibt
daher der Zukunft vorbehalten, dass die Chemie, unter günstigeren Um-
Ständen, die Vervollkommnung des technischen Materials des Malers an-
strebe, und namentlich die Grundsätze erforsche, die der Maler in der
Anwendung desselben zu beobachten habe, dies aber immer von dem
Gedanken geleitet, dass der Künstler sich dann am freiesten fühlt, wenn
er in der Anwendung seiner technischen Mittel den geringsten Schwierig-
keiten begegnet, und dass der Werth seines Kunstwerkes steigt mit der
wachsenden Größe seiner Beständigkeit.
Preisausschreibung
behufs Lieferung von Plänen für Gaslaternen und Gaslaternen-
träger zur öffentlichen Beleuchtung in Wien.
Der Gemeinderath der Stadt Wien hat in seiner Plenarsitzung vom
7. Juli x88 eine Preisausschreibung zur Erlangung von Plänen für Gas-
laternen und Gaslaternenträger beschlossen.
Es werden zu diesem Ende Planentwürfe entgegengenommen und
sind die Fachleute des ln- und Auslandes hiezu öffentlich eingeladen.
I. Gegenstand der Pläne.
1. Die Gasknndelaber sind in zwei Großen zu projectiren und zwar
Kandelaber für Straßen und Plätze mit einer Hübe von T60 Meter;
Kandelaber zur Beleuchtung von Parkanlagen und Flusspessngen mit einer
Hohe von 2-3o Meter.
Hiebei wird die Hübe vom Pflaster bis zum Laternenkorb gemessen und sind die
Kandeluber in beiden Fällen dazu bestimmt, je eine Laterne zu tragen, welche nur
eine Gastlamme erhllt.
447
z. Für die Laternenstützen sind die Zeichnungen für drei Größen zu liefern,
und zwar
Laternenstützen mit einem Vorsprünge von V40 Meter,
'10
1. rno
Hiebei ist der Vorsprung von der Mauerflucht bis zur Verticalaxe der Laterne
Zll KUCSBCU.
3. Die Laternen sollen in zwei Großen projectirt werden. und zwar
eine größere Laterne für die großen Kandelaber und die großen
und mittleren Laternenstützen 2b;
kleinere Laternen für die kleineren Kandelaber und die kleineren
Stützen zu.
Die Laternen sollen mindestens eine Breite von 016 Meter in der Mitte und im
Lichten von Glas auf Glas gemessen erhalten und einen inneren Rauminhalt von min-
destens 0'025 Kubikmeter.
Die Laterne muss so construirt sein, dass das Licht möglichst wenig an dem Aus-
tritte aus der Laterne gehindert wird, und dass genügender Luftzutritt zur Flamme und
hinreichende Ausstromung der Verbrennungsgase aus dem Laternenraume stattfindet, ohne
dass hiedurch das ruhige Brennen der Flamme beeinträchtigt werde.
Bei der Construction der Laterne mag nach Gutdünken der Proiectanten nach
dem heutigen Stande der Gastechnik auf Anbringung von entsprechenden Reßectoren
oder auf Verwendung von mattem Glas Rücksicht genommen werden derart, dass eine
günstige Lichtwirkung erzielt, eventuell zu starker Lichtverlust nach Oben hin ver-
hindert werde.
4. Nachdem die zu proiektirenden Beleuchtungsgegenstände die Bestimmung haben,
bei der öffentlichen Beleuchtung Wiens vielleicht successive allgemein eingeführt zu
werden, so ist die architektonische Ausstattung derselben einer Großstadt würdig nach
neuen, hübschen, stylgerechten Formen, dennoch aber in solchen Grenzen zu halten,
dass die Ausführung dieser Beleuchtungsobjecte nicht zu hohe Kosten erfordert und
die allgemeine Einführung derselben nicht etwa aus ökonomischen Rücksichten unter-
bleiben musste.
5. Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, sind sohin fünf Zeichnungen zu liefern
Ein großer Kandelaber
Ein kleiner
Eine große Laternenstütze mit einer Laterne.
Eine mittelgroße
Eine kleine
Diese Zeichnungen sind in einem Maßstabe von der natürlichen Grüße anzu-
fertigen und sind außerdem Detailzeichnungen in jenem Maßstabe anzuschließen, welcher
die volle Verständlichkeit der Proiecte sichert.
6. Den Planen ist eine kurze Beschreibung Memoire der projectirten Oh-
iecte beizugeben.
11. Allgemeine Bestimmungen.
I. Der Gcmeinderath bestimmt für den gclungensten dieser Entwürfe einen Preis
von 300 H. und außerdem noch einen Accessitpreis von too G.
2. Die Projecte sind im Einreichungsprotokolle des Wiener Gemeinderathes,
l. Bezirk, Wipplingerstraße Nr. ll. Stock, versiegelt und mit einer Chiffre, welche
auch auf dem den vorgelegten Documenten beigeschlossenen Briefe anzugeben ist, und
welcher den Namen, Charakter und Wohnort des Proiectanten enthalt, versehen, gegen
Bestätigung abzugeben.
Die Projecte sind bis längstens 7. November 188i inclusive einzureichen.
Später einlangende Offerte werden nicht berücksichtigt.
3. Die Beurtheilung der Proicctc geschieht durch eine vom Gemeinderathe einzu-
setzende Commission, zu welcher Delegirte des atüdtischen Bauamtes, sowie Kunst- und
Sachverständige zur Abgabe eines Urtheiles berufen werden.
4. Das Eigenthum an den preisgekrönten Planen sowohl als auch alle Rechte zur
Vervielfältigung beziehungsweise Nachbildung derselben, geht an die Commune Wien über.
5. Der Gemcinderath behllt sich ausdrücklich vor. auch eventuell andere als die
preisgekrönten Proiecte zur Ausführung zu bringen; es kann daher die Zurückstellung
der nicht preisgekrönten Plane sammt Briefen erst dann erfolgen, nachdem der Gemeinde-
rath sich über die Ausführung des einen oder anderen Projectes entschieden haben wird.
Für den Fall der ganzen oder theilweisen Benutzung eines nicht preisgekrönten
Planes wird der Projectant mit dem Pauschalbetrag von too H. entschädigt.
6. Die Eröffnung der den Plänen beigegebenen. die Namen der Verfasser enthal-
tenden Briefe wird erst nach erfolgter Entscheidung über die Zuerkennung der Preise
stattfinden, und zwar nur bezüglich der preisgekrönten oder anderwarrs benutzten Pläne,
während die übrigen Pläne summt den dazu gehörigen uneröineten Briefen gegen Vor-
weisung der Empfangsbestätigung binnen drei Wochen vom Tage der Entscheidung des
Geineinderuthcs über die Ausführung des einen oder anderen Projectes zurückgenommen
werden können.
Fortsetzung das Verzeichnisses der käuflichen Gypsahqüm
des k. k. Oesterr. Museums.
Vergl. Nr. 177 der nMittheilungen-t.
Nr.
804. Apollokopf im unteren Belvedere in Wien, antik, 4.5 Ctm. hoch ..
805 Madonna mit dem Kinde, Relief, ßorentin" 15. Jahrh. 70 Ctm. ho
breit. Oesterr. Museum
806 Büste des Kaisers Joseph ll. von Grassi, Arbeit der Wiener Porzellanfabrik,
Biscuite. Oesterr. Museum
Sechsseitige Steinzeugüasche mit Zinnschraubendeckel, 26 Ctm. hoch. Auf
dem Buuche Blumenvasen, stylisirte Blumensträuße und das Nassauische
Wappen, 1683. lm Besitze des Herrn Ritter v. Lnnna, Prag ..
Rheinischer Krug, sagen. Bartmännchen, 16. Jahrh., 13 Ctm.
ob. Dimens, am Bauche Rosenzweige. lm Besitze des Grafen Wilczelt
Schnelle weißer Steinzeugkrug mit Zinndeckel, 21 Ctm. hoch, am Bauche
das englische Wappen, 1573. lm Besitze des Herrn Ritter v. Lanna in Prag
Große Schnelle weißer Steinzeugkrug mit Zinndecltel, 36Ctm. hoch. Am
Bauche Julius Ceisser, 1578. lm Besitze des Herrn Ritter v. Lanna in Prag
Große Schnelle weißer Steinzeugkrug ohne Deckel, 34 Ctm. h. Am Bauche
Judith, Christus und Samaritanerin, Susanne. Spurkel Mertz. April 1573. L. W.
lm Besitze des Herrn Ritter von Lanna in Prag
Henkelkrug aus weißem Steinzeug von spharoidischer Form mit altern Zinn-
deckel und Ausgussrohr, 23 Ctm. hoch. Am Halse im Ornamentfries der
Glaube; urn den Bauch verschiedene Thiere in schön stylisirtem Ranken-
werke; Ausgussrohr und Henkel reich verziert, mit der Jahreszahl 1593. Im
Besitze des Herrn Ritter v. Lanna in Prag...
Pilgerßasche aus Steinzeug, 3a Ctm. hoch. dem Halse Masken, Engel-
kopfe und schildhaltende Lowenpsare sich wiederholend. lm Besitze des
Herrn Ritter v. Lsnna in Prag ..
Henkelkrug aus weißem Steinzeug von sphiroidischer Form mit altern Zinn-
deckel und Ausgussrohr, 24 Ctm. hoch, am Bauche Bauerntanz. lm Besitze
des Herrn RittervnLnnnnin Prag.........
Schnelle weißer Steinzeugkrug mit Zinndeckel, 24 Ctm. hoch. Am Bauche
Noah's Opfer, Samson bezwingt den Löwen, Delila. lm Besitze des Herrn
Ritter v. Lanna in Prag
816 Schnelle weißer Steinzeugkrug mit Zinndeckel, a4 Ct auche
Samson bezwingt den Löwen, Delila, Samson trägt die Tempelpforten. lm
Besitzedes Herrn RittermLannnin Prag................ ..
817 Bnuchiger Henkelkrug aus Steinzeug mit Zinndeckel, 16 Ctm. hoch. Um die
Mitte des Bauches ein Band von kleinen eingeschnittenen Rauten, 16. Jahrh.
lm Besitze des Herrn Ritter v. Lanna in Prag...
818 Henkelkrug aus Steinzeug mit altem Ziundeckel, dara Landschaft in
Relief, 11 Ctrn. hoch. Alter Guss, Durchm. des Medaillons 15 Ctm. lm Be-
sitze des Herrn Ritter v. Lanna in Prag .. ..
819 Henkelkrug aus Steinzeug von sphnroidischen Form mit Zinndeckel, 21 Ctm.
hoch. Am Bauche in Medaillons Pelikan und zwei Wappen. 1600. lm Be-
sitze des Herrn Ritter v. Lannn in Prag ..
820 Krug aus Steinzeug von ephäroidischer Form mit Ausguesschnahel und Zinn-
deckel, 37 Ctm. hoch. Urn den Bauch die Churlhnten mit ihren Wappen.
160a. lm Besitze des Herrn Ritter v. Lanna in Prag ..
821 Sehr ausgebauchter Henltelltrug aus Steinzeug mit Zinndedtel, darauf Zinn-
medaille nMater Dei Coeli Rosac, i-Sernper et n-iiraculosau, 1688, 15 Ctm.
hoch. Auf dem Bauche Portraitmednillons von Wilhelm König von England,
807
808
809
810
811
812
813
814
815
80
zo
50
50
a0
50
50
80
449
Nr.
Johann III. von Polen, Ludwig Markgraf von Baden, in Zinn. Im Besitze des
Herrn Ritter v. Lnnna in Prag................
82 Krug aus Steinzeug von sphäroidischer Form mit Ausgussschnnbel und Zinn-
dedxel, 25 Ctm. hoch. Um den Bauch die Hochzeitszänzer nach H. S. Behnm,
15 Im Besitze des Herrn Ritter v. Lanna in Prag
823 Sc nelle weißer Steinzeugkrug mit Zinndeckel, zo Ctm. hoch. Am Bauch
Medaillons mit dem Brustbilde einer Frau. Im Besitze des Herrn Ritter
v. Lanna in Prag ..
824 Gothischer Zinnkrug auf drei Fußen mit reich mit Gravirungen verziertem
Deckel und Ausgussrohr 47 Ctm. hoch. Im Besitze des Herrn Ritter v. Lanna
in Prag.... ..
8x5 Zinnkrug ISC er Form mit ec worauf drei Löwen, 36 Ctm.
hoch. Im Besitze des Herrn Ritter v. Lanna in Prag .. ..
826 Zinnkrug mit Deckel und plastischer Verzierung, 14 Ctm. hoch. Im Besitze
des Herrn Ritter von Lanna in Prag .... ..
So
Litoraturhoricht.
Viollet-le-Duc, ses travaux d'Art et son systeme archeologique. edition.
Paris 1881. 8.
Wenn irgend ein moderner gelehrter Architekt eine Biographie verdient, so ist es
Viollet-le-Duc, dessen Werke in den Händen jedes gebildeten deutschen Architekten sind.
Er ist, wie Gottfried Semper, der Führer einer Schule gewesen die sich weit über die
Grenzen Frankreichs erstreckt hat. Das von dem Director des -Ann6e archeologique-i,
Herrn A. Saint-Paul verfasste und soeben in zweiter Auflage erschienene Buch behan-
delt Viollet-le-Duc als Constructeur, als Zeichner, Architekten und Archäologen.
Alois Heiss Les medailleurs de 1a renaissance. Vittore Pisano. Avec
photugraphies inalterables et 75 vign. Paris, J. Rothschild, 1881. F01.
Nachdem Friedländer in den Jahrbüchern der preußischen Kunstsammlungen seine
bedeutende Arbeit über die italienischen Schaumunzen dem Ende zugeführt hat. beginnt
man in Paris dieselbe Materie mit nicht geringerem Geschicke und in einem noch aus-
gedehnteren Maße zu bearbeiten. Der vorliegende Band über Vittore Pisano bietet nicht
nur wie Friedländer eine Auswahl, sondern alle echten Schaumünzen dieses Künstlers in
gelungenen Reproductionen, und fügt außerdem noch Zeichnungen nach manchen ihm
zugeschriebenen und zweifelhaften bei. illfas aber der Publication den größten Werth ver-
leiht, ist die Mittheilung von Handzeichnungen, Skizzen zu den Köpfen sowohl als zu
den allegorischen Darstellungen der Schaumünzen, welche Herr M. de Tauzia, Conser-
vnteur am Louvre, in dem Samrnelbande dieser Sammlung, der unter dem Namen Recueil
Vallardi bekannt ist, entdeckt hatte. Wir bekommen hier zum ersten Male Einsicht in die
Art, wie der Künstler arbeitete, da sich für manche der Münzen mehrere später verworfene
Skizzen vorfinden. Biographische Einleitungen und Anmerkungen zu den einzelnen Stücken
sind mit großer Sorgfalt und umfassender Erudition abgefasst.
The great artists Leonardo by Jean Paul Richter. London, Sampson,
1880. 8.
Für eine Sammlung populärer Biographien der großen Künstler aller Jahrhunderte
hatte J. P. Richter das Leben Lionardcfs darzustellen unternommen und mit der Aus-
führung dieser Arbeit zugleich ein Muster für alle ähnlichen Unternehmungen geschahen.
Kurz und knapp, wo immer es angeht, mit den Worten der Biographen des Künstlers,
Vasari's und des Anonymus des Milanesi, vielfach aber auch mit Benutzung der eigen-
handigen Aufzeichnungen Lionardds, welche hier zum ersten Male mitgetheilt werden,
werden sein Leben und seine Werke geschildert, und in lichtvoller Weise dem Laien die
vielen Schwierigkeiten vorgewiesen, welche eine immer zusammenhängende Darstellung
unmöglich machen Bei den lllustrationen ist zum ersten Male, auch bei einem Werke,
das nicht für Fachgenossen bestimmt ist, mit dem alten Zopfe gebrochen, nur Abbil-
dungen von ausgeführten Gemälden zu geben, sondern durch reichliche Reproduction von
Handzeiehnungen werden die Eigenthümlichkeiten des Künstlers verdeutlicht. Die wich-
tigste Abbildung ist iene eines Kupferstiches im Britischen Museum, dessen eigenhändige
Ausführung wohl Lionardo nicht wird abgesprochen werden können.
Hoffmann, l-I. Die Erziehung zur Production, die Aufgabe der rea-
listischen Pädagogik. Köln und Leipzig, E. J. Mayer, 1881. 8.
Der Verfasser, Realschullehrer in Mühlheim am Rhein, behandelt die Frage der
Erziehung zur Production vom Standpunkte der Philosophie der Pädagogik. Die praktische
Seite der Frage, die gegenwärtig so wichtig ist, wird nur nebenher berührt.
Ausstellungsliteratur für das Jahr 1881.
Wir machen unsere Leser besonders darauf aufmerksam, dass die Ausstellungs-
literatur eine immer größere volkswirthsehaftliche und literarische Bedeutung gewinnt.
Der ofiicielle Katalog der Breslauer und jener der Stuttgarter Gewerbe- und In-
dustrieausstellung vom Jahre 1881 sind mit Einleitungen versehen, welche sich eingehend
über den Stand der Gewerbe in Pr. Schlesien und in Württemberg aussprechen. In
Stuttgart ist ein -Specialkatalog der Alterthümer- Gruppe 16, in Karlsruhe ein nWeg-
weiser durch die Abtheilungen der kunstgewerblichen Erzeugnisse der Vergangenheit
erschienen. Einen ganz hervorragenden Platz nehmen die Kataloge der Mailänder Aus-
stellung ein. Der Katalog für die moderne Kunst ist illustrirt, und zu dem aus Anlass
der Ausstellung unter dem Titel -Mediolanumv Milano bei Vallardi, 493 S. 8. erschie-
nenen Werke über Mailand haben ganz hervorragende Kräfte, wie Boito Beitrage ge-
liefert. Wir machen auf den Fortschritt in der Ausstellungsliteratur ganz besonders
aus dem Grunde aufmerksam, dass rechtzeitig Vorkehrungen zur Herausgabe der Kataloge
für die internationale Kunstausstellung in Wien und die Triester Jubelaus-
stellung 188 getroßen werden, denn unsere Kunst- und ltidustrie-Ausstellungsltataloge
lassen viel, wenn nicht alles zu wünschen übrig!
Das Repertorium für Kunstwissenschaft, redigirt von Dr. Janitschelt,
bringt im 4. Hefte des IV. Bandes einen Aufsatz über Barth. Zeitblom und die Gemälde
von Großgrnain, der, an und für sich vortretflich, mit Illustrationen versehen ist. Nicht
wenig tragt zur Consolidirung dieser Zeitschrift das regelmäßige Erscheinen der Hefte bei.
Von der Woltmann- Woermanfschen i-Geschichte der Malerei ist die neunte
Lieferung erschienen. Sie behandelt, reich illustrirt, die Geschichte der spanisch-portu-
giesischen Malerei, und die deutsche und niederländische Malerei der ersten Hälfte des
16 Jahrhunderts. Von l.nbke's nGesehichte der deutschen Renaissance ist die
zweite und dritte Lieferung erschienen.
Zur Geschichte der Grottesken bringt Dr.'Schmarsow einen werth-
vollen Beitrag in dem 3. Hefte des ll. Bandes der i-Jahrbücher der k. preuß. Kunst-
sammlungen-. Schmarsow macht aufmerksam, dass die richtige Schreibweise grotteslt
und nicht grotesque ist.
Bibliographisches Universallexieon. Ein Buchhändler und Liebhaber
zu Saint-Quentin, Herr Adrian Langlet, hatein Werk fast druckfertig gemacht, das ge-
eignet sein wird, sowohl durch seinen Umfang als durch seine Brauchbarkeit Aufsehen
zu erregen. Es ist dies ein Dictionnaire-manuel des libraires et des mnnteurs des livres
1445-1881 und soll nicht weniger als a5 Bande umfassen. Alle bisher erschienenen
Werlte wurden hier in eines zusammengezogen, deren Angaben revidirt und vermehrt
durch biographische Notizen und durch die" Nomenchttir der Manuscripte, welche sich in
Bibliotheken von Paris und in der Provinz beünden.
KLEmEkE MITTHEILUNGEN.
Geschenk an das Museum. Herr Josef Hoffmann, ein in Paris
lebender Oesterreicher, hat dem Museum ein Bracelet aus Bernstein zum
Geschenke gemacht. Dasselbe besteht aus zwei durch ein Kautschukband
verbundenen Theilen.
Besuch des Museums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monate
August van 9617, die Bibliothek von 14K Personen besucht.
Oesterr. Husum. Neu ausgestellt Die Schulerarbeiten der Fachschule
für Weberei in Warnsdorf; Hängeluster nach dem Entwurf von H. Klotz, in Holz
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geschnitzt von J. Fttglister, Schüler der Kunstgewerbeschule, Metallnrbeit und Poly-
chromie von Kautsch; Statue des heil. Stephan, im Auftrage des Herrn Architekten
Kaiser in Holz eschnitzt von H. Wiedetnann, Schüler der Kunstgewerbeschule;
Statuette des echters- nach Canova in Holz geschnitzt von Karll Mayer, Schüler
der Kunstgewerbeschule; Thürklopfer von Eisen, Geschenk des Herrn Gillar an das
Museum; Rohrsessel mit Schnitzerei von J. Hüttner in Wien; Tisch mit Elfen-
beineinlagen von F. Locher in Wien; Schülerarbeiten aus der Fachschule für Malerei
in Reichenau Böhmen.
ln die Krugausstellung wurden neu aufgenommen Thon- und Metallgefiße aus dem
Besitze des Malers Herrn Josef Hoffmann und der Herren Müllner und Dr. G. Jurie.
Eine größere Anzahl der vorzüglichsten Objecte dieser Ausstellung wird mit Bewilligung
der Eigenthümer theils photographisch, theils in Gypsabformungen vervielfältigt; eine Be-
reicherung des kunstgewerblichen Lehrmateriais, welche von Schulen wie von Praktikern
willkommen geheißen werden wird.
Die Ausstellung der Warnsdorfer Webeschule, welche dem Ressort des k. k. Han-
delsministeriums untersteht und im Oesterr. Museum im Saale lX statthat, macht einen
sehr guten Eindruck. Die Ausstellung ist umfassend genug, dass man einen vollständigen
Einblick in die Leistungen und die Lehrmethode der Schule erhält. Wir müssen es
als einen ganz besonderen Vorzug betonen, dass sich diese Schule innerhalb der Grenzen
des Lehrprogrammes und der Bedürfnisse der Weberei von Warnsdorf und Umgegend be-
wegt. Wir heben dies besonders aus dem Grunde hervor. weil bei einigen gewerblichen
Bildungsanstalten das Streben sichtbar wird, künstlerische Tendenzen zu bevorzugen, wo-
durch selbstverständlich die praktischen lnteressen der Gewerbe benachtheiligt werden
können. Der Leiter dieser Schule, Herr Th. Weigner, in der Webetechnik erfahren, hat
seine künstlerische Ausbildung in der Kunstgewerbeschule erhalten.
Hlldfsohes Stipendium. Der Präsident des nieder-österr. Gewerbevereines in
Wien hat das von dem Wiener Kaufmanne Herrn Hermann Hi ld für einen Manufactur-
zeichenschnler gestiftete Stipendium dem Schüler der Kunstgewerbeschule des k. k. Oesterr.
Museums, Ernst Buchheim aus Asch in Böhmen, verliehen.
Lehmurse für Stickerei und weibliche Handarbeiten im
Wiener Fmuenerwerbverein. Bei der Entwicklung, welche die kunst-
gewerblichen Frauenarbeiten genommen haben, machen wir auf die Lehr-
curse aufmerksam, welcheim Wiener Frauenerwerbverein abgehalten werden.
Der Leh ncu rs fü tickerei hat sich zum Lehrziele die Erlernung
aller für die Kunststickerei erforderlichen Techniken gemacht, als das
Weißsticken mit besonderer Berücksichtigung der Initial- und Monogramm-
stickerei, die verschiedenen Sticharten der Leinenstickerei, Knüpfarbeiten,
Filet-, Guipure und Spitzcnsticharten, Stramin-,Applications-, Flach- und
Goldstickerei. Als Lehrerinnen fungiren Frau Kollm und Frl. tte r.
Außerdem befindet sich am Wiener Frauenerwerbverein eine ch nei-
dereischule, welche von Frl. Hlitter geleitet wird und sich mit dem
Schnittzeichnen und Kleideranfertigen beschäftigt; ferner ein Atelier für
Musterzeichnen, geleitet von Herrn F. Sodoma und ein Atelier für
kunstgewerbliche Maltechniken, geleitet von Herrn R. Geyling.
Das detaillirte Programm dieser Schulen ist zu haben in der Vereins-
kanzlei, Vl., Rahlgasse 4.
TodeemlL Der Architekt Winfried Zimmermann ist in Wien am zi. August
im 51. Lebensialire gestorben. Er war ein eminenter Zeichner und hat sich als solcher
vorzüglich für archäologische und kunstgewerbliche Zwecke bewahrt.
Tiroler Glasmosalk-Anstalt. In der Tiroler Glasmosaik-Anstalt zu lnnsbruck
wird gegenwärtig über Auftrag des Oberbaurathes Heinrich Freiherr v. Ferstel nach
dem Entwurfe des Prof. M. Rieser ein über Meter hohes Mosaik-Altarbild ausgeführt.
Dasselbe ist für die Schottenkirche in Wien bestimmt und stellt die Gründung dieses
Stihes durch Herzog Heinrich Jasomirgott dar.
iWeihnaAhts-Ausst-eliung des stelermnrldmhan Vereine zur Forderung
G8! Kunadnduat-rie in Graz. Der Ausschuss des steierm. Vereines zur Forderung der
Kunstindustrie, ermuntert durch die Erfolge der bisher abgehaltenen Weihnachts-Aus-
atellungen, veranstaltet auch in diesem Jahre wieder eine Weihnachts-Ausstellung von
Erzeugnissen der modernen Kunstindustrie, u. zw. vom l. bis a4. Decemher. An dieser
Ausstellung können sich nur die Verfertiger kunstindustrieller Gegenstände von Steier-
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mark und der angrenzenden Alpenländer betheiligen. Anfragen sind an das Vereins-
Secretariat einzusenden.
Landes -Franan-!ndn.atr1e-Ansatellnng in Budapest. Das wSchweizerische
Gewerbeblattu macht über Ansuchen des ungarischen Vereins in Zürich die industriellen
Kreise auf eine Landes-Frauen-Industrie-Ausstellung in Budapest aufmerksam. Dieselbe
dauert vom t4. August bis zum 16. October d. .l. Von Ausländern kann die fünfte Gruppe
beschickt werden und fallen in dieselbe alle Maschinen, Maschinen-Bestandtheile, Hilfs-
maschinen, Werkzeuge, Materialien, Muster und Musterdruck-Apparate für wie immer
geartete weibliche Handarbeiten. Nahere Mittheilungen ertheiltder genannte Verein in Zürich.
Zar Abschaffung der olfantliohon Akademien Hi bildende Künste in
Italien. Eine neueste Resolution des italienischen Unterrichtsministers Baocelli dürfte
die Beachtung der Kunstinteressenten und auch der Leser dieses Blattes verdienen. Herr
Baccelli plant nichts Geringeres, als die Abschalfung aller oifentlichen staatlich-autorita-
tiven Lehrthatigkeit auf dem Gebiete der bildenden Künste. Der ausübenden Kunst sowohl
als der Kunstwissenschaft wird aber die volle Tragweite dieser Maßtegel erst klar, wenn
hinzugefügt wird, dass die odentlichen Kunstakademien und Lehrinstitute als solche ani-
gehoben und theils in Galerien zur Aufbewahrung von Kunstwerken, theils in freie, vom
Staate unabhangige Lehranstalten für bildende Kunst also in Privatinstitute umgewandelt
werden sollen. Der Minister beabsichtigt durch eine solche Neuerung das Princip der Lehr-
und Lernfreiheit in Italien zur Wahrheit zu machen. Die Sache greift aber weit über das
nationale Kunstinteresse der Italiener hinaus und Referent glaubt deshalb auch die Genesis
erwähnen zu sollen, welche den Minister nach den vielen bekannten Irrfahrten auf dem
Gebiete der Unterrichtspolitik auf diese geradezu trostlose Klippe verschlagen hat.
Neben den altehrwürdigen, weltberühmten Statten für Ausübung der bildenden Künste
existirt in Rom auch eine Societä dei giovani artisti Gesellschaft jugendlicher Künstler
allerneucster Gründung, flaumhaariges und holfnungsvolles, aber selbstverständlich eines
reifen, didaktischen Urtheiles bares Künstlerblut, Kunstschüler, denen die Schulwande zu
enge geworden und die, um diese zu sprengen, ihr einziges Heil in der hierzulande modern
gewordenen Unterrichtsfreiheit erblicken. Was man unter diesem Schlagworte zu verstehen
habe, ergibt sich aus dem Grundwerte i-Freiheitu, d. h. soviel, als die ohnehin ziemlich
laren Bande zerreißen, in welche die staatlichen Kunstlehranstalten und Akademien ver-
möge der bestehenden Untcrrichtsgesetze die Maturität der Chndidaten, sei es für aus-
obende oder für lebramtliche Thatiglteit, auf dem Kunstgebiete gefangen hatten.
Von solchem Freiheitsdrange erfüllt, lebten die jahrelang schlummernden Holfnungen
der jungen Künstlerschaft wieder auf, als Baccelli das Unterricbtsresmrt übernahm und
den Malcontenten in Kunst und Wissenschaft, in Schule und Verwaltung eine gründliche
i-Vergeltung- riparazionel, wie das Losungswort des t8. März lautet, in Aussicht stellte.
Die junge Künstlerschaft versammelte sich am tS. Mai zu einer Generalversamtnlung und
votirte die nachstehende Tagesordnung
lln Anbetracht, dass, wie Herr Baccelli nunmehr Minister im Parlament bereits
dargethan, der akademische Unterricht nicht vermogend ist, Künstler heranzubilden und
sich die hiefür vom Staate veransgabten Summen als nutzlose Vergeudung herausstellen,
spricht die Versammlung den Wunsch aus, dass die dermaligen Akademien in Kunstgalerien
und freie Schulen für das Studium des nudo umgewandelt und die zur Unterhaltung des
akademischen Lehrpersonals bis nun eingestellten Summen der Errichtung einer Galerie
modernen Stils gewidmet werden mögen, in der Weise, dass die wahre Kunst hiedureh
gefordert und die Zukunft jener Künstler sichergestellt werde, deren Werke dern Lande
zur Zierde gereichen.-
Diese Tagesordnun wurde am w. Juni von einer Commission der Kunstschüler
dem Unterrichtsminister erreicht, welcher dieselbe sehr huldvoll entgegennahm und im
Wesentlichen Folgendes erwiderte sich theile Ihre Ideen und werde meine ganze Kraft
daran setzen, die Freiheit des künstlerischen Unterrichts soviel als möglich zu erweitern.
Ich bin ein Freund des Fortschritts und werde, solange ich im Minerva-Palais befehle,
nicht rasten, bis die alten Fesseln gesprengt sind, welche die künstlerische Entwicklung der
Nation aufhalten
Das ist die Weisheit des Ministers. Dieselbe ist nun allerdings nicht im Stande,
etwas gegen die vielhundertjahrigen Verdienste des Akaderniewesens um den Aufschwung
der Künste und Wissenschaften, und namentlich der italienischen, zu beweisen. Aber
Eines erhellt aus ihr und darauf kommt es bei dieser, in einer Lebensfrage für die Kunst
mit solcher Leichtfertigkeit gefassten Minister-Resolution eigentlich nur an, und zwar,
dass missverstandene Ideen von Freiheit, Fortschritt und politische Quacltsalberei in Italien
so manches Gute zu verderben drohen und dass man um den Preis der Popularitat, auf
die ein Minister hierzulande große Stücke halt, dem Lande Alles, auch den künstlerischen
Blodsinn, zumuthen darf. i-A. A. 2.1
susnvmq den a. k. Oustorr. Hau-im. Bnchamennt w. cm atmen Sohn ta Wien.