Mittlmilunußn des k. k. Ußslarreich. Musaums
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrift für Kunst und Kunstgewerbe.
Am l. eines ieden Monaxs erscheint eine Nummer. Abonnementspreis per Jahr ß. 4.-
Redacteur Eduard Ohmelarx. Expedition von C. Gerold" Sohn.
Man abonnirt im Museum, bei Gerold Camp, durch die Poszanstalren, sowie durch
alle Buch- und Kunsthxndlungen.
XIX. Jahrg.
Aucus-r 884.
Inhnlb Das Entwerfen im Frcihandzelcheuunterricht. Von C. Sitte. Das mührische Gewerbernuseum.
Die Jahresausstellung an der Wiener Akademie. Von R. v. Eitclbcrger. Papyrus Erzherzog
Rainer. III. Lileraturberibhl. Kleinere Mitlheilungen.
Das Entwerfen im Freihandzeichenunterricht.
Von C. Sitte.
In jüngster Zeit wurden mehrfach Stimmen laut, welche verlangten,
dass der Zeichenunterricht dadurch belebt und doppelt fruchtbringend
gemacht werden sollte, dass alle zu zeichnenden Objecte nicht nur mecha-
nisch nachgeahmt, sondern in Bezug auf ihre Bedeutung in Kunst und
Leben, in Bezug auf ihre Construction und technische Herstellung und
endlich auch ihre Composition erklärt werden sollten. Dieses Eingehen
auf alle Besonderheiten des zu zeichnenden Ornamentes etc. sollte aber
nicht blos im Besprechen desselben bestehen, sondern so weit geführt
werden, dass den Schülern auch entsprechende Compositionsaufgaben
gegeben werden, also beiläufig so wie beim Sprachunterricht, wo ja nebst
dem Lesen und Erklären guter Muster auch Themen zu eigener Bear-
beitung gegeben werden.
Besonders lebhaft sind diese Anschauungen hervorgetreten bei den
Vorberathungen für den mit Ministerialerlass vorn 8. April 1884, Z. 1894,
normirten Lehrplan für den Unterricht im Zeichnen und Modelliren an
gewerblichen Fachschulen, und es unterliegt keinem Zweifel, dass wir hier
auf dem Gebiete des Zeichenunterrichtes vor einer Zeitfrage stehen, deren
Lösung wir nicht ausweichen können. Die ganze Entwickelung dieses
Unterrichtszweiges drängt in dieser Richtung vorwärts.
Längst schon abgeschieden liegt hinter uns, seligen Angedenkens, die
Methode des vBildcheucopirensu. Die Forderung eines strengen systema-
tischen Unterrichtes räumte damit auf. Das Durchdenken des nun auf-
x. Hd. im. 13
zuarbeitenden Materiales führte nach der Reihe zu einer Menge metho-
discher Neuerungen oder wenn man will Wiederbelebungen alter
Methoden. Es wurde begonnen an der Tafel zu zeichnen; hier und in
den neueren Vorlagen wurden Symmetrieachsen, Umfassungslinien, Ein-
theilungen nach den Grundsätzen der Composition immer zahlreicher,
und der Forderung nach dem Durchsprechen und Erklären der Vorlagen
schloss sich die nach Gedächtnissübungen und dem Auswendiglernen der
ornamentalen Wurzelformen an. Hiemit ist aber der Weg bis zu der
Forderung nach Compositionsaufgaben auch auf niederer Stufe des Frei-
handzeichenunterrichtes schon zurückgelegt. Bevor jedoch auf die Vor-
theile oder Nachtheile eines solchen Verfahrens eingegangen wird, müssen
auch Stimmen gehört werden, welche sich derzeit sogar noch über die
Möglichkeit desselben streiten.
Es gibt eine zahlreiche Gemeinde von Künstlern, Kunstfreunden
und -Kennern, welche der Ansicht sind, dass sich das Componiren
überhaupt nicht lernen lasse; dass hiezu nur dreierlei nöthig sei,
nämlich erstens Genie, zweitens Genie und drittens noch einmal Genie
und dass der Künstler aus lauter Inspiration zusammengesetzt sei und
mindestens um einen inneren Sinn mehr habe, als andere gewöhnliche,
gemeine Menschenkinder. In der Schule, selbst im Atelierunterricht
höchster Stufe pflegen die Vertreter dieser Richtung ihren Kunstjüngern
auf die vorlaute Bitte um Winke und Fingerzeige zum Componiren zu
sagen, dass es hiefür Regeln und Recepte nicht gibt, sondern dass man
so lange fort und fort zeichnen müsse, bis man es "in die Faustu
bekommt.
Das Ende dieser Verherrlichung des Kunstgeniäs ist also, dass es
blos in der Faust sitzt.
Wenn man nun auch diesem ganzen, so schön gerundeten Ideen-
kreis nicht beipllichtet, sondern meint, dass gewisse Geisteskräfte, die
jeder Mensch besitzt, im Künstler nur stärker entwickelt und dass sie
der Stärkung und Ausbildung durch Erziehung fähig sind, so steht
doch fest, dass man durch bloße Schulung nicht das Componiren von
Kunstwerken größten Styles und Umfanges wird lehren und verrechnen
können. Aber um die großen, weltbewegenden Meisterleistungen ersten
Ranges handelt es sich bei dieser Schulfrage auch nicht. Das muss, so
banal es klingt, bei Erörterung dieser Frage leider speciell gesagt werden,
weil die Gegner des Entwerfens immer die große Kunst mit den kleinen
Anforderungen des täglichen Lebens vermengen und dadurch den Stand
der ganzen Frage so sehr verschieben, dass sie überhaupt aufhört, discu-
tirbar zu sein.
Es muss von vornherein gesagt und immer festgehalten werden,
dass es sich hier um das Componiren niederen Ranges handelt, um die
zahllosen Zusammenstellungen, Verschiebungen und Aenderungen haupt-
sächlich ornamentaler Formen, wie sie in den Kunstgewerben etc. täglich
vorkommen; Eckauflösungen von Borduren bei gegebenem Motiv, Com-
binirungen aller Art, die wie das Sträußchenbinden der Blumenhänd-
lerinnen Tausende von Menschen im Leben täglich üben, ohne dass sie
deshalb ein eigenes Genie dazu sich andichteten u. dgl. m.
Für dieses Componiren einfachster Art gibt es thatsächlich Regeln
Regeln der Farbenzusammenstellung, des Massengleichgewichtes, der Sym-
metrie und Proportion, der Linienführung, des Contrastes und der Har-
monie, der Deutlichkeit, der Zweckmäßigkeit, der Berücksichtigung des
Materiales und noch andere. Und diese Regeln lassen sich sehr wohl
besprechen, klar machen, an Beispielen aus der Kunstgeschichte nach-
weisen, an der Hand von Compositions-Aufgaben einüben, bis sie endlich
sozusagen in Fleisch und Blut übergehen; und das Alles nicht vielleicht
blos an der Meisterschule höchsten Ranges, sondern bis zu den untersten
Stufen des Zeichen- und Modellirunterrichtes, ja, wenn man will, bis zu
den Flechtblättern des Kindergartens hinunter.
Wenn diese Bemerkung von Vertretern des Geniecultus nicht ohne
spöttisches Lächeln hingenommen werden dürfte, so gehört sie als Grenz-
bestimmung doch zur Sache, denn thatsächlich wird heute schon auf allen
diesen Stufen das freie Combiniren hie und da geübt, und durch diese
Bestimmung des Umfanges unserer vorliegenden Schulfrage ergibt sich
auch am sichersten der Standpunkt, von dem aus sie erörtert werden muss.
Ueber die Einführung von Uebungen im Entwerfen auch in des
Freihandzeichnens niederen Stufen kann also gar wohl gesprochen werden,
und die nächste Frage wäre die nach der Methode, wie das geschehen soll.
Auch hierüber sind die Meinungen getheilt.
Das Nächstliegende wäre die theilweise Uebertragung des Ent-
werfens der Meisterschulen an die nächst niederen Abtheilungen des
vorbereitenden Zeichenunterrichtes. Das würde voraussichtlich schlechte
Früchte tragen, ja vielleicht mehr schaden als nützen und diejenigen,
welche sich die Sache so vorstellen, dürften Recht haben, wenn sie, auch
ohne es erst zu probiren, damit nicht einverstanden sind.
Einerseits wäre das zu viel verlangt von Anfängern, und indern es
über ihre Kräfte geht, würde es sie, statt anzueifern, entmuthigen, statt
ihnen die Sache klar zu machen, nur noch mehr verwirren. Wer die
Sache nicht anders als so anzufassen verstünde, der bleibe mit seinen
gchülern lieber beim Vorlagencopiren und Bildchenmachen.
Andererseits wurde aber auch an dem Entwerfen, wie es an Kunst-
schulen höheren Ranges häufig gepflegt wird, schon Manches ausgestellt.
Der Altmeister G. Semper ergoss wiederholt seine satirische Lauge
über das sogenannte nComponiren mit dem Oelpapierm Man
könnte diese Methode auch das wComponiren in der Bibliotheku nennen.
Die Künstler der Eingangs besprochene Respect vor dem Genie sei ihnen
nicht vorenthalten, deren Werke nach dieser Methode entstanden, sind
heute überaus zahlreich. Es hängt dies mit dem ganzen Gange unserer
13'
vuu
modernen Kunst überhaupt zusammen. Das bloße Copiren ist die Losung
unserer Zeit geworden. Die Naturalisten schämen sich nicht einmal zu
sagen, dass der Künstler blos die Natur abzuschreiben brauche und nichts
selbst schaden könne. Die Stylisten und Idealisten unterscheiden sich von
ihnen aber blos äußerlich; in ihrem innersten Wesen sind sie durchaus
identisch mit unseren Naturalisten, nämlich gleichfalls blos Abschreiber.
Nur das Original ist ein verschiedenes, indem die Einen die Natur direct,
die Anderen aber eine Stylrichtuug der Vergangenheit oder einen ein-
zclnen alten Meister abschreiben.
Sind die Theile mehrerer alter Werke so durcheinander geknetet,
dass der Laie nicht mehr erkennt, woher das Alles stammt, dann ist die
v-Originalcompositionn fertig.
Wenn das so in der Kunst landesüblich geworden, kann man sich
nicht wundern, dass es in der Schule auch so betrieben wird.
Oder sollte etwa gerade unsere moderne Schuldrillung mit ihrem
ewigen Copiren und immer wieder Copiren bis über die Jahre des gei-
stigen lugendschwunges, bis über das fünfundzwanzigste Lebensjahr
hinaus, den Schwung der schöpfenden Phantasie an der Quelle schon
verstopft haben? Sollte die Schule vielleicht selbst mitschuldig daran sein,
dass wir heute im Vergleiche zu allen vergangenen Jahrhunderten so
spottwenig originelle große Geister in der Kunst zu zählen vermögen?
Wenn dem so wäre, dann fort mit dem geisttödtenden Kram des
unbelebten Copirens! Fort mit dem endlosen Austüpfeln von Hinter-
gründen, dem geistlosen Nachpimpeln jedes zufällig abgestoßenen Eckes
vom Gypsmodell, mit dern bloßen gedankenlosen i-Sehenlernenu und
dieser ganzen verfehlten Maschinerie zur Erziehung ideenleerer Kunst-
hnndlangerl
Wenn dem so wäre, dann hat die Schule nicht blos eine kleine
Verbesserung vorzunehmen, nein, dann hat sie geradezu Sühne zu geben
für ihre eigene Schuld!
Das Rechte dürfte, wie sonst häufig, so auch hier, in der Mitte
liegen; nämlich es dürften Schule und Praxis zu gleichen Theilen ver-
antwortlich sein für die Flauheit in unserer Kunst. Sobald einer der
beiden Theile im Stande wäre, sich neue größere Ziele zu stecken und
neue Wege einzuschlagen, würde der andere folgen. Gewiss ist aber auch,
dass weder Schule noch Praxis dies vermögen werden, wenn nicht die
natürliche Entwickelung selbst dazu drängt.
Trügt aber nicht Alles, so stehen wir hart vor dieser Grenze.
Die Zeit des Copirens der alten Stylarten in Kunst und Kunst-
industrie, sie geht zur Neige. Schon sind die wichtigsten Kunstarten in
nahezu genauer chronologischer Reihenfolge von uns nachgeahmt worden.
Gegenwärtig schreiten wir getrosten Muthes durch die letzten, durch
Barocke und Rococo hindurch; wenige Decennien trennen uns nur mehr
von uns selbst. Wenn wir so uns selbst wieder gefunden haben, nach
einem so langen Weg durch die Kunstgeschichte, werden wir nicht bei
Heideloff und Schinkel vüeder von vorne anfangen können, noch einmal
Alles durchzucopiren. Wir stehen dann vor der Frage nWas nunin
Diese mystische Frage sehen wir heute schon aus neblichter Ferne uns
immer näher rücken und steht sie nur erst einmal hart vor uns, dann
wird sie so oder so auch beantwortet werden müssen, auch beantwortet
werden. Der einzige Gegensatz des Copirens ist aber das Selbstentwerfen,
das echte, wirkliche Couiponiren, nicht das "Componiren mit dem Oel-
papieru oder "in der Bibliothek-i.
Dahin drängt also die Entwickelung der Kunst, und wenn auch der
Fortschritt in der Schule wie gleich Eingangs bemerkt sich heute
bereits auf gleicher Fährte befindet, so können wir wohlgemuth Hand
anlegen und uns dieser herrlichen und großen, ja beinahe erdrückend
großen Aufgabe, die uns die Zeit beschieden, erfreuen.
Werden wir sie auch lösen? Das ist eine Frage, die nie Jemanden
kümmern sollte. Nur muthig dran! das sei das Losungswort, sobald man
erkannt, auf rechter Fährte zu sein.
Dieser Mutli der Schalfensfreudigkeit ist es auch, der wohlthuend
durch die neuen Normale und Instructionen für den Unterricht im
Zeichnen und Modelliren geht. Diese Vorschriften fassen Alles zusammen,
was gegenwärtig den Stand der ganzen Zeichenunterrichtsfrage ausmacht,
ja sie eilen hie und da der Zeit um einen Schritt voraus
Endziel ist das Entwerfen und das Anfertigen von Werkzeichnungen
und Naturdetails. Vorbereitet wird dieses Ziel sachgemäß ununterbrochen
von der ersten Stufe des Unterrichtes an.
Demgemäß ist speciell die Darstellungsrnanier festgesetzt Seite
wie folgt
"Die Darstellungen sind stets mit den einfachsten Mitteln durch-
zuführen und es ist insbesondere das Copiren complicirter, aus der Her-
stellungsart ,mancher Vorlagen resultirender Reproductionsweisen, deren
Nachahmung dem Schüler einen unverhältnissmäßig großen Zeitaufwand
verursacht, strenge zu vermeidenm
Seite wird bei den Werkzeichnungen "jede malerische Behandlungu
ausdrücklich ausgeschlossen.
Belehrungen über Styl und Composition beim Zeichnen werden bei
verschiedener Gelegenheit gefordert, so
Seite nBCl allen Zeichenübungen sind als Vorbilder Reproduc-
tionen charakteristischer Originale früherer Style zu verwenden und den
Dieser Normal-Lehrplan summt lnstrucxionen für den Zeichcnunterricht an den
gewerblichen Fachschulen gehört in die Reihe derjenigen Maßnahmen, durch welche das
von Sectionsrath Armand Freiherrn v. Dumreicher aufgestellte Programm zur Orga-
nisation des gewerblichen Unterrichtes nun schrittweise zur Ausführung kommt.
Anm. der Redacrion.
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Schülern über die Srylart des betreffenden Ornaments, dessen Verwen-
dung etc. die nöthigen Belehrungen zu ertheilen."
Seite vDie Schüler sind bei jeder Zeichnung über die Stylart,
Linienführung, Massenwirkung und Verwendbarkeit des Orna-
mentes zu belehren."
In gleicher Weise ist die Farbengebung zu erläutern.
Seite Es ist vdas Verständniss für den Bau und die organische
Entwickelung der einzelnen Bestandtheile des Ornaments zu weckenn-
Auch das Gedächtnisszeichnen wird betont, die Erklärung der Con-
struction, die Materialrichtigkeit u. dgl. m.
Die ausschließliche Benützung alter typischer Muster enthält wohl
auch den Hintergedanken, dass dann jeder Einzelne eine eigene moderne
Cocnbination schon selbst finden wird.
Dieser Vorgang des Selbstfindens neuer Combinationen der gegebenen
Wurzelmotive sollte aber gleichfalls förmlich zergliedert und gelehrt
werden, und das wäre diejenige Methode des freien Combinirens oder
Componirens, wie sie an den einfachsten Beispielen gezeigt und eingeübt
und somit auch bis zur untersten Stufe des Unterrichtes hinab erstreckt
werden kann.
Dies zu thun, wird zwar nicht direct vorgeschrieben, aber der Lehr-
plan stellt es frei, dies an geeigneter Stelle aus eigenem Ermessen zu
thun. Diese interessante Stelle Seite lautet "Die ornamentale
Formenlehre wurde nicht als besonderer Gegenstand in den Lehrplan
der gewerblichen Fachschulen aufgenommen, um den Lehrstoff nicht zu
sehr auszudehnen; da sowohl beim geometrischen Zeichnen und beim
elementaren Freihandzeichnen, als auch beim Freihandzeichnen nach
Modellen und beim Fachzeichnen stets Gelegenheit geboten ist, auf die
Grundzüge derselben zu verweisenm Also durch alle Stufen des Unter-
richtes hindurch.
Bedeutsam ist diese Stelle vor Allem dadurch, dass hiedurch zum
ersten Male deutlich eine wirkliche Lehre der or namentalen Formen
dem Freihandzeichnen ebenso beigesellt ist, wie schon längst das archi-
tektonische Zeichnen nur die praktische zeichnerische Ausführung der
Styllehre oder Formenlehre ist.
Die Stylisirung dieser Stelle zeigt deutlich, wie wir uns gegenwärtig
gerade auf der Grenzscheide zwischen alter und neuer Lehrweise befinden.
zwischen der Methode des Copirenlassens und der Methode durch förm-
liche Vorträge zu wirken wie bei der Styllehre und im consequenten
Anschluss daran, des Stellens von Compositions-Aufgaben.
Noch sind die Detailfragen dieser Methode, was componirt werden
soll, wie es componirt werden soll u. s. w., nicht klar gestellt; sicher
kann es auch nicht sämmtlichen derzeit thätigen Lehrkräften zugemuthet
werden, das Alles nun rnit einem Schlag aus sich selbst zu schöpfen und
einheitlich richtig zu treffen. Der Unterrichtsverwaltung blieb somit ein
171
anderer Ausweg gar nicht über, als vorläufig die Sache dem Ermessen
der Einzelnen anheim zu stellen.
Gerade diese Unklarheit fordert aber dazu auf, die Besprechung
dieser Fragen in Fluss zu bringen.
Es ist aber schon vorher bemerkt worden, dass die Composition
ganzer großer Objecte, wie an den Meisterschulen der Akademien, nicht
hieher gehört.
Auch das Componiren mit dem Oelpapier ist nichtsweniger als nach-
ahmenswerth.
Noch gibt es eine andere weitverbreitete Art des Entwerfens, nämlich
die mit dem Gummi elasticum. Bei dieser Methode sitzt der Entwerfende
zwar vor dem leeren Papier und versucht seine eigenen Gedanken zu
entwickeln, aber es geschieht dies nicht systematisch, sondern nachdem
irgend etwas gezeichnet, wird es betrachtet, und was daran nicht passt,
mit dem Gummi ausgewischt. An diese Stelle kommt etwas anderes, was
vielleicht wieder nicht passt oder an einer anderen Stelle der Compo-
sition Uebelstände erzeugt, weshalb nun wieder radirt werden muss und
so geht es fort, bis endlich doch etwas Leidliches daraus wird oder bis
Zeitmangel oder Ermüdung den Zeichner bestimmen, mit einer minder
guten Lösung seiner Idee sich zufrieden zu geben.
Dieses Verfahren hat eine Menge Nachtheile.
Zuweilen gelingt es zufällig, gleich beim ersten Wurf das Richtige
zu treffen; sehr häufig aber führt es zu endloser Mühe. Nachdem eine
Reihe von Varianten durchprobirt ist, treten immer wieder dieselben Com-
binationen auf, aus deren Kreislauf kein Entrinnen sichtbar wird, kein
Ausweg offen zu stehen scheint. Eine Erscheinung, die gewiss Jeder, der
schon Unterricht im Entwerfen gegeben, beobachtet hat. Es ist dies ganz
begreiflich, denn es überschreitet die Zahl der Combinationen endlich
das, was aus der bloßen Erinnerung her überblickt und gleichzeitig
überlegt werden kann. Diese Methode sollte daher nicht von einer Gene-
ration auf die andere verpflanzt, sondern im Gegentheil schon in der
Schule mit allen verfügbaren Mitteln bekämpft werden.
Eine bessere, aber doch noch weitaus nicht mustergiltige Abart davon
ist es, wenn einer ganzen Classe schriftlich ein Compositionsthema als
Hausarbeit auf Termin gegeben wird.
Zunächst begeben sich da die jungen Zukunftskünstler in die Biblio-
thek, wo sie sich das Componiren mit dem Pauspapier angewöhnen.
Werden dann die Fehler der fertigen Arbeiten auch noch so treffend
durchgesprochen, so betrifft dies doch immer nur einen speciellen Fall
und man steht nun vor dem Componiren mit dem Radirgummi.
Noch eine andere Art des Entwerfens sei genannt das Improvisiren.
Auf diesem Wege sind die Werke der Kunstindustrie und selbst der großen
Kunst in den ältesten Zeiten entstanden, als noch Alles la prima ge-
macht wurde. So entstanden die leichtlehigen, reizenden Decore der pom-
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pejanischen Wände; so entstehen noch heute die Arbeiten orientalischer
Geschicklichkeit, die Teppichenmuster primitiver Völker, die Arbeiten
zahlreicher, noch aus alter Zeit erhaltener Hausindustrien.
Diese Improvisationen setzen voraus, dass nicht nur ein gewisser
Formenschatz, sondern auch gewisse Regeln über dessen Verwerthung
zu immer neuen Mustern traditionell lebendig erhalten sind, sowie die
Muttersprache, in der sich auch Jeder ohne viel Nachdenken auszudrücken
versteht. Der Formenschatz entspricht hiebei den Worten der Sprache
und die Regeln zu deren Verwerthung der Grammatik.
Auf den Höhen der Kunstentwickelung reicht das improvisiren endlich
nicht mehr aus.
Bekanntlich wurden alle Schauspiele seinerzeit von den Mimen blos
nach gegebenen Programmen improvisirt und weist die Geschichte des
Dramas eine Zeit auf, in welcher diese Methode mit dem Auswendig-
lernen geschriebener Texte in Fehde lag.
Selbst ansehnliche Kirchenbauten und Burgenbauten des frühen
Mittelalters sind sicher in ähnlicher Weise improvisirt worden und kleinere
Arbeiten, Schnitzereien, Schränke und Anderes bis spät in die Renaissance
hinein, ja selbst bis auf den heutigen Tag.
Heute fällt es aber Niemandem mehr ein, z. B. ein Theater ohne
Plan bauen zu wollen oder eine Symphonie von einem großen Orchester
nach gegebenem Motiv improvisiren zu lassen.
Während das Improvisiren in primitiver Zeit in allen Kunst-arten
herrschte, verschwindet es bei steigender Entwickelung aus einem Gebiete
nach dem andern und an seine Stelle tritt das zielbewusste Durchdenken
jeder Aufgabe. An die Stelle des Instinktes tritt das Bewusstsein und die
größten Meister dieser höheren Entwickelungsstufe waren stets zugleich
die größten Theoretiker.
Von diesen großen Meistern nun sollten wir nicht blos die äußere
Form, sondern auch das innere Wesen, wie sie es selbst angefangen
haben, Solches hervorzubringen, lernen. Nicht blos wie er räuspert, wie
er spuckt, sollen wir dem Meister abgucken.
Ein Zeuge sei da gewählt für viele, Michelangelo.
Michelangelo verbrannte bekanntlich eine Unzahl seiner Studien,
damit die Nachwelt nicht sehen sollte, wie er sich seine Meisterschaft im
Ringen mühevoller angestrengter Arbeit erkämpft. Es ist dies ein Stück
Künstlereitelkeit, die auch den Größten oft nicht freigibt, und diese in
ununterbrochener Tradition fortwuchernde Künstlereirelkeit ist es, welche
endlich zu der modernen Fabel vom alleinseligmachenden Genie führte.
Vom Nektar dieser Fabel sind unsere Jünger an den Hochschulen der
Kunst gar bald berauscht und zwar um so leichter, je Weniger ihnen das
wahre Wesen des künstlerischen Schaffens entschleiert wird, das allerdings
viel, sehr viel Talent, aber auch viel, sehr viel Fleiß und hartes Studium
fordert.
Es ist Michelangelo gelungen. die Welt mit seinen schier über-
menschlichen Meisterwerken zu überraschen. Aber auch eine Reihe
Studienblätter sind auf uns gekommen, und diese kostbaren Reliquien
zeigen uns deutlich, wie auch er ganz in gleicher Weise, wie so viele
andere große alte Meister, studirte und wie er componirte; und an dieses
probate Recept wollen wir uns halten.
Michelangelo hat sich bekanntlich auch seine eigene Weise architek-
tonischer Formgebung geschaffen. Zu Florenz in der Casa Buonarroti
befinden sich nun einige Studienblätter ausschließlich über Kranzgesimse.
Ausgehend vom Normalprofile desselben skizzirte der Meister nebenein-
ander zahlreiche Varianten, welche alle denkbaren Umstellungen der
Einzelglieder und Umformungen derselben enthalten. Der Vorgang ist
geradezu mathematisch wie durch Combinationsrechnung geleitet und
heute noch ist aus diesen förmlich redenden Linien, aus diesen Zeugen
seines Nachdenkens noch der ganze Gedankengang herauszulesen. Man
sieht, wie er alle Möglichkeiten im Großen überschlagen, wie er sie im
Detail verfolgt, wie er einzelne Fährten bald verließ, weil sich zeigte,
dass die ganze Gruppe zu keinem Resultat führen könne, während er
andere Combinationen in zahlreicheren Formen variirte, bis er endlich
zu einer Ueberzeugung kam, was sich hier überhaupt thun lässt und
sich seine Form wählte.
Ebenso studirte der Meister alle Möglichkeiten der Wendung einer
Haarlocke und wir würden sehen können, dass er überhaupt Alles und
Jedes, was in seinen Werken vorkommt, nach derselben Methode nach
allen Varianten durcharbeitete, wenn seine vielen Studienblätter bis auf
uns gekommen wären.
Auf anderem Kunstgebiete, nämlich in der Musik, machte es Beet-
hoven gerade so. Seine noch erhaltenen paar Studienblätter zeigen, wie
er oft zu einem einzigen Uebergang von nur zwei, drei Tacten zehn bis
zwanzig Varianten niederschrieb, eine neben die andere, um sie alle
untereinander vergleichen und abwägen zu können.
Beachtenswerth ist noch, dass die Meister, welche so verfahren,
wenn sie denselben Gegenstand durchstudiren, auch meist auf dieselbe
Reihe von Combinationen verfallen, ohne deshalb im entferntesten von
einander abzuschreiben. Es sind das eben alle diejenigen Combinatiunen,
welche überhaupt möglich sind und die somit beim Durcharbeiten auch
mit zwingender Nothwendigkeit von selbst entstehen.
Diese Reihenfolgen der Combination sind es denn auch, welche die
Möglichkeiten einer bestimmten Kunstrichtung mit mathematischerGenauig-
keit endlich erschöpfen, welche allein Rechenschaft geben, 0b man wirklich
etwas Neues gefunden hat, welche den logischen Fortschritt der Kunst
überhaupt in sich schließen und endlich nach Erschöpfung aller Möglich-
keiten, zur Aufsuchung neuer Grundideen drängen und auf diese Art
sogar neue Stylrichtungen vorbereiten.
174,
Mit dieser Methode scheint also die bedeutendste, die richtige Art
des Combinirens gegeben zu sein.
Wenn schon im Vorigen wiederholt bemerkt wurde, dass Praxis
und Theorie, Kunst und Kunstschulung stets Hand in Hand gehen, so
mag es doch vielleicht beschwerlich und lästig erscheinen, von einem
Ausblick auf die große Kunst wieder in die beschränkte enge Schulstube
zurückzukehren; es dürfte aber doch besser sein, vom großen Ganzen her
sich Rath zu erholen, um im Kleinen das Richtige zu treffen, statt um-
gekehrt mit kleinen unzulänglichen Mittelchen Großes wirken zu wollen.
Nach Verwerfung zahlreicher Methoden wäre wenigstens theoretisch
die richtige gefunden.
Es fragt sich nur, 0b sie in der Schule überhaupt und bis zu welcher
Stufe hinab sie mit Nutzen verwendbar ist. Gerade diese Methode des
Variantenbildens ist aber in unseren Schulen auch schon nicht mehr
unbekannt und gewiss mit berechtigter Befriedigung können wir con-
statiren, dass es gerade jüngere Kräfte der Wiener Architektenschule
sind, welche an unseren größeren Bau- und Kunstgewerbeschulen in
diesem Sinne vorgehen. Nur systematisch durchgebildet und allgemein
erkannt ist die Sache noch nicht.
Dafür einzutreten ist denn auch der Zweck dieser Zeilen.
Ein geschlossenes System für den gesammten Zeichenunterricht durch
alle Stufen unter Zuhilfenahme des Entwerfens oder von Compositions-
aufgaben vorzuführen, ist derzeit noch verfrüht wegen zu geringer prak-
tischer Erfahrung.
Schluss folgt.
Das mährische Gewerbemuseum.
Rückblick nach lOjährigem Bestande.
Seine bisherigen Leistungen, seine weiteren Aufgaben und die ihm zur Verfügung
stehenden, sowie in Zukunft nöthigen Mittel.
Wie bekannt, hat Mähren ein Gewerbemuseum, weiches, zumeist
aus privaten Mitteln erbaut und ausgestattet, seit seinem zehnjährigen
Bestande bei tüchtiger und rlihriger Leitung nicht nur im Lande, sondern
selbst über Oesterreichs Grenzen hinaus sich eines guten Rufes erfreut
und daher auch vielfach als Muster hingestellt erscheint, was um so erfreu-
licher ist, als das mährische Gewerbemuseum nur über sehr bescheidene
Mittel verfügt.
Schon das Museumsgebäude konnte der sehr beschränkten Mittel
wegen nur in der halben, wie geplanten und sich als nothwendig heraus-
stellenden Ausdehnung gebaut werden dazu hat der mährische Landtag
Siehe die Baubeschreibung in unserer Nummer zu.
in Anerkennung der Wichtigkeit eines solchen Institutes für das Land, in
seiner letzten Session 10.000 H. zur Tilgung der schwebenden Bauschuld
beigesteuert, während noch 40.000 H. seitens der Ersten mährischen Spar-
casse auf dem Gebäude hypothecirt sind. Die diversen Sammlungen wurden
successive vergrößert und hat sich auf diese Weise das Museum während
seines zehnjährigen Bestandes so weit herausgebildet und gerüsteU, dass
es nunmehr zu Nutz und Frommen heimischer Gewerbe und Industrien
an die Lösung seiner eigentlichen vielfältigen Aufgabe überhaupt oder
ietzt schon an selbe in intenslverer Weise gehen könnte, wenn ihm
nämlich reichlichere Mittel zu Gebote stehen würden.
Aus dieser Ursache ist das Museum daher bemüssigt, um seiner
schwierigen, vielfältigen und kostspieligen Aufgabe gerecht werden und
den Bedürfnissen des Landes in kunstgewerblicher und industrieller Be-
ziehung nachkommen zu können, an alle maßgebenden Factoren zu
appelliren und dieselben um bedeutende, der vorliegenden wichtigen, für
Mähren dringend wichtigen Aufgabe entsprechende Subventionen zu
ersuchen.
Bisher hat das Museum seinen Theil redlich erfüllt, es trachtete.
im Lande die vorher nothwendige Theilnahme für sich zu erwecken, mit
Industriellen und Gewerbetreibenden in Contact zu kommen und mit den
Gewerbe- und Fachschulen des Landes entsprechende Fühlung zu erlangen.
Es war schon dies keine kleine Aufgabe, einmal, weil die Mittel eben
allenthalben zu knapp bemessen waren, für's Andere aber deshalb, weil
in Mähren ein ganz steriler Boden bearbeitet werden musste, da unser
engeres Vaterland in kunstgewerblicher und gewerblicher Beziehung die
letzten zehn Jahre abgerechnet, bisher seitens der Regierung und des
Landes eben gänzlich vernachlässigt geblieben ist, somit hier Alles erst
von Vorne begonnen werden musste.
Aus dieser Ursache wurden mit Rücksicht auf das Museum die
denkbarsten Erleichterungen gewährt, alle Beschränkungen und Erschwe-
rungen bei Seite geräumt, die Beiträge von 25 fL, auf und B. herab-
gemindert und wurden vor Allem die Sammlungen und die Bibliothek
Jedermann ohne Ausnahme und stets entgeltlos an allen Tagen
Montag allein ausgenommen Vor- und Nachmittags geöffnet.
Das Gebäude hat einen Werlh von. .. .. ..
Die kunstgewcrblichen Sammlungen von rund
Die technologischen Sammlungen von ca.
Die Bibliothek etc. von ..
Die Einrichtung, dns Mobiliar etc. von ..
Zusammen
Ab hieven die Hypolhekarschuld per ..
Hiezu das Stammcapital rund .. .. ..
Vermögenssland des Museums..
H. uo.ooo'-
z5.ooo'
H. l4.4oo'
6o.ooo'
H. x74.4oo'-
Das Museum, nunmehr also das Stadium der Vorbereitung und
Anfangsentwickelung verlassend, soll somit jetzt in die Periode des eigent-
lichen SchalTens, der effectiven Leistung, der vollen und vielfältigen lni-
tiative treten. ln genauer Kenntniss dieser Sachlage hat daher auch das
Curatorium nicht gesäumt, das von der Leitung des Instituts seinerzeit
vorgelegte, den geänderten Verhältnissen des Museums und den Bedürf-
nissen des Landes und des Publicums, insbesondere aber den Anforde-
rungen der Gewerbetreibenden angepasste Actionsprogramm" gut zu
heißen und dasselbe dem hohen Landtage in der letzten Session gele-
gentlich des damaligen Gesuches bereits auch in Vorlage zu bringen.
Ein großer Theil der Programmpunkte ist mittlerweile auch schon
seiner Verwirklichung zugeführta und hat dies Alles gewiss zu dem
bedeutenden und höchst erfreulichen Aufschwungs des Museums in dieser
Saison wesentlich beigetragen, doch konnten leider viele im lnteresse der
heimischen Gewerbe dringend nöthige Actionen und so manche auf
gewerblichem Gebiete einen besonderen Erfolg versprechenden Schritte
Mangels an Mitteln bislang nicht zur Durchführung gelangen.
So musste z. B. der technologische und technische Theil der Museal-
Aufgabe bisher gänzlich unberücksichtigt bleiben; die nothwendige Er-
richtung von diversen Hilfswerkstätten behufs Vervielfältigung und Repro-
duction von Vorbildern und Objecten durch Photographie, Gypsabguss,
Galvanoplastik, Zeichnung etc. konnte nicht durchgeführt werden; die
Herausgabe einer Musealzeitung mit Vorlage- und Mustermappe musste
leider bisher auch unterbleiben und doch haben die bisher in bescheidenster
Form erschienenen und nur durch private Unterstützung ermöglichten,
im Lande beliebten "Mittheilungen des mähr. Gewerbemuseumst- gezeigt,
welch' großen Werth gerade ein solches unentgeltliches, im ganzen Lande
verbreitetes zweisprachiges Mittel- und Bindeglied zwischen Museum,
Publicum und Gewerbetreibenden für die Zwecke des Museums Hebung
und Belebung heimischer Gewerbe- und Kunstindustrie haben könnte und
würde. Die zurAnregung dienenden Preisausschreibungen konnten nur durch
private Mittel und nur in bescheidener Form zur Durchführung gelangen;
die Aufmunterung des Gewerbefleißes durch Prämien und durch Ertheilung
directer Aufträge zur Herstellung kunstgewerblicher Erzeugnisse, sowie
die directen Einwirkungen behufs Belebung alter vergessenen oder behufs
Schaffung neuer Techniken und Industrien, wie sich dies an anderen Orten
als höchst ersprießlich erweist, endlich die Errichtung eines Raths- und
Auskunftsbureaus für Gewerbetreibende, die Errichtung eines Zeichen-
Siehe wMittheilungen des mähr. Gewerbemuseumsu Nr. l.
Siehe vMillheilungen des mähr. Gcwerbemuseums- Nr. 28 Hnlbjahrsbcrichl
der Direclion
Graf Belcredi 150 8., Theodor Ritter v. Offermann 150 1., Friedrich Wannieck
x50 5., Slüger-Sposta 25 H.
ateliers am Museum, und so viele andere weitere Aufgaben mussten, wie
gesagt, wegen Abgang aller Mittel hieflir bis jetzt leider gänzlich unterbleiben.
Ueberall durch die mangelnden Mittel eingeengt, konnte endlich auch
der seitens der Direction pro i88384. aufgestellte Uebergangsvoranschlag
per 23.650 fl. durch das Curatorium, so sehr dieses auch die Berechtigung
und Nothwendigkeit des geforderten Minimalbudgets einsah, im Hinblick
auf die beschränkten, dermalen verfügbaren Mittel nur mit i. 1487272
genehmigt werden, deren Bedeckung aber einzig und allein auchl nur
durch den zufälligen Umstand möglich geworden war, als durch die Rück-
vergütung des Baufonds etc. ausnahmsweise 3000 H. zur Verfügung
standen. Durch solche Beengungen und Reducirungen muss aber noth-
wendigerweise die Thätigkeit des Museums selbstverständlich vielfach lahm
gelegt werden und daher das mähr. Museum gegen andere Museen
von gleichem Umfange und gleicher Bedeutung bei aller Anstrengung
und Arbeit doch wiederum vielfach zurückstehen und zurückbleiben.
lst endlich auch irn mähr. Gewerbemuseum schon ein ansehn-
licher Stock in den Sammlungen enthalten, so entbehrt doch die Muster-
und Objectensammlung in den verschiedenen Gruppen zumeist noch eine
systematische Vorführung entsprechender und mustergiltiger Vorbilder der
verschiedenen Techniken, Kunst- und Stylperioden; ja einzelne Gewerbe-
gruppen und Techniken etc. sind entweder sehr schwach oder leider noch
gar nicht vertreten.
Zudem lag die Leitung des Museums bisher in der Hand wohl
tüchtiger, kunst- und sachverständiger Männer, die in opferwilliger, selbst-
losester Weise aber nur ihre freie Zeit dem Museum widmen konnten.
Die Nutzbarmachung der im Museum bisher angehäuften Schätze für die
große Menge, die mübseligen Vorarbeiten und zeitraubenden Vorberei-
tungen, die immer größere Inanspruchnahme des Museums seitens des
Publicums und der Gewerbetreibenden, kurz die vielfachen, nunmehr auf-
tretenden Aufgaben des Museums verlangen aber jetzt dringendst, dass
sich dem Museum von nun ab eine wohlerfahrene und ausgezeichnete
Kraft nicht mehr vorübergehend, sondern beständig und ausschließlich
widme, sowie denn auch die Zahl und die Inanspruchnahme der Beamten
und Diener eine immer größere wird.
Es ist nach dem Vorsrehenden wohl nicht nöthig, des Weiteren zu
begründen, welchen wohlthätigen und eingreifenden Einfluss, welche
Bedeutung ein entsprechend ausgestattetes und geleitetes derlei Museum
auf die Industrie und das Gewerbe unseres engeren Vaterlandes auszu-
üben vermöchte. Häufig hört man, dass ja hiefür das Oesterr. Museum
da seil Ist auch das Oesterr. Museum für Kunst und Industrie eine groß-
artig eingerichtete und mustergiltige Centralstelle und geschieht auch
seitens der Regierung und des Landes durch die Errichtung von Gewerbe-
-Minhcilungen des mähr. Gewerbcmuseums- Nr. 8.
und Fachschulen Vieles auf gewerblichem Gebiete, so wird hiermit allein
doch nicht das Auslangen gefunden. Bei der Eigenart Oesterreichs muss
umsomehr jedes Land einen derlei Mittelpunkt besitzen, welcher zugleich
auch mit dem besten Nutzen und Erfolge als die vielfach in Anspruch
genommene Mittelstelle zwischen dem Museum, der Residenz und den
Bedürfnissen der eigenen Heimat zu dienen hat und dienen kann. Aber
auch gleichgeartete Länder haben oft mehrere Museen neben einander, so
England, Frankreich, ja selbst die kleine, nicht einmal wie Mähren doppelt
so große Schweiz hat dermalen schon zehn Gewerbemuseen, wovon sechs
mit einem Budget von schon 273.500 Frcs. Die Provinzmuseen, um auf
diese zurückzukommen, können vor Allem, da im Lande gelegen, den
localen Bedürfnissen der lndustrie und den Gewerben, sowie der Haus-
industrie viel weiter und intensiver Genüge tbun, und dienen sie, abge-
sehen als Musterstätte der besten Erzeugnisse alter und neuer Zeit, zugleich
auch als Sammelplatz heimischen Gewerbe- und Kunstileißes, heimischer
Hausindustrie etc.
Je mehr daher solche Museen im Staate geschaEen werden, deren
Wirkungskreise sich tangiren und ergänzen, desto leichter wird man
damit zugleich auch einer hochwichtigen national-ökonomischen Aufgabe
gerecht werden können.
Dem Einsichtsvollen drängen sich weiters doch von selbst kunst-
gewerbliche Gebiete auf, die einst im Lande eine hohe Bedeutung, eine
erfreuliche Höhe genossen, heute aber verschwunden sind und darnieder-
liegen oder nur in sehr laxer Weise betrieben werden; durch deren
Belebung und Hebung könnten dem Lande neue Quellen des Erwerbs,
des Reichthums und des Ansehens geschaffen werden! Andere Industrien
und Gewerbe aber nehmen noch immer nicht Rücksicht auf die Anfor-
derungen der Neuzeit rücksichtlich Zeichnung, Material und Technik und
sind dadurch bei der allgemeinen Weltconcurrenz dem Absterben nahe
gebracht, so dass die sie Betreibenden dem Elende und der Verzweiflung
preisgegeben sind, während sie im andern Falle bei entsprechender Führung
und Unterstützung selbst außer Lande noch concurrenzfähig erscheinen
könnten.
Ueberall, die localen Bedürfnisse und die localen Traditionen berück-
sichtigend und benlltzend, direct und helfend einzugreifen, auf die Be-
lebung der Gewerbe einzuwirken, im Lande allenthalben Wanderaus-
stellungen und Wandervorträge zu veranlassen, mit den einzelnen Orten
und Gewerbetreibenden in persönlichen Contact zu treten und zu bleiben,
wären, wenn die Mittel vorhanden, ebenso nothwendige wie dankbare
Aufgaben des Museums, weil, wo heute Elend und Kümmerniss herrschen,
ein regeres gewerbliches Leben, ein günstiger Aufschwung und ein mate-
rieller Wohlstand Platz greifen könnten. Demgemäß müsste sich aber auch
nach reiflichster Ueberlegung das normalmäßige Budget des Museums im
Gegenhalte zum jetzigen, durch die unzulänglichsten Mitteln dictirt
179
gewesenen Minimum erhöhen, undzwar wie z. B. Beilage I. zeigt, von
13.650 H. auf 33.650 H.
Aus all' diesen Ursachen also und vornehmlich gestützt auf die
bisherigen Erfolge des Museums, d. i. auf die thatsächlich immer größer
werdende Inanspruchnahme desselben, welche selbstredend auf das drin-
gende Bedürfniss einer solchen Institution im Lande Mähren hinweist.
erlaubt sich das Curatorium an alle Mährer, insbesondere aber an
alle maßgebenden Factoren die Bitte zu richten, dem rnährischen Gea
werbemuseurn im Hinblick auf seine Wirksamkeit als ein Landesinstitut
und auf seine vielfache, im Interesse des Gewerbestandes des engeren
Vaterlandes allenthalben entwickelte Thätigkeit nach dem Muster anderer
Länder constante und hohe Jahressubventionen zuwenden zu
wollen.
Das Budget des mähr. Gewerbemuseums müsste und muss somit
nach dem früheren gegen den heurigen Iahresaufwand mehr als ver-
doppelt werden; selbst dann würde es erst über eine mit den meisten
gleichen Instituten ähnlich große Dotation verfügen, Beweis also, dass die
heutigen Mittel absolut unzulänglich sind.
Die sub XIII., XIV., XV., XVI. und XVII. folgenden Uebersichts-
tabellen oder Daten anderer Museen mögen noch zur weiteren Illustration
der Billigkeit und Nothwendigkeit der Forderungen unseres vaterländischen
Museums bezüglich der Einzelnpositionen des sub Tabelle I. beigefügten
Normalbudgets dienen.
Um einzelne detaillirte Nachweise zu erbringen, möge hier z. B. ein
Hinweis auf das nordböhmische Gewerbemuseum in Reichenberg erlaubt
sein. Dieses Museum, im nördlichen Theil Böhmens gelegen und nur
für diesen Theil des Landes bestimmt, in welchem zumeist Textilindustrie
vorherrscht, stellt an den böhmischen Landtag das wohlherechtigte An-
suchen einer jährlichen Subvention von 10.000 H. und verfügt gleichwohl
über weit größere Mittel als unser für ganz Mähren, also als ein Landes!
institut wirkendes mährisches Gewerbemuseum.
Von Seite des hohen Ministeriums, der Reichenberger Sparcasse, der
Stadt Reichenberg und der dortigen Handelskammer stehen dem nord-
böhmischen Museum allein schon 10.000 H. zur Verfügung, während das
mähr. Gewerbemuseum seitens der gleichen Factoren bisher nur mit
3000 H. subventionirt ist. Das Reichenberger Museum, welches darum
beglückwünscht, nicht beneidet werden soll, konnte im Jahre 1883 und
1884, also in zwei Jahren für fast 30.000 H. mustergiltige Objecte aus
Frankreich, England und Deutschland holen, während dem mähr. Gewerbe-
museum in der gleichen Zeit und zum gleichen Zwecke nicht einmal
2000 H. zur Verfügung standen, so dass dasselbe trotz seines zehnjährigen
Bestandes als Werth seiner Sammlungen erst 25.000 H. aufzuweisen in
der Lage ist. Bedenkt man, dass das Reichenberger Museum im Monate
Februar von nur 500, das mähr. Gewerbemuseum aber von 3639 im
Monate März sage von 4395 Personen besucht war, dass das Reichen-
bergerMuseum eine Jahresbesuchszilfer von maximal 6000, das mähr. Museum
aber von 30.000 Personen aufweist, bedenkt man weiter, dass in Mähren
nicht nur eine vielfältige Textilindustrie, sondern auch vielseitige Thon-,
Glas-, H0lz-, Eisen-, Leder- etc. Industrie zu Hause sind, dass daher die
Aufgabe des mähr. Gewerbemuseums auch in dieser Beziehung eine
mannigfaltigere ist, so wird wohl das an die zweitreichste Provinz
Oesterreichs in dessen wohlverstandenem eigenen Interesse
gestellte Ansuchen des Curatoriums die Zuwendung hoher Sub-
ventionen dem mähr. Gewerbemuseum zu gewähren, keinesfalls unbe-
scheiden und ungerechtfertigt erscheinen, umsomehr, als dem Lande durch
das nmähr. Gewerbemuseumr- ein Museum erstellt wurde, für welches
bisher schon über 170.000 H. zumeist aus Privatmitteln aufgebracht
worden sind.
Nach dem Vorstehenden steht daher wohl zu erwarten, dass die
berufenen Kreise und Factoren, so die hohe Regierung, vor Allem aber
das Land, die Stadt Brünn, die doch den allergrößten Vortheil aus
und durch das Museum zieht, die Handelskammern, Sparcassen etc. etc.
nicht zögern werden, ihreiPflicht zu thun und ihr Scherflein da beizu-
tragen, wo es sich um eine große und wichtige, zugleich hochwirth-
schaftliche Aufgabe, wo es sich um die Stärkung des gesammten Hand-
werksstandes, um die Hebung vieler Industrien und Gewerbe, um die
Belebung des Kunstgewerbes, im Ganzen daher um die Verbesserung des
Loses vieler Tausende und Tausende von Landeskindern und zugleich
darum handelt, dass durch die stete Vorführung der großartigen Lei-
stungen aus dem Gebiete der Kunst, der Kunstindustrie und des Hand-
werks, auch die große Menge immer mehr und mehr veredelt und
geläutert und statt destructiven Bestrebungen und Anschauungen dadurch
leichter anderen Idealen und Ideen zugänglich gemacht werde.
Schluss folgt.
Die jahresausstellung an der Wiener Akademie.
Von R. v. Eitelberger.
Wie alle Jahre, so findet auch mit Ende dieses Schuljahres in den
Räumen der Akademie eine Ausstellung von Schülerarbeiten statt. Die
Stetigkeit in der Wirksamkeit der Lehrer in der Akademie ist ein wesent-
liches Erforderniss in der gedeihlichen Entwickelung dieser Anstalt. Es
ist sehr begreiflich, dass ie nach dem wechselnden Schülermateriale auch
der Charakter der Ausstellung ein verschiedener ist. Die Zahl der ver-
theilten Preise hat sich heuer um eilf vermindert, ein Zeichen, dass
das Professorencollegium es mit der Vertheilung der Preise ernst nimmt.
fbrlselgurlg auf der Beilage.
Beilage zu Nr. 227
der
Mittheilungen des k. k. Oesterreieh. Museums."
Es ist viel besser, keine Preise zu ertheilen, als sie an wenigergenügende
Kunstjünger zu vertheilen. Die Specialschulen der Professoren Makart
und Angeli sind nicht vertreten, da sich in denselben keine Gemälde
finden, welche zur Ausstellung für das große Publicum passend sind. Das
Ausstellen unfertiger Bilder würde das Publicum nur irre führen. In der
Specialschule für Architektur ist dieses Mal zum letzten Mal Theophil
von Hans en vertreten. Mit Ende dieses Schuljahres schließt Hansen
seine glänzende Lehrthätigkeit ab zum Bedauern seiner Schüler und
der Akademie. Zu seinem Nachfolger ist der Oberbaurath Baron Hasen-
auer designirt. Er ist aus der Wiener Architekturschule hervorgegangen
und wird zweifelsohne den Ruf der Wiener Bauschule an der Akademie
aufrecht halten. Hasenauer ist ein eminenter Zeichner und wie bekannt,
ein ganz hervorragender Künstler.
Vielversprechende Talente weist die Specialschule des Prof. Leopold
Müller auf in den Arbeiten von Delug aus Bozen und Krämer aus
Wien; aber auch in anderen Specialschulen sind beachtenswerthe Talente
hervorgetreten. Es fehlt uns der Raum, sie im Detail zu würdigen. Wir
constatiren nur mit Vergnügen, dass zahlreiche Bilder aus dem neuen
Testamente und aus der Romantik zum Vorwurf genommen wurden. Die
Plastik ist durch die Specialschulen von Kundmann und Zumbusch,
die Medailleurschule von und die Vorbereitungsschule
für Plastik durch die Schule Hellmers vertreten. Die Kupferstichschule
von Prof. Sonnenleitner weist mehrere ganz tüchtige Arbeiten auf.
Auch in der allgemeinen Vorbereitungsschule sind zahlreiche Arbeiten
ausgestellt, welche den Lehrern und den Schülern zur Ehre gereichen.
Das Thierstlick. die Anatomie und die Perspective kamen heuer auch zur
Geltung. Die Thiermalerei lehrte Huber, die Anatomie Dr. Frisch,
die Perspecrive Architekt G. Niemann. Unter den Schülern der Akademie
finden wir Angehörige aller Volksstämme der Monarchie.
ln dem Rectorate ist heuer ein Wechsel eingetreten. Es ist eine
gute Gepflogenheit der Akademie, dass zwischen den verschiedenen
Fächern der Akademie der starutengemäße Turnus eingehalten wird.
Nachdem in den letzten Jahren das Rectorat in den Händen eines Bild-
hauers und eines Architekten gelegen ist, so hat das Professoren-Collegium
mit einstirnmigem Beschlusse den Historienmaler Mathias Trenkwald
zur Rectorswürde in Vorschlag gebracht. Trenkwald ist ein genauer
Kenner der Wiener Akademie und ein so erfahrener Schulmann, dass
seine Wirksamkeit eine ebenso ersprießliche sein wird, als die seiner Vor-
X. Bd. 1884. 14
gänger. Das officielle Verzeicbniss der Preiszuerkennungen durch das
Professoren-Collegium der k. k. Akademie ist nach der wW. Z.a folgendes
Allgemeine Malerschule
Professoren Griepenkerl, Eisenmenger und l'Allemand
Eine goldene Fngefsche Medaille Herrn Franz Zimmermann aus Linz;
Eine silberne Fngefsche Medaille Herrn Stanislaus Debicki aus Kolomea in
Galizien beiden für die besten Lösungen der Aufgabe Buch Esther Cap. V. -8.
Den Lampfschen Preis für Actzeichnungen nach der Natur Herrn Alphons Siber
aus Schwaz in Tirol.
Den GundelÄschen Preis für die besten Gesammtstudien Herrnjosef Straka aus
Schloss Saar in Mehren.
Den Anlikenpreis für die beste Zeichnung nach der Antike Herrn Ludwig Sig-
mundt aus Graz.
Allgemeine Bildhauerschule
Professor Hellmer
Eine silberne Fugefsche Medaille Herrn Max Christian aus Wien für die beste
Lösung der Aufgabe i-St. Bonifacius und seine Gefährten werden bei Dokum von den
heidnischen Friesen erschlagen-i. Für Relief zu componiren.
Den Gundefscl-ten Preis für die besten Gesammrsrudien Herrn Alex. lllirsch"
aus NVien.
Specialschule für Historienmalerei Herrn Professors Trenkwald
Ein Preisstipendium Herrn Leonhard Ratschiller" aus Verona in ltalien,
Specialschule für Historienmnlerei Herrn Professors Griepenkerl
Ein Staats-Reisesripendium Herrn Eduard Lebiedzki aus Bodenbach in Böhmen.
Specialschule für Historienmalerei Herrn Professors Müller
Ein Preisstipendium Herrn Johann Krämer aus Wien.
Ein Preisstipendium Herrn Alois Delug aus Bozen in Tirol.
Specinlsehule für Thiermalerei Herrn Professors Huber
Einen Gundefschen Preis fur die besten Gesammrsrudien Herrn Georg Peter
aus Wien.
Specialschule für Landschaftsmalerei Herrn Professors v. Lichtenfels
Eine goldene Fügefsche Medaille für die beste Lösung der Aufgabe wIn einer
Schlucht- Lenau Herrn Otto Peters aus Budapest in Ungarn.
Specialschule für höhere Bildhauerei Herrn Professors Kundmann
Ein Staats-Reisestipendium Herrn Josef Kassin aus St. Ruprecht bei Klagenfurt
in Kärnten.
Ein Preisstipendium Herrn Hans Brandstetter aus Litzendorf in Steiermark.
Specinlschule für höhere Bildhauerei Herrn Professors Zumbusch
Ein Preisstipendium Herrn Anton Koränfi aus Kecskemer in Ungarn.
Specialsehule für Kupfersteeherei Herrn Professors Sonrienleiter
Ein Preisstipendium Herrn Ferdinand Schirnböck aus Ober- Hollubrunn in
Nieder-Oesierreich.
Specialachule für Graveur- und Medailleurkunst Herrn Professors Tautenhayn
Ein Preisstipendium Herrn Ferdinand Loder aus Wien.
Den Liedemann'schen Preis für die besigravirte Medaille Herrn Rudolf Eiscle
aus Wien.
Specialschule für Architektur Herrn Professors Friedrich Schmidt
Eine goldene Fngefsche Medaille Herrn Julius Mayreder" aus Wien für die
beste Lösung der Aufgabe nFur einen verdienstvollen General ist eine Familiengruft zu
bauen und auf derselben ein Reilermonument in Relief zu errichtenu. Nach gegebenem
Programme.
Bemerk. Jene Akademiker, deren Name in obigem Verzeichnisse mit einem
Stern bezeichnet ist, waren durch längere oder kürzere Zeit auch Zöglinge der Kunst-
gewerbeschule des Oesterr. Museums gewesen.
Papyrus Erzherzog Rainer.
III.
In unserem letzten Berichte über den Fortgang der Papyrus-Arbeiten
im k. k. Oesterr. Museum und deren wichtigste Ergebnisse waren zehn
in dieser Urkundensammlung vertretene Sprachen constatirt worden. Nun-
mehr ist eine über 200 Stücke darunter 180 Pergamente enthaltende
elfte Gruppe hinzuzufügen, deren Documenta, soweit nach den cursivischen
Zügen zu urtheilen ist, derselben Sprach- und Schriftgruppe wie die
bisher noch unentzilferten meroitisch-äthiopischen Steininschriften
angehören. Die Zahl der hebräischen Papyrus, welche die bis jetzt
ältesten in der Quadratschrift geschriebenen Documente repräsentiren,
ist auf 24 gestiegen. Unter den neuerdings gefundenen Resten griechischer
Schriftsteller erregen besonderes Interesse die in schönster alexandrinischer
Kalligraphie geschriebenen Stücke von Ilias-Rollen, in denen sich
größere Theile des II. und Bruchstücke aus dem I., IV., VIII. und
XVII. Gesauge im Ganzen 18x Verse vorfinden. Ferner fanden
sich zwei zusammengehörige Fragmente eines nicht erhaltenen Epos,
aus denen noch so viel zu ersehen ist, dass es sich um die Sage von
Phineus handelt; dann eine Uebersicht der I-Iimmelsdecane, eine genea-
logische Abhandlung und von der in unserem letzten Berichte erwähnten
ästhetischen Abhandlung neue Stücke, sowie ein drittes zu den früheren
gehöriges Thukydides-Fragment. Unter den theologischen Texten
sind hervorzuheben das Fragment einer Papyrus-Rolle, welche das Evan-
gelium Matthäi enthielt und wohl in das dritte Jahrhundert zu setzen
ist, und ein Act, welcher eine Christenverfolgung betrifft. Endlich sind
neue Urkunden aus der Zeit des Marc Aurel, Hadrian und Trajan hinzu-
gekommen. Das bisher älteste datirte griechische Stück des Faiiümer
Fundes liegt in der erzherzoglichen Sammlung in einer wohlerhaltenen
Urkunde aus der Regierungszeit Domitian's vom Jahre 94. n. Chr. vor.
Alles überragend ist unter den arabischen Papyrus der Fund
eines officiellen Stückes von I9 Centimeter im Geviert aus dem dreißig-
sten Jahre der I-lidschra, d. i. 650 n. Chr. Dasselbe wurde demnach
unter dem Khalifate Osman's achtzehn Jahre nach dem Tode des Pro-
pheten Muhammed und neun Jahre nach der Eroberung Aegyptens durch
die Araber geschrieben. Diese merkwürdige Reliquie lässt alle Erwar-
tungen, welche man bezüglich der Erhaltung arabischer Schriftstücke
aus der Stiftungsepoche des Islam hegen mochte, weit hinter sich und
beweist mit ihren unbeholfenen Zügen, was von Professor Karabacek
schon vor zehn Jahren in "einem seiner Werke ausgesprochen wurde,
dass der im Schatze des Sultans zu Constantinopel als Heiligthum ver-
ehrte angebliche Brief Muhamrnecfs an den christlichen Statthalter von
Aegypten, die von einem Koran-Kalligraphen für die Kopten besorgte
iüngere Abschrift seines traditionellen Textes ist. Angesichts dieses
14'
184.
Fundes treten wohl alle anderen Ergebnisse aus der arabischen Papyrus-
gruppe in den Hintergrund, obwohl auch diese Kostbarkeiten in Fülle
bieten, so eine Urkunde aus den Jahren 776-778 n. Chr., welche den
Widerstreit der Geschichtsschreiber über die Person des Statthalters von
Aegypten zu Gunsten des Historikers Tabari entscheidet; ferner ein
Handbillet des Khalifensohnes und Thronfolgers el-Muntasir, vom Jahre
851 n. Chr., womit der Postmeister von Alexandrien und zugleich Chef
der Geheimpolizei, in's Amt berufen wird, dann ein Fragment koräni-
schen Textes aus dem 9. Jahrhundert, doch auf Papyrus geschrieben
und deshalb einzig dastehend, und viele andere Stücke, deren Nennung
eingehenden Fachberichten vorbehalten bleiben muss.
Literaturbericht.
vVorbilder für die Kleinkunst in Bronzen Zwanzig Tafeln Abbildungen
verschiedener Objecte aus der Antike, dem Mittelalter und der Re-
naissance. Zum Gebrauche für Kunstindustrielle und gewerbliche Lehr-
anstalten. Wien, Alfred Hölder, 1884.. F01.
Das vorliegende Werk, als Publication des Oeslerr. Museums für Kunst und
Industrie herausgegeben, bringt nachträglich eine auf den ersten Blick unscheinbare
Gruppe von Gegenständen der historischen Bronze-Ausstellung zur Anschauung, welche
im Vorjahre im Museum atatthatte. Es sind dies verschiedenartige kleine Objecte, welche
theils als Gerathe dem täglichen Gebrauche, theils nur zu decorativen Zwecken bestimmt
waren. Gerade an diesen aber zeigt sich mehr als an den monumentalen Werken das
eminente Stylgefühl vergangener Blüthenperioden der Kunst, in der allgemeinen Formen-
gebung für Gefaße und Gerdthe, Henkelansätze, Austlussötfnungen, Sockelbildungen und
deren Decoration. Der Architekt H. Herdtle, Professor an der Kunstgewerbeschule des
Museums, welcher bereits in seiner Puhlication uOstasiatische Bronzegefäße und -Geräthe
in Umrissen die lehrhafte Seite dieser einen Gruppe van Formen in mustergiltiger
Weise hervortreten ließ, hat sich in den vorliegenden zwanzig Tafeln abermals als der
tredliche Lehrer erwiesen, als welcher er immer mehr die verdiente Anerkennung
findet. Die darzustellenden Objecte wurden von ihm mit pädagogischem Blicke aus-
gewählt und seine Leitung verbnrgte auch die gediegene Zeichnung der Tafeln, welche
von Schülern der Kunstgewerbeschule ausgeführt wurden. Bei der Mehrzahl der Obiecte
verlangte die Art des Gegenstandes und seiner Verzierung eine perspectivische Darstel-
lung, um die Formen möglichst zur Geltung zu bringen. Wo es geboten schien, sind
aber den perspectivischen Bildern außerdem noch geometrische Proiectionen, Abwick-
lungen oder Schnitte beigefügt. Der Titel der neuen Publication gilt unserer Ansicht
nach allerdings nur mit einer gewissen Einschränkung. Die Tafeln bringen nicht ober-
Haehlich einschrneichelnde Bilder von Objecten, welche von der heutigen Kunstindustrie,
wie es etwa gerne geschieht, unmittelbar nachgeformt werden können, dafür aber in aus-
gezeichneten Details die Grundlage und Anschauungsmaterial für das Wort des Lehrers
an kunstgewerblichen Anstalten und Fachschulen. Diesen sei also Herdtle's Werk ganz
besonders empfohlen. Auch der Verleger Hölder, welcher sich nach dem Verzeichnisse
auf dem Umschlage des neuen Werkes um Publicationen für den Kunstunterricht bereits
in hohem Maße verdient gemacht hat, erwarb durch die äußere Ausstattung neuerdings
den Anspruch auf allgemeine Anerkennung. Ch.
Julian Klaczkrfs nFlorentiner Plaudereienc. Wien, Berlin und Leipzig,
Engel, 1884.
In der deutschen Literatur gibt es Wenige Bücher, die sich zur Lectüre für Künstler
so sehr eignen. wie dulian Klaczkds Florentiner Plaudereienu, welche von
der französischen Akademie gekrönt, von Dr. Wilhelm Lauser meisterhaft übersetzt
wurden. Es ist zugleich anregend und belehrend und behandelt in vier Essay's, welche
sachlich zusammenhängen, Dante und Michelangelo, Beatrice und die Liebespoesie,
Dante und den Katholicismus, und das politische Ideal Dante's. Aller gelehrte Apparat
ist vermieden, alle Citate aus Virgil, Dante u. s. w. sind übersetzt. Die Gesprächsform,
die so selten angewendet wird, gibt dem Ganzen den Charakter einer ernsten Unterredung,
und der eigenthümlich mystische Zug in Klaczkds Wesen erhöht, ich möchte sagen,
das geistige Colorit des Buches. Schade, dass die deutschen Akademien, bei welchen
Büchergelehrsamkeit! den Ausschlag gibt, es vermeiden, Bücher mit Preisen auszu-
zeichnen, die, wie Klaczkds Buch, für die Elite der Gesellschaft zur Lectüre bestimmt
sind. Hat ja doch die Wiener Akademie der Wissenschaften keinen Platz für die wissen-
schaftlichen Aufgaben der Staats- und Volkswirthschaft, die doch heute das bewegende
Element der modernen Völker und Staaten geworden sind. Da kann es Niemand Wunder
nehmen, dass Preisaufgaben ähnlicher Art nur von der Academie de France gestellt
werden. Herr Wilhelm Lauser, der in der Literatur der romanischen Völker wohl
bewandert ist, hat das Buch so zu übersetzen gewusst, dass man bei der Lectüre ganz
vergisst, das Original sei in einer fremden Sprache geschrieben. Mit größter Leichtigkeit
folgt der Leser allen Wendungen des Gedankens und der Sprache des Verfassers, welcher
ein Pole seiner Natienalität nach, die französische Sprache wie seine Muttersprache
behandelt. R. v. E.
H. Haup tfleisch Messwerkzeuge und Instrumente für gewerbliche und
wissenschaftliche Zwecke.
Dieses neue Verlagswerk verdankt seine Entstehun einem Erlass des h. Unterrichts-
ministeriums vom 5. December 1882, welcher die Herausgabe einer Reihe von Vorlagen-
werken für gewerbliche Fortbildungsschulen anordnete, u. zw. für eine namhafte Zahl
von Gewerben, für welche geeignete Vorlagen noch allenthalben mangeln. Mit dieser
Publication ist die Reihe nunmehr glücklich eröffnet. Der Autor, Professor der Mechanik
an der Staatsgewerbeschule in Wien, hat sichtlich keine Mühe gescheut und sein reiches
Wissen auf diesem Gebiete glücklich vcrwerthet. Auswahl und Darstellung sind gleich
mustergiltig und selbst der Preis von nur H. bei 32 Tafeln in gr. Fol. und in elegant
ausgeführtem, theilweise farbigem Druck sammt Textbeilage leistet das Müglichste, damit
diese Publicatiun auch überall Eingang finden könne, wo sie von Nutzen.
Wilh. Roscher's IAUSfÜhfiiCiISS Lexikon der griechischen Mytho-
logie erscheint in 20 Lieferungen in Leipzig bei B. .l. Teubner, Bei der Sachkenntniss
und Gründlichkeit des Herausgebers, der bei diesem Unternehmen von mehreren deutschen
Gelehrten unterstützt wird, ist es wohl keinem Zweifel unterworfen, dass dieses für
Künstler und Lehrer wichtige Werk sich als ein unentbehrliches l-lilfsbuch zum Ver-
standniss der Schriftsteller, sowie der Monumente der bildenden Kunst bewahren wird.
Die beiden reich illustrirten ersten Lieferungen machen einen sehr guten Eindruck.
KLEmERE MITTHEILUNGEN.
Personalnaohzdchten Se. Majestät der Kaiser hat mit Allerh.
Entschließung vom 25. Juni in Anerkennung der bei Anfertigung der
Staatsnoten an den Tag gelegten verdienstlichen Leistungen dem Professor
an der Kunstgewerbeschule des k. k. Oesterr. Museums, Regierungsrathe
Josef Storck den Titel eines Hofrathes verliehen. Se. Excellenz der
Minister für Cultus und Unterricht hat mit Erlass vom 14. Juli die Lehrer
an der Kunstgewerbeschule, Hans Macht, Stefan Schwartz, August
Kühne und Hermann Klotz nach Ablauf ihres Probetrienniums im Lehr-
amte bestätigt und denselben gleichzeitig den Professortitel zuerkannt.
An Stelle des zum Ministerial-Referenten für die Angelegenheiten der
evangelischen Kirche ernannten Ministerial-Vicesecretärs Dr. Franz Ritter
von Haymerle wurde laut Erlass vom 10. Juli von Sr. Excellenz dem
Minister für Cultus und Unterricht der Ministerialconcipist Dr. Edmund
Edler von Marenzeller mit der Vertretung des Ministeriums im Auf-
sichtsrathe der Kunstgewerbeschule des Museums betraut.
W186
Oesterr. Museum. Die Ausstellung von Geweben und Stickereien dalmatinischer
l-lausindustrie wurde durch neue Zusendungen der k. k. Statthalterei in Zara erweitert.
Gleichzeitig befindet sich im Saale Vl eine Ausstellung der hervorragendsten Stücke der
Textilsammlung des Museums, nach zeitlichen und örtlichen Gruppen geordnet.
rßesneh des Museums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monate
Juli von 6526, die Bibliothek von 1264 Personen besucht.
Fortbildungacurs für Zeiehenlehrer an Webesohulen. Ueber
Auftrag Sr. Excellenz des Unterrichtsministers wird der Fachschuldirector
Thomas Weigner in Warnsdorf, unter Oberaufsicht des artistischen
lnspectors, k. k. Baurathes Franz Schm ora nz, in der Zeit vom l. August
bis 30. September am Museum einen pädagogisch -didaktischen Curs zur
Fortbildung von Lehrern des Zeichnens an Webeschulen abhalten. Zur
Theilnahme an diesem Curse wurden vom Ministerium 17 Lehrer designirt.
Zur Exportfrage. Es wirken mehrere Factoren zusammen, dass
die Exportfrage jetzt überall an die Tagesordnung kommt. Die Ueber-
production, welche auf fast allen Gebieten der Kunst und Industrie
bemerkbar ist, nöthigt auf neue Absatzgebiete bedacht zu sein; die
Steigerung von Transportmitteln zu Land und Wasser erleichtert die
Kenntniss der Absatzwege, die culturellen Bedürfnisse, welche in fernen
Ländern sich geltend machen, zwingen die Menschen Länder aufzusuchen,
wo viel in Kunst und Industrie producirt wird. Es kommen die Colonien
hinzu, welche die Bedeutung der Exportfrage steigern. Uns im Oesterr.
Museum liegt es fern, hier ein entscheidendes Urtheil abgeben zu können,
aber der Pflicht dürfen wir uns nicht entschlagen, diese Frage aufmerk-
sam zu verfolgen. In Hamburg, Leipzig, Stuttgart, München wird die-
selbe lebhaft ventilirt und nach eingehenden Auseinandersetzungen in der
"Allgem. Zeitungn, ist man in Baiern bereits zur Gründung eines Export-
musterlagers in München vorgeschritten. Für dasselbe sind Localitäten
im alten Akademiegebäude an der Neuhauserstraße in Aussicht genommen,
welche durch Uebersiedlung der Akademie der bildenden Künste in ihren
neuen Palast frei werden.
Auch bei uns in Oesterreich wendet sich dieser Frage nuninehr
gesteigerte Aufmerksamkeit zu. Der Reichsraths-Abgeordnete R. v. Pros-
kowetz hat in der letzten Sitzung der Olmützer Handelskammer, deren
Mitglied er ist, einen Antrag wegen Gründung einer Export-Handels-
Gesellschaft in Wien gestellt. Derselbe lautet
nDlC Handels- und Gewerbeltammer in Olmütz wolle sich unverzüglich mit allen
anderen oder doch den hervorragenden Handelskammern in's Einvernehmen setzen, damit
eine große Gesellschaft zur Forderung des österreichischen Exporrhandels, mit dem Sitze
in Wien, wie eine solche vor Kurzem die Pariser Handelskammer entrirt hat, gegründet
und von der Wiener Handels- und Gewerbekammer inangurirt werde; damit ferner in
Wien gleichwie in Paris ehebaldigst eine Akademie zur Heranbildung junger
Leute zu Pionnieren des österreichischen Exporthandels gegründet werde;
damit die cisleithanischen Handels- und Gewerbekammern sofort eingeladen werden, ihre
Delegirten zu einem Congresse behufs Berathung dieser oben angeführten Fragen nach
Wien abzusenden, welcher Congress unter dem Vorsitze des Präsidenten der nieder-
österreichischen Handels- und Gewerbekammer zu tagen hatte. Zu diesem Congresse
seien der Minister des AeuBern, der Handels- und der Ackerbauminister, dann die Dele-
girten der ungarischen Handels- und Gewerbekammern, sowie der Leiter des Marine-
Departements, resp. das Reichs-Kriegsministerium einzuladen, um mit der Regierung beider
Reichshalften stets im Contact zu bleiben.-
Cantral-Comite zur Beförderung der Erwerbsthatigkelt der bohm. Erz-
und Riesengebirge-Bewohner. Aus dem Berichte des Obmannes, Herrn Richard
Ritter v. Dotzauer, über die Thängkeit des Comitäs seit der letzten Sitzung lieben
wir zunächst die Mittheilung hervor, dass die von Herrn Ottomar Wenzel zusammen-
gestellte Collection von Spitzenmustern auf ihrer Reise in Sebastiansberg eingetroffen
ist und dass diese Wander-Ausstellung, über deren Erfolg zahlreiche Dank- und Aner-
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kennungsschreiben vorliegen, demnächst ihre Rundreise durch das Erzgebirge vollendet
haben wird.-Zur Hebung der Spitzenschule in Neudorf wird der Obmann über seinen
Antrag vom Central-Comite bevollmächtigt, sich wegen Unterstützung von Anfängerinnen
mit der Gemeindevorstehung in's Einvernehmen zu setzen. Der vor Kurzem erst vom
Central-Comite eingeführte neue Industriezweig, der Geigenbogenbau, wird bereits auf
der Teplitzer Ausstellung würdig vertreten sein. Das Unterrichtstninisterium hat die
Aufnahme einer Stipendistin aus Sonnenberg in den Central-Spitzencurs in Wien bewilligt.
Ueber eine Petition der Frau Sauerstein in Aberthanx wurde beschlossen, das Reichs-
kriegsministerium und das Landesvertheidigungsministerium zu ersuchen, bei Ausschrei-
bung von Concursen für die Lieferung von Militar-Proprietäten die Industriellen des
Erzgebirges zur Concurrenz aufzufordern. Ein alter und empfindlicher Uebelstand ist
nach einer Mittbeilung des Obmannes der gänzliche Abgang von neuen Mustern für die
ordinäre Spitze und die Gurl-Naherei, welche ja doch das Gros der Erzeugung und des
Absatzes bilden. Ueber Antrag des Herrn von Dotzauer wurde beschlossen, eine Eingabe
an das Unterrichtsministerium zu richten, in welcher das Ersuchen gestellt wird, vom
praktischen Standpunkte aus auch die Zeichnung von Mustern für ordinäre Spitzen und
Gurl-Arbeiten im Industriemuseum zu cultiviren. Herr Ottomar Wenzel erklärte sich
bereit, nach Schluss der gegenwärtigen Wander-Ausstellung eine Collection von gewöhn-
licheren Spitzenmustern zu einer solchen Ausstellung zusammenzustellen. Das Referat
des Herrn Sigmund Mauthner über die Thätigkeit der Commission für die Teplitzer
Ausstellung wurde mit Befriedigung zur Kenntniss genommen. Aus demselben geht zu-
nächst hervor, dass die personliche Intervention der Herrn Mauthner und Sobitschk
welche das Gebirge bereist haben, von einem günstigen Erfolge begleitet war, und dass
bis heute von 36 Städten und Orten des Erzgebirges Anmeldungen eingelaufen sind,
welche eine Betheiligung von über x60 Ausstellern reprasentiren. Für solche Ortschaften,
wo die einzelnen Industriellen nicht in der Lage sind, die Kosten der Beschickung zu
bestreiten, wird die Arrangirung von Collectiv-Ausstellungen von der betreffenden
Gemeinde- oder Ortsvertretung in die Hand genommen werden. Die Antrage des
Obmannes, Herrn v. Dotzauer, dem Kriegsministerium einen Vorschlag, berretfend die
Bepflanzung der Schanzgraben der Festungen mit Korbweide und Einführung der Korb-
flechterei als Arbeit für Festungsstraflinge, zu erstatten, ferner die Regierung anzugehen,
auf die Erweiterung der Cultur von Nutzbülzern Einfluss zu nehmen, wurden unter bei-
fälliger Zustimmung der Comite-Mitglieder zum Beschluss erhoben.
Knaben-Handarbeit im Osten Deutschlands. Das Centrum der Agitation
für Pßege des Handfertigkeitsunterrichtes in Ost-Deutschland ist die Stadt Posen, wo
bereits eine von der Regierung und der Commune subventionirte Handfertiglteitsschule
in Abtheilungen mit je Schülern besteht, Lehrercurse nach.dieser Richtung abge-
halten werden und nun noch die Gründung einer Arbeitsschule im jüdischen Waisen-
hause in's Auge gefasst ist. Das Beispiel der Provinzial-Hauptstadt findet in den übrigen
Städten reiche Nachfolge; in Bromberg, Thorn und Landsberg aW. sind derartige
Schulen in Bildung begrilfen, ja selbst über die Grenzen Preußens hinaus wirkt der
Einfluss der Posener Schule, nach deren Muster auch in Warschau jetzt eine ähnliche
gegründet wurde.
Handfertigkeits- und. Zeiohsntmterricht an der Volksschule. In Nr. to
der nZeitschrift des Vereins deutscher Zeichenlehrer erortert Herr F. Flinzer diese
Frage in sehr klarer und sachgemäßer Weise. Er betont, dass das Bedürfniss nach einem
Zeichenunterricht und nach dem Handfertigkeitsunterricht, den er lieber Modellirunter-
richt nennen mochte, so ziemlich aus gleichen Motiven entspringt. Es handle sich dabei
überhaupt darum, die Schule dem realen Leben naher zu rücken, als es jetzt thatsächlich
der Fall ist. Die Schwierigkeit liegt nur in der Wahl der richtigen Methode des Unter-
richtes und in der Ueberbürdung der Schüler und Lehrer. Aber nach Flinzer's Ansicht
ist eine Volksschule, an welcher der Zeichenunterricht in Verbindung mit dem Modellir-
und Handfertigkeitsunterricht nach den gleichen Zielpunkten gelehrt wird, nur mehr eine
Frage der Zeit.
Auch Herr Robert Manzer, Director der Bürgerschule in Teschen a. d. Elbe,
schließt sich in einer soeben verotfentlichten Flugschrift t-Ueber den Handfertigkeits-
unterricht- jenen Schulmännern an, welche sich für die Nothwendigkeit eines solchen
Unterrichtes aussprechen, und die Stimme eines so erfahrenen praktischen Schulmannes
ist von besonderem Gewicht. Sein Schriftchen schließt mit folgenden Worten uAn der
Thüre der Schule pocht die Gegenwart und erwartet, dass der Staat ihr ein freundliches
-Herein!- zurufe; denn der Staat ist verpüichtet, die einseitige Erziehung der Schule zu
ergänzen, dieselbe zu einer harmonischen zu gestalten, die Kinder zur Arbeit zu erziehenu
Ueber das gleiche Thema hat ein Schweizer Sehulmann, Herr J. Schappi in
Horgen, im Schulcapitel Zürich einen Vortrag gehalten, welcher nun auch im Druck
erschienen ist. Das Schrittchen orientirt trefflich über die herrschende Schulriclitung in der
JCHWCIZ und neot nur die acnwierigkeiten hervor, welche in einem Föderativstaate, wie
eben jenes Land ist, der Einführung des Handfertigkeitsunterrichtes entgegenstehen.
Außerdem schrieb uns Herr Schappi unter Anderem Folgendes -Der Gedanke, dass
unsere Volksschule vorzugsweise eine Geistschule sei, und dass die Hand vernachlässigt
werde, ist gewiss ein ganz berechtigter und wird mit der Zeit zur vollen Anerkennung
kommen. Es ist möglich, dass es einmal eine Vulksschule gibt, in der aller Unterrichts-
stolf verkörpert, in ein Product der Handarbeit umgesetzt wird, und das Ware wohl der
einfachste Weg, auf dem die Klagen über Ueberlastung gehoben werden könnten. Die
Volksschule wurde viel intensiver wirken. Aber der Weg bis dahin ist ein sehr weiter
und es wird noch viel Arbeit erfordern, bis das Ziel erreicht ist. Das Zeichnen ist nun
ein vortretfliches Mittel, um diesem Ziel immer näher zu rnckem-Die Frage der Lehr-
Werkstätten ist bei uns in vollem Flusse, aber man ist auch hier noch nicht zur Klarheit
gekommen. Die Lehrwerkstatte ist kein Heilmittel für Alles. Da, wo Maschinen- und
Capitalkraft das Handwerk in den fabrikativen Betrieb umgewandelt, da mogen die ver-
änderten Verhältnisse eine veränderte Lehre nach sich ziehen; wo ein Handwerk aber
noch unangegrilTen ist, da kann die Werkstattlehre nicht angegriffen werdenJ
Concursausschreibung.
An der k. k. Staets-Gewerbeschule in Graz kommen mit 1. October d. J. folgende
Stellen zur Besetzung
l. Die Stelle eines wirklichen Lehrers für Ciaeliren, Galvanoplastik und Metall-
guss, eventuell Modelliren;
z. die Stelle eines wirklichen Lehrers für Freihandzeichnen, kunstgewerbliche
Formenlehre und Fachzeichnen für Kunststickerei;
3. die Stelle einer Lehrerin für das Weißsticken;
4. die Stelle einer Lehrerin für das Buntsticken;
5. eine Supplentenstelle für Bauwissenschaften und Bauzeichnen, eventuell Frei-
handzeichnen;
6. eine Supplentenstelle für mechanisch-technische Wissenschaften, Maschinen-
zeichnen, bezw. geometrisches Zeichnen und Naturlehre;
7. eine Supplentenstelle für Modelliren;
8. eine Supplentenstelle für deutsche Spreche, Geographie und gewerbliche Buch-
fuhrung;
g. eine Werkmeisterstelle für Bnusehlosserei;
m. eine Werkmeisterstelle für Kunstschlosserei.
Mit der sub und genannten Stelle ist der Gehalt jährlicher eintausend zwei-
hundert izoo Gulden und die Activitatszulnge der IX. Rangsclasse im Betrage jährlicher
dreihundert 300 Gulden, ferner der Anspruch auf fünf Quinquennnlzulagen zweihundert
200 Gulden verbunden.
Hiebei wird bemerkt, dass eine hervorragende gewerbliche Praxis bis zu fünf
Jahren systemmäßig als Dienstzeit in Anrechnung gebracht, sowie eventuell jauch der
Professortitel sofort verliehen werden kann.
Mit den sub und erwähnten Stellen ist eine Jahresremuneratiun von eintausend
iooo Gulden verbunden.
Mit den sub und angeführten Supplentenstellen ist die Substitutions-
gebühr jährlicher siebenhundertzwanzig 720 Gulden verbunden. Die erwähnten Supp-
lenten sind gehalten, sich innerhalb des normalmaßigen Stundenausmaßes, abgesehen
von den Fachgegenstanden, für welche sie ernannt wurden, auch in anderer Weise nach
Weisung des Directors verwenden zu lassen.
Mit den sub und xo angeführten Werkmeisterstellen ist eine Jahresremuneration
von je siebenhundert 700 Gulden verbunden.
Die Stellen sub und io werden mit dem Vorbehalte einer vierteliährigen
Kündigungsfrist besetzt.
Bewerber um eine dieser Stellen haben ihre ordnungsmäßig gestempelten, an das
hohe k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht stylisirten, mit dem Geburtsscheine,
den Studienzeugnissen und Zeugnissen über eine eventuelle praktische Verwendung
belegten Gesuche summt dem Curriculum vitae bis spätestens Ende August dieses Jahres
einzureichen bei der
Direotion der k. k. Staata-Gewerbeanhule in Graz.
Graz, irn Juli 1884.
Selbstverleg des k. lt. Oesterr. Museums üir Kunst und Industrie.
Buchrlruckrrei von Cul 0mm. Snliu n. Wien.