Mittheilunuen des k. k. ÜBSIHTPBiIIII. Musaums
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrift für Kunst und Kunstgewerbe.
I. eine jeden Mai-ms erscheint eine Numnier, Abonnplnentsplteie per Jehr H. 4.
Redacxeur Josef Fulnelics. Expedixion von' Giraffe Sohn.
Mexinwiaiaonnirt im Museum, bei Gerold Comp., durch die, PZßXÄiiSVIÄItCnQIIsoWie diirch
nlle Buch; und Kunsnhnndlungem
XIJMV..V1X'A1JN'4'JKI4m'.'vvw"J.XP.PrJ.I1fÜ?;SIIKvIIKPP-PWIIJV' Quere-
VVIEN, l. MAIHÜKS; Jahfg,
alt Diremdr Rqdolf von Eitelberger f. UcbenEx-guil xgyd dienen; Yexfvendung hillßlllwel
lichen Zwecken. Vortrag von Prof. Hans Macht. iSchluss. Kle ere Mitlheilungen
Director Rudolf von Eitelberger T.
Das Oesterr. Museum hat den schwersten Verlust zu ver-
zeichnen, den es seit seinem Bestande erfahren.
Samstag den 18. April um Uhr Vormittags verschied nach
siebenwöchentlichem, schmerzlichem Krankenlager Dr. Rudolf
Eitelberger von Edelberg, k. k. Hofrath, Gründer und
Director des k. k. Oesterr. Museums für Kunst und Industrie,
Professor an der k. k. Universität, lebenslängliches Mitglied des
österreichischen Herrerihauses, Commandeur und Ritter hoher
Orden, Ehrenbürger der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien,
Ehrenmitglied der k. k. Akademie der bildenden Künste etc. etc.
Der schmerzliche Eindruck, welchen die Todesnachricht in
allen Kreisen der Gesellschaft hervorrief, äußerte sich sofort in
zahlreichen Trauerkundgebungen, die sowohl an die Witwe des
Verblichenen, wie auch an die Leitung des Museums gelangten.
Ebenso äußerte sich die Theilnahme der Presse in einer selten
einmüthigen und warmen Anerkennung der unvergänglichen Ver-
dienste Eitelbergefs.
Se. Majestät der Kaiser geruhten der Witwe des Dahin-
geschiedenen Allerhöchst Sein Beileid aussprechen zu lassen, des.-
gleichen die Herren Erzherzoge Karl Ludwig und Rainer, Frau
X. Bd. 1885. 30
.212
Erzherrzogin Marie, Se. königl. Hoheit Herzog von Cumberland
und Se. Durchlaucht Fürst Johann von und zu Liechtenstein.
Ferner kamen Condolenzen von Sr. Durchlaucht dem ersten
Obersthofmeister Prinzen zu Hohenlohe und Oberstkämmerer Graf
Trauttmansdorll. Sr. Excell. dem Minister Baron Conrad-Eybesfeld,
vom Bürgermeister Eduard Uhl im Namen der Stadt Wien,
welche auch einen prachtvollen Kranz mit weißrothen Schleifen
und der Inschrift ßDie Stadt Wien ihrem Ehrenbürger" am
Sarge niederlegen ließ, von Seite des Ministeriums für Cultus und
Unterricht, vom Curatorium des Oesterr. Museums, von den Be-
amten des Museums, von den Professoren der Kunstgewerbeschule
und der Vorbereitungsschule der Kunstgewerbeschule.
Namens der Wiener Universität condolirle der derzeitige
Rector-Magnificus D. H. Zschokke, Beileidsadressen und Kranz-
spenden übersendeten das Professorencollegitim der philosophi-
schen Facultät der Wiener Universität, die Hörer dieser Facultät,
das archäologische Seminar, das fürst-erzbischöfliche Alumnat in
Wien und der XViener Studentenclub.
Rector J. M. Trenkwald sprach im Namen der Professoren
der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien sein Beileid
aus. Jan Matejko Namens der Kunstschule in Krakau. die überdies
am 22. April in der dortigen Piaristenkirche für den Verblichenen,
"der bei der Durchführung der Organisation der Schule der
schönen Künste in Krakau thatkräftigst theilgenommen und dieser
Schule einen größeren artistischenl Wirkungskreis verschaffte, ein
Seelenamt abhalten ließ. Namens der Genossenschaft der bil-
denden Künstler Wiens drückte Vorstand Schäffer der Witwe sein
Beileid aus. Seitens der gewerblichen Unterrichtsanstalten liefen
Trauerkundgebungen ein von den k. k. Staatsgewerbeschulen in
Wien, Graz, Brünn, Salzburg, Bielitz, Reichenberg, Innsbruck
und Bozen; von den k. k. Fachschulen für Kunststickerei in Wien,
für Goldschmiedekunst in Prag, vom Lehrkörper der k. k. kunst-
gewerblichen Fachschule in Lemberg, ferner von den Fachschulen
in Gablonz, Teplitz, Znaim, NValachisch-Meseritsch und Ober-
leutensdorf.
Von den Wiener Vereinen und Corporationen betheiligten
sich durch Condolenzbriefe und Kränze Präsident Rudolf lsbary
Namens der Handels- und Gewerbekammer für das Erzherzogthum
Oesterreich unter der Enns, der niederösterreichische Gewerbe-
Verein, der Wiener Kunstgewerbeverein, der Wiener Dombau-
verein, die heraldische Gesellschaft nAdlern in Wien, der Verein
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nWiener Bauhülteu, der Unterstützungsverein an der k.k. Akademie
der bildenden Künste, der Verein der österreichischen Zeichen-
lehrer, der Wiener Frauen-Erwerbverein und dessen Lehrkörper,
der Wiener Hausfrauenverein und der Verein zur Gründung von
Knabenbeschäftigungsanstalten im siebenten Bezirke.
Von auswärtigen Corporationen, lnstituten und Vereinen
betheiligten sich durch Beileidskundgebungen Die Stadtgemeinde
Olmütz als Geburtsstadt des Verblichenen, die Stadtgemeinden
Brünn und Znairn, die Prager Handels- und Gewerbekammer und
das Curatorium des kunstgewerblichen Museums in Prag, das mäh-
rische Gewerbernuseum in Brünn, das Curatorium des schlesischen
Landesmuseums für Kunst und Gewerbe in Troppau, die Ver-
waltung des Gewerbemuseums in Lemberg, das nordböhrnische
Gewerbemuseum in Reichenberg. der steiermärkiscbe Kunstindu-
strieverein in Graz und die Tiroler Glasmalerei-Anstalt in Inns-
bruck. Aus dem Auslande liefen Kranzspenden und Condolenz-
schreiben ein vom General-Director Richard Schöne Namens der
königl. Museen in Berlin, vom bayrischen Kunstgewerbeverein
und der königl. Kunstgewerbeschule in München, von dem Lehr-
körper der königl. Kunstgewerbeschule in Dresden, vom Central-
Gewerbeverein in Düsseldorf, von der Kunstgewerbeschule und
dem Kunstgesverbe-Verein in Karlsruhe und dem Director der
klönigl. Akademie der bildenden Künste und der Kunstgewerbe-
schule in Leipzig.
Gleich zahlreich wie die Trauer-Kundgebungen von Seite der
offiziellen Körperschaften, Institute und Vereine waren diejenigen
von Seite der persönlichen Verehrer und Freunde des Verstorbenen,
worunter wir namentlich anführen Rudolf Alt, H. v. Angeli,
Graf Attems in Graz, Prof. H. Bendel in Schaffhausen, Hofrath
Prof. Dr. Otto Benndorf, Excell. Staatsrath Braun, Director Justus
Brinkmann in Hamburg, Hofrath Dr. Ernst Brücke, Director
Dr. Alexander Conze in Berlin, Reichsraths-Abgeordneter Nicolaus
Dumba, Sectionsrath A. Freih. v. Dumreicher, Director Reg.-Rath
v. Engerth, Oberst Friedl, Prof. R. Geyling, Prof. Gius. Gelcich
in Ragusa, Architekt H. v. Geymüller in Paris, Excell. Dr. Julius
Glaser, Oberbaurath Baron Hasenauer, Oberbaurath Hügel, Di-
rector Dr. Albert llg, Canonicus Kaindl, Graf K. Lanckoronski,
Director Fr. Lippmann in Berlin, Ludwig Lobmeyr, C. v. Lucam,
Prof. W. Lübke in Karlsruhe, Excell. De Pretis in Triest, Ge-
heimrath W. Roscher in Leipzig und Dr. W. H. Roscher in
Wurzen, Hofrath Dr. Roschmann, Baron N. Rothschild, Excell.
A. R. v. Schmerling, Prof. Alwin Schultz in Prag, Director von
Stegmann in Nürnberg, Sussmann-Hellborn in Berlin, V. Tilgner,
Graf Edmund Zichy, Prof. C. Zumbusch etc.
Der Präsident des Herrenhauses, Graf Trauttmansdorff,
hat an Reg-Rath v. Falke folgendes Schreiben gerichtet
wI-Iochgeehrter Herr Regierungsrath!
Die Trauerkunde, welche Euer I-Iochwohlgeboren mir gestern
mitzutheilen die Güte hatten, hat auch mich schmerzlich berührt,
und ich bitte, der verwitweten Frau I-Iofräthin von Eitelberger
meine lebhafteste Theilnahme auszusprechen an dem schweren
Verluste, den sie erlitten, dessen Bedeutung ich um so mehr zu
ermessen in der Lage bin, als die beiden Stellen, welche ich zu
bekleiden die Ehre habe, mir so vielfältigen Anlass geboten haben,
die vielseitigen und namhaften Verdienste des Verstorbenen zu
schätzen und zu würdigen, Empfangen zugleich Euer I-Iochwohl-
geboren etc. Trauttmansdorff."
Der Bürgermeister Ed. Uhl richtete an die Witwe Eitel-
berger's folgendes Schreiben
nEuer Hoch wohlgeboren
Das Ableben Ihres hocbgeehrten Gemahls, des Herrn Hof-
rathes Dr. Rudolf Eitelberger v. Edelberg, erfüllt alle Kreise der
Bevölkerung Wiens mit der aufrichtigsten Trauer. Dieses Gefühl
ist um so schmerzlicher, als mit dem Verewigten der geistige
Schöpfer des Oesterr. Museums aus unserer Mitte geschieden ist,
jener Anstalt, welche als Wiege der österreichischen Kunst-
industrie der Ausgangspunkt neuer Kunstbestrebungen in unserem
Vaterlande geworden ist. Gestatten Sie, hochgeehrte Frau, dass
ich Ihnen aus Anlass des eingetretenen schweren Verlustes im
Namen der Stadt Wien, deren Ehrenbürger der Heimgegangene
war, das innigste, tiefempfundene Beileid ausdrücke. Möge es
Ihnen, hochgeehrte Frau, zum Troste gereichen, dass die glän-
zenden Herzens- und Geisteseigenschaften Ihres edlen Gemahls,
sein vom wärmsten Patriotismus geleitetes Wirken, sein unent-
wegtes Streben nach den Idealen der Kunst in der Erinnerung
der Zeitgenossen fortleben und dessen unvergängliche Verdienste
auch von der Nachwelt dankbare Anerkennung finden werden.
Genehmigen Euer Hochwohlgeboren etc. Uhh
Seine Excellenz Graf Edmund Zichy hat an die Witwe
R. v. Eitelbergefs Namens des Curatoriums des Oesterr. Museums
folgendes Beileidsschreiben gerichtet
"Hochverehrte Frau!
Unter den zahllosen Leidtragenden, welche sich aus allen
Kreisen der Gesellschaft, aus allen Schichten der Bevölkerung
um die letzte Ruhestätte Rudolf v. Eitelbergefs drängten, um
demselben noch einmal den Zoll der Verehrung und Dankbarkeit
zu entrichten, glaubten die Mitglieder des Curatoriums des Mu-
seums sich mit in die erste Reihe stellen zu dürfen, weil ihnen
wieWenigen Gelegenheit geboten war, den Werth desEntschlafenen
in vollem Maße zu würdigen. Denn wenn nach Außen hin sein
rastloses, dem Besten unseres Vaterlandes geweihtes Streben vor-
nehmlich in den Früchten seines Wirkens zur glänzenden Er-
scheinung kam, war es den Unterzeichneten durch lange Jahre
vergönnt, ihn an der Arbeit zu beobachten, seine selbstlose Hin-
gebung an die Sache immer auf's Neue zu bewundern. So fühlen
sie sich auch berechtigt und verpflichtet, Ihnen, hochverehrte
Frau, auszusprechen, wie herzlich sie theilnehmen an Ihrer Trauer,
wie tief sie Ihren herben Verlust mitemplinden, wie treulich sie
sein Andenken in Ehren halten werden. Zichydt
Die Beamten des Museums und der Lehrkörper der Kunst-
gewerbeschule überreichten der Witwe des Verblichenen nach-
folgende Beileidsadresse
"Verehrteste Frau I-Iofräthin!
Obwohl die Ereignisse dieser traurigen und für Sie in
anderer Weise wieder erhebenden Tage Ihnen wohl gezeigt haben
werden, welche herzliche und aufrichtige Theilnahme der Tod
Ihres allverehrten Gemahls auch bei uns, den Angehörigen des
Museums und der Kunstgewerbeschule gefunden hat, so wollen
wir es doch nicht unterlassen, Sie noch besonders und ausdrück-
lich des Antheils zu versichern, den wir an Ihrem großen Ver-
luste nehmen, des Schmerzes, von dem wir Alle mit Ihnen ergriffen
sind. Und wer wäre mehr berechtigt dazu als wir, die wir diese
langen Jahre hindurch mit ihm gearbeitet und gestrebt haben,
die wir uns seiner glücklichen Führung erfreuten und zugleich
in allen unseren eigenen und persönlichen Lagen seines theil-
nehmenden Herzens, seiner Hilfe und Förderung versichert waren.
Sein Andenken lebt in uns Allen fort bis zum Tode.
Von diesen Gefühlen beseelt bitten wir Sie, verehrte Frau
I-Iofräthin, auch uns Allen, als Ihren ergebenen Freunden, eine
herzliche Erinnerung zu bewahren.
In aufrichtigster Verehrung
Die Mitglieder des Oesterr. Museums und seiner
Kunstgewerbeschulem
Die Leichenfeier selbst gestaltete sich zu einer großartigen
Manifestation jener Trauer, in welche alle Kreise der Bevölkerung
und namentlich die Kunst- und Gelehrtenwelt durch den Tod
R. v. Eitelbergefs versetzt wurden. Vom Oesterr. Museum und
der Kunstgewerbeschule, dem Parlamentshause, der Universität,
der Akademie der bildenden Künste und dem Rathhause wehten
mächtige Trauerfahnen. Die ersten Gesellschaftskreise der Resi-
denz, Vertreter des k. k. Ministeriums, der Gemeinde, fast sämmt-
licher wissenschaftlichen und künstlerischen Vereine erwiesen dem
Dahingeschiedenen die letzte Ehre, und der Leichenzug, der
sich vom Oesterr. Museum zunächst nach der Dominicaner-
Kirche und dann nach dem Centralfriedhofe bewegte, zählte zu
einem der imposantesten, den Wien in den letzten Jahren gesehen.
Lange vor Beginn der auf Uhr angesetzten Trauer-
feier war der weite Platz vor dem Oesterr. Museum gedrängt
voll, und auf den zu dem Gebäude führenden Treppen standen
Leidtragende Kopf an Kopf. Im Säulenhofe des Oesterr. Museums
versammelten sich jene Persönlichkeiten, welche dem Institute
nahestanden, sowie Deputationen von Kunst- und wissenschaft-
lichen Vereinen und die zahlreichen Freunde und Bekannten des
Verstorbenen. Anwesend waren In Vertretung des in Amsterdam
weilenden Protectors Sr. k. und k. Hoheit des durchlauchtigsten
Herrn Erzherzogs Rainer dessen Dienstkämmerer Rittmeister Frei-
herr von Globig, Ihre Excell. der zweite Präsident des obersten
Gerichtshofes, Dr. v. Stremayr, General-Procurator Dr. Julius
Glaser, die geh. Räthe Ritter von Chlumecky, Graf Edmund
Zichy und Graf Wilczek sen., die Grafen Breunner, Lanckoronski
und Dzieduszycki, die Professoren I-Iofrath Ritter von Brücke,
Ed. Sueß, Zumbusch, Eisenmenger und Griepenkerl, die Ober-
bauräthe Baron Hasenauer und Baron Hansen, der Präsident des
Journalisten- und Schriftstellervereines nConcordiau, Regierungsrath
Ritter von Weilen, mit seinem Stellvertreter Johannes Nordmann,
zahlreiche Mitglieder der Akademie der bildenden Künste etc. etc.
Ein Theil der Trauergäste begab sich in den im zweiten
Stocke befindlichen Saal, in welchem die Leiche des Verblichenen
aufgebahrt lag. Das ganze Gemach, der Fußboden, die Wände
bis zur Decke waren mit Kränzen behangen. Es waren deren
rrb am Sarge niedergelegt worden, in welchem die Leiche Eitel-
bergefs in schwarzer Kleidung mit fast unveränderten Zügen lag.
Das Curatorinm, die Beamten des Museums und der Lehr-
körper der Kunstgewerbeschule hatten sich im ersten Stocke ver-
sammelt, um sich von dort aus dem Leichenzuge anzuschließen.
Wenige Minuten vor Uhr wurde das Zeichen zum
Beginne der Trauerfeier gegeben und der Sarg geschlossen.
Unterdessen hatten sich die Schüler der Kunstgewerbeschule
rechts und links vom Haupteingange, die Deputationen und
Freunde im Säulenhofe rechts vorn Eingange und die Künstler-
genossenschaft mit dem Vorstande Schaefler an der Spitze im
Säulenhofe links vom Eingan ge postirt.
Präcise Uhr wurde der Sarg gehoben und über die
Schulstiege hinab zu den oberen Arcaden getragen. Die Hinter-
bliebenen, das Curatorium des Museums, Dienstkämmerer Ritt-
meister Baron Globig folgten dem Sarge, vor demselben und
unmittelbar hinter demselben schritten je zwei städtische Diener
und sechs Bedienstete der Entreprise. In den oberen Arcaden
schlossen sich der Lehrkörper und die Beamten des Museums
dem Zuge an und folgten der Leiche hinab bis in die Mitte des
Säulenhofes. Hier wurde der Sarg niedergesetzt und Regierungs-
rath Ritter von Engerth sprach folgende Abschiedsworte im
Namen des Curatoriums
"Das Curatorium des Oesterr. Museums hat mich an diese
Stelle, an diesen Sarg gestellt. um dem verblichenen Freunde
Worte des Dankes und der Liebe nachzurufen. Ich werde nicht
erzählen, was Alle wissen, was Alle sagen, dass dieses Institut
eine Pflanzstätte geworden ist für einen der edelsten Zwecke des
menschlichen Wirkens auf dem Felde der Arbeit, dass dieses
Institut in der ganzen Welt bekannt geworden ist, und dass man
überall von demselben mit Achtung und Auszeichnung spricht.
Aber ich kann es nicht verschweigen, dass Du, Eitelberger, der
intellectuelle Schöpfer dieses Werkes bist, dass Du Deine ganze
Lebenskraft daran gesetzt hast, es tüchtig zu machen und für
lange Dauer festzustellen. Ja selbst dann, als Deine physische
Kraft im Sinken war, als sie nicht mehr nachkommen konnte
dem geistigen Drucke, selbst dann warst du bestrebt, zu bessern
da zu erweitern, da zu befestigen; das hast du erst dann auf-
gegeben, bis Dir ein unabwendbares Naturgesetz es aus der Hand
genommen hat.
So glaube ich, bewahrheitet sich das Wort, welches vor
einigen Jahren, als Du unter der Last Deiner geistigen Arbeit
zusammenbrachst, deine Freunde sagten. Damals hieß es "Eitel-
berger verlässt dieses Haus nur im Sarge!" Es wäre sehr vera
lockend, hier einzugehen auf alle Deine Werke, welche Du für
dieses Institut geschaffen, allein nicht das kann meine Aufgabe
sein, und so kehre ich denn zurück, um meinem Auftrage gerecht
zu werden; ich habe Dir zu danken, lieber Freund, ich habe Dir
aus vollstem Herzensgrunde zu danken für alle deine Freund-
schaft, flir alle Deine Liebe, für all' Dein Wirken und Mitthun
und Vorausgehen. lch bin überzeugt, dass in diesem Augen-
blicke alle Jene, die Dir nahegestanden, sehr gern in diesem
Sinne mir beipflichten, und so sage ich denn lch danke Dir im
Namen der Kunst, der Du neben ihrer großen Aufgabe, die sie
hat, das geistige Leben zu heben, noch ein weites Feld praktischer
Thätigkeit eröffnet hast; ich danke Dir im Namen der Industrie
und des Handwerkes, das Du mit dieser Kunst vermählen wolltest.
Dein Andenken wird nicht schwinden, jede Stelle hier im Hause
spricht es, was Du gewirkt und geschalfen hast.
Bald wird sich wohl auch ein Zeichen der Anerkennung
und des Wunsches, dass Dein Andenken erhalten bleibe, hier in
diesem Hause erheben das bescheidene Monument, das deine
Freunde Dir zu setzen gedenken, ja sogar auf derselben Stelle,
auf der Du jetzt die letzten Minuten in diesem Hause vollziehst.
Eitelberger, lebe wohl für immer!"
Als Regierungsrath Ritter von Engerth geendet, wurde der
Sarg vor das Gebäude des Museums getragen und in den von
sechs Pferden gezogenen Leichenwagen gehoben. Die Kunst-
gewerbeschüler hatten mittlerweile den Saal verlassen und waren
auf die Straße getreten, um dem Sarge voranzugehen. Als sich
der Zug formirt hatte, setzte sich der Leichenwagen nach der
Dominicaner-Kirche in Bewegung. Die Angehörigen des Ver-
blichenen, das Curatorium, der Lehrkörper und die Beamten des
Museums, die früher genannten Sommitäten, die Deputationen,
die Künstlergenossenschaft und die übrigen Trauergäste folgten
zu Fuße dem Sarge in die Kirche. Beamte und Diener des
Museums bildeten den Schluss des Zuges, welcher sich langsam
über den Stubenring, durch das Franz Josephs-Thor, über die
Biberbastei nach der Kirche bewegte. ln all' diesen Straßen bis
hinaus zur St. Marxer-Linie brannten die Gasflammen.
Um Uhr traf der Leichenzug in der Kirche ein. Hier
hatten sich schon eine Stunde vorher versammelt Se. Durch-
laucht der Erste Obersthofrneister, G. d. C. Prinz zu Hohenlohe,
Ihre Excellenzen Minister für Cultus und Unterricht, Dr. Frei-
herr von Conrad-Eybesfeld. der Präsident des Obersten Gerichts-
hofes, Dr. Anton Ritter von Schmerling, Oberstiägermeister Graf
Abensperg-Traun, Staatsrath Freiherr von Braun, der Vice-
Präsident des Herrenhauses. Fürst Constantin Czartoryski. mit den
Herrenhausmitgliedern lhren Excel. Grafen Leo Thun, Freiherrn
von Hye und Ritter von Arneth, Freiherren von Neumann und
von Haerdtl, die Reichsraths-Abgeordneten Dr. Weitlof, Dumba,
Dr. Peez und Neuber, der Rector-Magniticus Professor Zschokke
mit dem Decan der philosophischen Facultät, Professor Gomperz,
und den Professoren Zimmermann, Büdinger und Brentano, die
Sectionschefs Fidler, Ritter von Pozzi und von Giuliani, Se. Ex-
cellenz Baron Schwarz-Senborn, Bürgermeister Eduard Uhl mit
seinem Stellvertreter Dr. Prix, Magistrats-Director Bittmann, Stadt-
baudirector Berger, Abt Hauswirth, Prälat Marschall, Hofrath
Ritter von gwestermayerl, Regierungsrath Sonndorfer, die Sec-
tionsräthe Freiherr von Dumreicher und Dr. Zeller, Se. Excellenz
der Präsident des nied.-österr. Gewerbevereines, Dr. Banhans, der
Präsident der Handels- und Gewerbekammer Isbary, Director der
Staatsgewerbeschule, Sitte, Director der Sternwarte, Regierungs-
rath Weiß, Maler Amerling, Professor C. von Lützow, Kunst-
händler Artaria, die drei Söhne des verstorbenen Oberbaurathes
Baron Ferstel, viele Gemeinderäthe, Schriftsteller, Gelehrte, etc. etc.
Als der Sarg auf den Katafalk nächst dem Hochalter gestellt
worden war, nahm Canonicus Kaindl unter zahlreicher Assistenz
die Einsegnung der Leiche vor. Nach Absingung eines Trauer-
iiedes wurde das wVaterunseru gebetet. Sodann brachte der
Wiener Männergesangverein unter der Leitung des Chormeisters
Kremser "Wanderers Nachtliedu von Reißiger zum Vortrage, und
mit diesem schloss die Trauerfeier in der Kirche.
Der Sarg wurde nun wieder auf den Leichenwagen gehoben,
welcher sich sodann nach dem Centralfriedhofe in Bewegung
setzte. Das Curatorium, der Lehrkörper und die Beamtenschaft
des Museums, ebenso ein großer Theil der angeführten Trauer-
gästc, gaben nebst den Hinterbliebenen der Leiche das Geleite bis
zur letzten Ruhestätte.
Auf dem Friedhofe langte der Trauerzug um Uhr an.
Die Grabstätte, in welche die irdische Hülle Rudolf von Eitel-
bergefs vorläufig gebettet wurde, befindet sich in der 29. Gruppe,
erste Reihe Nr. 33. In weitem Halbrund umstellten die Trauer-
gäste die Gruft, auf deren Mündung der Sarg niedergestellt
wurde.
Hier ergriff nun als Erster im Namen der langjährigen
Mitarbeiter Eitelbergefs an dem Werke der Schaffung des
Museums Regierungsrath Jakob Ritter von Falke das Wort. Er
trat an das Fußende des Sarges und sprach mit ergriffener
Stimme folgende Worte
vGeehrte Freunde und Trauergenossen!
Die irdische, vergängliche Hülle eines großen, eines seltenen
aber ruhelosen Geistes senken wir hier in die Gruft zur ewigen
Ruhe. Hier auf Erden suchte er die Ruhe nicht und wollte sie
nicht. Sein Geist, der die Welt umfasste und dem Vaterlande
diente, wollte nur schaffen, nur thätig sein. Und wohin er seine
Thätigkeit richtete, da erblühte neues Leben. S0 'ging er uns
voran, ein sicherer Führer auf neuen Bahnen. Erfolg auf Erfolg
begleitete seinen Weg. bis die Krankheit, die langsam schleichende,
tückische ihn erfasste, seinen klaren Blick trübte, seine Kraft
lähmte und ihn endlich niederwarf auf das Todesbett. Du hast
geendet, theurer Freund und Führer, aber was Du geschaffen hast,
wird ewig bleiben, und uns, Deinen Freunden, Strcbensgcnossen
und Mitarbeitern wirst Du unvergesslich sein. Fahre wohl!"
Nachdem Regierungsrath Ritter von Falke seinen Aschieds-
gruß vollendet hatte, sprach der Director der Staatsgewerbe-
schule, Herr Sitte, der einstige Schüler Eitelbergefs
uEs war ein Führer unter den Menschen, den wir zu Grabe
getragen haben, ein Führer und ein Pfadfinder auf dem edelsten
Gebiete des menschlichen Denkens, in der Wissenschaft und in der
Kunst. Diese Reinheit des großen Lebenswerkes, das der große
Dahingeschiedene sich zur Aufgabe gestellt hat, gleicht der Rein-
heit seines edlen Herzens. Heute übermannt der Schmerz selbst
die Bewunderung über Dein erhabenes Schaffen, und indem wir
uns bei Dir zum letzten Male befinden, stehen wir hier, um Dir
ein Lebewohl zu sagen, nicht mehr alle Deine treuen Freunde
vereinigt, da viele Dir schon vorausgegangen sind; nun gehst
auch Du zu ihnen, Du triffst sie alle aus der schönen Zeit der
Kunstentfaltung, des Kunstfrühlings. Die schöne Zeit, die in
Deiner Jugend hat begonnen, der Du Dich mit Eifer und Liebe
voll und innig hingabst, war voll von Schaffensfreudigkeit und
Kühnheit.
Die Zeit hat reichliche Früchte getragen, während Du mitten
darin gestanden bist, uns geleitet und geführt hast. Die Zeit
hat diese herrlichen Früchte gereift, und die Kunst wird Dir dafür
ewig danken. ln diesem Jahre, als ich zum letzten Male Worte
von Deinem lieben Munde hörte und mir klingen sie so im
Ohre, als hörte ich sie jetzt da sagtest Du". sich bin froh,
dass ich alt bin, denn so schöne Zeiten, wie ich erlebt habe,
kommen in der Welt nur selten wieder, ich möchte nicht wieder
jung WCTdelLü Aber nicht nur an die Kunst und Wissenschaft,
an die Ideale Deines Lebens, dachtest Du, Du gedachtest auch
Deiner Freunde und Lieben, und das allerletzte Wort, wasich gehört,
galt ihnen. Damals sprachst Du von einem unvergleichlichen
Lebensglücke dass das Schicksal Dir auf Erden viele unermess-
liche Freude geschenkt hat. Du nanntest es ein hohes Glück,
treue Genossen auf dieser Welt gefunden zu haben. "Aber es
gab für Dich noch eine höhere Freude. Du sagtest, etwas sei
Dir noch beschieden, ein seltenes Himmelsgeschenk, das einem
Manne nicht oft voll und so rein gegeben wird, Dir ist es gegeben
worden eine wundarbar gütige, engelsgleiche Frau. Das waren
deine letzten Worte, gerade so, die letzten, die ich aus Deinem
Munde hörte. Es war damals ein ebenso schöner Tag wie heute
und Deine lieben Augen glänzten und sahen so freudig in die
funkelnde Sonne. Und diese Sonnenstrahlen scheinen dir auch
heute zum letzten Male in Dein Grab hinab, Du hattest sie so
lieb, Du sahst im Sonnenschein das Licht der Welt, Du hattest
ihn lieb und liebtest auch die lichte Welt, Du schiedest ungern,
doch es musste leider sein. Ruhe nun in Frieden. die Erde
werde Dir leicht."
Zum Schlusse hätte der Director der Kunstgewerbeschule
Friedrich Sturm, Namens des Lehrkörpers und der Schüler das
Wort ergreifen sollen. Er wurde jedoch von Rührung derart über-
mannt, dass es ihm unmöglich war, den beabsichtigten Nachruf
zu halten.
Der Sarg wurde dann versenkt und die ersten Schollen
rollten in die Tiefe. Kurz vor sieben Uhr war die imposante
Trauerfeier zu Ende.
Die Freunde des Verewigten haben gleich nach dem Tode
desselben Schritte unternommen, dass dem um Oesterreich,
speciell um die Stadt Wien so hoch verdienten Manne ein Denk-
mal errichtet werde. R. v. Eitelberger wird ein prachtvolles
Monument erhalten, und in dem für Grabstellen berühmter
Männer reservirten Raume auf dem Centralfriedhofe beigesetzt
werden. In der Sitzung der Sectionsobmänner und deren Stell-
vertreter der niederösterr. Handels- und Gewerbekammer vom
zz. April wurde über Vorschlag des Präsidenten Isbary der Be-
schluss gefasst, an die Freunde der Kunst wie an die Industriellen
und Gewerbetreibenden einen Aufruf betreffs der Errichtung eines
Denkmales für den um Oesterreichs Kunst und Industrie hoch-
verdienten Mann zu errichten und die Widmung eines Beitrages
von rooo Gulden für dieses Denkmal seitens der Kammer zu
beantragen.
Der durch das Präsidium der nieder-österr. Handels- und
Gewerbekarnmer erlassene Aufruf lautet
An die österreichischen Industriellen, Gewerbe-
treibenden und Kunstfreunde.
Allezeit entfaltete sich die rühmliche Tugend der lebenden
Geschlechter, das Andenken von Männern zu ehren, welche auf
ihrem Gebiete Edles und Großes zur allgemeinen Wohlfahrt
geschaffen haben.
Zur Stunde haben wir die sterbliche Hülle des großen
Freundes, Lehrers und Förderers der Kunst, des österreichischen
lndustrie- und Gewerbefleißes, Rudolf Eitelberger von Edel-
berg, in Grabesruhe versenkt; sein Geist begleitet uns aber
wieder zurück in die Werkstätten der Arbeit, wo tausend und
abertausend Gestaltungen und Erscheinungen Zeugniss von seinem
unvergänglichen Wirken geben. Der Begründer des österreichischen
Museums für Kunst und Industrie, sowie der Gewerbeschule ist
unser. Hochbegabt, voll Muth, Kraft und Ausdauer, unternahm
er frühzeitig bahnbrechend die Reform auf dem Gebiete unserer
kunstgewerblichen Thätigkeit, streute namentlich in Wien und
von da nach allen Richtungen des Vaterlandes befruchtende An-
regungen, lehrreiche Pläne und mustergiltige Entwürfe zur
ästhetischen Erziehung und wirthschaftlichen Veredlung unseres
Volkes aus. Eine Reihe von lndustrie- und Arbeitszweigen erhob
er auf die Stufe der Kunst, und was er vollbracht, ist heute ein
lohnendes Gemeingut der heimatlichen sowie das Vorbild fremder
Zeitgenossen geworden.
Eitelberger lebte und fühlte mit die Freuden und Leiden
der österreichischen Kunst und lndustrie bis in die letzten Tage
seines schöpferischen Lebens, und wenn wir an seinem Grabe
trauern, so mag uns wenigstens der eine Gedanke trösten, dass
wir es in unserer Macht haben, ihm für die reichen Gaben, mit
welchen er uns beschenkt hat, einen bescheidenen Tribut des
Dankes zu zollen, indem wir unsere Kräfte vereinigen, um ihm
ein würdiges Denkmal zu setzen.
Indem das Präsidium der niederösterreichischen Handels-
und Gewerbekarnmer im Einvernehmen mit dem Curalorium
des Oesterr. Museums für Kunst und lndustrie diese vom
innigsten Dankgefühle für den Dahingeschiedenen eingegebene
Anregung zum öffentlichen Ausdrucke bringt, ist es der vollen
Zuversicht in all den weiten betheiligten Kreisen ein freudiges
Echo zu finden.
ln diesem Vertrauen richtet das unterzeichnete Präsidium
an alle Angehörigen und Freunde der Kunst, der Industrie und
des Gewerbes die Einladung, die Errichtung eines Denkmales für
den Begründer des Oesterr. Museums werkthätig zu unter-
stützen.
Beiträge zu diesem Zwecke werden bei dem unterzeichneten
Kammerpräsidium r. Bezirk, Wipplingerstraße 34, Börsegebäude,
I. Stock entgegengenommen, welches über die Beträge quittiren
und die Namen der Spender jeweilig verölfentlichen wird.
Wien, am 21. April 1885.
Vom Präsidium der Handels- und Gewerbekammer für das Erz-
lierzogthum Oesterreich unter der Enns.
Der Präsident Der Secretar
Rudolf lsbary. lr. Johann Zapf.
398
... er 1., wqg-r. -,-.'...;"s
Uebieimgmaii und essen Verwendung zu kuristgegwei-bi
liehen Zwecken.
Vortrag, gehalten im k. k. Oesterr. Museum für Kunst und Industrie am I9. Febr. 18g
von Professor Hans Macht.
Schluss
Die Palette der Emaillen China's und Japans ist im Allgemeines
dieselbe wie die" im Mittelalter in Europa schon vorhandene, doch uoßä
Äreicher an Tönen. Auch ist außerdem die Verwendung derselben ein";
inannigfaltigere, es werden sehr häufig die Farben innerhalb der Cloisons
mehrfach nebeneinander angebracht, oder durch ein Gemenge von VCf-e
schiedenen Farben, welche beim Brennen nur aneinander, nie inein
ander schmelzen, mannigfaltige, zart marmorirte Muster erzeugt, welch
mit großer Geschicklichkeit benützt, namentlich bei den Thierdarstellungeu
der Japaner Effecte von reizendster Wirkung zeigen. Mit Ausnahmfg
äreniger sind die sämmtlichen Farben schwach durchscheinend und bei
ifweckentsprechendem Schliff von jenem weichen, wachsartigen Glanz,
der auch den byzantinischen Emaillen eigen ist. Die japanischen Emaillen,
namentlich die älterer Provenienz, sind leicht an den meist dunklen,
gebrochenen und düster gestimmten Farben erkennbar.
War das bei den bisher erwähnten europäischen Emailarbeiten in
Anwendung gebrachte Metall nur auf einer seiner Oberflächen emaillirt,
so begegnen wir bei den Ostasiaten Objecten, deren verhältnissmäßig
dünne Metallwandungen von beiden Seiten mit Email bedeckt sind. Es
scheint, dass die Chinesen die ersten waren, welche, wie der technische
Ausdruck lautet, contreemaillirte Gegenstände allgemein verfertigten. Die
Anwendung des Contreemails entsprang nicht etwa blos ästhetischen
Beweggründen. Bei größerer Ausdehnung und verhältnissrnäßiger Dünne
des Metallexcipienten dient das Contreemail dazu, die physikalische
ivVirkung aufzuheben, welche durch die beim Erkalten nach dem Brande
hervorgerufene Spannung des Metalls verursacht wird und das durch
dieselbe häufig veranlasste Verziehen der Objecte oder das Abspringen
des Emails zu verhindern. Bei der Darstellung der von der Fauna und
Flora abgeleiteten Gebilde zeigen die Emailkünstler der in Rede stehenden
Länder ihre virtuose Art des Stylisirens, d. h. die Wiedergabe der Formen
der Erscheinungswelt in günstigster Anordnung mit Hinweglassung aller
Zufälligkeiten und strenger Beibehaltung alles Wesentlichen bei sorg-
fältiger Berücksichtigung aller Eigenthümlichkeiten, aller Vor- und Nach-
theile des zur Benlitzung gewählten physischen Stoffes.
Hier sei gleich erwähnt, dass die menschliche Figur bei den Chinesen
selten, bei den Japanern fast gar nie zur Darstellung kam. Die Chinesen
bildeten in den wenigen vorkommenden Fällen die nackten Körpertheile
ganz aus Metall. Von japanischen Emailgegenständen, auf welchen Men-
Qglggn abggbglgeghsfzsqchieinerägexistiren itneines Wissens unter dedgrolleu
399
Anzahl der in Europa vorhandenen Objecte nur drei Stück in der
Sammlung Bowes zu Liverpool. Bei diesen erscheinen die Fleischtheile
in der gewöhnlichen Weise emaillirt.
Außer den Formen der Thier- und Pflanzenwelt zeigen die Emaillen
der genannten ostasiatischen Völker eine unerschöpfliche Fülle geome-
trischer, aus geraden und krummen Linien zusammengesetzter Muster
meist textilen Charakters, und geradezu bewundernswerth erscheintder
Scharfsinn, mit welchem aus den an und für sich unscheinbarsten
Elementen Flächendecorationen geschahen werden, welche durch die
anscheinende Complication ihrer Formen ihre Herstellung als das Resultat
eines Bieneulleißes scheinen lassen, dessen ein Europäer wohl gar nicht
Fig- Fig. zu.
fähig sei. Doch thut der streng systematische Vorgang bei Erzeugung
solcher Textilmuster weitaus mehr, als die bloße Ausdauer des Arbeiters.
lch will als Beispiel nur ein charakteristisches Mäandergeflecht Fig.
anführen, welches, von symbolischer Bedeutung, sich hauptsächlich bei den
Chinesen einer besonderen Beliebtheit erfreut und mit dessen zartem Ge-
spinnst zumeist jene Flächen der Emailgegenstände bedeckt werden, welche
das Firmament vorstellen sollen. Die Farbe des Emails, welches in diesem
Falle die Flächen zwischen den Cloisons gleichmäßig bedeckt, ist fast
stets ein lichtes Blau.
Dieses Geflecht ist aus Elementen zusammengesetzt, wie ein solches
unter Fig. ia abgebildet ist, welche ohne große Schwierigkeit herzustellen
Qi
sind und, in entsprechender Anzahl vorräthig gehalten, nur in einfacher
Weise aneinander gereiht zu werden brauchen. Diese Elemente sind wohl
als die complicirtesten zu in Rede stehendem Zwecke verwendeten zu
betrachten; viel einfachere noch vereinigen sich zu reichen Mustern;
die einfachsten sind die unter Fig. 2a dargestellten; glatte Streifchen
in der Mitte unter einem Winkel von izo" stumpf geknickt. Das durch
sie gebildete Textilmuster Fig. kommt in verschiedener Farbenzusam-
menstellung von tretilicher Wirkung vor.
So gerne ich die Arbeiten der klugen, kunstfertigen Männer des
Orients noch weiter beschreiben möchte, so muss ich doch bei der Reich-
haltigkeit dieses Stoffes, welcher bezüglich der Bildung der textilartigen
Cloisonnämuster allein einen Cyclus von Vorträgen ausfüllen könnte,
darauf verzichten; nur eine oft aufgeworfene Frage will ich hier noch
knryberühgen Welcher, Oefen bedienten sich die Chinesen und Japaner
zum Brgtlningewionäregiiaailobiecten von so gewaltiger Größe, wie wir sie
häufig finden? Vasen bis zu einem Meter Höhe sind keineswegs selten.
Zu solchen Stücken reicht das Eisenkästchen Tbeopbili nicht mehr aus,
in welchem das Email zwischen die Kohlen gestellt wurde.
Ich denke hierauf antworten zu können. Es bedurfte auch bei den
ganz großen Stücken gar keines besonders construirten Ofens. Wer in
der Lage ist, im Freien arbeiten zu können, vermag sich mancher Hilfs-
mittel zu bedienen, welche viele kostspielige Betriebsanlagen der Industrie
entbehrlich machen. Es ist leicht möglich, dass die fertig gestellte Vase
im freien Felde mit einem Eisenkasten bedeckt mit Holzkohle umhaut wird,
welche dann mit einem Mantel aus lose übereinander gelegten Ziegeln
weiters umschlossen werden mag. Sind die Kohlen zum Glühen gebracht,
so kann dann durch ein röhrenförmiges Ansatzstück des Kastens das
emaillirte Object beobachtet werden. Schmilzt das Email, so lockert der
Brenner den glühenden Mantel mittelst eines langen Hakens und mindert
die Gluth. Aehnlich verfährt auch noch heute der arme Porzellanrnaler-
gehilfe, wenn er etwa in einer Feierstunde einen Pfeifenkopf oder ein
Tässchen decoriren will und diese Arbeit zu einer Zeit brennen muss,
zu welcher ihm kein Muffelofen zu Gebote steht. Er bringt seine Malerei
in einen irdenen Topf, an dessen Deckel er am Rande eine rundliche
Scharte zum Guckloch auszwackt, umbaut das Ganze mit Kohlen und
das Weitere geht vor sich wie eben beschrieben,
Mit dem bis jetzt Angedeuteten ist das Allgemeinste über jene
Arbeiten der Emaillirkunst gesagt, deren charakteristisches Merkmal darin
besteht, dass opake oder halbopake Schmelzgläser auf einer Metallunter-
lage, ohne dass diese letztere selbst zur malerischen Wirkung beitragen
kann, zum musivischen Muster sich vereinigt. Ich möchte sulche Arbeiten
in ihrer Gesammtheit als die Gruppe der geschliffenen Flachmuster-
Fbrrsequng auf der Beilage.
Beilage zu Nr. 236
der
Mittheilungen des k. k. Oesterreieh. Museums."
emaillen bezeichnen. Die malerischen Wirkungen des Helldunkels waren
bei diesen von vornherein ausgeschlossen. Mit dem Auftreten einer voll-
ständigen, wenn auch wenig reichhaltigen Palette vollkommen glashell
durchsichtiger translucider Emaillen ist auf dem Gebiete der Schmelz-
technik ein Umschwung von großer Bedeutung, ein Umschwung, der
sich zunächst nicht in Deutschland, nicht in Frankreich, sondern in
Italien bemerkbar macht, wo vorher nur ausnahmsweise und untergeordnet
von der Technik des Emaillirens Gebrauch gemacht wurde. Aus Edel-
metall wurde das Bildniss, welches bestimmt war, sich nach dem Emailliren
in leuchtender Farbenpracht zu zeigen, in seichtem Relief geschnitten
und den Localtönen der einzelnen Partien entsprechend mit den durch-
sichtigen Schmelzgläsern überzogen; diese wurden nach dem Brennen
abgeschliffen bis zur Spiegelglätte. Den Höhen und Tiefen des Reliefs
zufolge gestaltete sich die Emailschichte stärker und schwächer, daher
dunkler und heller in gewünschter Schattenwirltung. Jedermann kann sich
leicht eine Vorstellung von einem solchen Clairobscur verschalfen, wenn
er eine blanke Silbermünze mit einem Wachsrand umgibt und eine
durchsichtige farbige Flüssigkeit etwa mit Wasser verdünnte braune
Tinte darauf gieBt. Ein eminentes Beispiel dieses Goldschmiedemails
besitzt das Oesterr. Museum, ein Kreuz, welches um die Mitte des
I5. Jahrhunderts entstanden, dem Maso Finiguerra zugeschrieben wird.
Die translucide Palette bestand zunächst aus folgenden, vollkommen
ungebrochenen Farben Blau, und zwar tief Kobaltblau, Grün, Gelb,
Gelbbraun und Rothviolett, welch' letzteres an Stelle eines Fleischtons
auch zur Färbung der nackten Theile der menschlichen Figur verwendet
wurde. Dass auch mit Gold purpurroth gefärbte Emaillen zur Anwendung
kamen, wenn auch seltener als die übrigen Farben, ist sicher gestellt.
Niemand Geringerer gibt uns hievon Nachricht sowie eine genaue Bei
schreibung des eben erwähnten Emaillirverfahrens, als Benvenuto Cellini,
welcher in dem ersten seiner beiden Trattati dem Reliefschmelz, den er
als die wahre Art des Emaillirens bezeichnet, ein ganzes Capitel widmet.
Er nennt das purpurrothe Email Smalto roggio und erwähnt, dass es
von Alchymisten erfunden worden sei. Dass Cellini dessen Bereitungs-
weise gekannt habe, ist allerdings nicht anzunehmen, doch geht aus
seinen ungemein deutlichen Ausführungen bezüglich der Eigenschaften
und der Art der Verwendung desselben ohne jeden Zweifel hervor, dass
es sich in den gegebenen Fällen um goldhaltiges Rubinschmelzglas han-
delte. Die eben beschriebene Art des Emailllrens heißt Cellini opera di
x. Bd. 1885. 31
4-02
basso rilievo, entsprechend der französischen Bezeichnung email de hasse
taille. Cellini ist es auch," der zuerst eines Brennofens erwähnt, offenbar
eines Muffelofens, denn sein wfornellom ermöglicht es ihm, vor der Oeifnung
desselben das Email langsam anzuwiirmen und es beim Brennen im
geeigneten Moment sofort aus der Gluth zu ziehen. Was eine Emaillir-
mul-Iel ist, soll hier gleich kurz erwähnt sein ein Kasten in Gestalt eines
Prisma's oder eines halben Cylinders, aus Thon oder Eisen in einen Ofen
eingesetzt, so zwar, dass Kohlen in hinreichender Menge ringsumher den
Zwischenraum füllen können. Die freie olfene Vorderseite dieser Mulfel
ist durch einen verticalen Deckel verschließbar. Eine solche Vorrichtung
ermöglicht ein rasches und continuirliches Arbeiten und eine genaue
Controle des Brandes.
Wurde die Ausübung des Reliefschmelzes zur Zeit der Renaissance
in ltalien eine allgemeine, so konnte sich dagegen eine andere Art der
Verwendung transparenter Emaillen nur als eine seltene Spezialität geltend
machen, deren thatsächliche Existenz man durch lange Zeit überhaupt
anzweifelte und über deren Heimat man auch heute noch nichts Näheres
weiß. Das Email iour, ein Zellenernail ganz ohne Excipienten, nur
durch die Cloisons allein zusammengehalten, so dass die Emaillen in
durchfallendem Lichte ihre Wirkung zeigten. Benvenuto Cellini ist es
wieder, der ein Beispiel dieser Arbeit beschreibt, eine Trinkschale ohne
Fuß, welche ihm König Franz l. von Frankreich zeigte mit der Frage, ob
er es wohl verstehe, wie eine solche Arbeit gemacht werde. Die Art, wie
sich Cellini über diesen Gegenstand ausspricht, zeigt deutlich. dass er ihm
völlig neu und bewunderungswürdig erschien. Es ist daher die Ansicht
eines neueren Schriftstellers, Cellini habe sich gerühmt, solche Arbeiten
gemacht zu haben, eine unrichtige; auch die Erklärung der Technik,
welche der König erhielt, lautete keineswegs in einer Fassung, als habe
Cellini dergleichen Arbeit schon selbst geübt, es' war solche vielmehr die
ideale Beschreibung des Verfahrens, mittelst welchem man solche Emaillen
machen könne; nebenbei gesagt aber vollkommen sachgemäß, klar und
verständlich.
Spielte bei dem transluciden Email sur relief das sorgsam gearbeitete
Metall die Hauptrolle, so wird die artistische Bedeutung des Excipientcn
durch eine weiters zu verzeichnencle Wandlung der Emailtechnik voll-
ständig in den Hintergrund gedrängt. Fassen wir alle jene Arten der
Emaillirverfahren, bei denen die darzustellenden künstlerischen Gebilde
schon bei der Verfertigung des metallenen, das Email tragenden Unter-
grundes berücksichtigt und theilweise auch fertiggestellt werden müssen,
unter der allgemeinen Bezeichnung Goldschmiedemail zusammen, so bleibt
nur noch das Resultat dieser Wandlung, die zweite große Gruppe der
Emailarbeiten zu betrachten, übrig, bei welcher der metallene Excipient
bezüglich der Herstellung des Obiectes in artistischer Beziehung voll-
ständig irrelevant erscheint und in vielen Fällen als der bloße Träger der
als Hauptsache zu betrachtenden Emailschichte nur als nothwendigies
'Uebel anzusehen ist. vEsist die-Gruppe der eigentlichen" Maleremaillen.
Doch solche Wandlungen vollziehen sich nicht mit einem Schlage.
Specialitäteo geringerer Verbreitung bezeichnen, wenn auch nicht immer
chronologisch unmittelbar aufeinander folgend, doch technologisch als
Zwischenglieder einschaltbar die Uebergänge zwischen den schroffen
Extremen. Eine Specialität dieser Art ist das nach der Localität seines
hauptsächlichen Vorkommens sogenannte" Venetianer Email. Auch bei
diesem ist das Metall artistisch von keiner Bedeutung mehr nur eben
nothwendig zur Herstellung der Grundformen der Gefäße und alsTräger
des Emailsyvon welchem es vollständig bedeckt wird. Wir kennen von
den Venetianer Emaillen fast ausnahmslos nur Kannen und Schüsseln.
Charakteristisch sind die Rundfalten, welche diese Gefäße zeigen. Alle
.Gegenstände erscheinen zunächst mit einer Schichte weißen Emails voll-
"ständig überzogen. Auf diesem weißen Untergrunde erscheint sodann
in Flächen von. passender Arbwechslung mit der Spachtel aufgetragen,
Email von dunkelblauer, ssaftgrüner, rürkisblauer Farbe, wozu sich für
kleinere Flächen manchmal noch ein helleisenrothes Ernail gesellt. Was
aber diese Erzeugnisse in der Geschichte der Emailtechnik einzig dastehend
erscheinen lässt, ist die Art des Decors, der ohne Ausnahme goldene
Flachornamente zeigt, welche auf die noch ungebrannte Emailschichte
mittelst kleiner Metallsternpel und Rouletten aufgepresst sind. Die hiebei
in Anwendung gebrachten Details sind keineswegs in großer Anzahl vor-
handen. Nur die Mannigfaltigkeit in der Anordnung, mit welcher sich
diese kleinen Blätter, Sternchen, Festons, Lilien etc. zu pfauenfeder-
ähnlichen Gebilden, feinen Ornamentranlten, Pleinmustern u. s. w. ver-
binden, lässt den geringen Reichthum an Motiven leicht vermissen. Vor
nicht zu langer Zeit erst war ich in der Lage, durch sorgfältige Unter-
suchung erhaltener Exemplare das beiden Venetianer Emaillen in Anwen-
dung gebrachte Verfahren vollständig bestimmen zu können. Nachdem
die zweite Emnilschichte mit Hilfe der Spachtel als eine circa einen Milli-
meter dicke Lage von teigartiger Consistenz aufgetragen war, wurde,
genau wie beim sogen. Handvergolden der Buchbinder, die zu decorirende
Fläche mit feinem Harzpulver bestaubt, dünn geschlagenes Gold darauf-
gelegt und das Ornament mit erhitzten Metallstempeln in das etwas nach-
giebige Email gepresst. Zugleich mit dem Aufbrennen der Emailschichte
wurde auch das Ornament nxirt.
Als einezweite Specialität, der Epoche des Maleremails angehörig,
sind die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts auftretenden Ernail-
rnalereien von Limoges zu betrachten, welcher Ort bis jetzt unbestritten
als die Wiege des Maleremails betrachtet werden kann. Bei diesen Erst-
"lingen des berühmten französischen Emailmalercentrums spielt noch der
Metallgrund eine wenn auch bescheidene Rolle; direct auf das blanke
Kupfer wurden, wie die Bleieinfassungen gemalter Fenster, die Contouren
31'
404
'der einzelnen verschiedene Localtöne zeigenden Partieen des darzusrellenden
Gegenstandes mit schwarzer Farbe gezeichnet. Dann diese Localtöne selbst
mit translucidern Ernail vermittelst der Spachtel hergestellt, die Fleisch-
theile mit Violettbraun unterlegt und das Ganze gebrannt. Diese Gründe,
bei welchen durch das mehr oder minder transparente Email die metallische
Unterlage leise schimrnerte, erhielten nun erst ihre Vervollständigung
durch das Aufsetzen von Lichtern aus halbopakem Weiß, insbesondere
bei den Gesichtern und allen übrigen Fleischtheilen und durch Goldlichter
bei den Gewändern und der sonstigen Zuthat. Findet man zwischen dem
Elfecte der hier beschriebenen Maleremaillen und dem Smalto di basso
rilievo der Italiener noch gewisse Aehnlichkeiten, so ist dies in keiner
Weise rnehr der Fall bei dem Limousiner Email des 16. Jahrhunderts, dem
Limousiner Email kat' exochen. Hier finden wir die mannigfaltigen Kupfer-
platten und Kupfergefäße, Kannen, Schüsseln, Teller, Salzfässer, Vasen,
kleine und große Gefäße für profanen und kirchlichen Gebrauch zunächst
vollständig und von allen Seiten mit deckendem, dunklem, meist schwarzem
Email überzogen; nur das Contre-Email der Platten erscheint farblos durch-
sichtig; und darauf nun ist, bei den besten Stücken nur mit Weiß, nur
durch stärkeren und schwächeren Auftrag die Modellirung der Malereien
erzielt, deren weiche zartduftige Schattirung bei kräftiger Formenbildung
von keiner anderen Maltechnik erreicht werden kann. Bescheidene Anwen-
dung von Gold vervollständigt und bereichert die Wirkung. Der sonst
nur mit Wasser angefeuchtete Emailbrei wurde durch die Anwendung
eines entsprechenden Bindemittels, meist des abgesonderten Schleimes von
in Wasser eingeweichten Quittenkernen, sowie durch sorgfältiges Anreiben
ductil und zum Auftragen tauglich gemacht, letzteres geschah nur selten
mit dem Pinsel, in der Regel wie auch noch heute, mit einer an einem
Stiel befestigten Nadel, mit deren Spitze das weiße Email tropfenweise
aufgesetzt und der gewünschten Zeichnung entsprechend durchgearbeitet
wurde.
Doch die Weiterentwickelung dieses Genres rastet nicht; früher schon
kam man auf das Verfahren, kleine Partien der Bildoberfläche, etwa edel-
sreinartige Scheibchen u. s. w., rnit Stückchen dünngehämmerten Goldes
oder Silbers zu bedecken und diese dann mit translucidern Email zu
überziehen. Sparsam musste hiebei umgegangen werden, sollte die Wir-
kung keine gleißende sein; doch jetzt benutzte man die durchsichtigen
Farben auch auf andere Weise; man verzichtete auf die Goldfolien oder
paillons, überzog die Gewänder der en grisaille nur mit Anwendung von
Weiß, hergestellten Figuren mit durchsichtigen Farben und tingirte die
Fleischtheile mit einem röthlichen Ton. Generationen beschäftigten sich in
steter Reihenfolge mit der Pflege dieser Kunstweise; die Emailmaler-
familien der Penicaud, der Limousin, Nouaillier, Reymond, Courtey u. s.w.;
aber nur bezüglich der Arbeiten eines Klinsters der letztgenannten Familie,
von welchem die mit vollem Namen bezeichneten. gegenwärtig im Oesterr.
405
Museum befindlichen Riesenplatten aus dem Besitze Sr. Durchlaucht des
Fürsten Liechtenstein herrühren, soll einer technischen Eigenvthümlich-
keit erwähnt werden, welche an den genannten Arbeiten auffallend zur
Schau tritt. Während alle Limousiner sich des dunklen Grundes bedienten
und ihre Grisaillen in zwei Lagen zumeist mit WeiB vollendeten, sind
diese Platten zunächst ganz weiB emaillirt, und die nun folgende Pro-
cedur ähnelt sehr der Maltechnik der alten Limogen auf blankem Kupfer.
Mit Schwarz ist der Contour gezogen und die Localtöne dunkel angelegt;
Lagen von opakem Weiß erzeugen die Modellirung und röthliche, blaue,
braune Tinten u. s. w. vervollständigen im Vereine mit Gold die colo-
ristische Wirkung. Doch weiter wie im tollen Wirbel folgt nun Art
auf Art. Wir sehen in den Sammlungen des Louvre zu Paris Schalen,
deren Mulden mit Grisaillen auf schwarzem Grund geziert sind, die
gebuckelten Ränder aber sind weiß und mit polychromen Büscheln styli-
sirter Blüthen und Blätter bedeckt. Es zeigen sich also an einem und dem-
selben Stück zwei Verzierungsarten extremsten Contrastes. Schon aber
naht auch die Zeit, wo das Porzellan, vorläufig noch das chinesische, mit
seinen hellen Farben das Regiment antritt. Weifigrundig werden nun die
Maleremaillen, oder vielmehr an diesen Malereienfist nichts mehr Ernail
als der weiße Grund. Mit weichen leichtilüssigen Farben werden darauf
die zart gepinselten Miniaturgemälde der Barockzeit und des nachfolgenden
Rococo ausgeführt. Bekannt ist der Name des Emailmalers Jean Tontin
und der seines Schülers, des Genfers Petitnt, dessen Emailporträts sich
präsentiren wie lebende Gesichter in einem Convexspiegelchen.
Sehr bald verstand man es auch, über die zarten Malereien auf
weißem Grunde eine Lage krystallhellen Emails Fondant zu schmelzen.
Dieser Fondant wurde weiters noch geschliffen bis zur spiegelnden Glätte.
So Borirte die Emailmalerei in dieser Art noch etwa bis zur Mittedes
abgelaufenen Jahrhunderts, dann aber näherte sich diese Kunst dem
Niedergange fast bis zum Verlöschen, und als das 18. Jahrhundert zur Neige
ging, waren eigentliche Malereien nur noch spärlich zu finden. Ab und
zu stach etwa der Goldschmied seine nüchternen Verzierungen in das
Edelmetall und füllte die Höhlungen mit Email; weniger zur Zier als des
Umstandes halber, dass; wie unsere Großväter zu erzählen wussten, das
Publicum der Meinung war, nur echtes Gold sei zum Emailliren ver-
wendbar und daher in dem Vorhandensein des Emails eine sichere Gewähr
filr den Werth des Gegenstandes erblickte. Um der Ernaillirkunst wieder
aufzuhelfen, musste sie zum Theile neu entdeckt werden; dies ging um
so langsamer von Statten, als die Literatur diese Gegenstandes, je mehr
sie sich der Neuzeit näherte, immer unzuverlässiger und reservirter wurde.
Das Heer der Arcanisten schuf Unterweisungen, eher geartet, Jedermann
von der gesunden Praxis abzuschrecken, als hiezu anzuleiten. Wie anders
lehrte Theophilus, der schlichte Arbeiter der Klosterwerkstätte, wie
anders Benvenuto, der lern- und lehrfreudige echte Sohn der Renaissance,
als etwe-JobannKunkel, der in demßchlusscapitel seiner ars vitraria
sich also vernehmen lässt
111a... mehr habe ich anietzo nicht ohne meinen Schaden den
kein aulfrichtiger Liebhaber begehren wird thun können Denn ob ich
wol nebeust noch andern raren und ungemeinen Sachen, eineweit bessere
Art den schönsten Crystall, item ein dem rechten Barcellangantz ähn-
liches" Glas zu machen weiß; stehet es doch wegen meines gnädigen
Churfürsten-und Herrn Crystallen-Hütte, deren besondere Interessa darin
beruhet, nicht an dergleichen zu oßenbahren.
Es ist mir auch das sehr schöne und gleich als mit Gold einge-
sprengte Glas, welches die Italiäner Lavanteri nennen, und vor" uns
Teutschen in großen geheim halten wohl bekannt, auch weiß ich das
schönste und mehr denn Zinnoberrothe Glas, wie auch eine besondere
curieuse Art eines Rubins zu machen, von welchen mir auch das hoch-
löbliche Collegium curiosorum, Deutschlands, deine ich hiervon eine Ver-
wunderungswerthe Demonstration vorgelegt, wird Zeugniss geben, solche
aber dißmahl zu publiciren, wird mir der verständige Leser nicht
zumuthen, weilen wie obgedacht meines gnädigen Herrn, wie auch
mein Particular-Interessa daran gelegen. Jedoch ist es mir
nicht gewehrt, einen curieusen Liebhaber, vor ein ander arcanum
oder anständige Gegenersetzung, solches zurommuniciren und
demonstrirenm
Doch die Zeiten Kunkelii sind vorüber und in den letzten Jahr-
zehnten ist unsere Etnaillirkunst wieder selbstständig geworden. Die dies-
bezüglichen Bestrebungen und Errungenschaften unseres Jahrhunderts
aber, insbesondere in unserem Vaterlande, näher in's Auge zu fassen
und zu besprechen, steht nicht mir, sondern Berufeneren zu; hoHen aber
können wir Alle, dass kommende Geschlechter unser Bestreben, die
schöne Emailtechnik wieder zu erwecken zu neuem, fröhlichem Leben,
nicht unfreundlich beurtheilen werden.
Kreuzern-z MITTHEILUNGEN.
Ernennung Se. k. und k. Apostolische Majestät haben mit
Allerhöchster Entschließung vom 4. April d. J. den Custos am
k. k. Oesterr. Museum für Kunst und Industrie und Privatdocenten
Dr. Franz Wickhoff zum außerordentlichen Professor der Kunst-
geschichte an der k. k. Universität Wien allergnädigst zu ernennen geruht.
OOBCBIT. Museum. Se. kais. Hoheit Herr Erzherzog Carl
Ludwig haben am 17. v. M. die Ausstellung der Wand- und Plafond-
decorationen, ferner die Ausstellung von Antiken aus der Sammlung des
Grafen Lanckoronski und die Ausstellung von Schlössern und Schlüsseln
des Herrn Dillinger in eingehender Weise besichtigt.
Besuch das luseums. Die Sammlungen des Museums wurden'im Monate
April von 7943. die Bibliothek von 1057 Personen besucht.
497
N81! ausgestellt Am lo. April ist die dritte Specialausstellung neben der Auc-
stellung der Wand- und Plafonddecorationen und der Sammlungen des Grafen Lancko-
ronski eröffnet worden. Sie wird gebildet von einer Cbllection von Schlössern und
Schlüsseln, gegen tausend Stück, welche dieses Gebiet der Kunstindustrie geschichtlich,
künstlerisch wie nach den verschiedenen mechanischen Systemen vollständig umfassen.
Die Collection ist Eigenthum des Herrn Andreas Dillinger, der sie selbst gesammelt
hat. Aufgestellt ist dieselbe im Saal VI. Außerdem sind neu ausgestellt Silberpocsl;
gewidmet dem Herrn Oberbaurath von Prenninger von dem lngenieur- und Architekten-I
vereine, gezeichnet im Atelier des Oberbaurathes Friedr. Schmidt, gearbeitet von den
Gebrüdern Franke; gothischer Altar vom Bildhauer J. Leimer für die Kirche in
Trzynitz in Schlesien, auf Bestellung Sr. k. und k. Hoheit des durchl. Herrn Erzherzngs
Albrecht angefertigt; gothischer Flügelaltar mit Malereien und geschnitzten Figuren
aus Tirol, Zeit der Entstehung um das Jahr 1480, Eigenthum des Freiherrn Georg von
Bees; eine Colossnlschnssel von Porzellan von S. Fischer in Herend; eine
gestickte orientalische Satteldecke, Eigenthum des Herrn Moriz Hartel; Ausstellung
des Architekten J. Ginzel, Studien und Reiseaufnahmen aus verschiedenen Städten
Italiens und Siciliens; Aufnahme nach Architekturen, Stuckornamenten, Mosaikbeklei-
dungen, farbigen Decorationen, Holzintarsien, Capitälen und Pilastern, sowohl aus antiker
Zeit wie der Früh- und Hochrenaissance. Die Collection nimmt den größten Theil des
Saales Vll ein.
Die Gesellschaft zur Fördertmg der Kunstgewerbesohule
hielt am 25. d. M. unter dem Vorsitz Sr. Excellenz des Grafen Edmund
Zichy ihre Generalversammlung ab. Der Jahresbericht constatirt die Be-
willigung von 22 Stipendien im Gesammtbetrage von 3548 fl. an Zög-
linge der Kunstgewerbeschule, von denen, der Heimath nach, auf
Böhmen, auf Niederösterreich, auf Mähren, je auf Oberösterreich
und Ungarn kommen; ferner die Anstellung von iz absolvirten Schülern
als Lehrer an Gewerbe- und Fachschulen. Durch den Tod verlor die
Gesellschaft zwei, auch in der Leitung derselben thätig gewesene, Mit-
glieder, die Herren Carl Fromme und Moriz von Gerold. Des bis-
herigen Präsidenten-Stellvertreters, Hofrath von Eitelberger, dessen
Tod nach Ablauf des Rechnungsjahres eingetreten ist, gedachte der Herr
Vorsitzende mit warmen Worten. Dem Cassier der Gesellschaft, Herrn
L. Lobmeyr, wurde dem Antrag der Revisoren entsprechend, das
Absolutorium ertheilt und ebenso wie den Revisoren selbst, Herrn
W. Bächer, Josef Mayer und R. v. Waldheim, der Dank der Ver-
sammlung votirt. Die statutenmäßig ausscheidenden Ausschussmitglieder
Herr N. Dumba und Sectionsrath Freih. von Dumreicher wurden
durch Acclamation wiedergewählt.
Wiener Kunstgewerbe-Verein. Am 13. April schloss die erste
Reihe der Plenarversammlungen des Wiener Kunstgewerbe-Vereines, welche
allmonatlich den Winter hindurch im Sitzungssaale des Oesterr. Museums
abgehalten wurden. Das lebhafte und steigende Interesse, welches sie bei allen
Theilnehmern erregt haben, zeigt, wie glücklich die Idee dieses Vereines
war, der nun sein erstes Jahr zurückgelegt hat, wie anregend und frucht-
briugend auch die Weise, wie er geleitet worden. An die geschäftlichen
Berathungen, welche stets den Versammlungsabend begannen, schlossen
sich Vorträge und Discussionen oft sehr lebhafter Art. Nach dem ersten
Vortrage, den der Präsident von Waldheim über die Technik der modernen
Xylographie unter Vorzeigung zahlreicher instructiver Beispiele hielt,
einem Vortrage, der ihm reichen Beifall eingebracht, fanden auch andere
Künstler und Industrielle den Anlass und die Lust, über ihre eigene
Kunst und Arbeit zu sprechen. Und nichts kann anregender und dank-
barer sein als das, zumal wenn sich, wie es regelmäßig geschah, an den
Vortrag eine Discussion knüpft, die nun den Hörer wieder zum Sprecher
macht. So hielt Schwerdtner einen überaus lehrreichen Vortrag über
403.
die Geschichte und Technik der Siegelstecherkunst, Waschmann über die
natürliche und künstliche Patinirung der Bronzen, wobei er Proben eine
neuen Methode der Patinirung zur Anschauung brachte. Professor Luck-
hardt besprach die neue orthochromatische Methode in der Photographie,
Professor Macht aus seinen Erfahrungen als Fayence- und Eniailmaler
die Unsolidität der modernen Farben, Dr. Linke gab Erklärungen zu
einer Reihe neuester Sevres-Vasen, welche bei dieser Gelegenheit zur
Ausstellung gelangten, Regierungsrath Bucher regte zwei wichtige Fragen
an den Schutz der Eisenarbeiten gegen Rost und den Schutz der
Marmormonumente, dessen bisherige Art durch hölzernen Ueberbau heute
von den Chemikern als gänzlich nutzlos in Frage gestellt worden.
In der letzten Versammlung am I3. April hielt Julius Francke einen
Vortrag über die Buchbinderei als Kunstzweig und begleitete denselben
mit einer Anzahl Arbeiten seiner eigenen Anstalt, welche die modernen
oder heute wieder aufgelebten Techniken in der künstlerischen Behand-
lung der verschiedenen in Gebrauch kommenden Lederarbeiten vor-
trefflich illustrirten. Der Vortrag veranlasste Kitschelt, eine weitergehende
Discussion über die Handvergoldung und Goldpressung anzuregen. Dieser
Discussion folgte Irmler mit einem längeren Vortrage über die Kunst-
tischlerei der Gegenwart, insbesondere in Wien, welcher rücksichtslos
die Schäden dieses Gewerbes bloßlegte und durch seine oft drastischen
Beispiele die Versammlung ebenso zur Heiterkeit wie zu lebhaftem Bei-
falle hinriss. Damit hatte die Versammlung, die länger als gewöhnlich
dauerte, einen sehr animirten Schluss, der zu einer Fortsetzung solcher
Vorträge und Discussionen im nächsten Winter den lebhaftesten Wunsch
erweckte. Aru 3c. v. M., am Eröffnungstage der neuen Ausstellung des
Wiener Kunstgewerbe-Vereines, besuchte Se. kaiserl. Hoheit der durch-
lauchtigste Herr Erzherzog Ludwig Victor diese Ausstellung und machte
daselbst mehrere Einkäufe.
Festgesohenk für Seine MaJeetät den König von Belgien.
Zu Anfang dieses Monates sind in der Werkstätte des k. k. Hofschlossers
Albert Milde zwei kunstvoll gearbeitete Schmiedeeisen-Schränke vollendet
worden, welche ihre kais. Hoheiten das durchlauchtigste Kronprinzen-
paar und Ihre kgl, Hoheiten Herzog Philipp von Sachsen-Coburg-Gotha
und Gemahlin als Festgabe für König Leopold ll. von Belgien zu dessen
5a. Geburtstage haben ausführen lasseny-Die beiden Schränke sind nach
Zeichnungen des Architekten Prof. R. Feldscharek angefertigt und haben
die Bestimmung eine große Anzahl eigens für diesen Zweck hergestellter
Glas-Prunkgefäße der Firma J. 8c L. Lobmeyr aufzunehmen.
Künstler-kaum Se. k. und k. Hoheit der durchlauchtigste Protector des Künstler-
hauses, Herr Erzherzog Carl Ludwig, hat an den Ausschuss der Genossenschaft der
bildenden Künstler Wiens folgenden Erlass gerichtet nAuf Grundlage des Spruches der
für die Zuerkennung der Protectorpreise zur heutigen Jahresausstellung gewählten Jury
Ende ich in Gemäßheit der Stiftungsurkunde die von mir gestifteten goldenen Protector-
medaillen, wie folgt, zu verleihen, und zwar l. Eine goldene Medaille, bestimmt zur
Pramiirung eines Kunstwerkes aus dem Auslande dem Maler Franz Defregger,
Professor der kon. Akademie der bildenden Künste in München, für sein zur I5. Jahres-
ausstellung im Künstlerhause eingesendetes Gemälde nErzahlende Jägern, Kam-Nr. 14.
ll. Zwei goldene Medaillen, bestimmt für Kunstwerke aus dem Inlande Dem Bild-
hauer Hugo Härdtl in Wien für sein in Marmor ausgefßhrtes großes Giebelwerk, dar-
stellend die nJuslizu, Kam-Nr. 659; Dem Maler Eugen Felix in Wien für sein Gemälde,
darstellend uKinderportraitu, KaL-Nr. 175.-
Selbstverlag des k. k. Oeslerr. Mllaeuml üir Kanu und Induslric.
Fuehdrllekoni von C111 Glmldß Ich in Wlln.