Minhallunußn des k. k. llastarreinh. Museums
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrift für Kunst und Kunstgewerbe.
Am x. eines jeden Monats erscheint eine Nummer. Abonnementspreis per Jahr H. 4.-
Redacteur Bruno Buehor. Expedition von C. Gerohfs Sohn.
Man abonnirf im Museum, bei Gerold 6x Comp., durch die Postanstallen, sowie durch
alle Buch- und Kunsthandlungen.
N1, 144, WIEN, x. Slzvreum-zn 1877. Xi, Jghrg,
Inhalt als deuuc Musterschulzgesetz vom u. Jänner 1876. Ausslellu Amslerd m. Die
uush. In usrrib-jmd Qewerbeausslelluug Leltmerin, Statut die k. k. unslschulc
Krakau. Kleinere Mmhcüungen.
Das dsutsulw llustersehutzgesotz vom II. lälmsr 1876.
Vßrtrag. gehalten im k. k. Öesterr. Museum für Kunst und lndustrie
von Dr. Emil Steinbach.
In der jüngstvergangenen Zeit erheben sich aus den Kreisen der Kunst-
industrie vielfache Rufe nach einer Reform unserer Musterschutzgesetz-
gebung. Diese Rufe lassen es als dringend geboten erscheinen, unsere Auf-
merksamkeit auch auf das zu lenken; was auf diesem Gebiete ausserhalb
unseresVaterlandes vorgeht und da gewahren wir denn, dass insbesondere in
jenem Staate; dessen Vorgehen wir auf allen Gebieten der Gesetzgebung
am meisten zu berücksichtigen haben, weil die Culturverhältnisse desselben
vielfache Parallelen mit unserer Heimat zulassen nämlich in Deutsch-
land in allerjlingster Zeit eine ganz neue Gesetzgebung auf unserem
Gebiete geschaffen werden ist das deutsche Musterschutzgesetz vom
n. Jänner 1876. Mit dem Inhalte dieses Gesetzes, so weit dies die kurze
mir gegännte Zeit zulässt, bekanntzumachen, die hauptsächlichsten Unter-
schiede desselben gegenüber unserer derzeit in Kraft stehenden Muster-
schutzgesetzgebung hervorzuheben, insbesondere aber zu erwägen, inwie-
fern die Befolgung der von dem deutschen Gesetze eingeschlagenen Wege
geeignet wäre, den bei uns erhobenen Beschwerden abzuhelfen, das
soll meine Aufgabe sein, und ich bitte Sie, verehrte Anwesende, mir bei
der Besprechung dieses an sich etwas trockenen, für die weitere Entwick-
lung unserer Kunstindustrie aber gewiss äusserst wichtigen Gegenstandes
auf einige Zeit Ihre geneigte Aufmerksamkeit zu schenken.
Die Erlassung eines Musterschutzgesetzes für Deutschland muss als
ein grosser Fortschritt bezeichnet werden. Es hat jedoch sehr lange ge-
dauert, bis die richtige Einsicht über die Nothwendigkeit eines solchen Ge-
1817-
setzes bei unseren Nachbarn sich Bahn gebrochen hat und mit einem
gewissen Stolze darf es hervorgehoben werden, dass Oesterreich einer
geordneten Musterschutzgesetzgebung sich bereits seit dem Jahre 1858
erfreut ein Resultat, welches in erster Linie dem schon in jener Zeit
an den Tag getretenen richtigen Verständnisse unserer Kunstindustriellen
für diese Frage zugeschrieben werden darf.
Hochinteressant ist dagegen die Wandlung der Anschauungen, welche
in Betreff dieser Frage in Deutschland sich vollzogen hat.
ln früherer Zeit, ja noch bis vor einigen Jahren, waren die Gegner
des Musterschutzes in Deutschland in der entschiedenen Mehrheit. Anhän-
ger der verschiedensten Parteien waren in dieser Frage einerlei Meinung.
So spricht sich beispielsweise das Handwörterbuch der Volkswirthschafts-
lehre von Rentzsch, in welchem bekanntlich die Anschauungen der deut-
schen Manchesterpartei zum Ausdrucke gelangt sind, in dem betreEenden
Artikel dahin aus, dass Muster, genau betrachtet, nicht etwas Neues
enthalten, wie Patente und schon deshalb auf den Schutz des Gesetzes
keinen Anspruch machen können; dass Musterschutzgesetze mit Rücksicht
auf die Schwierigkeit der Constatirung einer wirklichen Nachahmung
sehr leicht umgangen werden können und daher demjenigen, welchen sie
schützen sollen, nur die falsche und nachtheilige Meinung einer nicht vor-
handenen Sicherheit gewähren, dass der Schutz der Muster und insbesondere
die Rechtsverfolgung im Falle der Verletzung zu viel Mühe und Kosten
verursache und dass endlich auch ein Muster gar nicht wichtig genug
sei, um v-mit Hilfe etwaiger Zweckmässigkeitsgründe und je nach Ermessen
der Behörden oEen gegen die Gesetze der Gütererzeugung und Giiterver-
theilung sündigen zu lassenm
Aber auch Schäüle, der doch der eben genannten Partei durchaus
nicht angehört, spricht sich in seiner Monographie über vdie ausschlies-
senden Absatzverhältnisses- aus ganz ähnlichen Gründen ebenso rückhaltslos
gegen den Musterschutz aus, insbesondere aber auch deshalb, weil die
Grenze zwischen erlaubter Reproduction und unerlaubter Contrefacon
überhaupt nicht zu finden sei.
Im Jahre 1854 hatte auch die preussische Regierung die Handels-
kammern und kaufmännischen Corporationen aufgefordert, sich darüber
zu äussern, ob ein Musterschutzgesetz gewünscht werde und wie es aus-
zuführen sei. Das Resultat dieser Enquete war, dass sich von 62 einver-
nommenen Corporationen 46 gegen und nur 16 für die Einführung des
Musterschutzes aussprachen.
ln neuerer Zeit erst traten zwei Ereignisse ein, welche die Ansichten
über diese Frage in Deutschland in hohem Grade zu beeinflussen geeignet
waren und in der That eine durchgreifende Aenderung der Anschauungen
in verhältnissmässig sehr kurzer Zeit bewirkten.
Einmal nämlich zeigte sich auf der Wiener Weltausstellung vom Jahre
x873, dass Deutschland, so schöne Erfolge seine Industrie im Ganzen auch
I5
erzielte, auf dem Gebiete der Kunstindustrie gegen andere Länder weit
zurückstand, und zwar insbesondere gegen solche, welche sich einer Muster-
schutzgesetzgebung erfreuten und es wurden viele und massgebende
Stimmen in der Richtung laut, dass das Zurückbleiben der deutschen
"Kunstindustrie mit dem berührten Mangel der deutschen Gesetzgebung
in engem Zusammenhange stehe. Aehnliche Erfahrungen scheint übrigens
die deutsche Kunstindustrie nach den letzten Nachrichten auch auf der
diesjährigen Weltausstellung zu Philadelphia gemacht zu haben.
Von noch weit grösserern Einüusse für das baldige Zustandekommen
eines deutschen Musterschutzgesetzes aber erwies sich die Erwerbung von
Elsass-Lothringen durch Deutschland. Die dortige reich entwickelte Mode-
Industrie fühlte sich durch die in Deutschland herrschende Schutzlosigkeit
in ihren Existenzbedingungen geschädigt. Sie hatte bisher unter französi-
scher Herrschaft den Musterschutz und seine Wohlthaten genossen; jetzt,
nachdem ihr der Markt, auf welchen sie bisher vorzugsweise angewiesen
war, zum grössten Theil genommen wurde, sah sie sich in dem Lande,
welches nun ihr natürliches Absatzgebiet geworden, durch die Ausbeutung,
welche ihre Muster erfuhren, schwer benachtheiligt. Es war demnach wohl
erklärlich, dass in Folge dessen die Elsässer Fabrikanten eifrig bemüht
waien, auch in Deutschland den Musterschutz einzuführen und dass beson-
ders die Handelskammer von Mlihlhausemseit dem Jahre 1872 ab unaus-
gesetzt um die Erlassung eines solchen Gesetzes petitionirte.
Diese Momente veranlassten den deutschen Bundesrath, eine Enquete
über die Frage des Musterschutzes zu beschliessen, welche in der That
im Monate Mai 1875 zu Berlin stattfand. Bei derselben wurden 33 Sach-
verständige einvernommen, und zwar sowohl Künstler, als auch Industri-
elle aus den Gebieten der Metall-, der Thon- und Glas-, der Textil- und
einiger anderer Industrien, sowie endlich zwei Vorsteher von Zeichen-
und Modellirschulen.
Zur allgemeinen Ueberraschung ergab sich nun bei dieser Enquete
eine völlig unerwartete Uebereinstimmung der Ansichten. Fast ausnahms-
los sprachen sich die Sachverständigen, wie Professor Dambach mittheilt
dahin aus, dass der schleunige Erlass eines allgemeinen Musterschutzge-
setzes ein dringendes Bedürfniss für Deutschland sei, dass das Zurück-
bleiben der deutschen Kunstindustrie hinter anderen Ländern wesent-
lich eine Folge der bisherigen gesetzlichen Schutzlosigkeit industrieller
Erzeugnisse sei und dass von dem Erlasse eines Musterschutzgesetzes ein
baldiger und mächtiger Äufschwung der deutschen Kunstindustrie mit
Sicherheit erwartet werden dürfe. Insbesondere wurde von einem Elsässer
hervorgehoben, dass man den elsässischen Charakter nicht dern französi-
schen und speciell dem Pariser Charakter gleichstellen könne; wenn nun
dennoch im Elsass unter der französischen Gesetzgebung die Industrie
den gleichen Aufschwung genommen habe, während sie in Baden, das in
seinen gewerblichen und sonstigen Culturverhältnissen an und für sieh
r36
dem Elsass ziemlich gleichartig sel, nicht gleich stehe, so könne dies jeden-
falls nur den gesetzlichen Einrichtungen zugeschrieben werden.
Wiederholt wurde betont, dass im Ganzen die deutschen Arbeiter,
Zeichner und Fabrikanten in geistiger Beziehung, wie schon ein Blick auf
die Meisterwerke früherer Jahrhunderte lehre, den Ausländern vollständig
ebenbürtig seien, dass sie aber ihre Fähigkeiten bisher nicht hätten frei
entwickeln können, weil ihnen der Schutz gegen unbefugte Nachbildung
entzogen war. Die Künstler hätten ihre Kräfte der Industrie bisher- nicht
zugewendet, weil sie von den Fabrikanten für ihre Mlihewaltung und für
die Herstellung neuer und origineller Muster und Modelle keinen ausrei-
chenden Lohn erhalten hätten und die Fabrikanten wiederum seien nicht
in der Lage gewesen, die Künstler entsprechend zu honoriren, weil ihre
Fabricate keinen Schutz gegen unbefugte Nachbildung besässen. Es wurde
überdies hervorgehoben, dass ein solches Gesetz auch vom Standpunkte
der Moral dringend geboten sei, indem es als sittlich verwerflich erachtet
werden müsse, dass jemand das wohlerworbene Eigenthum eines anderen
und dessen geistige Productionen sich unbefugter Weise aneignen und
den Urheber um den Lohn und die Früchte seiner Arbeit bringe. Zur
Charakterisirung der thatsächlichen Lage wurde u. A. erwähnt, dass bei
der Spitzenindustrie in Sachsen der Fabrikant genöthigt sei, bei verschlos-
senen Thüren zu arbeiten, um ein Stehlen seiner Muster zu verhüten und
dass bei der Thonwaarenindustrie im südlichen Thüringen ein Fabrikant
den anderen copire und derjenige, der Geld für neue Formen ausgehe,
von seinen Collagen, welche sich dieselben sofort aneignen, geradezu
ausgelacht werde.
Die in der Enquete zum Ausdrucke gelangte Uebereinstimrnung
sämmtlibher betheiligten Kreise, sowie die obigen Gründe führten denn
auch zu der Entwcrfung und Annahhle des deutschen Musterschutzgesetzes,
welches vom n. Jänner d. J. datirt und am r. April in Wirksamkeit
getreten ist.
Es soll und kann nun gewiss nicht in Abrede gestellt werden, dass
das deutsche Gesetz dem unsrigen gegenüber, welches bekanntlich das
Datum vom 7. December 1858 trägt, im Ganzen den Vorzug verdient.
Insbesondere in Betreff der Richtigkeit der in dem Gesetze verkörperten
Principien, der inneren Consequenz der einzelnen Bestimmungen sowohl
an sich betrachtet, als auch im Verhältnisse zu einander, und endlich in
Betreff der Klarheit des Ausdruckes gebührt dem deutschen Gesetze der
Vorrang.
Diese Vorzüge des deutschen Gesetzes werden aus dem Folgenden
wiederholt sich ergeben.
Zunächst muss hervorgehoben werden, dass in Betreff der Haupt-
grundsätze eine erfreuliche Uebereinstimmung zwischen der deutschen und
der österreichischen Gesetzgebung herrscht. In beiden Gesetzen gelangt
der Grundsatz zum Ausdrucke, dass nur ueue und eigenthümliche Erzeug-
157
nisse wie das deutsche Gesetz sagt einen Schutz geniessen, dass
jedoch ein Nachweis dieser Neuheit und Eigenthürnlichkeit von "dem Schutz-
werber nicht gefordert werden kann, weil ein solcher Nachweis bei der
unabsehbaren Menge von Mustern, die auf dem Gebiete der Industrie
bereits zur Verwendung gelangt sind, geradezu unmöglich wäre. Dagegen
muss jedem Dritten der Beweis darüber offen gehalten werden, dass das
betreEende Muster nicht neu oder eigenthllmlich ist und wird ein solcher
Beweis geliefert, so stellt sich das Schutzrecht als von Anfang an nich-
tig dar.
Nach beiden Gesetzen ist ferner der I-Iinterleger als Eigenthümer,
oder, wie das deutsche Gesetz sich ausdrückt, als Urheber anzusehen,
wobei jedoch nach österreichischem Rechte als Berechtigter derjenige
erscheint, der ein Muster entweder selbst oder durch einen Anderen
für eigene Rechnung ursprünglich zu Stande gebracht hat, während
nach Q. des deutschen Gesetzes der Eigenthümer einer gewerblichen
Anstalt als Urheber der in seinem Auftrage oder für seine Rechnung
angefertigten Muster und Modelle nur dann gilt, wenn dieselben von den
in der Anstalt beschäftigten Zeichnern, Malern, Bildhauern etc.
angefertigt werden. Praktisch ist dieser Unterschied übrigens nicht von
grosser Bedeutung, da in den von dieser Bestimmung des deutschen Ge-
setzes nicht getroffenen Fällen der Eigenthümer der Anstalt eben als
Rechtsnachfolger des Urhebers zu schützen sein wird.
Beide Gesetze kommen weitcrs darin überein, dass die zu schützen-
den Erzeugnisse im Inlande producirt sein müssen, wobei es jedoch gleich-
giltig ist, 0b der Eigenthümer der betreffenden inländischen, gewerblichen
Anstalt ein Inländer oder ein Ausländer ist.
In beiden Gesetzen wird endlich das Eintreten des Schutzes von der
vorherigen Anmeldung und Deponirung des Musters abhängig gemacht,
welche erfolgen muss, bevor noch ein nach diesem Muster oder Modell
gefertigtes Erzeugniss verbreitet wurde, so dass also ein nicht depo-
nirtes oder vor der Niederlegung bereits verbreitetes Muster niemals irgend
welchen Schutz geniessen kann. Doch muss gleich hier bemerkt werden,
dass die im des österreichischen Gesetzes enthaltene Bedingung des
Schutzes, wonach innerhalb eines Jahres nach der Hinterlegung der Schutz-
berechtigte das Muster im Inlande auf Industrie-Erzeugnisse anwenden
und die letzteren in Verkehr bringen muss, im deutschen Gesetze keine
Aufnahme gefunden hat.
Abgesehen von dieser principiellen Uebereinstimmung sind aber die
Unterschiede zwischen den beiden Gesetzgebungen durchaus nicht unbe-
deutend und die hauptsächlichsten derselben will ich nunmehr kurz zu
charakterisiren versuchen. Auf speciell juristische Distinctionen werde ich
dagegen, als dem meinem Vortrage inneliegenden Zwecke nicht entspre-
chend, keine weitere Rücksicht nehmen,
Einen Unterschied vermag ich zunächst nicht in der Bestimmung des
ä. des deutschen Gesetzes zu erblicken, wonach das Recht des Urhe-
bers auf dessen Erben übergeht und auch beschränkt oder unbeschränkt
durch Vertrag oder durch Verfügung von Todeswegen auf andere über-
tragen werden kann. Genau derselbe Grundsatz wird, wenn auch nicht
mit denselben Worten im ä. unseres Gesetzes ausgesprochen; ja der-
selbe würde sich sogar im Falle des Mangels einer derartigen Vorschrift
aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen von selbst ergeben.
Auch der Inhalt der und des deutschen Gesetzes dürfte
kaum einen Unterschied unserer Gesetzgebung gegenüber begründen.
Der Q. bestimmt, dass die freie Benutzung einzelner Motive eines
Musters oder Modells zur Herstellung eines neuen Musters oder Modells
als Nachbildung nicht anzusehen sei.
Der stellt zunächst den Grundsatz auf, dass jede Nachbildung
einesMusters oder Modells, welche in der Absicht, dieselbe zu ver-
breiten, ohne Genehmigung des Berechtigten hergestellt wird, verboten
ist. Als verbotene Nachbildung ist es nach demselben Paragraphe auch
anzusehen
wenn bei Hervorbringung derselben ein anderes Verfahren ange-
wendet worden ist, als bei dem Originalwerke, oder wenn die Nachbil-
dung für einen anderen Gewerbszweig bestimmt ist als das Original;
wenn die Nachbildung in anderen räumlichen Abmessungen oder
Farben hergestellt wird als das Original, oder wenn sie sich vom Origi-
nal nur durch solche Abänderungen unterscheidet, welche nur bei Anwen-
dung besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können;
wenn die Nachbildung nicht unmittelbar nach dem Originalwerke,
sondern mittelbar nach einer Nachbildung desselben geschaffen ist.
Nach dagegen ist als verbotene Nachbildung nicht anzusehen
die Einzelcopie eines Musters oder Modells, sofern dieselbe ohne
die Absicht der gewerbsmässigen Verbreitung und Verwerthung angefer-
tigt wird;
die Nachbildung von Mustern, welche für Flächen-Erzeugnisse
bestimmt sind, durch plastische Erzeugnisse und umgekehrt;
die Aufnahme von Nachbildungen einzelner Muster oder Modelle
in ein Schriftwerkl
Der Hauptsache nach enthalten diese Gesetzesstellen Bestimmungen,
welche dem Richter die Anwendung des allgemeinen im ausgespro-
chenen Grundsatzes erleichtern sollen. Es kann darüber gestritten werden,
ob es überhaupt rathsam sei, in ein Gesetz, bei dessen Anwendung das
Haupt- ja das einzige Gewicht auf das freie Ermessen des Richters gelegt
werden muss, solche Bestimmungen aufzunehmen, welche dieses freie
Ermessen immerhin wieder in gewisser Hinsicht beschränken, und selbst
gewiss auch einer verschiedenen Auslegung fähig sind. Im Ganzen wird
aber zugestanden werden müssen, dass die betreffenden Vorschriften voll-
kommen der Sachlage entsprechen, und dem Richter in manchen zweifel-
haften Fällen einen erwünschten Anhaltspunkt bieten können. Ich glaube
jedoch, dass vernünftige und mit den Verhältnissen vertraute Richter auch
ohne diese gesetzlichen Bestimmungen ungefähr zu denselben Resultaten
gelangen müssten, wie dies bei der Verhandlung "über den früher ange-
führten Q. im deutschen Reichstage auch gesagt wurde. Als ein unbe-
dingter Mangel könnte demnach das Fehlen derartiger Bestimmungen im
österreichischen Gesetze, welches nur im 13 bemerkt, dass eine
Nachbildung deshalb nicht aufhöre, eine verbotene zu sein, weil blos
die Dimensionen oder die Farben des Musters verändert wurden meines
Erachtens nicht angesehen werden.
In Betreff der Schutzfrist dagegen gebührt dem deutschen Gesetze
der Vorzug vor dem unsrigen. Wenngleich nämlich auch nach dem ersten
Absatze des der Schutz gegen Nachbildung dem Urheber des Mu-
sters oder Modells nach seiner Wahl zunächst nur auf ein bis drei Jahre
vom Tage der Anmeldung ab, gewährt wird, so ist derselbe nach dem
zweiten Absatze desselben Paragraphen gegen Zahlung der dafür bestimm-
ten Gebühr doch berechtigt, eine Ausdehnung der Schutzfrist bis auf die
Maximaldauer von fünfzehn Jahren zu verlangen. Nach unserer Gesetz-
gebung kann hingegen das ausschliessliche Benützungsrecht höchstens drei
Jahre vom Zeitpunkte der Registrirung des Musters dauern. Gibt man
einmal die Berechtigung des Musterschutzes principiell zu, so lässt sich
nicht verkennen, dass die einzelnen Muster und Modelle in ihrer Schutz-
bedürftigkeit und Würdigkeit zu verschieden sind, um für alle dieselbe
Schutzfrist festzusetzen; und dass eben je nach der Verschiedenheit der
Gattung und des Werthes des Musters auch ein grosser Spielraum in der
Dauer der Schutzfrist gegönnt und die Festsetzung im einzelnen Falle der
Wahl des Urhebers überlassen werden müsse. Mit Recht wird in dieser
Hinsicht von einer österreichischen Handelskammer hervorgehoben, dass
während Muster der Textilindustrie in grosser Regel in einem Jahre ver-
alten, das Muster eines Porcellanservice oft Jahre lang brauche, bis es
zur Geltung komme.
Auch die bei der Protokollirung zu beobachtenden Formalitäten sind
nach dem deutschen Gesetze einigermassen verschieden von den bei uns
vorgeschriebenen.
lnsbesondere fungiren nach des deutschen Gesetzes als Regi-
sterbehörden die l-landelsgerichte, während nach österreichischem Rechte
die Handels- und Gewerbekammern diese Stelle einnehmen. Welche von
beiden Bestimmungen vorzuziehen sei, mag zweifelhaft sein, doch ist gewiss
zu berücksichtigen, dass es sich hier nicht um eine ihrer Natur nach den
Gerichten zukommende Thätigkeit handelt und speciell bei uns einerseits
Klagen gegen die hierauf bezügliche Gebahrung der l-landels- und Ge-
werbekammern bisher nicht vorgekommen sind, andererseits aber die Han-
delsgerichte mit Arbeiten ohnedies überbürdet sind.
14o
Wie bei uns können auch nach dem deutschen Gesetze die Muster
und Modelle olTen oder versiegelt deponirt werden, doch kann nach dem
letzteren ein registrirtes Muster durch drei Jahre versiegelt bleiben, wäh-
rend nach unserem Gesetze die Eröffnung bereits nach Ablauf eines Jahres
erfolgt.
Das deutsche Gesetz hat im Q. auf die Niederlegung von Mustern
und Modellen in Packeten, welche jedoch nicht mehr als 59 Muster oder
Modelle enthalten und nicht mehr als I0 Kilogramm wiegen dürfen, gegen
Bezahlung der einfachen Gebühr gestattet. Zwar ist-auch bei uns nicht
verboten, unter einem Umschlage mehrere MIISIH ZU ÜbßFFßiChC-H, doch
muss in diesem Falle die Taxe für jedes einzelne MUSIK? ßßKtiChIBf WEI-
den. Es dürfte kaum in Abrede zu stellen sein, dass die Zahlung der ein-
fachen Gebühr für eine grössere Anzahl von Mustern sich als eine Incon-
sequenz darstellt, aher die Einrichtung des Erlages solcher versiegelter
Packete hat sich insbesondere in Frankreich sehr gut bewährt, und hat
bei dem Umstande, als dieselbe fast einzig und jallein den rasch wech-
selnden Mustern auf dem Gebiete der Textilindustrie zu Gute lmmrnt,
auch eine gewisse Berechtigung.
Was die Gebühr anbelangt, so wird nach ä. des deutschen Gesetzes
für jede Eintragung und Niederlegung eines einzelnen Musters oder eines
der eben erwähnten Packete für die ersten drei Jahre eine Gebühr von
einer Mark per Jahr erhoben. Für jedes weitere Jahr bis zum zehnten
Jahr inclusive beträgt die Gebühr jährlich zwei Mark und vorn eilften bis
zum fünfzehnten Jahr drei Mark jährlich. Auch in Oesterreich wird in
Folge des Gesetzes vom 23. Mai 1865 die Taxe gegenwärtig nur mehr
mit fünfzig Kreuzer für jedes Jahr bemessen, für welches der Musterschutz
angesucht wird.
Sehr bedeutend unterscheidet sich das deutsche Gesetz von 'detn
unsrigen in Betreif der Folgen eines Eingriües in das Musterrecht und des
in solchen Fällen stattfindenden Verfahrens.
Hinsichtlich der Eingritfe unterscheidet das österreichische Gesetz, ob
ein solcher wissentlich oder unwissentlich geschah. Im letzteren Falle treten
blos gewerberechtliche und civilrechtliche Folgen ein und zwar einerseits
die Einstellung der ferneren Anwendung des Musters und des ferneren
Verschleisses der betrelfenden Waare, sowie die Unbrauchbarxnachung der
zur Nachbildung dienlichen Werkzeuge und Hilfsmittel für dieser Zweck,
andererseits der Anspruch des Verletzten auf Ersatz des durch den Eingriff
in sein Muster-recht exlittenen Schadens.
Im ersteren Falle dagegen ist ausserdem gegen den Schuldigen nOCh
eine Geldbusse von 25-500 H. zu verhängen, zu welcher auch noch eine
Strafe hinzutreten kann, wenn nach dem allgemeinen Strafgesetze der
Anlass zur Verhängung einer solchen vorliegt.
Viel richtiger, aber auch complicirter wird diese Frage in dem,
deutschen Gesetze gelöst, welches in dieser Hinsicht die Bestimmungen
x41
des Gesetzes vom n. Juni 1870 betreffend das Urheberrecht an Schrift-
werken etc. für anwendbar erklärt hat.
Dort wird zwischen dem Veranstalter und Veranlasser des Eingriffes
einerseits und dem Verbreiter der Nachbildungiandererseits unterschieden.
Gegen die ersten Beiden gelangt Geldstrafe bis zu tooo Thalern sowohl
im Falle der Vorsäxzlichkeit des Eingriffes als auch dann zur Anwendung,
wenn der Eingriff nur aus Fahrlässigkeit begangen wurde, so dass nicht,
wie im österreichischen Rechte die Verhängung einer Strafe in jedem Falle
davon abhängig ist, dass dem Verletzten die wissentliche Begehung des
Eingriffes bewiesen werde; einer derjenigen Punkte, welche am meisten zu
Beschwerden gegen unser Gesetz Anlass gegeben haben. Der Verbreiter
hingegen kann nur dann bestraft werden, wenn er vorsätzlich gehandelt
hat, eine Beschränkung, welche sieh durch die Erwägung rechtfertigt, dass
man nicht ieden Kaufmann verpflichten kann, Nachforschungen darüber
anzustellen, ob die Waaren, welche er feilhält, nicht etwa nach fremden
Mustern copirt seien. Unter allen Umständen bleiht jedoch die Bestrafung
ausgeschlossen, wenn der Verletzer in einem thatsächlichen oder recht-
lichen Irrthum sich befand.
ln all" den Fällen, in welchen über den Verletzer eine Strafe zu ver-
hängen ist, sowie ferner auch dann, wenn die Verhängung einer Strafe
nur wegen lrrthums, in welchem der Verletzer sich befand, unterhlieb,
tritt die Verbindlichkeit des Verletzers zur Leistung des vollen Schaden-
ersatzes ein, an dessen Stelle auf Verlangen des Beschädigten auch
eine diesem letzteren zu Gute kommende Geldhusse bis zum Betrage von
2000 Thalern treten kann, deren Zuerkennung dann die Geltendmachung
eines weiteren Entschädigungs-Anspruches ausschliesst.
Trifft den Veranstalter oder Veranlasser eines Eingriffes in das Muster-
recht kein Verschulden, so haften sie dem Beschädigten für den entstan-
denen Schaden nur bis zur Höhe ihrer Bereicherung.
Der Verbreiter endlich haftet für blasse Fahrlässigkeit und somit auch
für jene Fälle, in welchen ihn kein Verschulden trifft, gar nicht.
ln allen Fällen eines stattgefundenen Eingriffes ohne Ausnahme werden
die vorräthigen Nachbildungen und die zur widerrechtlichen Vervielfältigung
bestimmten Vorrichtungen zwar nicht vernichtet, aber wohl auf Kosten des
Eigenthümers und nach Wahl desselben entweder ihrer gefährdenden Form
entkleidet oder bis zum Ablauf der Sehutzfrist amtlich aufbewahrt.
Die Richtigkeit all' dieser Grundsätze unterliegt kaum irgend welchem
Zwßifßl. 11m1 nur die Bestimmung, dass der Veranstalter, sowie der Ver-
anlesser eines Eingriffes auch dann einer Strafe-unterliegen solle, wenn
ihm blos Fahrlässigkeit, nicht aber Varsätalichkeit zur Last fällt, könnte
auf den ersten Blick Bedenken erregen. bei näherer Erwägung aber wird
man auch mit dieser Consequenz sich einverstanden erklären, denn es liegt
durchaus nicht im Zwecke einer Musterschurz-Gesetzgebuug, das Nach-
machen von Mustern zu begünstigen. Muster sollen eben nicht nachge-
142
bildet, sondern erfunden werden und wenn schon Jemand sich auf das
erstere verlegen will, so soll er night noch berechtigt sein, sich auf seine
eigene Nachlässigkeit auszureden, während er bei Anwendung der gehörigen
Sorgfalt diese Rechtsverletzung hätte vermeiden können.
Wie aus dem Vorbemerkten sich ergibt, ist das Ausmass der Strafe
nach dem deutschen Gesetze ein höheres als bei uns; doch kann auch
nach unserem Gesetze bei einem Rückfalle die Strafe verdoppelt werden
und bei einem neuerlichen Rückfalle ist wider den Schuldigen nebst der
Geldstrafe auch eine Arreststrafe von einer Woche bis zu drei Monaten
zu verhängen. Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe findet nach
beiden Gesetzgebungen eine Umwandlung derselben in eine Freiheits-
strafe statt.
Lobend muss auch hervorgehoben werden, dass in dem deutschen
Gesetze klare Vorschriften über die Verjährung auf diesem Gebiete auf-
genommen wurden, welche bei uns fehlen und aus anderen Gebieten der
Gesetzgebung ergänzt werden müssen.
Schluss folgt.
Ausstellung in Amsterdam.
Der Katalog der in der ersten Hälfte des Monats Juli in Amsterdam
eröffneten kunstgewerblichen Ausstellung weist 1045 Nummern aus, wovon
333 auf die zweite Abtheiluug, internationale Concurrenz, kommen. Ueber
die dritte Abtheilung, ältere Arbeiten, ist ein Katalog nicht verfasst. Diese
Abtheilung ist vornehmlich von Amsterdam selbst aus beschickt worden.
Sie umfasst sehr kostbare und interessante Besitzthümer der Stadt, welche
sonst im Rathhause aufbewahrt werden, wie z. B. das prachtvolle Trink-
horn, welches auf van der Helsfs beriihmtem Gemälde des Schützenmahls
zur Feier des westphälischen Friedens zu sehen ist, ferner mchreres aus
dem Museum der Oudheidkundig Genootschap Alterthumsverein und
aus Privatsammlungen vorzügliche Goldarbeiten,Hängeleuchter von Bronze,
Möbel, Gläser, Fayencen, figurale Stickereien ersten Ranges. Doch hätte
dieser Abtheilung Umfang und Bedeutung verzehnfacht werden können,
wenn auch nur die nächstgelegenen Städte sich in ähnlicher Weise bethei-
ligt hätten, wie ein Sammler in Roermond im Limburgischen.
Die inländischen neuen Objecte, welche nicht als Bewerber um einen
der Preise auftreten, mithin zur Abtheilung ll gehören, nehmen nur aus-
nahmsweise unser Interesse in Anspruch. Es mögen die Fayencen aus
Delft erwähnt werden, in welchen durch den Ingenieur und Fabrikbesitzer
Hooft die alte, an die genannte Stadt sich anknüpfende Tradition wieder
aufgenommen ist, und die zierlichen, praktischen und wohlfeilen Möbel
aus Rohrgeüecht. Im Uebrigen begegnen wir dem Besten, was Hollands
Kunstgewerbe gegenwärtig leistet, bei der Concurrenz.
15.;
Für diese, wie für die moderne Ausstellung überhaupt, sind elf
Gruppen angenommen, auf welche 25 Preisaufgaben mit je zwei Preisen
vertheilt sind. Wir lassen eine Uebersicht derselben und der Betheiligung
folgen, wobei bemerkt werden muss, dass die von1 Kataloge angegebene
Gesammtzilfer der Objecte durch nachträgliche Einläufe etwas erhöht wird.
Erste Gruppe Die Kunst in ihrer Anwendung auf den Schmuck
der Gebäude.
1. Aufgabe Ein kleiner metallener Springbrunnen mit Becken oder
Basis, als auf allen Seiten freistehende Zierde eines kleinen Gartens.
Drei Einsendungen aus Holland.
2. Aufgabe Ein Kaminmantel mit Umgebung für eine Privat-
bibliothek. 22 Aussteller mit 25 Objectenl und zwar 10 aus Holland,
aus Belgien, aus Norddeutschland, aus Italien, aus Sachsen.
3. Aufgabe Ein Gascandelaber für einen freien Platz. Drei Ausa
steller mit Objecten, aus Oesterreich, aus Holland.
4. Aufgabe Eine Jardiniere aus Terracotta, für einen Garten be-
stimmt. Sechs Aussteller, u. zw. aus Holland, aus Frankreich.
Zweite Gruppe Die Kunst in ihrer Anwendung auf die innere Aus-
stattung der Gebäude.
5. Aufgabe Eine Speisezi1nmer-Einrichtung. 23 Aussteller mit
.24 Objecten u. zw. 10 aus Holland, aus Belgien, aus Norddeutsch-
land, je aus Oesterreich, Frankreich, Italien und Schweden,
6. Aufgabe Ein Spiegelrahmen. 12 Aussteller mit 19 Objecten
u. zw. aus Holland, aus Belgien, je aus Norddeutschland, Süd-
deutschland, Sachsen, Frankreich und Italien.
7. Aufgabe Ein Wohnzimmerteppich. 10 Aussteller mit 19 Ob-
jecten u. zw. aus Holland, je aus Belgien und Norddeutschland, je
aus Oesterreich und Sachsen.
Bearbeitung nichtedler Metalle.
8. Aufgabe Ein Kronleuchter für einen kleinen Salom-io Aussteller
mit 13 Objecten u. zw. aus Belgien, je aus Oesterreich und Italien,
je aus Holland, Norddeutschland und Frankreich.
9. Aufgabe Eine emaillirte Schreibtischgarnitur. Aussteller mit
10 Objecten u. zw. aus Oesterreich, aus Sachsen, aus Frankreich.
Vierte Gruppe Goldschmiede- und Juwelierkunst.
10. Aufgabe Ein silberner Tafelaufsatz. Aussteller u. zw. je
aus Holland und Norddeutschland, je aus Oesterreich, Frankreich
und Italien.
11. Aufgabe Ein silberner Ehrenbecher. 1o Aussteller mit 12
Objecten u. zw. je aus Oesterreich und Frankreich, aus Holland,
je aus Belgien und England.
'44
12. Aufgabeß Ein goldener Damenschmuck. 25 Aussteller mit
32 Objecten u. zw. 15 aus Norddeutschland, aus Frankreich, je aus
Oesterreich und Italien, je aus Holland und Sachsen.
Fünfte Gruppe Glas- und Thonwaaren.
13. Aufgabe Eine Vase aus Glas oder Fayence zur Decorirung
eines Vestibuls. 12 Aussteller mit 18 Objecten u. zw. aus Nord-
deutschland, je aus Holland Belgien und Frankreich, je aus Oester-
reich, Sachsen, Dänemark.
14.. Aufgabe Ein einfaches Speiseservice. Aussteller mit 10 Ob-
jecten u. zw. aus Belgien, je aus Holland, Norddeutschland, Sachsen,
Frankreich und Italien.
Sechste Gruppe Gewebte und bedruckte Stoffe.
5. Aufgabe Ein Damast-Tischtuch. Aussteller mit 1o Objecten
u. zw. aus Holland, je aus Oesterreich und Norddeutschland, aus
Sachsen.
16. Aufgabe Bedruckte Möbelstoffe. Nur ein Einsender verschie-
dener StolTe, aus dem Elsass.
Siebente Gruppe Fuhrwerk.
17. Aufgabe Ein eleganter Schlitten. 10 Aussteller mit 12 Ob-
jecten u. zw. je aus Holland und Norddeutschland, aus Belgien, je
aus Süddeutschland und Frankreich.
Achte Gruppe Verschiedene Gebrauchsgegenstände.
18. Aufgabe Ein Ledereinband für ein Pracbtwerk. Aussteller
mit 21 Objecten u. zw. je aus Holland und Oesterreich, aus Sachsen.
19. Aufgabe Ein kleines Schmuckkästchen. 24. Aussteller mit
42 Objecten u. zw. je aus Holland und Oesterreich, aus Belgien,
aus Frankreich, je aus Süddeutschland, Sachsen und Italien, aus
Norddeutschland.
Neunte Gruppe Graphische Künste.
20. Aufgabe Ein Ehrendiplorn. 28 Aussteller mit 33 Objectenl,
u. zw. 18 aus Holland, aus Belgien, je aus Norddeutschland und
Frankreich, aus Italien.
Zehnte Gruppe Weibliche Arbeiten.
11. Aufgabe Eine Tischdecke in Applicationsstickerei. 16 Aus!
steller mit 22 Objecten u. zw. aus Holland, je aus Oesterreich und
Norddeutschland, je aus Frankreich und Schweden.
22. Aufgabe Ein gestickter Sessel. 13 Aussteller u. zw. aus
Holland, aus Norddeutschland, je aus Oesterreich, Frankreich und
Dänemark.
Eine von einem Fabriksbesitzer in Amsterdam ausgestellte Glasvase War in Haida
gearbeitet.
l4a
Elfte Gruppe Lehrmittel.
23. Aufgabe Die Anfangsgründe des Ornamentzeichnens. ig Aus-
steller mit 21 Objecten u. zw. aus Holland, aus Belgien, je aus
Oesteri-eieh, Norddeutschland, Süddeutschland und Italien.
24.. Aufgabe Vorlagenwerke für Flachornament. Aussteller
u. zw. ie aus Holland und Norddeutschland, je aus Frankreich, Italien
und Dänemark.
25. Aufgabe Vorlagen für das Kunsthandwerk. Aussteller aus
Oesterreich, Süddeutschland und Dänemark.
Wie hieraus ersichtlich, hat sich an den Aufgaben i4,
16, i7, 20, 24. aus Oesterreich Niemand betheiligt. Im Allgemeinen verß
theilen sich die Aussteller auf die Länder folgendermassen
Holland io3, Norddeutschland 48, Belgien 38, Oesterreich 32, Frank-
reich 28, Italierfi Sachsen iz, Süddeutschland Dänemark Schweden
Elsass England i.
Bei der ersten Aufgabe beantragte die Jury überhaupt keine Preis-
zuerkennung.
2. Erster Preis Belgien, zwei zweite Preise für Sachsen und Italien,
zwei ehrenvolle Erwähnungen für Norddeutschland und Holland.
3. Erster und zweiter Preis für Gesterreich.
4. Kein Preis.
5. Zwei erste Preise Holland und Norddeutschland, zweiter Preis
Norddeutschland, ehrenvolle Erwähnung Holland.
6. Erster Preis Italien, zweiter Norddeutschland, ehrenvolle Erw.
Belgien und Süddeutschland.
7. Erster Preis Oesterreich, zweiter Holland, ehrenv. Erw. Frank-
reich und Norddeutschland.
8. Erster Preis Oesterreich, zweiter Frankreich.
9. Erster und zweiter Preis Oesterreich.
io. Kein erster Preis, zweiter Holland.
ii. Erster Preis Oesterreich, zweiter Frankreich, ehrenvolle Erw.
Oesterreich.
I2. Erster Preis Sachsen, zwei zweite Frankreich.
i3. Kein erster Preis, drei zweite Norddeutschland, Dänemark und
Italien.
14.. Kein erster Preis, zweiter Sachsen, ehrenv. Erw. Belgien.
i5. Erster Preis Oesterreich, zweiter Sachsen, ehrenv. Erwähnung
Oesterreich.
I6. Erster Preis Elsass.
17. Erster Preis Süddeutschland, zweiter Frankreich, ehrenv. Erw.
Norddeutschland und Holland.
i8. Erster Preis Oesrerreich, zweiter Sachsen, ehrenv. Erw. Holland,
Oesterreich, Sachsen.
146
ig. Erster Preis Oesterreich, zwei zweite Süddeutschland und Sachsen,
ehrenv. Erw. Norddeutschland und Italien.
20. Zweiter Preis Norddeutschland.
zi. Erster Preis Oesterreich, zweiter Norddeutschland, ehrenv. Erw.
Oesterreich, Schweden, Frankreich.
zz. Erster Preis Oesterreich, zweiter Holland, ehrenv. Erw. Holland
und Dänemark.
23. Kein Preisn
24. Erster Preis Dänemark, zweiter Norddeutschland.
25. Zwei zweite Preise Oesterreich und Süddeutschland.
Es hat also Oesterreich, bei i6 Aufgaben als Mitbewerber auftretend,
io erste, zweite Preise und ehrenvolle Erwähnungen zugesprochen
erhalten und ist nur in fünf Fällen ganz leer ausgegangen.
Im Allgemeinen vertheilten sich die Auszeichnungen so
Aussteller I. Preis II. Preis Diplom
Oesterreich 32 io
Norddeutschland 48
Holland m3
Sachsen I2
Frankreich 28
Süddeutschland
Belgien.......... 38
Italien i5
Dänemark........ il
Elsass
Schweden
Dio Kunst-, lnduslrie- und Gewerbeausstellung in Loilmorltz.
Die Stadt Leitmeritz geniesst seit Langem den Ruf einer ausgezeich-
neten Schulstadt und die Rücksicht hierauf war mit massgebend bei der
Absicht, daselbst eine Filialausstellung des Oesterr. Museums zu veranstal-
ten. Es wurde also von Anfang an eine Ausstellung von Lehrmitteln für
den Zeichenunterricht aus der Bibliothek dieser Anstalt in's Auge gefasst,
an die sich blos eine kleine Auswahl textiler Erzeugnisse der Hausinclustrie
anschliessen sollte. Allein während der einleitenden Verhandlungen mit
dem Ausschusse des Leitmeritzer Gewerbevereines und dem Curatorium
des Gewerbemuseums. welches im Februar dieses Jahres erölfnet worden
war, erweiterte sich der Plan, und es wurde die Abhaltung einer allge-
Dem als vorz 'chster Äll emein anerkannten Schmuck, Pariser Arbeit, konnte
ein Preis nicht zugesprochen werden, weil er den Bestimmungen des Prograrnmes niChl
entsprach.
,l47
meinen Kunst-, Industrie- und Gewerbeausstellung während der Schul-
ferien dieses Jahres beschlossen. Se. Eycellenz der Herr Statthalter von
Böhmen, Baron Weber, übernahm das Protectorat derselben und am
12. August ist sie in den Räumen des Priesterseminars von ihm selbst in
feierlicher Weise eröffnet worden. Dank der Rastlosigkeit einzelner Comite-
mitglieder, und allen voran des Ausstellungsleiters, Herrn Ressel, kam
trotz der Ungunst des Locales, das mit seinen niedrigen weissgetünchten
Räumen wenig beiträgt, dem Ganzen ein wohlgefälliges Aussehen zu ver-
leihen und trotz der, gelinde gesagt, lndolenz einer grossen Partei unter
der Stadtbevölkerung, eine Ausstellung zu Stande, wie sie unter den be-
stehenden Orts- und Geldverhältnissen überhaupt nur möglich war, und
die dem Comite vielleicht wenig Aussicht auf materiellen Erfolg für die
Gassen des Gewerbevereines und des Museums, wohl aber das Bewusst-
sein einer grossen und schönen Leistung sichert.
Der Katalog wurde mit seltener Pünktlichkeit schon am Eröffnungs-
tage dem Publicum übergeben und zeichnet sich dadurch aus, dass er bei
einzelnen Instituten, Vereinen und grösseren Firmen auch Notizen über
die Zeit ihres Bestehens, ihren Zweck und eventuell den Hinweis auf fac-
tische Erfolge ihrer Wirksamkeit enthält. Es werden darin im Ganzen
über 200 Aussteller namhaft gemacht, deren Erzeugnisse in folgenden
Gruppen vertheilt sind I. I-Iolzwaaren; II. Metallwaaren; III. Porcellan,
Thon und Glas; IV. Chemische Producte; V. Nahrungs- und-Genuss-
mittel; VI. Textil-Bekleidungsindustrie; VII. Lederwaaren; VIII. Kurz-
waaren; IX. Papierindustrie, Schreib- und Zeichen-Requisiten, Buchbinder-
arbeiten; X. Graphische Künste; XI. Maschinenwesen und Transport-
mittel; XII. Musikalische Instrumente; XIII. Bau- und Ingenieurwesen.
Die Ausstellung des Museums und der mit ihm mehr oder weniger
in Verbindung stehenden und verwandten Anstalten ist in dieser Gruppen-
bildung nicht eingeschlossen. Sie füllt im Ganzen zwei Säle mit je und
Fenstern und den zu diesen Räumen führenden Gang aus. Auf letzte-
rem wurden auf Tischen und an den Wänden etwa 250 Abgüsse aus der
Gypsgiesserei des Oesterr. Museums angeordnet und an diese gleich die
perspectivischen Apparate, Draht- und Holzmodelle für den Zeichen-
unterricht angeschlossen, welche der Wiener Mechaniker, Franz Steflit-
schek, unter Leitung des Prof. Andel aus Graz, im Auftrage des Mi-
nisteriums für Cultus und Unterricht, angefertigt hat. Diese Zusammen-
stellung geschah aus dem Grunde, weil sich unter den Gypsabgüssen viele
nach den von Prof. Machold ebenfalls im Auftrage des Ministeriums
entworfenen Modellen befinden. Letztere reihen sich als die Serien III,
IV, an die von Steflitschek gelieferten Serien und II. Die Berechti-
gung zur Einsendung so vieler Gypsabgüsse wird bestästigt durch den
praktischen Erfolg, denn wie uns mitgetheilt wurde, hat bereits das Leit-
meritzer Gewerbemuseum eine bedeutende Anzahl derselben angekauft und
beabsichtigt man auf Seite der für Unterrichtszwecke stets rühmlichst vor-
148
gehenden Commune sämmtliche Modelle von Machold und Steflitschek für
ihre Schulen zu erwerben.
Wenn es hier vielleicht auch nicht ganz am Platze ist, die übrige
Museurnsausstellung lobend hervorzuheben, so können wir doch nicht
umhin den grossen Beifall zu erwähnen, dessen sich dieselbe von Seite
aller Besucher erfreut. Dadurch, dass sozusagen im letzten Augenblicke
das Oesterr. Museum einen Saal an das orientalische Museum abzutreten
genöthigt war, musste es all seine Objecte, mit Ausnahme der Aquarelle
von Wegmayer und Wagner, welche zur Ausschmückung des Ganges
als ein Gegengewicht den Gypsen gegenüber verwendet wurden, in einen
einzigen Saal zusammendrängen. Kein Fleckchen Raumes blieb hier un-
benutzt, und durch zweckmässige Vertheilung der Gegenstände wird nun
dem Eintretenden der erfreuliche Eindruck des Reichthums, nicht aber
das erdrückende Gefühl verworrener Ueberfüllung zu Theil. Die Wände
sind verkleidet, auf einer Seite mit Mustertafeln aus Owen Jones' grosser
Grammar of ornament, auf der zweiten mit Blättern aus Bargue 81 Ge-
rome's Cours de dessin, mit Allonges und Dussurgey's Landschafts- und
Blumenskizzen, auf der dritten mit einer Collection auf Cartons gespann-
ter Spitzen und französischer und orientalischer Prachtstickereien. Auf
Tischen längs der rechten Seiten- und einem Theile der Thürwand liegen
nun alle Bücher über Perspective, Farhen- und Schattenlehre, und Zeichen-
schulen zur Ansicht auf, einschliesslich der Vorlagenwerke und Zeitschrif-
ten von Bucher Gnauth, Storek, Teirich etc. und der Museums-
publicationen über Form und Ausschmlickung antiker Thongefässe. Wenn
diese Abtheilung wohl nur bei Fachleuten die rechte Würdigung finden
dürfte, so fesselt die Aufmerksamkeit der meisten Besucher nmsümehr der
übrige Theil der Museumsausstellung. Es sind dies die an der Fenster-
wand in Glasschränken und auf Stellen untergebrachten galvanoplastischen
Arbeiten von Haas, die Bronzegegenstände aus der Ciselirschule und die
Proben verschiedener Techniken zum Schmucke von Majolika und Stein-
gutwaare und der neuen Schmelzpatinirung für Metalle aus der chemisch-
technischen Versuchsanstalt des Museums, zum Theile ergänzt durch Er-
zeugnisse von Schütz aus Cilli, ferner die Imitationen von Kunstwerken
von Holz und Metall aus der Gypsgiesserei lauter Gegenstände, welche
den Besuchern des Museums schon bekannt und eines weiteren Preises
nicht bedürftig sind. Ein Gleiches gilt von den oft bewunderten Arbeiten
aus der höheren Kunststickereischule des Handelsrninisteriums und von
den Arbeiten aus den Schulen des Wiener Frauenerwerbvereines. Die
Leistungen dieser beiden letzteren Anstalten, wie die Museumsausstellung
überhaupt, fanden von Seite Sri Exzellenz des Herrn Statthalters die ein-
gehendste Betrachtung und schmeiehelhafteste Anerkennung. Auf zwei lan-
gen Tafeln in der Mitte des Saales haben schliesslich etwa 50 ausgewählte
Fortsetjuüg auf der Beilage.
BEÜHEB ZU NT. 144 E18? "Mittheilungßn E168 K. K. ÜESIBTP. MIISBIIIIIS."
Stücke aus der Textilsammlung des Museums ihren Platz, zu einem Theile
lehrreiche Erzeugnisse der Hausindustrie aus verschiedenen Provinzen
Oesterreichs, zum andern orientalische Waare, staunenerregend sowohl
durch die Pracht ihrer Ausstattung, als trefflich in der Farbengebung und
Gediegenheit der Ausführung. Dies leitet uns hinüber zur Ausstellung
des orientalischen Museums. -Dieselbe musste allerdings wegen des ver-
späteten Eintreffens ihrer Objecte überhastet werden und bietet sich zu
grossem Bedauern des Schreibers dieser Zeilen, der in Ermanglung andrer
Kräfte auch diese Aufstellung lelten musste, vielleicht deswegen nicht in
jenem wohlgefälligen und abgerundeten Bilde dar, wie es unter günsti-
geren Verhältnissen bei der Fülle ihres Materiales mehr als 500 Nummern
ermöglicht gewesen wäre. Am meisten bemerkenswerth dürften wohl für
das grössere Publicum neben den zahlreichen Glasgegenständen aus China
und den herrlichen Seidenstoden aus verschiedenen Ländern des Orients
die vielen aus Papiermassc hergestellten Stücke sein eine Feldilasche,
Tasse u. s. w., Kleidungsstücke aus Bambusrohr und dergleichen Dinge,
die man nicht aus ähnlichem Materiale zu sehen gewohnt ist. Sehr prächv
tig stellen sich dem Auge eine Reihe von reichen orientalischen Costümen
dar, abgesehen von den Uniformstücken der türkischen Armee und dem
eigenthümlichen Anzuge eines japanesischen Feuerwehrmannes. Die be-
wundernsiverthen Lack- und BronzL-arbeiten des Orients sind leider dies-
mal fast gar nicht vertreten, wie es überhaupt zu beklagen ist, dass die
ganze Abtheilung des orientalischen Museums schon um die Mitte der
Ausstellungsdauer wieder nach Wien zurückwandern muss.
Von den Schülerarbeiten und Lehrmitteln, welche aus Leitmeritz
und den Nachbarstädten zur Ausstellung gelangten, ist nicht viel zu sagen.
Die Zeichnungen der Leitmeritzer Communaloberrealschule und der Fach-
schule zu Warnsdorf liefern erfreuliche Beweise von dem Umschwunge
des Zeichenunterrichtes nach den neuen Principien, von der Umkehr von
dem gedankenlosen Stricheln nach geistlosen Vorlagen zur gediegenen
Schulung des Auges nach plastischen Modellen und zur Anleitung zu
Versuchen von stylrechten Originalentwürfen. Die physikalisch-chemischen
Lehrapparate für Volks- und Bürgerschulen und die geometrischen Holz-
modelle für Volksschulen, welche Kreidl aus Prag einschickte, dürften
wegen ihrer praktischen Verwendbarkeit und leichten Anschaffung für den
Anschauungsunterricht besonders zu empfehlen sein. Die Bürgerschule von
Falkenau a. d. E., die Mädchenschule der barmherzigen Schwestern und
die städtische Mädchenschule in Leitmeritz haben Handarbeiten ihrer Schü-
lerinnen eingeliefert. Von ersterer sind einige gelungene Muster nach Art
der alten guten Hausindustrie, von der zweiten einige Arbeiten im Sinne
der Wiener höheren Stickereischule zu sehen; dagegen macht sich bei der
I0
städtischen Mädchenschule unter anderem eine gestreifte Decke und ein
Polster mit einer Unzahl in Reihen geordneter farbiger Rosen in Relief
breit, Leistungen, deren Vorkommen man heutzutage eigentlich schon be-
dauerlich nennen muss.
Nun soll noch das Gros der 13 Ausstellungsgruppen, welche im
Ganzen 18 Säle füllen, zur Besprechung kommen. Dieselbe kann aber in
diesen Blättern sehr kurz sein, indem wir uns einerseits auf das Gebiet
des Kunstgewerbes beschränken, andrerseits die hier vertretenen Wiener
Firmen blos namhaft machen. Denn die Edelsteinimitationen von Augu-
stin, die emaillirten und niellirten Gegenstände von Grünwald und
Nowak, die Schmucksachen von Braun, die Möbel von Bernh. Lud-
wig, die Spitzen von J. Stramitzer, die Ledergalanterien und Buch-
einbände von Konr. Berg, die Farbendrucke von Hölzel, sind von den
Ausstellungen im Museum her bekannt und oft genug gewürdigt worden,
als dass weiters darüber viele Worte nöthig wären. Bei den Möbeln der
alten Leitmeritzer Firma Gebhardt und der ersten dortigen Tischler-
association kam uns fast der Gedanke an einen eigenen Leitmeritzer Möbel-
styl; bei ersteren gut bürgerliche Solidität mit genügendem Geschmack
ausgenommen den grossen Kasten, bei letzteren kalte Formen mit eigena
thürnlicher Neigung, die Ecken und Bekrönungen zuzuspitzen. Die Teplitzer
Tischlerassociation zeigt ein hübsches Buffet, dagegen jämmerlich lackirte
Stühle und Fensterdecorationen, bei denen selbst constructive l-lolztheile
mit Tapetenstoff überzogen sind.
Die Salongarnitur von Th. Wehle aus Prag wird durch ihr Sopha
ausserordentlich beeinträchtigt, bei dessen Dreitheilung die beiden Seiten-
theile über den in der Mitte Sitzenden gleichsam zusammenzuklappen
drohen. Um der Curiosität willen sei ein Parade-Stiefelzieher von
Schreiber in Leitmeritz erwähnt, unten mit einer Lyra! und in der
Füllung offenbar zur Ermöglichung des Verständnisses mit der Zeichnung
eines Sliefels und Stiefelziehers. Der Korbflechter Kirsch setzt bei
jenen, welche sich auf seine Stühle setzen sollen, einen gewissen Muth
voraus und ein anderer, J. Partsch, macht statt eines Blumentisches
mit vieler Mühe ein ganzes Lustbaus, das in keinen Garten, noch we-
niger in ein Zimmer passen kann. Auch bei den beiden Leitmeritzer
Uhrmachern Manger und Watzek zeigt sich eine gewisse Gleichmässig-
keit, wie bei den Tischlern, in den Gehäusen ihrer Pendeluhren, wenig-
stens ist bei Beiden fast das gleiche zopfige Muster einmal goldig, das
zweitemal einfach braun wiedergegeben.
Aus der dritten Gruppe, Porcellan, Thon und Glas, fällt vor Allem
ein sogenannter gothischer Ofen von Lösche in Pirna vortheilhaft auf
durch ziemlich gleichmässige Glasur in angenehmer grüner Farbe und
durch recht gute Ausführung des reich bedachten figürlichen Theiles. Die
Ausstellung von A. Tschinkel aus Eichwald bei Teplitz mag in ihrem
Materiale, Syderolith und Porcellan, und in der Technik vortrefflich sein,
121
aber ihre Form und Decoration wäre eine grobe Versündigung an dem
guten Geschmacke unseres heimischen Publicums Da ist über Schalen
auf gelbem Grunde ein Eispelz geworfen, darauf sitzen goldene Vögel
und Schmetterlinge, die Büsten mit Goldbronze haben statt der Augen
förmliche Patinaklexe u. s. w. Der Aussteller glaubte sich vielleicht selbst
dem Schreiber dieses gegenüber damit entschuldigen zu müssen, dass dies
Alles nur eine flüchtige Zusammenstellung von Exportwaare nach Amerika
sei. Desto besser für uns, viel Glück auf den Weg! Von Frenzel und
Walter aus Steinschönau sind einige schön geformte Tisch- und Hänge-
dampen zu sehen, die auch lobenswerthes Streben hinsichtlich der Be-
malung verrathen.
Die Blumen und Schmuckgegenstände von A. Stelmacher in Turn
sind vom Museum her bekannt. Bei J. Beer aus Tetschen ist es be-
dauerlich, dass er seine gute Technik noch so vielfach auf Blumenstickerei
verschwendet und die Wahl besserer Zeichnung ist unbedingt auch dem
Herrn Straschitz in Prag für seine Mosaikdecken und vkunstvoll gear-
beitetenu Kleidungsstücke zu empfehlen. Als Dritter wäre hier noch der
Herr Schneider in Karlsbad anzuführen, dem für klarer gezeichnete
Decorationsmotive seiner Sprudelstein-Galanteriewaare doch eine hinläng-
liche Anzahl von Farbentönen zur Verfügung steht. Der Buchbinder
J. Spott aus Prag hat einige trefllichcrEinbände nach alten Mustern ein-
geschickt, denen wir aufmunterndes Entgegenkommen von Seite des Publi-
cums auf's Beste wünschen, und wenn wir schliesslich noch die lithogra-
phischen und kalligraphischen Leistungen von Müller St Wieser aus
Falkenau a. d. E. als über das Niveau gewöhnlicher Bestellarbeit hinaus-
gehend bezeichnen, so glauben wir wohl aus dem vielen andern, was blos
Nutzgegenstand ohne Anspruch auf künstlerische Formgebung sein will,
das für uns Bedeutendste hervorgehoben zu haben. Für jenen weitaus
grösseren Theil der Ausstellung ist der praktische Gesichtspunkt der be-
rechtigte und über den Werth wird die Jury entscheiden, welche, wie
uns berichtet wird, zu einer nachträglich beschlossenen Preisvertheilung
gewählt wurde. Ja wir stehen nicht an, dass wir selbst uns von Seite
derselben für unsere vorstehende Besprechung etwa einzelner Berichti-
gungen versehen müssten, da wir durch unsere eigene Museumsausstellung
so sehr in Anspruch genommen waren, dass uns zu einer eingehenden
Besichtigung der Ausstellung absolut nicht die genügende Zeit übrig blieb.
Auch war das Arrangement am Eröffnungstage noch nicht ganz vollendet
und Möbel und Zeichnungen sind noch nachträglich eingeliefert worden.
Möge nur von dieser, vom Comite mit so anerkennenswerthem Eifer in
Scene gesetzten Ausstellung denn doch manches Korn auf fruchtbaren
Boden fallen zur Hebung des Geschmackes bei den Erzeugem und Ab-
nehmern jener Gegend; der nicht gerade zahlreiche, doch stetige Besuch
von Seite des Publicums berechtigt uns zu dieser frohen Hoffnung.
E. Ch melarz.
10'
132
Statut tlir dla k. k. Kunstschule In Krakau.
Verordnung des lt. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 31. Juli 1877.
Q. l. Die Kunstschule in Krakau hat die Aufgabe, einerseits Gelegenheit zur Aus-
bildung im Freihandzeichnen zu geben, andererseits zu selbstständiger künstlerischer Tha-
tigkeit in der Malerei heranzubilden.
Q. 2. An dieser Schule werden gelehrt und zwar
als Hauptfächer Freihandzeichnen und Malen,
als Hilfsfacher Anatomie, Perspective und Styllehre in Verbindung mit prak-
tischen Uebungen, Welt- und Culturgeschichte und Kunstgeschichte.
Q. 3. An der Schule bestehen für die im Q. angeführten Hauptlächer
t. eine allgemeine Zeichenschule,
z. eine allgemeine Malerschule.
Ueber die angeführten Hilfsftlcher werden besondere Vortrage gehalten.
Die Einrichtung dieser Schulen bestimmt die Studienordnung, welche dem Untere
richtsministerium zur Genehmigung vorzulegen ist.
Q. 4. Aufgabe der allgemeinen Zeichenschule ist jenen Personen, welchen die
Aneignung einer gewissen Fertigkeit im Freihandzeichnen für ihren Beruf ein Bedürfniss
ist, und insbesondere solchen, die ihre künstlerische Begabung erproben und sich für
eigentliche Kunststudien vorbereiten wollen, Gelegenheit zu ihrer Ausbildung zu geben.
Gleichzeitig wird diese Schule in einem dreijährigen Cursus auch Lehrkräfte für
den ZliChehllYIKßrfiChl VOÜCS", Bürger" und Mittclschulen auf Grnnd der diesbezüga
liehen Normen heranzubilden haben.
In diese Schule werden alle Jene unbedingt aufgenommen. welche die vierte Classe
der Unterrealschule oder des Renlgymnasiums mit genügendem Erfolge zurückgelegt haben,
Dagegen haben iene Aufnahmswerber. welche das Untergymnasium mit gutem Er-
folge absolvirt oder welche den Anforderungen des Q. 21 des Reichs-Volksschulgesetzes
vom 14. Mai 1869 in Betreff der Schulpflicht bereits genügt haben, so wie Personen,
welche im reiferen Alter stehen, eine entsprechende Fertigkeit im Freihandzeichnen durch
eine Aufnahmsprüfung nachzuweisen.
Q. 5. Aufgabe der allgemeinen Malerschule ist, den Znglingen Gelegenheit zur Er-
langung jenes Grades von künstlerischer, sowohl allgemeiner als technischer Bildung zu
geben, welche sie zur selbstständigen Uebung der Malerei genügend vorbereitet.
Zum Eintritte in diese Schule, welche in der Regel eine Lehrzeit von drei Jahren
umfasst. ist erforderlich
der Nachweis über die mit gutem Erfolge beendeten Studien des Untergym-
nasiums, der Unterrealschule oder einer mit diesen Anstalten gleichstehenden
Schule oder über ein Wissen, welches dem an dieser Schule verlangten gleich-
kommt;
der Nachweis einer über die Elemente der bildenden Kunst hinausgehenden
Ausbildung durch Vorlage von Proben und Ablegung einer Aufnahmsprüfung.
deren Ergebniss den Beruf des Candidaten zum Studium der Malerei an-
nehmen lässt.
Von dieser Prüfung sind die absolvirten Schüler der Zeichenschule befreit,
wenn sie mittelst eines Zeugnisses eine genügende Zeichenfertigkeit nachweisen.
Q. 6. lm Falle des Bedarfes und der Möglichkeit kann eine Specialschule für Histo-
rienmalerei erütfnet werden. welche die Zöglinge zu selbstständiger Thätigkeit in diesem
Zweige der Kunsfheranzubilden hat.
Zum Eintritte in dieselbe ist erforderlich entweder der Nachweis über die mit
gutem Erfolge beendeten Studien an der allgemeinen Malerschule oder dass der Candidat
durch Vorlage von Proben und Ablegung einer Aufnahmsprüfung über sein Können und
Wissen darthun kann. dass er das in der genannten Schule angestrebte Ziel erreicht hat.
Q. 7. Das Personale der Kunstschule besteht
t. Aus einem Director in der Vl. Rangsclasse mit den Bezügen eines ordentlichen
Professors an der Krakauer Universität;
2. aus zwei Professoren in der Vlll. Rangsclassc mit dem Jahresgehglte von tzoo 5.,
dem Rechte der Vorrückung in Quinquennalzulagen 100 fl. und der Activitätszulage
von 360 8., und
3. aus zwei Professoren in der IX. Rangsclasse mit dem Jahresgehalte von tooo
dem gleichen Quinquennal-Vorrückungsrechte und der Activitütszulage von 300 fl.
Für die Hilfsfacher wird durch Berufung von honorirten Docenten Sorge getragen.
ln der Zeichen- sowie in der Malerschule kann bei eintretender Ueberfüllung der
Schule oder bei sonst nachgewiesenern Bedürfnisse die Aufnahme von Assistenten von
Fall zu Fall vom Unterrichtstninisteriuru gestattet werden.
i. 8. An der Kunstschule bestehen zur Forderung der künstlerischen Bildung Sti-
pendien, bezüglich deren besondere Bestimmungen massgebend sind.
153
Q. g. Die allgemeine Malerschule sowie eventuell die Specialschule für Historien-
malerei veranstaltet jährlich Schulausstellungen. Die Specialschule ist auch zur Beschickung
der grösseren periodischen, in Verbindung mit der Wiener Akademie veranstalteten
Staatsausstellungen verpßichtet.
Q. I0. Für die Anschalfung von Büchern, Kupferstichen und Gypsabgüssen besteht
eine besondere Commission, unter dem Vorsitze des Directors und Beiziehung der be-
treffenden Professoren und Docenten. Dieselbe hat am Schlusse eines jeden Schuljahres
an das Ministerium über ihre Thätigkeit zu berichten.
ä. n. Der Obsorge des Directors sind die Geschäfte, welche keiner höheren Ent-
scheidung bedürfen, wie auch alle unverschieblichen Vorkehrungen, letztere mit provi-
surischer Giltigkeit, überlassen.
Er erstattet die Vorschläge wegen Ernennung von Professoren und Zulassung von
Docenten sowie wegen Zuerkennung von Stipendien und legt den Jahresbericht über den
Stand und Fortgang des Unterrichtes dem Ministerium vor. Seine besondere Obliegenheit
ist ferner, über alle Theile der Anstalt nahere Aufsicht zu führen und darüber zu wachen,
dass in dieser Hinsicht dem Statute Folge geleistet werde.
lhm ist das gesammte Personale untergeordnet. Er macht die Einladungen zu allen
Versammlungen des Lehrkorpers und führt bei denselben den Vorsitz.
Schliesslich ist derselbe zu einer angemessenen Betheiligung am Unterricht ver-
pflichtet.
Q. u. Der Lehrkörper der Kunstschule besteht aus den Professoren der allgemeinen
Zeichen- und Malerschule. Seine Aufgabe ist, alle inneren Angelegenheiten der Schule
in Berathung zu ziehen und Vorschläge in dieser Richtung zu erstatten.
Er versammelt sich auf Aufforderung des Directors mindestens einmal im Monate.
Die Sitzungsprotokolle sind dem Ministerium vorzulegen.
Q. 13. Zu dem Zwecke eines geregelten Vorganges in den Versammlungen des
Professorencollegiums dient eine Geschäftsordnung, welche dem Ministerium zur Geneh-
migung vorzulegen ist.
14. Die Kunstschule ist dem Unterrichtsministerium untergeordnet, die Corre-
spondenz mit demselben geht jedoch durch das Statthaltereiprasidium in Lemberg.
KLEINERE MITTHEILUNGEN.
Die Lehranstalten Oesterreichs im Jahre 1876176. Nach
dem soeben erschienenen fünften Hefte des statistischen Jahrbuches gab
es im Jahre 1875 in den im Reichsrathe vertretenen Ländern Univer-
sitäten, technische Lehranstalten, land- und forstwirthschaftliche, dann
Montan-Hochschulen, Handelsakadernien Handelsschulen, eine Kunst-
hochschule und 44 theologische Lehranstalten, zusammen 66 höhere Lehr-
anstalten; ferner 78 vollständige Gymnasien, 13 Untergymnasien, 24 Real;
gymnasien ohne Obergymnasialclassen, 27 Realgymnasien mit Obergym-
nasialclassen, Realgymnasien mit Obergymnasiala und Oberrealschulclassen,
Realgymnasien mit Oberrealschulclassen, 58 vollständige Realschulen,
20 Unterrealschulen, 42 Lehrer- und 23 Lehrerinnen-Bildungsanstalten,
zusammen 295 Miltelschulen; endlich 15 Hebammen-Lehranstalten, 4nau-
tische Schulen, 56 Handelslehranstalten, 197 Gewerbeschulen, 154,Lehr-
anstalten für bildende und darstellende Kunst und Musik, 75 Schulen für
Land- und Forstwirthschaft, Bergschulen, 67 Sprachschulen, 158 weib-
liche Arbeitsschulen und 311 sonstige specielle Lehr- und Erziehungs-
anstalten, zusammen 1042 speciellc öffentliche und private Lehranstalten.
Die Zahl des Lehrpersonales an den höheren Lehranstalten war 1527, die
Zahl der Schüler 15.116; die Zahl des Lehrpersonales an den Mittelschulen
4890, die Zahl der Schüler 67.808; die Zahl des Lehrpersonales an den
übrigen Lehranstalten 4401, die Zahl der Schüler 61.497. Bürger- und
Volksschulen gab es 15.166, die Zahl des Lehrpersonales an denselben
war 31.196, die Zahl der Schüler 2,134.683.
154
Bronzeindustrle-Gesellsohafb. Die Gesellschaft zur Förderung
der Bronzeindustrie hat unterm Mai d. J. einen Concurs für Ciselir-
und Treibarbeiten, für Modelleurarbeiten, für Graveurarbeiten, für Ent-
würfe in Zeichnungen zur Herstellung von praktischen Gebrauchsgegen-
ständen Graf Zichy-Schülerpreise und für Zeichnungen zur Ausführung
von kunstgewerblichen Gegenständen in Bronze ausgeschrieben. An dem
letzterwähnten Concurse, für welchen der Einsendungstermin bereits ab-
gelaufen ist, betheiligten sich 11 Bewerber mit 24 Zeichnungen und hat
die Jury folgenden Theilnehmern Preise zuerkannt und zwar Den ersten
Preis mit 150 H. für den Entwurf eines Tintenzeuges und eines Leuchters
unter dem Motto "Kunstindustrien den Herren Otto Girard und G. Reh-
lender; den zweiten Preis mit 100 H. für den Entwurf einer Standuhr
unter dem Motto "Renaissance-i Herrn Harald Richter, Schüler der
Kunstgewerbeschule; den dritten Preis mit 50 fl. für den Entwurf eines
Visitkartentisches und einer Blumenvase ebenfalls den Herren Girard
und Rehlender. Sämmtliche Concurrenzentwürfe bleiben durch drei
Wochen im Sitzungssaale des Oesterr. Museums ausgestellt und bieten
dieselben mit wenigen Ausnahmen durch glückliche Auffassung und styl-
gerechte Durchführung den erfreulichen Beweis, welch' glückliche Resul-
tate die Ausschreibung von derlei Concursen zur Folge haben. Der Ein-
sendungstermin für die ersterwähnten vier Preisausschreibungen läuft mit
15. October d. J. ab und wird seinerzeit über die erzielten Resultate be-
richtet werden.
Die Kunstgewerbeschule im Schuljahre 1876x773 Im Schüler-
stande haben sich nachstehende Veränderungen vollzogen
Eingeschrieben waren im I. Semester des Schuljahres 187677 263
Schüler, im ll. Semester neu zugewachsen 33, abgegangen 47; 249 Schüler
sind am Schlüsse des Schuljahres gegen die gleiche Periode des Vorjahres
um 25 mehr verblieben, u. zw.t
.Ord. Schüler Hospit. Zus. Dar. Damen
Vorbereitungsschule 101 12 13 20
Fachschule für Architektur 21 23
v1 Bildhauerei 23 24
11 Blumen-, Thier- und
Ornamentmalerei 16 17
11 flg. Zeichnen u. Malen 70 72 4.
Summa 231 18 24g 34
Von diesen betheiligten sich an den theoretischen Fächern Tech-
nisches Zeichnen 107, Styllehre 71, Anatomie 130, Kunsttechnik 69,
Farbenlehre 36, Farbenchemie 21 Hörer.
Dem Vaterlande nach waren aus Niederösterreich Wien 77W 94,
Oberösterreich, Salzburg und Dalmatien je 15, Steiermark Tyrol
und Galizien je 14., Böhmen 41, Mähren 27, Schlesien g. Küstenland
Bukowina Ungarn Croatien Siebenbürgen und Slavonien je
dem Deutschen Reich ltalien Belgien und Russland je Frank-
reich, der Schweiz, Dänemark, der Türkei Bosnien und Japan je 5.
Ihrem Berufe nach widmeten sich 127 Zöglinge den verschiedenen
Zweigen der Kunstindustrie und 122 dem Lehramt für das Freihand-
zeichnen.
Darunter in der Ciseleurschule Schüler.
Besuch des Museums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monat
August von 10.841, die Bibliothek von 715 Personen besucht.
Gonours für Sonlpturen. Der Gemeinderath der Stadt Wien beabsichtigt für
den Bau des neuen Rathhauaes vorläufig die Anzahl von dreiunddreissig Statuen zur Aus-
führung bringen zu lassen und hat zu dem Zwecke unter den Bildhauern Wiens einen
Concurs erötfnet.
Jede dieser Statuen soll eine Höhe von incl. der Plintbe erhalten; dieselben
sind für das Aeussere der rückwärtigen und der beiden Seitenfassaden bestimmt und be-
tragt die Hohe vom Pflaster bis zum Fusspunkte der Statuen circa 15 Klafter.
Diese Statuen sollen theils allegorische, theils symbolische Bedeutung erhalten.
Was die Charakteristik und Stylrichtung betrifft, so wird jene von Manierirtheit
rreie Auffassung gewünscht, wie sie sich in den vorzüglichsten Werken des 13. Jahrhun-
derts vorfindet. die, ohne den speciellen Anforderungen des Styles untreu zu werden,
doch in der Gesammtanordnung, sowie im Detail eine Behandlung im Sinne der antiken
Anschauung gestaltet.
Jedem der Concurrenten war es freigestellt, sich unter den bestimmten Statuen eine
oder zwei als Gegenstand seiner Concursarbeit zu wählen; die Modelle waren in der
Grösse von zur Ausführung zu bringen.
Zur Beurtheilung der einlangenden Arbeiten wird eine Jury eingesetzt, bestehend
aus zwei Mitgliedern des Rathhausbau-Comites und aus je zwei von der k. k. Akademie
der bildenden Künste und der Künstlergenossenschaft zu wählenden Künstlern unter Zu-
ziehung des Bauleiters, Oberbaurath Friedrich Schmidt.
Die Ausführungdieser 33 Statuen soll unter mindestens acht der Concurrenten ver-
theilt werden, weshalb es Aufgabe der Jury sein wird, unter den eingelangten Modellen
die gelungenen Arbeiten auszuwählen, deren Verfasser sodann vorbehaltlich der end-
giltigen Genehmigung des Wiener Gemeinderathes den Anspruch erhalten auf Ausführung
einer nach Massgabe der Verhältnisse zu bestimmenden Anzahl von Statuen.
Für die Ausführung jeder dieser Statuen incl. Modell, jedoch cxcl. des Steines,
wird von Seite der Commune Wien der Betrag von 1200 H. 6. W. bewilligt und wird
hierbei auf eine sorgfältige Ausführung gerechnet.
Jeder der Concurrenten verpflichtet sich, die ihm übertragenen Arbeiten so zu for-
dern, dass die Statuen längstens bis Monat Mai des Jahres 1879 abgeliefert werden können.
Das Programm für die figurale Ausschmückung der Nord-, Süd- und West-Fassaden
des neuen Rathhauses lautet
l. Südseite. Ueber dem l-lauptgesimse des ll. Stockwerkes Standbilder der Re-
prasentanten der Künste und Gewerbe 1. Kaufmann, 2. Schiffer, 3. Büchsenmacher,
4. Goldschmied, 5. Bildhauer, 6. Baumeister, 7. Maler, 8. Schmied, 9. Mechaniker,
10. Weber.
ll. Nordseite. Ueber dem Hau tgesimse des ll. Stockwerkes Repräsentanten
der Gewerbe 11. Tuchmacher, 12. ischler, 13. Schneider, 14, Schuster, 15. Brauer,
16. Wirth, 17. Bäcker, 18. Fleischhauer, 1g. Gärtner, 20 Winzer.
lll. Westseite. Ueber dem Hauptgesimse des ll. Stockwerkes der GEmtindCrBthSSBEl-
fassade als Mittelfigur 21. Vindobona. Rechts und links 22. Gerechtigkeit, 23. Weis-
heit, 24. Stärke, 25. Treue.
lV. An den Pilonen 26-33. Wehrhafte Bürger in der Tracht des XV.-XVl.
Jahrhunderts.
An dieser Concurrenz haben sich 58 Künstler mit 10g Modellen betheiligt, welche
vom 1G. August bis Ende des Monats im Oesterr. Museum ausgestellt waren. Der "wehr-
hafte BÜTEEXWK ist durch nicht weniger als 13 Modelle reprasentirt, der Schmied durch 18;
darnach kommen der Goldschmied mit der Architekt mit der Kaufmann und der
YVirth mit je Modellen. Der Bildhauer, der Gärtner, der Weber der Tuchmacher, der
Schuster sind nur durch je ein Modell vertreten.
Uhrentndustriaaohule zu Karlstein. Diese Anstalt wurde seit ihrer ErOtTnung
Februar 1875 bis Ende Mai d. J. von a9 ordentlichenlund ausserordentlichen Schülern
besucht. Von den ersteren haben erlernt; die Wanduhrmacherei, 15 einzelne Zweige
der Wanduhrmacherei, die Erzeugung von Federzuguhren, die Erzeugung von Pendel-
uhren, je die Erzeugung von Taschenuhren und die Anfertigung von Drehbänken für
Uhrmacher; 18 dieser Schüler wurden mit Ende Mai aus der Anstalt entlassen. Von den
ausserordentlichen Schülern, welche die Anstalt nur nach Massgabe der ihnen bei ihrer
regelmassigen Beschäftigung freigebliebenen Zeit besuchten, wurden in der Anfertigung
von Federzuguhren und in der Anfertigung und Reparatur von Taschenuhren unter-
richtet, Durch die Theilung der Arbeit wurde eine bedeutende Ermässigung in dem
Preise der Uhren erzielt, so dass eine massive Wanduhr mit Schlagwerk ohne Zilferblatt
von dem früheren Preise per H. bis tl. 20 kr. auf fl. 60 kr. herabgesetzt werden
konnte, ohne den Verdienst der Arbeiter zu schmalern. NVahrend einiger Zeit war die
genannte Schule dadurch, dass der Spar- und Vorschussverein in Karlstein das Material
lieferte und die Arbeitslöhne ausbezahlte, in der Lage, einer grösseren Anzahl von Schü-
lern entsprechenden Verdienst zu verschaffen; durch den allgemein schlechten Geschäfts-
gang jedoch, und da alle Niederlagen von Schwarzwälderuhren nach den Berichten der
Hausirer noch grosse Vorrlthe besitzen, kann selbst zu den gegenwärtig ermassigten
Preisen kein genügender Absatz erzielt werden, so dass der erwähnte Verein sich ge-
zwungen sah, die Erzeugung von Wanduhren bis zu der Zeit einzustellen, wo der Vor-
rath von fertigen Uhren eine entsprechende Verminderung erfahren haben wird. Der
Leiter der Uhrenindustrieschule, dessen an das k. k. Handelsministerium erstattetem
Jahresberichte für 1877 obige Daten entnommen sind, bemerkt unter Anderem auch, dass
die Vervollkommnung des mechanischen Theiles der Schwarzwalderuhren hauptsächlich
in der verminderten Anwendung von Holz, an dessen Stelle Metall getreten ist, bestehe,
und dass die Einführung von Gestellen aus Eisen oder Bessemer Blech anstatt der Holz-
gestelle für die kleineren Sorten vnn Uhren einen weiteren Fortschritt in dieser Rich-
tung bilde.
SahIossreataariI-ung. Die Schlossruine Hohenburg am Waldessaume bei lgls
in Tirol, gegenwärtig im Besitze des Herrn Othmar v. Riccabona, wird, wie das nlnns-
brucker Tagblatt-t mittheilt, nunmehr vollkommen restaurirt und in bewohnbaren Zustand
gesetzt. Schloss Hohenburg war im Jahre 1358 im Besitze des Heinrich Berchtinger.
Alte Basken. ln der Agramer Kathedrale wurden, wie i-EIL meldet, schone
alte Fresken entdeckt. Der croatische Archäologe Iwan Tkalcsics forschte nach Daten zur
Geschichte der Kathedrale und stiess hiebei auf Aufzeichnungen, denen zufolge sich in
der Sacristei der genannten Kirche vor Zeiten Fresken befunden haben sollten. Er liess
den Maueranwurf vorsichtig abkratzen und fand dahinter in der That ein Bild, das einen
ganzen Bogenabschnitt bedeckt. An der oberen Seite ist der Heiland mit einem Strahlen-
ltranze gemalt, in der Linken ein geöffnetes Buch haltend. Auf der einen Seite desselben
ist in gothischer Schrift der Satz v-Ait dominus, qui verbum dei audit etc-i und auf der
anderen Seite i-Credit et habet vitam aaternamv zu lesen. An der unteren Seite des Bo-
gens betindet sich ein Heiliger, in einen Mantel gehüllt. Die Farben des Bildes sind leb-
haft und weist das Gemälde auf die byzantinische Schule des n. und 13'. Jahrhs. hin.
Kunstgewerbliohe Ausstellung in Leipzig. Der "A. A. Zus wird aus Dresden,
i3. August geschrieben Unserer Regierung ist ein von verschiedenen Handelskammern
warm empfohlener Plan zu einer im nächsten Jahr abzuhaltenden kunstgewerblichen Aus-
stellung in Leipzig zur Genehmigung vorgelegt worden. Es handelt sich dabei in erster
Linie um eine Darlegung des gegenwärtigen Standes unseres Konnens auf dem kunst-
gewerblicben Gebiete. Zugleich soll die Ausstellung Fingerzeige dafür bieten, wo nach-
zuholen ist und welche Schritte zu thun sind, um die deutsche Kunstindustrie concurrenz-
fähiger zu machen, sowie ehrenvollen Leistungen eine Aufmunterung geben und dem
Publicum ein Gelegenheit bieten zur Hebung des Geschmacks und des Sinnes für tüch-
tige Arbeit, gute Qualität und edle Form. Ausserdem helft man auch, dass die Ausstel-
lung dem Publicum ein Sporn sein würde, sich mehr und mehr der heimischen Production
zuzuwenden.
Ausstellung von Arbeiten der vervielfaltigenden Künste im Bayerischen
Gewerbemaaenm zu Nürnberg. Die Theilnahme an dieser Ausstellung ist eine über
alles Erwarten grosse geworden. Alle Kunsttechniken für Vervielfältigung, wie Buchdruck,
Holzschnittdruclt, Metalltypendruck, Metallplattendruck, Steindruck, Glasplattendruck, sind
vom 15. Jahrhundert, bezüglich von ihrer Entstehung oder Erfindung an, in geschicht-
licher Folge durch die besten Arbeiten bis auf die neueste Zeit herab vertreten in Er-
zeugnissen, welche Deutschland ihre Entstehung verdanken. Für die Apparate, Maschinen
und Pressen ist ein besonderer Raum eingerichtet, und an bestimmten Tagesstunden werden
diese Arbeitsmaschinen in Thatigkeit sein. Auch eine in Deutschland zum erstenmal
arbeitende Setz- und Ablegemaschine für Schriftensatz wird ausgestellt. Dabei hat eine
sorgfältige Wahl unter den Ausstellungsarbeiten und unter den Ausstellern stattgefunden,
so dass nur gute Leistungen ausgestellt sind. Der Katalog, welcher schon nahezu im
Druck vollendet ist, wird ein kleines Prachtwerk mit zahlreichen künstlerischen Beilagen
bilden, welche die verschiedenen Vervielfaltigungsarten zur Anschauung bringen. Am
1. Septbr. d. J. Vormittags to Uhr findet die feierliche Eröffnung der Ausstellung statt.
Hierzu als Beilage
Statuten der Kunstgewerbeschule des k. k. Oesterr. Museums.
iclhatnerlnu mm". n-n-nn... uai-nnniumu von ein Earoitfa Sohn Wien.
LEHRPLAN
UND
STUDIEN-ORDNUNG
DER
KUNSTGEWERBESCHULE
DES
K. K. OESTERR. MUSEUMS PUR KUNST UND INDUSTRIE
mit einem Anhange eulhallend die luslrudion für den Zeiehenlehrereurs.
Genehmigt mit Erlass des hohen k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht vum
19. Juli 1877, Z. 10x84.
Preis 10 kr. b. W.
N.
SELBSTVERLAG DES K. K. OESTERR. MUSEUMS.
1877.
A. Allgemeine Bestimmungen.
Q. l.
Die Kunstgewerbeschule des k. k. Oesterreichischen Museums für
Kunst und Industrie hat nach dem Statute die Erziehung kunstgebildeter
Kräfte für die Bedürfnisse der Kunstindustrie zur Aufgabe. Es bilden daher
jene Zweige der Kunst, welche die Vorbedingungen eines künstlerischen
Schadens auf dem Gebiete der Industrie sind, die Hauptgegenstände des
Unterrichtes und bedingen die Gliederung der Anstalt.
Diese Zweige sind die Baukunst in ihrer Anwendung auf die Aus-
schmückung der Gebäude, die Bildhauerei, das Zeichnen und Malen in
Beziehung und Anwendung auf die Erfordernisse der Kunstgewerbe.
Q. 2.
Die Kunstgewerbeschule zerfällt
in drei Fachschulen
für Baukunst in der oben angeführten Begrenzung,
für Bildhauerei,
für Zeichnen und Malen mit Rücksicht auf Kunstgewerbe.
Der Fachschule für Bildhauerei ist ein Atelier für Ciseliren,
jener des Malens ein Curs für die künstlerische Anwendung
chemisch-technischer Präparate und Verfahrungsarten auf Ob-
jecte der Kunstindustrie beigegeben.
in eine Vorbereitungsschule.
Für Candidaten des Lehramtes des Freihandzeich-
nens besteht an der Kunstgewerbeschule des k. k. Oester-
reichischen Museums für Kunst und Industrie ein specieller
Curs, welcher durch Erlass des hohen k. k. Ministeriums für
Cultus und Unterricht vom z. Juni 1877, Z. 3696 geregelt
wurde. Die für diesen Curs erlassene lnstruction wird im
Anhange pag. ihrem vollen Inhalte nach mitgetheilt.
s. a.
Die Besucher der Kunstgewerbeschule sind theils ordentliche
Schüler, d. h. solche, welche sich in Gemässheit der Bestimmungen des
Lehrplanes ausbilden wollen, theils Hospitanten.
Q. 4.
Die Aufname in die Kunstgewerbeschule ist für ordentliche Schüler
nur zu Beginn des Schuljahres oder Semesters statthaft.
s. s.
Die Bedingungen für die Aufname in die Vorbereitungsschule
sind
der Nachweis über das zurückgelegte 14.. Lebensjahr;
der Nachweis über die beendeten Studien eines Untergyrnnasiums,
einer Unterrealschule", eines Realgymnasiurns oder einer voll-
ständigen Bürgerschule, beziehungsweise achtclassigen Volks-
schule;
Von der Beibringung des in litera geforderten Nachweises
kann der Lehrkörper ganz ausnamsweise in jenen Fällen dis-
pensiren, wo der Aufzunemende einen höheren Grad künst-
lerischer Vorbildung oder Begabung und ein solches Wissen
in geeigneter Weise darthut, welches dem Lehrziel der ober-
wähnten Unterrichtsanstalten nahezu entspricht;
die mit Erfolg bestandene specielle Aufnamsprüfung.
9'. 6.
Die Bedingungen für die Aufname in die Fachschulen sind
in der Regel das zurückgelegte 16. Lebensjahr;
nebst dem Nachweise der zum Eintritte in die Vorbereitungs-
schule nothwendigen Bedingungen die mit Erfolg bestandene
specielle Aufnamsprüfung, in welcher jener Grad der Zeichen-
fertigkeit und Kenntniss der Hilfsvwxissenschaften dargethan
werden muss, welcher für die betreffende Fachschule als Vor-
bedingung normirt ist.
Die Aufname in die Fachschulen ist eine provisorische; erst wenn
der Schüler genügende Befähigung und entsprechenden Fleiss gezeigt hat,
erfolgt die definitive Aufname.
Q. 7.
Der Besuch der Vorbereitungsscliule und der Fachschulen ist für
ordentliche Schüler im Maximum in der Regel auf je drei Jahre beschränkt.
Der Uebertritt aus einer Fachschule in die andere, während der Zeit
der provisorischen Aufname, ferner auch der gleichzeitige Besuch zweier
Fachschulen unterliegt, insoweit letzteres dem geordneten Studiengange
nicht entgegen ist, keinem principiellen Bedenken; doch hat über die be-
treffenden Gesuche der Lehrkörper von Fall zu Fall zu entscheiden und
hiebei sowohl die speciellcn Erfordernisse der Zweige der Kunstindustrie,
als auch die individuellen Bedürfnisse der Schüler zu berücksichtigen.
g. s.
Ausser der Ausbildung der ordentlichen Schüler verfolgt die Kunst-
gewerbeschule auch noch den Zweck Hospitanten zur Vervollständigung
ihrer künstlerischen Ausbildung Gelegenheit zu bieten. Diese Aufgabe der
Kunstgewerbeschule dürfte namentlich Zeichnern, Modelleuren, Werkführern
in Fabriken und Privatateliers, dann Jenen zu Gute kommen, welche in
bestimmten Fächern schon praktisch thätig sind und nur zur Ausfüllung
einer Lücke ihres Wissens und Könnens die Vorbcreitungsschtile oder eine
Fachschule besuchen wollen.
Die Bestimmungen des hinsichtlich der Dauer des Unterrichtes
haben auf Hospitanten keine Anwendung; diese sind für ihre Weiterbildung
weder an die Einhaltung eines bestimmten Lehrplancs, noch auch der
Stundeneintheilung der ordentlichen Schüler gebunden, sondern haben bei
ihrem Eintritt lediglich zu erklären, in welchen Stunden sie die Schule
frequentiren wollen und hiezu die spccielle Genehmigung des Fachpre-
fessors einzuholen. Dieselbch haben sich jedoch der Schulordnung strenge
zu fügen, und hängt sowohl ihre Zulassung, als auch die Dauer ihres Schul-
besuches mit Rücksicht auf die verfügbaren Localitäten von der Entschei-
dung des Lehrkörpers ab.
Das Schuljahr beginnt an der Kunstgewerbeschule mit z. October
und schliesst Ende Juli. Die regelmässigc Aufname der ordentlichen Schüler
Endet zwischen dem 1. und 4. October, die der Hospitanten an dem fol-
genden Tage statt.
ä. ro.
Jeder Schüler der Kunstgewerbeschule hat bei der Aufname ein für
allemal eine Taxe von H. zu entrichten, welche zur Vermehrung der
Lehrmittel verwendet wird. Von dieser Aufnamstaxe findet keine Be-
freiung statt. Das Schulgeld, welches in halbjährigen Raten Vorhinein zu
erlegen ist, beträgt jährlich ro H. für die Vorbereitungsschule, jährlich je
18 H. für die Fachschulen und den Lehrerbildungscurs. Bei nachgewie-
sener Mittellosigkeit und entschiedener Befähigung kann eine Befreiung
vom Schulgelde stattfinden. Die Entscheidung darüber steht dem Aufsichts-
rathe der Kunstgewerbeschule des Oesterreichischen Museums zu, an
welchen der Lehrkörper die bezüglichen Anträge zu stellen hat.
Die Hospitanten haben das Schulgeld Wenigstens für ein Semester
zu entrichten.
Die Bestimmungen über die Befreiung vom Schulgelde finden even-
tuell auch auf Hospitanten Anwendung.
ä. u.
Sämmtliche Materialien und Geräthschaften zum Zeichnen und Mo-
delliren hat der Schüler selbst beizustellen; die Vorlagen und Modelle
werden von der Schule beigestellt.
Für Beschädigungen am Mobilar oder an den Lehrmitteln haften die
Schüler und deren Eltern oder Vormünder solidarisch.
Q. 12.
Prüfungen finden nur über theoretische Fächer statt, welche in dieser
Studienordnung als obligat bezeichnet sind. Solche Prüfungen abzulegen,
ist jeder ordentliche Schüler verpflichtet. Besteht ein Schüler die Prüfung
mit schlechtem Erfolg, so kann derselbe zur Nachtragsprüfung nach Ab-
lauf der Ferien zugelassen werden. lst auch diese Nachtragsprüfung ohne
Erfolg abgelegt worden, so ist der betreffende Schüler verhalten, den nicht
bewältigten Gegenstand noch einmal, und zwar in dem darauf folgenden
Jahre zu hören. Die sonach vorzunehmende Wiederholungsprüfung
ist entscheidend für das fernere Verbleiben des Schülers an der Anstalt.
Ein ungünstiger Erfolg dieser letzten Prüfung hat die sofortige Aus-
schliessung aus der Schule zur Folge. Die gleiche Folge tritt, und zwar
sofort ein, wenn sich ein Schüler der Prüfung aus einem obligaten
Gegenstands absichtlich entzieht.
ä. 13.
Die Zeugnisse, welche von der Kunstgewerbeschule des k. k. Oester-
reichischen Museums für Kunst und Industrie ausgestellt werden, sind
folgende
Frequentationszeugnisse, d. h. Bestätigungen, welche nur
den thatsächlichen Besuch der Schule z. B. regelmässig, unter-
brochen u. s. f. ohne Rücksicht auf etwaigen Erfolg desselben
bescheinigen und den Schülern zu jeder Zeit über gehörig moti-
virtes Ansuchen ausgestellt werden.
Prüfungszeugnisse, welche den Erfolg einer Prüfung aus den
theoretischen Fächern bescheinigen.
Schulzeugnisse, welche nur den Schülern der Vorbereitungs-
schule am Schlusse jedes Jahres gegeben werden, und deren Ver-
halten, Verwendung und Erfolg darthun; endlich
Ahgangszeugnisse, welche sowohl nach vollständiger Absol-
virung der Vorbereitungsschule in welchem Falle die specielle
Ausstellung eines Schulzeugnisses lit. zu entfallen hat, als auch
nach Absolvirung der einzelnen Fachschulen ausgestellt werden,
und stets nicht nur die Art, die Dauer und den Erfolg des Be-
suches der Schule zu constatiren, sondern auch einen passenden
Hinweis auf die eventuelle praktische Verwendbarkeit und Be-
fähigung des Zöglings zu enthalten haben.
Derartige Abgangszeugnisse werden vom gesammten Lehrkörper der
betreffenden Schule unterzeichnet. Hospitanten haben nur auf Frequen-
tationszeugnisse Anspruch.
S. r4.
Die Arbeiten der Schüler werden alljährlich öHentlich ausgestellt.
Q. 15.
Als Hauptferien für die Kunstgcwcrbcschulc ist die Zeit vom
l. August bis Ende September bestimmt.
Jeden Samstag sind die Schullocalitätcn geschlossen.
lm Uebrigcn gelten bezüglich der Ferien die Bestimmungen, welche
an den Mittelschulen Geltung haben.
B. Bestimmungen betrejs der eingelnen Fachschulen.
r. Fachschulc für Baukunst.
Q. 16.
Die Fachschule für Baukunst umfasst im Allgemeinen die Lehre vom
architektonischen Style und von den architektonischen Formen, im Be-
sonderen ihre Anwendung auf jene Kunstgewerbe, welche es mit archi-
tektonischen Elementen zu thun haben. Sie lehrt also die Entwürfe der
Totalanordnung der Innenräume, dann jene des Mobilars und der Geräthe
in Holz, Metall, Stein, Thon, Porcellan u. s. f.
Den Gegenstand des Unterrichtes bildet vorerst das Studium Decom-
position ausgeführter, in den Kreis dieser Fachschule gehöriger kunst-
industrieller Objecte, verbunden mit Erläuterungen über Styl, Materiale,
Construction und künstlerische und technische Durchbildung derselben und
gleichzeitig die Anleitung zur Herstellung künstlerisch und technisch voll-
endeter Werkzeichnungen.
Die Schüler dieser Fachschule haben von dem Unterricht in den
theoretischen Gegenständen namentlich jenen in der Lehre von den Ge-
fässen und Geräthen zu besuchen.
Als höchste Stufe des Unterrichtes in dieser Fachschule besteht ein
specieller Atelier-Unterricht, welcher zwar zunächst der Fachschule für
Baukunst, aber auch in zweckentsprechender Weise den übrigen Fach-
schulen zu Gute kommen und den vorgeschrittensten und be-
gabtesten Zöglingen Gelegenheit geben soll, die praktische Ausführung
selbständig geschaffener grösserer Compositionen, namentlich die Total-
anordnung einzelner Innenräume eines Gebäudes oder der Innenräume
eines ganzen Gebäudes etc. etc. eingehend zu studiren und dadurch be-
fähigt zu werden, von der Schule unmittelbar in Ateliers überzutreten.
Als Vorbedingung zum Eintritt in diese Fachschule gilt ausser den
allgemeinen Erfordernissen des ä. die erlangte Fertigkeit im Zeichnen
figuraler und architektonisch-ornamentaler Details, ferner die Kenntniss
der Styllehre, der Projections- und Schattenlehre und der Perspective.
2. Fachschule für Bildhauer.
Q. 17.
Die Fachschule für Bildhauer lehrt das Modelliren und Bossiren
sowohl figuraler als auch ornamentaler Gegenstände, insoweit diese in den
Kunstgewerben zur Anwendung kommen, z. B. für Kunsttischlerei,
Stuccaturarbeiten, Goldschmiedearbciten, Arbeiten in Thon, Porcellan etc.
Für Zöglinge dieser Fachschule sind die Vorlesungen über Anatomie
und die Lehre von den Gefässen und Geräthen obligat.
Als Vorbedingung für den Eintritt in diese Fachschule ist ausser
den im angeführten Erfordernissen der Nachweis über die Fertigkeit
in tiguralen und ornarnentalen Details, ferner über die Kenntniss der
Proiections- und Schattenlehre, der Perspective und der Styllehre er-
forderlich.
Der Unterricht in dieser Fachschule bezweckt, den Zöglingen zunächst
durch das Studium der besten Meisterwerke der antiken Kunst und nach
dem lebenden Modelle die Fertigkeit plastischer Darstellung der mensch-
lichen, Thicr- und Ornamentformen zu verschaffen und ihre Fertigkeit
in der Modellirung figuraler und ornamentaler Gegenstände auszubilden.
Es wird den Zöglingen Gelegenheit gegeben, sich in den verschiedenen
plastischen Vortragsweisen auszubilden.
3. Fachschule für Zeichnen und Malen.
Q. I8.
Diese Fachschule hat das Zeichnen und Malen nach Vorbildern und
nach der Natur zum Gegenstande, soweit es zum Zweck der kunstge-
mässen Darstellung, sei es figuralischer, sei es ornamentaler Objecte auf
dem Gebiete der Kunstindustrie, sei es allgemeinhin künstlerischer Total-
decoration nothwendig ist. Der Unterricht in derselben bezweckt einer-
seits durch Studien nach den besten Meisterwerken der Antike und nach
dem lebenden Modelle den Zöglingen die Kenntniss der menschlichen Formen
zu vermitteln und die Fertigkeit im richtigen und sicheren Zeichnen von
Figuren nach dem Runden auszubilden; andererseits wird in derselben das
Malen von Blumen und Thieren nach der Natur, von Ornamenten nach
Vorbildern, ferner das Zeichnen von einschlägigen, ausgeführten kunstin-
dustriellen Objecten gelehrt; weiter bezweckt der Unterricht daselbst,
den Zöglingen an den vorzüglichsten Mustern des Kunstgewerbes und der
rein decorativen Kunst die Verwendung der menschlichen Figur, der
thierischen und Pllanzenformen als Ornament zu zeigen und sie zu lehren,
die einschlägigen Vorbilder entsprechend zu copiren und in Farbe darzu-
stellen, wobei Gelegenheit genommen wird, die verschiedenen in der Deco-
rationsmalerei üblichen Methoden und Techniken der Malerei Aquarell-,
Fresco-, Tempera- und Oelmalerei zu üben.
Die Kunstgewerbe, auf welche sich der Unterricht in dieser Fach-
schule bezieht, selbstverständlich mit specieller Pflege der besonders her-
vortretenden individuellen Begabung und Richtung, sind beispielsweise
die Wanddecoration im Grossen, das ganze Gebiet der Ornamentation für
Glas und Porcellan, für Email und Mosaik, für gewebte Stolfe u. s. w.
Die Schüler dieser Fachschule haben die Vorlesungen über die Lehre
von Gefässen und Geräthen und diejenigen, welche sich besonders mit
figuralern Zeichnen und Malen zu beschäftigen haben, auch jene über Ana-
tomie zu besuchen.
Als specielle Erfordernisse für die Aufnahme in diese Fachschule werden
ausser den allgemeinen Erfordernissen des S. die erlangte Fertigkeit im
Freihandzeichnen von figuralen Objecten, dann Thier-, Blumen- und Orna-
mentstudien nach plastischen Vorlagen, entsprechende Uebung im Zeichnen
nach dem Runden, endlich der Nachweis über die Kenntniss der Projections-
und Schattenlehre, der Perspective und der Styllehre gefordert.
ä. 19.
Nebst den bei den einzelnen Fachschulen schon erwähnten theore-
tischen Vorlesungen werden in einem entsprechenden Turnus für die Fach-
schulen auch Vorlesungen über Kunstgeschichte und über Geschichte der
Kunsttechnik abgehalten. Zu dem Besuch der zuletzt genannten Disciplin
sind diejenigen Zöglinge verpflichtet, denen dies mit Rücksicht auf ihren
künftigen Beruf als Fachlehrer angeordnet wird.
ä. 20.
Für das Atelier für Ciselirkunst, welches mit der Fachschule für
Bildhauerei verbunden ist, und für den Curs für künstlerische Anwendung
besonderer technischer Verfahrungsarten, welcher der Fachschule für Bau-
kunst und Bildhauerei verbunden ist, bestehen besondere Reglements.
ä. 21.
allen Fachschulen werden von den Professoren Compositionsauf-
gaben gestellt, die nach Thunlichkeit in der Schule nach dem Entwurfe
I0
auch praktisch ausgeführt werden können, seien es nun aus pädagogischen
Gründen gegebene Aufgaben, oder sei es, dass durch directe Bestellungen
wegen der gesteigerten künstlerischen Anforderungen die Unterstützung
durch die kunstgcbildeten Kräfte der Kunstgewerbeschule ausdrücklich in
Anspruch genommen wird.
Die Professoren aller Abtheilungen haben das Recht, einzelnen Zög-
lingen auch am Samstage, obwohl an diesem Tage ein eigentlicher Unter-
richt nicht stattfindet I5, den Zutritt in die Arbeitssäle zu gestatten.
C. Die Vorbereitungssehule.
Q. 22.
Die Vorbereitungsschule besteht aus zwei Ahtheilungen jener für
ornamentales und jener für figurales Zeichnen.
Der Unterricht umfasst
im Ornamentzeichnen Das Zeichnen nach plastischen und Flach-
ornamenten, ferner das Zeichnen und Aufnehmen kunstgewerhlicher
Gegenstände;
im Figurenzeichnen Das Zeichnen nach Gypstnodellen antiker
Köpfe und einzelner Körpertheile.
An grundlegenden theoretischen Disciplinen werden vorgetragen
Projections- und Schattenlehre, Perspective, dann Styllehre, mit praktischen
Zeichenübungen, in je Jahreseursen.
ä. 23.
Für die ordentlichen Schüler der Vorbereitungsschule ist der Besuch
beider Abtheilungen, sowie der Besuch des Unterrichtes in den theore-
tischen Gegenständen obligat.
Anhang
Instruction für den Zaichenlehrarcurs an der Kunstgaworheschulo das
k. k. llesterr. Museums für Kunst und Industrie.
Genehmigt mit Erlass des hohen k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht vom
a. Juni 1877, Z. 3696.
l.
Für diejenigen, welche sich zu Lehrern im Freihandzeichenfache aus-
zubilden die Absicht haben, wird an der Kunstgewerbeschule des Oesterr.
Museums für Kunst und Industrie ein Specialcurs eröiTnet. Die Dauer
desselben wird in den einzelnen Fällen von der individuellen Begabung
des Candidaten abhängig sein und darnach bemessen werden.
ä. 2.
Der Specialcurs umfasst als Minimum einen Zeitraum von Jahren,
wovon Jahre für die Vorbereitungsschule und Jahre für die Kunst-
gewerbeschule gerechnet werden. In Fällen, in denen die gänzliche Talent-
losigkeit des Schülers constatirt werden konnte, steht dem Lehrkörper die
sofortige Entlassung desselben zu. Hievon ist jedoch in jedem Falle der
Aufsichtsrat in Kenntniss zu setzen.
Wenn der Candidat in der Hilfswissenschaft eine ungenügende Prüfung
abgelegt hat, so ist ihm die Wiederholung des Curses und die Ablegung
einer Nachprüfung gestattet. Sollten auch bei letzterer keine befriedigenden
Resultate sich ergeben, so erfolgt die Entlassung unter denselben Modali-
täten wie im obigen Falle.
ä. 3.
Zum Eintritt in diesen Specialcurs werden entsprechend den 13
und 14 IV. des Statuts der Kunstgewerbeschule, erfordert
i. das vollendete 16. Lebensjahr;
2. der Nachweis über die beendeten Studien eines Untergymnasiums,
einer Unterrealschule oder einer vollständigen Bürgerschule;
3. der Nachweis über einen Grad der Zeichenfähigkeit, welcher mit
Wahrscheinlichkeit annehmen lässt, dass der Candidat nach einem
mehrjährigen Besuche die Befähigung zum Lehrfache erlangen werde.
o. 4.
Der Candidat hat während dieses mehrjährigen Curses sich eigen zu
machen
I. die entsprechende Fertigkeit im figuralen und ornamentalen
Zeichnen;
2. hat derselbe folgende theoretische Curse durchzumachen, deren
Reihenfolge nach Bedarf und verfügbarer Zeit von der Direction und dem
Aufsichtsrathe der Kunstgewerbeschule bestimmt wird
einen zweijährigen Curs über die Elemente der Projections-
und Schattenlehre und Perspective mit den entsprechenden Zeichen-
übungen, in dessen ersten Jahre Projections- und Schattenlehre,
und in dessen zweitem Jahre Perspective vorgetragen wird;
einen zweijährigen Curs über Styllehre mit den entsprechenden
Zeichenübungen;
den ganzjährigen Curs über Anatomie, und
den zweijährigen Curs über Kunstgeschichte.
Ueber diese theoretischen Gegenstände sind halbiährig Prüfungen
abzulegen d.
5. 5.
Zu Beginn seiner Thätigkeit in der Schule wird jedem Candidaten
von dem betreffenden Professor die Reihe der von ihm zu besuchenden
Vorträge bestimmt; ebenso werden demselben die entsprechenden Prü-
fungen vorgeschrieben.
ä. 6.
Nach Vollendung seiner Studien hat der Candidat in Gegenwart des
Directors der Kunstgewerbeschule, des Fachlehrers und eines Mitgliedes
des Aufsichtsrathes eine Abgangsprüfung abzulegen, in welcher er nach-
zuweisen hat, dass er den Anforderungen des 4. vollständig Genüge
geleistet hat.
ä. 7.
Als Abgangszeugniss erhält der Candidat ein motivirtes Zeugniss über
die an der Anstalt erreichten Erfolge.
Dieses Abgangszeugniss wird von dem Vorsitzenden des Aufsichts-
rathes vidirt.
ä. 8.
Jene Candidaten, welche nicht den regelmässigen Curs, sondern zur
Ergänzung ihres bereits erlangten Wissens und Könnens nur
einzelne Abtheilungen desselben zu besuchen beabsichtigen, können als
ausserordentliche Hörer faufgenommen und zur Ablegung einzelner.
der im aufgeführten Prüfungen zugelassen werden.
Solche Candidaten erhalten jedoch kein Alwgangszeugniss, sondern blos
Studienzeugnisse über ihre Leistungen in den frequentirten Gegenständen.
ä. 9.
Der Status der Lehramtscandidaten ist zum Zwecke der Kenntniss-
nahme Seitens des Aufsichtsrathes in fortwährender Evidenz zu halten und
am Jahresschlusse dem Ministerium mitzutheilen.
ä. io.
Für die Candidatinnen des Zeichenlehramts für jene Anstalten, an
denen Lehrerinnen Anstellung finden können, werden besondere Verord-
nungen erlassen werden.
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