Mirlllailunuan des k. k. Uestarreich. Museums
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrift für Kunst und Kunstgewerbe.
Am I. eines jeden Monats erscheint eine Nummer. Abonnementspreis per Jahr H. 4.-
Redacteur Edulrd Olunolan. Expedition von C. Gerold" Sohn.
Man abonnirt im Museum, bei Gerold Comp., durch die Postanstalten, sowie durch
alle Buch- und Kunsrhandlungen.
XIII. Jahrg.
Nr. 150.
Inlnlt Frauenarbeit im XVllI. Jahrhundert. Von A. ll Zwei kuustgewerbliche Zeitfr eu. Vortrag
von R. v. Eitel er er. iSchiuss. Die Wcifnnschts-Ausslellung im Oesterr. nseurn. Von
J. v. alke. llL ileramrbedchl. Kleinere Mittheiluugeu.
Frauenarbeit im XVIII. Jahrhundert.
Wenn wir in unserer für den Aufschwung des Kunstgewerbes einer-
seits und für die Hebung der Frauenarbeit andererseits begeisterten Epoche
soviele Bestrebungen bemerken können, deren Endziele auf die Einführung
guten Geschmackes im Gebiete der weiblichen Nadelarbeit gerichtet sind,
wenn wir die Thätigkeit von Staatsschulen und Vereinsschulen für den Zweck
betrachten und, wie natürlich, Vertreter des schönen Geschlechtes haupt-
sächlich mit der Durchführung hiehergehöriger Aufgaben beschäftigt finden,
so drängt sich wohl von selber die Frage auf wie stellten denn in älterer
Zeit sich die Frauen diesem Zwecke gegenüber? wie handhabten sie damals,
als sich weder Museen noch Schulen, noch Vereine der Sache annahmen,
die Fliege der Handarbeit im Grossen und Kleinen?
Die Beantwortung solcher interessanter Fragen könnte füglich zur
Aufzeichnung einer Geschichte der textilen Künste führen, indem deren
Karyatiden von jeher die Frauen gewesen sind, ein Thema, das für
unsern verfügbaren Raum wohl etwas zu gewaltig sein würde. Wir wollen
uns daher diesmal darauf beschränken, blos das XVIII. Jahrhundert ein
bischen in's Auge zu fassen; einmal weil es unserer Zeit gerade voraus-
gegangen und weiters, weil es gar so sehr im Rufe einer bösen Kunst-
periode steht, die man mit dem Schimpfnamen uZopfu abgethan und ad
acta gelegt zu haben beliebt.
In besagtem Zeitabschnitte fehlte es nun gar nicht an Frauen, welche
es sogar wagten, Musterbücher für die Nadelarbeiten ihrer Schwestern
herauszugeben, somit in die Reihe der Künstler für das industrielle Fach
einzutreten, und, wahrlich, sie durften es versuchen, da ihr Geschmack,
1878. XIII.
4.6
im Rahmen des allgemeinen Zeitstyles, sie wohl dazu berechtigte. Einige
Nürnbergerinnen, also Bürgerinnen der seit Jahrhunderten hochbedeutsatnen
deutschen Kunstmetropole an der Pegnitz, verdienen zuerst genannt zu
werden, deren Entwürfen der damals im Gewetbefach hervorragende Verlag
des Weigelschen Geschäftes zu ihrem Unternehmen diente. Eine solche
Meisterin war z. B. Margaretha Helm, die Helmin genannt, deren Gemahl
als ehrsatner Cantor an der St. Aegydienkirche dortselbst bestellt war.
lhr Musterbuch führte, nach dem Geschmacke des Säculums den lang-
athmigen Titel Kunst- und Fleissübende Nadel-Ergötzungen oder neu-
erfundenes Neh- und Stiele-Buch, worin dem, solche schöne Wissenschaft
liebenden Frauenzimmer. allerhand. zu vielen Sachen anständige Muster
und Risse nach der neuesten Facon zu deren nützlichen Bedienung, vor-
gestellt. Die Muster dieses Werkes athmen den echten Schnörkelstyl der
französischen Richtung, wie denn überhaupt die Mode jenes Landes fast
ausschliesslich in allen Nadelarbeiten der Zeit den Ton angibt; damals
glänzte am französischen Hofe unter dem vierzehnten Ludwig besonders
Frouny als berühmtester Kunststicker, dessen gestickte Prachtgewänder
europäischen Ruf besassen.
Jedermann weiss, dass um jene Zeit die weissen oder farbigen Staats-
fräcke sowie die Westen der eleganten Herren einen neuartigen bunten
Schmuck durch die Anbringung gestickter Ornamente erhielten, welche
man auf weissem, glanzlosen StolTe meist mit Chenillen auszuführen liebte,
auf dem glänzenden Seidengrunde aber mit, im Widerspiel dazu, glanz-
losen niedergenähten Schnürchen von allen Farbtönen. Blumen, Jagden,
Chinesereien, ja Vasen, Palmen, Schlangen u. drgl. waren die beliebtesten
Verzierungen zu diesem Zwecke. Die damals so sehr in Mode kommende
Chenille ist nun freilich aber eine bereits ältere Erfindung, deren bezeich-
nender Name von dem französischen Namen der Raupe hergenommen ist,
und das Schnürwerk in aufgenähter Application kennt auch in Deutsch-
land schon die Zeit Karls V., wie die damals erschienenen Musterbücher
für Dentelschnürwerk etc. beweisen. Fischart nennt dergleichen Arbeit
später Goldarbeit von goldstrimen, Purpurrimen, gulden Schniren, ver-
garnirt vnd verkernet; die ursprüngliche Heimat derselben scheint jedoch
Italien gewesen zu sein.
Ein ebenfalls in dem Weigel'schen Verlage, 1727-30 erschienenes
Musterbuch, welches gleichfalls eine Frau zum Autor hat, gibt aber dem
Schnür- und Chenillenwerk französischen Ursprung, was für die direct an
die Verfasserin gelangten Vorbilder auch ganz richtig sein mag. lhr Name
ist Margaretha Krausin aus Nürnberg, wo sie um 1770 noch gelebt haben
soll, das Werk aber führt den Titel Deutliche Vorstellung verschiedener
Risse zur löbl. Frauenzimmer-Arbeit, wie selbige bei Marseillen-Genähde,
niedergestocbenem Boden, Schnür-Chenillen-Arbeit, sammt andern nach
dem Leben mit Seiden genähten Laubwerk gebraucht zu werden pllegt.
Nach der neuesten acon, mit allerley beliebigen Abwechslungen inventirt.
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Einen guten Klang hatte auf dem Kunstgebiete der Name einiger
Frauen aus der Nürnberger Familie Fürst aus etwas früherer Zeit. Die
eine war Magdalena Fürstin, Tochter des dortigen Kunsthändlers Paulus
Fürst, der in der durch Dürei-"s Aufenthalt berühmt gewordenen Zissela
gasse wohnte. Sie war eine vorzügliche Miniaturmalerin, als solche Schülerin
der gefeierten Frankfurterin Sibilla Merian. Sie starb 1717 in Wien, für
dessen kaiserliche Bibliothek der berühmte Gelehrte Lambeccius ein von
ihr gemaltes Pflanzenwerk gekauft hatte. Hans Gulden, welcher von Mag-
dalena berichtet, gedenkt noch zweier anderer Töchter des Kunsthändlers
Fürst, deren eine wdas Kunstnähen liebt, die dritte das Kochenr- und macht
dazu die ganz richtige Schlussbemerkung "Sind also alle drei in der Lust
merklich verschieden." Rosina Helena Fürstin gab im Verlag ihres Vaters
ebenfalls ein Vorlagenbuch heraus und betitelte dasselbe Neues Modelbuch.
Von unterschiedlicher Art der Blumen und anderer genehten Mödel nach
jetziger Manier allen Liebhaberinnen dieser Kunst zum besten vorgestellt,
ein schönes Musterbuch, das mehrere Auflagen erlebte.
Selbstverständlich betheiligten sich neben diesen wackeren Frauen
fortwährend auch Männer sowohl an der Herausgabe von Vorlagen für
Stickerei als an der praktischen Handhabung der Techniken selber. Bei
Christoph Weigel, durch Albrecht Schmids Erben wurden derlei Bücher
häufig an's Licht gegeben, unter denen die Strickbüchlein besonders erwähnt
zu werden verdienen. Die hervorragendsten Prachtarbeiten für die Höfe,
weniger für Kirchen, für welche immer noch die Frauenklöster den
Bedarf deckten, wurden aber nach wie vor dem eigentlichen Profes-
sionisten des Faches, dem Kunststicker zu fertigen übergeben. Es gab an
den meisten Höfen Kammersticker mit permanenter Anstellung oder blossem
Ehrentitel, wie es ähnlich mit Kammermalern, Kammermusikern der Fall
war. Derartige Künstler von Renommee waren im vorigen Jahrhundert
Joseph Schenelly wohl ein Italiener Genelli königlich preussischer Hof-
Kunststicker, welchem sogar die bei den damaligen strengzlinftigen Ver-
hältnissen gar seltene Ehre zu Theil wurde, am ro. März 1774. von der
kais. Akademie der bildenden Künste in Wien als Mitglied aufgenommen
zu werden. Seine Stärke sollen naturalistische Blumen- und Obststücke
gewesen sein, welche er auf das Täuschendste in Seide darzustellen ver-
stand. Der Berliner Hof war dem Stickereifach überhaupt sehr geneigt
und beschäftigte für die neuerrichteten Schlösser in der Umgebung der
Residenz mehrere ausgezeichnete Meister, unter denen wir vorzugsweise
italienischen Namen begegnen, so um 1770 die Brüder Calamo, denen Be-
stellungen für Sanssouci übertragen waren. Auch ein Auswärtiger, der in
Baireuth ansässige W. Heinischek, welcher schon 1750 starb, erscheint
genannt; er verfertigte Goldstickereien für den Audienzsaal in Potsdam.
Gleichzeitig mangelte es in Deutschland und Oesterreich auch nicht
an ausgezeichneten Stickerinnen. In Zürich lebte um die Mittel des Jahr-
htlnderts Regula Strasser, deren Fertigkeit im Sticken von Insecten und
s48
Blumen gerühmt wird, in Leipzig Christiane Charlotte Zink um 1770, von
der eine schöne Altarverkleidung in der Spitalkirche herrührt, in Wien
Maria Anna Ruland, geboren daselbst im Jahre x733, welche hochbetagt
in ihrer Vaterstadt gestorben ist. Hier hatte an der grossen Kaiserin, an
Maria Theresia, die edle Stickerkunst eine bedeutsame Förderin gefunden.
wie dies zahlreiche Proben noch heute in den Sammlungen, sowie in den
Pararnentenkammern der Klöster beweisen. Die kaiserliche Schatzkammer
bewahrt z. B. unter dem Taufgeräthe des Herrscherhauses ein Krausen-
herndchen von Battist mit Goldstickerei und ein Röckchen mit Capuze,
ferner zwei herrliche Taufdecken, deren schwerer Brokat im bliihendsten
Barockstyl auf eine verschwenderische Art mit Gold und Perlen bestickt
ist, eine pomphafte Arbeit, welche zum Theil von Maria Theresia selbst
angefertigt sein soll. Auch die Textilsammlung des k. k. Oesterr. Museums
besitzt ein ausserordentlich prachtvolles Altarantependium, welches theils
in Seiden-, theils in erhabener Goldstickerei ausgeführt ist und den Na-
menszug der Kaiserin trägt. Aber auch auf den wichtigen Fabricationszweig
der erzgebirgischen Klöppelspitzen, welcher in jenen Gegenden seit der an-
geblichen Einführung aus den Niederlanden durch Barbara Uttmann in
der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts blühte, lenkte Maria Theresia
ihr Augenmerk, indem sie 1766 das Gewerbe durch ein Hofdecret als ein
freies erklärte, zu dem den Frauen der Zutritt nicht versagt werden dürfte.
Zu gleicher Zeit wurden Preise für die besten Arbeiten ausgesetzt und
i767 zwölftausend Gulden für eine Schule in Prag bestimmt. Als 1799
dann eine Frau, Johanna Margarethe Kehlmann, in Klingenthal den engl-
lischen Bobbinet-Spitzenwebstuhl einflihrte, wodurch der kunstreichen
Händearbeit ein so gefährlicher Rival erwuchs, dachte die Regierung daran,
ebenfalls durch die Errichtung von Schulen dahin zu wirken, dass die edle
Technik der fleissigen Hand daneben nicht in Vergessenheit gerathe und berief
deshalb geschickte Lehrerinnen aus Brüssel, welche in den Wiener Vor-
städten Unterrichtsanstalten etablirten, um von da aus wieder Kräfte nach
Böhmen senden zu können. Die Vorsteherin des Ganzen war Charlotte
van der Cruyce, welche Kaiser Franz sammt ihren Schwestern hatte kommen
lassen; ein Vorschuss von 60.000 Gulden stand dem Unternehmen zur
Verfügung und Alles wurde gethan, um nach der erfolgten Abtretung der
Niederlande die Spitzenindustrie in den Erblanden einzubürgern. Im
Jahre 1810 fertigten die ersten absolvirten Schülerinnen, mit denen man
dann die Schulen in Grasslitz, Ellbogen und Joachimsthal besetzte, als
Probestück eine grosse Decke, Apollo und Daphne vorstellend, welche
damals sogar in die Schatzkammer gegeben wurde. Leider erstarb das
Unternehmen nicht lange darnach.
Maria Theresia, deren Prachtliebe überall von edlem Geschmack und
Kunstsinn getragen erscheint, schätzte die Leistungen der Nadel hoch, sie,
die mächtige Gebieterin Oesterreichs, welche der Tradition nach das Leichen-
tuch ihres geliebten Gemahls eigenhändig genäht haben soll. Auf den Ge-
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mälden der Zeit, besonders auf ihren Porträts von der Hand des kunst-
fertigen Meytens, erblicken wir sie immer irn herrlichsten Schmuck von
Stickerei oder Spitzen. Ganz besonders prachtvoll sind zwei derselben
das Eine, im Besitz des Wiener Magistrates, stellt die schöne Frau in einer
glänzenden weissen Robe mit breiter, plastischer Bordüre von Goldstickerei
dar, das andere, Meytens' schönstes Werk. im Schlosse Schönbrunn, zeigt
uns den rosafarbnen Reifrock mit einem köstlichen Ueberwurf von Brüssler
Spitzen, deren originelles Palmenmuster ich in einem schönen Taufdeckchen
des fürstlichen Hauses Kinsky wiederzuerkennen glaube, das der Ueber-
lieferung zufolge ein Geschenk der Kaiserin ist. Meytens soll sich der Hilfe
eines eigenen Spitzenmalers, eines Franzosen, bei der Ausführung seiner
Damenporträts bedient haben.
Es fehlte somit nicht an vielfacher Anregung, Bestellungen, Schulen,
Ateliers und Musterbüchem für die Frauenarbeit im verflossenen Jahr-
hundert, so dass wir heute also im Fache vielfach erst wieder zu erneuen
haben, was eine vergangene Kunstepoche in ihrer Art bereits reichlich
besass. Dr. A. llg.
Zwei kunatgowerhlicho Zeitfragen.
gehalten im k. k. Oesterr. Museum am 3. November 1877 von R. v. Eitelberger.
Schluss
Alle Producte, welche aus der Zeit des Zunftwesens stammen, be-
zeugen die erworbenen Fertigkeiten in der Technik, welche in den da-
maligen Zeiten überhaupt erworben werden konnten. Man braucht nicht
weit zu gehen, um Beispiele aus dem gewerblichen Leben früherer
Zeiten anzuführen, da es im Laufe des verflossenen Jahrhunderts in ganz
Niederösterreich und im Salzburgischen, selbst in den kleineren Land-
städten, Tischler gegeben hat, welche sehr geschickt gewesen sind und
alle die technischen Fertigkeiten eines geschulten Tischlers besassen. Sie
haben eine Reihe von Schränken und anderen Mobilien mit eingelegter
Arbeit und von relativ guter Zeichnung geschalfen, wie sie in den dama-
ligen Zeiten von dem Mittelstande gesucht wurden, und die gegenwärtig,
wo wir sie noch finden, unsere Anerkennung hervorrufen. Die prachtvolle
Schreinerarbeit im Schlosse Velthurns haben die gewöhnlichen Tischler in
Brixen gemacht. Jedes reichere Kloster hat seine Haustischler und Maler
gehabt, die keine andere technische Schule besuchten als die sie in ihrer
Jugend bei ihrem Meister durchgemacht haben. Geht man den Gründen
nach, warum diese haroken Hausmöbel des kleineren Blirger- und Bauem-
standes unsere Aufmerksamkeit erregen und uns Freude machen, so ist
die Antwort wohl einfach die, dass diese Möbel technisch sehr gut ge-
macht, ruit Liebe und Sorgfalt ausgeführt sind. Solche Arbeiten setzen
voraus, dass die Gesellen als Lehrlinge, schon in jungen Jahren mit der
Technik in der Tischlerei vollkommen vertraut gemacht worden sind.
Ebenso verhält es sich mit der Schlosserei, Drechslerei und noch vielen
anderen Gewerben. Wenn man heutigen Tags in denselben kleineren Orten
Umschau hält und fragt, ob es gegenwärtig nicht vielleicht möglich
wäre, derartige Möbel zu erzeugen, so bekommt man zur Antwort, dass
bei der gegenwärtigen technischen Bildung unserer Handwerker die Er-
zeugung solcher Gegenstände absolut unmöglich sei. Kaum die einfachsten
Möbel werden jetzt an jenen Orten erzeugt, wo in der Zeit des Zunft-
wesens ganz gute Gegenstände gemacht worden sind. Das Zunftwesen
hat sich aber überlebt, die Wiederherstellung desselben ist eine absolute
Unmöglichkeit und Niemanden kann es auch nur im Traum einfallen,
diese Institution künstlich zu beleben. Das Zunftwesen ist abgestorben
aber leider ist mit demselben zugleich die gewerbliche Technik im
Handwerkerstande zu Grunde gegangen. Es drängt sich daher die Frage
auf, in welcher Weise man einen Ersatz für die Schulung in der gewerb-
lichen Technik finden kann.
Vor Allem richtete man seine Blicke auf die Schule und dachte, dass
man durch einen geregelten Unterricht, sei es in der Volks- oder Fort-
bildungsschule oder in der Fachschule einen Ersatz hiefür finden könne,
um dem jungen Handwerker eine solche technische Bildung beizubringen,
wie sie in der Blüthezeit des Zunftwesens gegeben wurde. Und gewiss
ist es, dass von der Schule Vieles zu erwarten ist, und dass für die Bil-
dung des jungen Künstler- und Handwerkerstandes bereits Manches von
der Schule geleistet wurde. Man richtete seine Aufmerksamkeit vorerst
auf die eigentliche Volksschule in der HoHnung, dass die Bildung in
der Volksschule dem jungen Handwerker auch für sein Fach zu Gute
kommen werde. Nach vollendeter Volksschule sorgte man in F0rtbildungs-,
Mittel- und Fachschulen für die technische Ausbildung des Handwerkers
direct oder auch indirect, ja man ging in neuerer Zeit noch einen Schritt
weiter, man schuf das Institut der lndustrial-Lehrer und lndustrial-Leh-
rerinnen, das Institut der gewerblichen Fachschulen, wo Jünglinge oder
Mädchen für einen bestimmten Zweig eines Handwerks erzogen werden.
Man legte ein besonderes Gewicht auf den Zeichenunterricht, sowohl in
der Volks- als in der Mittel- und Fachschule, in der Ueberzeugung, dass
für den grössten Theil der Gewerbe der Zeichenunterricht ein wesentliches
Mittel der Förderung sei, abgesehen davon, dass auch die Fertigkeit im
Zeichnen für die allgemeine Bildung des Jünglings sich im hohen Grade
nützlich erweist. Da man von dem Grundsatze ausgeht, für die Volks-
schule habe der Staat und die Commune zu sorgen, so wälzte man die
Hauptlast für die Heranbildung des jungen Handwerkers auf die breiten
Schultern des Staates und der Commune. Der Gewerbsmann und der
Industrielle und Handwerker entwöhnte sich fast vollständig für die hand-
werkliche Bildung zu sorgen. Der Staat nahm den Jungen bis zu seinem
14. Lebensjahre in seine pädagogische Obhut. Die Bestrebungen, die
gesammte Bildung im Handwerkerstande mittelst der Volksschule zu
heben, gehen auch durch die ganze gebildete Welt, und wir müssen glau-
ben, dass das was in der ganzen gebildeten Welt als richtig erkannt wird,
auch zu gleicher Zeit dasjenige sei, was für die handwerkliche und tech-
nische Bildung ausreiche und einenErsatz für die Schulung bieten werde,
welche in dieser Richtung früher im Gewerbeleben selbst erreicht wurde.
Aber trotzdem kann es keinem aufmerksamen Beobachter entgehen, dass
die gewerbliche Fortbildung, insbesondere die technische Fortbildung auf
dem Wege der Schule grossen Hindernissen begegnet; denn trotz der
Schulen klagen noch immer fort und fort Architekten, Handwerker und
das consumirende Publicum, dass unseren Handwerkern und jüngeren
Künstlern die entsprechende technische Fertigkeit fehlt, um den an sie
gestellten Anforderungen vollkommen gerecht zu werden. Die gewerbli-
chen Leistungen einerseits, und die Schulung für das Gewerbe anderer-
seits ergänzen und erklären sich gegenseitig. In der Zeit des Zunftver-
bandes war trotz aller Schattenseiten jener Periode der Arbeiterstand
durchgebildeter und leistungsfähiger, trotz des beschränkten Gesichtskreises
der damaligen Verhältnisse. Heurigen Tags ist der Arbeiter- und Hand-
werkerstand allgemein geschult, im Ganzen und Grossen gebildet, aber
seine technische Ausbildung ist eine vollständig oberflächliche und die
Leistungsfähigkeit in Folge dessen eine sehr geringe. Mit wenigen Worten
ausgedrückt heisst das Unsere Arbeiter wissen relativ sehr viel und
können relativ sehr wenig. Sie sprechen wenn nöthig gut, ar-
beiten aber schlecht, daher die allgemeine Klage Unsere Handwerker
verstehen ihr Metier nicht recht, unser Handwerk ist technisch herunter.
Vor Allem, und gerade aus industriellen Bezirken vernimmt man die
Klage, dass die Volksschule zu lange dauert, und dass die Knaben, die
erst mit vollendetem 14. Lebensjahre der Volksschule entwachsen, zu spät
zu jenem Handwerk kommen, dem sie sich widmen wollen. Dazu kommt
noch, dass bei den meisten Fachschulen das vollendete 14. Lebensjahr
als Vorbedingung zum Eintritte in dieselbe gestellt wird. Der Knabe be-
ginnt daher erst nach vollendetem 14. Jahre sich mit seinem Handwerk
zu beschäftigen. In der Regel tritt der Junge aus der Volksschule in das
Gewerbe, und nur ein kleiner Bruchtheil kann in eine Fach- oder Ge-
werbeschule eintreten. Er ist im besten Fall auf die Fortbildungsschule
angewiesen. Aber auch diese ist ihrer ganzen Organisation nach nicht für
die technische sondern für die allgemeine Bildung eingerichtet. Von dem
Technischen seines Handwerkes lernt er eigentlich bis zum 15. Lebens-
jahre fast nichts. Er bleibt technisch ein Dilettant, während er in frü-
herer Zeit mit diesem Alter Herr seiner Technik wurde. Hinc illae lacrimae.
Die Volksschulgesetze bezwecken nur die allgemeine Bildung;
es sollen die Kinder sittlich religiös erzogen, ihre Geistesthätigkeit
soll entwickelt werden, es sollen jene Kenntnisse und Fertigkeiten erworben
werden, welche die Grundlage schaEen, einen tüchtigen Menschen für
das Gemeinwesen heranzuziehen. Von einerhandwerklichen Bildung
ist und kann keine Rede sein. Das Volksschulgesetz führt unter den zu er-
lernenden Gegenständen, Religion, Deutsche Sprache, Rechnen, Schreiben, das
Wissenswerthe aus der Naturkunde, Geschichte, mit besonderer Rücksicht-
nahme auf das Vaterland, geometrische Formenlehre, in neuerer Zeit auch
Zeichnen und Leibesübungen auf, lauter Gegenstände, die allerdings,
wenn sie der Fassungskraft und den Verhältnissen entsprechend gelehrt
werden, mit dazu beitragen mögen, die Jugend zu tüchtigen Menschen
heranzubilden und zu nützlichen Mitgliedern des Gemeinwesens zu machen.
Doch jene Knaben, welche das 14. Lebensjahr erreicht und alle diese
Gegenstände gut, man kann sagen sehr gut erlernt haben, werden doch
amEnde durch dieDeutsche Sprache, Rechnen, Schreiben, Zeichnen und geo-
metrische Formenlehre für das Gewerbe nur allgemein vorgebildet, ohne
dass für die handwerkliche, für die technische Bildung damit etwas ge-
schehen wäre. Das Einzige was als Vorbereitungsunterricht für die technische
Bildung gelten kann, ist Zeichnen und geometrische Formenlehre, aber
wie die Dinge factisch stehen, ist das Zeichnen, wie es in dem grössten
Theil der Monarchie gegenwärtig in der Volksschule geübt wird, in der
Kindheit der Entwicklung und es wird einer consequenten Arbeit bedürfen,
um dem Zeichenunterricht in der Volksschule jene Stellung zu verschaEen,
in welcher er einen fördernden Einfluss auf die gewerbliche Bildung nehmen
kann. Selbst in industriellen Gegenden ist der Zeichenunterricht in der
Volksschule ausserordentlich wenig entwickelt.
Die Mädchen sind in einer relativ besseren Lage als die Knaben,
denn sie lernen nach 78, Seite 62 des Volksschulgesetzes Stricken,
Häckeln, Nähen, vorzugsweise Weissnähen, Zeichnen der Wäsche und Zu-
schneiden, also Arbeiten, welche für den künftigen Beruf des Mädchens
von besonderer Wichtigkeit sind. Dadurch werden dem Mädchen alle
jene technischen Fertigkeiten beigebracht, welche dasselbe in der Regel
künftig verwerthen kann. In einer etwas besseren Lage befinden sich jene
wenigen Knaben, welche eine Ackerbauschule besuchen, denn es ist gesetz-
lich dafür gesorgt, dass die Ackerbauschule mit der Volksschule in einem
innigen Zusammenhange steht, so zwar, dass die Frequentanteu eine all-
gemeine Bildung erhalten, so wie dies für die Volksschule vorgeschrieben
ist und andererseits jene Fachbildung geniessen, die für den künftigen
Landmann unerlässlich nöthig ist. Am schlechtesten sind in dieser Beziehung
ohne alle Frage jene Jungen daran, welche sich einem Gewerbe widmen
und unter diesen wieder besonders diejenigen, welche sich einem Kunst-
gewerbe zuwenden, das in den Fachschulen gelehrt wird, da hier wieder
gesetzlich vorgeschrieben ist, dass die Schüler bereits das 14. Lebensjahr
erreicht haben müssen. Der Junge, welcher aus der Volksschule in eine
Fachschule ühertritt, ist genöthigt, mindestens ein oder zwei Jahre für seine
weitere Ausbildung im Zeichnen zu verwenden. So wichtig es ist, die Volks-
schule zur Pfiegestätte für die Heranbildung tüchtiger Menschen für das
Gemeinwesen zu machen, und so schön es ist, dass man schon den Knaben
in der Volksschule die Elemente der Erdkunde, der Naturkunde, der Ge-
schichte lehrt, so ist damit doch ausserordentlich wenig für die gewerb-
liche Bildung, deren gewiss ein grosser Theil der Schüler bedarf, gethan.
Das, was der künftige Gewerbsmann für den unmittelbaren Betrieb seines
Geschäftes unerlässlich nöthig hat, den Sprachunterricht, das Rechnen, das
Schreiben und das Zeichnen, das ist nur ein Theil dessen, was er wirklich
für seinen Lebensberuf benöthigt.
Die Lücken in unserer elementaren gewerblichen Bildung denn
davon ist hier allein die Rede sind auch unseren Gesetzgebern nicht
entgangen, und man hat daher die gewerblichen Fortbildungsschulen ge-
schaffen, um den Handwerkslehrlingen und selbständigen Handwerkern
Gelegenheit zu geben, sich für ihren Beruf weiter auszubilden, wenn sie
bereits der Volksschule entwachsen sind. Das Fortbildungswesen aber ist
vielleicht der wundeste Punkt im ganzen gewerblichen Unterrichtssystem,
nicht nur in Oesterreich, sondern auch in Deutschland. Ein Fachmann auf
diesem Gebiete, der soeben eine sehr lehrreiche Brochüre über den indu-
striellen Rückgang herausgegeben hat, sagt ganz richtig "Das ganze Fort-
bildungsschulwesen ist nichts weiter als das unerfreuliche Eingeständniss,
dass in unserer Volksschule nicht einmal das im bürgerlichen Leben auch
für den Allergeringsten erforderliche Mass von Elementarkenntnissen er-
worben wirdm Dann "Der Gewerbetreibende bedarf einer bedeutend
höheren Bildung, als er sie gegenwärtig durch die Volksschule erlangen
kann. Eine gründliche Fachbildung ist bei Festhaltung der bisherigen Formen
des Lehrlingwesens innerhalb der Werkstätte nicht zu erzieleniü.
Niemand wird sich darüber täuschen, der nicht getäuscht sein will
dass die in der Volksschule zu erreichende elementare gewerbliche Bildung
eine sehr geringe ist, Bei dieser Sachlage habe ich das Augenmerk vor Allem
auf kunstgewerbliche Fachschulen gerichtet. An allen diesen Orten wiederholt
sich die Klage von Seite der Gewerbetreibenden, indem sie betonen, dass sie
gerne ihre Knaben und Lehrlinge in die Fachschule schicken würden, wenn
nicht die Bedingung gestellt wäre, dass dieselben vorher die Volksschule ab-
solvirt, und das 14. Lebensjahr erreicht haben müssten. Das sind die meisten
Familien der kleinen Gewerbetreibenden zu leisten nicht im Stande, und ver-
zichten daher auf den Eintritt ihrer Kinder in die Fachschule. Denn ein Junge,
der bereits 14 Jahre alt geworden ist, muss auch dazu sehen etwas zu
verdienen und kann daher unmöglich noch bis Jahre in irgend einer
Fachschule zubringen. Würde es hingegen möglich sein, den gewerblichen
Fachunterricht mit der Volksschule in irgend eine directe oder indirecte
Verbindung zu bringen und zwar so, dass der Fachunterricht in der Volks-
Dr. K. Bücher, v-Die gewerbliche Bildungsfrage und der industrielle Rückgang-w.
Eisenach 1877. S. 38.
94.
schule beiläufig rnit dem 8. oder 9. Jahre beginnt, so würde damit ein
doppelter Gewinn erzielt. Denn es würde einerseits ein tüchtiges Schüler-
material für die Fachschule herangebildet und andererseits den Knaben
schon in frühen Jahren eine gewisse technische Fertigkeit für ihren künftigen
Beruf beigebracht werden, die dann dem Lehrling und Gesellen oder auch
dem Künstler und dem Zögling einer Fachschnle sehr zu Statten kommen
dürfte. Alle Achtung vor der allgemeinen Bildung; aber es scheint mir,
dass heutigen Tags die Anforderungen an die allgemeine Bildung zu leicht
übertrieben werden, und dass jene Anforderungen viel zu gering geschätzt
werden, welche dem Bedürfnisse des Standes entsprechen, dem sich der
Knabe" als seinem künftigen Lebensberufe widmen will. ln einzelnen Fällen
hilft sich der Lehrer selbst, und speciell ist es mir bei Gelegenheit des
Besuches einer Fachschule vorgekommen, dass der Lehrer instinctiv,
möchte ich sagen, in das Gebiet der Volksschule übergegritfen, und einen
gewissen Theil des Volksschulunterrichtes in seine Hände genommen hat,
gegen das Gesetz oder vielmehr weit über dasselbe hinaus. In dieser
Schule, es ist eine Holzschnitzschule, sollten Schüler aufgenommen werden,
die zwar schon r4 Jahre alt waren, jedoch im Zeichnen noch so ungeübt
gewesen sind, dass sie erst in der Fachschule bis Jahre im Zeichnen
unterrichtet werden mussten, bevor man daran gehen konnte, dieselben
im Holzschnitzen zu unterweisen. Der Lehrer der Fachschule fand daher,
dass nach den localen Verhältnissen die Schule in der Luft stehe, wenn
dieser Zustand permanent bleiben würde, und er traf ein Uebereinkommen
mit dem betreffenden Volksschullehrer, der im Zeichnen nicht hinreichend
geübt war, nach welchem jene Knaben, welche sich für die Fachschule
vorbereiten wollen, ausser ihrer Schulzeit in der Fachschule im Zeichnen
unterrichtet werden, natürlicherweise ohne Zwang. Und siehe da, es fanden
sich 40-50 Knaben, welche jeden Tag bis Stunden freiwillig zeichnen,
die Herdtlzfschen Vorlagen trefilich benützen, und jene Fertigkeit im
Zeichnen erwerben, dass sie in die Holzschnitzschule eintreten können. Ich
bin überzeugt, wenn diese Knaben ein paar Jahre, während sie noch in
der Volksschule sich befinden, zeichnen, so werden sie auch in der Zeit,
in welcher der Knabe in die Volksschule geht, zu schnitzen beginnen und
schon eine gewisse Fertigkeit in die Fachschule oder, wenn er in die Lehre
geht, in die Werkstatt mitbringen. Der Lehrer hat sich auf diese Art ein
passendes Schülermaterial geschaffen und sich überdies den Dank der Be-
völkerung erworben, denn die Eltern sind froh, wenn ihre Jungen, statt
mlCh der Schule herumzulungern, 2. bis Stunden in der Schule zeichnen.
Es ist dies ein vereinzelter Fall, doch gibt er einen deutlichen Finger-
zeig, dass es möglich ist und sich als nützlich erweist, die gewerbliche
Bildung mit der Volksschule in einen innigen Contact zubringen. Ueberall,
wo eine l-lausindustrie existirt, wie in Tirol, Böhmen, Salzburg oder in
Galizien etc., überall wo ein bestimmtes Kleingewerbe zahlreich vertreten
ist, müsste die elementare gewerbliche Arbeitsschule den Boden für das
System der Fachschulen vorbereiten. Sonst steht letzteres halb und halb
in der Luft. Da die Fachschulen selbst im Geiste der Zeit liegen und um
directesten zur Förderung der Gewerbe beitragen, so darf nichts versäumt
werden, sie zu consolidiren. Es ist vielleicht nicht nöthig, die erwähnte
elementare gewerbliche Arbeitsschule überall obligatorisch zu machen,
es ist das weder nöthig, noch möglich. Aber es ist diese dort wünschens-
werth, wo der Boden für ein gewerbliches Leben vorhanden ist, und wo
alle Umstände sich vereinigen, die Kinder schon frühzeitig zu gewerblicher
Thätigkeit heranzuziehen.
Nichts ist schädlicher als das Generalisiren. Aufgaben des gewerb-
lichen Unterrichtes sollten immer concret behandelt, und auf concreter
Basis durchgeführt werden. Wie zur Zeit Friedrich des Grossen 1765
die mit der Volksschule verbundenen Spinnschulen', durch die Ausdehnung
des Spinnunterrichtes auf alle Volksschulen, Schilibruch litten, so würde
auch der elementare gewerbliche Unterricht in der Volksschule durch ein
unnöthiges Generalisiren geschädigt, denn jeder, welcher die Bedürfnisse
des Gewerbemannes, insbesondere die Bedürfnisse der eigentlichen Industrie-
gebiete, wo I-Iausindustrie getrieben, oder eine grosse locale Industrie
geübt wird, zu beurtheilen weiss, wird sagen müssen, dass wenn man
durch die Schule dem Gewerbestande oder den eigentlichen Gewerbe-
treibenden eine Wohlthat zu erzeigen beabsichtigt, dies nur dadurch ge-
schehen kann, indem das Problem gelöst wird, eine elementare ge-
werbliche Arbeitsschule, die noch nicht existirt, zu schaffen und mit
der Volksschule in eine innige Verbindung zu bringen. Be-
strebungen ähnlicher Art treten in England, besonders in Dänemark auf.
Ich habe diesen Gedanken mit einigen Gesetzeskundigen ventilirt, und die
Meinung aussprechen hören, dass das bestehende Volksschulgesetz nicht
absolut hinderlich sei, diese Idee zu realisiren. Wird dieser Gedanke
von Fachleuten acceptirt, so wird die Form gefunden werden können, um
dem pädagogischen Probleme der Verbindung der Volksschule mit der
gewerblichen Arbeitsschule zum Durchbruche zu verhelfen.
Um mich mit voller Deutlichkeit aussprechen zu können, sei es mir
noch gestattet, das Gebiet der Kunst zu berühren, das ja mit der ge-
werblichen Technik in einem ganz innigen Zusammenhange steht. Denn,
wenn man frägt, worin liegt der Unterschied zwischen der Kunstbildung
unseres Jahrhunderts und der Kunstbildung des 15., 16. und 17. Jahr-
hunderts, so wird derselbe wesentlich darin gefunden werden, dass die
Künstler der gegenwärtigen Zeit in der Technik ausserordentlich unsicher
sind, trotz ihrer grossen geistigen Bildung, während die Künstler des 15.,
16. und 17. Jahrhunderts relativ weniger gebildet, aber in der Technik
ungemein geübt waren und mit Sicherheit arbeiteten. Der Grund, warum
die Sicherheit auf der einen Seite vorhanden war, während anderseits die
Beckmann, wßeiträge etc.- Göttingen 1791. XII. Band, S. 195 E.
Unsicherheit bei unsern Künstlern zu linden ist, ist darin zu suchen, dass
die Künstler der neueren Zeit zur Uebung in den technischen Fertigkeiten
des Malens und Modellirens viel zu spät zugelassen werden, während die
Künstler der früheren Jahrhunderte die technischen Fertigkeiten schon in
Knaben- und Jünglingsjahren erlernt haben. Wir wissen, dass Tizian,
Tintoretto und Rafael in sehr jungen Jahren sich der Kunst widmeten,
in die Bottega oder wie wir jetzt sagen würden, in das Studio oder
Atelier ihrer Lehrer kamen. Bei den Niederländern und Deutschen haben
wir, insbesondere bei ersteren, zahlreiche Aufzeichnungen in den Pfarr-
matrikeln und Liggeren, die alle zeigen,iwie früh die Künstler in die
Lehre kamen und wie früh sie fertig wurden. Paul Potter zeichnet Ra-
dirungen schon im 18. Lebensjahre mit seinem Namen, van Dyck ist in
seinem 19. Lebensjahre in die Malergilde aufgenommen worden, Berghern
kam im 11., Adrian van Ostade im 13. Lebensjahre zu dem Meister.
Dürer und Holbein ergriffen den Wanderstab, nach vollendeter Lehrzeit,
vor dem 19. Lebensjahr, und wir dürfen voraussetzen, dass die Väter des
Jan Weenix, Lucas v. Leyden u. A. die Zustimmung zur Vermälung wohl-
nicht ohne alle Vorsicht gegeben haben, da ersterer im 18., letzterer im
21. Lebensjahre heiratete. Letzterer war drei Jahre früher selbständiger
Künstler. Nicht wenige Maler waren früher in der Lehre bei einem Golde
schmiede, bevor sie sich der Malerkunst gewidmet haben. Es geht durch
die Leistungen der ganzen Renaissance- und Barokezeit ein jugendfrischer
Zug, der uns Allen wohlthut. Die Phantasie der Künstler ist nicht durch
geistige Ueberfüllung, einseitiges Ausbilden des Verstandes und Gedächt-
nisses geschwächt worden, wie es jetzt bei Künstlern und Handwerkern
der Fall ist. Als der Vater des Michel Angelo seinen Sohn am i. April 1488
zu den Ghirlandajds auf drei Jahre in die Lehre verdingte, um ihn als
Maler auszubilden, war M. Angelo 13 Jahre alt. Der Vater M. Angela's
schickte den Jungen nicht in eine allgemeine Volksschule oder in eine
allgemeine Realschule oder sonst in irgend eine Mittelschule, wo er viel-
leicht Schreiben, Erdkunde, Naturkunde, vaterländische Geschichte, T-urnen,
die Elemente der Verfassung hätte lernen können, sondern directe in eine
Werkstatt, und dort hat M. Angelo nicht das gelernt, was die moderne
Volksschule verlangt, sondern er hat das gelernt was er brauchte, um ein
tüchtiger Maler, ein nützliches Mitglied der Malergilde zu werden, und
das ist ihm, dem Meister der Sixtina in vollem Masse gelungen. Dass
M. Angelo seine Bürgerpflicht sehr tapfer und intelligent in späteren Jah-
ren erfüllt hat, ist, nebenbei bemerkt, männiglich bekannt. Auch Rafael
war bereits in seinem 17. Lebensjahre ein fertiger Künstler und war schon
früher im Stande seinem Meister zu helfen. Bei Dürer ist es ebenfalls so
gewesen. Van Dyck war im I9. Lebensjahre so weit ausgebildet, dass er
ein grosses Altarbild zu malen im Stande war, und so könnte ich eine
Menge Beispiele aus der Kunstgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts
anführen, aus denen deutlich hervorgeht, dass die Maler der damaligen Zeit
schon mit 16 und x7 Jahren in den technischen Fertigkeiten vollständig
zu Hause waren, was heutigen Tages in keiner Akademie und in keiner
Malerschule der Welt erreicht werden kann, weil alle jungen Jahre für die
Erwerbung der allgemeinen Bildung, und zwar einseitig absorbirt werden,
und daher für die Erwerbung technischer Fertigkeiten keine Zeit übrig bleibt.
Auch machen die technischen Fertigkeiten dem Knaben Vergnügen, er
erlernt dieselben sozusagen spielend; es ist ein Bedürfniss der Jugend sich
mit der Hand werkthätig zu beschäftigen, während die Erlernung der
technischen Fertigkeiten in späterer Zeit oft eine harte Arbeit ist. Viele
Künstler sind daher, so geistig ausgebildet sie sein mögen, technisch doch
nur mangelhaft geschult, und leiden durch ihr ganzes Leben hindurch an
dieser mangelhaften technischen Schulung. S0 in der Kunst! Und im
Gewerbeleben sollte es Anders sein?
Würde das Atelierleben in der Kunstwelt, die Werkstatt im Hand-
werkerstande in voller Blüthe stehen, so brauchte man weder eine Aka-
demie, noch eine Fachschule noch eine elementare Arbeitsschule son-
dern wir sagten den Knaben und Jünglingen, geht in das Atelier, wie zur
Zeit Rafaels oder Rubens, oder geht in die Werkstatt, sie lehrt euch das
Handwerk. Aber weder das Eine noch das Andere können wir thun,
denn gute Ateliers und musterhafte Werkstätten gehören zu den grössten
Seltenheiten. Da aber innerhalb der Werkstätte eine gründliche Fach-
bildung nicht zu erzielen ist, so drängt in Deutschland Alles zur Fach-
schule undLehrwerkstätte. Bei diesem Zustande der Werkstätten hat
sich in den Köpfen unseres Arbeiterstandes die Idee festgestellt, der Staat
müsse für die gewerbliche Bildung allein sorgen. Es ist ja die möglichste
Ausbeutung des Staates durch den Einzelnen auf der einen Seite und die
weitgehendste Ideologie auf der anderen, gesetzgeberischen Seite die
Signatur der Zeit. Der Staat soll für Alles sorgen, für Alles verantwort-
lich sein der Einzelne debarrassirt sich seiner Pflichten und die ideo-
logische Gesetzgebung acceptirt den Stand des Egoismus des Einzelnen.
Für die Kunst und das Gewerbe ist die Technik absolut nöthig, und
es ist daher unerlässlich, dafür zu sorgen, dass die technischen Fertig-
keiten schon in jungen Jahren erlernt werden. Es muss ein Modus ge-
funden werden, um die gewerbliche Arbeitsschule mit der Volksschule zu
verbinden, wenn nicht die erwähnten Uebelstände von Generation zu
Generation sich forterben sollen, denn heutigen Tags leidet der Gewerbe-
stand an dem Uebel, dass er keine ordentlichen Arbeiter hat, keine Hilfs-
arbeiter, welche von Jugend auf für das Gewerbe vorbereitet werden.
Für die kunstgewerblichen Fachschulen speciell ist es eine Lebensfrage,
dass diese Lücke in unserer gewerblichen und unserer Schulbildung aus-
gefüllt und die kunstgewerbliche Arbeitsschule mit der Volksschule in eine
directe Verbindung gebracht werde. Das ist ein Vorschlag, den ich schüch-
tern hier ausspreche, wohl wissend, wie schwierig die Lösung desselben ist.
Die Vleihnachts-Ausstellung im Ooslarr. Museum.
Von J. v. Falke.
Ill.
So manche gute und anerkennenswerthe Arbeiten die Metallindustrie
auf die Weihnachts-Ausstellung gesendet, so bieten sie uns doch wenig
Veranlassung zu neuen Bemerkungen allgemeiner oder lehrreicher Art,
und nur um diese ist es uns bei unserem Berichte zu thun, nicht um
eine eigentliche Kritik des Ausgestellten. Indessen gibt es einzelne vor-
ragende Erscheinungen, einzelne specielle Zweige oder Richtungen, die
nicht mit Stillschweigen zu übergehen sind.
Wenig zahlreich sind diesmal die Bronzen vertreten und zwar aus
keineswegs bedauerlichen Ursachen. Es ist die zunehmende Arbeit und
besonders auch die Beschäftigung für Paris, welche die vorhandenen
Kräfte gänzlich in Anspruch nehmen. Was erschienen ist, vor Allem
eine Collection brauchbaren Geräthes von Hollenbach, desgleichen eine
grosse Anzahl meist kleinerer emaillirter Gegenstände von Jäger St Thiel,
ist gewohnte und willkommene Erscheinung. Das vorragendste Stück auf
dem ganzen Gebiete ist ein nach Storck's Zeichnung ausgeführter Luster
von Hanusch 8a Dziedzinski, reich im Detail, edel in der Form,
vollendet in der Ausführung. Es ist derselbe, welcher im Concurse zu
Amsterdam den ersten Preis erhielt.
Mehr als die Bronzen treten diesmal die Eisenarbeiten in den Vor-
dergrund. L. Wilhelm und J. Gridl zeigen in Candelabern, Gittern,
Leuchtern eine Reihe Arbeiten, die diesen der Architektur so eng ver-
bundenen Zweig der Kunstindustrie in stets zunehmendem Aufschwunge
erkennen lassen. lst auch der BegriE der geschmiedeten Arbeit dabei
nicht immer buchstäblich zu nehmen, tritt auch die Maschine helfend ein
und macht manches Blatt, manche Blume fertig, gerade nicht zu ihrem
oder des Ganzen Vortheile, ist auch das Eisen nicht immer richtig ange-
wendet, da bei kleineren Gegenständen Bronze oder Messing oft besser
am Platze wären so ist doch der Umschwung, der bei diesen Arbeiten
im Gegensatze zum Gusse eingetreten ist, ein durchaus erfreuliches Zeichen.
Mit ihm erst erhalten die Eisenarbeiten, die ehemals auch künstlerisch so
grossartig und glänzend getrieben wurden, Styl und Charakter.
Eine positive Neuerung zeigt auch unter den Metallarbeiten die
diesjährige Weihnachts-Ausstellung, eine Neuerung, von welcher wir aber
nicht ohne weiters behaupten wollen, dass sie richtig ist oder eine Zu-
kunft hat. So wie sie ist, ein Plafond in Zinkguss, in hohem Relief, mit
Ueppigkeit und Kühnheit entworfen und decorirt, ist sie allerdings, für
sich betrachtet, immerhin eine bedeutende Leistung. Der Verfertiger,
A. Winkler, denkt sich diesen Plafond nur als Theil eines metallenen
Zimmers, gewissermassen einer erweiterten feuersicheren Casse, dessen
Wände und Fussboden gleich dem Plafond aus Metall herzustellen seien.
59
Oh" ein solches Zimmer nothwendig ist oder sich als praktisch erweisen
wird, überlassen wir competenteren Leuten und der Zukunft. Schwerlich
wird aber ein feuersicheres Gemach, auch für eine kaiserliche Schatz-
kammer, eine so reiche und kostbare Decoration verlangen und eben so
schwerlich ein Salon sich mit Metall decken. Indessen als Ausstellungs-
gegenstand, als Zeugniss der Leistungsfähigkeit mag man auch diese Arbeit
sich gefallen lassen.
Will man die Schöpfungen der Goldschmiedekunst von einem abso-
luten Standpunkte aus richtig beurtheilen, so hat man vor Allem auf die
Schönheit der Zeichnung in Composition und Detail sowie auf die Feinheit
der Arbeit zu sehen. Am Mangel an beiden krankten die bisherigen Ge-
genstände und die unsrigen zumal; die französischen hatten bei ihrer
überaus grossen Willkür in der Composition wenigstens den Vorzug einer
zierlichen Ausführung. Auf diesem Standpunkte der französischen Schmuck-
arbeiten steht in der Weihnachts-Ausstellung die ganze Collection von
S. Politzefs Söhnen, höchst willkürlich in der Erfindung, aber doch
von sorgfältiger und zierlicher Arbeit. Den anderen Standpunkt nahmen
schon bisher auf unserer Ausstellung V. Meyer's Söhne ein; sie haben
ihn auch diesmal festgehalten und wiederum eine Anzahl Gegenstände
von wirklich künstlerischer Erfindung uns vor Augen geführt. Unter
ihnen prangt vor Allem ein Halsband und ein Diadem nach antiker Art.
Wir constatiren mit Vergnügen, dass diese Art des Schmuckes, in
welcher lange Zeit Castellani einzig dastand, auch in Oesterreich festen
Fuss gewinnt. Neben Mayer's Söhnen haben Rainer's Erben, welche
dieses Jahr zum ersten Male auf der Weihnachts-Ausstellung erscheinen,
die gleiche Richtung eingeschlagen; in ihrer Collection zeichnen sich
insbesondere einige Brochen und einige andere Gegenstände von reiner
durchbrochener Goldarbeit in zierlichster Zeichnung aus. Beide Firmen
haben auch verschiedenes Geräth in Silber ausgestellt, das sich ganz auf
dem richtigen Wege befindet, Gegenstände für die Tafel oder den Thee-
tisch in den fein profilirten Formen des sechzehnten Jahrhunderts ge-
halten, aber freie Erfindung.
Was an diesen Arbeiten anzuerkennen ist, das Streben nach guter
Composition und Zeichnung, das fehlt leider noch vielen Metallarbeiten
verwandter Zweige. Dahin gehören die Tauschir-Irnitationen wie die ver-
schiedenen Niello-Arbeiten. Die Einen wie die Anderen streben nach Po-
pularisirung einer überaus feinen Technik, wogegen an sich nichts einzu-
wenden ist. Aber die Popularisirung schliesst eine schöne und edle Zeich-
nung des Ornamentes nicht aus, ja sie verlangt sie gebieterisch. Leider
ist dies die Schwäche jener Tauschir-Imitationen, während die Niellen an
überaus grosser Dürftigkeit und Phantasielosigkeit des Ornamentes, ge-
paart mit Willkür der Formen, leiden.
Davon machen nun freilich ein paar Gegenstände, die ihre Technik
in echtester und vollendetster Art zeigen und sich überhaupt hoch über
das Niveau der gewöhnlichen Arbeiten erheben, eine glänzende Aus-
nahme. Es sind zwei, aus Lustig's Atelier hervorgegangene Pocale,
deren einer, nach Storck's Entwurfe gearbeitet, zu Amsterdam den ersten
Preis errang, während der andere von den aus dem Concurse zu Amster-
dam siegreich hervorgegangenen industriellen Storck, als dem Erfinder
der preisgekrönten Arbeiten, zum Danke geschenkt worden. Dieser zweite
ist von Beyer und Macht entworfen worden und ganz in der gleichen
Weise ausgeführt. Die Formen sind in ihrem Profile nach Art des secha
zehnten Jahrhunderts gebildet, aber ziemlich einfach, um für Tauschirung
und Niello möglichst glatte Flächen darzubieten. Diese aber sind auf
Niellogrund, durch welchen Silber hindurchblinkt, mit Arabesken und
Fruchtgehängen in vollendeter Goldtauschirung überzogen. Die überaus
schwierige Technik ist hier in reichster Anwendung glücklich bewältigt.
Zu diesen zwei Pocalen gesellt sich ein dritter, der ebenfalls nicht
mit Stillschweigen zu übergehen ist, denn er bildet rnit jenen beiden die
vollkommensten Leistungen auf der diesjährigen Weihnachts-Ausstellung.
Es ist dies der grosse Festpocal, der für das vor wenigen Monaten ge-
feierte Jubiläum des Stiftes Kremsmünster von seinen Schülern gestiftet
worden. Es ist ebenfalls eine künstlerische Schöpfung Storck's, heute in
aller Welt des ersten Meisters auf dem Gebiete der Kunstindustrie, und
im Atelier von Kleeberg ausgeführt. Während jene beiden, entsprechend
ihrer eigenthümlichen Technik, sich mit flachem Ornamente schmücken,
ist dieser in allen Theilen mit getriebener Arbeit verziert, figürlich wie
ornamental, daher auch reicher und bewegter in seinem Profile, wie über-
haupt grossartiger gebildet. Auch er lehnt sich an die grossen Vorbilder
des sechzehnten Jahrhundertes an und zwar an die deutschen. Es geht
schon nicht anders, denn wie das sechzehnte Jahrhundert die grössten
Trinker gehabt hat, so hat es auch die wunderbarsten, mustergiltigsten
Trinkgefässe geschaffen. Beides steht wohl nicht ohne guten Grund im
Zusammenhange.
Nicht das Gleiche wie von diesem Pocale, lässt sich von den anderen
Gegenständen sagen, welche die Jubelfeier von Kremsmünster hervor-
gerufen und die Freundlichkeit des Stiftes zur Ausstellung gebracht hat.
Wir meinen die Prachteinbände der Adressen und anderer Documente,
neben denen sich der Inhalt an Miniaturen und kalligraphischer Ausstat-
tung leider nicht gleichzeitig vor Augen führen liess. Diese Arbeiten
höherer Buchbinderei stehen wohl nicht auf der Höhe, wie ein Blick auf
die Nachbarn leicht zur Ueberzeugung bringt. Sie halten in keiner Be-
ziehung Stand vor den gleichartigen Werken Leopold Groner's, der die
diesjährige Weihnachts-Ausstellung wiederum mit einer Collection seiner
neuesten Arbeiten aus dem Gebiete des Prachteinbandes beschickt hat.
Seine Art ist wohlbekannt. Sollten wir unter ihnen selber wählen, würden
wir dem Werke, das denNamen des Freiherrn v. Hye trägt, den Vorzug geben.
Fortsequng auf der Beilage.
BEILAGE
Nr. x50 der Mittheilungen des k.k. Oesterr. Museums".
Unter den übrigen Lederarbeiten, von denen das Genre des Albums
durch Francke und durch Novak sowie durch Sieger und Berg ver-
treten, ist wohl manches Gefällige, aber nichts von neuer oder vorragender
Bedeutung. Doch müssen wir die Bestrebungen Kölbl's anerkennen, das
geschnittene Leder mit Reliefverzierung, das von seinem verstorbenen
Compagnon Wunder wieder in's Leben gerufen, fortzuführen. Es beginnt
Boden zu gewinnen, doch ist zu nachhaltigem Erfolge eine bessere Zeich-
nung des Ornamentes dringend zu empfehlen; es ist zu schnörkelhaft und
unklar. Einen ähnlichen Wunsch hätten wir für die eigentliche Buch-
binderei, den speciellen Bucheinband, auf dem Herzen, der in Wien viel
zu wünschen übrig lässt. Wir vermissen ihn aber diesmal gänzlich auf
der Weihnachts-Ausstellung und wir heben daher unseren Stoßseufzer für
eine andere Gelegenheit auf.
Einem anderen Bedauern, allerdings für einen ganz anderen Gegen-
stand, müssen wir aber Ausdruck geben, demjenigen nämlich, dass die
Fayencefabrik von Schlitz in Liboje, die im vorigen Jahre so glänzend
und glücklich debutirte, durchaus nicht auf diesem Wege fortgeschritten
ist. Das wenige Neue ist fast werthlos neben den ersten Arbeiten und
bewegt sich selbst auf Irrwegen. Das Gefälligste sind Fayencecopien nach
alten Metallgefässen, an sich eine bedenkliche Sache, und wie wenig will
das sagen! Dagegen hat Klammerth in Znaim diesmal einen Schritt
nach vorwärts gethan. Seine Collection von Steingut und Majoliken ist
nicht blos reiner von verfehlten Gegenständen, sondern die lmitationen
von Majoliken sind entschieden gelungener und mehr künstlerisch, als sie
früher waren. Nur der Ersatz des milden Metallreilexes auf den alten
Mezzomajoliken durch Vergoldung ist anfechtbar, wie es sich besonders
bei den zwei Schüsseln mit raphaelischen Figuren zeigt; der Goldgrund
verwandelt den weicheren Schmelz der Majoliken in die viel härtere Wirkung
der Porcellanmalerei.
Unter den Porcellangegenständen selbst, bei denen wir diesmal wieder
Wahliss, Knoll, Fischer v. l-lerend diesen vorzugsweise mit einem
grcvssen Service nach Sevres-Muster mit Vögeln, desgleichen Rädler und
Pilz und Zasche vertreten finden und neben ihnen zum ersten Male
Falb so wie auch äckl, nehmen die Imitationen nach Alt-Wiener Art
gegenwärtig den ersten Rang ein. Die grosse Exposition von Rädler und
Pilz verdient vom Standpunkte der Kunst die vollste Anerkennung, so wie
die anderen, zuletzt Genannten nicht minder einzelne Gegenstände, Teller,
Tassen oder Vasen, von vorragender Schönheit ausgestellt haben. Zu be.
dauern ist nur", dass dieses in sich so vortreffliche Genre, welches den
unausgesetzt wachsenden Ruhm der ehemaligen kaiserlichen Fabrik bildet,
noch immer nicht voll um seiner selbst willen die Anerkennung der Welt
findet, sondern zur Unterstützung des Documentes der Wiener Marke
bedarf, eine aus verschiedenen Gesichtspunkten bedauerliche Sache, deren
Beurtheilung indess sich unserer ästhetischen Kritik entzieht.
Doch aus ästhetischem Grunde haben wir noch eine Bemerkung
hinzuzufügen, und zwar, dass das Material, die Porcellanmasse man kann
sie häufig gar nicht mehr Porcellan nennen, welche diesen ausgezeichneten
Malereien zur Grundlage dient, ihrer Güte nicht entspricht; sie ist zuweilen
ganz schlecht. Das war anders bei der kaiserlichen Fabrik und ihrer vor-
trefflichen Masse, die seitdem in Oesterreich nicht mehr zu finden ist.
Die übrigen Porcellanarbeiten, die rein modernen von Wahliss und
Knoll, vertreten, ohne wesentlich Neues zu bieten, den Standpunkt,
den wir das vorige Jahr bereits charakterisirt haben. Nur aus negativer
Beobachtung sehen wir uns veranlasst, einen Wunsch zu wiederholen, den
nämlich, dass es der österreichischen Porcellanfabrication gefallen möge,
die Decoration rnit Blau unter der Glasur, welche einst die Wiener Fabrik
so vortrefflich übte und welche noch heute den Erfolg von Meissen bildet,
wieder aufzunehmen. Die neuen österreichischen Versuche, die wir bisher
gesehen haben, so Karlsbader, sind als misslungen zu betrachten.
Auf die Porcellanarbeiten hätten die Glasarbeiten zu folgen, aber sie
treten dieses Jahr so wenig mit künstlerisch bedeutungsvollen Erscheinungen
auf, dass wir mit wenigen Worten über sie hinweggehen können. ,Wir
haben drei Aussteller Reich C0mp., H. Ullrich und Schreiber"
Neffen. Die Collection des ersten entspricht sehr wenig den Anforderungen
der Zeit, was Form und Ornament betrifft. Ullrich versucht es diesmal,
das Tischgeräth mit Farbe zu verzieren; es geschieht mit Zierlichkeit und
Bescheidenheit, doch machen die Gegenstände nicht den Eindruck, voll-
kommen gelungen zu sein. Am meisten haben es Schreibers Neffen auf
Neuerungen abgesehen, z. B. auf verschiedene Anwendung der Eisdeco-
ration, die allerdings der früheren Art weitaus vorzuziehen ist, auf seltsam
craquelirtes Glas, im Ganzen ist aber das Interesse daran mehr ein tech-
nisches als künstlerisches.
Eine echt künstlerische Erscheinung haben wir dagegen in der Glas-
malerei zu verzeichnen. Die beiden gemalten Erkerfenster, welche die Anstalt
von Neuhauser in Innsbruck ausgestellt hat, zeigen, da sie im Auftrage
für bestimmte Häuser gearbeitet sind, dass die Zeit gekommen ist, wo auch
unsere Wohnung bisher war es die Kirche allein sich dieses reizenden
Schmuckes zu bedienen beginnt. Die beiden ausgestellten Fenster sind
etwas schwer in Zeichnung und Farbe; wir hätten sie leichter, zierlicher
gewünscht, aber jener schwere Ton kann auch durch die Architektur ver-
anlasst sein, um so mehr, als das eine nach München bestimmt ist, dem
erneuten Sitze schwerer, barocker Renaissance.
Mit diesen Glasgemälden sind wir zur Wohnung gekommen, deren
Ausstattung auf der Weihnachts-Ausstellung diesmal ungewöhnlich reich
vertreten ist. Es lässt sich mit einiger Combination sogar eineArt Ueber-
schau machen über das, was heute bei uns im Gebiete der Möbelfabrication
geschaden wird. Dabei lassen sich drei verschiedene Genres unterscheiden.
Das eine davon, das ganz oder bisher ganz moderne, ist eine sehr nüchterne,
kalte Tischlerarchitektur ohne eigentlichen Styl, dünne Verhältnisse, viel
Politur und Glanz, elegantes Holz und bei Kästen oder, Credenzen viel
Anwendung der unglückseligen mattirten oder weissen, mit allerlei Zeichg
nung versehenen Gläser. Von solcher Art gibt es noch eine ziemliche
Anzahl von Gegenständen auf der Ausstellung.
Diuem am weitesten gegenüber steht ein Genre von Möbeln, welche,
meist aus solidem Eichenholze solid gebaut, sich an die ausgebildeten
Möbelformen der späteren Renaissance anschliessen. In richtiger Benützung
bietet diese Zeit und Art auch wohl diejenigen Motive, welche sich für
eine künstlerische Wohnung am besten verwenden lassen. Man sieht daher
mit Vergnügen diese Art sich ausbreiten, vom Speisezimmer auf Herren-
und Bibliotheltzimmer übergehen, von kühneren Gemüthern auch schon
für den Salon verwendet werden. Doch muss man sagen, dass bequeme
Sitzrnöbel sie erhalten meist zu viel von Architektur und zu wenig
vom Divan ihr noch selten gelungen sind. Im Standmöbel dagegen,
in Credenzen, Buffets, Tischen, zeigt auch die Weihnachts-Ausstellung
manches Gute in ihrer Weise, z. B. die Arbeiten von Hartan, Feh-
linger, lrmler, Ungethüm.
Zwischen beiden Arten in der Mitte steht die dritte, welche ältere
Motive zu modernisiren, sie mit Wahrung des anheimelnden oder des
künstlerischen Charakters mehr in moderne Eleganz zu verwandeln trachtet.
Dahin gehören die Möbelstücke, welche diesmal Schönthaler ausgestellt
hat, dahin die Schlafzimmereinrichtung von Baar mit vielleicht überzier-
liehen Ornamenten, dahin insbesondere auch die ziemlich zahlreichen
schwarzen Möbel, so die von B. Ludwig, und desgleichen ein Kasten
von Faul, nach Zeichnung des Architekten Theyer ausgeführt dieser
wie jene an sich treßliche und gelungene Arbeiten. Dahin gehören auch
die Möbel von Schottenhaml, der nur seinen schwarzen Tisch auch
mit schwarzem Wollstofe überzogen und dadurch sargartig gemacht hat.
Es gibt hier wohl eine Grenze in der Anwendung des Schwarz, sonst ver-
wandeln wir das Zimmer in eine Todtenkammer.
Zwischen diesen drei bestimmt unterschiedenen Arten laufen nun auch
wohl allerlei Spielformen einher. Das Bemerkenswertheste davon auf der
Ausstellung ist wohl die ganze Einrichtung aus Urgrossvater-Zeit, welche
Scherb in Ischl ausgestellt hat reiche, verzopfte Formen mit geschweiften
Linien, gedrehten Säulen, Einlagen von Zinn und Holz, und so gut in
alter Art gemacht dass sie selbst für alt gehalten worden sind. Es ist
jedenfalls geschickte und charakteristische Arbeit, aber dem talentvollen
Verfertiger fehlt künstlerische Schulung, daher denn Construction und
Ornament sehr viel zu wünschen übrig lassen.
Wenn wir hiernit unseren diesjährigen Bericht schliessen, so geschieht
es nicht, weil die Fülle der Gegenstände erschöpft wäre, sondern um ihn
nicht über Gebühr auszudehnen. Ein andermal wird sich die passende
Gelegenheit zeigen, von den Holzschnitzereien, den Rahmen und was zu
ihrem Inhalte an Chromolithographien und Radirungen gehört und z. B.
durch die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, durch Kaeser, Hütter,
Hölzel und Czeiger vertreten ist, ausführlicher zu reden. So gedenken
wir auch nur vorübergehend der plastischen Gegenstände, der lieblichen
Kinderköpfe in Terracotta von Schwenzer und seines Judas lscharioth
so wie der charakteristischen Thonfiguren von Robert Weigl, und schliessen
mit der Hoffnung, das nächste Jahr auch Diejenigen auf der Weihnachts-
Ausstellung wiederzufinden, welche für dieses Mal die Vorbereitung für
den Pariser Wettkampf uns abwendig gemacht hat.
Litoraturbericht.
Die Bauhlitt e. Eine Sammlung architektonischer Details, herausgegeben
von H. Herdtle. Stuttgart, Verlag von W. Spemann. kl. Fol.
Diese Publication hat mit dem bekannten Wiener Unternehmen nichts als den
Namen gemein, sie unterscheidet sich vielmehr wesentlich von demselben nach Form und
Inhalt, aber bei weitem nicht zu ihrem Nachtheil sei dies gesagt. Es sollen hier nicht,
wie in der I-Wiener Bauhüttel, Plane und Aufnahmen ganzer Gebäude, auch nicht Ex-
curse aus der Architekturgeschichte oder Technik geliefert werden. Der Herausgeber, be-
kanntlich selbst Architekt und als Professor an der Kunstgewerbeschule des Oesterr.
Museums thätig, will in seinem Werke bloss dem Architektur Studirenden sowohl als dem
ausführenden Fachmanne eine-Summe von Motivenmaterial in die Hand geben, das dem-
selben beim eigenen Schaden zur Uebersicht und Anregung dienen soll. Die Darstellungen
der uns vorliegenden vier Hefte gliedern sich nach Gruppen folgendermassen zusammen
Attika, Balkone, Brunnen, Cartouchen, Consolen, Fenster, Friese, Gesimse, Giebelblumen,
Gitter, Grabmaler, Kapitale, Masken, Portale, Thßren, Treppengeländer. Die Originale
datiren aus dem XVl. Jahrhunderte bis in die Gegenwart und fallt das Hauptgewicht,
wie es bei der heutigen Kunstströmung nicht anders sein kann, auf die italienische Re-
naissance und auf Neuschöpfungen, welche sich derselben anschliessen. Bei jeder Abbildung
ist ausser der deutschen, französischen und englischen Benennung des Gegenstandes der
Name des schaEenden Künstlers und das Gebäude, an welchem das ausgeführte Original
sich beündet, angegeben. Aus .all' dem Gesagten ist ersichtlich, dass die vorliegende Publi-
cation nach Art eines Nachschlagewerkes trefflich angeordnet ist, wo für den ausübenden
Künstler eine Fülle des anregendsten Materiales enthalten ist. Aber auch der Laie wird
das XVerk stets mit Vergnügen und Nutzen zur Hand nehmen, denn es wird ihn bei
seinem Reichthum an Abbildungen der herrlichsten Details von Neubauten verschiedener
Städte auf eine Menge von Schönheiten in den Strassen aufmerksam machen, an denen
er bisher ganz achtlos vnrüberging. Es überrascht uns also gar nicht, zu hören, dass
dieses Werk, welches bei seinem Erscheinen von gewissen Kreisen mit Misstrauen auf-
genommen wurde, sich nun bereits stets wachsender Verbreitung erfreut.
Ferd. Laufberger's Sgraffito-Decorationen. Wien, bei A. Hölder,
Heft und z. io Blatt in Folio.
Professor F. Laufberger gehort in die Reihe jener Künstler, welche das tigurale
und ornamentale Gebiet gleichmassig beherrschen; er hat eminente Erfahrungen als
Lehrer und ist zugleich derjenige Künstler, welcher die Sgrafütotechnik zuerst in das
Kunstleben Wiens eingeführt hat. Alle diese Umstände machen die vorliegende Publi-
cation zu einer gleich werthvollen für Schulen, für Industrielle und Künstler. Die von
65
Laufberger herausgegebenen SgraIfito-Decorationen sind sammtlich bereits zur Ausführung
gelangt, sie haben daher den Vorzug, dass sie den realen Bedürfnissen des Kunstlebens
entsprungen sind.
Ganz besonders aber müssen wir die Wohlfeilheit dieser trefflichen Publication
betonen, da gegenwärtig, insbesondere in den Schulen, geklagt wird, dass die wohlfeilen
Zeichenvorlagen nicht gut und die guten zu theuer sind. Das Heft der Sgraffito-Deco-
rationen mit fünf Blättern in Folio kostet nur ü. Mark. Es ist daher Gewerbe-
und Zeichenschule in der Lage, das Werk sich anzuschaffen; in Heften wird das-
selbe abgeschlossen sein.
Hans Brosamefs Kunstbüchlein. Nach dem Exemplare des königl.
Kupferstichcabinets in Berlin. Berlin bei Wasmuth, 1878.
Director F. Lipptnann hat soeben das Brosamefsche wKunStbüchlelnM, nach
einem Exemplare des k. Kupferstichcabinets im Lichtdruck durch Herrn A. Frisch nach-
gebildet, veröffentlicht. Hans Brosamer, Maler, Kupferstecher und Formschneider, lebte
1536-1550 zu Fulda, später in Erfurt, wo er 1552 starb. Diese schöne Reproduction
des seltenen Büehleins sei Kunstgewerbeschulen, Goldschmieden, Künstlern und Kunst-
freunden bestens empfohlen! Die bekannte Durensche sog. Tapete wurde als Einband in
origineller Weise verwendet.
Dr. Herrn. Grothe Die Industrie Amerikas Berlin 1877.
Bilder und Studien zur Geschichte vom Spinnen, Weben,
Nähen. 2. Auii. Berlin 1875.
Leonardo daVinci als Ingenieur und Philosoph. Berlin 1874..
Die Spinnerei, Weberei und Appretur auf der Weltausstel-
lung zu Paris 1867. Berlin 1868.
Es scheint uns aus mehr als Einem Grunde passend, auf die oben angeführten
Werke aufmerksam zu machen, da ihr Verfasser nicht bloss fachmännische, sondern auch
eine nicht gewöhnliche gelehrte Bildung besitzt und ausserdem als Vertreter und Führer
einer volkswirthscbaftlichen Partei und als deutscher Reichstags-Abgeordneter eine her-
vorragende Rolle spielt. Insbesondere sind es die drei erstgenannten Werke, welche der
vollen Beachtung empfohlen zu werden verdienen. In dem ersten, das mit zahlreichen
Illustrationen versehen ist, gibt H. Grothe aus Anlass der Weltausstellung in Philadelphia
eine Geschichte der Industrie der Vereinigten Staaten. ein Bild ihrer Entwickelung und
Lage, mit besonderer Rücksichtnahme auf die Ansiedlung, die YVirthschaftssysteme und
auf die Hilfsmittel der Industrie in den Vereinigten Staaten. Besonders eingehend wird
die Frage des Patentschutzes, des Schutzzolles und jene über den natürlichen Reichthum
behandelt.
Die -Bilder und Studienw beschäftigen sich mit Fragen über die geschichtliche Ent-
wicklung des Spinnens und Webens auch mit Rücksicht auf das Spinnen und Weben
bei den Alten und insbesondere auch mit dem Nahen und der Nähmaschine. Das iVerk
ist bereits in zweiter Auflage erschienen.
Die mit 77 Holzschnitten und einer facsimilirten Tafel versehene Abhandlung in
wLeonardo da Vinci als Ingenieur und Philosoph-i, ist eine willkommene Ergänzung der
Schriften von Venturi, Marx u. A. über Leonardo als Naturforscher. Sie scheint mehreren
Kunstgelehrten entgangen zu sein und vervollständigt das Bild des universell begabten
Künstlers in vorzüglicher Weise.
Im Vereine mit Herrn Bouche hat Dr. H. Grothe auch eine Schrift, wDlB Nessel
als Textilpflanze- 1877, herausgegeben.
KLEINERE MITTHEILUNGEN.
Gesohenke 3.11 118.8 Museum. Herr Baron Albert Ruthschild
hat einen modernen, reich ornamentirten spanischen Sattel mit Zaumzeug
dem Museum zum Geschenke gemacht, der Rahmenfabricant Ulrich jun.
eine Summe von 100 Mark für ein Schulstipendium gewidmet.
Kunatgewerbesohule des Museums. Herr Reg-Rath Storck
wurde auf sein Ansuchen vom hohen k. k. Unterrichtsministerium mit
Rücksicht auf seine Arbeiten für die Pariser Ausstellung schon mit Schluss
des ersten Semesters unter dem Ausdrucke der Anerkennung für seine
hervorragende Dienstleistung von der Direction der Kunstgewerbeschule
enthoben und mit derselben Herr Prof. Laufberger für die Dauer von
drei Semestern betraut. Am 28. Februar wurde an der Kunstgewerbe-
schule das l. Semester geschlossen; eine Aufnahme von Schülern für das
II. Semester findet wegen Ueberfüllung sämmtlicher Räume nicht statt.
Ausstellungen im Museum Im Museum werden zwei Appar-
tements für moderne Möbel in provisorischer Ausstellung eröEnet.
Zu denselben werden grösstentheils jene Möbel verwendet, welche in dem
Kaiserpavillon der Weltausstellung aufgestellt waren und durch kaiserlichen
Entschluss dem Museum zur Verfügung gestellt wurden. Dieselben sind
aus den Ateliers der tüchtigsten Wiener Firmen hervorgegangen.
Im Laufe des Monates März werden im Sitzungssaale des Museums
für einige Tage diejenigen Gegenstände ausgestellt werden, welche von
den Fachschulen der Kunstgewerbeschule des Museums und den Fach-
schulen des Handelsministeriums nach Paris. Gruppe III gesendet werden.
Ausstellung derPrager Faehschule für Goldaohmiedekunst.
Gegenwärtig sind im Museum die für die Pariser Ausstellung bestimmten
Objecte der Prager Fachschule ausgestellt. Dieselben bestehen aus 19 Ob-
jecten in Metall ausgeführt, an denen sich die Schüler Brezina, Kautsch,
Nowack, Fiala Friedrich betheiligt haben, unter Mitwirkung und theil-
weise im Auftrage von böhmischen Industriellen; Arbeiten in Porcellan.
ausgeführt von dem Schüler Schmidt; Ledereinbände unter Leitung der
Fachschule von der Firma Rost in Prag; ein Einband, ausgeführt von
Herrn Spott ehemaliger Schüler der Anstalt. An der Anstalt wirken
Bildhauer O. Mentzel, als Leiter der Anstalt, und Architekt Schulz.
Ihrer ganzen Richtung nach gehört diese sehr gut geleitete Anstalt in die
Reihe der kunstgewerblichen Ateliers, über deren Charakter wiederholt
in den nMittheilungenl gesprochen wurde.
Besuch des Museums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monate
Februar von 14.974, die Vorlesungen von 1144, die Bibliothek von 2450 Per-
sonen besucht.
Neu ausgestellt. Wandtisch aus Schrniedeisen von August Kitsehelfs Erben;
Sophakissen von Fräulein Marie Nicolai; Beltleidungsgegenstände aus Boisna in
Unterkrain, Eigenthum des Herrn Ritter v. Savinschegg; Dejeuneur von Porcellan
aus der königl. bair. Porcellanfabrik Nymphenburg, ausgestellt durch Herrn Dr. Fuchs;
Console in Holz geschnitzt, entworfen und ausgefuhn von Wendelin Jungwirth,
Schüler der Kunstgewerbeschule; Ultrgehause von ausgesägter Arbeit, von Anton ag-
schitz in Wien; Gestickte Decke, von Fräulein Marie Wirth in Stuttgart; Schale
und Teller in Bronze, von Franz Bergmann in Wien; Zwei Köpfe in Medaillonform
und ein Papierrnesser, Arbeiten aus der Ziaelirschule des Museums; Vier Schalen mit
Schmetterlingen und Käfern, nach der Natur auf Porcellan gemalt von Johann Quast in
Pisek; Messerstahl mit Silber beschlagen, süddeutsche Arbeit, 16. bis 17. Jahrhundert;
Terracottabüste des Oberbaurathes v. Ferstel, ausgeführt von Bildhauer Tjilgner;
Faieneegefass, deutsch um 1700, Geschenk des Herrn A. Pollak in Wien; Zwei Por-
traitbusten vom Bildhauer Umbreit in Wien; Zwei Emailgemälde Krönung Kaiser
Rudolfs von Habsburg, gezeichnet von J. Klein, und St. Georg mit dem Drachen, aus-
geführt vom Emailleur Chadt, ersteres Elgenthum St. Mai. des Kaisers, beide für die
Pariser Weltausstellung bestimmt; Ein Cabinetkasten, ein Tisch und zwei Sessel, von
J. Demetz, Leiter der Fschschule in St. Ulrich; Bibliothekskasten in Nusshaumholz,
von Anton Schmitfs Sohn; Holsteidscher Landesschmuck in Silber, I8. Jahrh.;
Landschaftliches Gemälde in Gold auf Glas, Eigenthum der Frau Caroline Räth; Vase
von Glas mit Gold überstreut, venerianisch, Geschenk des Grafen Edmund Zichy an das
Museum; Stellarium, angefertigt von Julius Blaeu, Schüler des Tycho de Brahe, 1603,
Eigenthum des Fräulein Molly v. Müller; Arbeiten der Schulen des Wiener Frauen-
Erwerbvcreines, bestimmt für die Pariser Ausstellung; drei Portrirgemalde auf Por-
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Elzevier-Alphabets, auf den als Typographen Holland ebenso stolz hinweisen konne als
Frankreich auf seinen Garamond und die Sanlecque; es bleibt nur noch die Aufgabe, das
vollständige Dunkel in der Biographie des Meisters aufzuhellen.
Dr. E. Brüokds nßeitrage zur Theorie der Kunst erscheinen irn Laufe dieses
Jahres in französischer Sprache.
Pariser Ausstellung. Am 15. Februar begann im Oesterr. Museum die Jury
für die Classen der Unterrichtsgruppe. Während der Zeit der Jury bleibt der
Saal VIII wegen Aufnahme der angekommenen Gegenstände für den Besuch geschlossen.
Rßiohefsoher Künstlerpreis. Die k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien
bringt zur öffentlichen Kenntniss, dass um den vom verstorbenen k. k. Feldkriegs-Regi-
strator Josef Benedict Reichel gestifteten Künstlerpreis hiemit die Concurrenz eroßnet
wird, und zwar um die pro 1878 und 187g für Maler entfallenden zwei Preise im Betrage
von je 15oo ü. Nach dem Wortlaute der Stiftungs-Urkunde vom 17. Mai 1808 soll dieser
Preis xden Künstlern in den k. k. Erblanden, und zwar denjenigen Malern Oel- und
Miniatur-Malern, welche in der Abbildung oder Ausführung eines Gegenstandes, dessen
Wahl den Künstlern freisteht, nach einstimrniger Erkenntniss der Akademie die Leiden-
schaften und Empfindungen der Seele am meisterhaftesten ausdrücken, oder dafern sich
nicht immer Künstler fänden, die sich ausdrucksvollen historischen Fache vorzüglich
auszeichnen sollten, auch denjenigen Ma ern was immer für einer Gattung ertheilt wer-
den, welche in dem Theile ihrer Kunst etwas besonders Vorzügliches und Meisterhaftes,
wodurch sie sich vor anderen gewöhnlichen Künstlern ihres Faches auszeichnen, hervor-
bringen werdenm Die Preisstücke bleiben Eigenthum der Künstler. Die Einsendung
der Concurs-Stücke hat längstens bis Ende Jänner 187g auf Kosten und Gefahr
der Künstler unter genauer schriftlicher Angabe ihres Namens, Wohnortes und des dar-
gestellten Gegenstandes von den Künstlern selbst oder durch einen von ihnen Bevoll-
machtigten an das Secretariat der Akademie zu erfolgen. Die Zuerkennung der Preise
wird vom akademischen Professoren-Collegium vollzogen.
Der Verein zur Forderung das Kunstgewerbes in Braunschweig erlasst
folgendes Preis-Ausschreiben
Es wird aufgefordert zur Einsendung von Entwürfen eines wTapetenmusters nebst
dazu gehöriger Einfassungsbordec, bestimmt zur Wandbekleidung eines kleinen Salons
im Renaissancestyl.
Die Tapete soll durch Maschinen-, die Borde durch Handdruck hergestellt werden.
Die Tapete ist in bis Farben zu halten und muss zur Ausführung rnit Gold
geeignet sein. Papierbreite So Ctm., Walzenumfang 32 bis 4.8 Ctm.
Die Borde ist in bis Farben zu halten und muss zur Ausführung in Farbe mit
Gold wie in Wolle mit Gold geeignet sein.
Der Entwurf der Borde muss das aufsteigende wie das waagerecht laufende Muster
und die Agreifen darstellen. Breite der Borde I5 Ctm.
Beizufügen ist der Entwurf einer Begleitborde in einer Breite von 5'5 Ctrn.
Für Losung der Aufgabe wird ein
Preis von 300 Mark
ausgesetzt. Die preisgekrönten Zeichnungen und deren Ausführungsrecht gehen in das
Eigenthum des unterzeichneten Vereins über.
Die nicht mit dem Preise versehenen Zeichnungen werden den Einsendern kosten-
frei zurückgeschickt.
Die Bewerbungsarbeiten sind an den unterzeichneten Vereinsvorstand bis zum
30. Juni 1878 portofrei einzusenden; sie sind dabei nur mit einem Motto oder einer Zahl
zu versehen; ein mit dem gleichen Motto oder derselben Zahl zu baeichnendes Couvert,
das Namen und Wohnort des Bewerbers enthält, ist beizufügen.
Mehrfache Losungen derselben Aufgabe sind estnttet.
Die Preisvertbeilung findet im Juli d. J. statt; die eingesandten Zeichnungen und
Modelle werden vorher Tage lang in Braunschweig oäentlich ausgestellt.
Der Name des Preisgekrönten wird binnen Tagen nach der Preisvertheilung in
wenigstens lo deutschen Zeitungen bekannt gemacht.
Das Preisgericht besteht aus den Herren Prof. Uhde, Director Riegel, Baurath
Orth, Baurath Lilly, Stadtrath Gebhard, Fabrikant Boiler, Baumeister Bohnsack.
Braunschweig, den 7. Januar 1878.
Der Vorstand des Vereins zur Förderung des Kunstgewerbes.
F. Rithneyer. Hennann Gebhard.
Hierzu eine Beilage
Jahresbericht des k. k. Oesterr. Museums für 1877.
ßglbllygylgl h. oußn, 1.,"... angemahnt von Carl eanln Ich Uhu.