Mitmailunuen des k. k. Ilesterrßich. Museums
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrift für Kunst und Kunstgewerbe.
km i. eines ieden Monats erschcinx eine Nummer. Abonnementspreis per Jahr H. 4.-
Redacteur Edlllrd Chmelarz. Expedition von C. Gerold's Sohn.
Man abonnirr im Museum, bei Gemld 6x Comp., durch die Posxanstallen, sowie durch
alle Buch- und Kunsthandlungen.
Nr, 175m WI7EN, i. Min i. Jahrgq.
Inhnlt Ueber einige Benennungen mittelnlterlicher Gewebe. Van Prof. Dr. Karahncek. Form Die
Faclnchule für Quincaillerie in Gabionz. William Uuger. Ein neues Atelier für kunst-
gewerbliche Mnliechnikeu. Lixeraxurberichl. Kleinere Miltheilungen.
Ueber einige Benennungen mittelalterlicher Gewebe.
Von Prof. Dr. Karabacek.
Fortsetzung von Seite 343, Jahrgang 1879.
Unter den mannigfachen Erzeugnissen der Webstühle von Süs und
Tuster behaupteten also die Sammt- und Atlasstotfe, welclf letztere uns
soeben auch unter der genuinen Bezeichnung dibädsch bekannt geworden
sind, den hervorragendsten Platz. Obwohl wir mit den erstern uns hier nicht
zu befassen haben, so sei doch vorübergehend erwähnt, dass, wenn über-
haupt schon die Seidengewebe von Süs ihrer Berühmtheit wegen sogar
dichterisches Lob genossen vielmehr noch seine schweren Sammtstoffe
als unvergleichlich, kostbar und königlich gepriesen wurden m. Aber
erinnern müssen wir, dass diese berühmten süsischen Fabrikate der per-
sisch en Stadt durchaus nicht zu verwechseln sind mit den gleichnamigen
Erzeugnissen des an Webereien und Spinnereien wohlversorgten Süs oder
Süsa der nordafrikanischen Provinz Tünis m. Hier wurden, wie
bereits Dozy nachgewiesen, nicht nur die nach der Stadt den Namen
Kitäh el-aghäni, Buläker Ausgabe, p. 155, in einem Gedichte des ei-
Wradschi, Anf. des 8. Jahrhs. Chr.
Mukuddasi, I. c. 17.4122, 416. lbn Haukal, I. e. p. 175. Thxfälibi,
l. c. 107. Munchem gelehrten Araber späterer Zeit haftete noch du Nom. rel.
el-Chnnü ex-Süsiji zum Zeichen seiner Abstammung von einem Händler mit Sßsischem
Sammte an, s. Ihn ul-Kaiurnni, I. c. p. 78; Mukischem el-buldän, III, p. 189.
El-Bekri, ed. de Sinne, Alger 1857, p. 36.
VIII. Bd. 1880.
J8.,
führenden Turbanstotfem, sondern insgemein allerlei kostbare zarte
Gewebe zu verschiedenem Gebrauche angefertigt m. Diese süsischen
Manufakte waren noch vor zwei Jahrhunderten in den türkischen Län-
dern unter dern Namen Tellü szisi, d. i. wein mit Gold- oder Silberfäden
durchgesponnener Stoff aus Süsai- im Handel und durch die Bestimmungen
des Ceremoniels der hohen Pforte zu besonderen Festgaben auserlesen m.
Der textile Ruhmdes persischen Süs hielt indess keineswegs Schritt
mit dem des benachbarten Tuster m. Während jener längst schon mit der
schwindenden Größe der Stadt verblichen war, behauptete sich dieser bis
in's spätere Mittelalter auf gleicher Höhe Tuster bewahrte seinen klang-
vollen Namen als Weberstadt selbst dann noch, nachdem es bereits einen
beträchtlichen Theil seiner Atlas-Arbeiter als Colonisten an Bagdad ab-
gegeben hatte.
Der Zeitpunkt dieses Ereignisses lässt sich leider nicht genau fest-
stellen. Wahrscheinlich ist, dass der Erbauer Bagdäds, el-Mansür, dessen
Gründungsplan J. 762 über die zunächst nur in's Auge gefassten mili-
tärischen Bedürfnisse hinaus', schon die künftige Stellung der Stadt zum
Welthandel präjudicirte wohl mit dem raschen Fortschreiten ihres Aus-
baues zugleich alle jene Bevölkerungsmaßregeln getroffen haben wird, die
in kunstgewerblicher Hinsicht dem Bedürfnisse der Einwohner, wie dem
Glanze seines neuen Herrschersitzes entsprechen sollten. Das Staunen er-
regende monumentale Schaffen musste nothwendig eine gewaltige Bewegung
der Massen hervorrufen; denn nur dadurch allein konnte diese ungeheure
Bauunternehmung alsbald der Mittelpunkt einer neuen Culturentfaltung,
und in diesem Sinne auch die wStadt des Heilsw werden. Was wir
in Beziehung auf derlei gigantische Schöpfungen bei märchenhafter Aus-
schmückung in "Tausend und einer Nachtu lesen, deren Erzählungen mit
Zauberkraft nachtüber herrlich geschmückte Paläste entstehen lassen, hat
sich mit Abzug des Uebernatürlichen, oft genug zur Ueberraschung der
muhammedanischen Welt im Oriente fabelhaft schnell verwirklicht.
Dicr. det. des noms des vetem. chez lesArabes, p. 317.
Kithb el-istibsär fi ändschäib el-amsär, ed. A. v. Krerner, p. und
dazu el-Bekri, l. c.; Jäjtüt, Mu'dschem etc., lll, p. 19x f. Makrizi, Chitat,
p. 400, 412 7., 472. Die im Kitüb el-muwäschscha, l. c. ll, Fol. 122a erwähnten
viereckigen Mantelstncke eI-mnthdrif es-süsijje beziehen sich meiner Ansicht nach auf das
persische Süs.
'17 Medschmafi süri hurnäiün, d. i. Samrnlung der großherrlichcn Feste im
Juni und Juli 1675; Turk. Handschr. der k. k. Hofbibliothek in Wien, Cod. m72, Fol.
30 r., 3x r., 35 r., 39 r. Man darf sich in nicht beifallen lassen mit Beziehung auf
unser türkisches tellü süsf etwa an das durch seine Seidencultur bekannte Susa Seguvio
in Piemont zu denken!
Der Nnrne Taster oder Tusiar ist arabisirt aus dem alten persischen Schösmr.
Die späteren persischen Quellen schreiben-ihn Schuster, Schlachter oder Schüschler.
"gj Tabari, Annales, Sect. lll, Pars ed. Houtsma, Leiden 187g, p. 172, 275.
lbn el-Athir, c. p. 426.
79
Einen überaus glänzenden Beleg liefert uns hiefür der Bau der präch-
tigen, zur Residenz des Ilchäniden Öldschäitü Chän reg. 1304-1316
erhobenen Stadt Sultänije, d. i. der Kaiserlichen. Aus den Berichten der
zeitgenössischen Schriftsteller erfahren wir, welche gewaltigen Mittel ent-
faltet wurden, damit sich der Lieblingsaufenthalt des Sultäns in kürzester
Frist 1305-1313 zu einer der schönsten und volkreichsten Städte Asiens,
zu einer Metropole für Kunst und Wissenschaft gestalte. Der berühmte
WezIr und Geschichtschreiber Raschid ed-din baute allein einen herrlichen
Staclttheil mit ungefähr tausend Häusern und aus allen Weltgegenden
wurden Künstler und Handwerker herangezogen, um sich da niederzu-
lassen und die rasche Vollendung des großartigen Werkes zu fördern m.
Nehmen wir ein anderes, dem Gegenstand unserer Besprechung
minder entrücktes Beispiel. Als der Chalife el-Mu'tasim billäh im Jahre
221 d. H. 836 n. Chr. sich entschloss, die alte unznfriedene Residenz
am Tigris zu verlassen und Särnarrä etwa drei Tagreisen nördlich von
Bagdad neu zu gründen, wurden zu diesem Zwecke zahllose Feldmesser
und Baumeister berufen; zugleich verpflanzte man dorthin aus vielen
Städten des Reichs Künstler und Gewerbsleute mit ihren Familien, welche
dieser Stadt der Paläste alsbald zu einem märchenhaften Aufschwungs
verhalfen. Der sehr alte Ja'kübi er schrieb, wie benierkt, sein Buch im
Jahre 891 erinnert hiebei ausdrücklich an diese Colonisation Aegypten
musste die Kräfte für die Papierfabrikation und andere Gewerbeartikel
liefern, aus Bassora kamen die Arbeiter für Glas- und Thonwaaren und
die Flechter der bekannten Binsenmatten hüsur, Küfa sandte seine Chazz-
Weber und Parfümeure etc. Wenn man schließlich weiß, welche für
Raschid ed-din, Histfdes Mogols, ed. Quatremere, p. XIV.
Täri chi Wassäf vollendet Dec. 1311 oder Jan. 1312, pers. Handschr. der
k. k. Hofbibl. in Wien, Cod. 95g, lV. Bd., Fol. zgoa.
Kitäb el-buldän, p. a9.
'33 Das unpunktirte Wort der Handschrift, welches der Herausgeber A. W. T.
Juynholl mit Fragezeichen chirak, Pl. von chirlra grober Mantel der Beduinen, Fakire
und Süfi liest, möchte ich in chlqüf, Pl. von chnn, emendiren die Fabrikation eben
dieses Stoffes machte Küfa nach dem Zeugnisse des Mul-taddasi l. c. p. 128 berühmt,
und das Kitüb el-muwaschscha, l. c. lI, Fol. 122a nennt gleichfalls die eI-chuzüz
el-küfijje d. h. die küfischen Chazz-Stoße. Bei Ibn Haukal, l. c. p. 175, Zeile 12 findet
sich übrigens dieselbe Pluralverbindung mit dem Verbum Uimiln. Das darauf ful-
gende Wort adhdn könnte man vielleicht als Plur. von dnhn nGemaldew nehmen wollen
s. ldrisi, ed. Dozy et de Goeje p. 302, so dass also Bildermaler aus Kßfa ver-
schrieben worden wären thatsichlich genoss die iräkanische Malerschule einen hervor-
ragenden Ruf und im Chalifen-Palaste el-Muchtär zu Sämarra befanden sich wirklich,
nach dem Zeugnisse Jaküfs, viele merkwürdige Wandgemälde s. Mu'dschem el-
buldan, IV, p. 440 und meine Schrift nUeber das angebliche Bilderverbot des lslämy
in i-Kunst und Gewerbes, Nürnberg, 1876, p. 29g, 307; aber hier ist unzweifelhaft nach
dem Sing. duhn, Salbül, Parfüm zu übersetzen, denn lbn Haukal p. 213 hebt gerade
die Veilchen-Parfüms von Küfa als unerreicht hervor.
die damalige Zeit unerhörten Geldsummen 249 Millionen Dirhem, also
ungefähr 87 Mill. Gulden Silber blos für die Luxusbauten und Anlagen
geopfert wurden, so wird man begreifen, wie sich einem Zauber gleich
urplötzlich die menschenleere Wüste mit Prachtgebäuden und reizenden
Gärten bedecken und der von dem Chalifen der Stadt ertheilte officielle
Name wirklich nur Sürra man raa erfreut ist wer sie sieht lauten
konnte '35.
So mögen wir denn unter gleichen Vorbedingungen auch für die
neugegriindete "Stadt des Heilsu, deren politisch-ökonomischen Einrich-
tungen mit Inbegriff der Uebersiedlung der chalifischen Hofhaltung bereits
im Jahre 146 d. H. 763 n. Chr. vollzogen waren '35, einen unmittel-
baren kunstgewerblichen Aufschwung durch zwangsweise Colonisation
von Arbeitern, Fabrikanten und Künstlern voraussetzen. Auch dürfte
kaum die Annahme irrig sein, dass die Ableger der damals die Höhe
ihres Ruhmes behauptenden persischen Seidenindustrie zu Bagdad wirklich
so frühzeitig in frischem Aufblühen begriffen waren doch mit voller
Sicherheit können wir aus den noch erhaltenen biographischen Daten
über die Origines einzelner Männer, auf eine Bagdä der Colonie
tusterischer Seidenweber nur bis inis XI., höchstens Mitte
des X. Jahrhunderts zurückschließen '37.
In dem westlichen kaufmännischen Viertel dieser Chalifenresidenz,
dem Mittelpunkte des Handels der Weltstadt, zwischen dem Bassora-
Thor und Tigris, hatten nach lbn Nuktha's in Bagdad, 19. Dec. 123i
Berichte die Seidenweber aus Tuster ihr Quartier aufgeschlagen. Hier
verfertigten sie, indem sich unter ihren Händen die heimische Gewebe-
Production unbeeinflusst fortpllanzte, gleichfalls wtusterische Stoffew
Nach ihnen erhielt das ganze ihrem Bereich angehörige Stadtquartier die
A. v. Kremer, Culturgeseh. ll, p. 59.
Wenn G. Weil, Gesch. d. Chalifen, ll, p. 302 f. von dieser Residenz spricht,
"welche den Namen Surra man raa erhalten haben sollt und meint, derselbe wäre
nach dem Castellum Sumere erst später von irgend einem Etyrnologen so gedeutet worden,
oder die Bevölkerung von Bagdad hatte sie vielleicht scherzweise Surra man ran genannt,
weil sie in FolgeUebersiedlung des Hofes der lästigen Leibgarde losgeworden sei; so be-
merke ich, dass wir Gold- und Silbermünzen kennen, welche bis 330 d. H. 94', n. Chr.
in einer fast ununterbrochenen Reihe von 72 Jahren mit dem Namen Sürra man räa
geprägt worden sind, deren älteste bereits aus dem Jahre 224 d. H. 839 n. Chr.
datirt! Sie tragt den Namen des Chalifen el-Mu'tasim billäh und die Umschrift nlm
Namen Gottes! wurde dieser Dirhem geprägt in Sürra man räa im Jahre zweihundert
vier und zwanzig.- Dass dieser Stadtname mit Benutzung der Lautahnlichkeit der alten
Namensform.in's Arabische umgemodelt wurde, unterliegt keinem Zweifel nur geschah
dies im Sinne einer guten Vorbedeutung schon zu Lebzeiten und auf Geheiß des Wieder-
erbauers.
Auch der Bagdäder ünzhof äußerte damals schon seine Thätigkeit ich be-
sitze ein Silberstück aus demselben mit der Jahreszahl 146 d. H. 763 n. Chr
Einen Beleg dafür s. in Mu'dsehem elvbuldän, p. 850.
Collectiv-Benennung "Tusterzjjünv, d. h. die Tusterischen Fabri-
kanten denn es war eine Einrichtung in Bagdad von welcher
Jäkübi bereits für die Zeit der Gründungsepoche Kunde giebt, dass in
diesem Handelsviertel die Straßen und Gässen der einzelnen Quartiere
nach der Herkunft der hier aus aller Herren Ländern angesiedelten Kauf-
leute und Manufakturisten benannt wurden m. Aus diesem Quartiere
gierigen endlich mit allmäliger Verdrängung des fremden Concurrenz-
Namens die schweren SeidenstolTe hervor, deren Pracht selbst der eitelsten
Prunksucht zu schmeicbeln vermochte und die unter dem obsiegenden
heimischen Namen der Bagdäder oder Baldachin-Gewebe bis in's
späteste Mittelalter den Ruhm der tusterischen Pflanzschule über ganz
Europa verbreiteten.
Doch dies gehört an einen andern Ort. Aus der vorstehenden Dar-
legung ergiebt sich mit historischer Gewissheit die für uns zunächst wich-
tigste Thatsache einer sehr frühen arabischen Imitation der be-
rühmten Tuster-Fabrikate, welche in der Geschichte der morgen-
ländischen Webereien an und für sich zwar nicht vereinzelt dasteht, wohl
aber vom archäologischen Standpunkte der textilen Kritik festgehalten
werden muss m.
Die Concurrenz Bagdäds mit der persischen Seidenindustrie hat,
wie bemerkt wurde, das Fortblühen Tustefs bis in's XIII. Jahrhundert
kaum irgendwie beeinträchtigt, obschon sie demselben auf die Dauer ge-
fährlich werden musste. Manche Kriegsstürme und die mongolischen Völker-
Huthen waren, alles Leben erstickend, über die blühendsten Landschaften
Mittelasiens hinweggegangen, ohne dass die chüzistanische Stadt dabei
empfindlichen Schaden gelitten hätte oder gar in ihrem gewerblichen
Streben gestört worden wäre. Gegen Ende des XIII. Jahrhunderts galt
Tuster, laut dem Zeugniss Ibn Challikän's 1282, noch als eine "be-
rühmten Stadt berühmt offenbar ihrer textilen Erzeugnisse wegen,
die bis dahin nach der ausdrücklichen Versicherung Kazwinfs 1283
einen weitverbreiteten Ruf genossen m. Während des ersten Drittels des
XIV. Jahrhunderts dürfte sich kaum viel-daran geändert haben, wenig-
stens schildert Ibn Batüta aus eigener Anschauung Tuster noch als-eine
Jiküt, Mu'dschem el-buldän, p. 850. Dessen Muschlarik, ed. Wüsten-
feld, p. 81. Vgl. auch Meräsid, l. c. p. 205. Soiüthi, Lubb el-lubab, ed.
Vexh, p. 53."
Kitäb dl-buldin, p. 18. Der ganze westliche Hahdelsbezirk Bagdids
hieß el-Knrch.
Vgl. meine nMerkmale zur Bestimmung sarazenischer Kunst- und
lndustrie-Denkrnülerc, in den Mittheil. des k. k. Oesterr. Museums für Kunst und
Industrie, 1875, p. 305.
lbu Chnllikän, ed. Wüstenfeld, 62.
Kazwini, Wdschiib el-machlükät, ed. Wüstenfeld, ll, p. x14.
große, hübsche und blühende Stadt und insofern solche Beob-
achtungen zugleich den Gradmesser für den gewerblichen Wohlstand
eines Gemeinwesens abgeben, möchte auch der darauf basirte Rückschluss
nicht zu gewagt erscheinen.
Von diesem Zeitpunkte ab herrscht jedoch in den Quellen ein voll-
ständiges Dunkel über die weiteren textilen Verhältnisse dieser Stadt;
doch glaube ich mit einiger Berechtigung die Mitte des XIV. Jahrhun-
derts als den Wendepunkt fixiren zu dürfen, durch welchen das Sinken
der Seidenindustrie Tuster's besiegelt wurde denn als im Jahre 1393 die
Heerhaufen des Welteroberers Timür-leng, indem sie das Reich der Mu-
zaffariden niederwarfen, auch in Tuster einzogen, lwar diese ehemals so
reiche lndustriestätte, nachdem die Quelle des Wohlstandes versiegt war,
kein begehrenswerthes Object mehr weder für die Plünderung, noch für
eine harte Contribution.
So hat denn Tuster während seiner siebenhundertiährigen islämi-
tischen Glanzperiode auf dem Gebiete der Textilindustrie eine Bedeutung
gewonnen, die, wenn wir mit Bezug darauf die arabischen und persischen
Quellen dieser Epoche überschauen, mehr als in einer Hinsicht zur cultur-
historischen Betrachtung herausfordert '44.
Erinnern wir uns an das früher Gesagte, so zeigt es sich, dass die
industrielle Wichtigkeit der Stadt ganz und gar auf den von den säsä-
nidischen Persern übernommenen Webereien beruhte. Aus diesen gierigen
während der muhammedanischen Periode hauptsächlich Seide nmanufakte
hervor; allen voran die Dibädsch-Gewebe, dann Sammtstoffe, ausgezeich-
nete Turbanbinden, Vorhänge, Teppiche verschiedener Art u. s. w.
Den Mittelpunkt dieser kunstgewerblichen Thätigkeit bildete aber eine
ärarische Stoffmanufaktur Thirzig, an deren Spitze ein Vorsteher
Sähib stand '45. Dieser in ihren Erzeugnissen monopolisirten Fabrik
Kitäb rihll lbn ßatütarAusgabe Wädi en-Nil, p. x14.
Es sei ausdrücklich bemerkt, dass ich dem sich mir darbietenden Quellen-
mnteriale hier auch nicht entfernt im ganzen Umfange folgen kann. Zweck der gegen-
wartigen Zeilen ist eine vorläufige übersichtliche Formulirung historischer Thatsachen,
ohne Phrasen.
lstachri, p. 92. lbn Haukal, p. x75. Mukaddasi, p. 409, 416.
äküt, Mu'dschem el-buldin, p. 849. Kazwini, ll, p. x14.
lbn Haukal, l. c. Wenn dieser Geograph sagt, des Besitzrecht auf jene
Fabrik komme einem Jeden zu, welcher "lräk beherrsche, so spricht er hier
für seine Zeit olfenbar nur im Sinne der Buweihiden-Emire, welche dnmnls nicht nur
Chüzistän besaßen, sondern in Bagdäd auch die Obergewalt über die Chalifen sich an-
gernaßt hatten. Meines Erachtens irrt demnach E. Pariser, Histoire de la Soie, ll,
p. 18x, indem er eben den letzteren für lbn Haukgfs Zeit jenes Besitzthum vindicirL
Mit demselben hing nämlich aiich die Prärugativeder Namensnennung auf Klei-
dern und Stoffen zusammen s. meine Merkmale etc. p. 304 f., welche genau solch' ein
Attribut der Souverainetät war, wie das Münzregal und dies letztere besaßen die Bu-
weihiden damals in Bagdiad. Der Chnlife hatte nur den leeren Titel eines Herrschers.
ward eine Zeit lang sogar die Ehre zu Theil, die Dibädsch-Behänge für
die heilige Ka'aba in Mekka zu liefern 1".
Wie aber hiedurch das religiöse Bedürfniss seinen auf's Höchste
gesteigerten Ausdruck erreichte, zeigte es sich gar bald, dass der Sinn
für weltliche Ansprüche zu gleichem Streben sich verband. Je mehr der
islamitische Einheitsstaat, in welchem Fürsten und Völker von den alten
patriarchalischen Ideen und Gewohnheiten sich lossagten, einer heillosen
Zerklilftung entgegeneilte; desto mehr stieg die sittliche Entartung, wuchs
der Aufwand. Neben der fortwährend steigenden geistigen Entfaltung ver-
feinerten sich die Genüsse und Ansprüche an den Höfen der Großen
verlor sich aber das üppige Leben bald zur Wüstheit; denn die uner-
messlichen Hilfsquellen führten zu schrankenlosem Lebensgenuss und einer
Vergeudung der Reichthümer, die ihres Gleichen sucht.
Die volle Tragweite des Umschwungs ermessen wir mit Beziehung
auf unsern Gegenstand zuvörderst in dem stetigen Steigen des Verbrauchs
von Seidenstoifen trotz des die Männer betreiTenden sunnitischen Verbots.
Diese zunehmende Verschwendung folgte der Befriedigung des Auges für
köstliche mit Perlen und Steinen besäete Brokate, Borten, Zierbesätze
und weite faltige Prunkgewänder, darunter es solche gab, deren lange
goldstrotzende Schleppen dem Träger den Anschein gaben, als würde
er am Saume seines Kleides brennende Kohlen nach sich ziehen m.
All' dies passte ja trefflich zur selbstgefälligen, auf's Aeußere gerichteten
Eitelkeit der Orientalen, die nach Burton's Ausspruch auch heutzutage
noch so stark ist, dass man von Kairo bis Calcutta unter einem hübschen
Rocke schwerlich ein betrübtes Herz iinden dürfte. Es wird also kaum
überraschen, dass auch schon die alten Muhammedaner, der leichtlebigen
Sitte nachgebendreich geschmückt an Kleidern und, der Propheten-
Satzung zuwider, sogar in Seide gehüllt die Moscheen betraten '49.
lstachri, l. c., erwähnt dies als eine noch bestehende Uebung, lbn Haukal,
l. c., hingegen spricht hierüber wie von einer vergangenen Sache in die Epoche der
beiden Geographen, also in die erste Hälfte des X. Jahrhunderts, muss demnach der Zeit-
punkt der Lossagung von der religiösen Verpßichtung einer Behängelieferung fallen,
zu welcher, nach lbn Haukals Bericht, der fürstliche Besitzer des Thiriz in Folge seiner
Verarmung sich gezwungen sah. Die hiebei von lbn Haukal gebrauchte Bezeichnung
Sultäu steht olfenbar nur im appellativischen Sinne für wHerrscher-w und kann sich
recht wohl auf einen Chalifen unmittelbar vor der Zeit des buweihidiachen Regiments
in Bagdad beziehen.
Ibn Dschobair, Travels ed. W. Wright, p. 148 über den Emir von Mekka,
zu Ende des Jahres 1x83. Vgl. dazu Dozy, Script. Arab. loci de Abbadidis, p. x08,
nOL 189. Auch der Perser Häfis x38g, Diwün, ed. Rosenzweig-Schwanau, ll, p. 512,
erwähnt der nachgezogenen Schleppe ddmen an golddurchwirktem Kleides
Raudh el-achjür el-muhtächab min rebi"el abrär von lbn el-Chätib,
Handschr. der k. k. Holbibl. in Wien, Cod. 377, Fol. 1x9 r. Al-Marrekoshi, The
history of the Almohades, ed. Dozy, p. 93. Dnss übrigens auch die arabischen Damen
Um nichts verschieden war das Treiben des Modespiels in den
gesellschaftlichen Cirkeln der höheren Stände, wo man die kostbarsten
Erzeugnisse der textilen Kunst prahlsüchtig zur Schau trug. Als einmal
der buweihidische Wezir lbn 'Abbäd im Kreise von Geladenen einen
Turban mit breiter lnschriftenborte tusterischer Arbeit trug, und einer
der Gäste lange Blicke stummer Bewunderung auf dieselbe heftete, be-
merkte der Wezir mit feinem Wortspiel nJa, ja, es ist das nicht in Tuster
gemacht, um verhüllt zu werdenu! Im Und wahrhaftig! auch der durch
Luxus und Farbenpracht überreizte Sinn des Morgenländers mochte an
diesen, allüberall erfolgreich rivalisirenden, tusterischen Seidenfabrikaten
Gefallen finden. So wissen wir denn thatsächlich", dass die gesarnmte islä-
mitische Welt mit ihnen versorgt wurde ganz vorzüglich aber mit dem
Dibädsch-Gewebem. Der Aufwand, welchen die muhammedanischen
Großen speciell darin trieben, war unglaublich. So ließ z. B. der Bar-
mekide el-Fadhl ihn Jahja 808 nach der Erzählung Beihakfs, des
persischen Lebensbeschreibers des Ghaznewiden MasTid, einmal, von tausend
türkischen Pagen herbeigebracht, an Geschenken zweitausend Stücke Tuster-
Atlas, nebst andern werthvollen Stollen, wie Siklätün, türkischen Dibädsch
etc. vertheilen oder, der ilchänidische Wezir Medschd el-Mulk 1282
befahl nach der Aussage WassäPs ein Zelt von demselben Atlasstolfe auf-
zurichten, so groß, dass es von 40 Säulen getragen werden musste u. s. w.
Die Gewandkammern bargen reiche Vorräthe tusterischer Prachtstoffe
zur beliebigen Auswahl, entsprechend dem Bedürfnisse der unterschied-
lichen Lebensformen. So forderte es fürstlicher Brauch. lbn Hamdün be-
richtet darüber Genaueres von dem abbäsidischen Chalifen el-Mu'tadhid
billäh 902 '53. Auch die Fatimiden in Aegypten folgten darin nach;
in den Zeltkammern chazzün el-chaim des chalifischen Palastes zu Kairo
lagen die mannigfachsten Arten fertiger Zelte aus kostbaren Geweben und
Corduan-Leder vorräthig aufgestapelt darunter solche, zu deren Fütte-
rungen die mit den chinesischen zugleich aufgezählten tusterischen Seiden-
storfe benützt worden waren 15'.
alter Zeit der verlockenden Ucbertragung einer Bekleidungsmode in die Moschee nicht
zu widerstehen vermochten, dafür linde ich im Kitlib el-aghäni, l. c. ll, p. 179 ein
köstliches Beispiel.
Ma 'umilet bi-Tusler Ii-Iuster! Das Wortspiel besteht in dem Doppelsinn von
Tuster dem Nom. .propr. und dem Aor. des Zeilworls sdtura, bedecken, verhüllen.
Mu'dschem el-buldän, 84g. lbn Abbäd wurde im I. 326 d. H. 938 n. Chr.
geboren; 360 97x ward er Wezir des Buweihiden Muaijed ed-daula, welche Stelle er
nach dessen Tode, 373 983 unter dem Nachfolger Fachr ed-daula weiter bekleidete.
lbn el-Athir, l. c. Vlll, p. 264, 454; IX, p. 19.
lbn Haukal, l. p. 175.
Tärichi Beihaki, Calcutta 1362, p. 516.
Masüidi, Murüdsch eds-dsühab, Buläker Ausg. ll, p. 36x.
Mnkrizi, Chitlt, 4x8.
85
Man darf indess nicht glauben, die feinere Geschmacksrichtung jener
Zeiten wäre einzig nur an den conventionellen, aus Tuster kommenden
textilen Modefabrikaten haften geblieben. Keineswegs! Vielmehr wurden
auch auf specielle Bestellung die tusterischen Seidengespinnste zu eigen-
artigen Prachtstücken verarbeitet. Ein hochinteressantes Beispiel hiefür
kennen wir aus dem wBuch der Vorrätheß, welchem die wichtigsten inven-
tarischen Mittheilungen über die Schätze der fatimidischen Kammern zu
danken sind '55. Der Chälife el-Mu'izz li-din alläh ließ nämlich im Jahre
353 d. H. 964 n. Chr. eine wunderbare g0lddurchwirktebuntfarbige
Seiden-Tapete mdktui, deren Fond jedoch aus blauer Tuster-Korküb-
Seide '56 gebildet war, anfertigen. Dieses einzige Wunderwerk stellte
gewissermaßen eine Landkarte vor denn es befanden sich darauf ein-
gewoben die Abbildung der Erde, ihrer Gebirge, Meere, Städte, Flüsse
und Straßenzüge; ferner die Ansichten der heiligen Städte Mekka und
Medina. Jeder topographische Punkt trug seinen betreffenden Namen als
Ueberschrift in Gold, Silber oder Seide eingewoben; am Rande der Tapete
stand aber die Widmungslegende "Dies ist etwas von dem, was anzu-
fertigen befohlen hat der lmäm el-Mu'izz li-din alläh Fürst der Gläu-
bigen aus heftiger Liebe zu den geheiligten Orten Gottes und zur all-
gemeinen Bekanntmaehung der durch den Gesandten Gottes hetretenen
Wege, im Jahre dreihundert drei und fünfzig. Die Kosten dafür beliefen
sich auf zwei und zwanzig tausend Dinäru 157.
Der riesige Werth dieser Tapete lag nicht allein in der kunst- und
mühevollen Arbeit, sondern auch in dem dazu verwendeten Materiale.
Die köstlichste, zugleich theuerste Farbe, welche mit den Gespinnsten in
Verwendung kam, war eben die "Blauen d. h. die sog. Axmändschünzjj-
oder Hyacinthen-Farbe, wörtlich himmelfarbig, vom persischen
äsmän Himmel und gün Farbe. Dieselbe wurde, wie die Herkunft des
Namens nicht anders erwarten lässt, schon von den säsänidischen Persern
vorzugsweise zu den königlichen Prunkstolfen verwendet '59. Daneben
steht, um eine Nüance verschieden, die gleichgeschätzte Ardschewänijj.
Beide spielen auch mit schwärzlichem Stich in's Violetroth hinüber,
werden als Purpurfarben erklärt und dem syrischen baltin oder griechischen
ßlitirriov, blatthin, gleichgestellt '59.
Kitäb eds-dsachäir, im Chilax etc. p. 417.
Korküb, eine Nachbarstadt TusteHs, berühmt wegen ihrer Teppich-Mnnufsktur-
Die angegebene Summe giebt nach heutigem Goldwerthe ca. 288.000 Francs.
'55 Faustus von Byzanz, Gesch. Armeniens, aus d. Arm. von M. Lauer, Köln
lhg, p. 197. Harnza von lspahän, Annales ed. Gottwaldt, p. 48 E. Derselbe
Historiker er schrieb in der i. Hälfte des X. Jahrhdls. giebt in der Folge, p. 50
auch die arabische Uebersetzung dieser Farbbezeichnung lön es-sema" wHimmelsFarbe-n
Bar All, Lex. ed. Hofmann, p. 87, 2451, Payne-Smith, Lex. s. v.
bältin. Bar Bahlul.
86
ln der vollendeten Bereitung dieser glanzvollen Färbungen fußte
hauptsächlich der ausgezeichnete Ruf und die Kostbarkeit der Seiden-
gespinnste unserer chuzistänischen Stadt, in Folge dessen sie mit den
byzantinisch griechischen Purpurstoffen erfolgreich wetteifern konnten
und wenn wir Tha'älibi's Worten Glauben schenken, war es eben nur
der tusterische Dibädsch welcher dem griechischen Di-
bädsch völlig gleichwerthig erachtet wurde m.
Halten wir dieses fest, so entsteht die wichtige Frage was für eine
Stoigattung und welcher einheimische Name der Byzantiner ist unter
dem sogenannten grie chischen Dibädsch der Araber zu verstehen?
Das Ergebniss der Beantwortung derselben, welche ich im Folgenden ver-
suchen will, wird zugleich auch die Probe liefern müssen für die Rich-
tigkeit dessen, was bisher über das Wesen des persisch-arabischen Dibädsch
gesagt worden ist. Fortsetzung folgt.
Die Fachschule für lluincaillerie in Gablonz.
Im Jahre 1878 erlaubte ich rnir die Aufmerksamkeit der Leser der
nAbendposti- in einem Aufsatze vGold- und Silberwaaren-Aus-
Stellung in Schwäbisch-Gmündß, auf die Bedeutung der Quin-
caillerie-Industrie und auf die Anstrengungen zu lenken, welche insbeson-
dere in Schwäbisch-Gmünd und in Pforzheim gemacht wurden, um durch
Fachschulen die Quincaillerie-Industrie zu heben. Es wurde darauf hin-
gewiesen, welche Bedeutung die QuincailIerie-Industrie überhaupt habe,
in wie hohem Grade wIinschenswerth es wäre, auch in Oesterreich diese
Industrie durch die Schule zu fördern. In Oesterreich wird die Quin-
caillerie-Industrie in Wien betrieben; im Reichenberger Handelskammer-
bezirke hat sich diese Industrie zu einer eigentlichen Hausindustrie ent-
wickelt, namentlich in Gablonz und seiner Umgegend. Dieselbe hat es
verstanden, sich auf dem Weltmarkte einzubürgern, und ist eine Quelle
des Wohlstandes der ganzen Bevölkerung geworden.
Kein Zweig der Kunstindustrie ist aber in so hohem Grade den
Schwankungen des Geschmackes und den wechselnden Conjuncturen der
Geschäftswelt ausgesetzt als die Quincaillerie. In Zeiten, in welchen die
Geschäftslage günstig ist und die Leistungen der Gablonzer Industrie den
Bedürfnissen des Geschmackes entsprechen, steigt der Arbeitslohn und der
Verdienst der arbeitenden Bevölkerung. Treten hingegen ungünstige Con-
juncturen auf dem Weltmarkte ein, sind die Träger der Industrie nicht
Latiif ul-mdärif, p. m7. Die wichtige Stelle lautet Wa minha Tuster
ällati bihi tkira"; ed-debäbidsch el-fdchire, ava hije mausüfe und debdbfdsch er-Rüm d. h.
nDnselbst im Distrikt Ahwäz, Provinz Chüzistän ist Tuster; hier befindet sich eine Mu-
nufaktur von prachtvollen Dibädsch-Slolfen, die mit den Dibädsch-Geweben Rünfs Grie-
chenlands gleich qualiücirt werdenw
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im Stande, der Geschmacksbewegung zu folgen, so gestaltet sich die Lage
dieser Gablonzer QuincaillerieJndustriellen zu einer beklagenswerthen.
Bei dieser Sachlage hat sich das Bedürfniss herausgestellt, der Gablonzer
Industrie durch Gründung einer Fachschule einen inneren Halt zu geben
und in den Räumen einer Schule die arbeitende Bevölkerung sowohl mit
den Elementen des gewerblichen Zeichnens und Modellirens als mit jenen
metallurgischen Techniken vertrauter zu machen, welche in den Gürtler-
Werkstätten von Gablonz gepflegt werden.
Am l. Mai d. J. wird von Seite des Unterrichtsministeriums eine
Fachschule für Quincaillerie in Gablonz eröffnet und zwar in den Räumen
der dortigen Btirgerschule. Als Lehrer in dieser Schule werden Herr
Sobota für das Ciseleur- und Graveurfach und iHerr Larch für das
Zeichnen und Modelliren fungiren. Beide sind Schüler der Kunstgewerbe-
schule des Museums, Herr Sobota speciell der Ciselirschule des Herrn
Schwartz; er hat in den Weihnachts-Ausstellungen des Museums und
in der Bronze-Industrie-Gesellschaft sich einen Namen zu machen ver-
standen. Dieser neu gegründeten Schule kommt es sehr zu statten, dass
die k. k. Staatsgewerbeschule in Reichenberg festen Fuß gefasst hat, in
welcher Herr Richter, ein hervorragender Chemiker, als Director fungirt,
dem eine Reihe von erfahrenen Fachprofessoren zur Seite stehen.
Die Gründung einer Fachschule würde nur unvollständig die Be-
dürfnisse" der Gablonzer Industrie befriedigen, wenn nicht gleichzeitig von
Seite des Unterrichtsministeriums jene Maßregeln getrolfen wären, welche
dazu dienen, den Zeichenunterricht in allen jenen Volksschulen
zu heben, welche in dem Bezirke der Gablonzer Industrie liegen. Bei
einer l-Iausindustrie, wie es die Gablonzer im eminenten Sinne des Wortes
ist, spielt die Geschmacksbildung der gesammten Bevölkerung eine her-
vorragende Rolle. Die Fachschule ist an allen Orten, wo eine Haus-
industrie existirt, an die Mitwirkung der Volksschule gewiesen; je tüch-
tiger und rationeller der Zeichenunterricht in den Volksschulen ertheilt
wird, je mehr die Volksschullehrer schon beim Zeichenunterrichte auf die
Bedürfnisse des gewerblichen Lebens hinwirken, desto mehr heben sich
die geistigen Grundbedingungen, auf welchen die Quincaillerie-Industrie
ruht. Es ist in hohem Grade erfreulich, wahrzunehmen, dass die Volks-
schullehrer in Gablonz und Umgegend die Bedeutung ihrer Mission, an
der gewerblichen Fortbildung des Volkes mitzuwirken, begriffen haben.
Sie sind mit Freude der Autforderung nachgekommen, an dem Fort-
bildungscurse im Zeichnen Antbeil zu nehmen, welcher für sie im
Auftrage des Unterrichtsministeriums in der Reichenberger Gewerbeschule
durch den Architekten ew tt im Laufe dieses Sommers ertheilt
wird. So wirken diesmal alle Factoren zusammen, um der Gablonzer
Quincaillerie-Schule ein günstiges Prognostikon zu stellen. Da ihre Ver-
bindung mit der Volks- und Bürgerschule hergestellt ist, so befindet sich
die Fachschule nicht auf einem lsolirschämel gegenüber den Volks- und
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den Gewerbeschulen. Wir dürfen uns wohl der Hotfnnng hingeben, dass
die Industriellen der Gablonzer Gegend mit der Fachschule in enge Füh-
lung treten werden. Herr Sobota ist so eben von einer lnstructionsreise
nach Schwäbisch-Gmünd und Pforzlieim zurückgekommen, welche er im
Auftrage des Unterrichtsrninisteriums unternommen hat, und es ist aller
Grund vorhanden, zu erwarten, dass die Einrichtung der Schule der An-
forderung der Zeit vollständig entsprechen wird. R. v. E.
Nach einem uns soeben zugekommenen Programme der Gewerblichen Zeichen-,
Modellir- und Ciselirschule in Gablonz a. N. verfolgt diese vom hohen k. k. Ministerium
für Cultus und Unterricht errichtete, unter der Oberleitung des Directors der k. k. Staats-
gewerbeschule, F. Richter, stehende Fachschule für Quincaillerie-Industrie
den Zweck, tüchtig ausgebildete Kräfte für alle Zweige der Gablonzer Kunstindustrie zu
erziehen, künstlerischen Geschmack in allen betheiligten Gewerbekreisen zu verbreiten
und hierdurch auf die Hebung des asthetischen Werthes der Erzeugnisse dieser Gewerbe
hinzuwirken.
Die Lehranstalt umfasst drei von einander verschiedene Schulen
l. Die kunstgewerbliche Fachschule Tagesschulel,
ll. die Fcrtbildungsschule Abend- und Sonntagsschule,
lll. den offenen Zeichen- und Modellirsaal in Verbindung mit einer Mustersammlung.
I. Kuuatgewarbliohe Faohachnle.
Die kunstgewerbliche Fachschule" hat die Aufgabe, durch systematisch geordneten
Unterricht Tagesunterricht ihre Zöglinge in jenen Fachkenntnissen und Fertigkeiten
auszubilden, welche dieselben zu hervorragend tüchtigen Hilfskräften für größere Ge-
schafte befähigen, oder, da diese Schule hauptsächlich von dem jungen Nachwuchs der
selbständigen Gewerbetreibenden benützt werden soll, welche zum Betriebe eines selb-
ständigen Gewerbes unter Verfolgung höherer Ziele unumgänglich nothwendig sind. Dem
Zwecke der Schule entsprechend findet die müglichste lndividualisirung im Unterrichte statt.
Der Lehrgang wird je nach Bedarf auf ein bis zwei Jahre ausgedehnt und glie-
dert sich nach Semcstercursen mit fünfmonatlicher Dauer. Die wöchentliche Unterrichts-
zeit wird durch den Stundenplan festgestellt werden.
Unterrichtsgegenstande sind vorzugsweise
Elementares Freihandzeichnen in Verbindung mit geometrischer Formenlehre;
Zirkelzeichnen mit Einschluss der Elemente des Projectionszeichnens;
3. kunstgewerbliches Fachzeichnen nach Vorlagen, Gyps- und anderen Modellen;
4. Modelliren in Thon und Wachs.
H. Die gewerbliche Fortbildungssohnle.
Abend- und Sonntagsschule.
Dieselbe umfasst folgende Unterichts egenstande
I. Geometrisches Zeichnen, wöchentlich Stunden;
a. Freihandzeichnen, wöchentlich Stunden;
3. kunstgewerbliches Zeichnen, wöchentlich Stunden, und nach Maßgabe der
erlangten Vorkenntnisse und der verfügbaren Zeit auch
4. Modelliren und Ciseliren.
III. Offener Zeichen- und Modellirsaal in Verbindung mit einer Muster-
Sammlung.
Der offene Zeichensaal, in welchen tagsüber den Gewerbetreibenden und In-
dustriellen der Zutritt gestattet ist, hat den Zweck, die Schule in möglichst nahen Contact
mit der localen Industrie zu setzen, darin zu erhalten und ihren Einfluss schon auf die
dermaligen lndustrieverhaltnisse wirksam zu vermitteln. Jedermann soll hier fachmän-
nischen Rath und die erforderliche Anleitung für seine Compositionen erhalten, eventuell
die Zeichenwerke und Modellsammlungen der Schule für seine speciellen Zwecke, erfor-
derlichenfalls unter Anleitung der Fachlehrer, benutzen können.
Die Mustersammlung wird mustergiltige Erzeugnisse der heimischen Quin-
caillerie-lndustrie und auch ausländischer ähnlicher Industrien, überhaupt Vorbilder, die
Gemeingut werden sollen, theils permanent, theils in steter Abwechslung vorführen, um
solcherart die Verbreitung kunstgebildeten Geschmacks in den weitesten Kreisen zu för-
dern, insbesondere aber um direct als Unterrichtsbelielf für die Schule, zumal für den
offenen Zeichensaal zu dienen.
Die wesentliche Bedingung für die zweckentsprechende geistig belebende Wirk-
samkeit dieser lnstitution, wie überhaupt der ganzen Lehranstalt, muss in der Anlehnung
derselben an das k. k. Oesterr. Museum für Kunst und Industrie in Wien und in der
dauernden fordersamen Unterstützung durch dieses Central-Kunstinstitut gesucht werden.
William Ungar.
Wir freuen uns zu sehr, W. Unger, den Meister der Radirnadel,
zu den unserigen zählen zu können, als dass wir es uns versagen wollten,
im Folgenden theilweise das Urtheil in Uebersetzung wiederzugeben,
welches der geistreiche Kenner und Kritiker Louis Gonse im Februar-
hefte der nGazette des Beaux-Artsc bezüglich der zweiten Abtheilung von
W. Ungefs Gesammtwerk veröffentlicht
vDie rGazette des Beaux-Artsu hat stets mit der lebhaftesten und un-
getheiltesten Aufmerksamkeit die Arbeiten des Wiener Radirers William
Unger verfolgt; sie war stets zu eifersüchtig auf ihren Einfluss auf dern
Gebiete der Gravure, als dass sie sich nicht um die ernsten Bemühungen
der fremdländischen Kunst bekümmern würde. W. Unger nimmt einen
der vordersten Plätze ein und ohne eine Vergleichung in unserer Schule
suchen zu wollen, müssen wir die Thatsache feststellen, dass wohl nur
sehr wenige Radirer sich mit einer so reichen, so kräftigen und so
mannigfaltigen Ausstattung wie er präsentiren können. Vor einigen Jahren,
als Unger debutirte, hatte man an seiner Zukunft zweifeln können, wenn
man dem skeptischen Lächeln einiger unserer jungen Künstler vertraut
hätte. Heute ist Unger ein unbestreitbarer und unbestrittener Meister, er
hat seine Proben glänzend bestanden.
Die nGazetteu hat bereits über den ersten Theil jener großartigen
und prächtigen Sammlung von Unger's Werken Bericht erstattet, deren
Veröffentlichung von dem Herausgeber so vieler umfangreicher Werke,
durch W. A. Sijthoff zu Leyden, unternommen wurde. Diese erste
Abtheilung umfasste sieben Lieferungen; die so eben erschienene, über
welche wir berichten, enthält deren eine gleiche Zahl, aher sie ist viel-
leicht noch wichtiger und von vielseitigerem Interesse. Das Radirer-
talent, das Unger so ganz sein eigen nennen kann, zeigt sich hier mit
seinem vollen Reichthum der lnterpretationsmittel, in seiner ganzen Ge-
schmeidigkeit und Kraft der Hilfsqueilen.
Wir sprachen von einem Sammelwerk. ln der That ist die Publi-
cation von Sijthoff eine Vereinigung der Werke des Künstlers, die mehren-
theils bereits früher erschienen waren, in Holland, Deutschland, Oester-
reich, zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenem Format, einzeln ge-
schaffen oder für Zeitschriften, wie jene Lützow's für bildende Kunst oder
für grosse Auctionskataloge. Aber hier ist jede Tafel erläutert durch einen
Text von Vosmaer voll zutreffender und interessanter Bemerkungen über
das gemalte oder gezeichnete Original, den dargestellten Gegenstand oder
die Persönlichkeit, über den Maler selbst und über die geätzte Ueber-
setzung durch Unger. Der Druck, auf starkem Holländerpapier, macht
dem Hause Sijthoff alle Ehre, und die Abzüge der Platten selbst, unter
Ungefs eigener Leitung besorgt, sind von der höchsten Schönheit. Wir
verstehen und würdigen die Sorgfalt, welche man dieser Arbeit des Druckes
von geätzten Platten widmen muss, einer Arbeit, die viel schwieriger und
viel misslicher ist, als man es im Allgemeinen glaubt. Dazu gehört eine
gute Ueberlieferung, die bei uns, erdrückt von einer außerordentlichen,
uuaufhörlichen und leider oft werthlosen Production, zu schwinden droht.
Die Menge kleiner Marktarbeiten schädigt ernste Leistungen. Diese mit
voller Dampfkraft betriebene Concurrenz, dieses Productionslieber, welches
sich selbst des Pariser Buchhandels bemächtigt hat, ist sorgfältigen Ar-
b'eiten äußerst gefährlich. Wir wollen nicht sagen, dass man nicht mehr
fähig sei, dass es nicht noch Viele gebe, die im Stande sind, sehr gut zu
arbeiten; aber man fängt an, es nur mehr selten zu wollen; das Publicum,
die Künstler, Verleger und Drucker stimmen allmälig ihre Anforderungen
gar zu sehr herab. Dies ist das unheilvolle Ergebniss einer zu üppigen
Production. Man bekümmert sich nicht mehr genug und wir kennen
aus eigener Erfahrung die Kämpfe, die man betreffs dieses Punktes zu be-
stehen hat um die Verschiedenheit und die Anpassung des Papiers an
die Beschaffenheit der Platte, um die Verschiedenheit der Töne in der
Druckerschwärze, um deren Flüssigkeit, und um die Farbe, welche eine
gut gewählte Mischung einem Abdrucke verleihen kann. Wir sind in
Frankreich sehr raflinirt gewesen, wir fangen an, es nicht mehr genug zu
sein. Wir waren die einzigen und wir sind noch immer die geschicktesten
in der Handhabung des Gritfels und des Aetzwassers, Dank der alten
Ueberlegenheit unserer Graveurschule; aber es ist durchaus nicht über-
flüssig, die Allarmglocke zu schlagen, da sich die Gelegenheit hiezu bietet.
Wir müssen die Engländer im Auge behalten, die unsere guten Arbeits-
kräfte an sich ziehen, die Belgier, welche unsere Verfahren mit Sorgfalt
studiren, die Deutschen und die Oesterreicher, welche sich unablässig
bemühen, an Boden zu gewinnen.
Besonders in Oesterreich wurden ausgezeichnete, wir wollen sogar
sagen, bewundernswerthe Erfolge auf dem Gebiete der Gravure errungen,
die sich einer glücklichen Mittelstellung erfreut, einerseits begünstigt durch
die Begabung W. Unger's, anderseits durch die oflicielle Förderung, die
sich in gewissem Bezug in dem verehrten und verständnissvollen Oberst-
Kärnmerer des Kaisers, dem Grafen Crenneville, verkörpert; gezogen mehr
als gehemmt durch die herrliche Ausdehnung des militär-geographischen
Institutes, dessen heliographische Arbeiten unstreitig alles übertreffen, was
anderwärts gemacht wird, sogar bei uns, die wir uns doch sehr tüchtiger
Leute rühmen dürfen. Die von Sijthoff herausgegebene Sammlung von
gl
Unger's Radirungen bezeugt jene große Strömung in der Production;
deren Verdienst liegt nicht blos in ihrem eigenen Werthe, sondern auch
in der Art und Weise, wie sie uns vorgeführt werden. Seien dieselben
dick oder trocken, glänzend oder matt, tief schwarz oder licht, kräftig
oder zart, schwer oder schwingend leicht, immer sind ihre Farbentöne
voll beabsichtigt. Das ist es, was unser berühmter Radirer Jules Jacquee
mart immer verfolgt hat, er ein Meister ohne Frage, das ist es, was auch
W. Unger offenkundig anstrebt.
Diese zweite Abtheilung des Werkes W. Unger's zählt 70 Nummern.
Mannigfaltiger vielleicht als die erste, umfasst sie alle Style und alle Perio-
den, vorzugsweise aber die zeitgenössische Kunst und das eigentliche Genre.
Der Reigen der modernen deutschen Meister erscheint vollzählig Menzel,
Lenbach, Makartr Kaulbach, Richter, Schreyer, Gebhardt, Munkacsy,
Pettenkofen, Passini, Nettel u. s. w. bringt die begeisterte Nadel Unger's.
Was dessen Talent besonderen Reiz verleiht und so anziehend wirkt, das
ist die Gluth, die sich nie verleugnet, die sogar zu wachsen scheint, diese
strenge, manchmal etwas wuchtige Ueberzeugung, die jede seiner Ueberv
tragungen mit einer Art Autorität kennzeichnet; das ist auch diese grosse
Freiheit der Arbeit, die sich den verschieden geartetsten Meistern anschmiegt,
diese Wärme, die sich in der Berührung mit Rembrandt enttlammte und
über das ganze Werk des Wiener Radirers so grosse und leuchtende Klar-
heit verbreitet."
Ein neues Atelier für kunstgewerhlicho llaltechniken.
Der Wiener Frauenerwerb-Verein veröffentlicht soeben folgendes
Programm des Ateliers für kunstgewerbliche Maltechniken,
welches am I. October 1880 erölfnet wird. Als Leiter des Ateliers fungirt
Herr Rudolf Geyling. Um einem Bedürfnisse nachzukommen, das sich
in der Kunst-Industrie und in der Gesellschaft fühlbar macht, errichtet
der Verein zu seiner schon bestehenden Zeichenschule und dem Atelier für
Musterzeichnen, ein Atelier für kunstgewerbliche Maltechniken.
Der Unterricht in diesem Atelier hat den Zweck, dass die Schüle-
rinnen die verschiedenen Techniken erlernen, welche eventuell zum Er-
werbe führen, und dass Mädchen aus kunstsinnigen Familienkreisen Ge-
legenheit finden, sich unter der Führung eines tüchtigen Meisters und
unter der Aufsicht der Damen des Vereines, entsprechende Kenntnisse
und Fertigkeiten anzueignen.
Das Schuljahr des Ateliers umfasst zehn Monate, vom 15. September
bis 15. Juli, in welcher Zeit das Atelier während der hellen Tagesstunden
den Schülerinnen offen steht, welche daselbst auch außer der eigentlichen
Unterrichtszeit arbeiten und sich üben können. Nach Vereinbarung mit
dem Leiter des Ateliers können die Schülerinnen, auf deren ausdrücklichen
Wunsch, auch nur an bestimmten Tagen und zu bestimmten Stunden
das Atelier besuchen. Wenn sich das Bedürfniss geltend machen sollte,
würde das Atelier auch während der Ferienmonate nicht geschlossen werden.
Das Unterrichtsprogramm umfasst
I. Oelfarbentechnik mit Einschluss der Behandlung der Wachsfarben;
2. Aquarellmalen auf Papier, auf weißer Seide, Elfenbein u.Pergament;
3. Malen mit Deckfarben auf Atlas, Rohleinwand, Seide, etc.;
4. Schmelzfarbentechnik auf Thon Porzellan, Steingut, Siderolith,
Majolika, Fayence;
das Malen in den bezeichneten Techniken, von Blumen, Früchten,
Landschaften, Still-Leben, von ornamentalen und liguralen Darstellungen,
nach guten Vorbildern und nach der Natur;
die geschmackvolle Uebertragung dieser Studien auf geeignete Nutz-
und Luxus-Gegenstände aller Art.
Den Schülerinnen wird Gelegenheit geboten sich in allen Zweigen
des vorstehenden Programmes auszubilden, oder auch nur einzelne Fächer
desselben, je nach Neigung und Bedürfniss, zu erlernen.
Zur nachdrücklichen Förderung des Unterrichtes hat der Verein eine
directe Verbindung mit dem Oesterreichischen Museum angebahnt.
Die Schülerinnen müssen genügende allgemeine Vorkenntnisse im
Zeichnen besitzen und können diese in der Zeichenschule des Vereines
nachholen und erwerben. Zu solchem Zwecke können sie an dem, in
zwei Abtheilungen gegliederten Zeichenunterrichte, welcher von Professor
Sjodomn zweimal in der Woche zu je drei Stunden ertheilt wird, theil-
nehmen; Schulgeld H. monatlich; ausserdem steht ihnen der Besuch
eines Curses für Zeichnen nach Gypsabgüssen zu Gebote, welcher vom
l. October bis 31. März, täglich von 5-7 Uhr Abends, unter der Leitung
einer speciellen Lehrerin, Frl. Bertha Felgel, einer absolvirten Schülerin
der Kunstgewerbeschule, stattfindet; Schulgeld fl. monatlich.
Das Honorar für den Unterricht im Atelier beträgt monatlich 12 B.
Der Ausschuss ist berechtigt Ausnahmen zu machen und für talentirte,
unbemittelte Schülerinnen das Schulgeld mit H. monatlich zu bestimmen,
welche Vergünstigung in erster Reihe solchen Schülerinnen zu Statten
kommen soll, welche in der Zeichenschule des Vereines hetangebildet
wurden, jedoch auch auf Schülerinnen, die aus den übrigen Schulen des
Vereines hervorgegangen sind, Anwendung finden kann. Schülerinnen,
welche, ohne früher einer Schule des Vereines angehört zu haben, in das
Atelier eintreten können erst dann auf die Ermäßigung des Schulgeldes
Anspruch machen, wenn sie das Atelier mehrere Monate besucht haben,
und sonach ihre Befähigung hinreichend beurtheilt werden kann.
Die Schülerinnen haben ihr Arbeitsmaterial selbst zu beschallen.
Die Arbeiten der Schülerinnen bleiben selbstverständlich in deren Besitz;
der Verein ist bereit, diejenigen dieser Arbeiten, welche als gelungen be-
funden werden, auf seiner jährlich wiederkehrenden Weihnachtsausstellung
auszustellen.
Litoraturlloricht.
Die Galerie der k. k. Akademie der bildenden Künste zu Wien in einer
Auswahl ihrer alten Meisterwerke. Leipzig, Seemann, 1880. Fol.
Die vorliegende Publication ist wohl geeignet, der akademischen Galerie neue
Freunde zu werben. Aus dem großen Mittelgut dieser Sammlung finden wir dreißig der
besten Bilder, darunter auch wirklich treüliche, herausgelesen und zu einem in Format
wie Ausstattung bescheidenen aber ansprechenden Album vereinigt. Die Radirungen von
Fischer, Forberg, Klaus, Unger u. übrigens hochst ungleichwerthige Leistungen, sind
zumeist schon aus der v-Zeitschr. für bildende Kunst-t bekannt. Herr Prof. Lützow hat
die historische Einleitung und den bündigen, sachlich gehaltenen Text, gegen den von
kunsthistorischer Seite wohl kaum etwas einzuwenden ist, besorgt. Nur eine Bemerkung
sei gestattet. Die beiden am Anfang der Publication stehenden sog. wBelustigungen im
Freien- werden einem Bonifazio zugeschrieben, an dem sich entschieden giorgioneske
Anklänge bemerklich machten, gegenüber einem andern, altern, der in die Fußstapfen
Palma's trat. Das mag richtig sein; die Bonifaziofrage ist noch keineswegs abgeschlossen.
Kaum aber darf man so unbedingt, wie hier geschehen, jenem Andern, jedenfalls dem
hervorragendsten unter den drei oder mehr? Künstlern dieses Namens die zahlreichen
Bilder mit den einzelnen oder zu zweien und dreien zusammengestellten Heiligen zu-
muthen. lm Vergleich mit den XVerken des ersten Bonifazio wie der nGeschichte vom
reichen Manna, der nFindui-ig Moses. u. A., in denen sich ein nicht unbedeutendes Com-
positionstalent und lebendige Gestaltungskraft ausspricht, zeigen diese letzteren bei allem
coloristischen Reiz doch die oberflächlich decorative Weise eines veräußerlichten Kunst-
betriebes.
Zum Schluss wird eine neue Folge mit Nachbildungen moderner Werke in Aus-
sicht gestellt.
Kabdebo, Dr. H. Matthäus Donner und die Geschichte der Wiener
Graveur-Akademie in der ersten Periode ihres Bestandes. Mit urkund-
lichen Beilagen und Illustrationen. Wien, Verlag der östern-ungar.
Kunst-Chronik, 1880. 80 SS. 4.
Man muss es nur einmal selbst versucht haben, einer einzelnen Frage betreffs
unserer heimatlichen Kunst in unsern Archiven nachzuforschen, um die vorliegende Arbeit
gebührend zu würdigen. Ausschließlich auf urkundlichem Materiale basirend, das aus den
Archiven der k. k. Hofkammer, der Akademie der bild. Künste, der Graveur-Akademie,
dem Wiener Stadt- und mehreren Pfarrarchiven, sogar in Stockholm und Neapel, mit
unsaglicher Mühe gesammelt werden musste, bietet uns der Verfasser ein vollständig
klares und wohl auch richtiges Lebensbild des Begründers unserer österreichischen Me-
dailleurschule. Durch die historische Einleitung und die Fülle biographischer Notizen in
Anmerkungen über die im Texte genannten Persönlichkeiten erweitert sich aber dieses
Lebensbild eines einzelnen Künstlers in gewissem Bezug zu einer Geschichte der Gesammt-
kunst in Oesterreich während der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Auch die äußere
Ausstattung des Buches ist eine treßliche und wir sind also dem Verfasser in der That
zu Dank verpßichtet.
Deutsche Geschichte. In Verbindung mit Anderen von L. Stacke. Mit
zahlreichen Tafeln in Farbendruck, mit geschichtlichen Karten und
authentischen Abbildungen im Text. I. Abtheil. Bielefeld und Leipzig,
Velhagen 8t Klasing, 1880. 8.
Der glänzende Erfolg der Roh. Konigschen nDeutschen Literaturgeschichte- scheint
den Anstoß zu der vorliegenden Publication gegeben zu haben. Wir enthalten uns vor-
läufig eines Urtheiles und warten das Erscheinen der zweiten Abtheilung ab. ln der
l. Ahtheilung vermissen wir einige longobardische und carolingische Denkmale.
Conze, Alexander Pergamon. Vortrag, gehalten in der öffentlichen
Sitzung der k. Akademie der Wissenschaften zur Feier des Jahrestages
Friedrich II. am 29. Januar 1880. Berlin, 1880.
Nichts konnte erwttnschter und erfreulicher sein, als über die Pergamenischen
Alterthfimer jenen Gelehrten sprechen zu hören, dem die lnangrifnahme der Aus-
grabungen und die Erwerbung der Fundstücke für ein europäisches Museum recht eigent-
lich zu danken ist. ln lichtvoller Darstellung wird die Entdeckungsgeschichte erzahlt,
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Humann's großes Verdienst hervorgehoben, die hervorragende Theilnahme des Autors
aber bescheiden verschwiegen. In großen Zügen werden Reliefs und Statuen beschrieben,
der Altar restaurirt, an dem sie angebracht waren, und endlich die große Bedeutung
des Fundes für die Geschichte der Kunst mit erhebenden Worten gewürdigt. Der ein-
seitige Begriif antiker Kunst im Verhältnisse der modernen verschwindet und eine male-
rische Periode der antiken Sculptur wird uns vor Augen gestellt.
wLe Livren. Revue mensuelle. Paris, A. Quentin, 1880. 8.
Diese bibliographische Monatschrift erscheint seit Beginn dieses Jahres, und man
kann wohl sagen, wenn jemals die Versprechungen des Prospectes eingehalten wurden,
so ist es bei dieser neuen Zeitschrift, die nun in vier Lieferungen vorliegend in der
That wieder geeignet ist, dem Leser die hochste Achtung vor französischem Geschmack,
Gründlichkeit und dem Talente praktischer Anordnung einzuüößen. Das Monatheft ist in
der Regel mindestens io Bogen stark und zerfällt in drei Abtheilungen Die erste auf
starkem, so geschöpftem Papier bringt unter der Ueberschrift uBibliographie ancienne-
großere Au satze über Bibliotheken alter und zeitgenössischer Buchcrliebhaber 'und die
Bibliotheken größerer Provinzialstädte, über seltene Drucke, werthvolle Bucheinbande,
bedeutende Auctionen u. s. w. Die zweite Abtheilung wBibliographie modernen, liefert
auf Bogen regelmaßigyhöchst interessante Berichte über die literarische Bewegung in
Amerika, England, Belgien, Italien, der Schweiz, Deutschland, Russland, und hieran
schließen sich in großer Zahl Referate über Vortrage le livre parle, Kritiken und Bücher-
anzeigen nach folgenden Fächern geordnet Tagesfragen z. B. Ehescheidung, Judenfrage,
Theologie, Philosophie, politische Oekonomie, Naturwissenschaften, Medicin, militärische
Wissenschaften, Künste und Literatur, Geschichte, Geographie, Bibliographie für Bücher-
liebhaber, außerdem Nekrologe und Notizen und zuletzt noch die Inhaltsangaben von
mehr als 50 in- und ausländischen Zeitschriften. Den Schluss des Heftes bildet das mo-
natliche Verzeichniss der in Frankreich neu erschienenen Bücher. Also fürwahr genug
des Inhalts, aber was noch mehr werth ist, das Gebotene ist so trefflich als es reich-
haltig ist.
Mobilier düäglises, specimens des divers styles depuis le Xl. siecle jusqu'ä
nos jours. Paris, Ducher, 1880. F01.
Von diesem Werke erscheinen zwei Serien; eine derselben ist den Arbeiten in
Stein und Eisen, die zweite den Kirchenmobeln in Holz gewidmet. Uns liegt die
erste Lieferung jeder Serie vor. Da dieses Werk nicht blos alte Kirchenmöbel, son-
dern auch moderne Gegenstlnde bringt, so durfte dasselbe alle jene Kreise interessiren,
welche sich mit den Mobilien der Kirche beschäftigen. Jede Lieferung enthllt 13 Tafeln
mit einer kurzen Beschreibung. Die Ausstattung ist vortrefflich. Bisher fehlte es an einem
brauchbaren Werke über Kirchenmobilien; Gewerbeschulen, Schnitzschulen, Architekten
werden dasselbe mit Nutzen verwenden können.
KLEINERE MITTHEILUNGEN.
Emennungezr Se. k. und k. Hoheit Erzherzog Rainer hat in
seiner Eigenschaft als Protector des Oesterr. Museums für Kunst und
Industrie den Sectionsr-ath Armand Freiherrn v. Dumreicher und den
Universitätsprofessor Th. Dr. Wilhelm Neuman in Wien, so wie den
Dr. Karl Cech in St. Petersburg zu Correspondenten jenes Institutes
ernannt.
Budgetdebatte im Abgeordnetenhause. ln der Specialdebatte
über den Staatsvoranschlag für das Jahr 1880 kam am 19. April Cap. IX,
Titel zur Verhandlung, und zwar nMuseum für Kunst und Industrien
und "Chemisch-technische Versuchsanstaltu. Wir beschränken uns
heute darauf, aus dem Verlaufe der Verhandlung die Aeußerungen zweier
Abgeordneter nach dem amtlichen Berichte wiederzugeben, uns jedoch
ein genaueres Eingehen auf dieselben vorbehaltend.
Abgeordneter Is ary bespricht die Wirksamkeit des Oesterreichischen
Museums für Kunst und Industrie und der damit in Verbindung stehenden
Kunstgewerbeschule. Wenn für die österreichische Druck- und Webe-
waarenindustrie ein Nutzen von dem Oesterreichischen Museum und der
damit in Verbindung stehenden Kunstgewerbeschule erzielt werden solle,
sei es nothwendig, dass in dieser Schule tüchtige Manufacturzeichner für
Druck und Weberei ausgebildet werden, da man sonst genöthigt wäre,
diese aus dem Auslande zu importiren, was thatsächlich in der letzten
Zeit schon der Fall sei. Redner stellt demnach folgende Resolution wDie
k. k. Regierung wird aufgefordert, eingehende Erhebungen zu pflegen,
um zu veranlassen, dass in dem k. k. Oesterreichischen Museum für Kunst
und Industrie und der damit in Verbindung stehenden Kunstgewerbeschule
tüchtige Manufacturzeichner für Textilindustrie nicht nur in künstlerischer
Beziehung, sondern unter besonderer Berücksichtigung der für dieses
specielle Fach nothwendigen speciellen Kenntnisse mit thun-
lichster Beschleunigung ausgebildet werdennl Die Resolution wird unter-
stützt und dem Budget-Ausschusse zugewiesen.
Zu vChemisch-technische Versuchsanstaltm, ergreift das Wort
Abgeordneter Lenz und bemerkt, dieselbe sei augenfällig zu dem Zwecke
gegründet worden, damit an derselben Versuche angestellt werden, die
man der Industrie zugänglich mache, und damit weiters jüngere technische
Kräfte ausgebildet werden. In der That aber werden die Resultate, die
rnan;an dieser Versuchsanstalt mache, als tiefes Geheimniss behandelt und
müssen beim Ministerium wohl versiegelt aufbewahrt bleiben. Sie seien
ausschließlich Eigenthum des Leiters dieser Anstalt. Der Staat bezahle
den Leiter dieser Anstalt, gebe das betreffende Local her, bestreite alle
Hilfsmittel, die zu den Experimenten nothwendig seien, aus Staatsgeldern,
und dennoch könne man nicht erreichen, dass die Resultate jener Experi-
mente der lndustrie zugänglich gemacht werden. Redner wolle sich darauf
beschränken, auf diesen Uebelstand aufmerksam gemacht zu haben, und
hoEe, dass der gegenwärtige Minister für Cultus und Unterricht in dieser
Beziehung Abhilfe schalfen werde. Hierauf wird Titel nach dem; An-
trage des Ausschusses genehmigt.
Besuch des Museums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monate
April von 10.655, die Bibliothek von 1438 Personen besucht.
Neu ausgestellt. Tasse von Silber, getriebene Arbeit, um circa 1700; Armschiene
mit geatztem Ornament und Vergoldung, 1ahrh.; eine Uhr in einem Bisquit-
gebause, aus dem Ende des 18. Jahrh. und eine Uhr im Empirestyl, eine Emnilschalc,
Limoges, 17. Jahrh., ferner ein Relief in Holz, darstellend General Kleber, Eigenthum des
Herrn Prof. Herrmann; Teller in der Art des Altwiener Porzellans, Geschenk der
Herren Radler Pilz an das Museum; bosnische Arbeiten in Holz mit Silber cin-
gelegt, Eigenthum des Museums; -Aquarell auf Seide, von B. Zilala in Prag; Haus-
glockenstuhl und Kamingeräth in gesehmiedctem Eisen von Herrn H. Bohrn in Wien;
Cassette mit reicher Ornamentilt in geschmiedeten Eisen vom Kunstschlosser V. Gillar
in Wien; Diamanten-Imitationen in Gold- und Silberfassung von Scharff in Wien;
große Decke von Seide mit zahlreichen Figuren in applicirter Stickerei, polnische Arbeit
um das Jahr 1730. -lm Saal kommen bis aufWeiteres moderne Möbel zur Ausstellung.
Ausstellung von Buoheinbünden im Oesterr. Museum. Entsprechend dem
Programm fand die Eröffnung Sonntag den 18. April statt. Die Ausstellung, uns praktischen
Gesichtspunkten veranstaltet, zerfallt in zwei Abtheilungen, in altere Einbände, vorzugse
weise die Zeit vom 16. bis zum 18. Jahrhundert umfassend, und in moderne Einbände.
Zu der ersteren Abtheilung. in welcher so ziemlich alle Arten vertreten sind, haben außer
dem Museum beigetragen die fürstlich Liechtensteinsche Bibliothek, die Ambraser Samm-
lung, Fürst Richard Metternich, Graf Edmund v. Zichy u. a. Die zweite Abtheilung um-
fasst sowohl heimische Arbeiten wie ausländische. Oesterreich ist vertreten durch eine
Auswahl der vorzüglichsten Adressenjzur silbernen Hochzeit des Allethöchsten Kaiserpaares,
durch Collectionen von Einbanden von Scheibe, Beringer, Spott, Rollinger u. a. Die
Buchhandlungen von Gerold St Comp., sowie von Lechner haben ie eine große Collection
moderner französischer und englischer, sowie auch deutscher Einbände ausgestellt. Leipzig
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ist vorderhand durch die Bucbbinderei von Fritzsche vertreten. ln Folge der Bemühungen
des Generalconsuls v. Scherzer haben noch eine größere Anzahl Leipziger Buchbinder
ihre Mitwirkung zugesagt; ihre Arbeiten werden aber erst nach Schluss der Leipziger
Messe eintreEen. Desgleichen wird eine Büchersendung der Pariser Kunstfreunde und
Büchersammler demnächst erwartet, sowie eine Sendung der Hanauer und Frankfurter
Buchbinder. ln Paris vertritt Herr, Generalconsul v. Walcher das Interesse der Aus-
stellung. Ueberhaupt ist von vorneherein, da diese Specialausstellung den Sommer
über andauert, auf Wechsel und Ergänzung Bedacht genommen und vielfache Zusagen
sind bereits gemacht worden. Neu hinzugekommen Collection verschiedener Bücher,
insbesondere in orientalischen Einbänden, Eigenthum des Herrn Freiherrn Nathaniel von
Rothschild; Collection desgleichen, Eigenthum des Herrn Artaria und des Herrn Prof.
Neumann; Collection moderner Einbände, Arbeiten der Buchbindereien von Kritz und
von Julius Novak; Collection der Buntpapiermuster der Fabrik W. Kneppefs Neffe, aus-
gestellt durch B. Ruger.
Gesellschaft zur-Forderung der Bronze- nnd Eisen-Kunstlndnatzrie. Die
am ig. April stattgefundene Monatsversammlung dieser Gesellschaft eröffnete Herr Rudolt
Kitschelt mit der Mittheilung, dass der neugewählte Ausschuss ihn zum Präsidenten
der Gesellschaft gewählt habe. Die Versammlung berief zur Completirung des Ausschusses
in denselben noch die Herren A. Hanusch und Professor Otto König. Der Vorsitzende
theilt mit, dass der frühere Präsident Edmund Graf Zichy der Gesellschaft für das lau-
fende Jahr den Betrag von ioo fl. zur Ausschreibung von vier "Edmund v. Zichy-Schüler-
preisen 25 H. gewidmet habe. Anlässlich der Enthüllung des Beethoven-Monumentes
am t. Mai d. J. richtet die Gesellschaft an Herrn Carl Turbain folgendes Anerkennungs-
schreiben vDie Gesellschaft zur Forderung der Bronze- und Eisen-Kunstindustrie be-
grüßt am Tage der Enthüllung des Beethoven-Monumentes ihr Mitglied Herrn Carl Tur-
bain, der es verstanden hat, das geistvolle Werk des Bildhauers Prof. Caspar Zumbusch
meisterhaft in Bronze auszuführen, zur Ehre der Kunst und ihm zum bleibenden Ruhme.
Mochte es Herrn Carl Turbain gegönnt sein, noch lange zu wirken und noch oft seine
Kunst zur vollen Geltung zu bringen.-
Das Glasgesohaft inNoz-dbbhmen. Man schreibt aus Gablonz vom 20.April
Unser heuriges Glasgeschäft ist ein sehr Bettes, und es finden unsere Glasartikel reißen-
den Absatz zu den höchsten Preisen. Knöpfe in jeder Form und Farbe werden täglich
gegen 3000 Gros erzeugt und gehen nach Nordamerika; Glasperlen und Schmelz finden
ihren Export desgleichen in sehr großen Massen nach Frankreich. Gablonz, als der Haupt-
exportplatz der nordböhmischen Glasindustrie, ist im Verlaufe der letzten Decennien in
industrieller Beziehung zu einer Bedeutung gelangt, wie nur wenige Städte unseres Vater-
landes. Es ist weit über unsere Reichsgrenzen und über Europa hinaus bekannt, dass
Gablonz die Erzeugnisse der nordbohmischen Glasindustrie in alle Welttbeile, in die ent-
legensten Gegenden des Erdballes verschickt. Mehrere Jahre ging es mit unserer Glas-
industrie sehr schlecht, die Preise gegenwärtig um 50 Percent besser waren enorm
herabgedrückt, und was speciell die mit der Glasindustrie Hand in Hand gehende Gürt-
lerei Metallwaaren in Verbindung mit Glasschmuclt anbelangt, so stehen deren Preise
heute noch so niedrig, dass der Gürtler nichts verdienen kann. Die Schuld an diesen
schlechten Preisen in der Gnrtlerei liegt erstlich in einer unopportunen Cancurrenz und
weiter in dem Umstande, dass das Eigenthumsrecht der Erfinder neuer Muster
nicht so respectirt wird, als dies zum Gedeihen iedes Einzelnen nothwendig wäre.
Von welcher Bedeutung unsere nordbohmische Glasindustrie ist und welches Ansehen sie
sich zu erringen wusste, beweist am besten der Umstand, dass sie auf der jüngsten Aus-
stellung in Sidney den Sieg selbst über die deutsche Glasindustrie davontrug, und der
deutsche Reichscommissar in Sidney, Geheimrath Reuleaux, erklärte in seinem Berichte
w-Unsere feinen deutschen Glaswaaren sprechen leider nicht lllie W. A. Zl
Eine Draohsler- und Korbleohtsohule in Stanialan. Am 8. April ist der
vom galizischen Landesausschusse entsendete Herr Wierzbicki in Stanislau angelangt,
um daselbst eine Drechsler- und Korbflechtschule auf Landeskosten zu creiren.
Landasausstellnng in Graz. Der unter dem Protectorate Sr. k. und k. Hoheit
des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Karl Ludwig stehende steirische Verein zur
Förderung der Kunstindustrie wird sich, wie die nGrazer Zeitung meldet, an der dies-
jährigen Landesausstellung in Graz betheiligen und hat hiefür bereits ein Programm ver-
offentlicht. Die Kunstindusxrie soll in drei Gruppen zur Darstellung gelangen moderne
kunstgewerbliche Erzeugnisse österreichischer Production; desgleichen aus dem Aus-
lande; eine historische Ausstellung, welche die Entwicklung der Kunstindustrie in
Steiermark auf all' ihren Gebieten bis auf die neueste Zeit vor Augen führen soll.
Solhuvarlng a. a. k. Oqatarr. llulllml. Burhdruckrrei Vüll cm samt-n Bahn In Wien.