Mirmeilnnuan des k. k. üasterrßlcll. Museums
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrift für Kunst und KunstgewerbeJ
Am l. eine ieden Monats erscheint eine Nummer. Abonnementspreis per Jahr ü. 4.-
Redacteur Eduard Ohlnollrx. Expedition von C. Gerohfs Sahn.
Jdgnubpnnirx im Museum, bei Gerold Camp, durch die Posunsmlten; ßowie durch
alle Buch- und Kunsthandlungen.
n;.iii.is8;. gv1j';äig
ihr Fng der Erhnhuug HE! ölentlichen Denkmäler. Vßn m. A. Bauer rnationale
Kunnaiusbelhng im Kirutlorhmse. I1. Von R. v. E. Die tiroie Glumnkrei 1871-1831. Von
Dr. A. Jele. Fans Archäalogische Forschungsreise nach Kleinuieu. Literpurberichl.
Kleinere Mitthziitxngen.
'3i4 ... AAf
VZurJFrage der Erhaltung der öffentlichen Denkmäler.
Von Dr. A. Bauer.
l.
Betrachtet man die Denkmäler, welche unsere Straßen und Plätze
zieren, so wird man unschwer erkennen, dass dieselben im Laufe der Zeit
stolflichen Veränderungen entgegengehen, die in vielen Fällen so deutlich
das Gepräge des Nachtheiligen tragen, dass der aufmerksame Be-
obachter unwillkürlich die Frage nach der Ursache dieser Umwandlungen,
sowie den eventuell gegen dieselben vorzukehrenden Mitteln in's Auge
fassen wird, und diess ist zunächst der Grund, weshalb das Curatorium
des k. k. Oesterr. Museums für Kunst und Industrie, welches ohne Zweifel
dazu berufen ist diese Angelegenheit vom Standpunkte des öffentlichen
Interesses zu beleuchten, dieselbe einer eingehenden Erörterung unterzog",
was für den Verfasser die Veranlassung war, diesen Gegenstand in fel-l
gehdenleilen zu besprechen. Dieselbenvsollen jedoch nicht "lalos eine.
akademische Erörterung der in Rede stehenden Fragen bilden, sbndern ins?
besondere dazu dienen, die Verwalter der ößentlichen Üenktnavle zu velianlassem-i
den ihnen anvertrauten Werken künstlerischen Schaffens jeneSSi-gfalt zu"
g.
Es wurde zu diesem Behufe eine eigene Commission ernannt, bestehend aus den
AHerren Hofrath v. Eirelberger, Reg.-Ra!h v. Falke und liegÄRath-Bdcher von Seite des
Museums, und den vier Curatoren Gemeindenth Mätzeniuer, Reg-Ratlßllidnitzkyy
Profeslor Zumbuadr und dem Autor der vorliegmden Datkechriit, welchenber Auf".
orderung der genannten Commissinn verfasst wurde.
tx. au. 1882.
02
widmen, welche nothwendig ist, um diesen Objecten eine möglichst lange
Dauer zu sichern. I.
Es ist dies ein Standpunkt, welchen uns die Pflicht gegen unsere
Nachkommen gebietet, sowie die Pflicht gegen das Kunstwerk, beziehungs-
weise den schaffenden Künstler selbst, der fortleben soll in seinen Werken
und dessen Name vergessen werden könnte mit dem Verschwinden der
greifbaren Resultate seines Wirkens, deren Einfluss auf" die Cultur, weder
durch die Unsterblichkeit des stets lebendigen Wortes, noch den unver-
wischbaren Erfolg wissenschaftlicher Leistung gewährleistet ist.
II.
Unterwirft man die Veränderungen, welche an Gebäuden, an Denk-
mälern aus Stein oder Erz oder selbst an Gemälden vor sich gehen, zunächst
im Allgemeinen der Betrachtung, so wird man leicht zu der Meinung ver-
leitet, dass hier kleine Ursachen große Wirkungen veranlassen, und doch kann
nichts unrichtiger sein als diese Ansicht, denn es herrscht auch hier, wie
überall, das wissenschaftliche Gesetz, dass die Ursache der Wirkung propor-
tional ist. Was hier so leicht übersehen wird, ist der Umstand, dass man es
mit ursächlichen Vorgängen zu thun hat, die an und für sich in einem fort-
gesetzten, sich addirenden Wirken äußerst schwacher Kraftäußerungen
bestehen und die daher der Beobachtung im Einzelnen leicht entgehen,
durch Summirung jedoch sehr bemerkenswerthe Resultate zu erzeugen
vermögen, wie etwa die Bildung großer Felsenrilfe durch stetiges Auf-
bauen überaus kleiner Organismen verursacht wird. Fassen wir diese
Vorgänge näher in's Auge, so erkennen wir, dass es vornehmlich das die
Objecte umgebende Medium, die Atmosphäre ist, welche die Veränderung
hervorbringt, und zwar sowohl durch chemische, als auch mechanische
Processe.
Vor allem muss hier das Wasser genannt werden, welches theils
an und für sich, theils durch den Gehalt an gewissen Stoffen lösend wirkt
und durch das Eindringen in Klüfte und Sprünge beim nachherigen
Gefrieren Zerstörungen veranlasst.
Die Kohlensäure der Luft wirkt in wässeriger Lösung zerstörend
auf die Oberfläche des Marmors ein und das durch Fäulniss stickstoff-
haltiger Körper entstehende, übrigens in der Atmosphäre stetsvorhandene
Ammoniak kannin ähnlicher Weise auf die kupferhaltigen Metall-Legirungen
Bronze Einliuß nehmen, oder unter anderen Umständen oxydirt werden
und die Salpeterbildung Mauerfraß veranlassen. Das Ozon wirkt stets
oxydirend, was, sowie auch die gleichzeitige Einwirkung von Wasser und
Kohlensäure, ein Auflockern der festesten Gesteine herbeiführen kann Ver-
Witterung. Die vielen in der Luft in wechselnder Menge enthaltenen
accessorischen Bestandtheile endlich können Veränderungen der ver-
schiedensten Art vermitteln, wie dies z.' B. bei der durch Verbrennung
der Steinkohlen und des Leuchtgases gebildeten Schwefelsäure der Fall
ist, welche ihren verheerenden Einfluss am Aeußeren der Gebäude von
Manchester und London deutlich erkennen lässt.
Nicht zu übersehen sind auch die mechanischen Wirkungen
des Wassers und des Staubes, wie sie in dem durch Jahrhunderte fort-
gesetzten Auffallen des Wassertropfens, den Spruch wgutta cavat lapidernc
erhärtend, allgemein bekannt sind. Der eherne Fuß des berühmten Petrus-
monumentes in Rom, den gläubige Pilger durch ehrfurchtsvolles Küssen
bereits zum Theil zerstörten, bietet ein analoges Beispiel mechanischer
Abreibung. Der Staub kann auf ähnliche Weise, durch lange fort-
gesetzten EinHuss, glättend und reibend wirken und oft sogar tiefe Furchen
veranlassen, wie dies der durch Scirocco gepeitschte Staub an den mäch-
tigen Säulenschäften der Tempel von Girgenti vollbrachte.
Bei diesen Vorgängen darf jedoch der Zustand, in welchem sich das
Obiect selbst befindet, nicht verkannt werden, denn nicht nur, dass ver-
schiedene Steinarten sich ebenso wechselnd gegen diese Einflüsse verhalten,
wie dies auch die verschiedenen Metall-Legirungen thun, sondern das Materi-
ale eines und desselben Objectes ist stets viel ungleichartiger als man ge-
wöhnlich meint, so dass z. B. namentlich beim Marmor verschiedene Stellen
sich äußeren Eingriffen gegenüber ungleich verhalten.
Namentlich nimmt Beschaffenheit und Größe der Oberliächen hierauf
entscheidenden Einfluss, und was Gewässer gegenüber Gesteinsruassen in
größeren Blöcken oder Stücken nur in langer Zeit zu vollbringen vermögen,
erreichen sie rasch, wenn das Materiale als feines Pulver der Einwirkung
ausgesetzt wird. So entzieht sich beispielsweise die lösende Wirkung
des gewöhnlichen Brunnenwassers auf das Glas unserer Trinkgefäße völlig
der Beobachtung, während sie gegenüber feinem Glaspulver leicht zu
erkennen ist. Der kohlensaure Kalk wird in der Form von Marmor oder
selbst von Marmorpulver weniger leicht von kohlensäurehältigem Wasser
gelöst, als in jener der lockeren Kreide oder des Kreidepulvers.
III.
Bemühen wir uns diese allgemeine Darlegung an einzelnen Bei-
spielen zu verfolgen und betrachten wir zunächst die Veränderung, welche
Gesteine zu erleiden vermögen, so scheint es, dass ein Mineral, welches
weder Sauerstoff noch Kohlensäure oder Wasser aufzunehmen vermag,
eine ewige Dauer haben sollte. Allein dieser Meinung widerspricht die
tägliche Erfahrung und wo die Atmosphärilien nicht mehr zersetzend
wirken, da wirken sie auflösend; denn die Kohlensäure, in Wasser gelöst,
ist in der That ein äußerst schwaches, aber wie es scheint, ganz allgemein
wirkendes Lösungsmittel für Mineralsubstanz, welchem weder Glas, Por-
zellan oder Wedgwood, noch Feldspath, Chalcedon oder Lava widerstehen,
wie die Untersuchungen von R. E. Rogers gezeigt haben. Wasser selbst
wird übrigens häufiger als man gewöhnlich glaubt, von den Mineralien
8.
LW-
aufgenommen und chemisch gebunden, wodurch in den meisten Fällen
ein wesentlicher Schritt zur Verwitterung gemacht wird.
3. .50 zeigtemlwlluroqher, dass wasserfreie Silicate, welche er vier
Jahre unter geiner Glocke an feuchter Luft liegen ließ, und zwar
namentlich der Eeldspath unddas Magneteisen, unter diesen Umständen
Wasser in der; Ihat, chemisch gebunden hatten und Berzelius analysirte
den irrneren und äußeren Theil eines alten Messers aus Feuerstein, welcher
sichan, der Oberfläche verändert hatte, und fand, dass während der
innere Theil 4.5174, pCt, Kalk und V34 pCt. Kali enthielt, der äußere nur
37a pCt. Kalk und uEbFDSOVlBl Kali aufwies, woraus geschlossen werden
rriuss, dass dergKalk durch einen Lösungsprocess entfernt worden war.
Gesteine, welcheaus verschiedenen Mineralien bestehen, wie Granit,
lforphxr, Gneis oder Syenit. sind der zerstörenden Wirkung des Wassers
darum Iin heryorragender Weise ausgesetzt, weil einer ihrer Bestandtheile
de Ygerwitterunlg ausgesetzt ist als der andere, welcher somit leichter
heraus fallen kann, wodurch das ganze Gestein der Zerstörung entgegen
gehltnzAuch kann er leichter in jene die einzelnen Bestandtheile tren-
nfeindtelrnuZwischenräumeheindringen und deren Gefüge, etwa durch Frost,
lockern.
Die Hauptfactorerirdieser weiteren Zersetzung, des Verwitterns, näma
Vdie Kohlensäure und der Sauerstoff sind überall in der Atmo-
ire enthalten',lii"nd izwar die erste in der Menge von etwa o'o4 pCL,
de. "letzte rü der atmosphärischen Luft darstellend, allein da "diese
Äigientien ZUYIICISi-i" in wässeriger Lösung wirken, so muss darauf auf-
merksam gemacht werden, dass sie in sehr ungleicher Menge in der
Luft und in den Gewässern vertheilt sind, wie die folgende Tabelle
zeigt, welche Aufschluss gibt über das Mengenverhältniss, in welchem
diese beiden Gase in der Atmosphäre, dem Regenwasser und dem Meer-
wasser im freien Zustande vorhanden sind, wobei die Kohlensäure als
Einheit gesetzt wurde
Kohlen- Sauer-
sl-iure storl
Atmosphäre 525
Regenwasser 19
Meerwasser, Oberfläche 078
tiefere Schicht 048
eetwa 389 Fuß tief o'57
41-12243 .. o'i4
Fassen-wir ,nuu ganz speciell die Veränderung in's Auge, welche der
Marmprherleidet" sohnüssen wir ihn zunächst scharf von apdereniGe-
steiaen Qrennen. und; mit dem Namen Marmor von marmapeox,
glänzend, schimmernd- jenes hauptsächlich aus kohlensaurem Kalk
bestehende Miueralhbezeichneu, welches fest, weiss oder schön gefärbt und
ahig ist, dessen Körner ohngefähr gleich groß sind und ein; festes
D3
Gefüge besitzen. Je nachdem diese Bedingungen mehr-oder weniger
erreichvsind, unterscheiden wir die verschiedenen Sorten, von. Statuen--
marmor bis Architekturmarmor, deren der Italiener 800" kenntj
Gaiiz reines Wasser, wie es der Chemiker durch geeignete Processe
darstellen karin, ist, wenn wir von mechanischer Wirkung absehen, unter
gewöhnlichen Umständen ohne Einfluss auf den Marmor, allein Wasser,
welches Kohlensäure enthält, löst ihn auf, so dass z. BL einiGlasdSoda-
wasser, auf eine blanke und reine nicht fette Marmorplatte gegossen,
diese ihres Glanzes in ganz kurzer Zeit durch Lösung beraubt. Nun
enthalten alle sogfinatürlichen Wässer, wie Regen- uridi Schneewasser oder
Quell-, Fluss- dnd Brunnenwasser stets mehr oderweniger freie Kohlen-
säure, woraus sich die lösende und zerstörende Wirkung derselben auf den
Marmor leicht erklärt.
.Sehr interessant sind die vor mehreren Jahren angestellten Beobach-
tungen über Veränderungen, welche an den Grabsteinen der Kirchhöfe
in Edinburgh wahrzunehmen sind. Es kamen dabei zunächst Marmor-
denkmäler in Betracht, deren polirte Tafeln nach ein bis zwei Jahren ihre
Glätte verloren hatten und deutliche, jedoch nicht gleichmäßig vertheilte
Spuren eines Aullösungsprocesses zeigten, was sich durch die Einwirkung
des kohlensäurehältigen Wassers genügend erklärt. Viele Monumente boten
das Bild des inneren Zerfalles, da sie mit einer papierdicken bis selbst Mm.
starken, schmutziggrauen Kruste bedeckt waren, innerhalb welcher der Stein
als eine nahezu krümelige Masse sich befand. So lange diese Kruste un-
verletzt bleibt, erhält sich Alles unverändert, zerreisst diese jedoch, so
folgt rasch der innere Zerfall, welcher durch das eindringende kohlen-
säurehältige Wasser herbeigeführt wird. Diese Kruste bestand, wie die Unter-
suchung eines aus dem Jahre 1792 stammenden Grabsteines erkennen ließ,
aus Kohlenpartikelchen, Quarz, dann Ziegelstlicken und Glaskörnchen,
welche mittelst einer Art Gypscement zusammengekittet waren, welcher
zweifellos durch die Wirkung der in der Atmosphäre enthaltenen Schwefel-
säure auf den Kalk des Marmors gebildet wurde. Der so entstandeneGyps
war es, welcher mit dem Staube der Atmosphäre obige Kruste bildete.
Es darf zur Erklärung dieser Thatsache angeführt werden, dass
durch die Verbrennung der stets Schwefel zumeist als Schwefeleisen ent-
haltenden Steinkohlen schweliigsaures Gas entsteht, welches sich in
der atmosphärischen Luft zu Schwefelsäure oxydirt und dass das Leucht-
gas, wenn es auch noch so sorgfältig vom Schwefel befreit wurde, eben-
falls Spuren desselben enthält, welcher bei der Verbrennung des Gases,
nach Young, sofort zu Schwefelsäure oxydirt wird. Diessind die Gründe,
weshalb die Atmosphäre großer Städte stets Schwefelsäure aufweist, so die
Atmosphäre Londons in Million Kubikmeter über Pfund, und die
Luft der großen Fabriksstädte, wie z. B. die Manchesters, reichlich das
Doppelte.
Bei in Sandsteinrahmen eingespannt gewesenen Marmorplatten, zeigt
die Erfahrung in Edinburgh, wie das Eindringen von Wasser und der
weitere Verlauf der Frostwirkung eine Krümmung und Ausbauchung ver-
anlassen kann, der ein gänzliches Zerreissen der Steine folgt, wodurch die
allgemeine Dauer derartiger Monumente auf etwa IOO Jahre beschränkt
wird, während die lnschriften meist schon nach 40 Jahren unleserlich sind.
Die Frostwirkung tritt uns überhaupt als die auffallendste und
deutlichste Form dieses Zerstörungswerkes entgegen, wobei nicht verkannt
werden darf, dass rasche und starke Temperaturschwankungen für sich
allein das Zerbersten der dichtesten Kieselknollen veranlassen können
und beispielsweise, wie Zittel berichtet, die enormen Mengen scharf-
kantiger Feuersteinsplitter erzeugen, welche der Sturm in der lybischen
Wüste aufwirbelt.
Den schädlichen Folgen des Frostes sind namentlich Sandsteine unter-
worfen, bei denen das oxydable Bindemittel Matrix, welches meist etwas
Eisen enthält, leicht herauswittert.
Granit das aus Feldspath, Quarz und Glimmer bestehende Ur-
gestein ist nur zu häufig ähnlichen Veränderungen ausgesetzt, und zwar
wird hier der Feldspath in erster Linie betroffen, wobei sich die inter-
essante Thatsache ergeben hat, dass der polirte Granit rascher zerstört wird
als der unpolirte, und es hat sich in einem speciellen Fall gezeigt, dass,
während eine polirte geglättete Granitfläche jährlich im Durchschnitt
o'oo85 Mm. verlor, die nichtpolirte Fläche blos o'oo76 Mm. einbüßte. Diese
Erscheinung ist unschwer zu erklären, wenn man sich erinnert, dass
natürliche Krystallflächen, wie Leydolt erwiesen hatte, schwerer angreif-
bar sind, als die durch das Schleifen blosgelegte Innenseite, wie diese beim
Poliren der aus Krystallindividuen bestehenden Granite hervortritt, die
beim bloßen Behauen jedoch ihre natürlichen KrystallHächen wenigstens
zum Theil unverletzt erhalten.
Eine in gewisser Hinsicht ähnliche, für den hier in Rede stehenden
Gegenstand nicht uninteressante Beobachtung hat übrigens Prof. Siegwart
am Fensterglas gemacht und gefunden, dass die natürliche Beschaffenheit
der Oberfiäche der geblasenen Fensterscheibe widerstandsfähiger gegen
das sogenannte Erblinden und Mattwerden ist, als die durch Schleifen
blosgelegte lnnenHäche. Hier kann jedoch angenommen werden, dass
diese lnnenfläche sich von der sogenannten natürlichen Außenfläche die
beim Schleifen entfernt wird in ihrer chemischen Beschaffenheit unter-
scheidet und eben leichter zersetzbar ist als die letztere, welche etwas
kieselsäurereicher ist.
lm Allgemeinen und unter gleichen Umständen werden jedoch aller-
dings jene Flächen am raschesten angegriffen, die den auf sie wirkenden
Einflüssen die meisten Berührungspunkte darbieten, indem sich, wenn man
so sagen darf, die Einwirkungsdauer umgekehrt zur Grösse der Berührungs-
fläche verhält, was namentlich beim Marmor hervortritt, der wohl stets, ver-
107
möge der Weichheit und Spaltharkeit der Krystalle und der Dichte des Ge-
füges die natürliche Krystallfläche verliert, er mag blos behauen oder auch
polirt werden.
Eine überaus verheerende Wirkung auf alle Denkmäler aus Gestein
übt der Staub, der so leicht auf der rauhen oder durch die voran-
gegangene lösende Wirkung der kohlensäurehältigen Wässer rauh ge-
wordenen Steinfläche, namentlich der Marmoriläche, haftet.
Der Staub hat an verschiedenen Orten eine sehr verschiedene Zu-
sammensetzung und war vielfach Gegenstand sorgfältiger wissenschaftlicher
Prüfung. Norden sk öl untersucht den, vielleicht zum Theil kosmischen
oder vulcanischen, Staub auf den Eisfeldern Nordspitzbergens, Tissandier
und Pasteur den Staub von Paris, Tyndall sowie Angus Smith
den Staub an verschiedenen Orten in England, Ehren berg den von
Berlin, Fr. Unger den Staub von Graz und Reißeck, sowie Eduard
SueB den von Wien.
Ein Theil des Staubes ist überall organischer Natur, der Haupt-
bestandtheil ist jedoch eine mineralische Substanz, welche in Wien dem
thonigen Bindemittel entstammt, das den Quarz und Glimmer des
sogenannten Wiener Sandsteins kittet und welches durch die Oxydation
des in demselben enthaltenen Eisens leicht verwittert. Es ist ein Irrthum
zu glauben, dass der berüchtigte Staub von Wien vornehmlich aus Quarzsand
bestehe und nur dem Granitpflaster entstamme. Der Granit ist härter als das
Pflastermaterial der meisten anderen Städte, und der Quarz, den wir liber-
haupt im Staube finden, rührt zumeist von dem Sande her, der beim Pflastern
aufgestreut wird. Der wesentliche Bestandtheil unseres Staubes ist eben Thon,
der mit Wasser einen Brei bildet, welcher die anderen Bestandtheile zu-
sammenhält und dadurch, bei den hier in Betracht kommenden Fällen, nur
um so nachtheiliger wirkt.
Thon nimmt Wasser begierig auf, und während bei einem spe-
ciellen Versuche eine mit Quarzsand bestreute Fläche von 50 Quadrat-
zoll in 12 Stunden an feuchter Luft gar kein Wasser absorbirte, nahm
Kalksand unter denselben Umständen Gramm, Thon sogar bis
37 Gramm Wasser auf. Man sieht leicht, dass ein solcher thonhältiger
Staub alle Fähigkeiten besitzt, mit den, wie wir aus Pasteufs classischen
Untersuchungen wissen, stets in der Luft enthaltenen Sporen und Keimen,
ja mit den organischen Resten des Pferdemistes etc. sich zu beladen und
an geschützten Stellen von Denkmälern alsbald den Boden für eine mehr
oder minder üppige Vegetation zu bilden, die unaufhaltsam zur Zerstörung
führen muss.
Diese Vegetation kann sich um so leichter weiter entwickeln, als der
Thon mit Begierde auch alle jene Stoffe, wie namentlich das Ammoniak, die
Nitrite und Nitrate aus der Luft an sich zieht, die für das Wachsthum der
Pflanzen nothwendig sind.
108
Diesei-Art won. Zerstörung sind Monumente aus Stein Marmor,
Granit etc. naturgemäß in weit höherem Maße ausgesetzt als solche aus
Erz, weil das Metall einen schlechten "Untergrund für die zu entstehende
Vegetation bildet, zumal die kupferhaltigen Legirungen wie die Bronze,
gerade unter dem Einflusse des vom Thon so leicht absorbirten Ammo-
niak, giftige, den Pflanzenwuchs zerstörende Flüssigkeiten bilden.
Die schädliche Wirkung einer derartigen Vegetationsdecke bedarf
wohl kaurn der schärferen Beleuchtung, allein es mag doch hier hervor-
gehoben werden, dass der Vegetationsprocess, wenn er ungehindert sich
fortsetzen kann, nicht nur die einfachsten Flechten, sondern auch höhere
Pflanzen, wie Moose, zu erzeugen vermag, daher stets mächtig zerstörend
auf die Mineralunterlage der Monumente einwirkt, diese aufrauht, klliftet
und zerbröckelt, indem schließlich die Mineralsubstanz selbst zum Theil
als Nahrung für die Pflanze dienen kann. So fand im Jahre 1853 Conser-
vator Dr. Thiersch in München ein Stück einer cannelirten Säule vorn
Parthenon, in Athen, welches mit einer liniendicken, schmutziggrünen, aus
einem Aggregat von Wärzchen bestehenden Schicht bedeckt war und
welches er v. Liebig zur Analyse übermittelte. Diese ergab, dass die
ganze Kruste aus kleesaurem Kalk bestand, von Flechten herrührend, die
Kleesäure Oxalsäure auszuscheiden vermögen, welche mit dem kohlensauren
Kalk der Marmorunterlage so lange kleesauren Kalk bildete, bis der
Marmor ganz bedeckt und kein Boden für die Flechtenbildung mehr vor-
handen war. Die Kruste, die v. Liebig untersuchte und Thierschit
nannte, war also der Rückstand einer Reihe von Flechtengenerationen, die
durch Jahrhunderte aufder Cannelirung der Säulen des Parthenon wucherten.
Neben dieser chemischen, mehr indirecten Wirkung darf iedoch
die rein mechanische, reibende Wirkung desjenigen Staubes, der haupt-
sächlich aus härteren Mineralpartikelchen wie z. B. Quarzkörnchen besteht,
nicht vergessen werden. Der Quarz ist ungemein verbreitet auf der Erd-
oberfläche und bildet einen Bestandtheil unseres StraßenpHaster-Materials,
des Granits; er ist härter als die bei weitem größte Menge der anderen
Mineralien und dient in der Natur gewissermaßen als Schleifpulver, so
dass er bei dem großen Abschlerumprocesse, der im Sande der Bäche und
Flüsse vor sich geht, schließlich als härtestes Schleifmittei übrig bleibt
und den wesentlichen Theil des Seesandes bildet. Quarz ist so hart, dass
er Glas ritzt, auch nicht leicht zu ganz feinem Pulver zerschlilfen wird,
wie etwa -der Thon, daher er wohl auch einen quantitativ weniger
bedeutenden Bestandtheil des Staubes unserer Städte bildet. Wo quarz-
hültiger Staub in großer Menge auftritt, wie in den afrikanischen Wüsten,
schleift und polirt er anstehende Felsen glasartig ab, so dass dessen
Wirkung von vielen Reisenden für das Resultat vulcauischer Thätigkeit
gehalten wurde. Schluss folgt.
09
Die internationale Kunstausstellung im Künstlerhause.
ll.
Es wurde bereits in der vorigen Nummer der Mittheilungen des Mu-
seums betont, dass die österreichische Abtheilung auf der internationalen
Kunstausstellung unvollständig ist, und wir können heute hinzufügen, dass
die österreichische" Kunst auf dieser Ausstellung auch nicht hinlänglich gut
vertreten ist. Es liegt heute vor aller Augen klar, dass die Vorbereitungen
zu dieser Ausstellung nicht mit der gehörigen Umsicht vorgenommen worden
sind und dass sowohl in der österreichischen, als in der ungarischen Abthei-
lung bei Zulassung der Bilder nicht mit jener Strenge vorgegangen wurde,
als dies bei einer Ausstellung, welche die Elite der Kunstleistungen der
ganzen Monarchie in sich vereinigen sollte, unbedingt riöthig gewesen wäre.
Die Unvollständigkeit in der Vertretung derösterreichischen Kunst findet
wohl theilweise darin ihre Erklärung, dass eine Reihe von Künstlern, welche
gegenwärtigStaatsbürger der österreichisch-ungarischen Monarchie sind, ganz
programmwidrig in der Abtheilung des deutschen Reiches ausgestellt haben.
Von den im Auslande lebenden österreichischen Künstlern haben unter
Oesterreich-Ungarn nur'A. Hynais, M. Munltacsy, C. Karger, O. v. Thoten,
E. Charlemont, L. Horowitz, O. v. Baditz, P. Böhm, A. Wagner, M. Zichy
ausgestellt; hingegen haben unter Oesterreich-Ungarn nicht ausgestellt die
Künstler Defregger aus Stronach in Tirol, E. Grützner aus Groß Karlowitz,
G. Max aus Prag, L. Willroider aus Villach, J. Brandt aus Galizien, Carl
Mayr aus Graz, Edg. Meyer aus Innsbruck, A. Gahl aus Wies in Tirol,
L. A. Kunz aus Wien, C. Kronberger aus Freistadt in Oberösterreich,
M. Schmid aus See in Tirol und S. v. Hornborstel aus Wien. Hätten die
eben genannten Künstler in der österreichisch-ungarischen Abtheilung aus-
gestellt, so würde es sich gezeigt haben, wie groß die künstlerischen
Anlagen der Völker Oesterreichs sind. Würden diese Künstler gleich-
zeitig im deutschen Reiche und in Oesterreich ausgestellt haben, wie es
Gude für Norwegen und das deutsche Reich gethan hat, so wäre ihr Be-
nehmen tadellos gewesen. Aber wenn auch die eben genannten im Aus-
lande lebenden österreichischen Künstler in der österreichischungarischen
Abtheilung ausgestellt haben würden, wäre die Ausstellung noch immer
sehr lückenhaft, da eine große Zahl von österreichischen Künstlern die
Ausstelluhg gar nicht beschickt haben. Wir nennen hier nur die Maler
Matejko und LölTler-Radymno aus Krakau, Rodakovsky aus Lemberg,
Koller und Schubert in Brüssel, Rud. Geyling, Golz, Passini, Machold,
Pettenkofen, Joh. Klein, G. Decker, A.Lichtenfels,Minnigerode, Eisenmenger,
Griepenkcrl, Leopold Müller, Bildhauer Wagner u. a.'. Die Professoren
Von jenen Künstlern, welche kürzere oder längere Zeit an dzr Wiener Akademie
studiert haben. haben sich In der internationalen Kunsnuostellung betheiligr In der A114
theilung du dwuchen Rziches Gabrizl Mu 1858-1861; Ludwig Kunz 1873-1875.
llO
der Prager Akademie haben gar nicht ausgestellt, auch die älteren Wiener
Künstler werden vermisst, Amerling, Neugebauer u. a. m. Wenn schon
keine ganz genügenden Bilder vorhanden waren, so würde es wohl
passend gewesen sein, nach dem Beispiele anderer Staaten, auch Bilder
aus der akademischen Galerie und der Galerie vom Belvedere aufzunehmen,
um der Ausstellung den Charakter der Vollständigkeit zu wahren.
Was zur Entschuldigung dieser nicht unter Oesterreich ausstellenden
Künstler gesagt werden kann, ist Vieles. Der Oesterreich zugewiesene
Raum ist sehr karg zugemessen. Eine vollständige Vertretung der öster-
reichischen Kunst war in dem Künstlerhause nicht möglich. In Oesterreich-
Ungarn verengt sich der Kunstmarkt zusehends; der Kunstmarkt beschränkt
sich auf den localen oder provinziellen Bedarf, und dieser ist in Prag,
Graz, Innsbruck, Krakau und Lemberg ein sehr geringer. Die Maler sind
daher auf jene Länder angewiesen, in denen den Künstlern ein größerer
Kunstmarkt gesichert ist. Die österreichischen Polen wenden sich gerne nach
Warschau, Paris und Deutschland; die deutsch-österreichischen Künstler
richten ihre Blicke nach dem deutschen Reiche, wo ihre Bilder auch in
öffentlichen Galerien siehe den Katalog der National-Galerie in Berlin
und der öffentlichen Kunstsammlungen von Hamburg und Königsberg
aufgenommen werden. Auch die in Ungarn lebenden Deutschen und
Südslaven sind bei der herrschenden magyarischen Strömung genöthigt,
ihre Blicke nach auswärts zu richten. Wenn künftighin Uebelstiinden, wie
die eben erörterten, abgeholfen werden soll, so müsste für die Gemein-
samkeit der volkswirthschaftlichen Kunstinteressen der
Monarchie gesorgt werden und das würde auch dem Kunstgewerbe
wesentlichen Nutzen bringen; es müsste bei der nächsten Kunstaus-
stellung im Künstlerhause das Ausstellungsprogramm so modificirt werden,
dass für gute Bilder der Künstler der österreichisch-ungarischen Mone
archie ein hinlänglicher Raum vorhanden ist und dass die Kunst-
förderung durch Staatsaufträge bestimmter in's Auge gefasst werde, als
es jetzt der Fall ist.
Wenn auch die heutige Ausstellung nicht vollständig allen Anfor-
derungen entspricht und manche Uebelstände hervorgetreten sind, so
unterliegt es doch keinem Zweifel, dass die Ausstellung in hohem Grade
lehrreich und anregend wirkt, und dass sie Staatsmännern und Kunst-
freunden, mögen diese dem Adel, der Kirche oder dem Bürgerstahde ange-
hören, die Augen öffnet über die Bedeutung der bildenden Kunst im öffent-
lichen und Privatleben. Wir hoffen, dass diejenigen Männer, welche sich
gegenwärtig auf der Höhe des ötfentlichen Lebens befinden, auch jene
In der ungarischen Ablheilung Robert Nadler 1876-1879; Johann Tcmple 1873-1881;
Arthur v. Tolgyessy 1369-1872; Geza v. Möszely 1869-1871 Arpad Fesz1y1879-1881;
Bela v. Spnnyi 1310-1873; Alexander Wngner 1854- 1856; Ludislaus Paul 1866-1369;
Bein Pällik 1867-1871; Alexander Brodazky 1841-1843; Alois Strobl 1876-1881.
III
Künstler, welche sich diesmal als leistungsfähig erwiesen haben, mit
Ankäufen oder mit Aufträgen auszeichnen.
Ob unsere Kunstfreunde sehr geneigt sein werden, diesem Wunsche
zu entsprechen, hängt größtentheils von den Künstlern selbst ab. Denn
die Ersteren haben von den Künstlern manche Enttäuschungen erfahren.
Hat sich doch herausgestellt, dass trotzdem die Künstlergenossenschaft
bereits vor Einem Jahre gewusst hat, dass die Ausstellung stattlinden
werde, sie nicht dafür gesorgt hat, dass genug gute Bilder vorbereitet
werden. Die Ungleichmäßigkeit der Preise bei ollenbar ganz gleichwerthigen
Bildern bildet eine weitere Klage unserer Amateure.
Die Zahl der Kunstwerke aber, welche in der internationalen Aus-
stellung exponirt sind, ist eine sehr große. Es sind auf dieser Ausstellung
866 Künstler mit 1305 Kunstwerken vertreten. Nach den Hauptgruppen
für Malerei, Architektur und Sculptur vertheilen sich dieselben in folv
gender Weise 622 Maler mit 862 Werken, 14 Architekten mit 36 Werken,
127 Bildhauer mit 207 Werken; die graphischen Künste sind durch 103
Künstler mit 200 Werken vertreten, im Ganzen eine respectable Anzahl,
wobei man noch berücksichtigen muss, dass zur Ausstellung nur jene
Kunstwerke zugelassen wurden, welche seit der Weltausstellung 1873
entstanden sind. R. v. E.
Die tiroler Glasmalerei 1877-1881.
Von Dr. Alb. Jele.
Fortsetzung
Das Jahr
'1880.
mit das denkwlirdigste seit dem Bestande der Tiroler Glasmalerei durch
die Etablirung der Firma in Wien in dem eigens dafür angekauften Hause,
blieb in der Leistungsgröße trotz unverdrossener Arbeit weit hinter dem
Vorjahre zurück. Es wurden von den Gesellschaftern Opfer gebracht, die
nur die Basis einer günstigen Vorperiode und das hoffnungsvolle Vertrauen
in eine lohnendere Zukunft gestattete.
Eine Constellation lässt sich nicht erzwingen; sie verschlimmert sich
meist da, wo man günstigere Chancen braucht, und verbindet sich in
wohlwollendster Weise oft mit anderen schon günstig bestehenden Con-
juncturen.
Wir führen aus den Arbeiten dieses Jahres namentlich auf
Die von Musikdirector Proksch mit Frau gestifteten zwei Renaissance-
fcnster für die Decanalkirche in Carlsbad Herz Jesu und Mariä, um-
geben von reichsten Festonsrahmen; die Musikchorfenster der Pfarre zu
lunsb ruck; die Fortsetzung der Hochchorfenster des Dorns zu Münster.
F112
Im Anftrage des Erzherzogs Heinrich gelangte das Ihristi Geburt-
Fenster für die Pfarrkirche zu Bozen in Ausführung nach Enlwnrfdes
Architekten Otto.v. Mayrhauser.
Frau Biron-Wayerer stiftete dem Andenken ihres Onkels ebendorthin
ein Kunstfenster, das die Legende des sel. Heinrich von Bozen in poetixher
Weise behandelt.
In diesem Jahre erhielt auch der Chor der dortigen Franciscanerkirche
reiche Glasteppiche nach Motiven derer zu Heiligenkreuz.
Der Großindustrielle Herr Salcher stiftete in seiner Heimatskirche
Luggau im Pusterthal zwei figurale Glasfenster, die sich durch ihre
reizende decorative Lösung in fein entwickelter Ornamentik auszeichneten.
Die in spätgothischem Charakter gedachten sechs Schifffenster der
Kirche von Hä selgehr im Lechthale tragen in ihren zart durchbrochenen,
geschmückten Tabernakeln die zwölf Apostel, während für die Chorfenster
zu ndels buch in Vorarlberg die alttestamentarischen Vorbilder der
Eucharistie in scenischen Medaillons und die vorzliglichsten Verehreri des
Altarsacramentes in Einzelfiguren bestimmt wurden.
Streng romanische Absidenfenster kamen in das alte Kirchlein zu
Brülisau in der Schweiz; nach Willerzell bei Einsiedeln das Altar-
bildfenster des heil. Wendelin und wappengeschmückte Teppiche nach
Motiven des Architekten Steiner.
Ehe wir uns ostwärts wenden, erwähnen wir noch der Pfarre Mutte rs
bei Innsbruck, welche durch Figuralfenster eigenartigen Charakters Brust-
bilder oder ganze Figuren in abgeschlossenen Körpern auf getonten, mannig-
fach decorirten Bleiverglasungen gelegt, geziert ist.
Aus Ober- und Niederösterreich nennen wir an Orten, die beachtens-
werthe Glasmalereien in diesem Jahre aus dem Tiroler Institute empfingen
Maria-Schmolln, Waldhausen, Ried, St. Pölten, Waidhofen,
Weyer, Mödling, Baden, Buchberg.
In erstgenannteriWallfahrtskirche, die der Künstler der Klosterzelle,
P. Johann Maria, erbaut und ausgestattet, wurden sämmtliche Fenster
glasmalerisch behandelt interessante Flechtmuster, welche symbolische
Medaillons oder Ordensbeilige in reizenden Bänderrahmen umziehen. In
Mödling bestellte der kunstsinnige Bürgermeister Schöllel sämmtliche
Teppichverglasungen der alten Spitalkirehe; für die Pfarre Baden stiftete
die Munificenz einzelner Damen drei ansehnliche Fenster bildlichen Inhalts.
Aus den nach Steiermark gelieferten Glasmalereien machen wir nama
haftt Die Facadenfenster der alten S'tifts-, nun Pfarrkirche zu Stainz und
die vier großen gekuppelten Chorfenster der Stiftskirche zu Vorau imit
Rosetten religiös-symbolischen Inhalts in Auffassungs-"und Anschauungs-
weise der Renaissance ein überaus dankbarer und interessanter Auftrag
des Stiftsoropstes Allinger.
Mit uneigennützigem Eifer unternahm der Apotheker Kabelaö in
Deutsch-Brod, für die neuelFriedhbfscapelle Monumentalfenster zu be-
schaffen, selbst als Stifter "voran und gewann bereite Freunde zur Durch-
führung der übrigen, die-in rascherlFolge Hie-Ausstattung vollendeten.
Wir schließen hier wohbam pässendsten "den Auftrag des Grafen
Pejäbsevich an; die Gruftcajyelle des erleuchten Hauses iinifNasie ßSlavoa
nien mit edleren decoratiwietiTFenstern "zu besetzen, theils Wappenunter
zarfgegliederten "gothischen? Baldaehinen; Vitheils Teppidltiein Handwerks-
Motiüen, in welchen? Symbole" des "Todes "und der Auferstehung eingelegt
wären" f." '.7 .-. .'v
Eine ganze Reihe" von Fenstern, darunter rnehrere Egurale; gelangte
für die Kirche zu arzinecz in Ausführungfdie" durch die "klaren und
"gefälligen architektonischen Gedanken besonders"arizlehendwirliteni
Für die Kirche vzu IIBierzanowV Galizien bestellte Pfarrer Kufel die
Geheimnisse des Rosenkranzes in romanischenyMedailloitsfenstern; für den
noni" in Prag erfolgte dieses Jahr das vorn Grafeniwaldsteinvgestiftete
Fenster, enthaltend vdie Fußwaschungu und die" beiden vEinizelfilguren
St. Ädalbert und StJWenzel, nach den Entivvürfen undiCartons des
Dornbauirieisters. Mocker und "Prof. Sequensi
Von größteiVTragweiteabeir war fürdie Tiroler Glasmalerei, für
Mutter wie Tochter," die Verleihung desvon. Baron "Pächnyei" in den
St.rSfefimsdbmqgestifteten"Fensters iwKrönimgiMariensn, "wozu die Maler
Jöbst Skizze und Cartonsgellefertf In wohlthuieridsiter Weisehiächt sich
darin der ieehteiißlascharakter deriGlasmalerei geltend," die mildert und
latenter; lebendig funkelt 'a'us "aller Harmonie feingestimmter Töne. Die
Durchbildung der mächtigen Gruppe war eine Meisterleistung Niederkoflers,
der weit über das gewöhnliche Maß tüchtiger, aber nur treu copirender
Glasmaler hinausragt.
Endlich haben wir noch einiger ansehnlicher Arbeiten nach dem
Auslande zu gedenken, soweit selbe nicht als Fortsetzung älterer bereits
genannt sind.
Sämmtliche Fenster für die Missionskirche zu Riesenburg, eine
Stiftung des Bischofs von Ermeland; das Weihnachtsfenster der ganz mit
Glasmalereien besetzten Kirche zu Telgte in Westfalen; der Kreuzweg
nach Prof. Klein für den Capellenkranz des Santo in Padua in vierzehn
Glasgemäfden; mehrere Figuralfenster fürdie Kathedrale iron Saivannah
Georgien, V. St.,' darunter das eine Transeptfenster mit dern Kreuzes-
rode Christi, einer Gruppe; deren colossale Größe in der Giasrrialerei ganz
bbfremdend, aber keineswegs unschön! wirkt. ln den äußeren Aßyseiten
begleiten Profeten das Bild ihrer Weissagung, während das Couronnement
dieTrauer des Himmels und der Natur inisymbolischer Weise darstellt.
Entwurf und Cartons dazu hat der ArchitekrderAnstalt, Herr Josef-Sähmid,
und Prdf. Jele geliefert. Die überaus günstige Aufnahme; welche dieses gran-
diose Fenster namentlich beim Bischofe Gross fand, Neranlasste neue Auf-
träge für dieselbe Kathedrale, welchen wir 1881 "begegnen xixerdenu
114
Der Tod Carl Geyling's war die unmittelbare Veranlassung zur
Gründung der Filiale Wien. Da wurde das Institut von einem allerersten
Baukünstler Wiens aufgefordert, festen Fuß in dortige Verhältnisse zu
setzen, da es anfangs zweifelhaft schien, ob die Erben des Hofglasmalers
Geyling das Kunstgewerbe ihres Onkels fortführen werden. Man sah sich
daher nach einem passenden Hause um, das sich für solchen Zweck
adaptiren und umgestalten ließ; ein schwieriges Unternehmen, um dessen
Verwirklichung sich der Architekt D'Avanzo, ein treu bewährter Freund
der Anstalt, besonders verdient machte. Er gestaltete das einfache bürger-
liche Zinshaus 29 in der Magdalenenstraße zu einer Stätte der Kunst und
des Kunstgewerbes um, wie es der Facade an die Stirn geschrieben, resp.
sgraffttirt und mosaicirt wurde. Die Ausführung der Sgraffiten, welche die
Bedeutung des gepflegten Kunstgewerbes in allegorischen und historischen
Bildnissen darstellen, übernahmen die Maler Jobst, die der Glasmosaiken
das Atelier A. Neuhausefs in Innsbruck.
Für die artistische Leitung der neuen Kunstwerkstätte wurde Prof.
H. v. Riewel gewonnen, die technische dem bewährten Geschäftsführer
der Innsbrucker Glasmalerei, Herrn Carl Gold, übertragen.
Unmittelbar nach Neujahr hatte der Director des Etablissements,
Dr. Jele, die einleitenden Schritte zur Gründung dieser Filiale gemacht;
schon am i. März nahm Herr Gold für die Gesellschaft vom Hause Besitz
und im August war Adaptirung und Restaurirung so weit beendet, dass
das Feuer am Herde der Werkstätte als Zeichen neuen Lebens und neuer
Thätigkeit angezündet werden konnte. Was von da ab bis zum Jahres-
schlusse in gesteigertem Grade an Kunstverglasungen des Profanbaues
geschaffen wurde, ist nicht gering, und bewies, dass wirklich ein Be-
dürfniss nach einem derartigen Atelier bestand, dem die Muttcranstalt
speciell zur Weihnachtszeit ausgiebig zu Hilfe kommen musste, aber es
documentirte zugleich, dass die enormen Kosten der Gründung eines der-
artigen Unternehmens nur durch entsprechend großartige Arbeitsleistung
gedeckt werden können, worauf die neugeborne Filiale in keiner Weise
eingerichtet war.
Um sich nicht der Gefahr auszusetzen, durch ungerechtfertigt große
Einrichtungen in Widerspruch mit den Bestellungen zu kommen, wollte
man, wie einst in der Tiroler Glasmalerei, die Dinge aus kleinen Anfängen
langsam aber naturgemäß heranwachsen lassen, ohne zu bedenken, dass
von allem Anfange an ein ansehnliches Capital zu verzinsen war und nur
durch ansehnliche Arbeit verzinst werden konnte, ohne zu ahnen, dass die
Aufträge rasch und massenhaft ganz ungesucht sich fanden, ja überstürzten.
Die Opfer, welche die opferwilligen Gesellschafter dieser Gründung
gebracht, übersteigen weit ihre gefasste Erwartung und würden das Eine
Jahr zu einem überaus verlustreichen gestaltet haben. Hätte sich all' das
voraussehen lassen, so wäre die Filiale der Tiroler Glasmalerei nie ent-
standen, so aber war es auch in dem Falle gut, dass dern Menschen die
Zukunft verhüllt ist.
Es war vom realen Standpunkte angesehen ein trübes, armes Jahr,
wo der helfende Muth oft genug in schweren Sorgenwolken steckte; dazu
die zahlreichen Verluste an Arbeiten, die zu gedrückten Preisen über-
nommen wurden, um nur das vergrößerte Personale dauernd zu beschäftigen.
Also hinweg über dieses Jahr in ein neues, besseres
1.881.
Wir nennen hier wieder nur die großen Aufgaben kirchlichen Cha-
rakters und behalten uns vor, die Kunstverglasungen des Profanbaues am
Schlusse summarisch zusammen zu fassen. Wir ordnen diesmal der Zeit
nach, wie sich die Arbeiten gefolgt
Die Pfarre Kiens im Pusterthale erhielt geschmackvolle Renaissance-
Teppichfenster; die Glasgemälde der Friedhofscapelle in Deutschbrod
wurden beendet; nach Carlsbad folgten St. Michael und Katharina in
festlichen, wappengeschmückten Umrahmungen, bestellt durch Bürger-
meister Knoll.
Für die St. Quintiuskirche zu Mainz lieferte das Tiroler Institut
das erste Fenster der Tod des heil. Johannes von Nepomuk, eine Stiftung
des Herrn Falk III.
Die seit einer Reihe von Jahren in Ausführung begriffenen Kunst-
vergiasungen der Wallfahrtskirche zu Telgte fanden mit dem Kreuzi-
gungsfenster über dem nördlichen Portale ihren Abschluss; ebenso der
Hochchor des Domes zu Münster.
ln decorariver Weise gehalten waren die Chorfenster von Capellen
bei Geldern, deren mittleres, die Himmelfahrt Christi, wohl rnit zu den
besten Leistungen des Institutes zählt.
Durch den Beneficiat von St. Peter zu Wien, Herrn Schiestl, kamen
vier ligurale Schifffenster der Pfarrkirche in Baden zu Stande, zugleich
würdige Monumente seines Priester-Jubiläums.
Ein ähnliches Gedächtnissfenster stifteten mehrere Freunde dem Grafen
Fries in der alten gothischen Kirche zu Gries bei Bozen, das sich durch
geschmackvolles Arrangement und harmonisch gesättigte Farbenstimmung
auszeichnet.
Im letzten der für Groß-St. Martin zu Köln gelieferten Fenster war
die Legende des heil. Kirchenpatrons zu behandeln; für die St. Antonius-
kirche zu Trier lieferte Prof." v. Steinle herrliche Entwürfe im Vereine
mit Architekt Linneman zu Frankfurt. Das Hauptfenster über der Absiden-
wand des südlichen Seitenschißes Herz Jesu, Antonius Abt und Alexius;
im kleinen nördlichen die Darstellung Mariens im Tempel. Die ungemein
feine Stimmung dieser Entwürfe, in welchen phantasievolle Ornamentik
die architektonischen Glieder in malerischer Weise umspielte und füllte,
wo die glühenden puren Farben in weichgetonten gebrochenen Grund-
nuancen wie Blumen der Wiese eingebetterwaren, übten auf folgende
Arbeiten günstigsten Einfluss, wie ja überhaupt derartige lrnpulse von
außen dem inneren Leben oft neue Richtung geben. Ein Theil genannten
Herz Jesufensterswar seinerzeit imKünstlerhause zu Wien ausgestellt. .Für
die naturgroßen Details ernteten die Zeichner der Tiroler Glasmalerei die
Anerkennung desgenannten Architekten; dass nirgendwo-in deutschen Glas-
malereien so tüchtig und mit so v-erständnissvoller Empfindung gezeichnet
werde, als eben dort.
Nach Waidhofen folgten dieses Jahr vier Figuralfenster; in die
Kirche zn Ogga stiftete der RaabenDomprälat Mayrhofert die qrnamen-
talen Verglasungen, und solche kamen auch nach Prag in die; Capelle
desCatolinum.
Eins der prächtigsten Fenster wurde für die Krankenhauscapelle zu
Boeholt durch dieqPietägeines Ehepaares, das seinegoldene Hochzeit
feierteygestiftet evDas Manyriumi der heil. Agnesq; an Raichthum der
Disposition" und überaus." eleganter Detaildurchbildung etwa Aenur; erreicht
von den spätgorhischen Fenstern ßflilr-JQIOIISIOEiIKQÖBTÖSIBFICiQh, deren
zwei "Englischer Grußu und wWeihnachten-t als Gedächtniss-f, respn-Votiv-
fenster der. Kirche;geschenkt wurden, während das drit-te mit den Kirchen-
patronenidie ganze ßemeinde stiftete.
Dem Andenken seiner Gemalin errichtete Fürst Mols Liechtenstein
in. der Schlosscapelle -zu Burgstall-zvvei Monnntentalfenster mit den
Gestalten des Herzens Jesu und Mariae, um welche dimblüthenreichste
Ornatnentik sich zulestlichem Schmucke entfalten Die .übrigen. Fenster
sind mit bunten Glasteppichen besetzt.
Ein kleines, aber in seiner Art reizendes glasgemaites Monument
stiftete Graf Franz Thun-Hohenstein Innsbruck in die alte Schlosscapelle
Brugier zur Erinnerung an die silberne Hochzeit rnit seiner Frau, Gräfin
Anselma Thun, geborne Freiin von Pach. Ein Rosenstamtn trägt die
Wappenschilde der Vermälten, umschlossen von Spruchbändern, welche
das Familienfest verzeichnen.
Für das Münster in Constanz bestellte Pfarrer Brugier das St.
Mauritiusfeuster, enthaltend die Glaubeusboten des Schwabenlandes in
ihrem priesterlichenxWirken und in ihrem Martyrium; eine der schönsten
Compositionen Klein's, die er dem Münster als Geschenk bot.
Erwähnung verdienen die, Glugemälde für St. Jacob, inT Rosen-
thal mit den Slaven-Aposteln Cyrill und Methud, welchenrwir nochmals
begegnen in den Fenstern für Lasitau und leiahnau, abeßnach anderen,
neuf dafün gezeichneten Cartons. Die kleinen romanischen Fenster. für
Laskai nach Entwurf des Architekten der Anstalt, Jos. Schmid, dürfen,
wasEchtheil des Charakters betritft, als mustergiltige bezeichnet werden.
Fortsaqüng auf der Beilage.
Beilage zu Nr. 200
der
Mittheilungen des k. k. Oesterreieh. Museums."
ln Bickendorf bei Köln sind für die Fenster des Hochchors die
Geheimnisse des Rosenkranzes bestimmt; man begann mit dem Mittelfenster,
welches über dem Altar sich erhebend naturgemäß den Opfertod Christi
darstellt.
Für die neuerbaute Kirche der Kreuzschwestern in Linz gab Dom-
baumeister Schirmer sämmtliche Kunstverglasungen in Auftrag die ign-
ralen des Chors und der seitlichen Absiden mit Darstellungen aus dem
Leben der Ordensheiligen Franz von Assisi, St. Antonius von Padua,
St. Fidelis und Einzelfiguren.
Die Liebfrauenkirche in Nürnberg erhielt nach Zeichnungen des
die Restaurirung leitenden Architekten Director Dr. Essenwein sechs com-
plete Schifffenster, in welchen alte Felder mitverwendet wurden und wozu
die Anstalt alles Uebrige, d. h. 90 Felder in weniger als go Tagen lieferte,
darunter den Kreuzweg, der sich friesartig durch die unterste Reihe zieht,
componirt und gezeichnet von Herrn Siber, einem Mitgliede der Anstalt.
An Einzelfenstern nennen wir das der heil. Anna für St. Adalbert
in Prag, nach Carton der Prof. Sequens und Barvitius; das St. Josef-
fenster für St. Peter bei Graz, den Englischen Gruß für Guero bei
Feltre diese drei im Renaissancestyl das Herz Jesufenster nach
Müselbach Vorarlberg nach dem Flatz'schen Vorbilde.
Ein ganz ansehnlicher Auftrag war der für die neuerbaute Kirche
Harvestehude zu Hamburg, deren sämmtliche Kunstverglasungen vorn
Erbauer Architekt W. Hauers dem Tiroler Institute übertragen wurden,
u. zw. die fünf Hochchorfenster Christus als Richter, umgeben von den
Chören der Engel in ornamentalem Medailloncliarakter; die vier seitlichen
Taufe, Christus mit der Sarnariterin am Brunnen, Erweckung des La-
zarus, der Oelberg in architektonischer Umrahmung mehr englischen
Charakters, die in farbensatte musivische Teppiche eingreift.
Kaum zu übergehen in Rücksicht ihrer Größe sind die Teppich-
verglasungen der Pfarrkirche Neu-Bydschow und der Decanalkirche
zu Pilsen; erstere durch Prof. Vavi-ina, letztere durch Dombaumeister
Mocker eingeleitet und gezeichnet. Der letztere arbeitete mit Prof. Sequens
auch die Entwürfe und Cartons des sechstheiligen Fensters der gräflich-
Martinitz'schen Capelle im St. Veitsdome aus, dessen Architektur und
Teppiche vorherrschend in hellen zarten Tönen gehalten, die farbigen
Figuren um so leuchtender und kräftiger sich abheben lässt.
Als Beweis würdiger Leistung bei äußerst ökonomischen Mitteln
mag das nach Maria am Gestade in Wien gelieferte Fenster gelten, die
ix. a4. 188a.
heil. Familie in buntgegliedertem Tabernakelbau, der die Bildeinlage vom
hellen Teppiche abhebt.
Abt Rößler bestellte in diesem Jahre die ersten zwei Fenster für die
Stiftskirche zu Zwettl, wozu Prof. Rieser die Cartons zeichnete; in dem
einen die Gründung der Abtei durch den heil. Abt Hermann und Hatmar,
im andern die Gründer, Gesetzgeber und Verbreiter des Cisterzienser Or-
dens mit der thronenden Madonna als Patronin.
Mehr als dieses eine Jahr war das Institut an den drei großen Chor-
fenstern der Franziskanerkirche zu Graz beschäftigt, welche die sieben
Freuden Mariens zum Inhalte haben. Entworfen wurden diese auf's reichste
veranlagten Fenster vom Architekten der Anstalt, Herrn Schmid, und vom
Maler Schatz, die Cartons zeichnete Meister Mader, als letztes Werk aus
seiner zu früh verwelkten Künstlerhand.
An Größe des Umfanges und künstlerischem Gehalte blieben hinter
diesen drei prächtigen Chorfenstern kaum zurück die Arbeiten dieses
Jahres für die Kathedrale von Savannah sieben Figuralfenster für die
Capellen und das Querschiff. Wir heben daraus hervor Allerseelen; der
Abt Odilo von Cluny bringt das Messopfer für die Abgeschiedenen dar;
Jesus der Kinderfreund. Das zweite große Transeptfenster Anbetung des
neugebornen Heilands durch die heil. drei Könige als Pendant des Kreu-
zigungsbildes. Hier sind es Sybillen wie dort Propheten, welche die HotT-
nung des Heidenthums auf den Erlöser verkünden; hier die Freude des
Himmels, welche das Maßwerk erfüllt, wie dort dessen Trauer über den
Opfertod. An Pracht der Ausstattung und coloristischer Kraft überragte
dieses Fenster naturgemäß schon durch den dafür geschaffenen Inhalt weit
seinen ernsteren Vorgänger. sahnig; folgt.
Archäologische Forschungsreise nach Kleinasien.
Vor wenigen Wochen hat sich eine wissenschaftliche Expedition von Wien aus
nach Kleinasien begeben.
Die voriährige Reise der Proif. Benndorf und Niemann und des Dr. v. Luschan
nach Lyltien und Karien als Fortsetzung der unter dem vorigen Unterrichtsminister,
Herrn v. Stremayr, mit den Untersuchungen auf Samothrake so erfolgreich begonnenen
österreichischen archäologischen Expeditionen von dessen Amtsnachfolger, Freih. v. Co nrn
bereitwilligst gewährt und von dem damaligen Minister des Aeußern, Freih. v. Haymerle,
auf das eifrigste und wahrhaft kunstbegeistert unterstützt hatte das Vorhandensein
zweier antiker Bauwerke constatirt, deren genauere Erforschung im Interesse der Wissen-
schaft und Kunst wünschenswerth erschien. Das auf Veranlassung des Hofraths v. Eitel-
berger eingeholte Votum eines Kreises von Fachminnern sprach sich auf Grund einer
Denkschrift des Prof. Benndorf und photographischer Aufnahmen entschieden für die
Verfolgung und, soweit möglich, Ausbeutung der gemachten Entdeckungen aus, und am
29. December v. J. trat eine Gesellschaft von Kunstfreunden zusammen, welche sich die
archäologische Erforschung Kleinasiens zur Aufgabe gemacht und zunächst eine zweite
Expedition nach den im Vorjahre berührten Gegenden veranstaltet hat.
Diese Gesellschaft besteht unter dem Präsidium Sr. Exc. des Herrn Grafen Edmund
Zichy und des Reichsrathsabgeordneten Herrn Nicolaus Dumba, aus den zwei Ehren-
mitgliedern, Sr. Durchl. dem regierenden Fürsten Johannes Liechtenstein und Herrn
Baron Marco Morpurgo, Präsidenten der k. k. priv. Dampfsehiführte-Gesellschaft des
119
Oesterr.-ungar. Lloyd, aus einem leitenden Comite, zusammengesetzt aus den Herren
Ministerialrath Freih. v. Andrian, Prof. Benndorf, Reg-Ratb Bucher, Hofrath v.
Eitelberger, Hofrath Ritter v. Hochstetter, Prof. Kundmann, GrafCarl Lancko-
ronski, A. Ritter v. Lanna, Freih. Alexander v. Warsberg, Graf Clemens West-
phalen, Prof. Zumbusch. ln großmüthigster Weise unterstützt von Sr. kais. Hoheit
Erzherzog Rainer, Sr. Durchl. dem regierenden Fürsten von Liechtenstein. den
Freiherren Albert und Nathaniel v. Rothschild und v. Leitenberger, Ritter v.
Drasche und einem ungenannten Herrn, wurde es der Gesellschaft möglich, in kürzester
Zeit die für das Unternehmen erforderlichen Mittel aufzubringen. Und nachdem Se. Mai.
der Kaiser, um die zu erwerbenden Kunstgegenstände der Stadt Wien zu sichern und dem
Studium zugänglich zu erhalten, allergnadigst geruht hatte, deren Aufnahme in die Samm-
lungen des a. h. Kaiserhauses zu gestatten, konnte unverzüglich die Vorbereitung der
Expedition in Angrilf genommen und dieselbe, Dank vielseitigster kraftigster Förderung,
bereits in diesem Frühiahre in's Werk gesetzt werden. Es ist hier vor allem der warmen
Vertretung der Interessen der Gesellschaft seitens lhrer Excellenzen, des Ministers des Aus-
wärtigen, Grafen Kalnoky, des Sectionschefs v. Kallay und des k. und k. Botschafters
Freih. v. Calice, welchem unter anderem auch die ungewöhnlich schleunige Ausfertigung
eines ltais. ottomanischen Fermans zu danken ist, dann des k. k. Marine-Commandanten und
Viceadmirals, Exc. Freih. v. Pöck, welcher im Einversmndnisse mit dem k. und k. Bot-
schafter in Constantinopel das dortige Stationaschiß" nTaurus-l der Expedition heiordnete,
und ebenso des k. und k. Reichs-Krlegsministeriums, welches einen Feuerwerker und vier
Geniesoldaten zur Verfügung stellte, zu gedenken; und ferner die umfassendste und in
wohlwollendster Weise gebotene Hilfeleistung des Oestern-ungar. Lloyd, das fordernde
Entgegenkommen der Sudbahngesellschaft, der Wiener Baugesellschaft, der Herren Baron
Julius Schwartz, Kahl Co. in Krondorf, H. Mattoni hervorzuheben. Herr Hof-
photograph W. Burger stattete die Expedition mit einem photographischen Apparate aus,
Herr Prof. Kiepert in Berlin überließ die betreffenden Sectionen seiner noch nicht publi-
cirten neuen Karte von Kleinasien und Herr Dr. Humann in Smyrna lieh durch seinen
erfahrenen Rath der neuen, wie der vorjahrigen Expedition werthvolle Hilfe. Ihnen Allen
gebührt der lebhatteste Dank, woran sich schließlich auch die Hoffnung knüpfen darf, dass
diese edlen Beispiele ihre Fortsetzung in anderen freiwilligen Beitragen zur Unterstützung
dieses Unternehmens Gnden werden, das sich ebenso sehr einen patriotischen als einen
wissenschaftlichen Zweck gesetzt hat, die seit Langem empfindliche Lücke an antiken
Bildwerken in den Wiener Kunstsammlungen auszufüllen.
Sobald das Unternehmen gesichert war, richtete sich das Augenmerk der Gesell-
schaft darauf, diese Gelegenheit zu Forschungen und Studien in umfassender Weise aus-
zunutzen; und da das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht und das Oberstkammerer-
amt auf den Gedanken eingingen, jüngere Kunstgelehrte und einen Geologen die Reise
mitmachen zu lassen, setzt sich nunmehr die Expedition aus folgenden Mitgliedern zu-
sammen Dr. Otto Benndorf, Professor der Archäologie an der Universität Wien;
Dr. Eugen Petersen, Professur der Archäologie an der Universität Prag; George Nie-
mann, Architekt, Professor an der Akademie der bildenden Künste Wien; Dr. med.
Felix Ritter v. Luschan, Docent an der Universität Wien; Dr. phil. Rob. Schneider,
Custosadjunct an den Kunstsammlungen des a. h. Kaiserhauses; Dr. phil. Emanuel Loewy
in Wien; Dr. phil. Franz Studnieka in Prag; Dr. phil. Emil Tietze, Beamter der
Geologischen Reichsanstalt Wien; Gabriel Knaffl Ritter v. Fohnsdorf, Ingenieur in
Wien. Der verschiedenartig wissenschaftliche Charakter dieser activen Theilnehmer der
Expedition bezeichnet auch, wie vielseitig die von dem Unternehmen angestrebten Zwecke
sind. Am zo. April gedachten die Reisenden von Smyrna aus in das Innere Kleinasiens
einzudringen.
Wir werden nicht ermangeln, wie über die Förderung, welche das Unternehmen
hier durch anderweitige großmüthige Unterstützung noch findet, so über dessen Fortgang
und Erfolge auf jenen fernen Schauplätzen aus besten Quellen zu berichten.
Literaturbericht.
Engerth E. v. Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiser-
hauses. Gemälde. Beschreibendes Verzeichniss. I. Bd. Wien, Selbst-
verlag der Direction. Druck von A. Holzhausen, 1881. 8.
Der neue Katalog der kaiserlichen Gemäldegalerie verdient dass wir ihm nach
der kurzen Notiz in der vorigen Nummer nochmals die Aufmerksamkeit unserer Leser zu-
91
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wenden. Derselbe ist ia zufällig auch eine Jubiläumspublication, gerade hundert Jahre, nach-
dem die Gemälde aus den ungünstigen Räumen in der Stallburg ihre Stätte im Belvedere
gefunden hatten. Die historische Einleitung ist darnach angethan, manches Vorurtheil zu
bannen und einzelne geschichtliche Facta richtig zu stellen. Sie schildert zunachst das Ent-
stehen der Sammlung seit Mitte des XVl. Jahrhunderts und besonders eingehend die Ge-
schichte der Kunst- und Wunderkammer Kaiser Rudolfs ll., welche in weitesten Kreisen
sich größerer Berühmtheit erfreut, als der Wiener Grundstock. Wir erhalten ferner zu-
verlässige Daten über die Vererbung der Leopold Wilhelmkchen wSchatzkammeru an
Kaiser Leopold, über die Aufstellung der Bilder in der Stallburg 1718, die Vermehrung
durch die Sammlung des Herzogs Carl von Lothringen, über die Schätzung und den An-
kauf der großen Rubensbilder, die endliche Uebersiedlung in's Belvedere und den ersten
Katalog von Mechel 1783, über den unglücklichen Tauschhandel mit der fiorentinischen
und den etwas günstigeren mit der venezianischen Galerie, über die mannigfachen Kriegs-
gefahren, welche die Kunstschatze durchzumachen hatten u. s. w. Dieser einleitende Theil
des neuen Kataloges ist uns außerordentlich schatzbar, da er uns vollständig über das
wechselvolle Schicksal unserer bedeutendsten Kunstsammlung orientirt.
Was in der Einleitung im Allgemeinen bezüglich der gesammten Galerie gesagt ist,
wird dann im beschreibenden Theil aufGrundlage zahlreicher lnventare und Actenstücke
im Detail durchgeführt. Wir können unsere Anerkennung der vorliegenden Arbeit dahin
zusammenfassen, dass dieselbe den meisten Anforderungen gerecht wird, welche der kunst-
wissenschaftliche Congress des Jahres 1873 in Wien für die Abfassung von Galeriekatalogen
aufgestellt hat. Nur der Wunsch nach Angabe der Bilderpreise. welche doch die Werth-
schatzung eines Meisters in so lehrreicher Weise illustriren, und der nachweisbaren Re-
staurationen blieb unerfüllt. Auch die Literaturangabe konnte vollständiger sein, jedoch ist
bei der Benennung der Gemllde die Vertrautheit mit der neuen Forschung otfenkundig.
Dass Director Engerth zaudert, noch nicht unwiderleglich feststehende Bezeichnungen für
die Bildertaufe zu acceptiren, ist von seinem Standpunkte zu rechtfertigen. Mit ganz be-
sonderer Sorgfalt sind Monogramme und Datirung der Gemälde wiedergegeben und das
Verzeichniss der graphischen Reproductionen ausgearbeitet, letzteres mit Zugrundelegung
von Vorarbeiten des verstorbenen Custos der Hofbibliothek, A. v. Perger. Die Künstler-
biographien stammen aus der berufenen Feder des Herrn Crowe, und ist es hiebci für
den Kündigen erklarlich, warum z. B. die neuen Aufstellungen Morelli's über die Jugend-
zeit Raphaels und Aehnliches nicht berücksichtigt wurden.
Der vorliegende Katalog ist eigentlich für die Aufstellung der Galerie in dem neuen
Hofmuseum ausgearbeitet. Die Angabe des gegenwärtigen Standortes und der Nummer des
Bildes macht das Buch jedoch auch für das Belvedere noch verwendbar. Director Engerth
ließ es sich auch angelegen sein, für die neue Aufstellung bisher im Depot des Belvedere
oder in anderen kaiserlichen Schlössern befindliche Bildet- beizuziehen, und so werden
wir im neuen Museum gegen hundertzwanzig Gemälde der italienischen, französischen
und spanischen Schule zum ersten Male begrüßen können. Zumeist sind es allerdings
Werke aus der sogenannten italienischen Verfallszeit, aber auch achtunggebietende oder
kunstgeschichtlich interessante Meister werden uns in dieser Reihe neu aufgeatellter Bil-
der begegnen Andrea da Murano, Bellini, Bonifazio, 1x Canaletto, Cima, Palma Vecchio,
Sebastiano del Piombo, Signorelli, Tintoretto, Tizian. Paul Veronese und mehrere
spanische Meister.
Wir dürfen also schließlich unserer Freude über den neuen Katalog, der in seiner
Ausführlichkeit eine wahre Grundlage zum eingehendsten Studium unserer herrlichen
Galerie bilden kann, wohl vollen Ausdruck geben. Wir wünschen nur, dass es gelingen
möge, bis zum Einzuge in das neue Haus auch die beiden noch ausständigen Bande über
die deutsche und niederländische Schule in gleicher Weise zu Stande zu bringen.
Luthmer, F. Der Schatz des Freiherrn Carl von Rothschild. Meister-
werke alter Goldschmiedekunst aus dem XlV.-XVllI. Jahrhundert.
Frankfurt a. M., Heinrich Keller, 1882. Fol.
Baron Rothschild hat in der That einen Schatz von Kunstgegenständcn zusammen-
gebracht, welcher speciell an Gold- und Silbergegenstanden und Geschmeide einen Reich-
thum aufweist, dessen sich kaum eine oder die andere odentliche Sammlung rühmen kann.
Durch den Entschluss, denselben im Bilde zu reproduciren, hat er sich nicht blos Kunst-
freunde und Forscher zu Danke verpflichtet, sondern besonders um die Kunstindustricllcn
durch Eröffnung einer wahren Fundgrube von Erfindung für Anregung und Befruchtung
ihrer Phantasie Verdienste erworben. Zur Abfassung des erklärenden Textes hat sich
Luthmer erst jüngst durch seinen nGoldschmuck der Renaissance als den richtigen
Mann bewahrt. Nach der vorliegenden ersten Lieferung können wir jetzt bereits den Wunsch
aussprechen, es möchten nach der Publication der Werke der Goldschmiedekunst, welche
150 Tafeln umfassen soll, auch die außerordentlich reichen Krystall- und Emailarbeiten,
kleinen Holz- und Elfenbeinsculpturen und Meisterstücke von anderen Gebietenfder Kunst-
industrie aus der Sammlung Rothschild uns nicht vorenthalten werden. Die Lichtdrucke
von Römmler und Jonas sind ausgezeichnet und die Gesammtausstattung des Werkes gea
reicht dem Verleger zur größten Ehre. Der Preis einer Lieferung mit Blatt ist mit
Mk. 7'5o ein mäßiger zu nennen.
Aus Anlass der Buchausstellung im Pester Kunslgewerbemuseum ist ein pracht-
voll ausgestattetes Werk in ungarischer Sprache unter dem Titel "Kalauz az orsz. Magy.
lparmüvöszei Muzeum reszäröl Rendezett könyvikällitäshoz. Budapest MDCCCLXXXll-x
erschienen. Da wir des ungarischen ldiomes nicht mächtig sind, so müssen wir uns auf
die Anführung des Titels des übrigens sshönen Werkes beschränken. Ein Führer in
dieser Ausstellung ist in französischer Sprache erschienen; er führt den Titel IVlSilC
Pexposition des livres au Palais de Pacademie, par A. de Szemerew, ist iedoch für Fach-
männer viel zu kurz und zu feuilletonisrisch abgefasst.
Der Vortrag, den Prof. Dr. Sigm. Exner am S. Januar 1882 im Oesterr. Muscum
über -Die physiologische Bedeutung des Fliegens und Schwebensu gehalten hat, ist sn
eben als Broschüre in Wicn bei W. Braumüller, mit Helzschnitten versehen, erschienen.
Wir empfehlen allen Künstlern und Kunstfreunden die anregende Lectüre.
KLEINERE MITTHEILUNGEN.
Personnlnachriohteim Director Hotrath v. Eitelberger hat eine Reise nach
Berlin, Breslau, Leipzig und Dresden zur Besichtigung der dortigen Kunstinstitute und
Schulen angetreten.
Professor der Kunstgewerbesehule O. Beyer ist behufs Orientirung und Vornahme
der Installationsarbeiten für die Ausstellung des Museums und der Kunstgewerbeschulc
nach Triest gereist.
An der internationalen Kuustausstellung haben sich die Professßren der Kunst-
gewerbeschule O. König, William Unger und Hraehowins betheiligt; ersterer als
Bildhauer, die beiden letztgenannten mit Radirungen.
Erwerbungen des Museums auf der internationalen Aus-
stellung. Hofrath v. Eitelberger hat auf der internationalen Aus-
stellung das von Cl. Ferd. Gaillard meisterhaft gestochene Porträt des
Papstes Leo XIII. und eine Suite von 27 bronzenen Medaillons und Mc-
daillen von Dan. Dupuis für die Sammlungen des Museums angekauft.
KB811011 des Museums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monate
April von 12.865, die Bibliothek von 132 Personen besucht.
Textilausebellung im Museum. lm Vorlesesssl und im Saal IX wird dem-
nächst die Textilssmmlung des Museums in größerer Entfaltung ausgestellt, als es sonst
bei den räumlichen Verhältnissen dieser Abtheilung möglich ist.
Bücherausstellung im Museum. Für die historische Abtheilung der Jubiläums-
ausstellung des Wiener Buchdruckes sind bereits die Sendungen von Breslau, Graz, Horn,
Krakau, Kremsmünster, Linz und der Schottenbibliothek in Wien eingetroffen. Auch die
kaiserl. Fideicummiss- und Familienbibliothek hat ihre bezüglichen Bücher bereits zur
Verfügung gestellt.
Geschenk an die Kunstgewerbeeohule. Herr R. v. Wald-
heim hat der Kunstgewerbeschule zehn aus dem Nachlasse Professor
Ferd. Laufbergefs erworbene Studien zum Geschenke gemacht mit dem
Wunsche, dass diese Studien in den Localitäten der früher von Laufberger
geleiteten Fachschule für Malerei Raum finden mögen.
Jahresausstellung der Kunstgewerbesohnle. Dieselbe wurde
am 12. April in Vertretung des Unterrichtsministers durch den Herrn
Sectionschef Fid ler im Beisein der Herren Scctionsrath Freiherr v. Dum-
reicher und Ministerial-Secretär Dr. Zeller, denen sich der Director des
Museums, Hofrath v. Eitelberger und der spanische Commissär der inter-
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nationalen Ausstellung, Herr Tubino angeschlossen hatten, eröffnet. Die
Herren wurden vom Director der Schule, Prof. Sturm und dem gesammten
Lehrkörper empfangen, in den einzelnen Abtheilungen übernahmen die
betreffenden Professoren die Führung und Erläuterung. Der Rundgang
währte an zwei Stunden, da die Ausstellung die großen Säle IX, den
ganzen Vorlesesaal, das Zimmer XIV und einen Theil der Galerie im
ersten Stockwerke des Museums mit thunlichster Raumausnützung aus-
füllt. Sämmtliche Abtheilungen der Schule waren reich und trefflich ver-
treten, auch die erst begründete Radirahtheilung hat ihren guten Antheil
an der Anerkennung, welche die Leistungen der Schule allseitig fanden.
Zunächst geruhte Se. Ma j. der Kaiser, im Beisein des durchlauchtigsten
Protectors des Museums, Erzherzog Rainer, die Ausstellung mit Seinem
Besuche zu beehren und die Allerhöchste Zufriedenheit mit den Fort-
schritten der Schule auszusprechen. Auch Ihre kais. Hoheiten Kronprinz
Rudolf, die Kronprinzessin, Erzherzog Karl Ludwig, Se. königl.
Hoheit Prinz Leopold von Baiern zeichneten die Ausstellung mit
ihrem Besuche aus, und dass das Interesse für die Schule bereits in die
weitesten Kreise gedrungen ist, wurde durch den außerordentlich zahl-
reichen Besuch v0n Seite des größeren Publicums bewiesen. Wegen
dieser regen Theilnahme wurde die Dauer der Ausstellung ungewöhnlich
lange, bis 30. April inclusive, ausgedehnt.
Die Gesellschaft zur Förderung der Kunstgewerbesohule
hielt am 26. d. M. im Oesterr. Museum ihre Generalversammlung ab.
Präsident Graf Zichy verlas den Rechenschaftsbericht, Herr Lobmeyr
den Cassenbericht, Herr Hofjuwelier Mayer den Bericht des Revisions-
Comite"s, die sämmtlich zur genehmigenden Kenntniss genommen wurden.
Die ausscheidenden Ausschussmitglieder M. v. Gerold und R. Kitschel
wurden durch Acclamation wiedergewählt, ebenso die Revisoren Jos.
Mayer, R. v. Waldheim. Die Gesamrnteiunahme betrug im Jahre 188i
6523 fl., die Ausgaben 4358 5., und zwar Stipendien an 25 Zöglinge
aus Niederösterreich, Böhmen, Mähren, Steiermark, Salzburg, Ungarn
400 EL, Schulgeld und Unterstützungen für Schüler 93 6., Vorschuss
auf Arbeitsmaterial 100 fl., Drucksorten, Porti etc. 65 fl. Das Stamm-
capital beläuft sich auf rund 70.000 H. Papierrente.
Ehrengaben Hi! den Festzug. Die Ehrengeschenke der Stadt Wien für Prof.
Makart, Architekt Streit und Maler Fuchs, welche denselben vom Gemeinderuthe für ihre
Mitwirkung bei der Veranstaltung des Festzuges im Jahre 1879 votirt wurden, waren
Sonntag den 2. und Montag den 3. April, Vormittags zwischen lo und Uhr, im kleinen
Rathssaale des Magistrates, i. Stock. zur Besichtigung ausgestellt. Fur Prof. Makart ist ein
Pocal aus vergoldetem Silber bestimmt. Am Mittelstucke des Gefäßes befindet sich in ge-
triebenem Relief die Darstellung des Festzuges, darunter Porträtgestalten aus der Künstler-
gruppe. wie Makarr, Streit, Hasenauer, Costenoble u. A. Am Fuße sind oberhalb des
Knopfes drei Schildchen mit dem Monogramm Makarüs, der Jahreszahl 187g und dem
Datum des 24. April angebracht. Die oberste Bekrönung des Deckels bildet die Vindobona,
mit der linken Hand das Wappen der Stadt Wien haltend und mit der rechten einen
Lorbeerkranz reichend. Am untersten Gliede des Fußes sind die Namen des Entwerfers,
Reg.-Rath Prof. J. Storck, und des Verfertigers St. Schwartz eingravirt. Der Becher
hat eine Hohe von Ctm. und ein Gewicht von 3150 Gr. Ein Lampentrager mit Lampe
für den Architekten A. Streit ist nach dem Entwurfe des Prof. Storck gearbeitet. der Fuß
modellirt und geschnitzt von Klotz, die Lampe ausgeführt von Hanusch. Maler Fuchs
erhält eine Ledercassette nach dem Entwurfe des Prof. Storck mit Figuren von Hans
Macht, in Ledermosaik und Goldpressung, ausgeführt von Pollack und Joppich.
Ehrengescheuk für Kozma von Leveld, von den ungarischen Staatsanwälten
zur Feier des zehnjährigen erfolgreichen Bestandes dieser Institution in Ungarn dem Or-
ganisator derselben gewidmet. Dasselbe besteht in der Figur einer Justitia, welche mit
dem Schwerte in der Rechten, idie Linke auf das Gesetzbuch gestützt, auf einer Sedia
curulis thronend, Strenge vereint mit Menschenliebe zum Ausdruck bringt. Der Thron-
stuhl ist nach römischem Vorbilde durchgeführt; der Sitz wird von Wßlfinnen getragen,
die Fuße der Göttin ruhen auf einem Schemel mit zwei Stufen, deren untere die Wid-
mungsinschrift tragt lllustrissimo Domino Dito Alexandro Kozma de Leveld, Supremo Pro-
curatori Regio Hung. in memoriam perennis venerationis gratitudinisque Procuratores
R. H. eidem subditi MDCCCLXXXIL Das Ganze steht auf einer Plinthe und diese auf
einer schwarzen Marmorplatte; die Lange beträgt 45, die Breite 21, die Hübe 48 Centim.
Die Figur ist aus Silber, gegossen und ciselirt, die Sedia, Plinthe und einzelnes Beiwerk ist
vergoldet. Die Composition und das Modell der Justitia stammt von Alois Strobel in
Budapest, das Modell der Sedia und die Ausführung des ganzen Kunstwerltes in Silber
ist von Stefan Schwartz in Wien. Das zugehörige Postament ist nach Angaben des
Architekten Schikedanz von Prof. Muderlak in Nussholz geschnitzt und geheizt.
Gründung des Museums in Bozen und die tiroliacheu Sammlungen. ln
Bozen hat sich vor kurzer Zeit ein Verein gebildet, welcher den Namen -Museumsverein
in Bozen fuhrt und dessen Hauptzweck ist, Kunstwerke in der dortigen Gegend zu sammeln
und dadurch den Kunstsinn zu wecken. Der Verein hat ein passendes Locale für Aufstellung
von Kunstobjecten erworben und beabsichtigt auch, Ausstellungen zu veranstalten. Nach-
dem die Statuten von der Statthalterei genehmigt wurden, fand am tg. April die con-
stituirende Generalversammlung statt. Dies ist nun das fünfte öffentliche Museum,
welches in der Provinz besteht. Die älteste und großartigste Anstalt dieser Art ist be-
kanntlich das im Jahre 1822 gegründete und im April 1823 behördlich genehmigte Fer-
dinandeum in Innsbruck. Das städtische Museum in Trient verdankt seinen Ursprung einem
Legate des Tribunal-Präsidenten in Mailand, Anton Mazzetti, im Jahre 1841, gewann aber
eine Bedeutung erst dadurch, dass der Bürgermeister Graf Benedict Giovanelli seine wcrth-
vollen Sammlungen nebst Bibliothek im Jahre 1846 testamentarisch seiner Vaterstadt ver-
machte. Das in naturwissenschaftlicher Hinsicht interessante Museum in Roveredo datirt
aus den Sechziger Jahren. Die Gründung des vorarlbergischen Landesmuseums in Bregenz,
berühmt geworden durch seine Munzen- und Terrasigillata-Geschirrsammlungen, geschah
im Jahre 1857 durch einen Verein nur die vorarlbergische Landeskunde in's Auge fassender
Männer und kräftige Mitwirkung des Kreishauptmannes Froschauer. Außerdem bestehen
verhaltnissmaßig zahlreiche Lehranstalts- und Privatsammlungen, so z. die reichhaltigen
Collectionen des blSChöHlChBn Gymnasiums in Brixen, die von dem Archäologen Pater
Florian Orgler angelegte Altetthumersammlung des Franciscaner-Gytnnasiums in Bozen,
die Alterthünaersammlungen in Welsch-Tirol, unter denen die bedeutendsten Zanella in
Trient, Vigli in Mezzolombardo, Frigo in Borgo, Passerini in Riva, ferner die Waffen-
sammlung Ettl und die Collectionen der beiden Herren v. Wieser in Innsbruck, die
Münzensarnmlungen des Grafen Enzenberg und des Prof. Busson etc. Die Erfahrung zeigt,
dass sich die Sammelthatigkeit in dieser Provinz immer mehr decentralisirt und die Local-
interessen sich mehr geltend machen. Dies ist insoweit ein Vortheil, als manches werth-
volle Object vom Untergange gerettet wird und Kunstsinn und archäologische Studien in
kleineren Orten Anregung Finden. Allein andererseits wird durch diese Zersplitterung die
Uebersicht über die Cultur und Kunstentwicklung des Landes erschwert, da eine solche
nur durch eine mit vereinten finanziellen Kräften unterstützte Landesanstalt gewahrt werden
kann. Auf diese Weise wird auch die wllnschenswerthe Gründung eines Kunstgewerbe-
Museums im Vereine mit dem Ferdinandeum nichts weniger als gefördert.
Buoherausstellung in Budapest. Am S. April fand in den Raumen des unga-
rischen Akademie-Palastes die Erölfnung der Landes-Bücherausstellung statt.
Ullrlolraober Preis. Die Preisjury für den Ullrich'schen Preis Pocal als Renn-
preis hat, da unter den ihr vorgelegten 15 Zeichnungen von sieben Bewerbern fast alle
Entwürfe, entgegen dem Programme, als höchst kostspielig in der Ausführung sich er-
gaben, den Zoglingen" der Kunstgewerbeschule, Hugo Osterloh und Ludwig Jünger,
ersterem den zweiten Preis, dem letzteren die ehrenvolle Erwähnung zuerkannt.
Zugleich wurde die neuerliche Ausschreibung des ersten als einzigen Preises von
60 Mark mit demselben Programme und besonderer Betonung der veinfachen Form" und
nlliChl zu reicher Verzierung empfohlen.
Die Preisaufgabe für die Fachschnler der Kunstgewerbeschule besteht im ntwu rf
zu einem Pocale, der als Rennpreis dienen soll. Styl Renaissance; Material
Silber oder vergoldetes Silber. Einfach edle Form des Gefäßes, passende Anbringung der
Inschrift nFruhjahrs-Wettrennen Freudenau t883u. Mäßige Anwendung von Emhlemen
und nicht zu reiche Verzierung waren die hauptsächlich zu berücksichtigenden Punkte.
Gesammthöhe des Gefäßes inclusive Deckel Maximum 45 Ctm. Die Zeichnung ist in
natürlicher Größe auszuführen. Ablieferungstermin io. October 1882. Das Preisgericht
besteht aus den Herren Reg-Rath Bucher, Prof. Herdtle, Prof. König, Hof-Silber-
arbeiter Jos. Mayer, Lehrer Schwartz und Reg-Rath Prof. Storck.
12.4.
Stipendien Zur I-Ieranbildung von tüchtigen Manufacturzeiehnern an der
Kunstgewerbeschule des Oesterr. Museums für Kunst und Industrie in Wien sind vom
Ministerium für Cultus und Unterricht drei Stipendien im Betrage jährlicher ie Soo G.
errichtet worden und erfolgt deren Verleihung zum ersten Male mit Beginn des Studien-
jahres 188483.
Auf die Verleihung können Anspruch erheben
i. Künstlerisch entsprechend vorgebildete Bewerber, welche jedoch auch die Ver-
pflichtung übernehmen müssen, gleichzeitig mit ihrer artistischen Weiterbildung oder
nach derselben an der Lehranstalt für Textilindustrie in Wien sich die einschlägigen
technischen Kenntnisse, soweit dieselben für einen Manufacturzeichner erforderlich sind,
anzueignen, oder
z. solche Bewerber, welche mit den erwahnten technischen Kenntnissen schon aus-
gerüstet sind und welche in. künstlerischer Beziehung mindestens eine Vorbildung besitzen,
auf Grund deren ein erfolgreicher höherer artistischer Unterricht möglich erscheint.
Diese Stipendien werden zu Beginn des Schuljahres jedesrnal neu verliehen. Die
Verleihung an einen und denselben Bewerber kann nicht öfter als drei Mal erfol en.
Die mit den Zeugnissen über die bisher in obiger Richtung erworbene Be ahiguug
belegten Gesuche um die Erlangung eines dieser Stipendien sind bis l. Juli 1882 bei
dem Vorsitzenden des Aufsichtsrathes der Kunstgewerbeschule des Oesterr. Museums für
Kunst und Industrie in Wien einzubringen und im Falle des Anschlusses eines Armuths-
zeugnisses stempelfrei.
Preisausschreiben Die Herren Zeh, Scherzer 8x Co., Inhaber der Porzellan-
fabrik zu Rehau schreiben in der Absicht, durch eine Concurrenz für keramische Arbeiten
zur Hebung des Kunstgewerbes beizutragen, folgende Preise aus
i. Für den gezeichneten Entwurf eines Tafelservices für Porzellan, 300 Mark;
2. für den gezeichneten Entwurf eines Katfeeservices für Porzellan, 200 Mark;
3. für den gezeichneten Entwurf eines neuen Gegenstandes, in Porzellan aus-
führbar, ioo Mark.
Die betreffenden Arbeiten sind bis zum to. October d. I. an das nßayrische Ge-
werbemuseum- in Nürnberg einzusenden.
Jeder Bewerber hat ein Motto zur Bezeichnung seiner Arbeit zu wählen, der
Name ist in einem versiegelten Umschlag, welcher das Motto als Aufschrift tragt, beizu-
lcgen. Die Umschläge werden erst bei der Preiszuerkennung geöffnet.
Die preisgekrönten Entwürfe fallen der Firma Zeh, Scherzer Co., Porzellan-
fabrik in Rehau, als Eigenthum zu.
Das Preisgericht wird aus sechs, von vorstehender Firma in Uebereinkommen mit
der Dircction des Bairischen Gewerbemuseums zu bestimmenden Personen zusammengesetzt.
Preisangaben Herr Bauratb Friedrich Stach hat, von dem Wunsche beseelt,
strebsame Krafte anzuregen und zu unterstützen, wie auch zur Erweiterung und Ver-
edlung unserer heimischen Industrie beizutragen, den Betrag von Einhundert x00 Gulden
zu Preisen für den besten Entwurf zu einem einfachen, würdigen Grabsteine, wie er den
Mitteln und dem Bedürfnisse unseres Mittelstandes angepasst ist, gewidmet.
Als Material für dieses Grabmal wäre Sterzinger oder Laaser Marmor in Aussicht
zu nehmen, und sollte dasselbe in einfacher Steinmetzarbeit, mit keiner oder doch mög-
lichst weniger, einfacher Bildhauerarbeit, jedoch geschlilfen und eventuell polirt, ausgeführt
werden. Besonders erwünscht wäre es, wenn dieses Monument leicht in verschiedenen
Größen ausgeführt werden konnte.
Die Entwürfe sind in der natürlichen Große auszuführen, und zwar
im Aufrisse, im Grundrisse und Seitenansicht,
nebst Beifügung einer perspectivischen Darstellung des Grabsteines.
Die Prospecte sind, mit einem Motto versehen, mit einem verschlossenen Cuuvert,
welchesmuf der Außenseite das Motto, im Innern den Namen des Verfassers enthält, bis
I. Juli 1882 an die Direction des k. k. Oesterr. Museums für Kunst u. Industrie einzuliefcrn.
I. Preis 60 Gulden, .II. Preis 40 Gulden.
Die Jurymitglieder werden seinerzeit bekannt gegeben werden. Zur Theilnahme
an dem Concurse werden Schüler der Fachschulen der Kunstgewerbeschule, der Akademie
der bildenden Künste und der Bauschule des Polytechnicums hierselbst berechtigt.
l-Iiezn als Beilage
Vortrag über Ferdinand Laufberger.
Selbstverlag des k. k. Oesterr. Museums Iiir Kunst und Industrie.
Buehilrueknel vom Cnrl Donald's Bohr In Wien.