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KUNST UNDJNIDUSTRIE?
MONÄTSCHRIFT Frmj xmismwßxxiß.
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lcompgllssxous-vgme von VCARL cskours söuu;
Deit Beginn des Jahres t883 erscheint dem Wunsche,zahlreichenFachmänner, Alter-
thumsfreunde. Sammler und Künstler entsprechend
Ällfwlßll lt Bild ittlwii
Ansichten aus dem alten Wien, in einer sorgfältigen Auswahl. Der WienenAlterthumsverein
hat sich zu diesem Vorhaben mit der Redaction des Wiener lllustrirten Extrabinttes vereinigt
und sollen Lieferungen in zwangloser Folge herausgegeben werden welche ie Blätter ent-
halten. Jeder Darstellung wird ein fachlich erläuternder Text beigegeben; als Mitarbeiter sind
bisher die Herren Boeheim, Hauser, Lind, Löwy, Weittenh iller, Wirntner beigetreten.
Die Redaction hat Herr Dr. Albert llg übernommen.
Das alte Wien schwindet mit seinen charakteristischen Stätten und Bauten immer
mehr dahin. Die Erfordernisse des modernen Lebens, des gesteigerten Verkehres, und so
manche andere Umstände bringen es unaufhaltsarnerweise mit sich, dass diese architektonischen
Zeugen der Vergangenheit in raschetnG-ange von der Scene abtreten und zahlreiche historische
Erinnerungen, auch manches künstlerische Werk, geht damit auf immer verloren. Viele dieser
der Demolirung verfallenen Gebäude wurden inletzter Stunde noch aufgenommen und öfters ist
"die in xA-il-Wienc enthaltene Abbildung die einzige, welche von denselben existirt.
Die einzelne Lieferung kostet B. 10 ktm, mit franltirter Zusendung auf Rolle gut
verpackt i. 20 kr. Bestellungen übernehmen alle Buchhandlungen des In- und Auslandes.
Jede Lieferung ist auch einzeln zu haben. Das Porto für drei Lieferungen zusammen betrügt
nur 10 ltr.
Inhalt derjersten Lieferung Der Hof des Fruhvtirthhauses auf der Wieden. Das
Königseggsche Gartenpalais in Gumpendorf. Die Fassziehergasse. Die alte Uhiversität.
Die Salzgries-Kaserne." "Im Auwinkella Blatt. Der alte Kleppersteig. -,'Das alte'
GeneraIcommando-Gehäude auf der Freyung.- Die Stubenthormtihle. Das Haus szum.
goldenen Fasane am Minoritenplatz. Der Calvarienberg in Hernals.
Inhalt der zweiten Lieferung Plafond im alten Rathhaus, Das Eisgrühl..- Der
Jacoberhof Haus in der Rossau. Die Rosalien-Capelle irn Freihaus" auf. der,Wiedcn.
Der Gasthof wzuni- wilden Manne. Die Pfah-kirche auf dem Schottenfeld. Das alte kaiserliche
Rüdenhaus in Erdberg. Das Küssdenpfenaighatfs. St. Anna-Gebäude. Das Kipfelhaus.
in derGrünangergasse und das Steindelbickhaus auf der Landstrasse. Die Thury-Capelle.
Inhalt der dritten Lieferung Maria-Stiegen. Das Bürgerspitai.-'- Das Schortenstift.
Die Schanzel-Capelle. Die letzten Reste der Mölkerbastei." Das Haus vzunrPelikanc
in Neulerchenfeld. Die alte Verpliegsbäckerei im unteren Arsenal. Zum Prima von.
Ungarn. Das Haus zzum schwarzen Bärens am Lugeck. Das Haus" xzur goldenen Enlet.
Die alte Universitäts-Bibliothek. Der Pestgiebel an der Carlskirche.
Inhalt der vierten Lieferung Sculpturwerk am Stephansdom. Das Haus nzum rofhen
Jgele am Wildpretmarkt. Die Schönlaterngasse, Hof im alten Rathhaus. Das Schwabisehed
Haus, genannt vdie Schwahenburgc. Das fürstlich Liechtensteirfache Palais in der Rossau.
Das Haus xzum rothen Apfels. Das vI-ierrschaftshausc in der Augartenstrasse. Das ahw
malige Schloss am Hundsthurm.- Das ehemalige Eszterhaizy-Palais in der Marinhilferatrassm;
Das Haus und Gasthaus nzur deutschen Eiche auf derißmndstatt. Die früher bestandene"
Johaaneskirche in der Jirgerzeile.
Inhalt der fünften Lieferung Das Kloster der Siebenhüchnerinnen Blatt. Die
Svchönlaterngasse. Die Weissgärberkirche. Das sogenannte xrothe Hauu in der Alservor-
stadt. Das alte Schloss Hundsthurrn. Das Franzosenhaus. Das Rothenthurmthor. --Die
Mechitsristerikirche. Die Getreidemarkt-Kaserne. Das Karnthnerthori-Theater; Die
Roindorfer Kirche.
Inhalt dersechsten LieferungDer obere Theil des Svalzgries. Das herrseha tlielie
Brauhaus in Margarethen Der Jacoberhof. Die Jacoberbastei. Die Hernalser
2.?
Das Lanrierhaus in der Mechitaristengasse. Der rothe Hof. -tGrab-Platte des Grafen Salm
Das Haus nzum schwarzen Backe. Die Kirche in Dotfqbach. Der Katzensteig. Das alte
Rathhaus. Das neue Thor.
Inhalt der siebenten Lieferung Der alte Minoriteuplatz an der Ostsexte Die",
Schleifmühle" Blatt. Die Pfarrkirche in Heiligenstndtf- Der polnische Hof. Die ,mdrei'
Kronen auf der Wjedeti. Ober-SnVeit. Die Wiedensr HauPtstrassjeJ- Das Birenhsus
in der Taborstrasse. Der Ledererhof. -A1.ts der Magdalenenstrasse VI. Bezirke, Das
xRothe Stern-Haus in der Leopoldstadt.
Inhalt derachten Lieferung Der Apollosaal. -iDie'Landstrass'er Hauputrasse. "Der.
Lazzenhof und die Wächtergasse. Die St. Lnreuzltirche in Schottenfeld. Privathiuser im
IX. Bezirke. Das Belvedere. Rückseite der Pfsrrkirche. zum hL Leopold im II. Bezirke.
Der Reisnerhof. Die St. Annakirche. Das zräli. Kolowrafscihe Gebinde auf der Seiler-t
stätte. Aus der Liechtensteinslrasse. Ecke der Klieberguse.
Inhalt der neunten Lieferung Die Südseite des Michaelerplatzes Blatt. Das
Recepthaus in der Kleinschmiedgasse. Das Schottenthor. Das Augustinerklosrer tut der
Landstrasse und St. Dorothee in der Stadt. Das Franzetisthnr Blatt. Das Haus mm
Kßeelw. St. Johann in Siechenals und das Bäckenhäusel. wDie Capelie axrder Hundsthurmer
DaSASyl und Werkhaus in der Leopoldstaüt. Die Cagelle an der Nuasdnrfer
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MITTHEILUN GEN
DES
K. K. OESTERREICH. MUSEUMS.
FÜR
KUNST UND INDUSTRIE.
Mmlütsllhfikijwxflzl; Izlllvristgewerbe.
Herausgegeben und redigirt durch die Direction des k. k. Oesterr. Museums.
lm Commissionsverlag von Carl Gerold's Sohn in Wien.
Abonnementspreis per Jahr fl. 4.-
Nr. 96. WIiEN, December 1893. N.?.7Vlll.".lul'1rg.
Inhalt Die Weihnachls-Ausslcllung im k. k. Oesterr, Museum. Von J. v. Falke. Polnische Wasser-
zeichen. Von B. Bucher. Ueber das Phantastische und Sntyriache in der kirchlichen Kunst.
Von Prof. Dr. W. A. Neurnann. Schluss Angelegenheiten des Oesterr. Museums und der
rnit demselben verbundenen Institute. Linemurbericht. Bibliographie des Knnsigewerbes.
Notizen. Beilage.
Die Weihnachts-Ausstelluug im k. k. Oesterr.
Museum.
Der Eindruck der diesjährigen Weihnachts-Ausstellung scheint, nach
dem allgemeinen Urtheil zu schließen, ein durchaus günstiger zu sein.
Zum Theil kommt derselbe auf Rechnung eines reicheren und kunst-
volleren Arrangements in der Säulenhalle, handelte es sich doch darum,
die zehnjährige Geburtstagsfeier des Wiener Kunstgewerbe-Vereines mit
dieser Ausstellung festlich zu begehen. Die Möglichkeit dazu hat, wie
sonst, auch diesmal die Firma Philipp Haas und Söhne geboten. In
der Mitte der Halle erhebt sich ein hoher, aus kostbaren Decorations-
stoffen der Firma gebildeter Pavillon, welcher in seinem Innern die aus-
gezeichnete Marmorbliste Sr. Majestät des Kaisers von Otto König ent-
hält, ein Geschenk des Künstlers an das Oesterr. Museum. Rings zwischen
den Säulen hängen orientalische Teppiche, welche den Hintergrund für
zierliche Luxusmöbel bilden, andere Teppiche hängen von der Gallerie
herab. Eisenarbeiten, Bronzen, Porzellane und Faiencen, wirkungsvoll in
der Erscheinung, bilden den übrigen Schmuck der Halle.
Die Gründung des Kunstgewerbevereines, welche vor zehn Jahren
nicht ohne Widerspruch und Misstrauen erfolgte, hat sich bald als ein
ebenso nothwendiges wie nützliches Ereigniss erwiesen. Die enge, locale
wie geistige Verbindung mit dem Oesterr. Museum gereichte beiden
hhrg. 1393. 34
518
Theilen zum Vortheil, dem Museum wahrte sie die praktische Bedeu-
tung, den Industriellen sicherte sie die Höhe und Vielseitigkeit ihrer
Kunstleistung. In gemeinsamem Wirken hat durch diese Verbindung die
österreichische Kunstindustrie überall, wo sie unter Führung des Museums
und des Kunstgewerbe-Vereines erschienen ist, sich vollste Anerkennung
auf den Ausstellungen erworben, so noch in diesem Jahre in Genf; wo
es nicht geschehen, wie z. B. in Paris 1889, lag die Ursache darin, dass
alles dem Zufalle überlassen geblieben, und man sich den Unterschied
zwischen den einzelnen Leistungen nicht zusammenreimen konnte.
Auch diese Weihnachts-Ausstellung ist vom Kunstgewerbe-Verein
geleitet worden. Sachlich ist ihr von Vortheil gewesen, dass wiederum
ein Jahr Unterbrechung stattgefunden, wodurch neue Gegenstände sich
sammeln konnten andererseits aber sind viele Gegenstände noch in Chicago,
die sonst ihr zu gute gekommen wären. Man vermisst sie aber kaum
über der Güte dessen, was die alten, gewohnten Räume der Weihnachts-
ausstellung anfüllt. Selbstverständlich findet man auch die alten, wohl-
bekannten Namen wieder, welche immer dieser Ausstellung zur Zierde
und zur Anziehung gedient haben, neben ihnen aber auch viele andere,
die im Oesterr. Museum neue Erscheinungen sind. Und so gibt es auch
neben den alten Arten und Richtungen und Specialitäten manches in
seiner Art Neue, manches, das durch diese oder jene Besonderheit sich
Geltung verschafft oder durch seine Güte und Vollkommenheit vorragt
Wohlbekanntes übergehend, wollen wir auf dieses Neue und Vorragende
besonders unsere Besprechung richten.
Wir gönnen den ersten Platz den Bronzen, nicht, weil wir die
feinen und praktischen Gegenstände der Firmen von Dziedzinki 8c Hanusch,
von HollenbacbRichter, von Lux u. a. ihre Höhe und Güte behaupten
sehen, sondern wegen der von Pönninger im Säulenhofe ausgestellten
Collection figlirlicher und ornamentaler Gegenstände. Diese Collection
der von Pönninger betriebenen, ehemals unter Fernkorns Leitung stehenden
kaiserlichen Erzgießerei ist nicht blos neu im Museum als Ausstellung,
sie ist auch neu nach ihrer Art, denn die Gegenstände sind auf dem
Wege der s. g. nverlornen Forme entstanden. Diese Art besteht
darin, dass über dem Wachsmodell die Form gebildet, dann das Wachs
herausgeschmolzen und an seine Stelle in die Höhlung, d. i. in die
Hohlform, das geschmolzene Erz eingelassen wird. Diese Art, in alten
Zeiten viel geübt, ist von dem modernen Erzguss nicht nur vernach-
lässigt, sondern so gut wie völlig aufgegeben worden. Sie bietet aber
den Vortheil, die nachfolgende Ciselirung entbehrlich zu machen, anderer-
seits gestattet sie eine Vollkommenheit, eine Feinheit und Freiheit im
Guss, eine Bewegung der Theile, welche erstaunlich ist bei dem spröden
Materiale und anders sich kaum erreichen lässt. Es haben daher in
neuester Zeit sich mehrfach Bildhauer und Erzgießer um die Wieder-
erweckung des Gusses mit verlorner Form bemüht. Die Technik war
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kein Geheimniss, aber eine Schwierigkeit lag in der Bildung oder Zu-
sammensetzung des Wachses, und diese wird wohl von den Erzgießern,
wenn sie mit eigenen Versuchen das Richtige gefunden zu haben glauben,
als Geheimniss betrachtet. Wenn wir nach den ausgestellten Gegenständen
schließen dürfen, so ist Pönninger mit solchen Versuchen gewiss zum
Ziele gelangt, denn seine Arbeiten zeigen eine Kühnheit, eine Bravour,
eine Freiheit und Vollkommenheit, dass ein jeder, der mit der Technik
des Erzgusses einigermaßen vertraut ist, nur staunen kann. Der freiesten
Bewegung, wie sie nur immer das Wachs gestattet, ist hier das starre
Erz mit willigem Gehorsam gefolgt. Von diesem Standpunkt aus wir
übergehen andere Vorzüge bietet die Ausstellung Pönningers ein ganz
besonderes Interesse.
Neben Pönninger sehen wir in der Halle einen alten Bekannten und
Freund der Weihnachts-Ausstellung, den wir seit einer Reihe von Jahren
vermisst haben, A. Milde und seine Eisenarbeiten. Mit seinen in Eisen
getriebenen Maskerons und anderen ornamentalen und figürlichen Gegen-
ständen bildet er eine Specialität neben den geschmiedeten Arbeiten von
Wülhelm, von Schwarz, von A. Nehr u. a. Neu auf der Weihnachts-
Ausstellung mit ähnlichen Arbeiten kleinerer Art ist Demenego in Cortina
d'Ampezzo; sie dienen vermuthlich an diesem viel besuchten Fremden-
orte als Kaufgegenstände der Erinnerung neben den wohlbekannten Ar-
beiten in Siberliligran. Unter den Silberarbeiten sieht man auch diesmal,
wie seit einigen Jahren regelmäßig, die Firma Goldberger mit einer großen
Anzahl Gegenstände des vornehmen Haus- und Luxusgebrauches von
guten Formen, aber ohne besondere Eigenthümlichkeit. Mehr Eigenart
besitzen V. Meyers Söhne, deren Arbeiten sich am gewohnten Platze
befinden. Wir haben darunter mit Vergnügen einige Gegenstände, Jar-
diniere und zweiCandelaber, bemerkt, welche Entstehung und künstlerische
Motive jenen von der Stadt Wien der ErzherzoginMargaretha zur Vermählung
geschenkten Gegenständen verdanken. Diese Arbeiten hatten bekanntlich
mit großem Glück ihre Motive dem großen Brunnen von Rafael Donner
entlehnt.
Vom Harten und Spröden zum Weichen, vom Metall zur Stickerei
ein etwas gewaltsamer Schritt, aber die Stickerei verdient auf unserer
Ausstellung eine bevorzugte Erwähnung. Wir erinnern uns der ersten
Ausstellung von Stickereien, welche auf unserer Weltausstellung 1873,
also gerade vor zo Jahren, stattfand. Wenn man damals denselben
künstlerischen Maßstab an die Arbeiten der weiblichen Hand angelegt
hätte, welchem die jetzige Ausstellung unterworfen gewesen, nicht ein
einziges Stück wäre aufgenommen worden. Und nicht blos die Güte der
einzelnen Gegenstände, wie ganz anders die Gesammterscheinung!
Material, Stickart, Farbe, Zeichnung, Gegenstand der Verzierung, Orna-
mente alles total anders! Und das gilt gleicherweise von den eigent-
lichen Stickereigeschäften, wie z. B. von der in jeder Beziehung voll-
34."
kommenen Ausstellung von G. Richter, wie von den Schulen, von
Lehrerinnen und Schülerinnen, von den einzelnen Berufsstickerinnen, wie
von dem, was etwa aus der Hand der Dame gekommen ist. Das Verdienst
ist so allgemein, dass wir uns enthalten, einzelne Namen aus der großen
Anzahl herauszuheben.
Eine Neuerung aber veranlasst uns noch einige Worte von der
Stickerei zu sagen. Aus verschiedenen Händen beünden sich auf der Aus-
stellung Nachahmungen der sogenannten polnischen Teppiche, einer be-
stimmten Art mit Gold grundirter und in Seide ornamentirter Tapis-
serien, deren Herkunft freilich noch einigermaßen zweifelhaft ist. Diese
Nachbildungen, kleine, in ihren Dimensionen sehr bescheidene Deckchen,
sind allerdings wunderschön in ihrer Wirkung; aber äußerst mühsam in
der Herstellung und kostbar in ihrem Material, kommen sie so theuer
zu stehen, dass sie wohl für immer industriell ein unfruchtbares Genre
bilden werden. Wohl aber könnten sie eine reizende und dankbare Arbeit
in der Hand reicher und müßiger Darnen bilden und als solche mögen
sie der Beachtung empfohlen sein.
Aehnlich wie mit diesen Nachbildungen npolnischer Teppichen ver-
hält es sich mit den lntarsiaarbeiten, welche Joseph Pattigler ausgestellt.
Die Intarsia oder Marqueterie, die Darstellung von Zeichnungen durch
die mosaikartige Zusammensetzung verschiedenfarbiger Hölzer ist eine
schöne und richtige und echte Kunsttechnik, wenn sie richtig angewendet
wird. Zur Verzierung der Flächen und Füllungen bei Möbeln, Kasten,
Vertäfelungen lässt sich weder in der Kirche noch im Hause etwas An-
genehmeres denken, und mit Recht schätzen wir die lntarsien im Gestlihl
der italienischen Kirchen, wie an den Kasten und Truhen des 16. Jahr-
hunderts oder an den fournirten Luxusmöbeln des 18. Jahrhunderts. Aber
die Technik muss dabei stehen bleiben; die lntarsia irrt, wenn sie eine
selbständige Kunst sein will und Porträts oder sonst Figürliches als
Bilderwerk darstellt. Was sie erreicht, ist immer unzulänglich, wenn nicht
gar Caricatur. Das beweisen auch die von Pattigler ausgestellten lntarsia-
portraits Michelangelos und des Papstes Leo Xlll. Sie zeigen wohl, was
der Künstler leisten kann, aber auch auf das allerdeutlicbste die Grenzen
seiner Kunst.
Ebensowenig sind wir entzückt von dem Mosaikporträt des baye-
rischen Königs Ludwig ll. Die Tausende von Steinchen, aus denen die
Mosaikplatte zusammengesetzt ist und noch viel weniger die unsägliche
Mühe der Arbeit machen das Werk zu einem Kunstwerk, wenn das Re-
sultat keines ist. Noch dazu ist es nur eine Zeichnung, kein Gemälde,
welches nachgeahmt ist. Wenn das Mosaik auch den Vortheil der "halben
Ewigkeitu hat, so muss doch das künstlerische Resultat die Ewigkeit
verdienen, sonst ist Mühe und Arbeit verloren. ln solchen Dingen ist
ein bischen Nachdenken auch dem Künstler zu empfehlen, sonst kommt
er dahin, wie wir es 1873 erlebt haben, eine Vase aus 20.000 Stücken
O21.
Cigarrenkistenholz zusammenzusetzen, oder, wie es vor einigen Jahren
in München zu sehen, oder vielmehr nicht zu sehen war, 1500 Figuren
auf eine Metallplatte von einem Quadratcentimeter zu graviren.
Sehr erfreulich wie immer ist auch dieses Jahr das Glas auf unserer
Ausstellung und fast zahlreicher beschickt, wie je vorher auf einer der
Weihnachts-Ausstellungen. Es ist höchst merkwürdig und wirklich ein
Schauspiel für den denkenden Menschen, wenn er diese Dinge verfolgt,
in welcher unerschöpflichen Weise das Glas sich der Formung und Ver-
zierung darbietet. Jahrtausende haben daran gearbeitet, die Technik ist im
Wesentlichen immer dieselbe geblieben schmelzen und durch Schmelzen
verbinden, blasen, graviren und schleifen, das haben die alten Aegypter
schon vor vier- bis fünftausend Jahren verstanden, und darauf ruht auch
heute alle Form- und Verzierungstechnik. Wie einfach! und doch welche
Fülle, welche immer sich erneuernde Findigkeit in den Motiven! Hier in
unserer Glasindustrie hat die Nachahmung alter Vorbilder weniger Be-
deutung vielleicht als in irgend einem anderen der modernen Kunst-
industriezweige. Die Schöpferkraft geht ihre eigenen Wege und Findet
immer und immer Neues. Wenn irgendwo, so ist Leben, modernes Leben
in dieser Kunst. So finden wir bei Moser aus Karlsbad, der unseres Er-
innerns zum ersten Male die Weihnachts-Ausstellung beschickt hat, eben-
sowohl eigene neue Formen, deren Eigenthümlichkeit in der großen
Schlankheit besteht, als auch zierliche Golddecorationen, erhaben auf-
liegend nach Art des Wiener Porzellans der Empirezeit, und manches
andere. Der Goldverzierung hat sich auch Lobmeyr in ausgedehnterem
Maße als sonst bedient; wiederum aber wie sonst besteht seine Stärke in
den Gefäßen mit gravirten Ornamenten, in denen er iedesmal nur sich
selber üherbietet, da ein Anderer ihn kaum zu erreichen vermag. Daneben
erfreut er durch Service für den Tischgebrauch von einfacher Art, aber
von durchaus anmuthigen und eleganten Formen. Es ist ein Vergnügen,
so ein Trinkgefilß in die Hand zu nehmen. Neue Formen und Farben
zeigen auch Bakalovits, ebenso Schreiber und Neffen, desgleichen auch
die Fabrik von Spaun-Lötz in Klostermühl, bei deren Arbeiten aber Farbe
und Phantasie eine größere Rolle spielen, als das Formengefühl.
Während das Glas noch andere Namen zeigt, die zu nennen wären,
und andere Gegenstände, die Erwähnung und Besprechung verdienten,
ist das Porzellan diesmal zurückhaltender als sonst geblieben. Zwar sehen
wir Haas und Czizek, dann sind Rädler, Pilz, denen sich als Dritter
Dörfl gesellt, "mit zahlreichen Gegenständen im Wiener Empirestil ver-
treten eine Art, die sich in der Mode vollkommen zu behaupten
scheint-dann bringt die Firma Boseck 81 Co. in Haida Porzellangeräth
ohne besonderen Stil und Charakter, das ist aber auch ziemlich alles,
wenigstens haben wir nichts gefunden, was uns zu einer besonderen Be-
sprechung Veranlassung bieten könnte.
521
Nicht viel anders ist es mit der Fayence, deren Hauptvertretung
Ditmar in Znaim mit bekannten Gegenständen d. h. nach ihrer Art be-
kannten und Wahliss besorgt haben. In der Abtheilung von Wahliss
aber findet sich eine große Collection von Gegenständen, Gefäßen von
verschiedener Art aus der Fabrik Szolnay in Fünfkirchen, welche ebenso
neu wie reizend sind. Es sind neue Farbentöne, darunter ein wunder-
schönes Roth, welche mit mildem metallischen Glanze und mit orientali-
sirender Zeichnung die Gefäße überziehen. Die Wirkung ist so fein ge-
halten, Zeichnung und Farbe stimmen so harmonisch, dass diese Arbeiten
alle miteinander einen wahrhaft erfreuenden Eindruck machen. Hoffen
wir, dass der amerikanische Geschmack dieses neue Genre nicht wieder
verdirbt.
Selbstverständlich ist auch das ganze Gebiet der Möbelindustrie reich
vertreten. Das Interesse knüpft sich aber diesmal nicht an die größeren
Gegenstände der Hausausstattung, an Credenzen, Kasten, Betten u. dgl.,
obwohl nach vorausgegangener strenger Auswahl nur Gutes darin vor-
handen ist, als vielmehr an Gegenstände des Luxus und der allerfeinsten
Arbeit. Unten rings in der Säulenhalle beherrschen zierliche Phantasie-
möbel in Tischchen, Kästchen, Etageren, Sesseln den Eindruck, Gegen-
stände von feiner Arbeit mit viel Vergoldung, selbst mit Lacktnalerei,
neben denen einige bescheidene Glaskasten im Empirestil einen guten
Gegensatz bilden. Unter der Menge dieses Geräthes, das vorzugsweise
zum Schmuck und zur Ausstattung von Salon und Boudoir bestimmt
ist, erheben sich aber ein paar Gegenstände zur höchsten Kunstleistung
in ihrem Genre, beide in Art der reichen Cabinetkesten des t6. Jahr-
hunderts gehalten. Der eine dieser Kasten, eine Arbeit von Reschenhofer,
zierlich prolilirt, die Ornamente in zartem Relief auf's Vollkommenste
ausgeführt, in lichtem gelben Holz gehalten, stellt sich als ein Werk im
reinsten Stil der Renaissance darf Alle diese Vorzüge, nur reicher noch
und kräftiger gehalten, zeigt auch der andere Cabinetkasten, ein Werk
lrmler's, das, auf Kosten des Hoftiteltaxenfonds ausgeführt, ein bleibendes
Denkmal seines vortrefflichen Meisters im Oesterr. Museum bilden wird.
Von Außen reich geschnitzt, zeigt es im Innern an Schiebläden und
Fächern Marqueterie, wie das die Art seiner alten Vorbilder war.
Ungern übergehen wir andere Gegenstände, zumal auf dem Gebiete
der Möbelindustrie, wo unter Anderen A. Albert eine neue Richtung
einzuschlagen versucht, ungern lassen wir andere minder wichtige Zweige
der Kunstindustrie hinweg, aber unser Bericht hat sich schon weiter aus-
gedehnt, als unsere Absicht war. Wir müssen uns mit dem Gesagten be-
gnügen lassen, aus dem wohl hervorgegangen ist, dass diese Ausstellung
speciell viel Neues, Gutes und Lehrreiches bietet, und dass überhaupt
auf dem Gebiete unserer Kunstindustrie reges Leben und Bewegung
herrscht. J. v. Falke.
523
Polnische Wasserzeichen.
F. Piekosiüski hat unter dem Titel nSyredniowieczne znaki wodnetou
auf 77 Tafeln 795 Copien von Wasserzeichen veröffentlicht, die er in
dem Papier von Handschriften des 14. Jahrhunderts in den Bibliotheken
Krakau's, in der Breslauer Bibliothek und in den Archiven zu Posen und
Warschau aufgefunden hat. Da vor dem Ausgange des genannten Jahr-
hunderts Papiermühlen in Polen nicht nachzuweisen sind, muss ausländische
Herkunft der Papiere angenommen werden und für die genauere Bestimmung
leisten die Wasserzeichen nur in beschränktem Maße Dienste, weil die
ursprünglichen Fabriksmarken mit der Zeit zu Bezeichnungen bestimmter
Papiergattungen wurden und daher für die beliebtesten Sorten überall
mit oder ohne Zusätze oder Veränderungen nachgeahmt worden sind.
Die Zahl der Zeichen, die wenigstens in ihrer ursprünglichen Gestalt auf
Länder oder Städte zurückgeführt werden können, ist noch nicht groß
und daher jeder neue Beitrag zur Kunde der lndustrie in einzelnen Land-
schaften willkommen zu heißen. Nur darf eine Bemerkung auf Seite 287
des nAnzeigers der Akademie der Wissenschaften in Krakau, 1893, Octm,
dessen Bericht über Piekosinskfs Publication diesen Zeilen zu Grunde
gelegt ist, nicht so verstanden werden, als sei in Westeuropa auf diesem
Gebiete noch nichts geleistet worden. In Friedrich Kapp's Geschichte des
deutschen Buchhandels habe ich auf S. 820 eine keineswegs auf Voll-
ständigkeit Anspruch erhebende Uebersicht der einschlägigen deutschen,
französischen, niederländischen, englischen und italienischen Litteratur
gegeben und ebenda auch diejenigen Marken bezeichnet, für deren Ur-
sprung bestimmte Daten sprechen. Orts- und Geschlechtswappen bieten
am ersten Anhaltspunkte, z. B. der französische Lilienschild, die Wappen
von Nürnberg, Augsburg, Breslau u. a., die Leiter der Scaliger, das Eich-
bäumchen der Rovere, der Helm der Carrara etc. und in dieser Richtung
ist Piekosinskfs Arbeit besonders werthvoll.
Die erste Spur polnischer Papierfabrication findet sich um 1496. In
Acten des Civilgerichts zu Krakau von diesem Jahre kommt als Wasser-
zeichen ein Doppelkreuz vor, das später über einem gekrönten Wappen-
schilde, endlich innerhalb eines Ringes mit oder ohne Krone erscheint. Dies
Kreuz ist das Wappen des Klosters zum heil. Geist zu Pradnik bei Krakau,
woselbst 1528 eine Mühle, win quo papyrus conficituru, erwähnt wird.
Die zweite Fabrik scheint von den Cisterciensern in Mogila bei
Krakau gegründet worden zu sein, deren Wappen, ein weißer Pfeil in
rothem Felde Odrowqz das Papier der Klosterchronik von 1504 zeigt.
Von 1547 an wird diese Marke durch das Wappen des jeweiligen Abtes
ersetzt. Die Fabrik gelangte im 17. Jahrhundert zu solcher Blüthe, dass
ihr Papier ein beträchtlicher Ausfuhrartikel wurde.
Die Familie Bonar besass zwei Pnpiermüblen, eine in Bonarka, einem
Dörfchen südlich von Krakau, die andere in Balice, dem Stammsitze des
Hauses bei Krakau. lhr Wappen, eine doppelte Lilie, kommt von 1503 bis
x59o vor. Desgleichen führte die Fabrik in Krzeszowice das Wappen der
Grundherren Tenczynski, ein Kriegsbeil, topör 1539. ln der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts werden meistens die Stiftswappen mit den
Wappen der damaligen Würdenträger vereinigt als Wasserzeichen benützt.
Die Fabrik des Krakauer Capitels führte drei Kronen.
1557 zählte die Zunft der Papiermacher für Krakau und einen Umkreis
von 70 Kilometern bereits 20 Mühlenbesitzer.
Eine Fortsetzung dieser Publication ist in Aussicht gestellt.
B.
Ueber das Phantastische und Satyrische in der
kirchlichen Kunst.
Von Prof. Dr. W. A. Neumann.
Schluss
Wir beginnen links und besehen den Architrav ober den Capitälen
der Säulchen an der Wandung hier fallen uns zwei Paare Drachen-
leiber auf, geHügelt, jedes Paar nur mit je einem Kopfe. Aber im Winkel,
welchen der gothische Vorbau bildet, sieht man ein drittes solches Paar,
dessen eines Ende durch die Vermauerung gedeckt worden ist. Da die
mittelalterlichen Schlangem, Drachen- und Vipergestalten so ineinander
übergehen, dass sie nicht mehr scharf geschieden werden können, darf ich
vielleicht hier absehend von dem auch auf Stoffen erscheinenden
Gruppiren von mehreren bis zu vier Thieren um Einen Kopf
Futter des ungarischen KrönungsmantelsD mit Cahier an die bewusste
Darstellung einer Viper denken, von der der Physiologus sagt, dass das
Weibchen dem Männchen den Kopf abbeißt". Wenn also der Eintretende
wirklich die Darstellung symbolisch sich auszulegen im Stande war, d. h.,
wenn er an die rNaturgeschichteu dachte, so kam er darauf, dass hier
die blinde wollüstige Leidenschaft gemeint sei. Aber er konnte, wenn er
weiter dachte, auch an die Pharisäer denken, welche der heil. Johannes
d. Täufer ein Viperngeschlccht nennt, zumal daneben wirklich ein Kopf mit
einem spitzen Judenhute dargestellt ist. Ich für mein Theil möchte an
das Judenedikt des Wiener Concils nun nicht denken, sondern überhaupt
an Pharisäismus, Gleißnerei, welche dadurch als außer der Kirche zurück-
zulassen bezeichnet wird. Man sieht, ich schwanke zwischen zwei Gedanken,
aber ich halte beide für gleichberechtigt und meine, dass der eine
denkende Beschauer das eine herausfinden mochte, der andere den zweiten
Gedanken, ja dass ein und derselbe Beschauer zu verschiedenen Zeiten
einen der zwei Gedanken verfolgen konnte. Da die Geistlichkeit nicht
Vergl. Laueherl, Gesch. des Physiologus, S. 15, welcher das Wort S. Johnnnis
des Täufers, der die Pharisäer generatio viperarum nennt, aus dieser damals ver-
breiteten naturgeschichtlicben Sage erklärt.
525
mehr viel Einfluss auf diese Gebilde ausübte, ist die geringe Strenge und
Folgerichtigkeit der Gedanken, die zur Darstellung kamen, leicht erklärt.
Beginnt die Heuchelei, so folgt, mit dem Judenhule angedeutet, der Un-
glaube, der ja oft durch Heuchelei seine Lehensfrist, wenigstens im Mittel-
alter, zu verlängern weiß. Folgen drei Thiere Löwe, Adler, Taube. Beim
Löwen wie heim Adler ist es für die mittelalterliche Symbolik wichtig zu
unterscheiden, ob sie in Thätigkeit sind oder nicht; sie können ganz ver-
schiedene", ja gerade entgegengesetzte Sachen je nach ihrer Haltung
bedeuten. Hier stehen Löwe, Adler, Taube ruhig nebeneinander kein
Kampf, es ist wie eine paradiesische Ruhe. Wäre das richtig, dann bezeichnet
der Löwe den Wächter des paradiesischen Heiligthums der Kirche; der Adler
bezeichnet die Erneuerung des sündhaften Menschen durch Untertauchen in
der Quelle des ewigen Lebens m2, renovabitur ut aquilae iuventus
tua, und die Taube symbolisirt die zornlose Einfalt der Gläubigen. Mit
der vorangehenden Gruppe ist ein sehr loser Zusammenhang, den übrigens
Jedermann sich selber machen kann. Noch näher an die Thlir heran-
tretend, sehen wir eine Gestalt, die mit einer Narrenprilsche ausgestattet"
ist, durch eine Bocksgestalt mit Hörnern, wahrscheinlich den Teufel,
fortgezogen also wohl einen Religionsspötter; ganz nahe am Thlirpfosten
ein Affe mit Apfel. Der Affe" erscheint als ein Abbild des Teufels, des
Lucifer, der dem Throne Gottes am nächsten gestanden und durch Stolz
vom Himmel gefallen ist, des Nachäffers Gottes. Wir hätten also, wenn
wir eine Gedankenfolge linden wollen, hier die Heuchelei, den Unglauben,
daneben Beruhigung in der Kirche gegenüber dem Spötter, den der Teufel
an sich reisst, und dem Stolze des Teufels. Aber ich muss gestehen, dass
ich selber auf solche Gruppirung nicht viel gebe.
Rechts oben, beginnend irn Winkel, den die gothische Vortnauer
bildet, glaube ich die tanzende Herodias zu erkennen, wobei zwei Leute
musiziren, während Herodes zusieht. Ein Bild der leichtfertigen Sinnen-
lust und ihrer Folgen Tod des heil. Johannes. Daneben ein aufrecht-
stehendes Thier mit Doppelschwanz, dessen Enden in je einen Hundskopf
ausgehen. Das dürfte wohl eine Sirene sein, ein Meerweib; hier an der
Kirchthür bedeutet es die Versuchung durch den Häretiker Lauchert,
S. 18. Und folgt man dem heil. Basilius, so kommt man ähnlich auf
die Darstellung des Teufels, der durch Lüste die Seele anlockt und
Löwe Siehe Heider, Ueber Thiersymbolik und das Symbol des Löwen in der
christlichen Kunst. Wien X849. Vorläufer des Werkes über Schongrubern.
Der Affe erscheintjm lat. Physinlogus, welchen Heider 185i aus einer Gött-
weiger Handschrift herausgegeben hat, nicht, aber die beiden althochdeutschen Hand-
schriften, die Heider verglichen hat, kennen wohl die Aeffin; so auch die mittelalter-
liche deutsche Uebersetzung, welche Lauchert S. 180 abdruckt. Da unser Bildhauer
dem Alfen einen Apfel gibt, der wohl an Eva, oder noch richtiger an die verführende
Schlange erinnern mag, so liegt nahe, an eine Aeffin zu denken und an den Stolz
ader die Eitelkeit. Ueber den ägyptischen Ursprung dieses Symbols Laucbert S. 36.
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täuscht. Darauf folgen mehr gegen die Thür zu zwei verschlungene
Drachen, die sich jeder in seinen eigenen Flügel beißen. Ich kann mich
wohl nicht auf den Physiologus berufen, aber ich möchte, ähnlich wie
Cahier, hierin die Wuth des Kampfes erkennen,'den Zorn, der blind
wüthet. Ob die neben diesen Drachen liegende oder sitzende Gestalt einen
Geistlichen darstelle, wie Dr. P. Müller will, getreue ich mich nicht zu
behaupten; ich glaube ein Bild der Trägheit zu erkennen. Fehlte nur
nicht die eine Hand an der nächsten, wie hinschleichenden Figur! So
kann man jetzt viel herausbringen, was man in sie hineinlegt. Nehmen
wir an, die Gestalt habe einen Geldbeutel oder sonst einen Sack getragen
so könnte sie den Geiz oder Diebstahl bedeuten. Darauf folgt eine kleine
Gruppe ein Weib mit Gugel, welches Dr. P. Müller für eine Nonne
hält, hat einen mit langem Gewande bekleideten Mann beim Fuß gepackt,
der nun eigentlich zum Falle kommen sollte. Er dafür fasst die Spitze
ihrer Gugel und dürfte in der Linken einen Gegenstand Waffe, Beil,
Stock erhoben haben, sie zu tödten. Dem Weibe kehrt sich ein Löwe zu,
wohl der Teufel, dem sie in den Rachen läuft. Ich finde keinen Grund,
das Weib als Nonne, den Mann als Geistlichen auszudeuten, da ja die
weltliche Tracht für die Erklärung völlig ausreicht, und die Deutung auf
einen in Todschlag endenden ehelichen Hader ganz nahe liegt. Dann
folgt eine Gruppe ein Bär hat einen Mann beim Kopfe gepackt, der auf
dem Boden liegt". Hier kann der Bär nur den Teufel vorstellen, wie
er denn in der Handschrift der Moralia des heil. Gregorius zu Herzogen-
burg geradezu als Bär dargestellt ist, mit einer Reminiscenz an seine
ehemalige Königswürde, die er an Nobel, den Löwen, verloren hat. Die
nachfolgende Gruppe im Architrav hat einen ganz anderen Größenmaß-
stab und gehört nicht zu den anderen Gruppen. lch habe hiemit wieder
einmal nach Melly und Dr. P. Müller versucht, die Gruppen zu
erklären, allein ich wage nicht, sie aus einem anderen einheitlichen Ge-
danken heraus zu erklären, als dem wLasset die Sünde, alle bösen Ge-
danken heraußen, legt sie ab, tretet rein vor Gottes Thron hin, wenn
ihr zu beten kommtß.
Nun freilich sind wenig eigentliche phantastische Thiere an diesem
ziemlich späten Architrav die verschlungenen Vipern und Drachen, die
Sirene, der Teufel mit Bocksleib und gehörntem Menschenkopf. Aber
schon spielt, wenn es wahr sein sollte, dass hier Geistliche und Nonnen
vorkommen sollen, die Satyre mit herein. Doch will ich dies hier nur
nebenbei erwähnen. Ungleich schwieriger als das Wiener St. Stefans-
Portale sind die Darstellungen der Schottenkirche zu Regensburg zu er-
klären; ähnlich muss denn auch die Schottenkirche in Wien geschmückt
Buchofen, J. 1., Der Blr in den Religionen des Alterthums. Mit Kupferufeln.
Base! 1863. Menzel, Christi. Symbolik, s. v. Bär wo die Herzogeuhurger Hand-
schrifr erwlhnt ist. Pipcr, Mythologie, 401. Hcider, Schougnbern, S. x86 fg.
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gewesen sein, wie denn wirklich im Juni dieses Jahres bei der Herstel-
lung der für das Jasomirgott-Denkmal bestimmten Nische zwei romanische
Löwen gefunden worden sind, die in der Mauer als Baumateriale waren
verwendet worden. Diese Löwen zeigten keinen Ansatz auf dem Rücken,
dass sie etwa als Träger von Säulen bestimmt waren, aber sie sind am
Rücktheil nicht völlig fertiggestellt, so dass es den Anschein hat, dass
sie aus einer Mauer herausragten. Der eine wurde in die Sacristei über-
tragen, der andere konnte nicht aus dem Mauerwerke losgelöst werden,
ohne den Bau zu gefährden. Zwischen den Vordertatzen hält der Löwe
einen Menschenkopf. Also wieder ein Bild des Teufels. Schwieriger sind
die Darstellungen an manchen südtirolischen Portalen z. B. Burg Tirol.
Ganz besonders schwierig aber, weil erdrückend durch die Menge, sind
diese Gebilde an der Kirche S. Michele zu Pavia, wo sie in bandartigen
Streifen um den ganzen Bau sich ziehen. Mannigfach sind die phantastischen
Gebilde an den Pfeilercapitälen der S. Aegydien-Kirche in Braunschweig
jetzt zu Kunstausstellungen benützt. Ehemals war hier ein berühmtes
Benedictiner-Kloster.
Die reichen Domstifte und die Benedictiner waren es, die diese Zier
des Gotteshauses und ihrer Kreuzgänga in's Dasein rufen konnten, ja die
auch die Volkssagen, selbst Früchte gelehrter Studien zur Erweiterung
des Bildschatzes und damit der Symbolik verwenden mochten. Wie schon
in alter Zeit halfen für die Erfindung die aus dem Oriente mitgebrachten
Stoffe, Geräthe, Schnitzwerke getreulich mit und mögen auch, da sie
selbst nicht immer gleich blieben, zum Wandel oder zur Entwicklung
eines Typus und damit auch zur Entwicklung der sich daran knüpfenden
wMoralu beigetragen haben. Gegen die Cluniacenser wendet sich darum
S. Bernard mit seinen diese Phantastik bekämpfenden Sätzen, die so oft
abgedruckt und verwendet worden sind, dass ich leicht davon absehen
kann. Gewöhnlich freilich übersieht man, dass er nicht durchwegs die
Kirchen, sondern die Kreuzgänge bespricht, in denen die Phantastik
sich geltend mache. Gerade hier mochten aber Sagen und Geschichten
zur Darstellung kommen, die dem Volke sicher nicht verständlich waren,
zumal sie oft geradezu auf gelehrten Studien beruhten. Ein Kreuzgang,
der des Domstiftes zu Basel ist es, wo weit über den Physiologus, weit
über die Bibel, über die Kirchenväter hinaus orientalisch-westländische
Motive verwendet sind ein Mann sitzt in einer Art Korb, gebildet aus Fellen,
er hält in den beiden Händen je einen Stab, auf welchen ein Schweinchen
gespießt ist. Zwei Greifen tragen an Schlingen den Korb mit dem Manne in
die Luft, denn er hält den nach dem Braten gierigen Greifen die Thierchen
vor. Es ist das Alexander der Große, der nach dem vom Pfaüen Lam-
precht von Hersfeld, ungefähr iioo bearbeiteten Gedichte bis zu
den Engeln vordringen will. Nach Ulrich von Eschenbach steigt er so
hoch, dass ihm die Erde vorkommt, wie ein auf dem Wasser schwim-
mender Hut die Greifen Biegen, bis Müdigkeit und Hitze zur Rückkehr
528
zwingen; Alexander muss froh sein, durch das erzählte Kunststück zwei
äs oder das den Greifen vorgehaltene Fleisch wieder zu den Seinen zu
kommen. Dass es sich um das Paradies, das dem irdischen Menschen ver-
schlossen ist, handelt, sieht man daraus, dass die drei anderen Seiten
desselben Capitäls darstellen Adam und Eva im Paradiese, den Sünden-
fall, die Vertreibung aus dem Paradiese.
Hiemit war ein durchaus weltlicher Roman auf das Gebiet christ-
lichen Denkens herlibergezogen und es dürfte uns nicht wundern, wenn
auch in anderen Kreuzgängen noch viel solcher romanhafter Zlige aus
den damals sehr beliebten Erzählungen in Sculptur oder Malerei erscheinen
sollten. Z. B. das Bildchen in der Brunnencapelle zu Heiligenltreuz,
Alexander reit auf dem Löwen reitend, ist wahrscheinlich der
Rest eines ganzen Cyclus von Glasgemälden, der sicherlich nicht zur
Kurzweil, sondern zur moralisirenden Belehrung der Mönche in den
Fenstern des Kreuzganges oder in diesem Fenster der Brunnencapelle
zur Darstellung gekommen war. Wirklich finden sich in der Handschrift
158 des Stiftes Codex x58, 12. Jahrhdt. bedeutende Stücke aus dem
lateinischen Alexanderroman, als wActus Alexandri Magni Macedonisu,
ein Zeichen, dass man hier den Roman las und sicher auch Darstellungen
aus demselben im Kreuzgange gerne sah.
Springer deutet eine Darstellung, die er aus Cahier, Nouv. Mel.
abbildet, stammend aus Chartres, 12. Jahrhundert, als eine Entlehnung
aus der antiken Kunst ein geflügelter und mit einem Horn auf der
Stirn versehener bärtiger Satyr hat ein Mädchen bei den offenen Haaren
gepackt und droht demselben mit einem erhobenen Schwert. Das Mädchen,
das sich nicht entführen lassen will, hält sich mit der Linken an einem
Baumstamm und blickt flehentlich zu einem Centaur, der von rechts her
ansprengt. Fürchterlicher Miene, die Zähne fletschend, spannt dieser den
Bogen, sicher nicht gegen das Mädchen, obschon die Zeichnung dies an-
zudeuten scheint, sondern gegen den Satyr, dem er das Mädchen ent-
reißen will. Auf dem Pferderücken des Centaur sitzt ein ganz nackter
Knabe, den Kopf nach rückwärts gerichtet; er sieht eine Gans an, die er
beim Halse gepackt hat und erwürgt. Seine Rechte ruht wie begiitigend
auf dem bärtigen Hinterkopf des Centaurs. Springer meint" dass für diese
Darstellung rChiron mit Achilles auf dem Rücken aus irgend einem alten
Kunstwerk als Vorbild gedient habe. Cahier denkt an die Versuchung
des Menschen. Aehnlich spricht sich Piper, Mythol. 396, aus. Es ist
keine Frage, dass Menzel, Symbolik 47x, das Fresko Giottos in der
Unterkirche von Assisi mit Recht heranzieht, wo der Centaur, die rohe
Sinnlichkeit, wie entwaffnet, zurückgebeugt dargestellt ist, da der frei-
willige Gehorsam ihn mit leichter Mühe besiegt durch einfache Berührung
mit der Hand. Es wäre also das Ringen zweier dämonischer Mächte, der
Bilder aus der neuen Kunstgeschichte,
u.
529
rohen Sinnlichkeit und des Eigenwillens, um eine Menschenseele in jener
Scene von Chartres dargestellt. Das eitle Mädchen mit dem offenen Haar
wird dem Sieger zufallen. "Der Knabe auf dem Rücken des Centaursa
wird richtig mit Springer als ein Nachbild irgend einer Antike, viel-
leicht einer Gemme oder eines Bildes, gedeutet werden dürfen. Auf-
fallend ist es jedenfalls, dass der Centaur hier beim Abschießen des
Pfeiles nicht nach rückwärts, sondern nach vorwärts den Oberleib ge-
richtet hat. Auf den Bildern der Kalender, auch auf dem persischen
Spiegel, welcher in Hammers Fundgruben abgebildet ist, haben die
Schützen Centauren die Stellung nach rückwärts, wie sonst gewöhnlich
auf den Abbildungen in unseren mittelalterlichen Bildern. Ueberhaupt
haben die auf orientalischen Stoßen und Geräthen oft wiederkehrenden
Bilder der vier Elemente, deren eine Abbildung sich bei Bock, litur-
gische Gewänder, I., Taf. lll, ad p. 38, linder, sowie die Zodiakenbilder,
die sich bis in unsere Tage in den Bauernkalendern erhalten haben,
Einfluss auf die Sculptur und ihre Gestalten; aber die immer wieder
nach dem Westen gebrachten orientalischen Waaren haben auch Einfluss
.auf die Weiterentwicklung der Typen selber geübt. Das Auffallendste
unter diesen Gebilden ist das Einhorn, das freilich bis zu seiner End-
gestaltung als Jagd auf das Einhorn durch den Engel und Flucht des
Thieres in den Schoß der Jungfrau", eine eingehende Behandlung ver-
dient, bei welcher nicht vergessen werden dürfte, was Karabacek Susand-
schird, S. 14.4 über das chinesische Thier Khi-lin sagt. Es ist eine phan-
tastische Kleiderbestie, scheinbar annectirenswerth für die neubabylonische
das ist aber eben die Phantastik der Antike Zoologie; nichtsdestoweniger
hat es aber seinen Ursprung in China und wurde von da in den Thier-
kreis der mohammedanischen Gewandstolle übertragen mindestens vor der
Mitte des 11. .lahrh.. Es kniet mit den Vorderfüßen, ist ein menschen-
freundliches Thier, das den Leib vom Hirschen, den Schweif vom Ochsen
hat und nur ein Horn trägt. Es begrüßt mit einer Verbeugung den
Regierungsanfang eines guten Fürsten. Mehr brauche ich doch für die Weiter-
bildung der Einhorngeschichte von den Septuaginta an bis in's 15. Jahrh.
nicht zu sagen. Es wäre lockend, von diesem Gesichtspunkte aus mehrere
solcher phantastischen Gebilde zu behandeln". Aber die Menge dieses
StoEes lässt sich in den Rahmen eines Vortrages, selbst wenn er in etwas
erweiterter Form der Oeüfentlichkeit übergeben wird, nicht zusammen-
pressen denn noch im Mittelalter trat schließlich eine Uebersättigung mit
solchen Bildern, ja selbst eine Ueberreizung der Phantasie und Ueber-
Gobelin in Grafenegg bei Krems von 1537. Vergl. Katholik t88a, a. Heft,
412 die Jagd des Einhorns. Ueber den Ursprung der Vorstellung vom Einhorn
siehe Schrader, Sitzungsber. der Berl. Akad. der Wissensch. 1392, S. ;73-58t.
Vergl. auch Salzer, Die Sinnbilder und Beiworte Mariens in der deutschen
Litteratur und lat. Hymnenpoesie des Mittelalters. Linz 1893, S. 44 fg., wo gute Litte.
raturangeben, und S. 13, 125 u. 524.
stürzung der Symbolik ein. Schon Durandus hatte zu viel allegorisirt,
und damals waren die Gestalten überschaubar. Was aber die Teufels-
fratzen vom Schloss Tirol, vom Zenoberg, was viele der Gestalten im
ersten Stockwerke des Straßburger Domthurms 14. Jahrh., was die
Gestalten, die freilich nicht mehr streng der kirchlichen Kunst angehören,
vorn Schachbrette des Herzogs Otto von Kärnten von 1310 oder dem
von Aschaffenburg, oder dem Schachbrettreliquiar im "Welfenschatzeu
bedeuten, ist schwer zu sagen. Das Allegorisiren war so weit herab-
gekommen, dass 1361 Philipp de Vitry 7o.ooo Verse dazu verwendete,
die Metamorphosen des Ovid in christlichem Sinne zu allegorisiren. Da war
freilich der zügellosesten Phantastik, dem Spielen und Prunken mit leicht
erworbener Gelehrsamkeit Thür und Thor eröffnet. Das Ganze hatte sich
deshalb überstürzt, weil der Clerus selber sich von der Kunstübung
zutückzog und dem Laien die Arbeit völlig überließ, höchstens dass manch'
ein Vorsteher noch durch besondere Bestellungen der Phantasie des Bild-
schnitzers oder Steinmetzen eine bestimmte Richtung gab. Der gothische
Stil hatte die Phantastik von den Portalen weggedrängt, dort fanden
Christus und Maria und die Heiligen nunmehr ihren Platz, wo ehemals-
Löwen und Vipern und Centauren ihr Wesen getrieben hatten. Aber
noch gab es dienende Glieder genug, wo die Teufeleien sich festhielten,
und welche weder der Bauherr noch der Architekt bis in's Kleinste con-
trolirten. Sicher hat auf die Wasserspeier von Vincennes so wenig der
Bauherr geachtet, wie es der Geistlichkeit nicht eingefallen ist, die Wasser-
speiergestalten an der Votivkirche zu Wien oder die der neuen St. Blasien-
kirche zu Admont zu controliren. Da fängt aber schon der Volkswitz,
die Satyre, oft auch das Derbe, Komische an.
Die Satyre hatte schon früh bei mancher Teufelsdarstellung ihr Wesen
entfaltet, auch dort, wo es sich beispielsweise um die nSeelenwägungu
beim jüngsten Gericht handelt St. Michael und der Teufel mühen sich
die Wagschale auf je ihrer Seite hinabzudrücken Kathedrale zu Aachen.
lm Herzogenburger Codex, den ich oben erwähnt, erscheint der Teufel,
als Bär, eigentlich doch nur als plumper, dummer Teufel. Auch die
Darstellungen der Höllenqualen selbst im Campusanto von Pisa bis zum
Milstädter- und Danzigerbilde enthalten nicht blos jene ernsten Gestalten
wie sie in antiker Zeit Polygnot in der Lesche zu Delphi gemalt und
Dietrich in seinem Werke Nekyia aus der griechischen Volks- und der
orphisch-pythagoreischen Geheimlehre analysirt, sondern daneben auch
satyrische, bitter sarkastische Züge.
Aber den Malern des Mittelalters wie den Steinmetzen und Bild-
schnitzern, das muss gleich im vorhinein betont werden, war es mit diesen
Zügen so bitterer Ernst, wie es dem Dante in seiner Divina Commedia
Ernst gewesen ist bei seiner Beurtheilung, will oft sagen, Verurtheilung
von hohen und höchsten Persönlichkeiten Kreuser, Kirchenbau ll, 248.
Es ist eben keine Posse, sondern eine bittere Satyre, und mehr als das,
531
es ist Ernst mit vielen solcher Darstellungen. 'Das Possenhafte hat fast
nur an versteckten Orten in den Kirchen Platz gefunden und wurde vorn
Bauherrn eben geduldet, wenn es nicht aufdringlich war. Das Mittelalter
war weniger prüde, als unsere Zeit zu sein sich den Anschein gibt.
An sich hat die Kirche auch mit der Satyre nichts zu thun. Die
Vortragsweise Jesu Christi, auch wo sie, z. B. beim barmherzigen Sama-
riter, ganze Stände geißelt, hat mit Satyre keine Verbindung. Die Ironie,
und alles was einfach verbittert ohne zu heilen, ist vom Lehrvortrage
des ernsten Predigers ausgeschlossen. Mag ja sein, dass mancher Prediger
in wirksamer Weise die Ironie angewandt habe oder anwende das ist
seine Sache; im Auftrage der Kirche wendet er sie nicht an. So hat
auch die Katakombenmalerei, so hat die Sarkophagsculptur keine Spur
der Satyre oder Ironie oder der Komik. Auch die byzantinische Kunst
kennt diese nicht; als die Kunst Wege beschritt, die etwa zu solchen
Darstellungen hätten führen können, wehrte sich die Kirche energisch.
So sprach sich der heil. Nilus 5. Jahrh. in einem Briefe an Olympio-
dorus scharf dagegen aus, dass man anfing Thierdarstellungen, Jagden mit
Netz und Hunden an die Kirchenwände zu malen. Und doch hätte man
auch dafür allegorische Erklärungen finden können, denn sicher steht
S. Augustinus nicht allein da, wenn er die Seelsorger mit Jagdhunden ver-
gleicht in Psalmum LXVII, 32 Opp. Tom. IV, p. 682. Dieser
Stilrichtung gehört beispielsweise der Ambo im Dome von Ravenna an,
den ich naturgemäß nicht symbolisch ausdeuten werde.
Anders gestaltete sich die Sache in der westlichen Kirche, nachdem
junge Nationen, die mit der Natur in innigem Contacte standen, deren
Väter die Thiere des Waldes und der Haide längst genau beobachtet
hatten, in die Kirche eintraten. Hier ließ sich, selbst wenn Mönche
anfangs wenigstens die Bauleute waren, manches nicht vom Heilig-
thume fern halten, was den griechischen Mönchen und Künstlern nicht
in den Sinn kam. Das Werk des Boäthius, De consolatione libr. IV, der
die Habsucht mit einem Wolfe, den Geist der Klage mit einem Hunde,
den Betrug mit dem Fuchs, den Zorn mit dem Löwen, die Feigheit mit
dem Hirsche, die Schande mit dern Esel, die Unbeständigkeit mit den
Vögeln, die Unkeuschheit mit dem Schweine vergleicht, hat in vielen
gemalten und gemeißelten Allegorien die Darstellung gefunden, nachdem
die Völker, die aus der Völkerwanderung hier auf dem Platze geblieben
waren, selbständig die Kunst für den Dienst der Kirche zu verwenden
gelernt hatten.
So kam die Thierfabel, und zwar die 'der Satyre häufig sich ge-
sellende Fabel in die Kirchen- und Klosterräume. Denn dass allerdings
auch heiterer Spaß hinter den Klostermauern karolingischer Zeit wohnte,
sehen wir z. B. aus den Carmina lat. aevi Karolini, p. 320, wo eine
Inschrift aufbewahrt ist, welche Alcuin auf den Eingang einer Bibliothek
äää
setzte Es möge nicht durch lustige Worte die Zahl der Schreibfehler
vermehrt werden, frivola ne propter erret et ipsa manus. So geißelt auch
ein Miniaturist des 12. Jahrhunderts die übertriebene Musikliebhaberei
seines Abtes, aber in harmloser Weise, ein Bildchen, welches in der
MusiksAusstellung zu sehen war. Harmlos ist es, wenn im Kloster
Alpirsbach ein Lamm als Abt auf dem Stuhle sitzt, ein bekutteter Wolf
als Mönch und ein harfenspielender Bär zusammen dargestellt sind.
Und wenn es schon im Kloster heitere Leute gab, das Weltleben
kannte der Erheiterung genug. Abgesehen von den herumziehenden Musi-
kanten, welche Heiterkeit auch in's Leben des Dörfers brachten, dafür
aber auch als Schlemmer galten und im Humor selbst an Kirchenwänden
verspottet wurden Dom zu Magdeburg Affe als Bläser oder Geiger
Esel als Harfenspieler, eine Sau welche die Doppelilöte bläst, oder auch
ein Bär als Tänzer 97, so entbehrten ja auch die Mysterien, die Vorläufer
unserer Passionsspiele, nicht der derben Komik, selbst die Disputationen"
an den Universitäten waren mit solchem, nicht immer attischen Salz hie
und da gemischt und bedurften der Maßregelung; überdies gab es Zerr-
bilder kirchlicher Vereine, Narrengesellschaften, die ihre Tollheiten bis
in's Heiligthum trugen. Und endlich trug manches zu solchen satyrischen,
ja derben Kunstdarstellungen in Stein, Holz und Gemälde die Derbheit
bei, mit welcher die Prediger den Modethorheiten zu Leibe gingen.
Wenn nun die Kunst sich dieser Motive bemächtigte, immer mit
der Absicht, in heiterer Weise zu geißeln, dann entstanden wohl auch
Thierprocessionen, Bilder vvon der verkehrten Weltv, wie es die Thiere
machen würden, wenn sie zur Macht kämen. In einem Ms. des 15. Jahrhs.
im Brit. Museum Ms. Reg. ro, E. IV ist eine Zeichnung, wie der Jäger
zum Tode verurtheilt und gebunden auf einem Wagen sitzt; ein Hase
als Kutscher, mit Geißel bewehrt, hält den Strick, zwei Hasen ziehen den
Wagen. Im Domschatze zu Agram habe ich zwei Messbücher gesehen, sicher
von Einer Hand illustrirt; in jedem derselben findet sich die Scene gemalt,
wie Hund und Jäger, getödtet, zum Braten hergerichtet werden, durch
die Hasen. I4. Jahrhundert, Manuscript der Nationalbibliothek zu Paris
Ochse pllügt, Bauer und Bäuerin ziehen den Pflug. Ein solches Bild
war ehemals am Tempelhause zu Metz, und im Dom zu Straßburg exi-
stirte noch 1685 eine ähnliche Procession, ja Bilder wie das zu beschrei-
bende habe ich selbst in meiner Jugend noch im Hause meines Groß-
vaters, eines Försters, gesehen. ln Straßburg handelte es sich um das
Leichenbegängniss des Fuchses; der Bär mit dem Weihwedel voran, der
Wolf ist Kreuzträger, der Hase Leuchterträger, darauf folgen die Hähne
und dann die Bahre. Der Hirsch liest Messe, der Esel singt das Evan-
Heider, Schöngrubern, S. 108.
Heider, n. n. O.
Dispuutiona de quolibet. Siehe Aschbach, Gesch. der Wiener Univers. S. 85,
JÄ
gelium, als Buchträger dient die Katze W. Freilich sieht dieses Leichen-
begängniss so aus, wie eine ägyptische Darstellung im British Museum
aber sicher wird Niemand die Verwandtschaft ernst nehmen. So viel ist
wahr, dass weder der alte Aegypter noch der mittelalterliche Steinmetz
im Ernste seine Religion dem Spotte preisgeben wollte, sondern dass die
harmlose Freude an der Satyre, die hinter die Thierfabel sich steckt,
eben im Herzen des Volkes sitzt und selbst durch Frömmigkeit sich
nicht abhalten lässt. Dass die ägyptische Spötterei durch das Mittel der
römischen Kunst bis in's Mittelalter hinein nachgewirkt habe, möchte ich
dem M. Champfleury nicht glauben. Oder hat die Himmelsleiter, von
welcher auch Mönche und Nonnen herabstiegen, auch ihr Vorbild in der
ägyptischen Satyre? Freilich kann man diese Thierfabel weit hinauf in's
Mittelalter verfolgen; besonders S. Zeno in Verona ist daran reich z. B.
zwei Hähne tragen an Stricken einen todten Fuchs und im Kreuz-
gange von S. Zeno Reichenhall ist an einem Fensterstein die Aesopische
Thierfabel nachgebildet, wie der Storch dem Wolf das Bein aus dem
Rachen holt daneben Kaiser Friedrich der Rothbart. Darstellungen aus
der Thierfabel finden sich auch in unseren Ländern, z. B. an der Apsis
von Schöngrabern.
In Frankreich hat Philipp der Schöne die Fuchs-Procession benutzt,
um im Volke Stimmung zu machen gegen Adel und Clerus; manch' ein
Processionsbild, in welchem Thiere ihre Rollen haben, dürfte auf solche
Schaustellungen zurückzuführen sein. Denn das Volk liebt solche Satyre
sehr; aber selbst die Kirche wich solchen Darstellungen nicht aus und
stellte den Clerikern selber in den Bildern einen Spiegel hin. Ueber
Fuchsbilder, die mit dem Gedichte Reinecke Fuchs zusammenhängen,
spricht Menzel, Symbolik 303, und meint, dass gerade in diesen Bil-
dem die Kirche ihre freie Ansicht ausdrücke, dass zwischen den Würden
und Weihen und den Trägern derselben sie selbst zu unterscheiden wisse.
Neben dem listigen Fuchs erscheint denn auch der Wolf, der ja selbst
als mit Schafspelz angethan von Christus den Pharisäern als ihr Bild
entgegengestellt wird, als Prediger Dorn zu Freiburg i. Br.. Im Kreuz-
gange von S. Salvador zu Oviedo Anf. des 14. Jahrh. Wolf wird ge-
hängt, liegt auf der Bahre, ein Hahn läutet die Glocke, ein anderer
Hahn singt das Requiem.
Auch die Romane müssen herhalten. Die Lehre wAlter schützt vor
Thorheit nicht wird wohl auch durch die Satyre dargestellt, wie Aristo-
teles auf allen Vieren kriecht und Lzfis ihm auf dem Rücken sitzt und ihn
reitet in Miniaturen gemalt, auf Schmuckkästchen geschnitzt. Dem welt-
Ueber die Thiermesse siehe Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1857,
Nr. S. 37. Ueber die Munzmzovlu bei den alten Griechen siehe Rossbach, Dämonen
der Unterwelr, im Rhein. Museum 1893, S. 599.
Siehe Champßeury, Histoire de In Cnricature an Moyen-äge. Paris, p. 247.
Mittheil. der Central-Commission, 1865, S. 134.
Jnhrg. 1893. 35
lichen Leben sind Scenen entlehnt wie der Schulmeister, der gerade damit
beschäftigt ist, die Prügel dem Buben kunstgerecht zu appliciren, ein
Gegenstück bietet die Schulmeisterin, Kirche N. D. de S. L0. Kreuser ll,
25x. Auch Weiber im Kampfe oder in anderen Beschäftigungen kommen
vor. Die Moden, wie sie von den Predigern gegeißelt wurden, die über-
triebenen Frisuren, fanden satyrische Verwendung selbst in der kirch-
lichen Kunst. Viele dieser Darstellungen finden sich theils an unter-
geordneten Baugliedern, an Chorgestühlen theils auch an Gerätben.
So z. B. auf und unter der Stiege zum Predigtstnhl, oder an den Stallen
der Domherren und Mönche, oder irgendwo am Orgelchore. Manche sind
wirklich so wenig decent, dass es gut ist, dass das Auge selten bis zu
diesen Stellen reicht. So z. B. im Chorgestühl des Münsters zu Basel,
wo die zalirneren Bildchen z. B. Centauren darstellen, deren Vorderleib
einen Bischof oder zechenden Mönch darstellen, ausgeführt im Laufe des
r6. Jahrhunderts. Warum aber finden sich solche satyrische und oft
recht derbe Darstellungen in den Stallen? Auch hier erscheint die Kunst
als Interpretin der Volksstimme, und der Bildhauer wagte den Mönchen
und Domherren deutlicher und eindringlicher zu zeigen, was für böses Bei-
spiel sie dem Volke gaben, als es vielleicht der Decan selber nicht wagte.
Ganz besonders aber waren es die sogenannten Misericordien, das heißt
consolartigen Aufsätze auf den Rückseiten der Klappsitze in den Chören
der Mönche und Domherren, wohin sich die Satyre und Komik zog. Es
ist gerade, als ob der Bildhauer sich darüber gefreut habe, dass er dem
geistlichen Herrn hier mit Spott nahen dürfe hier in den Stallen konnte
der Bildhauer intim dem Geistlichen seine Fehler und Sünden wie im
Spiegel zeigen. Und der Geistliche ließ sich das gefallen, waren ja doch
auch die oben angegebenen Bildchen aus dem Leben an und in den
Stallen, an Orten, die Jeder sehen konnte, und an verborgenen Stellen.
Wer weiß, 0b nicht der Decan selber oder der Propst solche Darstel-
lungen gutgeheißen hatte, wenn nicht mehr? Ganz besonders zeichnen
sich in dieser Hinsicht die Stallen der Kathedrale von Rouen aus, und
die durch ihre Monstrositäten bekannten von St. Martin aux-Bois, be-
schrieben von Abbe Barrand. In Deutschland sind solche Absonder-
lichkeiten selten eine einzige z. B. hat Georg Syrlin 1469-1474 in
den von ihm gearbeiteten Stallen angebracht. Pressel gibt eine zutreffende
und in fast poetische Form gekleidete Schilderung der Misericordien-
Darstellungen zu Ulm
nEs war einmal-r, fängt dieser Meister an zu erzählen, nein altes
böses Weib. Oder wollt ihr lieber hören die Geschichte von dem greu-
lichen Drachen, der den Schweif eines Greifs und den Kopf eines Hundes
Riggenbach, Das Chorgesmhl vom I3. bis 16. Jahrh. Zeitschr. für christliche
Archaeologi u. Kunst, II, 161. Centrnl-Comm. Vlll, 220, 145. Die Chomühle zu
St. Stephan in Wien haben ein paar solclf satyrischer Darstellungen I5. Jnhrhdx.
hatte? Oder von dem schönen Blumenkelch? Oder von der Nonne. die
in den Leib eines Hahns gebannt war? Oder von den schlimmen Kloster-
brüdern? Oder von der Juden Bart? Oder von der wappenstolzen Frau,
die, als sie sich im Spiegel besah, den Kopf einer Gans hatte? Oder von
dem Hündchen im Muschelhaus und der Ente im Schneckenhaus? Oder
von der Traube, die kein Laub haben wollte? Und immer wieder kommr
Neues an die Reihe, vielleicht auch eine fabula de. re, eine Geschichte
von dir und mir.
Mehr der kirchlichen Darstellung angemessen als die Satyre, ist der
Humor, der unter Thränen lächelnde ernste Humor, der oft recht bittere
Wahrheiten in heiterer Form gibt, der mitten im Spotte es ganz ernst
meint, der mit dem Ernsten zu spielen scheint. Der ganze Humor des
Volkes wurde in den sogenannten Todtentänzen, danses macabres, nieder-
gelegt. Wir konnten einen modernen Todtentanz, von Dworschak grau in
grau gemalt, im Kunstverein sehen, wie der Tod, den einzelnen Menschen-
lagen sich anpassend, überall lauert. Doch ist das schon weit von der
alten Idee des Todtentanzes entfernt; wie schon der vielleicht jüngste
Todtentanz in der St. Michaels-Kapelle auf dem alten Friedhof zu Frei-
burg i. Br. herausgegeben vom Breisgau-Verein i-Schau-ins-Landv, 1891
vom Jahre 1757 von der alten Idee des i-Tanzesu sich weit entfernt hat.
Hier erscheint der Tod als Begleiter des Menschen in allen Lebens-
lagen; in alten Zeiten aber erscheint er als Aufforderer zum Tanze, der
unerwartet und oft nicht ohne Gewalt den Menschen abruft. Allen naht
er gleich, denn das Mittelalter betonte vor allem die Gleichheit aller
Menschen vor dem Tode. Der aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts
stammende Todtentanz von Metnitz stellt, wie fast alle, an die Spitze
den Papst, den der Tod begleitet, der zwei Trommeln angehängt hat;
ihm folgt der Kaiser, den der Tod bei der Hand hält, dann die Kaiserin
u. s. w. bis zum Bettler und dem kleinen Kinde. Hier erscheint der Tod
noch eigentlich nicht als Skelett, sondern nur der Kopf macerirt, während
in Italien schon im I4. Jahrhundert das Skelett dargestellt wird. Es
dürfte sicher stehen, dass die Todtentänze, danses macrabes, von Frank-
reich aus den Weg nach Deutschland, Italien angetreten haben. Uebrigens
ist makabre ein arabisches Wort; im Arabischen ist makäbir der Plural
von rnakbar, das Grab. Es liegt dem Todtentanze die Sage vom Tanz der
Gerippe zuGrunde, die im Gebeinhause des Gotlesackers wirr durcheinander
liegen. Wie eiust im Leben führen sie Reigentänze auf, sie gesellen sich
den Lebenden zu und mahnen sie an die Zukunft. Bezeichnend ist, dass
berühmte Todtentänze, der von Basel und der von Straßburg, in Domini-
kanerklöstern sich finden und dass der von Basel ein Einleitungsbild von
der Predigt hat, wie der von Metnitz. Man zählt im Ganzen 43 Städte, in
denen Todtentänze in Kirchen, Friedhofskapellen u. ähnl. sich Enden.
Schließlich finden sie sich auch in Gebetbüchern, ja selbst in Initialen.
35'
In den Aufregungen des 16. Jahrhunderts haben auch ausgezeichnete
Maler, wie Baldung Grün in Basel, auf Tafelgemälden sich dieses Stoffes
bemächtigt und ihn von der tragischen Seite beleuchtet, während Holbeini
das ironische Element in den Vordergrund stellte.
Hiernit aber stehe ich schon wieder auf einem Boden, den die Kirche
im allgemeinen beeinflussen, aber nicht mehr als ihr Kunstgebiet be-
anspruchen kann. Wir haben gesehen, dass die phantastischen Elemente,-
welche in der romanischen Kunst des Mittelalters erscheinen, in der alt-
christlichen Kunst entweder nicht vorhanden, oder in derselben als unbedeu-
tende decorative heidnische Elemente nicht weiter beachtet wurden. Die aller-
meisten die ser phantastischen Figuren aber sind der Antike aus dem Oriente
zugekommen, aus Assyrien, Babylon, Persien, aus Aegypten. Als die christ-
liche Kirche freigeworden, begannen die Darstellungen neuer Bildercyclen,
die der biblischen, phantastischen Bilder aus Daniel, Ezechiel und der Apoka-
lypse, es begann die Darstellung der Engel und ihrer Widerspiele, der Teufel.
Aber erst die deutschen Völker haben die schon von den Kirchenvätern
angezeigte Umdeutung der phantastischen Gestalten der Antike in's Kleinste
durchgeführt, um den veredelnden Einfluss der Kirche auf die Sitten der
Gläubigen zur Darstellung zu bringen. Die fortwährend aus dem Orient
eingeführten gewebten Stoffe und die orientalischen Gefäße, sowie die
Sagen, die von daher sich verbreiteten Syntipas, Alexandersagen,'ja
selbst buddhistische Elemente nährten diese Phantastik durch Anschauung
und Erweiterung des Gedankenkreises. Diese Symbolik blieb, bis sie sich
am Ende des 15. Jahrhunderts völlig übcrstürzte. Das Volk aber, dasr
bald sich selbst mit Kunst beschäftigte, hat neben diesen phantastischen
Traditionen auch seine eigene Heiterkeit und seinen Natursinn in die
Darstellungen der Künste gebracht. Anfangs völlig ernst, später aber,"
Freude am Schaffen fühlend, von den Geistlichen nicht weiter beengt,
hat es langsam das volle Leben, freilich nicht ohne ernste Mahnung, also
echt humoristisch, bis in die verborgensten Winkel des-Kirchenbanes, ja
selbst der Gebetbücher getragen und in denselben Schätze der feinsten
Beobachtung, aber auch Schätze humorvoller Betrachtung der Natur und
des Menschen niedergelegt. Man möchte jene naiven Zeiten um ihre tiefe
Kunst beneiden, wenn man die moderne, geleckte uninteressante, nur'
immer auf architektonische Aufgaben auslugende, sogenannte kirchliche
Kunst gegen jene gedankentiefen Zeiten in Vergleich zieht.
Angelegenheiten des Oesterr. Museums und der mit
demselben verbundenen Institute.
AIISZGiOhDIJIIg. Bei der Audienz am 27. v. M., in welcher die bei
Gelegenheit des fünfundzwanzigjährigen Jubiläums der Kunstgewerbe-
schule Allerhöchst ausgezeichneten Hofräthe J. v. Falke und J. Storck
und die Professoren König, Minnigerode, Macht und Kühne ihren
Dank darbrachten, geruhten Se. Majestät der Kaiser Sich auf das
Allergnädigste über die Wirksamkeit des Oesterr. Museums und der
Kunstgewerbeschule mit besonderer Betonung des bei jeder Gelegenheit
deutlich" hervortretenden Einflusses dieser Anstalten auf die Kronländer
auszusprechen.
Ernennung. Der Minister für Cultus und Unterricht hat den
akademischen Maler Andreas Groll in Wien unter gleichzeitiger Zuer-
kennung des Professorentitels zum wirklichen Lehrer an der Kunst-
gewerbeschule des k. k. Oesterr. Museums für Kunst und Industrie in
Wien ernannt.
Weilmaohts-Ausstellung im Oesberr. Museum. Se. k. und k.
Hoheit der durchl. Herr Erzherzog Rainer nahm Samstag den 25. N0-
vember um ri Uhr Vormittags in höchstseiner Eigenschaft als Protector
die feierliche Eröffnung der vom Wiener Kunstgewerbe-Verein veranstal-
teten Weihnachts-Ausstellung im k. k. Oeserr. Museum vor. Im festlich
geschmückten Säulenhofe des Museums, welcher einen Theil dieser Aus-
stellung enthält, hatten sich schon vor der Eröffnungsstunde eingefunden
die Herren Ihre Excellenzen Minister für Cultus und Unterricht Dr. Ritter
von Madeyski, Graf Edmund Zichy und Freiherr von Czedik, Sec-
tionschef Graf Latour, Sectionsrath Ritter von Haymerle und die
Ministerial-Secretäre Dr. Freiherr von Bienerth und Freiherr v. Weck-
becker, Statthalterei-Vicepräsident Freiherr von Bourguignon in Ver-
tretung Sr. Excellenz des Herrn Statthalters, Ministerialrath Dr. Ritter
von Thaa, die Mitglieder des Curatoriums Herrenhaus-Mitglied urnb
Hofrath Professor Benndorf und Hofrath Prof. Bauer, der Director
des Museums Hofrath Ritter von Falke, Director Hofrath Storck,
Vice-Director Regierungsrath Bucher, der Präsident des Kunstgewerbe-
Vereines kais. Rath Hanusch, der Secretär des Vereines Dr. Leisching,
Beamte des Museums, Professoren der Kunstgewerbeschule u. A. Die
Minister Graf Wurmbrand und Marquis von Bacquehem waren am
Erscheinen verhindert.
Der durchl. Herr Erzherzog-Protector fuhr um ll Uhr, begleitet
vom Dienstkämmerer Oberstlieutenant Grafen von Orsini und Rosen-
berg, vor dem Museum vor, wurde im Vestibüle von Hofrath v. Falke
empfangen, in den Säulenhof geleitet und von den dort versammelten
Herren ehrerbietigst begrüßt. Auf eine kurze Ansprache des kais. Rathes
Hanusch erwiederte der Erzherzog
nlch bin überzeugt, dass die Ausstellung einen neuen Beweis
für die außerordentliche Vollkommenheit unserer heimischen Kunst-
industrie ablegen wird, und es freut mich herzlich, dieselbe eröffnen
zu können."
Es begann nun der Rundgang durch die Weihnachts-Ausstellung,
welche im Säulenhofe, in den Sälen Vl, Vll, und XIV und in den
oberen Arcaden des Museums untergebracht und von 250 Kunstgewerbe-
treibenden beschickt ist. Se. k. und k. Hoheit besichtigte die ausgestellten
Kunstwerke sehr eingehend, richtete Fragen über Einzelnes an die Be-
gleitung, freundliche und ermunternde Worte an die einzelnen Aussteller
und verließ das Museum um 12', Uhr mit huldvoller Verabschiedung
von der Begleitung und dem Ausdrucke hoher Befriedigung über das
Gesehene.
Seine kais. Hoheit der durchl. Herr Erherzog Rainer hat Mittwoch
den 6. die Weihnachts-Ausstellung mit einem Besuche ausgezeichnet.
ißi
Besuch des Museums. Die Sammlungen de Museums wurden im Monat
November von 32.36, die Bibliothek von 214, und die Vorlesungen von 521
Personen besucht.
Vorlesungen. Am 9. November wurde die Reihe lder Donnerstag-Vorlesungen
im Wintersemester 1893194 eröffnet. Custosadjunct Dr. Eduard Leisching hielt einen
Vortrag unter dem Titel nFünfundzwanzig Jahre Kunstgewerbeschulen. Der Vor-
tragende schilderte die lebhafte Agitation, welche Eitelberger, unterstützt von Falke und
Van der Nüll, unmittelbar nach der Gründung des Museums einleitete, um die SchaEung
einer mit dem Museum verbundenen Kunstgewerbeschule durchzusetzen; er erinnerte an
die von Eitelberger veranlasste Stellungnahme der Wiener Handelskammer, an Eitel-
bergefs sodann im Auftrage des Staatsministeriums verfasste Denkschrift, welche schon
den Grundplan der nachher gewählten Organisation der Schule enthielt und sowohl
etwas anderes als die bisherigen Zeichenschulen forderte und jede neuerliche Anlehnung
an die Akademie abwehrte, als auch eine Fachschule für Malerei, Plastik und Archi-
tektur begehrte, da ja die gewerbliche Kunst nichts anderes sei, als der Inbegriff dieser
drei Künste, angewendet auf die Forderungen des täglichen Lebens. Der Vortragende
gedachte hiebei auch des wirksamen Eingreifens des n. d. Landtages, in dessen Sitzung
vom 5. December 1866 auf Veranlassung des Freiherrn von Pratobevera der von den
Abgeordneten Winterstein, Dock und Dr. Hoffer unterstützte Antrag einstimmig ange-
nommen wurde, es sei die Regierung dringend um die Realisirung der von Eitelberger
unterbreiteten Vorschlage zu ersuchen. Die Folge dieses Beschlusses war, dass der k. k.
Unterrichtsrath am 18. Februar 1867 den Plan Eitelbergers im Princip genehmigte und
drei seiner Mitglieder Van der Null, Eduard v. Engerth und Prof. Adolf Beer beauf-
tragte, in Gemeinschaft mit Eitelberger die Statuten der zu begründenden Schule auszu-
arbeiten; ihnen schloss sich Falke an, welcher die von Beer verfassten Statuten redigirte,
die sodann, von Sr. Maiestät dem Kaiser genehmigt, am 27. September 1867 von der
sWiener Zeitung veröffentlicht wurden. Leisching besprach nun die Aufgaben, welche
die wKunstgetverbesc-hule des k. k. Oesterr. Museumsu durch das Statut zugemessen er-
hielt, vor Allem auch die Einrichtung der als nothwendig erkanntemVorbereitungsschule,
die im Sommer 1868 erfolgte Ernennung der Professoren Storck, Lnufbergcr, König und
Rieser, die Eröffnung der Schule im Octnber 1868 in den ihr in der Gewehrfabrik zu-
gewiesenen provisorischen Räumen, die Ernennung der Docenten Teirich, Prof. Bauer,
Hauser und Dr. Bandl, die Zusammensetzung des Aufsichtsrathes, in welchen Professor
von Brücke, Engerth, Heinrich von Ferstel ttnd der Vice-Präsident der Handelskammer
von Reckenschuss entsendet wurden, während der Vorsitz statutengemaß dem jeweiligen
Director des Museums eingeraumt ward. Mit der Eroffnung des neuen Museumsgehaudes
1871 und der Errichtung eines eigenen Schulgebaudes 1877 ergab sich die Gelegen-
heit zur Specialisirung und Erweiterung der Schulorganisation welche der Vortragende
einer ein ehenden Besprechung unterzog, um sodann die mit dem neuen Statute vom
Jahre 1888 geschaffene abschließende Reform der Schule zu erörtern, welche nicht nur
den Wirkungskreis der Fachschulen fester umschrieb, sondern auch die Vorbereitungs-
schule nunmehr nAllgemeine Abtheilung- auf ein höheres ANlVCIU hob und ihr un-
mittelbar praktische Aufgaben zuwies. Vor Allem den neuen Unterricht in der allge-
meinen Formenlehre besprach Redner eingehend und er wies die großen Vortheile nach,
welche hieraus allen Unterrichtszweigen erwachsen. Leisching schilderte sodann die auf
der Jubilaums-Schulausstellung zu Tage getretenen Leistungen, welche er auch in Bezug
auf die großen Arbeiten der Decorstionsrnalerei als durchaus im Rahmen der der Schule
gestellten Aufgaben gelegen bezeichnete; hierauf besprach er an der Hand der dem hohen
Protector überreichten Adresse der ehemaligen Schüler deren Schicksale und gegenwlrtige
Stellung und erörterte den Umstand, dass so viele sich in's Ausland, namentlich nach
Deutschland gewendet haben, wobei er daran erinnerte, dass aber andererseits eine große
Zahl der um Museum und Schule besonders verdienten Männer, wie Falke, Bucher,
König, Beyer, Herdtle, Unger, Hecht in Oesterreich naturslisirte Reichsdeutsche sind.
Zum Schlusse kam der Vortragende auf die praktisch-künstlerische Wirksamkeit der
Schule zu sprechen und wies nach, wie stark verpflichtet die österreichische Kunst-
industrie der Schule und dem Museum ist, während diese beiden Institute ihrerseits dem
treuen, opferwilligen, verständnissvollen Eingehen der Kunatgewerbetreibenden auf ihre
Absichten unendlich viel zu danken haben. Redner schloss mit folgenden Worten
sßeglückt durch die Gnade Sr. Majestät des Kaisers, beschützt durch den hohen Pro-
tcctor, welcher ihr immer ein mächtiger Anwalt gewesen, gefordert von der Unterrichts-
verwaltung, wie von denen, welchen zunächst ihre Wirksamkeit zu Gute kommt, wird
die Kunstgewerheschule auch fernerhin sein und bleiben ein Gegenstand des Stolzes und
der Freude Oesterreichs, der Bewunderung und Nachahmung für das Anslandla
Dem Vortrage wohnte Herr Erzherzog Rainer bei.
Litteratur- Bericht.
Das rumänische Königsschloss Pelesch. Von J. v. Falke. Mit 25 Ra-
dirungen und 38 Holzschn. h0ch-4". VI, 55 S. Wien, Carl Gerold's
Sohn, 1893. H. 25.
Ein Prachtwerk ersten Ranges schildert das Schloss, das der König und die Königin
von Rumlnien sich in der Nahe des Klosters Sinaia haben erbauen lassen, damit es
ihnen. wie die Bauurkunde von 1875 besagt, nuber den Sommer eine gesunde und ge-
segnete Wohnstatte sei.u Das nach dem Flusse Pelesch benannte Lustschloss erhebt sich
innerhalb einer großartigen Gebirgsscenerie, in seinem Zwecke und der Lage angepassten
Renaiasanceformen aufgeführt, mit Thürmen, Erkern, Veranden, Springbrunnen u. s. w.,
mit Garten und einem Parke, der allmahlich in den Hochwald hinüberfuhrt. Wie die
Geaammtanlage, vereinigt auch die innere Gestaltung und Einrichtung Reichthum mitWohn-
lichlteit. Der eigentliche Bauleiter ist derKonig selbst gewesen und unverkennbar haben dabei
die Erinnerungen an das vorn Fürsten Anton von Hohenzollern so kunstsinnig ausgestattete
Stammschloss Sigmaringen lebendig mitgewirkt. Der Text des Werkes gibt nach einigen
Abschnitten über Land und Leute die urkundliche Baugeschichte und beschreibt ein-
gehend alle einzelnen Theile. Wesentlich unterstützt wird diese Beschreibung durch die
zahlreichen Abbildungen, die unter der Leitung der Professoren Unger und 'Hecht von
Schülern der Radir- und der Holzschneideabtheilung der Kunstgewerbeschule ausgeführt
werden sind, und um so größere Anerkennung verdienen, da nur photographische Auf-
nahmen als Vorlagen gedient haben. B.
er
Moderne Wiener Plastik. Eine Serie von Lichtdrucltbildern hervorragender
monumentaler und decorativer Arbeiten Wiener Bildhauer. Wien,
A. Schroll öt Co., 1894. Liefg. I. H. 7.
Man mag über moderne Kunst was immer für einer Meinung sein, das Eine bleibt
unbestritten, dass sie dort, wo ihr eine tiefgehende und weit ausgreifende Pflege zu
Theil wird, noch am sichersten eine dem allgemeinen künstlerischen Empfinden ent-
sprechende Ausdrucksweise gewinnt, eine Formensprache, die nicht mit dem oder jenem
Stile der Vergangenheit liebaugelt, sondern vorn Geiste der Gegenwart erfüllt ist. Dass
Wien zu jenen wenigen Orten gehört, wo man sich, zuerst in der Architektur und spater
in der Plastik, diesem Ziele zu nahern begonnen, ist eine bekannte Thatsache.
Im ruhigen Betrachten der Bildwerke, die uns hier vorgeführt werden, tritt sie
uns wieder klar vor Augen und muss auch von Solchen anerkannt werden, denen die
Originale bisher unbekannt geblieben. Der hervorstechendste Zug moderner Wiener Plastik
ist ungezwungene Lieblichkeit. Sie entspricht dem genius loci und erscheint nicht allein
dort, wo es sich um ein gefälliges Spiel mit Linien und Formen zu rein decorativen
Zwecken handelt, sondern ist auch im edlen Pathos wie in der Tragik in leisen Anklängen
erkennbar. Durch ihre liebenswürdige Grazie findet diese Kunst den Weg zum Herzen
des Volkes, das, durch Generationen dem Kunstleben entfremdet, nun seine im Blute lie-
gende Empfänglichkeit für alles Schone von neuem bewahrt. Wenn der Sammelband
mit seinen 60 Tafeln abgeschlossen vor uns liegen wird, wird der frische Zug natürlichen
Frohsinns, der die Wiener Plastik belebt, sich noch viel deutlicher als das gemeinsame
Band erkennen lassen, das alle diese Werke zu einer nicht nur örtlich, sondern auch
geistig zurammengehürigen Gruppe verbindet.
Die erste Lieferung umfasst zwolf Tafeln und bringt die Gruppen der Rosseban-
diger von Th. Friedl auf dem Maria-Theresienplatz, die Brunnenhguren von Haerdtl
und Schmidpruber auf demselben Platze, decorative Sculpturen von Weyr, Dorn-
hau er und Friedl von Theatern und anderen Vergnugungslocalen, zwei Grabdenk-
male von Benk und eine Brunnengruppe in Abbazia von Rathausky. Das Werk wird
mit der fünften Lieferung abgeschlossen sein. Fs.
Mittelalterliches Holzmobiliar. Vierzig Tafeln in Lichtdruck. Heraus-
gegeben und mit Text begleitet von Jacob von Falke. Lichtdruck
von J. Löwy. Wien, Anton Schroll 81 Co., 1894. Fol. M. 40.
Diese Publication verdankt ihre Entstehung der Special-Ausstellung mittelalter-
liehen Hausraths, welche im Laufe des Winters tßgzlgg im k. k. Oesterr. Museum
stattfand. Das Programm dieser Ausstellung ist den Lesern der nMittheilungenu bekannt,
ebcnsn die Abhandlungen über den Hausrath im Mittelalter sowie über die genannte
Ausstellung selbst, welche J. v. Falke in den beiden letzten Jahrgängen unserer Zeit-
schrift veröffentlicht hat. Gleichzeitig sei auch auf den Katalog jener Ausstellung ver-
wiesen. Die 40 Tafeln unseres Werkes enthalten eine große Anzahl bis ietzt noch nicht
publicirter Mobel aus Privatbesitz und haben hiezu die reichhaltigen, kostbaren Samme
lungen einheimischer Kunstfreunde, diejenige des Fürsten Johann von und zu Liechten-
stein. des Grafen Hans Wilczek, der Herren E. Miller von Aichholz und Dr. A. Figdor
das wesentlichste beigetragen. ln vorzüglichen Lichtdrucken aus der photographischen
Kunstanstalt von J. Lowy in Wien sind die für die Publicatiori ausgewählten Mobeln in
einem Maßstabe wiedergegeben, der jedes Detail zur vollen Geltung bringt. Tische,
Bänke, Stühle verschiedenster Art, vom einfachen Faltstuhl bis zum reichverzierten
Ehrensitz, Schranke in mannigfaltigster Form, Bettgestelle, Kisten, Truhen, Cassetten etc.
bis zu einfaehstem Küchenhausrath bilden den reichen Inhalt, so dass diese Publication,
wie es in der Einleitung hervorgehoben ist, mit Recht sowohl als ein Werk der Be-
lehrung und des Studiums, als auch der Nachbildung für das Gewerbe zu betrachltleii iat.
-e.
Königliches Kunstgewerbe-Museum zu Dresden. Muster orientalischer
Gewebe und Druckstotfe. Herausgegeben von Professor E. Kumsc h.
40 Tafeln in unveränderlichein photographischen Drucke. Mit 212
Mustern. Dresden, Stengel 81 Markert, 1893. Fol. M. 70.
Wiederum ist es ein wichtiger und bedeutsamer Ausschnitt aus dem weiten Ge-
biete der Textilkunst, den uns auch diese neueste Publication des Dresdener Kunste
gewerbevMuseums aufhellt und unserer Kenntniss naher bringt. Orientalische Gewebe
haben doch in der Geschichte der modernen kunsigewerblichen Reform von allem An-
beginn eine Hauptrolle gespielt, und was besonders zu vermerken dieselbe auch
dauernd festzuhalten gewusst, wahrend andere Stilrichtungen der wechselnden Mode
weichen mussten. Und was die damit parallel einhergehende kunatgeschichtliche For-
schung betriEt, ist dieselbe gerade gegenwärtig eifriger denn je am Werke, in die Ge-
heimnisse orientalischer Textilornamentik einzudringen, so dass auch unter diesem Hin-
blick die vorliegende Publication als eine eminent zeitgemäße bezeichnet werden muss.
Entgegen früheren Versuchen nach dieser Richtung, die vornehmlich auf mittelalterlich-
sarazenische Stoffe ihr Augenmerk gerichtet hatten, hat sich der Herausgeber auf Er-
zeugnisse der neueren Zeit beschrankt. Den künstlerisch und historisch hervorragendsten
Theil der Publication bilden die ersten I2 Tafeln mit Mustern von Seidenstolfen, die
aus der Türkenbeute vom EntsatzeLWiens im Jahre 1683 stammen und im Garde-Meuble
des kgl. sächsischen Hofes aufbewahrt werden. Einiges davon war schon auf der Wiener
"Teppich-Ausstellung im Jahre 1891 zu sehen gewesen und hatte damals in Fachkreisen
allenthalben den Wunsch rege gemacht, die ganze Serie publicirt zu sehen, welcher
Wunsch sich nun erfreulicherweise verwirklicht hat. Bemerltenswerthe Proben liegen
ferner vor von Scutari-Sammten und Itleinasiatischen Geweben überhaupt. Verhaltniss-
mäßig breiter Raum ist der indischen Seidenindustrie, und namentlich der halb und ganz
modernen gewidmet. Dass englische und deutsche Exportwaare nach Indien, selbstver-
standlich in orientalisirendem Geschmack, zur Abbildung gebracht wurden, dürfte auch
für manchen Beschiiuer von Nutzen sein. Ein bisher mit Unrecht vernachlässigtes Gebiet,
dasjenige der orientalischen Zeugdrucke, ist ebenfalls mit einer Reihe von Tafeln ver-
treten, wozu Persien, Türkei und Java das Hauptcontingent geliefert haben; auch
diesfalls macht sich neueatens englische Concurrenz bemerkbar, wie einige beigegebene
Muster lehren; hiezu waren belgische Drucke in javaniacher Batik-Manier zu erwlhnen,
die bereits seit längerer Zeit auf den Markt gekommen sind. Den Abschluss machen drei
Tafeln mit Proben von polnischen Gürteln. Rgl.
Les tapisseries de Tournai. Les tapissiers et les hautelisseurs de cette
ville. Recherches et documents sur l'histoire, la fabrication et les pro-
duits des ateliers de Tournai par Eugene Soil. Tournai, Vasseur-
Delmee; Lille,'L. Quarre. 8". 460 S. M. 12.
Tournai war nächst Arras die wichtigste Fabricationsstatte von Gobelins in Flandern
im 15. Jahrhundert. Obzwar französische Enclave, war sie schon durch ihre Lage mit
dem Absatz ihrer Erzeugnisse nicht auf den französischen, sondern auf den burgundischen
Hof gev1'iesen,det in der That die Geschicklichkeit der Doorniker Wandteppichwirker
ganz vornehmlich beschäftigte. Der Autor, dem wir bereits eine ganze Anzahl von Mono-
541
graphien über andere Zweige des Alt-Daornilter Kunstßeißes verdanken, liat seine Ge-
schichte der dortigen Gobelinfabrication auf ein überaus reichhaltiges arehivalisches
Material aufgebaut, das ihm allerdings mehr als irgend einem Anderen vertraut ist. Bis
zum Jahre 1295 lasst sich die Anwesenheit von nTapissiersa in Tournay zurückverfolgen.
Aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts sind mehrfache wichtige Magistrats-
Verordnungen erhalten, die das Statut der Genossenschaft regeln. Die Glanzzeit der
Doorniker Teppichwirkerei fallt jedenfalls in das 1;. Jahrhundert; doch hat Soil zur
Evidenz nachgewiesen, dass die Doppelkatastrophe von 15t3 Pest und Eroberung der
Stadt durch die Engländer keineswegs, wie man bisher angenommen hat, den
Verfall und die Auflösung jener lndustrie zur unmittelbaren Folge gehabt hat. Das ganze
erste Drittel des 16. Jahrhunderts ist vielmehr, nach Soil's Ermittlungen, die Wandteppich-
fahrication daselbst noch immer in großter Bluthe gestanden.
Die von Soil benutzten Aizchivalien haben auch neuerliches Material zu der viel-
umstrittenen Frage nach dem technischen Wirkungskreise der Tapissiera, Hautelissiers und
Sarrasinois geliefert. Wie schon der Titel lehrt, unterscheidet Soil zwischen Tapisseurs und
Hauteliesseurs, und zwar aus dem Grunde, weil eine ausführliche Verordnung vom Jahre
1397 gleichfalls auf das bestitnmteste die enannten beiden Classen von Handwerkern von
einander trennt. Als die Verfertiger von gurengeschmückten Wandtteppichen erscheinen
zweifellos die Tapissiers; die Hautelisseurs hatten zwar mit den Ersteren den aufrechten
Stuhl haute-lisse gemein, erzeugten aber, Iwie Soil meint, nur einfache, meist ganz
ungerntisterte Gebrauchswaare. ln den Tapissiers sarrasineis endlich sieht Seil ohne
alle Bedenken Verfertiger von Knüpfteppichen, die ja auch schon damals als orientalische
Teppiche schlechtweg gegolten haben. WIE von fast allen localen Fabricationstatten
Flanderna, die spater von dem capitalskraftigeren Brüssel aufgesogen wurden, sind auch
von der Doorniker überwiegend blos Denkmäler der früheren Zeit, bis etwa 1530 herab,
erhalten, wovon das Buch einige Abbildungen in Umrisszeichnung gibt. Rgl.
Der Kupferstich. Von Friedrich Lippmann. Handbücher der königl.
Museen zu Berlin. Mit ito Abbild. Berlin, W. Spemann, i893, 8".
223 S. M. 2'5o.
Der Verfasser erli-eut uns in seinem für einen weiten Leserkreis berechneten Buche
mit einer prächtig geschriebenen Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des Kupfer-
stiches bis zum Beginne unseres Jahrhunderts. Derselben vorausgeschickt sind eine kleine
Auswahl aus der umfangreichen, in dem ganzen Werke auf das Gewissenhafteste berück-
sichtigten Fachlitteratur und eine durch Abbildungen der hauptsachlichsten Werkzeuge
des Stechers erläuterte Abhandlung über die verschiedenen Techniken des Kupferstiches,
als Grabstichelarbeit, Radirung, Punzenarbeit, Punktirmanier, Kreidemanier, Schabkunst
und Tuschmanier, Aquatinta. Je ein Abschnitt behandelt dann die Geschichte der Stech-
kunst in Deutschland bis auf Dürer, den italienischen Kupferstieh bis zur Mitte des
i6. Jahrhunderts, den Kupferstich in Deutschland von Dürers Tod bis zum Ende des
i6. Jahrhunderts, den Kupferstich in den Niederlanden und in Frankreich, die italienische
Stechkunst im t7. und I8. Jahrhundert, den Kupferstich in En land, die Entwicklung
der Schabkunst, den Kupferstich in Deutschland im 17. und Jahrhundert und den
Kupferstich in Spanien. -Ein besonderes Capitel ist dem farbigen Kupferstich, d. h. den
in bunten Farben von einer oder mehreren Platten gedruckten Kupferstichen gewidmet.
Ein sorgfältig gearbeitetes Register und die große Zahl der gut gewählten Abbildungen
erhöhen die Vorzüge des hübschen und sehr nützlichen Buches. R-r.
Bibliographie des Kunstgewerbes.
Vom 5. October bis 15. November 1893.
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ioo Taf. in Gold- u. Fnrbendr. mit 4. S. lcrischen Thlligkcit. Zeilschr. f. Muster-
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et dans les temps modernes. Chambres
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Reinach S. Uorigine et les earaetäres de
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lex souveraina, Farmee de terre, la marine,
les ecrivains, les artistes, les musiciens,
les villes et monuments, les types ethno-
graphiques, l'image populaire et In cari-
cature, les deeorations ordres de che-
valerie, Yalphabet russe. cartes de Vampire
russe. 8'. 90 p. avec m9 grav. Paris,
Larousse. 5a cent.
Sehiodte, E. Aus der jüngsten Zeit. ln
danischer Sprache. Tidsakr. f. Kunstind.
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Scutellari, G. Cenni biografici intorno
ni pittori, scultori ed archittetti ferraresi
dal 1750 tino ai giorni nostri 1392 per
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the present time. 3'. p. 490. London,
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Musterzeichner, zz.
Bosquet, E. Baremes ou Devis de tra-
vaux de reliure, etablis au moyen de 48
tableaux divises en 2.8 fsrniats chacun,
indiquant le prix de revient tant eri main-
d'oeuvre qu'en fournitures de 54 genres
de reliure et emboitages divers, soit plus
de izoo devis, precedes d'une notice, ac-
compagnes d'un tableau de reduciions sur
les travaux en nnmbres, d'un projet de
prix coursnt et d'une feuille in-plano
soleil donnant les traces et dimensions
de tous les formats. 4'. 12 p. et tableaux.
Paris, Yauteur, 45, rue du Cherche-Midi.
Bujatti, Fr. Die Geschichte der Seiden-
industrie Oesterreichs, deren Ursprung
und Entwicklung bis in die neueste Zeit.
Mit Taf. in Heliogr. und einer graph.
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19. Jahrhdts. aus den Sammlungen des
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gewählt von Prof. Melchior zur Strassen.
Thle. 25 Lichtdn-Taf. mit 178 resp.
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Tischler-Zeitgß
Schmidt, W. lmprägniren und Farben
des Holzes. Möbel- und Decorations-
Schatz, 11.
hau sen, E. Vcrnehmes Heim. Decora-
tion und Moblirung von Herrenzimmern,
Speisezimraern, Salons, Boudoirs, Schlaf-
zimmern, Vorzimmern, Veranden etc.
30 Lichtdn-Taf. Fol. Bl. Text. Berlin,
Heßling Spielmeyer. M. 28..
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Bronren etc.
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Art. In 10 Liefgn. 1. Lfg. Fol. 1c Taf.
mit S. Text. Ravensburg, 0. Maier.
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Sinner, P. Zwolf rnusfergiltiige photogra-
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Ihischen und Renaisssnce-Zeit einschließ-
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aufgenommen von P. S. gr. 4'. Bl. Text.
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thony v. Siegenfeld. SrpwAbdr. ans der
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objets d'art formnnt le mus6e du Pavillon
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T. P. ljlixposition nrlistique de Valen-
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ersai ll a.
Nutional Museum, The, of Versailles,
illustrnted Guide. 16". 94 p. et gravures.
Versailles, impr. Cerf et Ca, fr. 1.
Wien.
Fa llte, J. v. Die Auastellung der Kunst-
gewerbeschule im Oesterr. Museum. Wr.
Zlßw 141-
Rnphael-Donner-Auutellung, Die. Allg.
Ztg, 257.
Soknl, Cl. Die Raphnel-Donner-Aus-
stellung. Allg. Kunstchronilt, n.
rg.
Aus der fränkischen Ausstellung von
Alierthumern in Kunst und Kunstgewerbe
zu Wnrzburg x893. Deutsche Bauztg., 79.
Notizen.
Textiles von der dieejährigen Weilmaohts -Ausste11u.ug.
Auch im abgelaufenen Jahre sind namentlich aus dem Kreise der Lehr-
kräfte der k. k. Fachschule für Kunststickerei in Wien mehrere Arbeiten
hervorgegangen, die von dem hier herrschenden strebsamen Geiste und
frischen Schaffensdrange nach Aufschließung neuer technischer Methoden
und künstlerischer Ausdrucksmittel glänzendes Zeugniss geben. Wir
müssen uns begnügen, nur einige wenige von den auf der Weihnachts-
Ausstellung vorgelegten Proben anzudeuten. So ist es u. A. Frau Louise
Schinnerer gelungen, sämrntliche Arten von ägyptischern Spitzen-
stich Wickeltechnik, wie sie an den im k. k. Oesterr. Museum ver-
wahrten Originalmützen aus ägyptischen Gräbern der spätrömischen und
frübmittelalterlichen Zeit zu beobachten sind, in der genauesten Weise
nachzubilden, womit abermals einige von den zahlreichen Geheimnissen
der antiken Textilkunst in der befriedigendsten Weise gelüftet erscheinen.
Ferner hat Frau Guttmann ihre schon im Vorjahre vor die Oetfent-
lichkeit gebrachten Studien über die sogenannten Polenteppiche seither
erweitert und vervollkommnet, und diesmal auch den hiebei benutzten
Webstuhlapparat demPublicum vor Augen geführt. Frl. Constanze Klein
bat sich die Bewältigung der Gobelintechnik als Aufgabe gestellt, deren
Lösung durch ein Bordürenfragment mit einer Fruchtschnur nach flandri-
scher Art beglaubigt erscheint. Endlich darf auch die Leistung des Herrn
Hrdliczk Lehrers am Central-Spitzencurse, nicht unerwähnt bleiben,
der am Kreuze einer Casula das Problem gelöst hat, die weiße Klöppel-
spitze mit zartem Klarwerk mit der Reliefspitze in Gold zu einer technisch
und künstlerisch höchst befriedigenden Gesammtwirkung zu vereinigen.
Welhnaohtaßusstellung des bosnisoh-herzegovitüachen Kanstgeverbes.
Das kunstgewerbliche Bureau des Departements für die Angelegenheiten Bosniens und der
Herzegowina im Reichs-Finanzministerium hat heuer im eigenen Locale, l. Bezirk, Hegel-
gasse t. Stock, eine Weihnachts-Ausstellung eröffnet. In Wien sind die originellen
Erzeugnisse der von der bosnischen Landesregierung erhaltenen Ateliers in Sarajevo,
Foöa und Livno namentlich von den Ausstellungen im Oesterr. Museum her bestens
bekannt. Sowohl die Eigenart der rein orientalischen Formen als die minutiöse und
exacte Decorirung mit Gold und Silber als lncrustation und Tauschirung, wie nicht minder
die geschmackvollen Kupferarbeiten fanden bei jeder Gelegenheit Beifall. Die diesjährige
Weihnachts-Ausstellung bringt wieder Neues und Interessantes und wird voraussichtlich
lebhaften Zuspruch finden. Die Ausstellung, die gleichzeitig Verkaufsstelle ist, bleibt vom
i. Drecember angefangen bei freiem Entree tlglich von Uhr fruh bis Uhr Abends
geö net.
Allgemeine Landes-Ausstellung In Lemberg. lm Sommer 1894, wird unter
dem Protectorate Sr. Majestät des Kaisers in Lemberg eine allgemeine Landes-
Ausstellung stattfinden. Die Vorarbeiten zu diesem Unternehmen begannen bekanntlich
bereits im Sommer t89z und sind bisher so weit gediehen, dass der Ausstellung ein
glänzender Erfolg gesichert ist. Präsident des Ausstellungs-Comite ist Herrenhausmitglied
Fürst Adam Sapieha, Vice-Präsidenten sind die Herrenhausmitglieder Graf Badeni
und Ritter von Gorayski, die Bürgermeister von Lemberg und Krakau Mochnacki
und Friedlein. Die Direction der Ausstellung ruht in der Hand des Landtagsabgeord-
neten und Vice-Bürgermeisters von Lemberg Dr. Zdzislaus von Marchwicki. Der
Kostenvoranschlag beläuft sich auf circa zwei Millionen Kronen die Kosten der zahl-
reichen Privatpavillons nicht mit eingerechnet. Dieser Bedarf findet zum großen Theile
Deckung durch Subventionen, welche die Regierung, die Landesvertretung, die Stadt
Lemberg, die bedeutenderen Städte des Kronlandes, die Bezirksvertretungen, die Handels-
kammern und andere Institutionen in bereitwilligster Weise mit freudigem Vertrauen in
das Gelingen des großen Unternehmens demselben angedeihen ließen.
Da von den sieben Millionen Bewohnern Galiziens Procent sich dem Ackerbau
ergeben, so nimmt natürlich einen bedeutenden Theil der Ausstellung die Landwirth-
schaft in Anspruch. Von den 34 Gruppen, in welche die Ausstellung zerfallt, erwähnen
wir besonders Bergwesen, Hausindustrie, Fachschulen und keramische Industrie. Eine
größere Anzahl Gruppen ist der Industrie gewidmet. Einen Anziehungspunkt der Aus-
stellung für die weitesten Kreise werden die Gruppen für ethnographische Gegenstände,
für Malerei, Sculptur und Architektur bilden. Der Kunstpalast der Ausstellung wird
nicht nur die neuesten Werke der polnischen Maler enthalten, sondern die Gemälde-
Ausstellung wird, um eben die Entwicklung der Kunst darzustellen, retrospectiven Cha-
rakter tragen, d. h. so ziemlich alle von polnischen Malern bis jetzt geschaffenen. in
der ganzen Welt zerstreuten Meisterwerke noch einmal für kurze Zeit an einer Stelle
vereinigen.
Die Eröffnung der Ausstellung ist auf den t. Juni, der Schluss auf den t., be-
ziehungsweise I5. October 1894 festgesetzt. Zum Ausstellungsterrain ist das Plateau des
sogenannten Stryjer Parltes in Lemberg ausersehen. Von diesem Plateau aus genießt
man eine wunderbare Fernsicht die ganze Stadt Lemberg mit ihren markanten Kuppeln
und Thürmen, mit ihrer gewaltigen Hausermasse erscheint in wirkungsvollem Bilde auf
dem Hintergrunde der ienseitigen Hügel. Auf dem Plateau erhebt sich nun eine lange
Reihe größerer und kleinerer Bauten der Gewerbepalast, der Kunstpalast, Pavillons für
Agrieultur, für Forst- und Jagdwesen, Architektur etc. und eine große Menge anderer
Pavillons. Das Pavillonsystem wurde gewählt, da es in vielen kleineren Bauten Ueher-
sichtlichkeit, rasche Orientirung und Belehrung ermöglicht. Außer den allgemeinen Pa-
villons sind bis jetzt schon mehr als 4c Privatpavillons angemeldet und im Entstehen
begriffen. Das ganze Ausstellungsterrain erhält elektrische Beleuchtung.
Professor Dr. Hermann Sag-er 1-. Der unermüdliche Forscher
und Förderer auf dem chemisch-technischen Gebiete der Keramik ist am-
30. October im 54. Lebensjahre verschieden. Als praktischer Technologe,
als Schöpfer mannigfaltiger und wichtiger Verfahren, als Schriftsteller
und Lehrer bedeutend, war er in gleichem Maße verehrungswürdig als
Mensch. Einzelnheiten seiner Thätigkeit an dieser Stelle auch nur an-
deuten zu wollen, wäre unmöglich. Durch seinen Tod hat die deutsche
keramische lndustrie ihren Führer und Berather verloren.
Der Verein für deutsches Knnstgawerba in Berlin hat korzlieh ein be-
quemes Nachschlagebuch heraus egeben, das nach Fächern eingerheilt, die Adressen
seiner it6o Mitglieder enthllt. älienselben gehen u. A. Mittheilungen über den Verein
und ein Programm für das Vereinsjahr 1893194 voraus. Geschäfts-Anzeigen bilden als
dritter Theil die größere Hllfte des Buches und ein alphabetisches Verzeichniss der-
selben erleichtert das Auffinden der hier angeführten Firmen.
Anfgefnndene Blldslnlon. Ein interessanter Fund ist kürzlich in der Krypta
gemacht worden, welche jüngst unter der Sacristei der St. Peter-Paul-Kirche in Lieg-
nitz entdeckt wurde sechs Bildsaulen, die in einer Reihe auf dem Boden lagen. Bei
sammtlichen, mit Ausnahme einer, waren die Kopfe von den Rumpfen getrennt, doch
fand man sie fast unversehrt und sorgflltig daneben gelegt. Das Material der Bildsäulen
sowie der Sockel ist Sandstein. Sie sind sammrlich mit Farben versehen gewesen, die
zum Vorscheine kommen, so wie man ein wenig den hundertjährigen Staub beseitigt,
der sie bedeckt. Die Gesichter haben alle beinahe denselben Ausdruck, die Figuren sind
steif und leblos. Man dürfte wohl das n. Jahrhundert als das ihrer Entstehung bezeichnen.
Wahrscheinlich sind die Bildsaulen bei einem Brande oder in gefahrvoller Zeit in jene.
Krypta gerettet und dort vergessen worden, bis sie bei dem jetzigen Bau wieder an das
Tageslicht getreten sind. Es unterliegt keinem Zweifel, dass man es mit einer Darstel-
lung der Apostel zu thun hat. Eine Statue weist besonders darauf hin. Es ist die des
Bartholomaus, der seine eigene Haut als Zeugniss seinesMlrtyrerthums über dem Arme trlgt.
Diese Auffassung entspricht der, welche der Darstellung des geschundenen Bartholomäus
von Marcus Grate im Dome zu Mailand zu Grunde liegt. Merkwürdig ist eine Doppel-
statue. Die Figuren sind zusammengewachsen, aber jede hat ihren besonderen Kopf und
einen Arm frei, der ein ziemlich dickes, wie es scheint, in Leder gebundenes und mit
Metallecken versehenes Buch, wohl die Bibel, trägt, was bei den slmmtlichen Bildsaulen
sich wiederholt. Wahrscheinlich sind damit die beiden Haupxapostel Petrus und Paulus
dargestellt. denen die Kirche geweiht war, obgleich Schlüssel und Schwert, die beiden
lnsignien dieser Apostel, fehlen. Was die anderen Figuren anbetrifft, so ist kaum mit
Sicherheit zu bestimmen. welche Apostel sie darstellen. Die etwa einen Meter hohen
Figuren haben auf Sockeln gestanden, die ebenfalls mit reichern Bildwerk geschmückt
waren. Leider haben diese Sculpturen bedeutend gelitten. Am besten erhalten ist an
dem einen Piedestal die Figur des Pelikans, der seine eigene Brust mit dem Schnabel
aufreillt, die unter dem Gelieder sitzenden Jungen zu nähren, das bekannte altkirchliche
Symbol des Erlösers. An einem anderen scheint ein Bar einen Menschen zu zerßeischen,
an einem dritten ist ein Löwe, wie es scheint, im Kampfe mit einem Greif, dargestellt.
Ausgrabungen in Delphi. Die Arbeiten bewegten sich in den letzten Monaten
östlich vom Tempel, gerade an seiner Vorhalle, wo wichtige Funde an lnscbriften ge-
macht worden sind, darunter solche aus dem g. Jahrhundert, Volksbeschlüsse, jonische
Saulentrommeln und in großen Abständen eine Anzahl Steinbloclre Statuenbasenf. im
Ganzen wurden bis jetzt aufgedeckt r. Das Schatzhaus der Athener mit seinen kost.
baren Metopen feinster Arbeit, meist Einzelkämpfe von Kriegern darstellend. z. Die
ganze Rückseite der PoIygonal-Mauer, auf deren Steinen Freilassungen von Sclaven also
olTenbar aus romisclier Zeit geschrieben sind; außerdem die Ostseite mit durchwegs
noch nicht bekannten lnschriften. Diese Mauer zieht sich um den ganzen heiligen Bezirk
des Tempels. 3. Das Opisthodom Hinterhaus des Tempels mit vielen Kellerräumen,
welche wahrscheinlich dazu dienten, den Erschütterungen durch Erdbeben entgegen-
zuwirken. Zuletzt hat man die Fortsetzung der Feststraße gefunden, durch welche der
Perieget Pausanias eintrat. und holt, in deren weiterem Verlaufe auf den Eingang des
Tempels zu stoßen, vielleicht schon in deri nächsten Tagen, wo die Arbeiten wegen des
Winters unterbrochen werden müssen.
Hiezu als Beilage
Titel und Inhalt zu Bd. IV der wMittheilungen des k. k. Oesterr. Museums",
Jahrgänge i892-i8g3.
Für die Redaction verantwortlich J. Fohresics und F. Rum.
Selbstverlag des k. k. Oesterr. Museum für Kunst und Indlutrle.
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DEE EDNIEEICEE ZWINGER IN DRESDEN;
35.Lichtdruqke und phologr. Aufnahmen
von dem
kgl. Landhauirspurlur llllll Sßlllllll und, Bildhauer lllllllTl Slllllllllllllll, llrasrlon.
M. 20' in Mappe.
Während der iilngsr verflossenen drei Jghm ist der Zwinger in Dresden. dieses unver leiphllehe uwel
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