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BIEDERMEIER-GLUCKWUNSCHKARTEN
Von GERHART EGGER
Im Verlauf des 18. Jllbfhlllldßfli haben sich Gepflogenheiten und Um-
gungslormen des gesellschaftlichen Verkehrs in den aristokratischen
und bürgerlichen Kreisen entwickelt, die bis in unsere Zeii wirken.
Ein wichtiger Teil dieser Umgangsfnrmen ist der llöfliehkeitsbesucb,
der in dieser Zeit zuerst durch Besuehslaarten angekündigt, später durch
die Abgabe dieser Karten ersetzt wurde. Oft verband man mit einem
derartigen Besuch einen besonderen Wunsch und verwendete dazu eine
Mm, 14m- Irvwnl 56mm,
Wälwr n-äiulßlvm AM,
Eine Wicncr Glückwunschkarte mit dem Blumcnhccl
Liu-Pzc", das von einem Mädchen hrgossen wird.
Sinnliche ilürkv unsrhkavlcn mm Im Besitz des österrelchlswhon
snN-um 1m ungruanllte Kunst,
Wunsehlaurte, die im folgenden anstelle des persönlichen Gliickzvitnsclaes
übersandt wurde. So entstand rlie Jlürlaivunsehkarie, die ihre größte
Entfaltung in der Biedermeierzeit fuml.
Wie die harnclae Besuehslearte, wenn sie ein Bild oder ein Iinhlenz
trug,in diesem oft einen inhaltlicher Bezug zu dem Abgehenden hatte, so
uerireixdete man schon im 1A. jnhrhundert für die Wunsrhkarteyr
alleguristrbe Bilder im Zusammenhang mit dem jeweiliger llVnnsela.
Dieser Je-danke blieb auch am Beginn des 19. jahrhnnderts bestehen,
nur mit einer starken IPendmig zum Sentimenialen und Pdthetisrhevi.
Lilrei-nonnneiz aus der heroisrhi-n" Zeit um 1800 blieben die .,holaen
Ideale", wie Freundschaft, HIJVB oder Gerechtigkeit weiterhin auch in
dieser Generation das lllüinselaeizswerte, die zu passenden Gelegenhei-
ten, wie Neujahr, Geburtstag mler Vnmenstttg untereinander gewünscht
wurden. Die meisten dieser Karten begleiten ihren IPnnscIJ mit einem
darauf liezüglirhen allegurisrbeit Bild, das stilistisch stnrle in der
Nachfolge des Klnssizismns steht. In gewisser Weise finden wir in diesen
ideulistisrhJelassüistischen Karten eine Art Rüekzmgsgehiet oder I1
Auswirkung barocker Tradition der Allegorie. Die Wünsche geben da-
Fächcrförmigc Fnltknrte in geöffnetem Zu-
stand. Geschlossen hat sie die Gestalt cincs
kleinen Bricics.
ln dem Brief, der auscinnndergelegt werden kann,
sieht IOOO Glück zu dicscm Fest, alles Gute was
sich wünschen läßl."
Karte mit Hebelzug. Durch Ziehen nn emcr
Papicrlxlschc obcn. lassen sich dic Armc de
Mädchcm bmvcgvrx und Sic zwh! nn cinvm Band
die Kugcl mil dur Tnwhrifl aus dem 'I'upf.
Die Rose ist abhchbur und darunter steht
IOUO Glück".
bei in Allgemeine und betreffen manchmal sngar pulitische Gebiete, wie
etwa den Wunsch nach Frieden, als besondere Gabe an einen Freund.
Es entspricht aber wohl dem unheroiscben Charakter der Biedermeier-
zeit, daß diese großartigen, allgemeingültigen lltünsclye durch persön-
liche ersetzt wurden. Als allgemeiner Wunsch bleibt nur mehr der nach
Glück. Unter den persönlichen ist rler nach Liebe das Dominierende.
Damit wird aber die lWunschkarte zu einer zart-vertrauten Mitteilung,
fa eigentlich zu einer Art Geständnis. So lautet zum Beispiel der Text
einer solchen Karte "Ich komme im Auftrag meines Herrn, um Ihnen
zu sagen, er hätte Sie gern", wobei die letzten Worte auf einem Tafel-
chen in einem Blumenkorb untergebracht sind. Daraus eröffnet sich
eine reiche Fülle an Möglichkeiten, durch allegoriscbe, sentimental-
zärtlicbe Bilder Geständnis, Wunsch und Bitte zu überbringen. Sicher-
lich aus der Absicht diese zarten Geständnisse in einer gewissen Ver-
borgenheit zu lassen, erfand man eine Art van Karten, bei denen erst
durch Öffnen eines Briefes, Wegheben eines Teiles des Bildes oder das
Ilerändern des teilweise beweglichen Bildes durch Ziehen an einem
kleinen Hebel, der eigentliche lUunschinhaIt sichtbar wird, bei dem
nun sehr alt ir der umständlichen Form eines Gedichtes oder Spruches
der Wunsch gebracht wird. Im Bild ist die Absicht, die Zartheit und
Zärtlichkeit immer weiter zu steigern, wubei immer noch allegarische
Figuren herangezogen werden. Sonst aber wird alles Raffinement dar-
an verwendet, den eigentlichen Wunsch in geschickter Weise zu uer-
bergen.
So wird aus einer ehemals auf das Großartige abzielenden Einrichtung
eine tändelnde Spielerei, die sich von der Allegorie immer mehr ent-
fernt, die aber vor allem im Zusammenhang mit Blumenbildern, etu-a
auf Gläsern, ein reizvolles Zeitdokument darstellt.
Mit der Auflösung der gesellschaftlichen Regeln dieser Zeit, sind auch
diese Karten gegen die Mitte des 79.ahrhunderts verschwunden.
KANU mit Ilclvulzxxg. Durch Ziehen an cincr Palncrlnschc cntfcrm
man Blümchen mit Emhlcmen und das Medaillen mit der Inschrift
wird lkrci.
a. K;7YIÖ'DrZ,'u
Q4! fuß, nur! Nil-V"
Such um I. A. PMHH umch nuwppc Illlllrßllätßhfl IN?!
HÖFISCHE
FASCHINGSFESTE IM BAROCKEN WIEI
IRANZ
lADAM1
JWSK
Kaum war das Jahr eingegangen und die Heiligen Drei Känige
mit ihrem Stern hatten noch einmal an die Gehurt des jesuskin-
des erinnert, da begannen die fröhlichsten und ausgelassensten
Wochen des ganzen jahres, der Fasching, und auf die gnaden-
reiche folgte die lustige Zeit, des Teuffels Lauber-Fest" wie
Abraham Saneta Clara sie nennt. Kaum waren die Kalender
mit ihrer papierenen Jrandezza in die Buchladen eingelollenf
so hat sich alsohald eine llscadrc von Narren und Närrinnen ein-
gelundcnfsolche zu begucken und zu schcnfwie lange dieses
gegenwärtige Jahr der Fasching seyc?" und wenn sie sahen, daß
von Freßhollen bis auf liastenburg" nur ZClICH 'l"ag-Reis" seien,
da ist ihnen auf einmal das Maul gehencket", wie ein Zeitge-
nosse Abrahams sagt. Es war, als 0b die Leute närriseh" ge-
worden wären; sie stellten allerhand Lustbarkeiten,Thorheiten,
Singen, Springen, jauchlzcn, Geigen, Pfeiffen, Laullen, Raulfen,
Saullen, Dänlz und Fressereien" an und waren in ihrer Freude
kaum zu halten. Die Handwercks-Leuth", die zu solcher Nar-
ren-Zeit Haullenweiß auf der Gassen, Strassen und in allem
Würths-Häussern herumb vagiren, die Leuth vexieren, Narren
agiren", gaben dem Baucrn-Volek" mit Fressen und Sauilenf
Tantzcn und Springen" nichts nach und unserem Sittenpredig
Abraham, der in seinem Centifolium stultorum" hundert Au
bündige Narren" in seiner bekannten Weise darstellt, geißelt
in schönen Kupilerstichen" abbildet, bleibt der Fastnachtsn;
die Krone aller Narren, denn wer sich über die Natur oder Nal
tur zum Narren selbst macht, ist ein doppelter, ja vicreckel
Narr über alle Narren". Und dall ihn nicht der Vorwurf
Parteilichkeit treffe, findet mAn in seinem vier Jahre später
schienenen Werk, der Mala gallinn", auch die Faschingsnärr
die dem männlichen Part vollkommen gleichkommt.
Tanzen, Musizieren und ausgelassene Fröhlichkeit bei eine
guten Mahl und reichlichem Trunk herrschten nun einmal eini
Wochen im jahr in Wien und die Nikolaizeche, die älteste,
dem Jahr 1300 gegründete Gewerkschaft der Musiker, hatte
Hände voll zu tun, darüber zu wachen, daß Unbefugte ihr
Mitgliedern nicht das Brot schmälerten. Leider sind uns die
ten dieser Vereinigung, die erst unter Josef II. aufgehoben wurc
nicht erhalten, aber welche Fülle von Nachrichten zur Wien
Kulturgeschichte müssen sie enthalten haben!
Eine besondere Note erhält jeder Fasching dadurch, dztß sei
.....c..... u-.. a. .. an, ...- ... ..-. yv; ..........,- ..... v. .,..,....., s..-
irrile hinein jeden Spielraum ließen. Auch unser Faschings-
trägt ein bunt zusammengcwürfeltes Kostüm Die weitaus-
ende Mütze kennen wir von den köstlichen Typen der Zanni,
ältesten Spaßmachern der commedia, die Callot fast hundert
ire früher verewigt hatte; sein Rock triigt ein verändertes Har-
insmuster und die Hose ist mit Spielkarten beniiht, um zu
gen, daß auch das Spiel zu den Faschingslustbarkeiten ge-
"te; an der Seite hat er eine Art Holzschwert, die Pritsche des
rlekin und Hanswurst, ein uraltes Fruchtbarkeitssymbol, mit
sich, wie Callots Figuren zeigen, allerhand Lazzi ausfüh-
ließen; hinter ihm tobt ein ausgelassener Zug, ebenfalls in
seera". Auch die Kostüme für die Lustbarkeitcn des Hofes,
Kostüme Burnacinis, zeigen diese Mischung von Kostümv
menten, bei denen das Flickengewand des Harlekin fast nie
lt.
Behörden verursachte der Fasching, in dem es mitunter recht
haft zuging, manches Kopfzerbrechen, insbesondere die Man'-
waren, zumindest auf den Straßen, immer wieder verboten,
in neben harmlosen Späßen war es auch vorgekommen, daß
er die frohe Karnevalszeit bcnützte, um, in harmloser Maske
ccnntlich, seinen Feind, Nebenbuhler, Gläubiger oder Spiel-
mpan mit einem geschickten Dolchstoß den irdischen Freu-
zu entziehen und ihn der ewigen Freude teilhaftig werden
lassen. Die Stadtverwaltung, oder wie sie amtlich hießen Die
Wicnn", borgtcn bei einem wohlhabenden Bürger einig
irde aus die Ausgaben für die Lehertrosse" finden wir in
Büchern des Unterkammeramtes, der Finanzverwaltung der
dt in jener Zeit; ihre Knechte ritten nun meist Anfang lie-
iar durch die Straßen der Stadt und verkündeten an den wich-
sten Orten und auf den Plätzen unter Trompetcnschall einen
uf", der für die Dauer des Fasehings das Tragen von Masken
nächtliches Musizieren verbot, um Ungehörigkeiten und
ordnung" vorzubeugen.
ihrend die Behörden durch Verbote das Maskentragen einzu-
nmen suchten, zeigten die Chronisten die crschröcklichen"
lgen grotesker und bizarrer Masken auf, indem sie den Wie-
zum Beispiel erzählten, man hätte im Jahr 1544 in den Nie-
-landcn auf offcntlichen 'l'äntzen und Plätzen" so abscheu-
ie Larven und Masken getragen, daß bald darauf .,einer ehr-
ten und adclichcn Frauen ein Kind geboren worden mit fun-
'nden und gleichsam feurigen Augen Nasen und Maul war
ern natürlichen Ochsen gleich und auf der Stirn zeigetcn sich
grosse Hörner hervor an dem Rucken war solches mit lauter
nds-Haaren überwachscnjan der Brust aber sahe man einen
nds-Kopff mit grausamen Zähnen; mit einem Wortfcs ware
lig nach Gestalt deren l.arvcn und Masqueratenlso mztn dat-
nal gebrauchet". Dieses Kind habe nach vier Wochen mit den
rten Wachet weil der HERR euer GOTT herannahct" den
ist aufgegeben; vielleicht ist der Schreiber einem Faschings-
der den Aberglauben seiner Zeit ausnütztc, zum Opfer ge-
len.
zle meinten, es sei ihnen im Fasching alles erlaubt; sie gehen
he Morgens in das Wirtbshaus und wann sie voll und toll
imlen sie in das Caffe-Gewölb und vermeyncnldurch die ge-
nnte Bohnenfund durch das warme Wasser, als das Asiati-
ie Mode-Gctranckfsich widerum nüchter zu sauffenfda fal-
sie in das Würffel-Spielen ein Indessen sitzt das Weib mit
ien Kindern zu Haus in der kalten Stuben... und grimmt sich
gen der Schulden zu todtu so unser Chronist anno 1709; er
aber, um eine Besserung zu erzielen, absichtlich mit allzu
nklen Farben gemalt haben.
Zeit der Barocke war das Volk auch in seinen Vergnügun-
von Hof und Adel vollkommen getrennt und wenn man sich
ch hier wie dort im Fasching auf gleiche Art vergnügte, die
"F64
gjcg Üfqrr. in Jcöcväci?
WÜEPJFM man Mffbicffuiäiunrlff? fYrfä,
5a icfmch 16.2175
"Die 3113 51 funmffxm Rm-rcn M111,
11m3 3th; 6n1.3ic1j'f svciß jcöcnr
13' lt linr
ward!
Fastnnchtsnarr aus Cenli-Folium stultorum In Qunrto oder Hundert
Aussbündige Narren In Folie" von Abraham Sancta Clara Wien, 1709.
liormcn waren bei Hof doch ganz andere. Es gab die verschie-
densten divertimenti"; die theatralischen Unterhaltungen, vor
allem die Fasehingsoper, die stets einen heiteren Stoff behandelte
Demokrit, den lachenden Philosophen 1670, Diogenes mit sei-
ner Laterne 1674, Sokrates, der sich gleich mit zweyen Ehe-
Wirthinen" plagt 1680 usw. Adelige spielten Stücke im Stil
der Commedia delFai-te, Kinder der Adeligen und Edelknaben
Komödie oder man veranstaltete Polieincllspiele Marionetten-
theater. Dazwischen gab es Tanz und allerlei Lustbarkeit, wie
Krapfenschießen u.dgl.
Wir glauben dem Theatrum Europäum" ohne weiteres, daß
im Fasching die Publica ganz stillstunden" 1653, dürfen aber
nicht vergessen, daß der dreißigjährige Krieg eben zuende ge-
gangen war und alle, nicht nur der Hof, sich der lang entbehr-
ten Faschingslust in dem so ersehnten Frieden hingaben. Später
freilich, unter Karl VI., wird den Nachrichten vom Faschings-
treiben bei Hof zur Beruhigung der Gemüter üfter beigefügt, daß
darüber die Regierungsgeschäfte keineswegs vergessen worden
seien.
Wenn der Fasching bei Hof einmal ganz ruhesam", ohne
offentlichen Lustbarkeiten" verlief oder beschlossen wurde, dann
mußte schon ein besonderer Grund vorliegen; meist war es der
Tod eines nahen Verwandten oder Familienmitgliedes der Habs-
Ein ltlaskenbzillbcsucher, nach Art eines Harlekins kostümicrt, ist im
Begriff, in den Laden eines Maskenhiintllers einzutreten, Titelblatt des
..Entdecktcn Carneval", Wien, 1709.
Groteske Faschingsfiguren; in der Mitte ein Capitann, die bekannte
Figur aus der italienischen Commcdia delVitI-tc. Entwurf von Lodovico
Ottavio Burnacini geb. 1636, gest. 1707 in Wien. Die hier gezeigten
Aquarelle Burnacinis entstanden in der Zeit zwischen 1670 und 1707
als Kostümentwürle für die Faschingsfeste des Wiener Hofes.
burger, für den die nach dem Zeremoniell in ihrer Dauer je
dem Grade der Verwandtschaft zum Kaiser genau abgestufte
der Klage" gehalten werden mußte, in der jede öffentliche
terhaltung eingcstellef blieb. In den letzten Jahrzehnten
17. Jahrhunderts hielt man dann meist sogenannte Akademic
Strcitgespräche nach kirchlichem Muster, nur mit durchaus
liehen Stoffen. Vielfach stand die Liebe im Mittelpunkt der
einandersetzungen Ob ein Kavalier cntschuldhar ist, der,
seiner Dame zu gehorchen, eine andere beleidigt? Ob sich im
hcn Anlage oder Erziehung besser bewährt? 1685. Es gal'
diesem Fasching durch YVnchen hindurch an jedem Sam
ein solches Divertimento Academico" wobei die Kavaliere
bemühten. vor dem Kaiserpaar, vielen Adeligen und Damen
spiritosi diseorsi sopra bizarri problemi molto curiosi viv.
zu halten.
Der liaschingdienstag, dem nach soviel irdischer Lust die Fast
zeit mit ihrer Einkehr und Besinnung auf das Jenseits fol,
brachte das größte Fest, Höhepunkt und Abschluß zugleich
Wirtschaff odcr BauernhochzciW. Es waren dics Maskenfi
ungefähr gleichen Charakters, wie sie schon in der ersten Hä
des 17. Jahrhunderts am Kaiserlichen Hof gehalten wurden,
Leopold I. aber den Fasching so regelmäßig beschlossen,
man nur mehr von der gewöhnlichen" d. h. gewohnten
schaft" sprach. Andere Formen großer Maskenfeste sind se
bezeugt; das originellstc- war wohl das Königrcich", das
pold l. nach seiner ersten Verheirzttung hielt 1669; in eit
fingierten Königreich waren Rang und Stand, allerdings nur
eine Faschingsnacht, vollkommen verändert ein Kavalier
König und der Kaiser ein Silberdicner", die Kaiserin ein Cai
liriiule so zugleich schenkht".
Für die Wirtschaftcn" bildete sich dann mit der Zeit ein
stimmtcr Ablauf heraus. Der ruhende Pol in der lirscheinun
Flucht waren Kaiser und Kaiserin, die als Wirt und Wirtin
schwarzen Adler" als Gastgeber fungierten und nun bei
'Bauernhochzeit" die Hochzeitsgäste hcwirteten oder bei
WirtschafW Gäste aller Herren Länder empfingen immer
es freilich der enge Kreis der Kaiserlichen Hof-Statt", der
ihnen teilnehmen durfte. Im ersten Teil des Festes wurden
Kostüme bcschaut, wohl auch ein wenig getanzt und ein
gang" in folgender Ordnung gehalten Den Zug eröffneten
einer Baucrnhochzeif der Naehtwächter und als ledige Knet
die höchsten Hofämter, Übcrsthofmeister, Ohcrstkiimme
Obcrstküchenmeister vom Hofstaat des Kaisers, der Kaisi
und der lirzherzoge; es folgten Wirt und Wirtin Kaiser undl
scrin und paarweise, immer Mann und Frau derselben Berufs
ihr Personal Kellner und Beschließerin, Koch und Köc
Knechte und Dierncn"; Spielmann, Marktschreier, Schult
ster und Kaplan bildeten eine Zwischcngruppe, auf die die Br
leute mit Vater, Mutter und ihren Verwandten, sowie Brautl
rer und Kranzljungfrauen folgten. Dann kam wieder eine Vic
gruppc, Herrschaftspflegcr, Dorfrichtcr, Soldat und Dorf-Jud
zum Abschlull Bauernpaarc aus ganz Europa spanische, en
lischc", wälsche", schwedische, dänische, hannakische, sch
hische, tirolisehe usw. sogar türkische. Anders kostümiert wa
die Teilnehmer an einer Wirtschaff, die mehr städtisches
präge hatte statt des Nachtwächters eröffnet-e der Thorwä
den Zug, Gewerhsleutc, wie Glaser und Fleischhacker" ft
tcn. An die Stelle von Spielmann, Marktschreier und Schulr
stcr bei der Bauernhochzeif trat der Musicus" und statt Hc
zeitszug und Dorfgemeinschaft erschienen Vertreter aller
liehen Nationen aus ganz Europa Alt-Teutsche", Venezia
Moscoviter, Griechen, Pcrsianer, Mohren und nur vercin
Bauern; Capellan und Jud waren hier wie dort.
Die Wirtschaften" fanden stets zur Faschingszeit statt; au
dieser nur, wenn man einen besonderen Gast besonders eh
wollte, wie Peter den Großen, der im Jahr 1698 Leopold I.
Wien besuchte. Ihm zu Ehren wurde am 21. Juli in der Kay
liehen Favorita" dem heutigen Theresianum in der Favorit
Groteske Faschingsfiguren mit symbolhaf-
ten Tieren. Entwurf von L. O. Burnncini,
der als Theaterarchitckt Kaiser Leopold I.
am Wiener Hof tätig war.
Straße eine Wirtsehaft" gehalten, dergleichen vornehm- und
pompose Festin nicht bald seynd gesehen worden".
Gegen Abend versammelten sich die Gäste in der kostbahristenl
insonderheit das Hohe Frauen-Zimmet mit den last onschätz-
bahren rcich-bcschmuckten Kleydern jedoch jedweder nach
Brauch und Arth seiner vorstellenden Nution" zu ebener Erde;
dort tanzte man eine Zeitlnng und ging dann in den Obern Saal,
welcher mit denen kunstreiehisten Jt-miihlden vielen Bild
und großen Spiegeln behnnget zu diesem liestin itulf das zier-
lichste auffgehutzet; und mit einer großen Menge deren auff viel
großen silbern Häng- und Wand-Leuehtern gestellten XVaX-Liceh-
tern erleucht gewesen". Die koslümierten Jäste set7ten sich nun
zu einem vornehm- und kosthahren Pztnqtiet, bey welchen Sie
auff das rareste ITIICIlFCT, und nur von 32 zu diesem lind in
gleiche Klcyder verkleydte Knyserl. Edel-Knaben bedient wor-
den Nach Vollendung dessen seynd alle hohe Anwesende wieder-
umb an den vorigen untern Saal zuruck kommen "und ist allda
zu Männiglichen Vergnügung der Ball die gantze übrige Nacht
Fztsehingskostüme mit makubren Gesichtsmasken Türke und zwei Sols
dztten; alle tragen als Untergewnnd das Kleid eines llzxrlekins. Diese
Aquarellentwürle von L. O. Burnncini gehören zu den Kostbarkeiten
der Theatersammlung der Österreithisehen Niitionnlhihliothek und sind
für die europäische Thenter- und Kustümgesehiehte von höchstem Wert,
hindurch bey zierlichst- und angenehmbster Hoff-Music eonti-
nuirt worden".
Die Musik besorgten eigene Brtllgeiger, die von den übrigen Hof-
musikanten scheel angesehen waren; Karl VI. mußte einmal
seinen Johann Strauß, einen gewissen Schweinberger, gegen sie
ausdrücklich in Schutz nehmen, denn sie hatten ihm die Noten
zerrissen und seinen Jungen geprügelt.
Der Groll Czaar von Moscau" war als Frillländischer Baur"
erschienen, seine Begleitung ligurierte nur unter den Dienern,
während die Kostüme ihres eigenen und ihnen nahestehender
Völker österreichische Adelige Moscowitter-Obersthofmarscltall
Graf Mansfeld, 'l".trtttr-Gr'.tl' Dttun trugen. Von den Söhnen
Leopolds I. erschien der ältere später Josef I. als Egyptier",
der jüngere später Karl VI. als Niederländer,
Die Möglichkeiten der Kostümierung waren fast unbegrenzt;
die Kostümtreuc beschränkte sich auf wenige charakteristische
Attribute wie z. B. bei den 'l't'irkcn auf den Turban, ansonsten
waren Schönheit und Pracht ausschlaggebend. Die enge Ver-
bindung dieser Festkostüme mit dem Theater war auch dadurch
gegeben, daß die Entwürfe zu beiden von denselben Künstlern
stammten unter Leopold I. von L. O. Burnacini und unter
Karl VI. von A. D. Bertoli. Eine Auswahl aus dem Werk
beider hat sich im Original erhalten; die vielfach aquarellierten
Handzeichnurtgen gehören zu den kostbarsten Dokumenten der
Wiener Kultur- und 'l'heatergeschichte.
Im 17. Jahrhundert scheint für jeden einzelnen das Kostüm, in
dem er bei dem Maskenfest erscheinen sollte, bestimmt worden
zu sein; im 18.Jahrbundert, unter Karl VI., entschied darüber das
Los. Jeder Teilnehmer mußte Wochen vorher einen Zettul he-
ben", aus dem das Kostüm, das er bei der WirtschafW zu tra-
gen hatte, ersichtlich war; so wurden z. B. im Jahr 1724 am
25. Jänner die Lose für die Wirtschaft vom 29. Februar ge-
zogen. In der Zwischenzeit wurde das Kostüm angefertigt; da an
jeder Wirtschaff etwa 80-1OO Personen teilnahmen, mögen
die Sticker", wie die Kostümschncider damals hießen, weil Stik-
kerei in echtem Gold und Silber einen wesentlichen Teil des Ko-
stüms ausmachte, ihre Nadeln wohl fleißig gerührt haben. Viel-
aeh waren die Kostüme mit Edelsteinen besetzt und man schätzte
den Wert, der da getragen wurde, manchmal bis auf zwei Mil-
lionen Gulden, für jene Zeit eine unvorstellbar hohe Summe.
Neben den Wirtschalten" wurden auch freiwillig verkleidete
Feste" gehalten, bei denen jeder Teilnehmer sein Kostüm frei
wählen konnte.
Bei den höfischen Maskenfesten war auch das sonst so strenge
Zeremoniell ein wenig gelockert; man war an diesem Abend
eben, was man schien, auch dann, wenn es ungewöhnlich war.
So vermerkt das Zeremonialprotokoll im Jahr 1653, daß der Kai-
Cnplmno. Die Figur der Commcdin dellüxrtc wird dmhci uns Lächerliche
gezogcn. Enhvurl von L. O. Burnncini, Aquarell.
ser bei der Faschingswirtschaft den Kurfürsten von der Pfalz,
welcher die Persohn eines Venediger agierte", nur mit Herr
Venediger" tituliert habe zu einer anderen Zeit wäre darüber
eine Welt versunken.
Die letzte Wirtschaft und damit das letzte Faschingsfest alten,
barocken Stils, wurde bei Hof 1731 oder 1732 gehalten; dann
verboten die Kriegswirren so große Lustbarkeiten. Aber man
las gerne von solchen Fasehingsfesten in anderen Residenzen, so
in München, wo 1734 eine maskierte Hirschjagd" abgehalten
wurde, an der sich alle Figuren des Volkstheaters, Harlekin,
Pantalon, Dottore usw. und unser Hanswurst mit dem Schwein-
Spies" beteiligten.
In den letzten Regierungsjahren Karl VI. begann man auch
außerhalb des Hofes für Leute von Distinction und Character"
nach Brüsselischem Gebrauch" Ball-Festins" abzuhalten 1733
im Kärntnertorthcater. Im Jahr 1734 wurde verordnet, idaß
alle Bällc einer Bewilligung durch die Behörde bedürften.
Allgemein wurden die Faschingsfeste dann unter Maria Theresia.
Sie wurden in dem zum Theater umgebauten Hofballhaus am
Michaelerplatz, das uns als das alte Burgtheater ehrwürdig und
teuer ist, abgehalten. Seit 1748 verlegte man sie in den großen
Redoutcnsaal, zu dem das alte, aus der Zeit Leopolds I. stam-
mende Hoftheater umgestaltet worden war, da Maria Theresia
die Tradition der barocken Oper bei Hof ehensowcnig fortsetzte
wie jene der barocken Faschingsleste. Zunächst hatte zu diesen
Bällen im großen Redoutensaal jedermann Zutritt und schon
im Fasching 1748 vergnügten sich dort manche Nacht an die
dreitausend Menschen beim Tanz. Ein zweiter großer Ballsaal,
vor allem für Nobelbälle, war in der Mehlgrube auf dem Neuen
Markt. Maria Theresia und ihr Gemahl, Franz I.. besuchten gern,
öfter auch incognito und in maschera", diese Bälle. Man zählt
in manchem Jahr bis zu dreißig Ballabende des Kaiserpaaresi
Auch in den größeren Sälen der Hofburg wurde getanzt, doch
hatte hier nur der geladene, appartcmentfähige Adel Zutritt.
Im Jahr 1744 fand in der Winterrcitschule, die erst anderthalb
Jahrzehnte früher erbaut worden war, anläßlich der Hochzeit
der Schwester Maria Theresias, Maria Annas, mit ihrem Schwa-
ger Carl von Lothringen einer der größten Maskenbälle statt,
die die Hofburg je gesehen hat. Giuseppe Galli-Bibiena, der be-
rühmte Theaterarchitekt, hatte den Saal reich und festlich aus-
geschmückt, in dem sich hunderte Masken, vielfach Figuren aus
der italienischen und Wiener Volkskomödie, in buntem Fest-
treiben bewegten. Es war gleichzeitig ein Abschied von der!
alten Festkultur der Barocke; eine andere Zeit kam herauf, viel-
leicht gemäßigter, aber auch weniger bunt und lebendig als im
abgelaufenen Jahrhundert der Barocke, der hohen Zeit des Thea-
ters und des Festes.
Lageplan sämtlicher Ballokalitäten in und nächst Wien.
10
unllnhvr
man LITÄTIJI
IFIII lnrhll
vnu.
DREIHUNDERT JAHRE FASCHING IN WIEN
Von ERWIN MI
"TAG
Fasching in Wien das klingt zunächst wie der Titel eines bil-
lige Effekte visierenden Filmstrcifens. In diesen drei Worten liegt
indes ein ansehnliches Stück Kullurgeschichtc. In den Zonen der
Heiterkeit, des Lebensgenusses, der den Alltag überhöhenden
Impulse geben sich der Einzelne und die Masse in völliger Natür-
lichkeit. Sohin ist es nicht übertrieben, in der typischen Wieneri-
sehen Art lieste zu feiern, einen Beitrag zur Psyche des Oster-
reichers zu suchen. Auch die Lustigkeit bewegte sich hierzu-
lande innerhalb gewisser Grenzen, die sich von der Steifheit
eines bloß-formalen Pomps ebenso fernzuhalten wußte, wie vom
Ausarten ins Exzessive. Des lieben Augustin Lächeln unter Trä-
nen und sein Widers el die Sarkasmcn Grillparzers, deren Dis-
sonanzen ihre Auflösung in einem Humor der Resignation fan-
den, bestimmen die Demarkationslinien einer Heiterkeit echt
österreichischer Prägung. Zu verschiedenen Zeiten verschieden
kostümiert, blieb sie ihrem Wescnskern nach stets die gleiche.
Es ist kein Zufall, daß die lückenlose Reihe der Wiener Fa-
schingschronik in der Renaissance anhebt, jenem Zeitalter, von
welchem Papini aussagt, in ihm halten sich transzendcntalcs Stre-
ben und irdisches Sinnen die Waagschale. Nach Beendigung eines
dreißig Jahre währenden Zerstörungskriegcs jedoch schlug das
Pendel mächtig in die weltliche Richtung aus. lie notgedrun-
gen lang gebändigte Lebenslust forderte ihre Rechte. Sie paßte
sich in ihren Äußerungen naturgemäß den einzigen Vorbildern
an, welche in diesen Zeiten maßgebend waren dem Hof und dem
Adel. Beiden diente wiederum das kirchliche Jahr als Regula-
tiv. Nimmt man die Hanswurste und Spaßmacher des niedrigen
Volkes aus, deren Beruf es war, zu allen Zeiten Tanzlust zu ent-
fesseln, so kamen für die Abhaltung von Karnevalsfestlichk-eiten
bloß die Wochen vom Dreikönigstag bis zum Aschermittwoch in
Betracht. In zahlenmäßiger Hinsicht überstiegen jedoch die Lust-
barkeiten des Volkes die Feste der Gesellschaft. Sonntag und
Feiertag hörte man ein beständiges Geigen, Leiern, Springen,
Tanzen in allen NVirts- und Schankhäuscrn, nachmittags bis in
die Nacht" berichtet ein Schweizer Kleriker als hervorstechend-
stcn Eindruck eines Wiener Reisebesuchs in den Fasehingstagen.
Daß Türkennot und Pestepidcmie eine bereits zur Tradition ge-
Das Elysium in Wien in einem unterirdischen Tanzsaal des Seiterhules.
Llthogruphle von Albrecht.
Wiener Faschingslust."
wordene liaschingsfrcudigkeit wohl vorübergehend einschränken,
aber keineswegs aufheben konnten, beweist die schon damals
erreichte Bodunstiindigkcit und Popularität der Institution.
Unter Karl Vl., dem Spanier auf dem deutschen Kaiserthron,
bekam der Fasching wohl zuweilen etwas gravitätische Züge.
Dem Tanz gesellten sich andere Vergnügungsarten wie Schlit-
tenpartien, Karusscllc, Liebhabertheatcr, maskierte Redouten.
Aber unter den Fesseln eines von barocker Geistesanschauung
diktierten Protokolls, entfaltete sich unverkennbar die echt wic-
nerische Lebenslust, die sich grundlegend von dem Prunk Ver-
sailles und der an anderen europäischen Höfen üblichen Abge-
zirkeltheit unterschied.
In den Rcgierungsjahren Maria Thercsias wird Wien zur Wiege
der Eenieepochc kla ischer Musik. Daß die Heroen der Musik
ihre Kunst nicht allein in den Dienst der ernsten Muse stellten,
war durchaus im Sinn der Wiener, von welchen Schiller aussagt,
sie verzeihen nicht, daß man sie um ein Spektakel betrüge. Keine
Geringeren als Gluck, Haydn, Mozart verschöntcn diese .,Spek-
11
lakel" durch ihre 'l"anz- und Ballettmusiken, die zu unvergängli-
chen Denkmälern längst verrauschter Faschingsfreuden wurden.
Eine neue Epoche hebt an. Die Geistesströmungen des josephi-
nismus und der Aufklärung ergreifen von Denken und Fühlen
des Einzelnen Besitz und verleihen auch den äußeren Lebensfor-
men veränderte Aspekte. Die sich anbahnendc Demokratisierung
wirft ihre Schatten voraus. Waren bisher Hof und Adel die cin-
zigen Autoritäten für Lebensstil und Lebensformen, so beanspru-
chen nun Bürgertum und breite Massen ein Mitspracherecht.
Zur Zeit des Wiener Kongresses erlebte noch einmal der Fasching
der oberen Gesellschaltssehichten in den Prnchträumcn barocker
Palais seine Spiitblütc. Aber aus den Bierkneipen und Ballsälen
der Vorstadt entsteht ein neuer Typ des Karnevals. Die Namen
der Bratlgeigcf Josef Lanner und Johann Strauß des Älteren
leiten eine Entwicklung ein, die in der Person Johann Strauß des
jüngeren und seiner weltberühmten Walzer kulminiert. Wel-
chen Umsturz der Gebrauch dieses Wortes ist keine Über-
treibung die Entstehung des Walzers im öffentlichen Leben
mit sich brachte, läßt sich heute kaum mehr vorstellen. Dieser
Tanz bedeutete eine soziale Revolution. Man bedenke, daß die
Eltern dieser eng umschlungen dahinwirbelnden Paare im Tanz-
vergnügen noch ein zibgemessenes Zeremoniell sahen, Claß der
hings- und Narrenabend des Wiencx
lnergcsnngvereins 1861.
vgrupllle vun Vlnzenz Kolzler.
12
Koslümfcst im Musikvcrcir
Fasching 1875.
Vorstadlbal
um 1880.
Komplimenten begleitete Menuettschritt kaum eine Berüh-
der Fingerspitzen ge tete. Der Walzer aber war das Sym-
'ines neuen Wleltgefüh .. Es wiire unmöglich gewesen, sei-
Äufstieg in die Zonen der Salons zu verhindern. Die Älteren
ieutigen Generation werden sich noch der Tanzlust erinnern,
ach Beendigung des ersten Weltkrieges einsetzte. Gemessen
er Statistik der öffentlichen Karnevalsveritnstaltungen im
der Jahre 1820-30 erscheint sie bescheiden. Innerhalb
Dekade zählte man 772 öffentliche Balle an welchen ins-
rtt 200.000 Personen teilnahmen. Die Einwohnerzahl Wicns
Siedermeierzeit belief sich auf 400.000, so daß damals buch-
ieh die halbe Stadt einem hektischen Tanzfieber xierhtllen
Um den Massenandrang der Tanzlustigen befriedigen zu
en, mußten großräumige Lokalitäten zur Verfügung stehen.
;ab es die Sperlsäle ,.eine halbe Niteht beim Sperl ist der
issel zum Wiener sinnlichen Leben" versichert llcinricit
ferner die Sehwimmhalle des Dianabztdes, welche im
er in einen Tätnzsttal verwandelt wurde. Das luxuriöseste
palais aber war der Apollosaal am Sehottenfeld. lir war der
te Tanzsaal Europas und beherbergte in zahlreichen Neben-
Blumengäirten, Grotten mit Wasserfällen, Teiche mit le-
en Schwiinen, Säulen aus echtem Marmor, prächtige Kri-
ister, welche die zencrie feenhaft beleuchteten. Die Prunk-
ltung der Renais. ncc schien zu neuem Leben erwacht.
Magier, dessen Kompositionen diese Tanzorgien entfesselte,
johann Strauß. Dieser seltsame Mann, Vorläufer des Ma-
rtyps unserer Tage, war der eigentliche Begründer es
1er liasehingbetriebes großen Stils. Ein Blick in die Titel
rMusikwerke läßt Brennpunktdes lokalen und historischen
gesehehens aufleuchten. Die Xlllitlxerpartie Heiter auch in
er Zeit" soll den 1831 von der Cholera heimgesuchten Wie-
Optimismus einflößen. liine andre Die Naehtwandler" ge-
glossiert die 1836 grassierende Furcht vor dem ErseheL
eines Kometen. Der EisenbahnlusÜ-Yvztlzet" kündet von
Abfahrt des ersten Nordbahnzuges. Der Ernst des Revolu-
jahres spiegelt sieh in Tdtelgeleungen wie "Marsch der
entenlegion", FreiheitsmarselW... Linter dem Sturmliiuten
Glocken und dem Knattern der Gewehre wird auch die
und Dritngepnehe des Wliener Karnevals zu Grabe geä
In.
Als die nach Jahren der Unruhe eingetretene relative Ruhe wie-
der Gedanken an 'l'an7.freudigkeiti aufkommen läßt, wird je!
hann Strauß der jüngere der ungckrönte König des Wiener Fa-
sehings. Der Wiener Walzer hat alles Revolutionär-Umstürzle-
rische verloren, die Institution des Karnevals hat sich verbürger-
licht. Biille abzuhalten ist nun auch eine Form der Repräsenta-
tion geworden, die nicht allein vom Kaiserhaus praktiziert wird,
sondern von zahlreichen Gruppen und Vereinen übernommen
wurde. Der Ball der Stadt Wien, der Inclustriellcnball, der Con-
cordiaball, das Thercsianistenpiekniek -jede dieser Festlichkei-
ten hat ihre persönliche Note und in ihrer Gesamtheit bilden SiC
lbtnzsaal heim Schwarzen Bock. Johann Strauß spielt auf.
l.illtugrtttthlt' Yfllt Xettllttuer. 12m.
13
Ball der Stadt Wien 1899 im Beisein
Kaiser Franz Josephs I. Gemälde
von Wilhelm Gausc.
einen Querschnitt durch das bunte gesellige Getriebe der zur
Millionenstadt anwachsenden Metropole. Damals gab es auch
berühmte Künstlerfeste deren Farbcnrausch Hans Makartls
Phantasie bestimmte. Ein Faschingstreiben der Baheme jedoch,
wie es Paris oder München kannte, war in Wien nie recht be-
heimatet. Und auch die Versuche, die um die Jahrhundertwende,
etwa zur Gründungszeit der Secession von Klimt, Loos, Holl-
mann unternommen wurden, dem Wiener Karneval einen Trop-
fen Montmartre-Pzu-fum zu injizieren, blieben ohne nennenswert-c
Weiterungen.
Hat der Wiener Fasching seinen Charme, seine Virulenz, seinen
eigenartigen Zauber auch noch in unseren Tagen bewahrt? Diese
Frage kann getrost positiv beantwortet werden, auch wenn das
Tanzen nicht mehr so Saison gebunden ist wie einst. Nach wie
vor gibt es prächtige Feste alten Stils, wie den Opernball und den
Philharmonikerball, denen sich zahlreiche kleinere Veranstal-
tungen gesellen. Mag auch an Stelle früherer populärer Tanz-
weisen nun die jazzmusik die führende Rolle spielen, so ist die
Geburtsstadt des Walzers noch immer in der Lage, inmitten einer
von Nivellierung bedrohten Welt ihren Karnevalsiesten beson-
deren Reiz zu verleihen.
Erster Opcrnbnll in dur wicdcrhc-rgcstclltcn Suv
WIENER WADERLMACHER
DIE BEGRÜNDUNG DER WIENER FÄCHERINDUSTRIE IM 18. JAHRHUNDERT
Von HUBERT KAU'l
Der Fächer gehört zu den ältesten Erzeugnissen der Menschheit
und entstand zur Zeit der ersten primitiven Werkzeuge aus dem
gleichen Bedürfnis die Kraft der Hände zu vergrössern. Man
nahm zunächst ein Blatt, um sich Abkühlung zu verschaffen,
Fliegen zu verschcuchcn oder Feuer anzufachen. Später fügte
man mehrere Blätter zusammen, verwendete aber auch Federn,
Leder und anderes Material. Vor allem tritt auf dieser frühen
Kulturstufe bei den Kulturvölkcrn der geflochtene Fächer auf.
Aus einem Bedarfsgegenstand entwickelte sich schon sehr früh
der Fächer zu einem sakralen Kultobjckt, vielleicht von der Be-
nutzung des Fächcrs beim Feucranfachen ausgehend, und spielte
bei allen religiösen Handlungen eine bedeutende Rolle. Selbst
die abendländische Kirche übernahm diese Funktion, denn seit
dem Mittelalter ist die Verwendung von Fächern aus Pfauen-
federn bei feierlichen Aufzügen des Papstes bezeugt.
Gleichzeitig fand er auch in die höfische Zeremonie Eingang, vor
allem der orientalischen Herrscher. Unabhängig davon ist cr
in der gleichen Funktion auch bei den alten Kulturvölkern Mit-
tel- und Südamerikas nachgewiesen.
Die dritte und letzte Stufe zeigt uns den Fächer als Instrument
der weiblichen Kokettcrie und als unentbehrlichen modischen
Gegenstand bei allen Kulturvülkern. Vielfältig und launisch wie
die Mode sind die Formen des Fächcrs, die einander ablösen, um
mit neucn Spielarten immer wieder zu kommen. Als solche
Hauptformen waren bis zur Renaissance in Verwendung dcr
Blatt-, Fahnem, Rad- und Federnfächer. Das Material, das aus
Seide, Leinen, Leder, Pergament usw. bestand, wurde mit El-
fenbein, Perlmuttcr. Schildpatt und anderem in reicher künstlea
rischer Ausführung verarbeitet.
Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts war daher der Fächer ein
Luxusgegcnstand, den sich nur die Bürgcrsfrau in gehobener
Stellung leisten konnte. Erst als im Laufe dieses jahrhunderts
eine neue Form von Asien übernommen wurde, nämlich der
Faltfacher, für den hauptsächlich Papier mit dünnen Holzstäb-
chen verwendet wurde, änderte sich dies schlagartig. Er drang
sehr bald, durch die Billigkeit des Materials und der Herstel-
lung bedingt, in die bürgerlichen Kreise ein. Zunächst bemalt,
erreichte er im 18. Jahrhundert mit dcr Heranziehung des Kup-
ferstiches, der größtenteils koloriert wurde, seine höchste Blüte.
Ein Zeugnis für die Verbreitung und Popularität des Fächers in
allen Bevölkerungskreiscn liegt in einem vermutlich in Wien
1740 herausgekommenen Flugblatt vor Vier schöne neue Welt-
liche Lieder" Sammlung Prof. K. M. Klier, dem ich diesen Hin-
weis freundlichst verdanke. Hier heißt es in Strophe des Lie-
des über die Modeausschreitungcn unterster Schichten
Eine, die ist her kommen von der Bauerey,
den Kuh-Stall bedicnet, hat Schwein gefuttert darbey,
jetzt dient sie in Städten, betracht sie nur gleich,
hat Haar schon einbuttert eingepudert ein Wäderl
Fächer dabey."
Frankreich, das auf dem Gebiete der Mode führende Land, hatte
sich auch dieses kunstgewerblichen Zweiges bemächtigt und
nahm lange Zeit eine Vorrangstellung ein. Es beherrschte mit
seinen Erzeugnissen den europäischen Markt. Die Wäderln seyn
bey jetziger Zeit in einen sonderbahren Wehrt, fordrist wann sie
aus Francreich kommen, schön gearbeitet und gemahlen seyn,
darauf werden gcmeiniglich verliebte Schäffcrcyen, Cupido, Ve-
nus-Bilder, Wald- und Wasser-Nymphen, wie auch andere Sa-
chen abgebildet, damit sich nicht allein der Leib durch den er-
regten Wind erquicken, sondern zugleich das Aug durch die
edle Mahlerey belustigen könne" schreibt Johann Valentin
ner, der Nachfolger und Nachahmer Abraham a. St. Claras, in
der neunzehnten Auslage, Ein Windlächcrl oder Wäderl", wie
er die Kapitel seines Werkes nennt Neu ausgelegter Curioser
Tändl-Marekl der jetzigen Welt in allerhand Waaren und Wahr-
heiten vorgestellet... Aus der Tändler-Butten lustiger Einfäll
heraus geklaubt Wien und Brünn 1734, S. 207.
Auch Österreich wies auf diesem Gebiete keine selbstständige
Produktion auf, da die technischen Voraussetzungen hiefür fehl-
ten. Es hatte keine geübten und geschulten Kupferstecher und
war daher gezwungen, auf allen Gebieten, auf denen der Kup-
ferstich angewendet wurde, ob es sich um ein Heiligenbild, eine
G726 lkmvv!
liim Wicncrin um 1700. Kuplcrstich von Christoph Weigcl
54-1725 nach CnSpar Luykcn 16724708. m. 32 aus
einer Folge von 100 Blau in dem Werke von Abraham
St. Claru Neu-eröffnen XVcll-Gnllcrin Nürnberg 1703".
angcnchme uucnziixxmer hcdicnct sich gcmciniglich zur
hitzigen Sommcrvci! dercn Wlidcrln oder Windlüchcrln, umh
mit wlben ihnen clncn Lulfl zu machen, und gleichsam sich mit
nnnchmlichcn Zvphvr-Winden zu erfrischen und abzukühlen"
V. Nciner, Neu nusgclegu-r Curioser Tändl-Murckr... Wien
und Brünn 1734, S. 207.
15
Pnpieriiichcr, Hulzgcz-lrli mil vingcicglvixx
Elfenbciiu und PCFiTTlllllUFkl1OPf, Kupfursiich
VlTfhUliltil von Wcnxcl Eiwgclmann m1,.
1748-1803. zum dem Vcring johann Krcu-
zcnfcld, Wien 1788. Yoi-iciwciic mit Dar-
SlCiILIng der "Eroberung dcs lü "ischvn Lu-
gcrs bei Dubivri" durch die kaiscriichcn
Truppcn. Rückseitc mii Duiwtcilung eincs
Mnskcniwililcs im Redoutcns il. Die
nisse dcs lürkischcn Fcldzxlgcs, 1m
Ostern-ich an dcr Sciu- Rußi; ds luilnuhnw,
und div führcnden PCPNiilÜiChixUilCn hlll lcr
Verlag Lößchcnknhl in znhircichen Blzntcrn.
Kulcndcrrx, Flichcrn usw. argcstclll, dic zum
Teil im Ilismriachcn Museum vnrhandcxi
sind.
Pnpierfächer, geschnitztcs und bemalte
fenbeingestcll mit Perlmutterkncpf, br
seitig kolorierte Kupferstiehe aus dem
lag Löschenkohl, Wien 1783. Aul
Rückseite Audienz des Botschafters vor
rokko bei Kaiser Joseph II. am 28
bruar 1783 Bilclmille, links eine türl-
Lngerszene, rechts ein türkischer Hart
Auf der Vorderseite wird der Einzug de
rokknnisehen Gesandsehalt in Wien
20. Februar 1783 dargestellt. Die auf
Fächerblättern dargestellten Szenen er
nen auch als größere Einzelblätter im
chcn Verlag. z. T. auch mit Text in
scher und deutscher Schrift. Das Erl
stellte eine richtige Sensation im alten
dar, wie ein Jahr vorher der Besuch
Papst Pius VI. Zahlreiche Broschüren,
der usw. beschäftigten sich damit; die
rokkanergasse und das Gasthaus Zum
rokkaner" erinnern noch heute daran.
Buchillustration oder ein Fächerblatt handelte, diese im Aus-
land zu bestellen oder einzuführen. Die beiden Länder, aus de-
nen solche Erzeugnisse bezogen wurden, waren hauptsächlich
Deutschland und Frankreich. Nach einigen Versuchen zu Beginn
dieses Jahrhunderts zur Begründung einer eigenen Kupferste-
ehersehule gerieten diese wieder ins Stocken. Erst mit der Rück-
kehr jakoh Matthias Schmutzers aus dem Wille-Atelier in Pa-
ris nach Wien und der 1772 begründeten K. K. Akademie der
vereinigten bildenden Künste" erfolgte eine Änderung. Schmut-
zer war der Lehrer einer ganzen Generation von Wiener Ste-
chern, deren ausgezeichnete Technik auch im Ausland Aner-
kennung und Verwendung fand.
Während die Pariser Fäehcrmacher, die 1673 bereits 60 Mit-
glieder zählten, sich zu einer eigenen Zunft zusammenschlos-
sen. bahnte sieh in Wien erst hundert Jahre später eine ähnliche
Entwicklung an, wenn sie auch niemals jene Bedeutung erlangte.
Seit 1778 sind in Wien die ersten Waderlmaeherf wie man die
Fächercrzeuger nannte, aus den Handelsschematismen ersieht-
lich. Die Zahl steigt von sieben auf etwa fünfundzwanzii
um 1800 und sinkt dann wieder stark ab. 1825 ist nur meh
liächermacher bezeugt.
Zwei Verlage überragen an Bedeutung, Qualität und Produl
rät alle übrigen Unternehmungen dieser Zeit. Von beiden
sich auch wenigstens so viele gesicherte Beispiele ihrer Er
nisse erhalten, daß man imstande ist in Verbindung mit der
klameanzeigen ein geschlossenes Bild ihrer Produktion
halten. Als der älteste von beiden ist johann Kreuttze
auch Kreizenfeld und Kreutzinsleld, eigentlich Vigilis von
zenlcld, geb. 1730, gest. Wien 19. November 1793, von
Friseur, seit 1778 als Fächerfabrikant bezeugt, der seine Ni
lage zuerst Beim wilden Mann" in der Kärntnerstraße,
Zum Groillürsten von Rußland" in der Kärntncrstraße Nr.
und zuletzt unter dem gleichen Sehildnamen am Graben Nr.
hatte. Von ihm hieß es in Schedcls Wanrenlexikon Die
zingsfeldische Fächerlabrik zu Wien liefert jetzt alle Sorter
F"chern, und zwar von kr. das Stück bis auf 100 Dukate
16
iner Bürgermädchen um 1785. Kolorierlcr Stich, gezeichnet und ge-
hen von Carl Schütz 1745-1800, vermutlich aus dem Verlag
nria, Wien, Die Tracht der Bürgersfrnuen und ihrer Töchter ist
aber etwas steif." Und die Weiber! wer kann ihre Launen
len? Welche Feder ist schnellfüßig genug, um nll jene tausend Ab-
hslungen zu haschen; alle jene kleinen Nichts auf das Papier zu hei-
welche die Wesenheit des weiblichen Putzes erschaffen" Uühilnn
zl, Skizze von Wien, 1. Heft. Wien und Leipzig 1786, S. 81 und 78.
Preisse" zitiert nach Beschreibung der Handlung und des In-
dustriefleißes der k. k. Haupt- und Residenz-Stadt Wien oder
merkantilischer Wegweiser... Leipzig und Wien 1803, S. 49.
Für ihn arbeitete als Kupfer-Stecher seiner Fächerblatter haupt-
sächlich ein Angehöriger der Wiener Kupferstecherfamilie, das
Mitglied der Wiener Akademie Wenzel Engelmann d. J.
1748-1803, von dem die Mehrzahl der erhaltenen Fächer sig-
niert sind. Nach dem Tode von Kreuzenfeld wurde die Fächer-
fabrik nicht mehr fortgeführt, sodaß die einzige ernst zu neh-
mende Konkurrenz der zweiten, noch bedeutenderen Wiener Fä-
cherfabrik wegfiel.
Diese wurde von dem auf vielen Gebieten unternehmungslusti-
gen aus Elberfeld am Rhein stammenden Johann Hieronymus
Löschenkohl geb. 8. Juli 1754, gest. Wien 11. Jänner 1807 be-
gründet, der seit 1780 in Wien mit seinen Silhouettenporträls,
kolorierten Stichen von Tagesereignissen, Karikaturen, Kalen-
dern, Dosen, Glückwunschkarten, Tapeten, Knöpfen mit Bil-
dern und vielen anderen volkstümlichen und sehr begehrten Er-
zeugnissen in seinem Gewölbe am Kohlmarkt einen Masscnum-
satz erzielte, wie vor ihm kein Verleger. Er war der einzige, der
für die Fächererzeugung ein k. k. Privileg hatte. Diese stellten
aber auch eine besondere Spezialität seines Verlages dar und wa-
ren zugleich berühmt und berüchtigt. Seit 1782 nachzuweisen,
steigerte er seine Produktion von Jahr zu Jahr bis zu 26 verschi-
denen Gattungen jährlich in jeder Ausführung und Preislage,
sowohl für das einfachste Stubenmädchen erschwinglich als auch
für Anspruchsvolle interessant und würdig. So heißt es bei der
Ankündigung eines Annenfäehers in der Wiener Zeitung" von
1798 S. 2113 ... Die feinen und Mittelgattungen dieser Fä-
cher sind mit einem, an einem Kettchen hangenden und mit wohl-
riechenden Olen oder Wässern angefüllten Fläschchen versehen.
Der Preis ist von 10 kr. bis Dukaten", die Ausführung wir
teils schmal, teils breit, von verschiedenen Arten Bein und Hül-
zern und Leder".
Kein Ereignis, ob es das politische oder wirkliche Theater be-
traf, ließ er vorübergehen, ohne mit einem aktuellen in starken
Farben kolorierten Kupferstich, den er zumeist für ein Fächer-
blatt umarbeitete und verkleinerte, so rasch wie möglich in die
Öffentlichkeit zu treten. So berichtet A. Bäuerle in seinen Me-
moiren Wien 1858. l. Band, mehr nicht erschienen sehr an-
schaulich, wie Löschenkohl im Jahre 1793 die Begeisterung der
Wiener für die Tänzerin Vigano geschickt für ein großes Ge-
schäft nützte S. 21f. Der Kunsthändler Löschenkohl auf
ierfächer, geschnitztes Elfenbeingestell
Flindereinlagc und Perlmutterknopf, ko-
erter und mit Flinder am Rande benähter
aferstich aus dem Verlag Löschenkohl,
zn 1787. Wettrennen auf der Simmerin-
Heide. Das Blatt erschien gleichzeitig,
ie die meisten Fächerbilder Löschenkohls,
zeln in vergrößertem Maßstab. Die vor-
ende Szene ist das einzige Bilddokument
ein Wettrennen im 18. Jahrhundert und
wegen besonders interessant.
Vorzeichnung für die Rückseite eines Fächers. Fe-
dcr- und Pinselzeichnung Sepia auf Papier von
Cajetan Gilowsky von Urazowa, sign. u. dat. 1786
mit einer Widmung in französischer Sprache an den
Wiener Buchhändler und Verleger V. Degen. Blatt
Nr. Vorderseite hat sich nicht erhalten. Ein
Druck nach dieser Vorlage konnte nicht nachge-
wiesen werden. Gilowsky war Feld- und Kriegsak-
tuarius, aus Salzburg gebürlig, Malerdilettnnt und
Schriftsteller. Sein freundschaftlicher Verkehr mit
dem Buchhändler Degen wurde ihm zum Ver-
hängnis, da er und seine Freunde auf Grund ano-
nymer Anzeigen Degens 1794 verhaftet und er und
Franz Hebenstreit wegen Beteiligung an der soge-
nannten jakobinerverschwörung vom Kriegsgericht
zum Tode verurteilt wurden. Gilowsky beging 1795
vor der Hinrichtung Hebenstreits durch Erdrosse-
lung mit seinem Sacktuch Selbstmord. Degen
schätzte beide wohl hoch ein, bezeichnete sie aber
in seinen anonymen Briefen als gefährlich Biogra-
phische Angaben nach freundlicher Mitteilung von
Dr Ferdinand Wernigg, Wiener Stadtbibliolhek.
dem Kohlmarkte, der durch mehrere verfehlte Speeulationen
schon ganz herab gekommen war, kündigte plötzlich ,Damen-
Fächer la Vigand an. Kaum wurde diese Annonce in der Wie-
ner-Zeitung gelesen, so bestürmten auch schon die Bedienten der
Vornehmen und Reichen Löschenkohls Niederlage. Die feineren,
eleganten Fächer kosteten zwei Ducaten, die minder schönen
einen Ducaten, die ordinäre Sorte einen Gulden und dann wurden
noch ganz simple Fächer la Vigano aus gemeinem Holze und
aus Papier für 20 Kreuzer ausgeboten, natürlich alle mit dem
Bilde der Madame Vigano geziert. In dem Zeitraume eines Vor-
mittags verkaufte Löschenkohl seinen ganzen bedeutenden Vor-
rat. Er mußte Tag und Nacht in seiner Fächerfabrik arbeiten
lassen; er konnte nicht genug Leute für seinen Verkaufsladen
auftreiben, die Liebhaberinnen dieser Fächer zu befriedigen,
selbst gemeine Weiber, Fiakerinnen, Höckerinnen, Obstweiber
usw., mußten Facher la Vigano besitzen. Als Löschenkohl am
Schlüsse seines Vigano-Fächer-Geschäftes den Gewinn zusam-
menzählte, hatte er noch ein Mal so viel eingenommen, als Ma-
dame Vigano durch ihre Kunstleistungen. Sie trug 4000 Ducaten
aus Wien fort; Herrn Lüschenkohl brachte seine Vigano-Specu-
lation 36.000 Gulden ein; der Mann stand wieder glänzend du."
Ob es die Türkenkriege waren, der erste Luftballon, der Ein-
Zug der Marokkanischen Botschaft in Wien, ein Theater- oder
musikalisches Ereignis z. B. die Erstaufführung von Haydns
Schöpfung", Hochzeit, Krönung oder Tod eines Herrschers
oder ein Porträt des Tages", alles regte ihn zur Produktion an.
Daneben gab es aber noch viele andere Typen und Gattungen
von Fächern, wie der Kalender, Mode-, Landkarten-ß Rätsel-,
Spiel- und vor allem der beliebte und begehrteste Namenstags-
fächer besonders zum Annen-, josephs- und Theresientag.
Die erhaltenen Fächer mit Wiener Theaterszenen im Besitz des
Historischen Museums der Stadt Wien haben einen besonderen
Quellenwert als Bilddokumente des volkstümlichen Theaters aus
einer Epoche, die solche Zeugnisse spärlich oder gar nicht über-
lieferte. So konnten bisher nur aus dem Spielplan und den Text-
büchern Aufführungen des Freihaus- und Leopoldstädter-Thed-
VgL idii. Pezzl, Skizze von Wien. Herausgegeben von o. Gugltz und A. Schlos-
auf, cm im, s. Ist llüth nicht nehr lange, duii die Mode den Pinn von
Wien und die Gegend lllllhel auf die Flehe! der Schönen iunm. Es schmerzt
llllch, dnß der Geschmack für diese Flehe! gefallen m... Gewlß, ein solcher
am." Ist unendlich "um nin jener mll dem plpatllehen Einzug, mit inn.
ters zwischen 1795 und 1798 erstmalig bildlich nachgewic
werden diese Ergebnisse werden abschließend im Rahmen ei
eigenen Arbeit später veröffentlicht werden.
Wie sehr durch diese Geschäftstüchtigkeit vor allem des
schenkohlsehen Verlages die bisherige Vormachtstellung
ausländischen Erzeugnisse nicht nur zurückgedrängt und
brechen, sondern ihnen sogar ein erfolgreicher Konkurre
kampf angesagt wurde, geht aus einer Reklamcankündigung
Jahres 1786 im Journal der Moden" hervor zitiert nach E.
Braun, Altwi-encr Fächer und Miniaturen von H. Löschenkt
In Graph. Künste, jg. XXVIII, 1905, Mitteilungen Nr. S.
Da die Augsburger meine Kupferstiche schon seit einigen
ren copiren, und die Franzosen meine Fächer nachmachen,
auf der Frankfurther Messe verkaufen, und in auswärtigen
den sehr beliebt sind; so ist ganz leicht zu schliesen, daß ich
einen namhaften Absatz an verschiedene Handelsplätze zu
sprechen habe. Ich versichere zugleich, daß, wenn die Abnah
bey mir in solcher Quantität geschieht, als ich mir versprecl
und hoffen kan, ich den einzelnen Handverkauf in meinem
wölbe aufgeben,und mich nurlediglich dahin beflcißen werde,
Herrn Kaufleute immerzu mit neuen Stücken in erforderlic
Menge versehen zu können. Sollten einige Herren Kaufle
noch französische Fächer haben, deren Überzüge nicht intei
sant genug sind, so können sie ncue auf ihre Gestelle bey
erhalten.
Wien, den tSten May 1786. Löschenkohl.
Die Vielfalt der auf den Fächern dargestellten Themen, wie
aus den erhaltenen Stücken und mehr noch aus den zahlreicl
Ankündigungen hervorgehen, sowie die in vielen Fällen erv
senen Massenauflagen zeigen, daß die Nachfrage einem
dürfnis der Zeit entsprach, wobei gesagt werden muß, daß die
durch immer größere Auswahl nicht nur geweckt, sondern Ell
gereizt wurde. Ebenso reichhaltig war die Qualität der Ausf
rung, für jedermanns Geschmack und Ansprüche war vor
mltlnnltldlen Audienz Dtlßl der jetzlge Zuuberfäeht-r." Vgl. auch s. 3111.
Vgl. G. Gugltz, Das Anlienhzsl lni alten Wleli. In Von Lauten und Zelten
alten wlßh. Vun E. K. ßiixmiui und n. Gugilz. Wien 1921, s. es 11., iuit
hlltlung alliea Annenflehera nach s. den nunmehr das Historische Mus
besitzt, jcdßch in 52h! beschldlgtem Zustande.
1B
Papierfächer, Holzgestell mit Perlmutter-
knopf, kolorierter Kupferstich aus einem un-
bekannten Wiener Verlag, 1798. Szenen-
bildcr und Liedtexte aus dem Donau Weib-
chen, einem romantisch-komischen Volks-
märchen mit Gesang in drei Aufzügen nach
einer Sage der Vorzeit" von Karl Friedrich
Hensler, Musik von Ferdinand Kauer. l. und
2. Teil. Links die Göttin un0 als Vertreterin
der gesamten Weiblichkeit und rechts Mi-
ncrva als Göttin des Handwerks und aller ge-
werblichen Kunstfertigkeit. Das Fächerbild
bezieht sich auf die Erstaufführung im Leo-
poldstädter Theater 1. Teil 11. jänner 1798;
2. Teil 13. Februar 1798. Das beliebte Er-
lolgsstück hielt sich jahrzehntelang auf dem
Spielplan dieses Theaters und trat auch sei-
nen Siegeszug über alle deutschen Bühnen an.
'gt, sodaß je nach Zahlungskräftigkeit alle Schichten der Be-
kerung befriedigt werden konnten. Die wirklich gediegene
aduktion der Wiener Fächer, allen voran die Löschenkohls,
ähigte diese junge Industrie schon nach kurzer Zeit den aus-
dischen Markt zu erobern. Mit schwachen Nachahmungen
suchte sich dieser vergeblich zur Wehr zu setzen.
dem Tode Löschenkohls im Jahre 1807, nachdem er durch
Vierteljahrhundert eine führende Rolle in der Wiener Fächer-
iduktion gespielt hatte, sank diese zur Bedeutungslosigkeit
"ab. Seine Kunst- und Fächerfabrik wurde nicht mehr fortge-
irt, sondern aufgelöst und versteigert. Aber es war auch bereits
Höhepunkt dieses kunstgewcrblichen Zweiges der Wiener
schmackindustrie überschritten. Das Interesse hatte nachge-
sen, ein Geschmackswandel war eingetreten und andere ähn-
1e Erzeugnisse waren im Kommen, deren Ursprung aber noch
18. Jahrhundert liegt. Die Glückwunschkarte und der Man-
bogen" zum Kolorieren und Aufstellen in seinen verschie-
isten Spielarten, um nur zwei charakteristische Beispiele aus
der Fülle hervorzuheben, entsprachen mehr dem Bedürfnis der
folgenden Generation. Für beide Formen stand jedoch Löschen-
kohl bereits Pate. Der Höhepunkt dieser Entwicklung fällt in das
Biedermeier und ist untrennbar mit zwei Wiener Persönlichkeia
ten verknüpft mit Johann Endletzberger als des besten und be-
gabtcsten Vertreters der Glückwunschkarte, die eine ähnlich
geartete Industrie weit über die Grenzen des eigenen Landes
als begehrten Ausluhrarxikcl brachte, und mit den Brüdern
juseph und Mathias Trentsensky, die Inhaber des ebenfalls welt-
berühmten Verlages mit Zweignicdcrlassungen in Leipzig und
London, die, was Unternehmungs- und Erfindungsgeist hetrillt,
wohl mit Löschenkohl verglichen werden können.
Als literarischer Beleg für den Verfall der Fächererzeugung kann
die Parodie von Adolph Bäuerle Der verwunschene Prinz"
1818 angeführt werden mit der Hauptfigur des Sandelholz, eines
sicbzehnmal zugrundcgcgangenen Waderl- d. i. Fächer Ma-
chers aus Wien, die zu den frühen Erfolgsrollen Ferdinand Rai-
munds zählte.
celederfächer, reich geschnittenes Elfcnheingestell, an beiden Stirnseiten mit ornamentaler Galdauflage, beiderseitig Gouachemalerei von Bal-
isar Wigand 1770-1846. bez. Wigand F.". Wien um 1800. Vorderseite links Wiener Straßenszenc auf dem Glacis, im Hintergrunde die
treidemarkt-Kaserne und die Laimgrubenkirchc St. Joseph, mit Hof wagen, Verkaufsständen und Volkstypen nach dem Kaufruf von Christian
nd. Rückseite rechts Lyra zwischen zwei Vasen und Thyrsossliiben. Das dazugehörige Original-Pappetui mit Überzug aus Buntpapier
während des Krieges verloren.
19
Papierfächer, Elfcnbcingcstell mit Perlmut-
terknopf, kolorierter und mit Flinder benäh-
tcr Kupierstieh aus dem Verlag Löschenkohl,
Wien 1790. Kaiser Leopold II. mit seiner
Gemahlin Maria Aloisia im Kreise ihrer Fa-
milie. Man beachte die Fächer in den Hän-
den der Damenl.
Es gab zwar auch noch in diesem Jahrhundert verschiedene Ver-
suche zur Wiederbelebung der Fächerindustrie, doch drangen
diese nie so tief in die Bevölkerung wie am Ausgange des
18. Jahrhunderts. Ein neuer Aufschwung setzte nach 1860 ein
und hielt wieder etwa 20 Jahre an, um im Verlauf der nächsten
Jahrzehnte mit kurzen Unterbrechungen immer mehr an Be-
deutung zu verlieren. Von da an, wo der Fächer keine Rolle
mehr im Leben spielte, beginnt die Beschäftigung mit seiner
Geschichte.
Zur Geschichte des Wiener Fächers gibt es so gut wie keine Dar-
stellungen, sondern nur Materialien und nicht allzu zahlreiche
Objekte, die erst erfaßt und in den historischen Zusammenhang
gestellt werden müßten. In den einzelnen Monographien zur Ge-
schichte des Fächers werden höchstens einzelne Spitzenerzeug-
nisse aus dem Besitz von Wiener Persönlichkeiten angeführt, bei
denen es sich wohl um ausländische Erzeugnisse handelte, je-
doch wird weder ein gesichertes Wiener Erzeugnis abgebildet
noch im Text erwähnt. Der einzige Versuch einer Erfassung in
einer modernen Darstellung, aber lediglich auf einer Seite, von
Leopoldine Springschitz Wiener Mode im Wandel der Zeit.
Wien 1949 ist unzulänglich und unzutreffend Dies die hohe
Fächerkunst mit ihrem Sitz in Paris. Was macht indes Wien?
Herr Löschenkohl betreibt mit seiner ,Kunsthandlung' ein um-
fangreiches Geschäft mit allerlei modischem Firlefanz. Dazu ge-
hören auch die Fächer mit ihren verschiedenen Tagesereignissen
entnommenen Bildern Wien hat seine eigene Fächerindustrie,
doch keine Fächerkunst von Rang aufzuweisen. Die große Tra-
dition verbleibt in Paris" S. 221. Zur Ergänzung dieses Fehl-
urteiles wäre noch hinzuzufügen, daß Lösehenkohl auch die erste
illustrierte Modezeitschrift in Wien begründete Cabinet des mo-
des... Wien 1786, mit 70 kolorierten und unkolorierten Kup-
ferstiehen. Nur Gustav Gugitz hat in seinen zahlreichen Ar!
tikeln und in unzähligen Anmerkungen von ihm herausgegebencr
Werke vielfach auf die in Wien damals blühende Fäeherindustrie
hingewiesen und einzelne Themen in Zusammenhang mit dem
sie berührenden Komplex ausführlich behandelt.
Wenn mit diesem ersten bescheidenem und zufolge Zeit- und
Raumknappheit bedingten unzulänglichen Versuch eine Lücke
auszufüllen und eine Korrektur falscher Bewertung vorzuneh-
men gelungen ist, so möge er als Beitrag zum besseren Verständ-
nis der eigenen auf vielen Gebieten noch nicht beachteten und
geachteten Kultur angesehen werden, ohne deren Kenntnis und
Erkenntnis keine zukünftigen Leistungen möglich sind.
Alle Abbildungen stummen au dem Historischen Museum der Stadt Wlen.
1,!,.,,fzf ß,flxr,ißf
11...,
Ferdinand Raimund als abgewirtschafteter Waderl Fächen macher
Sandelholz in Der verwunschene Prinz". Kolorierter Kupferstich,
vermutlich von Ludwig Krones geb. um 1785 Prag, gcst. 6. März 1837
Wien, erschienen als 4. Blatt einer Folge von Blättern aus dem Ver-
lag Jeremias Bermann, Wien 1819. Die Darstellung bezieht sich auf
die Erstaufführung am 3. März 1818 im Leopoldstädter Theater mit
Raimund in der Hauptrolle. ... Wenn einer wie ich, siebzehn Mahl
zu Grund gangen ist, so hat man außer Schulden nichts von Werth. ..
Seitdem die Leute von allen Ständen gegenwärtig viel Wind machen,
braucht man unrer Metier nicht mehr" 1. Akt, S. Szene.
20
AS MAN IM
18. JAHRHUNDERT TRUG
DIE DAME
Brokat, französisch, aus der Mine des 18. hdrs.; Spitze, Brüssel,
gleichfalls um 1750; Fächer mit gesehnilztem und teilweise ver-
goldetem Pcrlmuuergeslell, Wien um 1750; Flakon und Dose, Wiener
Porzellan aus der Manulaktur Du Paquiers; Brosche und Ohrgchängc,
süddeutsche Goldschmiedearbeit, um 1750; Goldenes Armband mit
Emaildekor, aus der zweiten l-lällle des I8. jhdls.; das Diadem mit
dem Perlenkrnnz stammt aus der gleichen Zeit; Rehlederhandschuhe,
bedruckt, englisch, gegen Ende des 18. hdls.
HERR
nck aus grauviolettcm Scidcnrips mit reicher bunter Seidenstickerei,
en um 1760; Brüsslcr Spitze, Mine des 18. hdts.; Tabakspleile
Zubehör Damenbein und Pfeifchcn, Wiener Porzellan aus der
nufaktur Du Paquiers; Slockgrifl", Berliner Porzellan, um 1765;
rgehäuse mit buntem Email, süddculsch, Mitte des 18. jhdm;
ldberlocks, deutsch, erste Hälfte des 18. lhd!s.; Lupe, Schildpatt
Goldpiquearbeit, Wien, gegen 1750; Goldener Siegelring, um 1740;
xnupftabakdose mit gerricbcncr Goldnuflagc, süddeutsch, um die
tle des 18. jhdls.
Pult des Uslerrelchlnehrll Museums für angewandte Kunst, Wien.
21
Fcsxlichcr Gabcnlisch für Gastgeber und Gäste. Uiwrrvlvlwlsvhv WHl-Slälwn
Pingnim-flnkrhcu.llnnll-Ishuhukrwc. Dclnrue Srhmurk Bovurmävhuhe! Bellen-l.
PHANTASIE UM KLEINE DINGE
Von BARBARA COUDENHOVE
-KALERGI
Es hilft nichts auch die sorgfältigst geplanten Feste können da-
nebengeheri. Meistens merkt es der Gast schon, während er in der
Garderobe seinen Mantel auszieht, daß die Stimmung auf tief"
steht man riecht es förmlich, daß hier jeder den anderen anödet.
Matte Paare, denen das Tanzen keinen Spaß macht, weil die
Kapelle so flau spielt und eine flaue Kapelle, der das Spielen
keinen Spaß macht, weil die Leute so matt tanzen. Gesprächs-
fetzen .. diese Trotteln von der Zentrale glauben, sie können
mit uns machen was sie wollen"... ... in Holland sind jetzt
schon die Semmeln radioverseucht genau die gleichen
Symptome wie beim Onkel Maxl, bevor er seinen Herzinfarkt
gehabt hat..." Das sind Sturmzeichen. Der Kundige sieht mit
einem Blick, daß er hier in eine Niete geraten ist und verläßt als-
bald das unglückliche Haus. Weiß der Himmel, was es war die
Beleuchtung vielleicht, die Kapelle, das Büfett, die Bar, die Gäste
meistens sind es die Gäste das Wetter oder das allzugut ge-
lungene Fest vom vorhergehenden Abend, dessen Katzenjam-
mer die Übermüdeten nun in den nächsten Ball mithereinge-
schleppt haben. Müssen Bälle so sein?
Der weise Gastgeber kann niemals, wenn er seine Freunde ein-
ladet, sicher sein, einen herrlichen Abend vor sich zu haben
da sind Imponderabilien aber er kann vorausplanen und sein
Möglichstes tun, damit nachher alle sagen was für ein reizen-
des Fest. Er kann zum Beispiel genügend wirklich hübsche
Frauen einladen, die die Männer anregen, geistreich und char-
mant zu sein. Er kann ihnen um Mitternacht etwas Originelles,
Heißes und Köstliches servieren, das die Lebensgeistcr wieder
anregt und später reichlich schwarzen Kaffee, der die Übermü-
deten an- und die allzu Alkoholfreudigen abrcgt, er kann sich
vor allem selbst ausgezeichnet amüsieren und damit seine Gäste
anstecken.
Heuer gibt es in Wien ZOO offizielle Bälle und darüber hinaus
zahllose private Feste, vom vornehmen Nobclball bis zum über-
mütig-iiberspannten Atelierfest. Die Kaffeesieder tanzen, die Last-
fuhrwerkerssöhne, die Philharmoniker und die Campagnereiter,
die tschechoslowakisehen Handwerker und Kaufleute, die Ra-
pidfreunde, die Filmstars und die Journalisten, die Kriminalbe-
amten und die Absolventen der Elmayer-Tanzschule kein Saal,
keine größere Wohnung, in der nicht irgcndeinmal bis zum
Aschermittwoch ein Fest oder ein Festchen gegeben wird. Trotz
Sputnik und Atomversuchen bekommen die Leute wieder Mut
zum Festefeiern, haben gute Ideen und die Frauen ziehen sich
wieder elegant an. jeder kann das bestätigen die Balldamen
werden von Jahr zu Jahr hübscher.
Die Faschings-Schöne von 1958 hat mit der saloppen, sachlich-
mondäneu Schönen des Tages nichts, aber nichts mehr gemein.
Ab neun Uhr abends verwandelt sie sich in ein anderes Wesen
Sie ist romantisch, aufregend, zärtlich, heiter-verspielt und ver-
wirrend feminin. Sie trägt Abendkleider aus kostbaren Brokaten
wie im Cinquecento, oder Wolken aus Chiffon, völlig verrückte
Abendhütchen, Schuhe wie kleine glitzernd-bunte Paradiesvögel,
straflbestickte Abendhandschuhe, und Schmuck, echten und fal-
schen, in einer Vielfalt und Phantasie wie kaum je vorher.
Bei den Kostiimhällen und Künstlcrfesten haben die rowdy-
haften Cowgirls und die Apachinncn plötzlich nichts mehr zu
suchen. Statt ihrer sieht man bezaubernde Fabelwesen, bizarre
22
FJISChinßS-Impflfbäiönitl! im ufensler. klam- Prol. NlederulrnH-r ÄÄIIÜBIIIIE lür ungewnndlr Kunst.
Phantasie-Kopfe für den bal des letes".
Vamps la 1920, holde Träume aus fremden Phantasie-Wel-
ten
liür alle Arten Feste kann man eine Üherfülle V0! Accessoires
kaufen, für das llaus ebenso wie für die eigene Person, festli-
chen Krimskrams, dem es sogar gelingen kann, die richtige
Stimmung herbeizuzaubern, wenn sie sich schon von selbst nicht
einstellen will.
Sehmuclt aus Jlas und Strall, den Christian Dior und seine Er-
ben in ganz besonders schönen Exemplaren herstclllen, hat be-
reits jeden TaImi-lharakter verloren. Schon weil er so teuer ist.
Da sind breite Kolliers in unwahrscheinlichen Farben wolkiges
Blau, moosiges jrün, durchsichtiges Goldbraun wie ein starker
Martini, trübes ielhgrün wie ein Pernod. Die meisten haben
passende Armbänder in 'I'r0pfen-, Slern-, Blumcn- und Krön-
chenform. liür die populären schwarzen SilCliklClClEf gibt es lange
Ketten nicht mehr die braven Kuge zchnüre von früher, son-
dern Reihen vun exotischen Perlen in allen Farben, Größen und
Formen, zum Beispiel indische oder japanische lilfenbeinperlen,
ilaskugeln mit eingebauten winzigen Biedermeierröschen, die
so reizend altmodisch wirken wie Kinder-Murmeln, klare echte
oder falsche lldelsteinbroeken, die durch dünne Goldselinüre
aneinandergehalten sind oder schwere Kugeln und Sterne ar-
langen Ordens-Ketten. Es gibt überdimensionale Ansteck-Klipse
für raffinierte Drapierungen und wehende Stolas, für den Abend
aus glänzendem Straß, für den Tag aus Tweedstein", einem
neuen Material, das den rauben und weichen Oberflächeneins
druek eines englischen Tweedstoffes macht und auch dessen
Farben hat etvwi rot oder braun, dreierlei blau, sehiefergrau und
steingrün. Die Ohrringe kann man sieh als zarte runde Klipse
oder als langhaumelnde Tropfen kaufen, passend zu einem zwei-
ten Schmuckstück, nie zu einem dritten, wie überhaupt bei dem
glitzernden Flitter das Raffinemenl in der Begrenzung liege,
Für heitere Jsehnasfeste kann man lebhaft gefärbte Samtbän-
23
Ym- LIKITA Opärnbxlll. L-urhlc-r lllcw w-hnnn-L Hururn uumx-n...n.- uW-n flnlnrur.
der nehmen, an denen allerhand Holz- und Glasperlen nach
Indianerart baumeln.
Die Abendtäschchen sind längst selber zu kleinen Schmuckstük-
kcn geworden. Sehr schön und elegant sind die glatten Kuverts
aus Goldleder, schwarzem Nappa oder farbigem Brokat, die ein-
fachen langgezogenen Börsen aus glattem Satin, die man in der
Mitte umklappt, und die rundlichen Säckchen, die an die Pom-
padours der Großmütterzeil erinnern. Das neueste sind Perlen-
Taschen, gewirkt aus winzigen Perlenschnüren, die dem Säck-
chen eine schillernd-metallische Oberfläche geben, und straß-
überkrustete Miniatur-Behälter für Taschentuch und Lippen-
stilx.
Bei den Abendschuhen haben die Schuster neuefarben entdeckt.
Es gibt heute nicht mehr nur Goldsandaletten, sondern türkis-
farhene, malvenrosa, aquamarinblaue, zitronengelbe Ballschuhe,
die in einer Kontrast- oder in der gleichen Farbe wie das Kleid
unter dem langen Saum beim Tanzen herausschauen. Hie und
da bekommt man gemusterte Brokatpumps im gleichen Stoff
wie das Abendkleid.
Ballhandschuhe sind eine Sache für sich ellenlange samtweiche
Lederröhren in zarten Farben und für Teenager-Feste kurze
weiße Glaces, die nur bis zum Handgelenk reichen und mit win-
zigen Straßsplittern übersät sind wie schillernde Tautropfen.
Ganz verrückt wird der Fasching aber bei den Hüten hier kön-
nen sich die Modeschöpfer, wenn sie Geschmack haben, austoben
und sie tun es auch. Da gibt es überdimensionale Rosen, bizarre
Krönchen für aparte Gesichter, Netzhauben und Flederwische
aus gefärbten Straußcnfedcrn. Beim bal des tetes", bei dem
zum konventionellen Abendkleid nur der Kopfputz phantastisch
hergerichtet wird, und die Tanzfläche aussieht wie ein wogendes
Meer aufregender Marsgestaltcn, kann man sich auch bieder-
meierlichc Vogelkäfige, surrealistische Goldhauben, allerhand
Hübsches aus Tüll, Federn, Draht, Metallfolie und Papier ins
flitterübersäte Haar montieren zarte Filigranmustcr oder kräf-
tige Farbflecke gegen das feierliche Schwarz der Smokings und
Fräcke. Nur Frauen, die sich nicht zu kleiden verstehen, haben
Angst vor Farben, denn man kann prächtig ohne Vulgarität und
sanft ohne Fadheit sein", sagt Marcel Proust, und welcher Schrift-
steller wüßte besser über subtilste Modedinge Bescheid als er?
Die großen Balle von heute müssen kein Repräsentationskrampf
sein und die Privatfeste kein Schweißperlenspiel für die Gastge-
ber. Die Designers, die Modeschöpfer und die Dekorateure haben
so gute Einfälle, und wenn sie auch der Gastgeber und die
Gäste haben, dann mtlßte es in diesem Fasching eigentlich sehr
wenige Nieten und sehr viele Treffer des geselligen Beisammen-
seins geben.
24
GEDANKEN ZU MEINEN BÜHNENBILDERN
ES WAKI-
EVI
In der Person Georges Walaheviteh erstand den führenden euro-
päischen Kulturzentren ein Bühnenbildner von außerordent-
licher schöpferischer Phantasie. Die vorbildlichen szenischen
Lösungen, welche den Neuinszenierungen van Carmen",
Othello", Der Sturm" und jüngst der ZauberIIätzW, der
Ballette MeiluszW, lIntel Sacher", Der wunderbare Manda-
rin" an der Wiener Staatsoper zuteil wurden, des Künstlers
Wirken an der Mailänder Scaln Luhengrin", Dialogues des
Carmelites".an der LundunerCouent Garden Opern .,Othello",
Meistersinger". an der Großen Oper in Paris Romeo und
ulia" von Prolaofief, Faust". am Pariser Theater ean Louis
Barraulfs Madame sans Gene", und am Cnevas-Ballett
schufen einen rirlvtunggehenden Stil, der sich von der GeIahr
einer vun bloß zerehralen Motiven bestimmten abstrakten Ge-
staltung ebenso zu distanzieren verstand, wie von der Photogra-
phieähnlichlzcit des dem gegenwärtigen Zeitempfinden nicht
mehr zusagenden Naturalismus. Die umstehenden Ausführungen
ltßalaheuitclfs stellen nicht eine lückenlose Aufzählung theore-
tischer Grundsitze dar, gewähren aber gerade durch ihren
slaizzenbalten Charakter interessante Einblicke in die Psyche
dieses bedeutenden Künstlers.
Bei der Biihnengcstaltung eines Werkes erscheint mir als das
wichtigste, sich in die historische Atmosphäre seiner Entstehungs-
zeit zu versenken. Dieser Satz ist nicht etwa im Sinne einer ste-
rilen sich an Vorbilder haltenden Kopicrmcthode zu verstehen,
noch auch in Anwendung des so häufig zitierten, vielfach miß-
verstandenen Begriffes des Stilisicrens". Wohl aber trachte ich
um ein Beispiel herauszugreilen den schöpferischen Pro-
zeß eines Theaterarchitekten von der Bedeutung Galli-Bibienas
gedanklich noch einmal mitzuerleben, um ihn dann in zeitge-
mäßer Abwandlung zur Realität werden zu lassen.
Der Gedanke an ein Bühnenbild ersieht bei mir bereits im An-
fangskonzcpt dreidimensional, stets raummäßig, also nicht in
Linien oder Flächen. Ich wzu" auch der cmtc, der in Frankreic
die dreidimensionale Szene cinlührtc. Ich hin stets bestrebt, cir
Einheit zwischen der lrugcndcn Idcc cincs Stückes und sein
Realisierung in Farben herzußtcllcn. In bühncntcchnischcr Hi
sicht habe ich oft auch bei Opern, die viclc Verwandlungen ci
fordern, einen stabilen Blickpunkt als Zentrum der Szene kor
.,Dcr Sturm" von Frank Martin iur dm Wicncr SlJJlbUP0l' 1956.
L'Amour Sorcier" von De Fnllu, für da
Ruth Fuge-Ballett in der Oper von Chicago
1955 realisiert
hin bedeulanmws idium dem Wcg wlncr Bühm alcillt di
InsZEnt von Kunxul" von Äiunuui .in iiljndcr
Jahr 195i dar. Das Bild zeigt die Bühnc im ..
struiert, dem in den einzelnen Abschnitten verschiedene Funk-
tionen zukommen. Die eweilige irundstimmttng der Musik muß
mit dem szenischen Geschehen und dessen farbiger Außenseite
zu einer inheit versebmel n. In solch hefruchtendct" Wechsel-
wirkung liegt der geheime auber, der dem Wort Atmospharß
entströmt Es ist ein lehnt der Zeit, die Thettterbesucher für
eine Verfeinerung des Ver tiindnisses zu gewinnen, die durch
einen unseligen fabrikstniiliigen Massenbetrieb ein wenig ab!
banden gekommen ist. In der als Witz ausgesprochenen Äuße-
rung eines meiner französischen Freunde, es wäre sein sehn-
lichstcr Wunsch, einen liilm zu verfassen, der bloß eine Elite
von hundert Personen anspricht, steekl eine sehr ernste und be-
achtenswerte Pointe.
Bloß ein Nlaximum an Konzentration, ein Maximum an Schaf-
fung eines hochwertigen, billige Effekte meidrnden Stils Vers. zt
Nlitwirkcnde und llörersehaft in jenes geistige und künstlerische
Klima, in welchem der Autor seine Schöpfung reifen ließ. Und
auch der lileilS des Bühnenhildncrs darf nicnt einen Augenblick
erlahtnen. Beispielgelaend war für mieh in dieser Hinsieht die Ge-
wohnheit meines 85jiihi' Kollegen Chirieo. der Mai-
länder Seala noch in le ,ler Minute an seinen Entwürfen diese
oder iene Farbenrettnuehe vornahm, Auch ich httbc es mir zur
Pflicht gemacht, jedes einzelne Kostüm nicht bloß als Entwurf,
sondern bis in die scheinbar geringfügigsten Einzelheiten persön-
lich und sorgsam auszuführen.
"lloffnzanns
Offenbach in der Covent tiardt-n Oper in
lirzahltttigen" von Jacques
London. Teile der Szene aus dem
1. Akt, 1955.
1m Jahr 1956 lisierle Wakltevitrelt, eben-
falls an der ihedinis ,.llip0crit.t
Police". Das Bild zeigt die dritte Szene im
ersten Akt.
26
lites" von ieorges Bernanns, Musik von F. Poulene
Scala. Oben das Kloster, unten der Weg auf das Sehalfot. Die Brueke
bleibt im Wechsel aller Szenen und bildet für das Kloster die Trennung
der Stockwerke. XVakhevltch wird für diese Oper im Oktober an der
Wiener Staatsoper gleichfalls das Bühnenbild gestalten, Regie führt
voraussichtlich wie schon in Mailand Margarete Wallmann.
Aui ßäll war die Zauberin Rangda einstmals ein Mensch. Ungcrecht
verdächtigt, erscheint sie nun als Geist und lSl den ivlcnsehcn IIIHIXLT
noch feindlich.
Sämtliche hier gezeigten Masken befinden sieh im Helitx den Mtneuml für Völker-
kunde. Wien.
In nahezu sämtlichen Gebieten der lirde haben sich die Bewohner
in mehr oder weniger künstlerischer Weise mit dem mensch-
lichen Antlitz hcfaßt und es nachzubildcn versucht.
Die läeweggründc dazu waren, vor allen Dingen bei Natur-Völ-
kern, religös-magische. Doch wai es durchaus falsch, wenn man
annehmen wollte, alle exotischen Masken fremder Völker wü-
ren aus denselben Ideen entstanden. Da gibt es z. B. Masken,
von Verstorbenen, den Ahnen; die. entwickeln sich hiitifig,
ihrem Ursprung gemäß, zu Nlaskcngcstalten verschiedenster
Rangordnung, dic bei ihrem Erscheinen ganz bestimmte Aufgaa
ben zu erfüllen haben. Ganz besonders oft spielen diese in Afr
und auch in der mclanesischcn Südscc, bei den verschiede-
nen jugendwcihcn ttnd bei den lit ten der Geheimbünde cinc
wichtige Rolle. Bei den Initiationsfesten werden die Knaben meist
erst in das Geheimnis der Älaske" eingeweiht, sie erfahren dann
erst, dall hinter dem gefürchteten Nlaskentänzer ein Mensch
steckt. Dies dürfcn häufig genug uen und klcinc Kinder nicht
wissen. Nicht selten ist man der Ansicht, daß bei den jugend-
weihfcicrit der kindliche Alt-ist" während dieser 7'rcmo-
nicn stirbt und der junge Bursche dann als Mann wicdct rstcht,
yvicdcrgcboren wird. Oft finden sich daher auch in den 'l'anzv0r-
führungcn die. ken Spiele vom Tod und vom XViedcrcr-
stehen eines fvlaskcngcistes. Diese Darstellungen gibt es sowohl
im Kongo als auch an verschiedenen anderen Stellen Westafri-
kas. In Nordostlilveria isticrtcn früher Maskcngcsttiltcti, die
gleichfalls Ahnen repräsentierten und als Schiedsrichter bei vcr-
schiedenen interstttmnwlichen Streitigkeiten auftraten. Sie durf-
ten bei Todesstrafe von Frauen niemals gesehen werden. lhrem
Ruf, unterstützt durch besondere Botcnzeichen, mulite unmit-
telbar Folgt geleistet werden. Gegen ihr Urteil gab es keine läc-
rufurtg. sc Maskcnart wird heute kaum mehr verwendet, da
man sie lieber aufgab, als sie zu profanieren. Im übrigen wird
in dicscn icbieten keiner jemals eine Maske auch nur vor das
Gesicht halten, die er nicht als rcchtmiiiiigcr Besitzer zu tragen
berechtigt isl, Das Recht des Maskcntragens wird dort in den Fa!
milicn vererbt und die llolzschnitycrei mull erst durch das Blut
eines Oplcrticres gcwieiht werden, bis sie den Geist des Ahnen
auch wirklich aufnehmen kann.
MASKEN
AUS FERNER WELT
Von liTTA BECKER-DUNNIZR
Auch im mclancsischen lnsclbereich und in Neuguinea sind viele
der hier auftretenden Masken als Repräsentanten der Ahnen an-
zusehen. Auch hier fühlt sieh der hltiskenträgcr von der sccli-
schen Kraft des Ahnen erfüllt und es fanden einst bedeutsame
Feste statt, die der Erinnerung an die Toten gewidmet waren.
In Südamerika hingegen sind Altnctimaskcn äußerst selten und
die in den alten Jriibcrn Perus gefundenen Totenmaskcn aus
Gold, Silber, llolz und anderem, wurden lediglich den Mumien-
bündclit als neue Gesichter aufgcbundcn und fallen hier, ebenso
wie die mexikanischen Steinmaskctt nicht in den Bereich urtscrcr
Betrachtung, da sie niemals selbst von Menschen getragen wur-
den. Im übrigen hat man jedoch auch im alten Peru Masken-
tänzcr gekannt und sie waren aller Wahrscheinlichkeit nach
iöttcr- und Diimoncngestttlten, die vielleicht aus allerhand Na-
turgcisterit enstandcn sind.
Gehen wir bei unseren Untersuchungen über die Arten der Mas-
ken nochmals zu den primitiv -cn Völkern zurück, so finden
wir bei einigen afrikanischen und südamerikanischen Völker-
stämmcn da und dort ebenfalls Tiermasken, die sich übrigens
Bei den Kultfestcn
im ehemaligen
Deutsch-Neuguinea
am Sepik stellen auf-
trctcndc Masken
Tbtengeistet" dar.
27
Bei dm Neujahrsfe-
slcn der .110 Plintcr-
Ändlcn n-uen Masken
auf, du chinesischen
Kulturcinilui zeigen.
Alle Gehcimbundmxiske aus Südkamerun
aus Stoff, der mit kleinen Perlkettchen he-
niiht wurde.
auch auf den FClsZCiChnungCn der läusehmiinncr und lLlf gewissen
Pelszcichnungen Südamerikas erkennen lassen. Hier stellen pri-
mitive Jäger und Sammler meist jagdtiinze dar, deren irunditlee
manchmal die Vermehrung des Wildes ist oder auch die Befriel
dung des durch seinen Tod erhosten rgeistes. Häufig wird
eine Art von Herr des Wlildes", ein Gott der Wälder durch de
artigc Tänze ehenso wie durch Opfer versöhnt und günstig ge-
stimmt.
Viele lndianerstämme Südamerikas kennen Masken. Sie sind
meist einfacher, roher und oft so stark stilisiert, daß das mensch-
liche Antlitz nicht immer klar zu erkennen ist, dennoch sind sie
aber von stz ker Ausdruckskraft. Nur ganz selten repräsentie-
ren sie Tote oder Ahnen. Für den Indianer ist dic Natur so le-
bendig, dall er auch Sonne und Mond, Sturm, XVald und Wasser
ebenso wie viele Tiere, Pflanzen und Steine mit Geistern be-
seelt. Lnziihlige Sagen herichlen von diesen mythischen Wesen
und hci ihren Festen, wieder lnitiittionsriten und Totenfeiern,
erscheinen dann diese Geister als Masken. Nicht selten stellen
in ihren Tänzen eben jene alten Mythen dar, die einen he-
sonderen Zusammenhang mit den Menschen dieses Stammes
Die südumurikunischcn In-
diancrm. kvn sind mein! Na-
turgc JG dcr Dlimon Oma
ftgl über am Wiplcl du Ur-
wnldbaumc und cnlll sClt
die Gc iucrslxlrmr. Als
Maske crsthcilut cr bei den
jugcndwcnhfc. vn drr hliid;
chcn bei dcn "Fucunu.
luhvixxxhundlnuxkc aus SÜLILÄHNKIYUIY, aus Holz, Auc-
srhnilzt, lcilwcisc mit wciliul- Bunmlung.
jnpnnischc Buguku-Ivhskr, u.- relugiuse Mxlsktnldnm" Buddhismus und
Shinmismus.
28
Twnz oder Zeremonialmaskc vom N0 tka-Sund von der Nordwest-Küste
auf der drittvn Reise Capl Cocks 1776-80 cr-
mes der wuhugslen Schnilzx die uns aus dcm 18. jh.
Gehict crhallcn sind.
sprung des Schauspiels, des Theaters, war in vielen Fällen doch
wieder ein religiöser. Sehr häufig wurden anfangs gerade ir-
gendwclche Mythen religiösen Inhalts aufgeführt und dazu trug
der Schauspieler oft sehr grell und auffällig bemalte Masken.
Es ist cntwicklungsgeschichtlich sehr spät, daß der Schauspieler
diese hölzerne ioder papierene Maske ablegte und sein Antlitz
allein dem Zuschauer im Spiel zuwandte. Eine Ausnahme bildet
hier das chinesische Singspiel, oder wie es zuweilen genannt wird,
die chinesische Oper. Sie ist aber, obgleich thematisch auf alte
historische Heldenmotive oder noch ältere Legenden gerichtet,
erst in der Ming-Zeit, also recht spät, entstanden. Doch auch
hier ist es nicht das nackte Gesicht, das die Empfindungen des
Schauspielers auszudrücken hat, sondern das zur Maske gemalte,
dessen Farben und Zeichnungen in unerhürter Feinheit den Cha-
rakter der dargestellten Figur symbolisieren und an sich schon
Rangordnungen, Göttlichkeit, Gut oder Böse, charakterisieren.
Hier ermöglicht noch diese raffiniert aufgetragene Malerei mit
der Mimik des Schauspielers zusammen eine besondere Feinheit
des Ausdruckes.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Maske in ihren
Uranfängen fast immer die Repräsentation eines Geistes, des
Ahnen oder eines Naturgeistes war und sein Erscheinen bei-
nahe immer magiseh-religiös im Glauben oder in den Legenden
der Menschen wurzelt. Mit dem Einbruch der Zivilisation oder
zumindest andersartiger Kulturen wurden diese Gebräuche dann
häufig profaniert und sind heute an vielen Stellen nur mehr
zum Mummenschanz oder zum Theater geworden.
Diese Gigaku-Maske war ein Geschenk des Kaisers von japan an den
österreichischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand anliißiich
seiner Weltreise 1892,93. Von dieser Maskenarl, die aus der Zeit des
8. bis 10. jh. stammt, gibt es sonst keine außerhalb Japans.
haben, sie schützen oder ihnen die nötigen Nahrungsmittel si-
chern sollen.
Doch auch in alten Hochkulturgebieten, wie in Tibet oder in der
Mongolei repräsentieren diese Maskentänzer bei den Tanzfesten
in den lamaistischen Klöstern zu Göttern gewordene ursprüng-
liche Naturdämonen. Sie stellen verschiedene Legenden dar, in
denen zumeist die dunklen Mächte Dämonen, heute meist gleich-
zusetzen mit den Feinden des Buddhismus von den guten Kräften
besiegt werden. Die Masken selbst dürften noch auf vorbuddhi-
stische Religionen zurückgehen.
Bei den Singhalesen auf Ceylon wieder spielen Masken, die ver-
schiedene Krankheitsdämonen darstellen, eine besondere Rolle.
Mit ihnen werden exorzistische Riten aufgeführt, bei denen sie
Opfer empfangen und durch deren Entgegennahme sie Krank-
heiten bannen sollen.
Bei Tanzspielen auf der Insel Bali werden oft ganze kultische
Pantomimen aufgeführt. Sie gehen auf alte Sagen zurück. Die
tierische Barong-Maskc beschützt die Menschen gegen die Zau-
berin Rangda. Sie war einstmals ein Mensch, eine Frau, der man
durch unberechtigte Verdächtigung bitteres Unrecht getan. Sie
starb, die Menschheit verfluchend und ist ihr auch als Geist noch
feindlich gesinnt. Sie würde die Menschen verderben, wenn nicht
der gute Barong Schutz verleihen würde.
Waren die bisnun aufgezählten Arten der Masken solche, die
in der einen oder anderen Form kultisch-religiöse AufgabenJ
meist als Beschützer der Menschen zu erfüllen hatten, so wollen
wir noch kurz die reinen Spicl- und Theatermasken verschie-
dener asiatischer Hochkulturen berühren. Freilich ver-
schwimmt auch hier wieder die Grenze ein wenig, denn der Ur-
METALLMASKEN IN MITTELEUROPA
Von LEOPOLD SCHMIDT
Perchtenmaskc, aus Eisenblech getrieben,
Salzburg, 18. Jahrhundert. Städtisches Mu-
seum Camlino Augusteum, Salzburg.
Metallmasken Das Wort erweckt im Kenner des Gebietes je
nach seiner archäologischen oder ethnographischen Einstellung
verschiedene Vorstellungen. Er denkt entweder an chinesische
Bronzemaskcn, oder an Mumienmaskcn aus Altägypten, even-
tuell auch an Goldmasken aus Mexiko oder Peru. In den mei-
sten Fällen ist mit der Vorstellung der starren glänzenden Me-
lallmaskc der Gedanke an die Bedeckung von Totengesichtern
verbunden. In dieser Funktion sind Metallmasken ja aus dem
vorgeschichtlichen Europa am besten bekannt, vor allem aus My-
kene. Die aus Goldblech getriebenen Masken in den Gräbern von
Mykene lagen auch auf den Gesichtern der Toten. jüngere Nach-
fahren dieser mykenischen Totenmasken aus Metall haben sich
weit nördlicher am Balkan gefunden, in Trebenischte am Och-
ridasee. Den teuren Goldmaskcn der hohen Würdenträger der
Bronzezeit im Umkreis der Ägiiis entspricht in unserer Hallstatt-
kultur ein bescheidenerer, aber nicht minder wichtiger Fund
Die bronzene Totenmaskc aus dem liürstengrab von Klein-Glein
in der Steiermarkß
Da geht also ein langer Weg, geographisch, zeitlich und geistig,
von einem dieser Fundorte zum anderen, und wir wissen nicht
immer, 0b wir alle Stationen dieses Totenmaskenweges schon
kennen. Nachlebendes mykenischcs Brauchtum mag bei den
Richard Andree, Ethnugraplllrwhe Parallelen und Vergleiche. Bd. tt, Lelp-
zlg 1589, S. 125 u. ö.
Rlchnrtl Vllllunl. Urgeschichte des Österreichischen Raumes. Wien 1934. S. 620 u. ü.
Josef Krim und Hans Klumhueh, Der römische Sehulzlund von Slrnublng.
München 1951.
Thrakern im nördlichen Balkan stagniert haben. Von dcncn ist
es wieder den illyrischen llallstatlleutcn in den Ostalpen weite"
gegeben worden. Bei diesen wird cs mit dem einen Fund von
Klein-Glein einmal greifbar, also für das 7. Jahrhundert etwa
nachweisbar, um dann wieder völlig zu verschwinden. Bei den
kaukasischen und pontischen Vettern unserer Hallstattlcutc
scheint es ähnlich gewesen zu sein. Auch in den iräbern von
Kertsch und von Olbia haben sich metallene Totenmaskcn ge-
funden. Dem ganzen Habitus dieser btzsporanischett Kultur ent-
sprechend handelt es sich wieder um reiche, um goldene Masken,
und sie lassen sich bis ins 3. jahrhundert nachweisen. Diese Me-
tallmasken der frühen Eisenzeit am Schwarzen Meer, am Bal-
kan und in den Ostalpen gehören an sich auch noch dem To-
tenbrauchtum an, lassen aber die Frage laut werden Haben diese
brauch- und spiclfreudigcn Skythen, Thrrtker und Illyrcr nur
Totenmasken gekannt, oder waren ihnen auch Masken des Spie-
les der Lebenden vertraut? Führt von den Metallmasken der Tu-
ten ein Weg zu solchen der Lebenden, vielleicht sogar zu deren
Metallmasken?
Da ist nun die Frage am Platz, ob Es einen weiterführenden Fa-
den aus dieser Welt der ersten Eisenzeit in die Blütezeit der an-
tiken Maske gibt, inwicweit die Mctitllmaske im klassischen Al-
tertum selbst eine Rolle gespielt hat. Lfnd es ergibt sich dabei die
Mcrkwürdigkeit, daß für diese Epoche die Nachrichten über me-
tallene Totcnmasken dürftig werden, wogegen eine besondere
Gruppe der Metallmaskcn der Lebenden deutlich hervortritt.
Metallenc Totenmasken der Antike haben sich vor allem im rö-
mischen Gallien gefunden. In den Gräbern von Neuvy-Pailloux
sind bronzene Gesichtsmasken entdeckt worden, ein fragmen-
tiertes Stück aus reinem Kupfer wurde mit einer steinernen
Aschenurne zusammen in Luxemburg gefunden. Aus der rö-
mischen Kaiserzeit stammt eine getriebene und zisclicrte Nliske
aus dünnem Silber, einst in Notre lamc-d'Alencon bei BFUNIC
gefunden, heute im Louvre verwahrt. Dic Gruppe dieser römisch-
gallisehen Metallmasken reicht bis an den Rhein In Köln
wurde eine eiserne, mit Bronze platticrtc Totenmaske ausgegra-
ben. Die römcrzeitlichen Schauspielmasken, die wir gerade auch
aus Köln kennen, sind dagegen aus Ton. Metallmaskcn der Le-
benden wurden in der Kaiserzeit nicht auf dem Theater, son-
dern in der Reitbahn getragen. Nach und nach stellt sich heraus.
daß es entlang des Limes eine ganze Reihe von liundstiittcn gibt,
an denen getriebene Bronzevisicrc zutage gefördert wurden, die
man als Helmmasken bei Rciterspiclcn dcr römischen Kavallerie
anspricht. Der schönste liund wurde erst vor wenigen jahren
bei Straubing in Niederbayern gemacht." Dort fanden sich sieben
aus Bronze getriebene, einstmals vergoldete Visiere, von denen
vier das typisch apollinische Antlitz dcr Mittelmecrmenschen
aufweisen, und drei dagegen ein östlich gestaltetes, das man wohl
am ehesten als parthisch bezeichnen mag. Es waren also die Mas-
ken zweier sich bekampfender Parteien. Diese toreutischcn Ar-
beiten sind herrlichstes antikes Kunsthandwerk. Über ihrer ho-
hen Qualität. darf man nicht die Frage mich dem Zweck dieser
Masken vergessen, ebenso nicht die Frage nach der zeitlichen
Ansetzung. Warum es solche Reitcrturnicrmtlsken erst seit dem
l. nachcbristlichen Jahrhundert gibt, laßt sich maskcnkundlieh
offenbar noch nicht entscheiden. Die Parthcrgesichter des St au-
binger liundcs k"nnten darauf hindeuten, daß die Spiele wie die
dabei verwendeten Masken erst seit der intensiven Bcrührting
Otto llenntltirl. Knllltr Uesielitshelme und St-pttlkrnltrtttskcn "Druksrlirlflrn
der k. Akntletllle der Wisseusehuftett. Pltll, lllst. KL, Iltl. XXYlIl. 75H. UHU.
Harald von Pt-trlkotlls. Tmlarltt untl irrantrsttiltz Festschrift für Hutloll llgger,
Bd. Klagenfurt 1952, S. 126 IL.
30
Schcmcnmaske, aus Eisenblech zusammenge-
nietet, Tirol, frühes 19. jahrhundert. Tiroler
Volkskunstmuseum, Innsbruck.
Schemenmaske. aus Kupferblech getrieben,
gestrichen, Hall in Tirol, 18. Jahrhundert.
Tiroler Volkskunslmuseum, Innsbruck.
Ungeheuermaske, aus Kupferblech getrieben,
Südlirol, 17. Jahrhundert. Österreichisches
Museum für Volkskunde.
der römischen Truppen mit den Parthern üblich geworden sind.
Und der Blick sehweilt hinüber, zu der großartigen Metallmaske
aus Emesa im National Museum von Damaskus Dort ist das öst-
liehe Menschentum von der klassischvantiken Torcutik in die
Maske gebannt, mit jener Kunst, die wir als Ausgang der gan-
zen weiteren spätantiken Metztllmaskenlertigung anerkennenß
Mit dem Ende der Epoche der römischen Soldatenkaiser bricht
diese Blüte der antiken Metallmaske der Lebenden ab. Nun folgt
das christliche Frühmittelalter, eine maskenfeindliche Zeit, und
was sich auf germanisch-paganer Seite an Maskenwesen erhält
oder weiterentfaltet, das greift nicht zum Metall als Maskenma-
terial. Leder-, Fell- und Holzmasken, Verhüllungen in Rohr und
Stroh leben auf." Erst das Spätmittelalter mit seinem hochste-
henden Plattnerhandwerk bietet wieder eine Möglichkeit der Me-
tallmaskierung, aber von einer im tatsächlichen Brauchtum ge-
tragenen Maske kann dabei kaum die Rede sein. Wir meinen
die Maskenvisierc der spätgotischen Rüstungen, die ihrer Ge-
staltung nach zweifellos das Gebiet der Maskenkunst berühren,
aber darüber hinaus offenbar nicht wirksam geworden sind. Die
Maske aus Stahlblech ist dementsprechend mit dem Letzten Rit-
ter dahingegangen.
Bronzene, kupferne und eiserne Masken viel volkstümlicherer
Art schließen aber zeitlich bald an. Seit dem 16. Jahrhundert
etwa kann man in Mitteleuropa mit einer Metallmaskierung im
eigentlichen Volksbrauch rechnen. Am besten erschlossen sind
diese neuzeitlichen Metallmasken bisher in der Schweiz, und die
Franz Allhclm, Der ullbunlegte Gott. Heldentum und Christentum. Hamburg 1957.
Da Uunchlagblld nach "lllualralell London News", vom 27. August 1955, Im Text
lelüer nlchx erläutert.
um". In Mitteleuropa. Volkxkundllrhe Bvltrige zur Mnukenlorurhung. Hernun-
gegeben von Leopold Schmldt Sundenchrllteu den Vereinen Vßlksllundß
Wlen, au. wm. ms.
31
AUS DER 539. KUNSTAUKTION DES DOROTHEUMS
VOM 13. BIS 15. MÄRZ 1958
Ilnudc Dcrucl NLIHCX' 1558-1660. Äludunnn mit Kind, dßm Johan-
ru-sknalbcn und Engeln, Jl auf Lcinwnnd, lliiHlUcnx. Schätzung
'l.UlO. Rufprcis ÄUÄKNL-
Maria als Tempeljungfrau,
Schwaben um 1490, Kreis
des Gregor Erhart, Linden-
holz, Höhe 142 cm. Schät-
zung S120.000.-, Rufpreis
40.000.-. Im Kaiser Frie-
drich Museum, Berlin,
27. jänner bis 4. März 1906
ausgestellt.
musealen Sammlungen Osterreichs verfügen ebenfalls über einige
Stücke, die hisher nur nicht in diese Zusammenhänge eingeordnet
wurden. Freilich sind die Zeit- und Sammlungsumstände gerade
den Metallmasken nicht günstig gewesen. Einerseits war die
sammlerischc Volkskunde vor sechzig und mehr Jahren auf Me-
tallarbeiten weniger eingestellt; die Freude am Holz, an den ge-
schnitzten Masken, überwog bei weitem. Anderseits kamen ge-
rade damals viele Gcmeinschaftshräuche ah, und die Gegen-
stände der Funktionsträger glitten rasch in den Handel ab. So
lassen sich im nachhinein die alten Zusammenhänge zwischen
den sporadisch erworbenen Objekten und den eventuell gelegent-
lich gemeldeten Bräuchen kaum irgendwo mehr richtig nach-
zeichnen. Es steht anscheinend nur fest, dal die Metallmasken
im Gegensatz zu den Fell- und Holzmasken immer Einzelstücke
waren, die jeweils einen Maskenträger deckten, der eine Ge-
meinschaftsfunktion ausübte. Sie waren anscheinend dement-
sprechend auch nicht Individualbesitz, sondern gehörten der Ge-
meinde. Die schweizerischen Verhältnisse zeigen bis heute, wie
das gehalten wurde.
Die bekanntesten Metallmasken der Schweiz sind zweifellos die
der Klein-Basler EhrcnzeichenWT Am Festtage der drei Män-
ner-Gesellschaften zum Rebhaus, zum Hären und zum Greifen,
also am 13., 20. oder 27. januar findet der Aufzug der Ehren-
tiere statt, und jedes dieser Maskcnwesen trägt eine kupferne
Maske. Die Maske des Wilden Mannes kam vor fast einem jahr-
hundert auf ungeklärte Weise abhanden, sie wurde, wieder in
Kupfer, ersetzt. Die alte Löwenmaske ist im Historischen Muse-
um von Basel, eine erneuerte wird getragen. Der Greif ist das
größte und schwerste der Zeichen, sein Kleid ist aus Leder, aber
sein Kopf aus Kupfer. lis hat früher neben diesen Klein-Basler
Ehrenzeichen-Masken in Basel auch noch andere Metallmasken
gegeben. Im Historischen Museum ist der Kraye-joggi" zu se-
hen, eine kupfergetriehen-e Maske des 17. Jahrhunderts, die das
Ehrenzeichen der Vorstadtgesellschaft Zur Krähe" war. Nach
dem alten Zunftbrauch hatte diese Gesellschaft auch ein Krähen-
Trinkgefäß, aus Silber. Die Krähcnmaske hat im unteren Teil
des Schnabels ein Rohr zum Bespritzen der Neugierigen. Solche
Zuge sind wichtig, sie können zum Bestimmen anderer Masken
dienen, die man ohne Kenntnis dieser Zusammenhänge etwa für
Wasserspeier halten könnte. Außer diesen hochaltertümlichen
Basler Metallmasken giht es in der Schweiz noch einige Orte, an
denen eine Gemeindemaske aus Metall vorhanden war, die zur
Fastnacht dem Gemeindenarren, dem Hegel" diente. So gibt es
in Klingnau im Aargau eine solche Kupfermaske, rein menschen-
gesichtig. Der Hegel" trug sie, wenn er am Schmutzigen Don-
nerstag" die Schulkinder aus der Schule freibat und damit das
Faschingstreiben eröffnete. In Sempach gab es eine ähnliche Fast-
nachtsmaskc aus Kupfer, ein recht wüstes, zähnefletschendes
Antlitz. Das waren Gemeindemasken, die Hcgel" oder wie sie
jeweils hießen, waren Festanführer, deren Funktion mit der Me-
tallmaske eng verbunden gewesen sein müssen.
Ähnlich war es wohl auch einstmals in Tirol. Dessen Masken-
wesen ist in vieler Hinsicht gut erforscht, aber gerade den ge-
meindeeigenen Metallmasken hat man bisher kein Augenmerk
geschenkt. Vielleicht, weil sie schon früh in die Museen kamen.
So besitzt das Tiroler Volkskunstmuseum eine schöne Männer-
maske aus Bronze, die schon 1890 erworben wurde." Sie sieht
der Klingnauer Hegelmaske sehr ähnlich. Das Unpersönliche,
maskenhaft Freundliche ist daran auffällig. Die glatten Schemen-
masken aus Holz haben den gleichen Zug. Aus Südtirol kam da-
gegen 1912 eine Kupfermaske in das Österreichische Museum
Ed. Fritz Klluehel, Dle Umzüge der Klein-Dualer Ehrenzeichen. Ihr Ursprung
und Ihre Bedeutung. Basel 19H.
Eduard tittntttttttt-xtttytt, Die Fustnnehlrgebräurhe in der Schweiz Klelne
stittutttt tttt vttittitttttat, Schriften Schweizerischen Gesellschaft tnt vttntt-
kunde, Bd. w. Basel 1946, s. 24 n. Kill Meull, Schweizer Masken. so Ahhll-
düngen tttta gut. Farbtafel nach Masken Sammlung edttttta von nttttt
tttta tttttt tttttmttttt Besitz. Mit einer Einleitung über schweizerische M-ttkttt-
brluehe tttta Muskemehnltzer. Zürich 1m.
32
Volkskunde, die ob ihres Ungeheuer-Typs zunächst als Teil
Wasserspeiers gedeutet wurde. Es handelt sich um eine
Treibarbeit vielleicht noch des 17. Jahrhunderts. Die stark
,etriebent' Schnauze erinnert an die clrachenartigen Perchten-
Crt aus dem Pinzgau. Die Maske ist jedenfalls für mensch-
Gesiehtsgröße berechnet. Augenlöcher gestttttcn den Aus-
Nitsenlöcher sind der Schnauze entsprechend stark seit-
gestellt, Maulöffnung ist keine vorhanden, man mag mit
Fehlen eines Unterkiefers rechnen. Die Augenbrauen sind
eigenen Blechstreifen geschnitten, mit in Fransen geschnit-
aufgerolltem Rand aufgenietct. So steht die vielleicht äl-
derartige Metallmaske aus österreichischem Gebiet im Ge-
atz zu den anderen hier gefundenen Nletallmttskcn, die mehr
weniger rein menschliche Gesichtszüge aufweisen. lirei-
handelt es sich bei ihnen nicht mehr um Kupfer-, sondern
Eisenblechmaskcn. Zwei Stücke, die wohl dem Oberinntal
rhören, verwahrt das 'l"irolet' Volkskunstmuseum. Die eine
H1 hat keine Augen- und Mundüffnungen, doch sind Aug-
und Lippen siebartig durchlöchert, so daß Blick und At-
möglich waren. Die andere ist ein rohes Stück, mit ange-
rter Nase und gerollter Lippe. Sie entspricht schon fast der
ICTI Teufelsmaske aus Gastein, die vor mehr als sechzig Jah-
dort noch getragen wurde Es war eine rohe liisenblech-
kc mit ausgeschlagenen Augen, aufgesetzter Nase, heraus-
gender Zunge aus rotem Stoff und zwei kleinen Ziegen-
tern." Da ist ja die Metallmtiske des Salzburger Museums
dagegen. Es ist eine glatte Maske von grauer liarhe, ohne
.rich. Mund und Augenhöhlen sind herausgestanzt, die Nase
erausgctrieben, wie das ganze icsicht plastisch gehalten er-
int. Da spielt wohl wieder der Drang mit, die unpersönliche
hten- und Schemen-Schönheit zu erreichen. Damit ginge
Maske, wenigstens im Typus, wohl auch auf das 17. Jahr-
zlert zurück."
16. bis zum 19. Jahrhundert sind also in den schweizeri-
wie in den österreichischen Landschaften Metallmaskcn
landen und getragen worden. Das 17. Jahrhundert scheint
inders stark beteiligt gewesen zu sein, ohne daß man jedoch
len Kupfer- und Eisenblechmasken von einem Maskenbarock
chen könnte. Man wird im Gegenteil und mit besonderem
ilick darauf, dall die originalen Klein-Basler Ehrenzeichen-
kcn sicherlich noch im späten 16. Jahrhundert entstanden
weit eher von einer Masken-Renaissance, von einem bür-
ichen Maskenwcsen der stark cigengeprägten süddeutsch-
veizerisc atlpcnländischcn Spätrenttissztncc sprechen müsszn.
.e sich die Stahlbleehmitske der spätgotischen Rittervisiere
weiter ausgewirkt, so blieb dieses Metallmaskenwesen der
gerlichen Renaissance drei Jahrhunderte lang am Leben.
weder kontinuierlich wie in Basel, wo die gesellschaftlichen
ndlagen dafür erhalten blieben, oder im sozialen Geschicbe,
mit bäuerlichen Nachfolgeerscheinungcn wie in den Dör-
und Miirkten von Tirol und Salzburg. Nur diese Erschei-
des Nachlebcns altbürgerlichen Maskengutes im bäuerli-
Brauchtum konnte ja auch die Entstehung der llisenblech-
ken mit sich bringen, die zum Teil den Teufelsmasken der
zscl-initzer so stark entsprechen, daß an ihrer gcstaltlichen
ängigkeit von diesen nicht zu zweifeln ist. Dennoch bleibt
die Tatsache bestehen, daß wir mit den kupfernen und
rnen jemeindemasken eine Schicht des mitteleuropäischen
olet Volkskunstmuiseutu, tun-xi. rn. tsii. Die weiteren ltuell zu nennen-
Masken des luushrurker Hustßuttts sind die tut-usw. rvt; iss und 159. m.
inke die Mitteilungen und aututiiiuieu davon Herrn t-tuti-ut tm. m. Jusel
u. Photon lllchanl Wachen, Innsbruck. Hllile Eunnel, Masken In
Iütnllehell deutschen Spielen ilhutsrhe Arbeiten der Universität iuitu,
Jena o. J.
slerrelchlsehes Museum im Volkskunde. UHR-XI. xiruiis. In Merlin erworben.
Alrle Andree-Eyitn, Yulkskundllrhes dem hayeNach-österreichischen Al-
Ehlel. Braunschweig 1910. s. 110 tabu.
stumm, Museum Salzburg, lnm-Nr.
tut, die aiimituug und Aulltahme
Photo nklmlh Puschej.
ohne llerluttftsungnhe. m.
davon Frau Dr. Frlederlke Prntlln-
AUS DER 539. KCNSTALIKTION DES DOROTHELJWS
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dalena, llolz, Höhe
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Mziskenwesens, eine Allcrsschicht, ergrahen haben, die bisher
als solche nicht falllviir erschien. Mnn darf nicht übersehen, dilß
die uns heknnmen hnlzgeschnitnen Älnsken als Objekte nicht
üher das I7. jnhrhunderl zurückrcichen. Eine vorbzlrocke Holz-
miiskc hat sieh zumindest in den Alpenländern nicht erhalten.
Wir wissen streng genommen von den Objekten her nicht, wie
die vollxsmiiliige Älziske der frühen Neuzeit ausgesehen hat. ln
diese Lücke tritt nun die hleuillmiiske Kupfergelrieluenc Nlds-
ken der geschilderten 'I'vpcn haben offenbar einen wichtigen
Teil dcs Miskengules des I6. und 17. Jahrhunderts gestellt. Sie
waren in ihrer Ar! Neuschiilvfungen, sie schlossen nicht an mit-
telalterliche Formen an, sondern gehörten der städtisch-bürger-
lichen Bruuchkunsl an. Das eröffnet Parallelen zu den FJSInClChls-
briiuchen, die wir in ihrer Art heute auch nicht mehr als gesun-
kenes Kullurgul des Nlitlelallers, sondern als städtisch-bürger-
liche Schöpfungen der frühen Neuzeit AIISClNIH, das Nürnberger
Scheml laufen ClXVl. Es Yiht sich also von hier aus ein Blick
in ein bisher recht dunkle "iehier, d.1s man Renaissance in der
Vnlkskunsi" nennen möchie. Wenn man überlegt, wie hing und
intensiv man hishcr vom Yolkshir0ek" gesprochen hat, dann
könnte der Versuch, die mr diesem liegende lipoche einmal auf-
zudecken, von einiger Wlichligkeit erscheinen.
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34
Unter diesen Umständen würde man sich auch gern fragen;
woher die bürgerliche Renaissance eigentlich die Freude an der
Metallmaske genommen haben mag. Wenn es das nachlebende
Mittelalter nicht war, was hat dann hier zusammengewirkt?
Neue Freude am Erz, an der Erschließung neuer Bergwerke
und damit steigender Kupferverbraueh? Oder dazu Erinnerun-
gen an die klassische Antike, von der die frühen Humanisten so
erstaunlich viel wußten, was heute längst aus dem Allgemeinhe-
wußlsein entschwunden ist? Man darf auf diesem Gebiet ja so-
gar mit Funden rechnen, die man nachzubilden trachtete. Schließ-
lich Wären außereuropäische, überseeische Einflüsse möglich?
Man hat mindestens seit dem Erscheinen der ersten Konquista-
deren-Berichte vom mittel- und südamerikanischen Maskenwe-
sen gewußt. Und das Nürnberger Schembartbuch von 1518 bringt
schon eine Indianische Tracht". Besonders merkwürdig sind in
diesem Zusammenhang die vergoldeten Schreckmasken am Frics
des Schweizertores Ferdinands I. von 1552 in der Wiener Hof-
burg. Diese Masearons mit ihren Federbüschen auf dem Schei-
tel sollen offenbar Indianermasken sein. Mit ihren weit aufgeris-
senen Augen und Mundöffnungen erinnern sie entschieden an
unsere Metallmasken, die einstmals, als ihr Kupfer noch nicht
patinicrt war, ähnlich geglänzt haben müssen. Die verschiedenen
Gruppen der oberschichtlichen Masken der Renaissance, vor
allem der Maskierungsmöglichkeiten bei Hof, müßten also von
diesem Gesichtspunkt her gemustert werden, vielleicht würden
sich Zusammenhänge ergeben. Die Geschichte der Metallmaske
ließe sich jedenfalls von Mitteleuropa aus um ein interessantes
Kapitel erweitern.
UNSERE AUTOREN
lillu Kerker-Barium, geh. in Wn-n 1911, studicrtc Äifllxithtßllli und
lilhnologic an der Universität YtÄcn, Dr. phil. 19-11. Scit 1955 Lei-
tcrin des Museums für Wulktrkundc. Forachungsrt-iscn 1934 hi;
1938 Lihcrba, 195-1 und 1956 lndiancrstämmc Braxilicns im Gebiet
gvgcit dai Tiefland von Bnlivivn; ztrchiinlngischc Grahungrn. Zahl-
rc hc Vcro11entlichungun aus dcnt Fztchgcbicl.
Barbara CUIHIRYIIJOLW-KlllrFgi, gehört seit 1956 dt-m Rctlztktionsatal der
HPrt-sßc", Wien, an.
iurbizrl Eggen gch. 21. Juli 1911i. Dr. jur. ct phiL. sttltlltflt" Kunxl"'-
ßchichtc und Archiiologit- an dcr Lnivcrsitlit 1761m, Dnxvnt lur Kunstg
ichlc an der Technischen lluchwhule, Wien; Kustos am Österrei-
chischen Museum scit 19-10, untcrrichlct dcrzcit Kunstgcwchichlc an dcr
Äkadcmic 11.11" angewandte Kunst. Veröffentlichungen aus dem Fach-
gebiet u. Zur Analyac dt-s spztlititlilätn Portratw, Jahrbuch dt-r Kunst-
historischcn Sammlungen; Slilltritißche LlntEYbtJChLlngQn an spiitantilzen
"li llcn, Jahrbuch der Kunsthistorischcn Sammlungen; Die Krise der
apa ntik Bildkomposition, Jahrbuch dcr Biblinphilcn lcwllxchaft dcr
Schtvciz; Das Stilprolwlvm dcr Spataniikv. Alte und modt-rnt- Kunst.
Frau Ilmlummrxkyv. geb. 19011, Rappoltcnlßzirchcn Nicdcrißtt-rreich,
Sllll1'l'1C an dvr Lnivcrsititt Wien jcrmanistik und Geschichte. Nach
dem Dnktnral 1922 der Vnlkshildung tätig, 1929 Eintritt in die
Östcrrcichischv Nntionalhihliothvsk. Nath 1934 tvicdcl" in der Volks-
bildting. 19-111 bis 1915 im Ztvcilun Wvltltrieg. 19-17 Wicdcrcintritt in
die Üslt cichische Natiunitllwihliizthck, hc crsammlung. 195-1 Leiter
dcr Fhualcl tmmlung. Vüssensthxtltlich lg Mitarhuil lwi dcn kri-
tiwhcn ltusgzibciw der Wicnci- Vnlkwklaßs Kataloge für du Thvntcr-
Sammlung, cinc Reihe großen-er tlnd klcinurci- Abhandlungtn zur öster-
rcichiscltt-n, VUY allvm Nliicnt-l" "lihcntt-r- und Literaturgextchichtc.
Erivm Alillug, geb. 11. Scplumhcr 18911 XVicn, Dr. jur. Universität
Wivn. füusiltxchriltstcllct" und lüusikkritikt-i" dm" .,Pi'cssc".
llubvrl Kuul, geb. in Wien 1913. Studirn an der fniv
Dr. phil. 19-11, srit 19417 am Histo "hcn lWuSeum dur Stadt Wlicnt
kulturgeschichtliche Abteilung, Mitarh lcr hci zahlrcichcn Ausstellun-
gcn du llistnrischcn Muscumä, der Wicncr llcimatmtivccit, der Stadt
Wicn und Ilhlt"1'CI' lnstitutioitvit. Vcrüllicntlichungcnt Ausßtellttngs-
lührci- und uge; ein lirinncrtxngßlsttch von 1823. Die frühcätcn
Ritimtlntlhildnis In Studit-n aus Wien, 91H", Schiz, llclt Wicn
1937. ln Ynrhcrcitung Studlrn zur Wicncr lkonographie.
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