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ÖSTERREICHISCHE ZEITSCHRIFT FÜR KUNST, KUNSTHANDWERK UND WOHNKULTUR
QJAHRGANG 46 MAI 1961
TITELBILD
ÄUSSCHNITT AUS DER RUCKSEITE DES
CHINESISCHEN SETZSCHIRMES IM PA-
LAISSCHWARZENBERG, SIEHE TEXT ZU
ABB. S.
10
16
21
25
28
30
PERSONLICHKEIT UND ZEITGEMÄSSHEIT
ÜBER DEN WIENER MALER GERHARD SWOBODA,
TRÄGER DES STlFTER-PREISES 1961
PROF. JORG LAMPE
EIN CHINESISCHER SETZSCHIRM
AUS KOROMANDELLACK IM PALAIS SCHWARZENBERG
DR. ERNST KOLLER
INTERNATIONALES STUDENTENHAUS-INTERNATIO-
NALES KULTURZENTRUM
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DIE ADAPTIERUNG DES PALAIS ERZHERZOG KARL,
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DER DEUTSCHE KÖNIG UND DIE NEUE KUNST
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IIUNDERTS" VEROFFENTLICHEN WIR DEN 58. AUFSATZ
DES 20. JA! uz-
PERSUNLICHKEIT
UND
ZEITGEMÄSSHEIT
Über den Wiener Maler
Gerhard Swolroda, Träger
des SliHer-Preises 1961
JORG LAMPE
Abseits der großen Heerstraße der zeitgenössischen Kunstcntwicklung oder doch
dessen, was dafür gehalten wird, bekommt der Avantgardismus" leicht entweder
einen hektischen oder einen provinziellen Stich, was manchmal schier dasselbe ist.
Auch das Hektische nämlich ist zweitklassig und so dem Provinziellen ähnlich.
Nur ist es auch wieder verständlich, daß die Peripherie den Kontakt mit dem
Zentrum nicht verlieren will und sich daher es ihm gleichzutun bemüht.
Die Orientierung jedoch nach dem jeweils Neuesten schafft nie Kontakte. Erfolgt
sie außerdem aus der Fehlperspektive der Entfernung, erreicht die Verfälschung
oft geradezu lächerliche Grade. Nur wird es auch nicht besser, wenn man nun,
um aus dem Sog und Dreh der Entwicklungs-Konvention" herauszukommen, be-
wußt eine angeblich unkonventionelle Richtung einschlägt. Die bewußte Mache
ist immer selber Konvention.
Wie aber soll dann eigentlich der Künstler den gewünschten Kontakt gewinnen?
Nicht anders als dadurch. daß er sich selber lebt, daß er sich selber findet, sam-
melt, entfaltet und zur Reife bringt. Dann stimmt es immer, und die Vorwürfe des
Hektischen", des Provinziellen" und Konventionellen" fallen in sich zusammen.
Das Sich-selber-finden, -sammeln also in Zucht nehmen, -entfalten und zur Reife
bringen ist der einzige Ausweg aus dem Circulus vitiosus der bloßen Zeitgemäß-
heit" oder auch des bloßen Sträuhens gegen sie.
Dieser Ausweg ist allerdings gemeinhin nicht sehr gefragt. Erstens kostet er viel
Mühe und nicht wenig Leid, und zweitens hat man gerade unter den bedrohlichen
Zeitaspekten Angst, aus der Herde auszuscheiden, von der öffentlichen Straße ab-
zukommen. Man mag einfach das Los der Einsamkeit nicht auf sich nehmen, ob-
gleich man im Grunde nur noch so zur Kommunikation mit dem Ganzen finden
kann, das durch die mit der Herde" nur verstellt wird. Das hat nichts mit Hoch-
mut" im Sinne von Dünkel und damit ohne hohen Mut noch mit dem viel-
zitierten elfenbeinernen Turm" zu tun. Wer es mit dem Ganzen" hält, der steht
auch unbedingt zum Menschen, den man allerdings nicht mit den konkreten Men-
schen einer amorphen Allgemeinheit verwechseln darf.
Waldvierller Landschaft,
Ausschnitt aus einem Ölbild,
1961, 35X50cm Gesamt-
größc.
Wnldviertler Winterland-
Schaft, 1960, aquarellierte Fe-
derzeichnung, 26 32 cm.
,..........
Zum Sich-selbcr-finden nun gehört letztlich auch die Überwindung der kleinen
Späße und Effekte als Mittel sozusagen zur Existenzbestreitung. Es dauert ohne-
dies nicht lange, bis sie schal geworden sind, oder bis man ihren Erzeuger mit ihnen
stempell und auf sie festlegt, wie das übrigens nicht nur die Kunsthändler, sondern
auch die Massen tun. Auch muß man wissen, was als das Selbst" zu gelten hat.
Es ist gewissermaßen mit der Funktion", mit dem Sinn und der schöpferischen
Lebensbestimmung der Einzelpersönlichkeit, mit der Reinst- und Höchstform ihres
Vermögens gleichzusetzen. Das Maß des Selhstes" für das ja wie für das Nein
dem gesamten eigenen Angelegtsein gegenüber ist die Spannung". Was sie erhält
und erhöht, dient dem Selbst und seiner Findung. Was sie vermindert, baut zugleich
auch das Selbst und sein Vermögen ab.
Das alles trifft nicht nur überhaupt für das Künstlersein in der Gegenwart, sondern
auch im besonderen für den 1923 in Neubistritz in der Tschechoslowakei geborenen
und in Wien lebenden Maler, Graphiker und Plastiker Gerhard Swoboda zu. Er hat
bei Wotruba studiert, ist als Maler Autodidakt und hat sich den Weg zu sich selber
nicht gerade leicht gemacht. Vor etwa 15 Jahren stellte er zum ersten Male im
Rahmen der damaligen Sommerausstellungen im Konzerthaus unter dem Titel
Formen und Wege" aus, die neue Talente entdecken und erstmalig präsentieren
wollten.
Schon den frühen Arbeiten Swobodas merkte man seinen Drang zur Entdeckung
und Betätigung verschiedenartigster bildnerischer Möglichkeiten als solcher an.
Seine Phantasie beschied sich damals noch mit verschlüsselten Formen und Zeichen.
Allmählich aber verlangte Swohodas Sinn für das Komische und Groteske ebenfalls
sein Recht. In dieser Zeit entstanden so reizende Blätter wie die Vogeljagd", die
Tischgesellschaftf verschiedene Turniere", aber auch liebenswürdige und dem
Märehenhaften verwandte Bilder wie der Verschneite Wald". Das alles waren
Bilder, auf denen eine lebhafte Vorstellungsphantasie mit einer ebenso lebhaften
bildnerischen Phantasie zusammenging. Ausstellungen in der Galerie Wlürthle, in
der Neuen Galerie der Stadt Linz und die Beteiligung an internationalen Aus-
stellungen ließen diesen" Swoboda immer wieder in Erscheinung treten.
Vor wenigen Jahren jedoch kam es dann zu einer Art Zäsur. Swoboda selber wurde
es überdrüssig, sich auf das Skuri-ile" festgelegt zu sehen, da es ja nur aus einem
Seitenkanal seiner umfassenderen und auch tieferen Phantasie floß. Auch ging es
ihm jetzt darum, sich der Erseheinungswelt zu nähern, nicht etwa, um wieder
auf ihr Abbild zuzusteuern, sondern um sich des Bildnerischen in ihrem Strukturen-
und Gestaltbau noch gründlicher zu versichern. Mit dem tieferen Eindringen in
das eigenständige Wesen und Gestaltangebot in den Farben wie in den anderen
Mitteln und Elementen des künstlerischen Tuns erwachte eben auch das Bedürfnis,
die Gestaltwirklichkeit schlechthin und auf allen ihren Betätigungsgebieten, in
allen ihren Gesetzlichkeiten zu ergründen.
Die große Kollektivausstellung Swobodas in der Wiener Secession im Mai 1959
legte von diesem Wandel nach einer längeren Periode des Schweigen? ein beredtes
Zeugnis ab. Sie zeigte zwei Bereicheials bestimmend auf, den des Bildnerisehcn
an sich und den einer fast ins Surreale gewandten Phantasie. Aus dem ersten Bereich
kamen Formen und Bildungen, die an Steine, Moose, Wasser, Moore, an das Wach-
sen und Wuchern denken ließen, während der andere hauptsächlich Spukgestalten,
die manchmal geradezu ins Dämonenhafte gesteigert waren, aus sich gebar.
Es ist selbstverständlich Auffassungssache, welchem dieser beiden Bereiche man
den Vorzug gibt. Für mich hat nur der erste eine mich bewegende Bedeutung. Er
steht in seinem Wesen der informellen" Malerei, also einer Bildeweise nahe,
bei der nicht mehr das Bildkonzept des Malers, sondern der aus dem Malvorgang
selber hervorgehende Bildantrag seine Verwirklichung verlangt. Daß Swoboda in
seine Malvorgänge auch sein Wissen und Erleben von den Natur-Strukturen ein-
bezieht, beschwert oder bereichert sie, je nachdem, ob man die informelle Malerei
für in sich selber gültig und voll erachtet oder nicht. Wiederum nur für mich
bedeutet die informelle Malerei als schöpferische Antwort des Künstlers auf die
Bildanträge des Malvorganges mehr als die Einbeziehung irgendwelcher Natur-
v0rg21ben".
Swoboda bedarf übrigens von sich aus immer wieder einer phantastischen Figua
ration. Es hat den Anschein, daß sie ihm neue Impulse schenkt. So aber bedarf er
eben auch der Nähe zu den strukturellen Naturgegebcnheiten, und er tut gut daran.
Dschungelbuch, 1959, la-
vicrtc Federzeichnung,
65 52 cm.
Sprengung, 1960, lavierlc
Federzeichnung, 52 65 cm.
Baum, 1960, Radierung,
11 15,5 cm.
diesem Bedürfnis stattzugeben. Er hat damit völlig recht, weil er ja nicht irgend-
einen, sondern eben seinen und keinen anderen Weg zu finden hat.
Interessanterweise erinnern übrigens einige seiner neuen Bilder und mehr noch
einige Graphiken an die Zeit und Bildewcise der Donauschule. Und in der Tal
wie diese ein Aufbruch in die Welt des Nalurhaften überhaupt war, so trägt auch
Swoboda auf seine ganz persönliche und für viele sogar leichter verständliche, weil
Anhaltspunkte bietende Weise manches zur Sichtbarmachung in der Welt des Bild-
nerischen bei, in der die neuen schöpferischen Ordnungs-Entseheidungenfür unsere
moderne Existenz gefunden werden müssen.
X0 xi
11 Iijtß."
4.. j.
EIN CHINESISCHER SETZSCHIRM AUS KORO-
Im ersten Heft des jahrganges 1959 veröffentlichte Alte
und moderne Kunst" einen Setzschirm aus Pekinglack,
der sich ebenso wie das hier zur Rede stehende Stück im
Palais Schwarzenberg befindet. Beide Setzschirme sind
in dem 1913 angelegten Palais-Inventar als aus dem
längst zerstörten Schwarzenbergschen Stadtpalais auf
der Mehlgrube Neuer Markt" stammend angeführt,
beide Stücke befinden sich seit spätestens 1720 im Hilde-
brandt-Fischerschen Bau und gehören zu den frühesten
derartigen Arbeiten, die aus dem China der Epoche
Kaiser Kang Hsi 1662-1722 ihren Weg nach Oster-
reich fanden. Der in vorliegendem Aufsatz zur Diskus-
sion stehende Paravent wurde nach schwersten Zeit- und
Kriegsschäden von Frau akad. Restaurator Olga Mossig-
Zupan vorbildlich wiederhergestellt und ist von aller-
erster Qualität; seine Existenz auf Wiener Boden sollte
daher von der kunstinteressierten Öffentlichkeit beson-
ders zur Kenntnis genommen werden.
Was ist Koromandellaclö? Martin Feddersenl liefert
folgende erschöpfende Definition Eine Verbindung von
Lackschnitt und Malerei stellt der sogenannte Koro-
mandellack dar. Hier kommt auf eine Holzgrundlage
eine Kreideschicht und darüber schwarzer Lack. Aus
diesem schneidet man die Darstellungen so aus, daß der
Krcidegrund zum großen Teil freigelegt wird. Dabei
behalten jedoch die inneren Linien der Zeichnung die
ursprüngliche Höhe und nur die Flächenstücke zwischen
ihnen werden vertieft. Es bildet sich also ein Netz von
Stegen, vergleichbar dem, das beim Zellenschmelz zur
Aufnahme des Emails dient. Die vertieften Stellen er-
halten Bemalung in kräftigen Farben, die zusammen mit
den stehengebliebenen Teilen des schwarzen Lacks eine
ausgezeichnete dekorative Wirkung ergeben. Diese
wahrscheinlich aus der Provinz Ionan stammenden
Lackarbeiten verdanken ihren Namen den Umschlag-
häfen an der Koromandelküste südliche Küste Vorder-
indiens. Typisch sind große, vielteilige Setzschirme, die
bisweilen mit einer Landschaft, öfter aber mit dem in
Parallelperspektive gegebenen Bild einer. Palastanlage
geschmückt sind, in der sich eine figurenreiche Szene
abspielt. Den Rahmenschmuck .. bilden gewöhnlich
Blumen, Altertümer und verschiedene Embleme
Diese Beschreibung kann wortwörtlich auf unseren Setz-
schirm übertragen werden. Trotzdem ist er alles andere
als ein Serienprodukt, sondern unserer Überzeugung
nach ein Werk, das ursprünglich nicht zum Export be-
stimmt war, sondern eine Art von monumentaler Glück-
wunschgabe an einen chinesischen Großen darstellte.
Der Schwarzenbergsche Koromandelschirm ist zwölf-
tcilig, die Gesamthöhe beträgt 242 cm, die einzelne Feld-
breite 42,5 bis 43 cm, sodaß sich eine totale Länge von
rund 5m ergibt. Damit wird der in Alte und moderne
Kunst", Heft 112, 1959, beschriebene Pekinglackschirm
in seinen Abmessungen 235 384 cm beachtlich über-
troffen. Während bei diesem Stück Vorder- und Rück-
seite mit Landschaften ausgestattet und von einer ein-
fachen Ornamentbordüre gerahmt sind, weist der Koro-
mandelschirm an beiden Seiten völlig unterschiedliche
Darstellungen auf und auch die umrandenden Ornament-
bordüren sind um ein Vielfaches reicher als bei dem
erstbesprochenen Stück. Die Farbskala reicht von Gold
über Gelb, Ocker, Zinnoberrot, Schieferblau und ver-
schiedene Grüntöne bis zu Weiß. Das Hauptfeld der Vor-
derseite stellt den Betrieb in einem Gutshof dar, der in
einer reichbewegten Landschaft liegt. Die Komposition
setzt links mit einer von Figuren belebten Terrasse und
einem dahinter liegenden Pavillon ein; es folgt ein klei-
nes, monopterosartiges Bauwerk. Zwischen diesen Ar-
chitekturen sieht man Fels- und Baumgruppen, Men-
schen bei allerlei Tüitigkeiten und Gewässer. Der Guts-
hof selbst nimmt fast die gesamte rechte Hälfte des
Schirmes ein und ist in der klassischen, hier von links
unten nach rechts oben ansteigenden Parallelperspek-
tive komponiert. Es handelt sich um eine Art von Vier-
kanthof wenn es statthaft ist, mitteleuropäische Be-
griffe auf ostasiatische Architektur zu übertragen, des-
sen Räume sich nach außen und innen öffnen und Ein-
blick geben in die mannigfaltigen haushälterischen Tü-
tigkeiten. So sieht man eine auf einer Leiter stehende
Gestalt, die Früchte Maulbeeren? von einem Baum
hrockt; sie ist von zwei Kindern assistiert. In einem
abgesonderten Gemach sitzt eine Frau vor dem Web-
stuhl, im Zimmer nebenan stillt eine junge Mutter ihr
Kind Anschließend sehen wir vor einem leeren Raum
ein Mädchen, das an einem Spinnrad beschäftigt ist. In
dem dem Beschauer am nächsten liegenden Gehäudeteil
ist eine Trockenanlage in Betrieb, vor ihr knien zwei
Frauen am Boden und bearbeiten ein Bündel von Fa.-
sern? mit Holzsehlägeln. Ein wenig weiter nach links
beobachten wir eine Heizanlagc, davor einige Männer,
die mit der Manipulation von großen Gefäßen befaßt
sind. Ein schlafender Hund, kämpfende Hähne und eine
llenne mit Küchlein unterstreichen das Genrehafte der
Szene. lis ist denkbar, daß es sich bei dem dargestellten
Betrieb um eine Gewinnungsstätte für Naturseide han-
delt und alle hier wiedergegebenen Tätigkeiten mit der
Seidenproduktion in Verbindung stehen. Trotz Umfrage
Pavillon-Baues vor einem Tisch mit aufgeschlagenem
Buch. Es scheint, als hätte ihn ein Geräusch oder irgend-
ein anderes äußeres Ereignis aus seinen Studien geris-
sen, denn er greift sich mit der Linken etwas erstaunt
in den langen, spitzen Bart und blickt auf den zu seinen
Füßen liegenden Betrieb. Ganz rechts außen schließen
zwei Pavillons, von denen wir den unteren wiedergeben,
die Komposition ab. Dieser Pavillon ist von einer klei-
nen, in idyllischem Frieden lebenden Familie bewohnt;
der Vater beugt sich in legerer Haltung aus dem Fenster.
die neben ihm stehende, jugendliche Gemahlin wird von
dem Kind umschlungen, das sie auf dem Arm trägt.
Wie bereits angedeutet, ist die umgebende Landschaft
von zahlreichen Figurengruppen reich belebt. Wir grei-
fen die Darstellung eines taoistischen Weisen heraus, der
von einem charakteristischen Attribut des vergöttlichten
Lao-Tze Shou Lao, dem Sika-Hirseh, begleitet ist. Ein
kleiner Diener folgt ihm, vor ihm steht ein Mann mit
geschorenem Haupt, der an einem Knotenstoek einen
Korb mit Blumen gesehultert trägt. Eine andere taoisti-
sehe Persönlichkeit steht im Raume zwischen Gutshof
und Herrschaitspavillon; auch sie ist an einem mächti-
gen Knotenstock erkennbar. Ferner fällt im Bereich un-
MANDELLACK IM PALAIS SCI-IWARZENBERG
ERNST
KOLLER
in Fachkreisen konnte für diese Vermutung weder eine
Erhärtung, noch eine Widerlegung gefunden werden.
Dem Gutsherrn ist eine eigene Architektur gewidmet.
Er sitzt im Oberstock des einzigen zweigeschossigen
mittelbar über dem Gutsgebäude eine Begrüßungsszcne
zwischen zwei Gruppen von Leuten auf. In der rechten
beobachten wir wiederum einen taoistischen Weisen mit
Knotenstock.
Die Bordüre der Schauseite wird oben von einer Dar-
stellung der sogenannten hundert Altertümer", seitlich
von blühenden Bäumen und unten von einer Folge von
zwölf mehr oder minder phantastischen Fabeltieren ge-
bildet, die weiters nicht gedeutet werden können. Bei den
hundert Altcrtümcrn" der Oberbordüre handelt es sich
überwiegend um archaische Gefäße aus der frühesten
historischen Periode Chinas, der Shang-Yin-Zeit, und
der darauf folgenden Chou-Periode Mitte des 2. jahr-
tausends bis 4. jahrhundert v. Chr..
Den Schlüssel zum Verständnis des gesamten Werkes
liefert die Darstellung auf der Rückseite, die von wahr-
halt hinreißender Schönheit ist. In der Mitte der Kom-
position beobachten wir ein Pfauenpaar mit einem jun-
gen. Es ist umgeben von Baumpäonien, auf dem Boden
wachsen Narzissen. Ein links oben angeordneter fliegen-
der Reiher schließt sich an die Pfauengruppe diagonal
an. Auf der äußersten Linken erkennen wir ein Paar
Mandarinenten, unten eine Bachstelze, Bambus und Lotus
sind die dominierenden Pflanzen. Das rechte Bilddrittel
wird von einem Paar miiehliger Kiefern von der übrigen
Komposition getrennt. ln ihrem Gezweige hat sich u. a.
wiederum ein Reiher niedergelassen. Ganz rechts sitzt
ein prächtiger Paradiesschnepper. Die Bordüre wird in
gemischter Folge von archaischen Gefäßen, Blüten,
Früchten und einigen wenigen liabeltiercn eingenommen.
Was bedeutet das Ganze nun? In dem dominierenden
Pfauenpaar können wir eine ins Naturalistische trans-
ponierte Darstellung von Phönixen erkennen. Der Phönix
heißt chinesisch Fang huang, das ist sowiel wie männ-
licher und weiblicher Phönix das Gesamttier ist also
nur als innige Verbindung beider polarer Prinzipien
vorstellbar. Kraniche oder Reiher sind Wunschtiere für
ein langes Erdenleben, das Entenpaar symbolisiert glück-
liches eheliches Zusammenleben. Päonien bedeuten Früh-
ling und Reichtum, Bambus und Kiefer sind Symbole für
langes Leben, die Narzisse ist ein glückhaltes Winter-
symbol, weil sie trotz Schnee und Kälte blüht. Lotus und
Chrysantheme schließlich bedeuten Reinheit und Bestän-
digkeit, bzw. Sommer und Herbst. Alles weist also dar-
llrvilr
nui hin, daß der Schirm nichts anderes sein soll als ein
Wunsch für friedliches, gesegnetes, langes Zusammen-
lehen eines Ehepaares. Was die Vorderseite anbelangt.
möchte man am liebsten an eine Konfrontierung der
vita activa mit der vilzi contcmplativa denken, doch
wäre eine solche Gegenüberstellung im Rahmen der
chinesischen Vorstellungsbercichc schwer möglich. Ver!
gcssen wir nicht, daß Setzsehirme dieser Art nach festen
Vorlagen gearbeitet wurden; vielleicht läßt sich die Ver-
eh..." ............s ..... .....- s... .. .-....
faßbare Aussage der Rückseite die man lediglich infolge
des geringeren Reichtums der Bordüre als solche anspre-
chen kann, sieh auf ein konkretes, zu beglückwünschen-
des Ereignis bezieht.
Wir wissen nicht, 0b die Familie Sehwarzenberg aus
Anlaß eines bestimmten Gesehehnisses in den Besitz
dieses und des anderen Setzschirmes gelangte; in diesem
Zusammenhang mag jedoch der llinweis gestattet sein.
daß Werke dieser Art in vielen Fällen zu bestimmten
Gelegenheiten den Weg nach Europa fanden. S0 gibt es
z. B. als besonderes Kuriosum einen sechsteiligen Lack-
schirm mit 21 jour geschnitzter Doppeladlerbekrönung
im Besitze der Earls Spencer of Sunderland. Dieses Stück
wurde von den Jesuiten dem Kaiser Leopold I. anläßlich
seiner Krönung im Jahre 1700 geschenkt; durch seinen
Sohn, Karl Vl., gelangte es an den llcrzog von Mari-
borough und späterhin durch Heirat an die heutigen Be-
sitzerß Ein identischer Paravent wurde von Karl VI.
während der Zeit der Herrschaft über Sizilien 1720
bis 1734 einem dort ansässigen, namentlich nicht ge-
nannten Edelmann gegeben. Das SpeneerÄsche Stück
weist als besondere Eigenschaft neben der Bekrönung
durch Doppeladler noch die Tatsache auf, daß die Teil-
nehmer der dargestellten Jagdszene Europäer sind und
mehrere Damen in einem Pavillon europäische Kleidung
tragen.
Wie ungeheuer der Bedarf an chinesischen Lackmöbeln
im Europa des ausgehenden 17. Jahrhunderts war, be-
weist eine Eintragung im Letter Bock der East India
Company vom Jahre 1697; damals wurden 60 Kabinett-
schränke, 40 Tische, 80 Kartenspieltische und 2800
Tische mit Perlmuttereinlagen, schwarzgoldenem Dekor
und Vogelmotiven nebst einer nicht präzisierten Menge
von Paravents bei der in Kanton bestehenden Repräsen-
tanz bestellt.
Mit einem Transport ähnlicher Art werden auch die
Schwarzcnbergsehen Setzschirmc wohl via Holland nach
Wien gelangt sein.
Der Verfasser dankt den Herren Dr. Gerth Rokitansky, Natur-
historisches Museum, und Dozent Dr. Karl A. Nowotny, Mu-
seum für Völkerkunde, Wien, für freundliche Beratung.
M. Feddcrscn, Chinesisches Kunstgcwerbe, 2. Auflage, Braun-
schweig 0. p. 212 H.
jourduin R. S. jcnyns, Chinese Export Art in thc Eigteenth
Century, London 1950, p. 21.
Edward F. Strange, Chinese Lacqucr, London 1926, T. XXXV
und erklärender Text.
Der Koromandel-Lackschirm im Palais Schwarzenberg
Haupiseite mit Gutshof in Landschaft.
Rückseite mit Vögeln und Pflanzen als Glückwunschsym-
holen. Man beachte den Kontrast zwischender kleintciligen,
rollbildhalten Komposition der Vorderseite und der monumen-
talcn, um Konzentration bemühten Gestaltung dieser Ansicht!
Ausschnitt aus der Vorderseite Der Gutshof, möglicherweise
mit Darstellungen aus der Seidenproduktion.
Der Gutsherr in seinem Pavillon.
Ein Familienidyll.
Ein taoistischer Weiser; in allen Detailaufnahmen erlebt man
besonders intensiv das Zusammenspiel von genrehaltem Natu-
ralismus in der Mensehendarslellung und konzentriertesier Ab-
straktion bei Pllanzen und Gewässern.
7-8 Details aus der Oberbordürc der Vorderseite Archaische
INTERNATIONALES STUDENTENHAUS-
Die Caritas hat sich nie darauf beschränkt, materieller Not zu Hilfe zu kommen
und würde sich um die Bedürfnisse von Studenten und Intellektuellen aus allen
Ländern auch dann kümmern, wenn keine materielle Not dazu den Anlaß böte.
Die sechs Studentenheime, die in den letzten Jahren errichtet wurden, haben frei-
lich das Flüchtlingselend zum unmittelbaren Anlaß gehabt. Die Mittel, die uns nach
der ungarischen Revolution geschenkt wurden, haben nicht ausgereicht, diese Heime
zu errichten, doch haben wir mit einem Kredit der kirchlichen Aufbauanleihe und
mit Spenden des Flüchtlingshochkommissariats, der Schweizer Auslandshilfe und
des Internationalen Rescue Komitees Plätze für annähernd 400 Hochschüler und
Hochschülerinnen geschaffen. Dabei war es uns von vornherein klar, daß nach dcm
Abschlufl des Studiums der Flüchtlinge diejenigen Studenten den größten Anspruch
auf unsere Hilfe haben würden, die aus den Entwicklungsländern nach Österreich
kommen, um hier ihre Ausbildung zu erhalten.
Ein zwei faches Motiv hat uns dabei beeinflußt Wir wollten menschlich, geistig und
kulturell die Verbindung zwischen Flüchtlingen und Österreichern herstellen und
Zweitens Menschen, die gewohnt waren, in den Europäern den Kolonialherrn oder
den materiell an Schätzen des Landes Interessierten zu sehen, in brüderlicher Liebe
entgegenzukommen.
Hinter dieser Bemühung um liebevolles Verständnis verbirgt sich kein Motiv der
Proselytenmacherei. Wir hoffen, daß die Studenten aus allen Ländern der Welt in
unseren Heimen eine kleine Schule des Zusammenlebens finden. Dieses Zusammen-
leben auf der Basis der Kameradschaft und der gegenseitigen Achtung in den inter-
nationalen Studentenheimen findet seine Parallele und Ergänzung in den Bemü-
hungen des Internationalen Kulturzentrums.
Das Kulturzentrum hat es sich zum Ziel gesetzt, eine Analyse der Kulturen durch-
zuführen, die die unsere entscheidend beeinflußt oder sogar gestaltet haben. Dar-
über hinaus verfolgt es das Studium der parallelen Entwicklungen und Strukturen
in allen Kulturen der Welt. Den westlichen Studenten wird so in Erinnerung ge-
rufen, wieviel sie den alten Kulturen Asiens und Afrikas zu verdanken haben. Das
Wort Internationales Kulturzentrum" beschreibt freilich nicht ganz dieses Ziel.
Wir glauben nicht, daß jede Nation eine eigene Kultur hat, im Gegenteil betrach-
ten wir den in die asiatischen und afrikanischen Länder importierten Nationalismus
als eine vorübergehende Phase westlichen Einflusses. Wir glauben aber, daß alle
Kulturen der Welt zu einer Synthese finden müssen. Wenn es nach dem Rausch
10
der Verwestliehung zu einer Besinnung auf die alten kulturellen Traditionen
kommt, dann wird es nicht mehr möglich sein, daß, wie in der Vergangenheit,
große Kulturen unabhängig voneinander weiter bestehen können. Es wird zu einer
Synthese kommen müssen, die der Menschheit auch geistig und moralisch
eine gemeinsame Grundlage gibt.
Diesem großen Programm dienen die Programme der Veranstaltungen und Kurse.
Im vergangenen Jahr haben unter dem Titel Quellen Europas", Vorträge über
Ägypten, Byzanz, die jüdisch-hellenistische Epoche, den Islam und seine Bedeutung
für Europa und ähnliche stattgefunden. Daneben aber auch Diskussionen über
Themen wie Die Jazzmusik als eine universelle Sprache, und eine Reihe von
Seminarien wie Kulturphilosophischer Arbeitskreis, Soziologischer Arbeitskreis
u. a. Außerdem Forumsdiskussionen über den Nationalismus, ein philosophischer
Diskussionskreis usw.
Man sieht, daß in Geduld einzelne Bausteine zusammengetragen werden für ein
Werk, dessen Vollendung nicht gesichert ist, von dessen Vollendung jedoch die
Zukunft der Menschheit abhängt. Man fragt immer wieder, was die Caritas mit
kulturellen Aufgaben zu tun hat. Wenn einmal klar sein wird, daß nur eine Explo-
sion der Nächstenliebe die Kultur und die Menschheit retten kann, der technisch
eng miteinander verbundenen, seelisch aber zcrspaltenen Welt eine Seele geben
kann, wird es für die kulturelle Tätigkeit der Caritas keiner Entschuldigung
bedürfen.
LEOPOLD UNGAR
INTERNATIONALES KULTURZENTRUM
Außenansicht des Interna-
ticnalen Studentenhauses, Sei-
lerstätte 30.
Portal des Hauses Seiler-
stätle 30. Der neue Eingang
zurückgerückt, um den Ein-
druck des alten Portals nicht
zu beeinträchtigen.
Detail des Stiegenaufgangs
mit Blick auf den Gang des
Oberstocks mit einer natur-
belassenen Holzdecke.
Die alte Feslstiege, aus der
Zeit, als das Haus das Palais
des Erzherzog Karl war.
Foyer mit Bild von Walter
Ecken.
Außenansicht des Foyers,
entstanden aus der Umgestal-
tung eines alten Verbindungs-
ganges durch eine moderne
Stahlkonstruktion.
Innenhof mit Sandsteinpla-
stik von Erwin Thorn.
Foyer des Internationalen
Kulturzentrums im 1. Stock.
Festsaal und Bühne im
1. Stock.
10 Einblick in ein Studenten-
zimmer.
Auch die architektonisch gut gegliederte Fassade des
fünfgeschossigen Gebäudes weist auf die Erbauungszcit
im Anfang des 18. jahrhunderts. Die beiden unteren Ge-
schosse sind durch ein kräftiges Kordongesimse von den
Obergeschossen getrennt und bilden dadurch eine Art
Sockel, der durch eine Quaderteilung von den glatten
Mauerflächen des Oberbaues unterschieden und durch
ein in seinem Aufbau bis in die Fensterzone des Zwi-
schengeschosses reichendes barockes Portal betont ist.
Das dritte Gcschoß ist durch profilierte Drciecküber-
dachungcn der Fenster als Hauptgeschoß hervorgehoben.
In den folgenden Geschossen sind die Schmuckdetails
zarter und einfacher gehalten, im obersten Gcschoß be-
stehen sie nur mehr aus schlichten Fensterumrahmun-
gen. Auf diesem organischen Aufbau und der gut durch-
dachten Abstufung in den Gliederungen beruht die künst-
lerische Wirkung der Fassade.
Im Gegensatz zu den aus der Baroekzeit erhalten ge-
bliebenen Fassaden hat das Innere des Gebäudes zu ver-
schiedenen Zeiten Veränderungen durchgemacht. S0
wurden Umbauten vorgenommen, als im Jahre 1805 das
Gebäude in den Besitz des Erzherzogs Karl, des Siegers
von Aspern, übcrging es führte nach ihm den Namen
"Palais Erzherzog Karl". Das großzügig angelegte Stie-
genhaus in der Art Kornhäusels mit seinen kannelierten
Die Adapiierung des Palais Erzherzog Karl,
Wien Seilersiäüe 30
Das Bundesdenkmalamt hat den Ankauf und die Adap-
tierung des Palais durch die llrzdiü tse Wien wiirmstens
begrüßt, war doch dadurch der weitere Bestand des wert-
vollen Objektes gewährleistet und die drohende Gefahr
des Abbruchcs abgewendet. Die Demolierung des aus
mehrfachen Gründen überaus interessanten und erhal-
tenswerten Gebäudes hatte cinen hweren Verlust für
das Stadtbild bedeutet. Durch seine Lage an der Südost-
grenze der Inneren Stadt bildet der von der Annagasse
bis zur Krugerstraßt- reichende monumentale läaubloek
hier den Abschlull des Altstadtkernes und ist städtebau-
lich von besonderer Wichtigkeit. Gleichzeitig stellt es
mit seiner künstlerisch qualitiitvollen barocken Fassade
einen großartigen Blickpunkt vom Sehwarzenhergplatz
her dar und nicht zuletzt spielte es wiederholt in der
Geschichte der Stadt eine Rolle.
Das Palais, das sich in seiner Außenerscheinung als
barocker Bau präsentiert, geht in seinem Bestand zum
Teil auf das 16. jithrhundert zurück. An der Ecke der
Krugerstrafle befand sieh das alte lhztus, das Kaiser
Rudolf ll. im Jahre 1603 seinem llofk sekretiir l-lein-
rich Nickhardt schenkte. i'm 170D gelangte das Grund-
stück nach mehrfachem Besitzwechsel in das Eigentum
des Ferdinand Karl iraf von Weltz. lls war damals.
wie aus den alten Stadtplänen zu entnehmen ist, noch
nicht zur ianze verbaut, gegen die Seilerstiitte zu er-
streckte sieh ein greller llof, der durch eine Mauer ab-
geschlossen war. Die endgültige Verbauung muß bis zum
Jahre 1710 erfolgt sein, denn auf dem Stadtplan von
XVerner Arnold Steinhausen aus diesem Jahr ist die
Mauer gegen die Scilcrstiittc bcre durch einen vierten
Trakt ersetzt, der llof also verkleinert und zu einem
lnnenhof geworden. iraf von Weltz stellte in dem Ge-
12
Säulen und den Steinbalustraden geht auf diese Um-
bauten zurück.
Im späten 19. Jahrhundert erlitt das Innere des Palais
weitere Einbußen am ursprünglichen Bestand, der Hof
wurde in unschöner Weise verändert und einige Räume
erhielten neue Dekorationen im Zeitcharaktcr.
Die Instandsetzung des Gebäudes und seine Adaptierung
für ein Internationales Studcntenheim lag bei Herrn
Architekt Dipl.-Ing. Josef Krawina in den besten Hän-
den. Er ließ die Schauseiten in einwandfreier Weise dem
Charakter des Baues entsprechend instandsctzen. Es ge-
lang ihm auch in mühevollen Verhandlungen durch-
zusetzen, daß gelegentlich der Adaptierungsilrbeiten das
Erdgeschoß wenigstens teilweise von späteren llolzvor-
bauten befreit wurde. Die einfache und vornehme Lö-
sung in der Gestaltung der Geschäftsportale ist ein gro-
ßer Gewinn für den Eindruck der Fassade. Das Seiten-
portal in der Annagasse, der Zugang zur alten Stiege,
ist wieder zugänglich gemacht worden. Auch das monu-
mentale Stiegenhaus wurde unverändert beibehalten. Bei
jenen Räumen, welche ihre Ausstattung im späten
19. Jahrhundert erhalten hatten, und bei der Gestaltung
des Hofes konnte vom Standpunkt der Denkmalpflege
dem Architekten völlig freie Hand gelassen werden. Er
hat es mit viel Takt und Einfühlungsgabe verstanden.
Neues mit Altem zu einheitlicher vornehmer Wirkung
zusammenzuschließen.
VWBLAUENSTEINER
vom Sianclpunld der Denkmalpflege
Umgesialiung eines hisiorischen Bauwerkes
zu einer modernen Kuliursiäüe für
Sludenlen aus aller JwSIeF KRAWINA
Das Haus in Wien Annagasse 20,
Seilerstätte 30, Krugerstraße 19, ist
seit seiner Erbauung im 16. jahr-
hundert eng mit der Geschichte
Wiens und Österreichs verknüpft
und daher nicht nur vom Künst-
lerischen wegen seiner schönen Ba-
rockfassade und der Baukörper
auch eine historisch und kulturell
wertvolle Stätte. Aus diesem Grund
wurde der Denkmalschutz auch
nicht als Last empfunden, sondern
als Verpflichtung aufgefaßt. Die
Umgestaltung dieses von Tradition
erfüllten Gebäudes in ein alle For-
derungen erfüllendes, optimal ver-
wendetes Haus, ein Studentenhaus,
versprach eine schwierige, aber
reizvolle Aufgabe zu werden.
Diese wurde unter das Motto ge-
stellt Bewahrung des schönen, histo-
risch bedeutenden Gebäudes durch
vorsichtige Restaurierung, um so
der darin wohnenden Jugend die
Atmosphäre einer großen Vergan-
genheit nahe zu bringen, gleichzei-
tig aber alle neuen Zu- und Ein-
bauten und Adaptionen so zu ge-
stalten, wie es uns hie et nunc ent-
spricht und unsere Gegenwart re-
präsentiert, in der Meinung, daß das
gute Alte und das gute Neue sich
auf Grund eben ihrer Werte ver-
tragen müssen.
Im Zuge der Restaurierung wurde
der im Lauf der Jahrhunderte gänz-
lich verbaute und verunzierte
Innenhof von seinen Auswüchsen
befreit. Auf diese Weise gewannen
wir nicht nur wieder die schönen,
ruhig-würdigen Hoffassaden, son-
dern auch einen besser besonnten,
verblüffend großräumig anmuten-
den Hof, der im Verein mit einer
lebendig wirkenden Kleinkopf-Pfla-
sterung und einer kleinen Grün-
anlage zu einem lärmabgcwandten,
friedlichen Bereich mit einer Akzen-
tuierung durch die Sandstein-Pla-
stik von Erwin Thorn wurde. Da
das Parterre des Hauses früher für
Pferdestallungen, Lagerräume und
Gesindewohnungen verwendet wor-
den und daher architektonisch nicht
gestaltet war, konnten wir hier un-
schwer die Stiegen-Eingangshalle
Seilerstätte, die Mensa im Kruger-
straßenteil und die klassizistische
Einfahrt von der Annagasse durch
große Glasflächen oder zarte Git-
tertore zum Hof hin öffnen und so-
mit den Strailenpassanten einen Blick
ins Grüne schenken und dem Haus
Großzügigkeit verleihen.
Ias Grundrißkonzept wurde von
dem Gedanken ausgehend erstellt,
daß ein Studentenhaus mit zirka
170 Betten die Gefahren von Mas-
senquartieren und -ansammlungen
birgt. Um dem entgegen zu wirken,
wurden in die Drittelpunkte jeden
Stockwerkes, d. h. für 16 bis 18 Stu-
denten, eine Gruppe mit WCs,
Brause- und Wannenbädern, je einer
Tceküche mit Eisschränken, Elek-
trokochplatten und Abwäsche, so-
wie pro Stockwerk eine Schuhputz-
kamrner und ein Bügelzimmer ge-
legt. Die Zimmer der Studenten
enthalten jeweils nur ein oder zwei
Betten. jedem Studenten stehen
nebst Bett, Nachtkästchen, Bücher-
bord und Kasten auch ein Arbeits-
tisch zur Verfügung. Den verschie-
denen Studienrichtungen angepaßt
wurden z. B. für Techniker und Ma-
ler größere Räume vorgesehen und
die Zimmer der Musikstudenten aus
Lärmgründen noch durch separate
Zwischenflure von den Gängen ge-
trennt. Von der Heimleitung geht
zur leichteren Verständigung eine
elektrische Rufanlage in jedes Zim-
mer. Zum Studentenheim gehören
noch eine Kapelle, Klub- und Spiel-
zirnmer, eine Küchenanlage mit
Kühlräumen und eine Studenten-
mensa mit Bar, eine Waschküche
und diverse Personalzimmer. Das
im ersten Stock befindliche Inter-
nationale Kulturzentrum" hat einen
großen Festsaal mit Klimaanlage
und Bühnen- und Filmeinrichtungen,
ein Foyer samt Büfett und Kleider-
ablage und mehrere Mehrzweck-
säle. Studentenheim und Kultur-
zentrum sind voneinander gänzlich
durch eigene Zugänge und Stiegen
getrennt, nur der Festsaal und die
Kapelle sind von beiden Bereichen
zugänglich gemacht.
Diesem unkonventionellen Raum-
programm und einer sehr indivi-
duellen Anordnung der Räume ent-
sprechen auch die verwendeten Ma-
terialien, die in besonderem Maß
geeignet sind, eine persönliche At-
mosphäre zu erzeugen und keinen
kasernenartigen Eindruck aufkom-
men zu lassen. In den Gängen
wurde schallschluckender, schwar-
zer Asphalt als Bodenbelag verwen-
det, dazu kontrastiert die ricmen-
artig verlegte, abgesenkte Decken-
untersicht aus Tannenholz als orga-
nisches Material. Aus dem gleichem
Grund wurden auch fast alle Türen
mit Lärchenholz furniert, das durch
seine Maserung und Farbe keine
Gleichförmigkeit zuläßt. Die Wand-
malerei aller Räume ist in intensi-
ven, schönen Farben zusammen mit
Weiß- und Grautönen gehalten, die
jedem Zimmer trotz der aus Billig-
keitsgründen gleichen Möblierung
einen eigenen Charakter verleihen.
Auch die maßvolle Verwendung von
Nirostaflächen, Möbellinol, Natur-
steinplatten, ungebleichten Leinen-
Vorhängen usw. dienen einer zweck-
mäßigen, klaren Architektur.
Wie die Auswahl der Materialien
und ihre Zusammenstellung unse-
rer Zeit entsprechen, so wurden
auch die Konstruktionen aller neuen
Teile mit den heutigen Mitteln und
Möglichkeiten durchgeführt. Als
Beispiele seien einige besonders
augenfällige Details erwähnt.
Aus organisatorischen Gründen
mußte ein neues Stiegenhaus ein-
gebaut Werden. Es war die Absicht,
nicht nur funktionell die richtige
Stelle dafür zu finden, sondern auch
die barocke Hoicinfahrt dafür her-
anzuziehen. Die vorhandenen,
etwa 1m dicken Mauern forderten
geradezu zum Kontrast durch gra-
zile, das Material bis zur äußersten
Belastbarkeit beherrschende Kon-
14
struktionen heraus. So entstand eine
Stiege mit schalrein belassenen,
11 cm starken Stahlheton-Lauf- und
Podestplatten. Diese werden in der
Podestmitte von einem einzigen,
durch alle Stockwerke reichenden,
naturbelassenen Stahlbeton-Zugstab
über 20m Länge mit einem Quer-
schnitt von 12 45 cm gehalten, der
40 Tonnen aufzunehmen imstande
ist. Das Geländer aus Formrohr-
stahl, die Eichenholz-Durchzüge
und der Serpentin-Terrazzo mit
schwarzem Colour-Zement und
hellblauen PVC-Unterteilungen be-
stätigen die Gestaltungsmöglichkei-
ten unserer Zeit.
In Verbindung mit dem schon er-
wähnten, schöncn und wieder re-
staurierten Barockportal wurde in
der Eingangshalle des neuen Stie-
genhauses eine besonders weiträu-
mige Öffnung zum WohnhoP ge-
schaffen. Dies bedeutet eine Unter-
fangung von 250 Tonnen, die durch
eine einzige, besonders ausgebildete
und aus Gründen der Feuersicher-
heit mit Granit verkleideten Stahl-
stütze von 3570 cm bewältigt wurde.
Da das Kulturzentrum im i. Stock
einen zusätzlichen Bcwegungsraum,
ein Foyer, benötigte, das aber der
vorhandene Grundriß nicht herzu-
geben imstande war, wurden dort
im Zusammenhang mit der reizvol-
len, restaurierten Kornhäuslstiegä
die Außenmaucr zum Hof auf drei
schlanke Pfeiler reduziert und
ähnlich einer Brückenkonstruktion
um den Hof nicht zu beeinträchti-
gen ein eigener Baukörper in
diesen hineingehängt. Als Gegen-
satz zu den massiven alten Mauer-
flächen wurde eine auf das Mini-
male an Totlast" beschränkte
Stahlkonstruktion, die nur mit Glas
ausgelacht ist, gewählt. Im Wesent-
lichen trägt hier ein 24 cm hohes,
mittig unterstützendes Walzproiil
als Kragträger, das beidseitig von
je einem diagonal nach oben lau-
fenden Zugseil aus hochwertigem
Stahl von zirka 30 mm Stärke ge-
halten wird Beanspruchbarkeit pro
Zugseil zirka 10 Tonnen.
Dem Hof brachte eine architekto-
nisch reizvolle Note die Notwen-
digkeit, den Dachfirst in jenem
trapezförmig zusammenlaufenden
Bauteil über dem neuen Stiegenhaus
unbedingt waagrecht zu halten, da
er deutlich sichtbar den Abschluß
des Schwarzenbcrgplatzes in Rich-
tung Innere Stadt bildet. Mit l-Iille
von schwierigen Dachverschneidun-
gen, die der Dachdecker kaum be-
wältigen konnte, und der Einfügung
einer senkrechten Dachfläche ist
dies gelungen.
Die vielen, heute nicht mehr sicht-
baren technischen Leistungen, wie
etwa der Einbau von 91 Tonnen
Stahl, die größtenteils die alten
Mittelmaucrn ersetzten und auch
die zu ungefähr 95'110 neuen Dek-
ken zu tragen haben, der Einbau des
45000 Liter fassenden Öltanks im
Innenhof für lleizung und Warm-
wasserversorgung, die Unterfan-
gung des ganzen Hoftraktes, die
erst die Unterbringung der Küche
ermöglichte, der Einbau der großen
Trafoanlage oder die vielen Schwie-
rigkeiten im Zusammenhang mit
dem eingebauten Schnellaufzug für
sechs Personen neben dem Barock-
portal wären ohne die Hilfe des
vcrantwortungsbewußten Statikers,
Herrn Dr. Ernst Armbruster,
nicht möglich gewesen.
Von den vielen rechtlichen Kompli-
kationen möchtc ich nur die enor-
men Anstrengungen erwähnen, die
es kostete, um zu erwirken, daß we-
nigstens ein Teil der Geschäftslo-
kale im Sinne einer richtigen Denk-
malpflege in das Hausganze einge-
fügt werden konnte.
10
Da mit diesem Umbau ein Beitrag
zur Manifestation unseres Kultur-
empfindens beabsichtigt war, wur-
den auch moderne, jüngere öster-
reichische Künstler bemüht. S0 kam
gewissermaßen als Beweis daß
auch die gegenwärtige Kunst im Re-
ligiösen beheimatet sein kann, die
Kapelle als ein künstlerisch-archi-
tektonisches Gemeinschaftswerk zu-
stande. Nach der gemeinsamen Er-
arbeitung eines theologisch-künstle-
rischen Konzeptes, bei dem die op-
timale Wirkung der einzelnen Ar-
beit zusammen mit allen übrigen
umrissen und das einzelne end-
lich wieder auf das Gesamte
abgestimmt wurde, gestalteten Wal-
ter Eckert ein großes Altarbild,
Karl Prantl Tabernakel, Kreuz
und Kreuzweg, Kurt
keramische Wcihwassergefäße in
Verbindung mit einer sehr ruhigen,
schlichten, zurückhaltenden Archi-
tektur. Ihr kam es vor allem auf
die sinnvolle Steigerung der Ma-
teralien an Fußboden aus Asphalt,
Altarstufe aus Steinzcug, Altar aus
Granit, Tabernakel aus Bronzeguß;
Wände und Decke aus Mauerwerk,
Altarwand aus Tannenholz, Altar-
bild aus Schafwollc Knüpfteppieh,
Kreuz aus Bronzeguß.
Wie das llaus heute dasteht, be-
rechtigt es zu der Hoffnung, daß
spätere Generationen an ihm das
bei. Xdll .k 1131x201. i-..
ßll" .1. 13121-12 ..
ilanzvoll erhob der hochgcmute Kaiser Maximilian den
Leitsatz seines Vaters Alles Erdreich ist
Österreich unterlan", in die wechselvolle Realität seiner
Reiehspolitik. Ging sein Planen auch malllos und phan-
tastisch über jedes erreichbare Ziel hinaus, so legte er
doch den Grundstein zum erträumten habsburgischen
Imperium. Die Ehe mit Maria brachte das reiche bur-
gundische Erbe vom Ge ier See bis in die Niederlande,
die zweite Ehe mit Blanca bot die Erneuerung
kaiserlicher Lehenshoheit über Mailand, die Ehe des
Sohnes Philipp führte das spanische Wleltreich beiderseits
der Meere in die Hände des Hauses Habsburg. Das Ehc-
versprechen des Enkels Ferdinand gab die Hoffnung auf
die ungarische Krone. Dieser Traum des habsburgischen
Imperiums war aber 1519, als der Kaiser starb, nahe
datran, an der politischen Wirklichkeit zu zerbrechen.
Das Schicksal lag in der Hand zweier jugendlicher Enkel
Karl und Ferdinand. Karl V. nahm den Kampf um die-
ses Erbe an und setzte sich durch als König in Spanien,
als Herzog in Burgund und als Kaiser im Heiligen Römi-
schen Reich. Die hohen Ideale des Kaisers als Hüter der
christlichen Welt und des Königs als gerechter Herrscher
seiner Völker fanden in ihm einen der größten Vertreten
des habsburgischen Hauses. Er resignierte schließlich,
als er einer Welt, die die Zerrissenheit wollte, die Einheit
des Glaubens nicht zu geben vermochte und ging in die
Einsamkeit eines Klosters.
Der Bruder Ferdinand hatte etwas von der Natur
dcs Ohcims Maximilian geerbt und schmiedete die Haus-
macht des Geschlechtes dort, wo sie ihren Ursprung
hatte, in den österreichischen Erblanden. Nie hätte Karl
das Haus behaupten können, wenn nicht Ferdinand in
Deutschland seinen Rücken freigehalten hätte. Dem Real-
politiker Ferdinand war es zu danken, daß das habs-
burgische Reich seine Stellung im Zentrum Europas be-
DER DEUTSCHE KÖNIG
UND
DIE NEUE KUNST
Ferdinand
der Begründer der österreichischen Kultur
ERICH EGG
haupten konnte und nicht nach Spanien abgedrängt
wurde. So stand und steht er im Schatten, wo der Bruder
im Lieht der Geschichte angestrahlt wird. Beständigkeit,
Härte im Hinnehmen von Niederlagen und unerschütter-
licher Glaube an die eigene Sache sind die Eigenschaften.
in denen Ferdinand die ausgeprägten Charakterzüge der
llabsburger vertritt. Sein Lebensweg war bewegt, aber
er verleitete ihn nie zum Abenteuer.
1503 in Alcala in Spanien als zweiter Sohn Philipps des
Schönen geboren, wurde er vom Großvater Ferdinand als
künftiger Erbe der spanischen Krone zum Spanier er-
zogen, während Karl in den Niederlanden aufwuchs. Das
Schicksal entschied aber anders. Karl wurde König in
Spanien und wandelte sich nur schwer vom Niederländer
zum Spanier. Als er 1519 deutscher Kaiser wurde, fand
er nicht den Weg zu den Herzen der Deutschen. Ferdi-
nand machte aus der Not eine Tugend, wurde ein Deut-
scher, und dies ohne Vorbehalt. Er heiratete Anna, die
Schwester des Ungarnkönigs, übernahm für die Abwesen-
heit Karls V. die Statthalterschaft im Reich und erhielt
1522 die österreichischen Erblande zugesprochen. Damit
eröffnete er die österreichische Linie der Habsburger. So
wurde er auch Graf von Tirol. Den Bauernkrieg über-
wand er zum Unterschied von anderen deutschen Fürsten
durch Maßnahmen der Milde und der Gerechtigkeit.
Dann begann der große Kampf seines Lebens. Während
Karl auf den Schlaehtfeldern Burgunds und Italiens um
die Vorherrschaft mit Frankreich focht, trat Ferdinand
in den Kampf um die Existenz des Abendlandes gegen
den Halbmond.
1526 fiel ihm das ungarische Erbe durch den Tod des
Königs zu, aber es war ein gefährliches Erbe, denn die
Türken machten es ihm streitig. 30 Jahre lang löste ein
Feldzug den andern ab. 1529 standen die Türken vor
Wien und nur in härtesten Kämpfen, voll von schweren
16
Niederlagen, konnte er die Krone und Teile Ungarns be-
haupten. Während seine Truppen zum Schutz des christ-
lichen Abendlandes verbluteten, trugen im Reich die
Fürsten unter dem Vorwand der Glaubensfreiheit ihre
Kämpfe gegen Karl V. aus. Aber auch im Schmalkaldi-
schen Krieg und dem gefährlichen Feldzug von 1552
hielt Ferdinand immer die Mäßigung als oberstes Gesetz.
je mehr Karl V. sich dem Reich entfremdete, umso
mehr stieg das Ansehen Ferdinands unter den deutschen
Fürsten. Sie hatten ihn 1530 zum deutschen König ge-
wählt und erhoben ihn ohne Widerspruch nach der Ab-
dankung Karls 1556 zum Kaiser. Er brachte schließlich
auch den Religionsfrieden 1555 zu Augsburg zustande,
den Deutschland so dringend brauchte. Als überzeugter
Anhänger der alten Kirche sah er in dem Ausgleich doch
die einzige Möglichkeit, das Reich vor dem Untergang
zu bewahren. Mit dem Konzil von Tricnt, dessen Zu-
sammentreten durch seine Tatkraft erreicht worden war,
wollte er die Reform der Kirche zustandebringen, damit
sie aus eigener Kraft dem neuen Glauben widerstehen
könne. Als er 1564- starb, hinterließ cr cin gefestigtes
Reich, das er in Auflösung übernommen hatte.
Ferdinands Leben war ausgefüllt mit Krieg und Not,
in denen er immer wieder einen Ausgleich der Vernunft
suchte, und trotzdem blieb ihm Zeit, getreu dem Vor-
bild seines verehrten Großvaters Maximilian, ein Mäzen
der Künste zu sein. Das erste Zentrum seiner künst-
lerischen Bestrebungen war Tirol und Innsbruck.
Tirol war für ihn Schutz und Schild des Reiches, war das
einzige seiner Länder, dessen feste Grenzen und wehr-
hafte Bewohner dauernde Sicherheit boten. Hier in Inns-
bruck hielt er sich oft auf, hier wurden vor allem seine
Kinder erzogen, hier lebte in der ersten Zeit auch seine
geliebte Gattin. Als Ferdinand 1522 die Regentschaft
übernahm, stand die Kunst am Anfang einer neuen Epo-
che. Die Gotik lag in den letzten Zügen, die Renaissance
hatte schon unter Maximilian ihren schüchternen Einzug
Kinder erzogen, hier lebte in dcr ersten Zeit auch seine
geliebte Gattin, Als Ferdinand 1522 die Regentschaft
übernahm, stand die Kunst am Anfang einer neuen Epo-
che. Die Gotik lag in den letzten Zügen, die Renaissance
hatte schon unter Maximilian ihren schüchternen Einzug
gehalten. Der in Spanien Erzogene, der sich jetzt mit
deutschen Ratgebern versehen hatte, gab sich ganz dem
Zauber der aus Augsburger und Nürnberger Boden kom-
menden deutschen Renaissance hin.
Am llol zu Innsbruck entstand ein bedeutender Sammel-
punkt der neuen Kunst, die aber nicht hölisclten Cha-
rakter hatte, genau so wie Ferdinand gern das aus-
ladende, geschlitzte Barett der wohlhabenden Bürger
trug, llier beschäftigte er die Älaler Jörg Kbldercr,
Hans Maler von Sehwaz, Sebastian Sehel, Paul Dax und
Degen Pirger, während llans Polhamer zum Conter-
lieter" Porträtisten der königlichen Kinder bestellt
wurde. llier schnitt der Bildhauer Silvester Lcehnet" die
Kränze une Wappen zu den Jeweihen, die dinand in
der llolburg in der iehürnstube-l" attfhiinuen ließ.
Diese Sammlung von seltenen und eigenartigen je-
hürnenu aus aller XVelt war ein Steckenpferd Iierdinands,
sozusagen ein Vorl ler der späteren habsburgischen
Kunst- unc Wunder ammern. Auch eine große Münz-
sammlung legte er an, wie denn das Münzwesen der
österreichischen Länder durch seine Rcfortnen neuen
Aufschwung nahm. Die berühmte llaller Münze mit
ihren Münzmeistern Bernhard, Thomas und llans Be-
haim und cem Stempcl- und Siegelsehneider Ulrich Ur-
sentaler hatte europäischen Ruf. Thomas Behaim wurde
zum Leiter der oberungarischett und sp-' er der Wiener
Münzstiitte, Georg jeizkofler zum Leiter der von 17er!
dinand reformierten joachimsthaler Nlünzstiitte in läöh-
men bestel t. Form und Jehalt der Tiroler Silbertaler
waren ein beliebtes Vorbild.
Barthel Be1am, König Perdtnaitd 1., um 1531, Tiroler Landes-
museum Ferdinandeum,
Hans Maler von Sehwaz, Königin Anna von Ungarn im
jahre ihrer Vermählung mit Ferdinand 1., 1521, 'litrolct' Landes-
museum Fcrdinandeum.
Jakob eisenegger. Bildnis tlerWiener gerslrauAnnaKl-e-
blatt. 1537, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum.
17
Die Innsbrucker Golds hm de Klaus Burkhart, Hans
Altensteig und Heinrich Stark lieferten neben den be-
kannten Augsburger und Nürnberger Werkstätten das
Hoigeschirr und die prunkvollen Hochzeitspokale, die
Ferdinand seinen Räten, Amtsmännern und Diplomaten
verehrte.
Die Glasmalerei fand in Paul Dax einen tüchtigen
Meister, der vor allem Wappenscheiben in welsehen
Gehäus" für die llofburg und die lsloikirche lieferte und
sogar der Konkurrenz der Augsburger Meister standhal-
ten konnte. ln Hall wurde mit Ferdinands Förderung von
den Augsburger Handelsherren Wolfgang Vitl und Se-
bastian Höchstetter eine errichtet, die
erste, die in deutschen Landen Kunstgläser in veneziani-
scher Manier erzeugte und hohe Qualität erreichte. Die
Innsbrucker Andreas Ilmer und Niko-
laus Lanz schulen herrliche llalsuhren, Stunden- und
Viertelsehlztguhren und Spieluhren für Ferdinand und
seine Söhne, Paul Dax und Johannes Butsch zeichneten
als die ersten verläßlichen Land-
karten Tirols, Butsch ließ eine eigenartige Europakarte
in Gestalt einer Frau in Druck gehen.
Die schon unter Erzherzog Sigmund und Kaiser Maxi-
milian berühmte llofplattnerei erlebte unter Fer-
dinand ihre größte und letzte Blüte. Hans und Jörg Seu-
senholer schlugen in Innsbruck zwischen 1530 und 1550
die prachtvollsten Harnischgarniluren. An die Stelle ein-
zelner Harnische waren durch das kombinationsreiehe
Welsche Gestech" die vielgestaltigen Harnischgarnitu-
ren mit Doppel-, Feld- und Fußküriß, Trab- und Knecht-
harnasch und zahlreichen Weehselstücken in Mode ge-
kommen. Die klare und doch elegante Renaissanceform
mit üppiger Ätzmalerei fand in jörg Seusenhoier einen
Meister, den kein Italiener und kein Augsburger, nicht
einmal der Hoiplattner Karl V., Desiderius Kolman, an
Schönheit und Qualität übertreffen konnte. Die beiden
Seusenhofer sehltigen Harnische für Karl V., Philipp ll.,
die spanischen Granden Cordova, iamhozi, Granvella.
Gusman. Nlereado, den König von Polen, für Ferdinand
und seine Sühne. lie Harnisehgarnituren, die als diplo-
matisehes iesehenk dem König von Frankreich, dem
Dauphin, dem Ionnetahle und dem Herzog von Orleans
gewidmet waren 1540, sowie die prachtvolle Adlergtir-
nitur für Erzherzog lierdinitnd ll. 1547 sind Höhepunkte
europäischer Plattnerkunst.
Auch ein anderes, in Tirol heimisches Kunsthandwerk
errang unter Ferdinand Weltgcltung Der Geschütz-
und Bronzeguli. Gregor Löffler von lnnsbruek ver-
stand es, das Gesehützwesen durch Ausgleich von Zweck-
mäßigkeit und Dekoration und Vereinheitlichung der
Kaliber zu reformieren. Mit seinem Geschütz konnte
Karl V. die zahlenmäßig weitaus Artillerie der
Schmalkaldisehen Fürsten ausschalten. Daß Löffler das
Geschütz der Reichsstädte Augsburg und Nürnberg goß,
ist der beste Beweis für seine Bedeutung im deutsehen
Geschützguß. lir war aber auch Kunstgießer, wie zahl-
reiche erhaltene Epitaphien und nicht zuletzt die edle
Figur des Königs Chlodwig in der lnnshruekei- Hofkirehe
bezeugen.
Alle Kunstbestrebungen Ferdinands treten aber zurück
gegenüber den zwei großen Projekten, der Hofburg und
dem Grabmal Kaiser Maximilians. Das aus verschiedenen
Zeiten stammende Hiiusergewirr der lnnsbrucker Hof-
rg ließ er 1536-1538 vom Meister Lucius de Spaeiis
aus Como unter einc gemeinsame, von fünf Türmen
gegliederte Fassade bringen. XVelsehe liensterformen,
Gesimse der Renaissance und deutsehgotische Rippen-
18
gewölbe bildeten das reizvolle Gemisch alter und neuer
Kunst, wie es Ferdinand besonders liebte. In dieser
Hofburg plante er zwei Repräscntationsräume den
großen Saal und die Paradeisstube, deren Einrichtung in
einer zwanzigjiihrigen, vom König in jedem Detail ge-
nau überprüften Planung Wirklichkeit wurde. Diese
Ausstattung zieht sich von den ersten noch ganz deut-
schen Projekten bis zur endgültigen Gestaltung im Sinne
der italienischen Hochrenaissance hin. Die ersten Ent-
würfe sahen im großen Saal eine schwere Kasscttendecke
mit den geschnitzten Wappen des Kaisers, des Königs
und Österreichs, den Titeln, den 32 Länderwappen, 18
Angesichten und llauptharnischen und 52 erhebten"
Rosen vor, während die Paradeisstube eine gewölbte
Decke mit Rippen aus Holz, drei großen und vierzig
kleinen Wappen, Planetenzeichen und Kopfkonsolen er-
halten sollte, bemalt in den Farben Blau und Gold. Das
Getäfel, eingelegt aus Esche, Ahorn, Olbaum, liiche und
Erle wäre cin Prachtwerk der ge-
worden. Auch die Marmorportale hätten den Renais-
sanceschmuek mit Säulen, Kapitälen, Laubwcrk, Del-
phinen, Figuren und den kaiserlichen Wappen gezeigt.
Zwischen Getäfel und Decke sollte die Malerei mit der
Darstellung des Paradieses Adam und Eva, Tiere, Vö-
gel und den dazugehörigen Reimen zum Zuge kommen.
Die Innsbrucker Bildhauer Veit Arnberger, Tischler
jörg von Werdt und Maler Schel und Dax traten in
erbitterte Konkurrenz zu dem berühmten, von den Fug-
gern empfohlenen Augsburger Dreigespann Christof
Amberger Maler, Hans Kels Bildhauer und Heinrich
Kron Tischler und zu Hans Muelich von München.
llans Kels hatte für Ferdinand 1537 das prachtvolle Spiel-
brett geschnitzt, wohl das bedeutendste Kleinkunstwcrk
der deutschen Frührenaissance, das heute im Kunsthi-
storischen Museum in Wien ausgestellt ist. Kriege ver-
hinderten aber die für 1548 geplante Ausführung der
Getäfel, die der deutschen Kunst eine der prachtvollsten
Renaissanceausstattungen geschenkt hätte. 1S60f61 kam
dieses Werk endlich zustande, aber es war bescheidener
und trug den Charakter der neuen Hochrenaissance Die
Tischlerarbeit führten Hans Gartner und Jörg von Werdt,
die Schnitzereien Noe Lechner und die Paradiesgemälde
Domenico da Pozzo von Mailand aus, der noch die
Schlachten und Taten Maximilian I. und Karl V. in Bil-
dern verewigte. Immerhin fanden die Arbeiten das Ge-
fallen des Kaisers, der Gartncr und Pozzo an den Prager
llof rief.
Das andere Lebensanliegen Ferdinands war die nach
Testament und Pietät übernommene Verpflichtung zur
Schaffung eines Grabmals für Kaiser Maxi-
n. Maximilian hatte schon 1502 seine große Ge-
diichtnus" in den Grundzügen festgelegt 40 Überlebens-
große Bronzestatuen der Ahnen des Hauses Habsburg
sollten als Totengeleit das Ilochgrab des Kaisers flankie-
ren, 100 Statuetten der Sippenheiligen die Verbunden-
heit des Hauses mit der christlichen Welt dokumentieren
und 34 Brustbilder der römischen Kaiser die Herleitung
des Herrschaftsanspruches aus der Antike bekräftigen.
Mit diesem von den Humanisten ausgearbeiteten Plan
des Kaisers hatte die Renaissance ihren Einzug gehalten,
aber die Ausführung war in den Anfängen steckenge-
blieben. Als Ferdinand die Regierung übernahm, waren
erst 21 Kaiscrbüstcn von Lorenz Sartor von Augsburg.
23 Sippenheilige von Stefan Godl und 10 Statuen von
Gilg Sesselschreiber und Peter Vischer fertig. Er ließ
zwischen 1519 und 1532 siebzehn große Statuen gießen.
Im Modellierer Leonhard Magt und dem aus Nürnberg
zugewanderten Gielier Stefan Godl fand er zwei Meister,
die die Erinnerung an die letzte Gotik mit der realisti-
schen Krait der Renaissance zu großen Kunstwerken zu
verschmelzen verstanden, die wie kaum irgendwo in
deutschen Landen das bodenständig Deutsche im neuen
Kleid vertreten.
Zwanzig Jahre standen die Figuren im Bilderhaus zu
Mühlau, bis Ferdinand nach der Festigung der politi-
schen Lage diesem Grabmal durch Erbauung der Hof-
ki rc zum Heiligen Kreuz eine endgültige Heimstatt
in Innsbruck gab. 1553-1558 wurde die Kirche nach
dem Vorbild der Augsburger Heiligkreuzkirche vom
Innsbrucker Nikolaus Türing erbaut und nach dessen
Tod von Marx della Bolla von Como gewölbt. Wieder
wurde es ein Werk, in dem sich deutsche Gotik Strebe--
pleiler, Mnßwerkfenster, Rippengewölbe und italienische
Renaissance Portalvorhalle, Kapitellc harmonisch ver-
einen. Im Bewußtscin, daß seine Lebensjahre nur mehr
gezählt waren, trieb der Kaiser die Ausstattung der
Kirche rastlos voran. Den Hochaltar mit der Kreuzigung
Christi schulen nach einer Umfrage bei den besten
Künstlern Deutschlands der Bildhauer Kaspar Leschen-
brand von Ulm und der Tischler Hans Walch von Min-
delheim 1556; der Fürstenchor, ein Meisterwerk deut-
scher Intarsicnkunst, stammt von Hans Waldner von
Ravensburg, die große Orgel mit dem prachtvoll ge-
schnitzten Kaiseradler ist vom Orgelmeister jörg Ebert
Das Schweizertor der Wiener Hofburg, 1552.
Ferdinand I., Bronzedenkmal zum Ausbau der Fernpaßstraßc
in Tirol, 1543. Modell Veit Arnberger, Guß königliche Guß-
hütle Mühlau, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum.
Küriss König Ferdinand I. von Jörg Seuscnhofer, 1537, Wien,
Wuffensammlung.
19
von Ravensburg und dem Tischler Hans Waldner, die
Iilügelbilder malte der schon bekannte Domenico da
Pozzo.
Die Aufstellung des Hochgrabes Maximilians erlebte der
Kaiser nicht mehr. Nachdem die Kölner Brüder Bern-
hard und Arnold Abel mehr im Gasthaus gesessen als
an den Alabasterreliefs der Taten Maximilians gearbeitet
hatten, konnte Ferdinand noch 1563 den berühmten Nie-
derländer Alexander Colin, den Schöpfer des Fassaden-
schmuckes am Heidelberger Schloß, gewinnen, der die
Arbeit dann nach seinem Tod zu Ende brachte und da-
mit der niederländischen Renaissance des Florisstils in
Innsbruck ein großartiges Denkmal setzte. 1550 ließ
Ferdinand dann noch die letzte große Bronzefigur zum
Grabmal, den König Chlodwig. von Gregor Löffler gie-
ßen. Den Entwurf zeichnete Christof Amberger von
Augsburg, das Modell possierte Veit Arnberger von
Brixen. Mit dieser großartigen Figur im Stil der Hoch-
renaissance schließt die Reihe der ehernen Wächter am
Grabmal Maximilians. Als Ferdinand sich 1564 zum Ster-
ben hinlegte, konnte er mit Genugtuung sagen, daß er
den Auftrag des Ahnherrn erfüllt habe. Die Innsbrucker
llofkirche ist das bedeutendste Denkmal der deutschen
Renaissance geworden, in dem die Vielfalt der Kunst-
zweige dieser Epoche ihren Niederschlag gefunden hatte.
Auch in die österreichischen Vorlande nach Schwa-
ben strahlte die neue Innsbrucker Kunst aus. Unter dem
Wenigen, das die Jahrhunderte üben-dauerte, sind die an
den Stil der Innsbrucker Bronzestatuen erinnernden
Steinfiguren Maximilians I., Philipps des Schönen,
Karl V. und Ferdinands und die zehn Wappenreliefs am
Erker des Kaufhauses in Freiburg im Breisgau von
Sixt von Staufen 1530 und die aus eingelegtem
Holz mit dem kaiserlichen Wappen errichtete Prunktür
in der Ratstube zu Villingen 1537 in der Art des
Hans Kels zu nennen.
Nach dem Beispiel Innsbrucks setzte er für die kom-
mendc österreichische Kunst noch zwei weitere Zentren
ein, die unter seinen Nachfolgern Innsbruck weit über-
strahlten. In Wien machte er durch den Umbau der
Hofburg Schweizerhof 1533-1552 mit dem erhaltenen
Schweizertor 1552 den Anfang. Wieder waren deutsche
und welsehe Meister tätig. Nach Innsbrueker Vorbild
ließ er von Meister Hans Turing eine leistungsfähige
Gußhütte errichten. 1530 nahm er Jakob Seisen-
gge als Hofmaler in seine Dienste, der als Portriitist
zu den hesten Meistern der 1. Hälfte des 16. jahrhunderts
zählte und mit seinen Habsburgerbildern Karl V., Phi-
lipp II., Ferdinand und seine Kinder sogar zu Tizian in
Konkurrenz trat, Er konnte das "gcglanzte Gold, die
Seyden, Samat, Atlas, pcrl und edlgestain" in Farben
setzen wie kein zweiter. Als Kartograph war der be-
rühmte Nürnberger Augustin Hirschvogel für den Wie-
ner Ilof tätig.
Das dritte Zentrum wurde lierdinands Hof in wo-
hin er aus Innsbruck Pozzo, Ebert und Gartner berufen
hatte. In Prag wurde Ferdinand zum ersten Bringer der
Renaissance durch die Meister Hans de Spaciis und Paolo
dclla Stella, die im Lustschloß Belvedere einen der präch-
tigsten Bauten der italienischen Renaissance nördlich der
Alpen schufen 1538-1558. Auch hier wirkten zu-
gleich deutsche Meister wie Hans Tirol. Unter Meister
Thomas jarusch wurde eine Gußhütte errichtet, aus der
neben Geschützen auch prachtvolle Brunncnwerke her-
vergingen.
In König und Kaiser Ferdinand fand die Kunst einen
Mäzen von riehtunggebendcr Bedeutung. Er faßte ohne
absolutistische und zentralistisehe Gewaltmethoden das
bisher in viele Spielarten aufgesplitterte Kunstschaf-
fcn der Erbländer zu einer österreichischen Kunst zu-
sammen und kann den Ruhm in Anspruch nehmen, ihr
Schöpfer zu sein. Da er in allen seinen Äußerungen ein
deutscher König war, wurde auch die österreichische
Kunst in diesem Geist geboren. Sie hat stärker als in
anderen deutschen Landen durch ihn eine Renaissance
erstehen lassen, die das italienische Vorbild zu einem
eigenwilligen Stil verarbeitete. So erlebte diese reizvolle
Kunst aus italienischer Anregung und deutscher Ausdeu-
tung neben Augsburg und Nürnberg am Hofe Ferdinands
eine kraftvolle Blüte. Der König, dem in der Politik so
oft der Ausgleich der widerstrebendcn Kräfte gelungen
war, fand auch in der Kunst die rechte Harmonie zwi-
schen dem von außen kommenden Neuen und den schöp-
ferischen Kräften der deutschen Erbliinder zwischen den
Alpen und der Donau.
Das Grabmal Kaiser Maximilian I. in der Hofkirehe zu
Innsbruck. In der Mitte der Sarkophag des Kaisers 1561-83.
zu beiden Seiten die überlebensgroßen Bronzefiguren der Ahnen
1509-50.
20
ROSA MYSTICA
OTTO MAUER
Zu den drei
Pergamenien von
Ems Fuchs
in der
Rosenluanzkilche
Wien, Hehendori
1957 wurde die Rosenkranzkirche, Wien-Hetzendorf, von
den Architekten Georg Gsteu und Friedrich Achlcitner
im Inneren völlig umgestaltet; der neo- und pseudoroma-
nische Raum, von dessen Vierungskuppel ein monströscr
Eisenluster schwebte,war pompös mit nachnazarenischen
Fresken und landläufigen Serienfigruren dekoriert. Die
Purgierung des Innenraumes und die völlige litur-
gische Neuordnung trugen dem Pfarrer, Joseph Lirnst
Mayer, und den Architekten den bitteren Vorwurf des
Puritanismus, der Pietätlosigkeit und des Ikonoklasten-
tums ein. Aber die Campagne der Kochenden Volks-
seele" verlief im Sande, intellektueller Mut und mora-
lische Konsequenz blieben Sieger gegenüber dem Diktat
der Straße. Schon 1957 veranstaltete das Institut zur
Förderung der Künste in Österreich" Präsident Manfred
Mautner Markhof in Zusammenarbeit mit der Galerie
St. Stephan einen geladenen Wettbewerb unter den
Malern Absolon, Fuchs, Lehmden, Mikl, Rainer, Szysz-
kowitz, aus dem Ernst Fuchs als Lirstprämiierter hervor-
ging. Er faßte die originelle Idee, die verlangten drei
Bildcr" zu den drei Geheimnissen des freudenreichen",
des schmerzhaften" und des glorreichen" Rosenkran-
zes, auf drei Pergamenten 3X3m zu realisieren; so
entstanden in der Folge von September 1958 bis Weih-
nacht 1960 auf zwölf Ziegenhäuten drei Standarten"
marianischer Mystik.
In der ersten Standarte 1960 mischen sich, ikonogra-
phisch betrachtet, die Geheimnisse des frt-udenreichen"
Rosenkranzes mit den Bildern der apolyptischen Vision
vom großen Zeichen" Apk 12, der Frau, mit der
Sonne bekleidet, den Mond unter ihren Füßen und eine
Krone von zwölf Sternen auf ihrem Haupt" ebd; es
ist Maria Ekklesia, die historische Gottesgcbiircrin
Theotokos und zugleich die Kirche auf dem Weg, in
der Verbannung, die noch immer der Aggression des
Bösen unterliegt. Die Frau war gesegneten Leibes"
Apk 12, den du, Jungfrau vom Heiligen Geist
empfangen hast", sagt der Rosenkranz, sie ist aber schon
auf der Wanderung zu Elisabeth begriffen gleichzeitig
ist es die Wanderung der Kirche aus dem Ägypten der
Welt" in das verheißene Land des Reiches Gottes. Hinter
der Jungfrau-Mutter die Kirche ist Braut des Lammes"
und doch mütterlich fruchtbar in zahllosen Kindern, steht
Gabriel, der vielhändige Erzengel der Verkündigung; er
hebt eine der Hände ankündigend, denn seine Heilsbot-
schaft ist nicht Lehre, sondern Verheißung des göttlichen
Faktums der Fleischwerdung des Wortes; er hebt die an-
dere lland schützend über das Kind der Frau; im Engel
jahwes erscheint die rettende Anwesenheit des Allerhöch-
sten selbst; mit einer dritten Hand und dem Amethyst-
stab besiegt er den dämonischen Drachen, die alte
Schlange, die Teufel und Satan heißt" Apk 12, 9. Im
21
Zentrum des Geschehens aber steht das Kind sie gebar
ein männliches Kind, das alle Völker mit eisernem Zep-
ter regieren soll", Apk 12, das Kind selbst schwebt,
dem Bösen durch Auferstehung und Himmelfahrt ent-
rückt, im ewigen Glanze; es ist gekrönt Herr ist Jesus,
der Christus in der Herrlichkeit Gottes, des Vaters"; Phil
2,11; deutlich wird sichtbar, daß es die Herrlichkeit"
des Kindes ist, welche die Mutter umgibt. Der Engel,
d. h. B0te" jahwes, ist zugleich Michael, von dem es
heißt Michael und seine Engel kämpften mit dem
Drachen" Apk12,7. Der Drache wird vom Himmel
gestürzt und reißt mit seinem Schweif die Gestirne herab,
als Gegenzeichen gegenüber der Braut des Lammes und
als Gegenspieler, als Vater" des Antichristen, repräsen-
tiert er das Gegenreich des Bösen, dessen Ohnmacht auf
dieser Erde noch nicht offenbar geworden ist; die Bestie
trägt 10 Hörner" und erscheint im schreckhaften und
zugleich versucherischen Glanze seiner terroristischen
Faszination. Maria ist ganz die Magd des Herrn" und
die Dienende für die Mensehengesehwister. Mit offerie-
render Handbewegung den Du, Jungfrau, im Tempel
aufgeopfert hast" bietet sie ihr Kind dem Allerhöchsten
dar, aber gibt es auch der Menschheit als rettende Opfer-
gabe hin. Das Kind bietet der Welt den Friedensgruß
schalöm; pax vobis und die Segensgeste; in ihm, dem
Samen Abrahams", werden alle Völker der Erde geseg-
net". Er trägt den Davidsstern am königlich-priester-
lichen Ornat, denn er ist Herr" und Sohn Davids" zu-
gleich.
Die zweite Standarte zeigt die Passion. Der Messias Jesus
steht, zwar entblößt und entäußert siehe Phil öff. in
liturgisch-priesterlicher Haltung am Boden; seine fest-
genagelten Hände breiten sich, die Menschheit umfassend
und segnend, über die vielen" aus; über dem Dornen-
hut wird sparsam die Glorie in der Vision des Glaubens
sichtbar. Holz und Stamm des Kreuzes sind Baum der
bösen Erkenntnis und Lebenshaum des neuen Paradieses
zugleich; sie tragen goldene Früchte der Erlösung earo
salutis cardo.
Das Wort vom Kreuz", von nun an der Inbegriff der
Verkündigung, des Heroldsrule-s" Kerygma, wird zum
Unterscheidungs- und Entschcidungsmittel für die bei-
den "Wege"; stat erux dum volvitur orbis, inmitten
aller Fluktuation des Weltlichen, Zeitlichen erhebt sich
das Kreuz als Ärgernis" und Torheit", als Stein, der
nicht umgangen werden kann. Maria repräsentiert alle
Schrecken der Menschheit angesichts dessen, der ein
Wurm, kein Mensch mehr", geworden ist und unsere
lDie drei Standartcn von
Ernst Fuchs in der Rosen-
kranzkirchc, Wien-Hclzendorf.
Der frcudenreichc Rosen-
kranz.
Der glorreiche Roscnkranz.
dDer schmerzhafte Rosen-
krnnz.
22
1'111".
.M
xx'
.-.
23
Krankheiten" getragen hat, aber sie wendet nicht nur ihr
Haupt ab, sondern macht die beiden entscheidenden Ge-
sten, die vom Einverständnis in den Willen des Vaters
zeugen, die olierierende zum Himmel hin, und die ver-
weisende aui das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt
trägt". Der Tod des Christus stürzt den Satan, der durch
den Tod seine Herrschaft dokumentierte, denn der Tod
ist der Sold der Sünde". Vom Christus hingegen heißt
es, der den Tod sterbend vernichtet hat". Die Marter-
Werkzeuge, die der Böse umklammert, die ihm zur Ver-
nichtung des Heiligen Gottes" dienen sollten, sind, wie
das Kreuz selbst, zum Instrument des Heils geworden;
darin liegen Kraft und Weisheit Gottes, die triumphie-
rend sagt hat Gott nicht die Weisheit der Welt als Tor-
heit erwiesen?" Kor 20 und Gottes Torheit ist
weiser als die Menschen und Gottes Schwäche ist stärker
als die Menschen" 1,25.
Die dritte Standarte zeigt das Mysterium der Verklä-
rung. Die hintergründige Figur umspannt den Kosmos;
es ist der auferstehende, auffahrende und als Gottherr
das All mit seiner Kraft erfüllende Christus, nicht nur
das Haupt der Kirche, sondern der Anfang, der Erst-
ling von den Toten" er hat in allem den Vorrang; denn
es hat Gott gefallen, die ganze Fülle in ihm wohnen zu
lassen und durch ihn alles mit sich zu versöhnen, was
auf Erden und was im Himmel ist" Kor 19 f..
Die Form des Andreaskreuzes in dem der kosmische
Christus das All umiaßt, deutet auf das Lamm hin, das
seit Anbeginn der Welt geschlachtet" ist und verbindet
mit dem historischen Jesus aus Nazareth" darin liegt
eine antignostische Geste des Künstlers. Der Christus
trägt die Embleme des Hoehpriesters, der Himmel und
Erde versöhnt und der hinter den Vorhang", nämlich
des himmlischen Allerheiligsten, in seinem eigenen Blute
eingegangen ist, der Hochpriester in Ewigkeit nach der
Ordnung des Melchisedek" Hebr 20; sein Gewand
zeigt präzise alle Details der alttestamentlichen Hoch-
priesterparamente; aber der siebenflammige Geist, der
aus seinem Haupte ausbricht, zeigt ihn als Sohn", von
dem es heißt, mein Sohn bist du, heute habe ich dich ge-
zeugt" Hebr Ps. 7. Der alte und erste Bund geht
hier in den neuen und ewigen" über. Hinter dem Mes-
sias breiten sich die Schwingen des Engels jahwes, so
erscheint in ihm zugleich die Präsenz des Vaters und
der aus seinem Haupt strahlende Geist geht aus Vater
und Sohn wie aus einem Prinzip hervor qui patre
filioque procedit. Vor dem Christus die aufgenommene"
Maria mit dem Gestus bräutlicher Hingabe sie wird von
der Schechina, der Wolke jahwes, getragen, die auch
Christus aufnimmt, als er sich von der Erde erhebt. Als
Braut des Wortes" wird sie königlich gekrönt. Ihre Ehre
ist ganz von seiner abgeleitet und ist in ihr inbegriffen. Aus
den Händen und Füßen des einst Gekreuzigten strahlt
der Geist, der den neuen Himmel und die ncue Erde"
schafft. Die Standarten der Rosenkranzkirche realisieren
so künstlerisch, in Nachfolge der Gotik und auf dem Wege
einer intensiven theologischen Meditation, die sich bis ins
Einzelne an die Schrift hält, jene Grundmysterien, um die
heute wie je das christliche Denken kreist; sie vereinen
den historischen Realismus der Gotik mit jener ins Über-
zeitliche zielenden Symbolik, derer sich schon die Auto-
ren der kanonischen Schriften selbst bedienten.
24
ERICH EGG
Die Ausstellung EDELZlNN AUS DER SAMMLUNG
DR. KARL RUHMANN" im Tiroler Landesmuseum
lierdinandeum 1960 hat die Gelegenheit geboten, ein
Gebiet des Kunsthandwerks in den Vordergrund zu stel-
len, das in einer großen Ausstellung noch kaum zu
sehen war, obwohl das lnteresse des Publikums am alten
Zinn heute noch sehr groß ist. Dieser Mangel, daß Zinn
fast nie zu eigenen Ausstellungen vereinigt wurde, hat
einen zweiten Nachteil mit sich gebracht es gibt kaum
eine zusammenfassende, regional gegliederte Literatur
über dieses Kunsthandwerk. Zinn ist überhaupt erst seit
1884 in die wissenschaftliche Literatur eingedrungen".
Eingehend behandelt wurde nur das sächsische, schle-
sische, nürnbergische, böhmische, französische und salz-
burgische Edelzinn. Das österreichische Zinn, im Sinne
der heutigen Grenzen, wurde nie gewürdigt.
Die Zinnsammlung Dr. Karl Ruhmann ist nach dem
Verkauf und der Zerstörung der berühmten Zinnsamm-
lungen in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts die be-
deutendste private Zinnsammlung überhaupt. Sie be-
schränkt sich keineswegs auf Österreich, sondern umfaßt
Werke aus allen Epochen und allen Zinnländern" Eu-
ropas. Sie ist streng auf das Edelzinn, das heißt auf
Werke ausgerichtet, die eine in diesem Material höchst-
mögliche künstlerische Gestaltung aufweisen. Auf alle
nur volkskundlich oder kulturgeschichtlich interessanten
Stücke wurde verzichtet. Unter diesen künstlerisch ge-
stalteten Objekten sind wahre Zimelien europäischer
Zinnkunst. Der Katalog dieser Ausstellung führt in 109
Abbildungen einen Großteil der 187 Ausstellungsobjekte
vor.
Hier soll in zwei kurzen Beiträgen nur das aus Oster-
reich stammende Edelzinn i.n dieser Sammlung be-
sprochen werden. Der derzeitige Stand der wissenschaft-
lichen Forschung bietet noch keine Möglichkeit, eine
Geschichte des österreichischen Zinns zu schreiben, weil
die Bestände der österreichischen Museen und im Privat-
besitz nicht erfaßt sind. Außerdem hat die föderalisti-
sehe Verfassung der einstigen Erb- und heutigen Bundes-
länder, die mehr oder weniger nur in der Person der
habsburgischen Herrscher das Gemeinsame betonten,
keine rein österreichische Kunst" aufkommen, sondern
in den einzelnen Ländern eigene Stilformen entstehen
lassen. Allerdings macht gerade diese Vielfalt den Reiz
der Kunst in Österreich aus.
Wenn man die alten Länderkomplexe Niederöster-
reich Ober- und Niederösterreich, lnnerösterreich
Kärnten, Steiermark und Tirol mit dem allerdings erst
1815 dem österreichischen Gebiet eingegliederten Salz-
burg betrachtet, so ergibt sich bei aller Vielfalt
doch auch wieder manches Gemeinsame. Die Sammlung
Ruhmann ist wahrscheinlich die erste, die Österreich ihr
besonderes Augenmerk zuwendet, aber trotzdem ist es
nicht leicht, aus dem vorhandenen Material Gültiges über
das österreichische Zinn auszusagen.
rö hatte bedeutende Zinngießerstiidte,
denn an die Stadt war das Handwerk der Zinngießcr un-
bedingt gebunden, war doch das Zinn das Silber des
Bürgers". Wels, LinZ, Steyr und Ried waren die Vororte
für das Edelzinn. Ein typisches Werk des 16. Jahrhun-
derts ist der Zunithumpen der Schneider von Abraham
Bück in Steyr von 1575 Abb. eben eines jener großen
Umtrunkgefäße, mit denen sich die Handwerksgenossen
Bescheid taten. Bezeichnend für den llumpen sind die
drei Füße hier als Löwen gebildet und die hohe koni-
sche Form, deren Wandung reich mit gravierten Blatt-
ranken besetzt ist und in der Mitte ein Festmahl mit
Tafelmusik und Narrenspiissen zeigt. Die Frage nach
dem Graveur ist hier wie überall schwer zu beantworten,
im allgemeinen wird man aber wohl doch dem Zinn-
gießer auch die Dekoration zuerkennen müssen.
Das 17. Jahrhundert vertritt Hieronymus Ledermayr in
Wels um 1630, einer der bedeutendsten österreichischen
Zinngießer überhaupt. Von ihm stammt das Krügel"
Deckelkrug, eine für Ober- und Niederösterreich typi-
sche Form des Trinkgefäßes, wie ja der Begriff Krügel"
eine echt österreichische Sache ist Abb. 2. Ledermayr
versteht es, die Dekoration mit Blüten und Ranken
großflächig und damit beinahe klassisch zu gestalten.
Der Teller mit seiner Marke ist ein Unikum Abb. 3. Er
zeigt am Rand auf gerauhtem Grund herausgeschnittene
antikische Ornamente Maskenköpfe und Akanthus. So-
wohl die im Zinn ganz seltene Technik des Flachschnit-
tes als auch die Ornamentik lassen einen Italienaulent-
halt Lcdermayrs als ziemlich sicher gelten.
Kennzeichnend für das 18. Jahrhundert steht die Kaffee-
kanne des Linzcr Meisters Andreas Bück um 1730;
Abb. 4. Die birnförmige Gestalt, der Bandelwerkdekor
und die kulturgeschichtliche Neuheit des Kalfeegetränks
bezeugen den Wandel von Geschmack und Stilgelühl.
Für Niederösterreich war im Edelzinn natürlich
Wien bestimmend, obwohl diese Stadt keineswegs etwa
die Stellung Augsburgs oder Nürnbergs erreichen konnte.
Ein niederes Deckelkrügel von Hans Hainzmann aus der
ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Abb. gliedert sich
in die österreichische Gesamtentwicklung gut ein, ein
Waschbecken aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
Abb. ist stark von der Plastik der damaligen Zeit
beeinflußt. Auf dem Muschelrand sitzt ein von zwei
Delphinen gestützter, geflügelter Putto, für den bestimmt
nicht der Zinngießer, sondern ein Bildhauer das Modell
geformt hat. Die Blütezeit der österreichischen Barock-
kunst findet auch im Edelzinn einen Widerhall, wenn
damit auch der eigentliche Charakter dieses Kunsthand-
werks nicht zum Ausdruck kommt. Der höfische Ein-
fluß erfaßte alle Zweige künstlerischer Betätigung.
25
Humpcn dcr Schnciderzunfl von Abraham
Bück, Slcyr, 1575.
Dßckclkrügcl von Hicronxymus Lcdcr-
mayr, Wcls, um 1630.
'I'cllcr von Hieronymus Lcdcrmayr, Wcls,
um 1630.
Kaffeekanne von zXndrn-ns Bück, Linz,
um 1730.
Deckelkrügclvon HunsHnnnzmanmWirn.
1. Hälfte 17. jh.
Waschbecken, Wivn, 1. Hiilhc 18. jh.
27
WOLFGANG
HOLLEGHA
In einer Diskussion der Arbeitsgemeinschaft junger Sammler ist der Wunsch ausgesprochen wor-
den, die Zeitschrift Alte und moderne Kunst" möge in Zukunft manchen Heften ein Blatt Original-
Druckgraphik beilegen. Dieser Anregung folgend, will nun die Redaktion unserer Zeitschrift den
Versuch wagen, eine Reihe von handsignierten Drucken herauszuhringen, um Leser zum Sammeln
anzuregen.
Als erster unter mehreren in Betracht gezogenen österreichischen Künstlern hat Wolfgang
Holle gha ein Litho für Alte und moderne Kunst" gezeichnet. llollegha, Empfänger des
Guggenheim-Preises 1958 für Österreich wird unseren Lesern kein Unbekannter sein. Die Qualität
seiner Werke hat sich in verschiedensten Ausstellungen bewährt im Strohkoffer" des einstmals so
aktiven Art Clubs", in der Galerie St. Stephan, der Wiener Secession, in Tokio, Pittsburg, London
und Paris.
Das waren Stationen einer regelmäßig fortschreitenden Entwicklung und Vertiefung. llollegha, Maler
der Helligkeit, hat sich durch einen sehr kultivierten Farbauftrag, durch Gewissenhaftigkcit seiner
Arbeit wie auch durch kühle Vornehmheit der Komposition, rasch einen Namen gemacht. ln
Knaurs Lexikon Abstrakter Malerei", München-Zürich 1957, sagt Michel Seuphor von ihm Er
verdichtet das Naturbild, verändert es, bearbeitet es, bis es abstrakte Qualität hat." Hollegha stellt
nicht eine abstrakte Form gegen die Natur, sondern er reißt sie heraus", wie Dürer verlangt. Des-
halb fühlt dieser Künstler sich auch nicht als protestierender Revolutionär, sondern nur als Fort-
führer ehrwürdiger Gesetze eines Alten Testamentes, das zwar respektiert, aber immer wieder neu
gedeutet wird.
Als Maler großformatiger Ölbilder hat sich Hollcgha auch in gefährlichen Momenten bewährt. Groß-
zügigkeit des Pinselstrichcs, souveränes Freilassen des weißen Malgrundes, lockerstes Hinsetzen der
Fleckemcharakterisieren seine Ausdrucksweise.Aberauchoffcnsichtliche Gewissenhaftigkeit, vielfaches
Nachkontrollieren läßt sich unschwer feststellen. Ähnliche Sorgfalt wendet er auch in seiner Graphik
an. Wie ein Feinmechaniker fühlt er sich zu immer neuem Feilen, Schleifen, Anpassen, zum genau
überlegten Nebeneinander-stellen vieler wohlabgcwogener Grautöne verpflichtet. Diese graphische
Kunst in der um ein Vergleichsbild aus der Kammermusik zu bringen gefühlvolle Violin-
striche Stimmung schaffen wirbt nicht, sie ist eher spröde. Wie in der Kalligraphie und Land-
schaftskunst des Fernen Ostens nach dem Prinzip der Zcngf-Maler wird sinnvoll noble Armut"
in den Dienst einer ebenso ausgeglichenen wie zugleich heiteren und hintergründigen Kunst
gestellt.
Die Weisheit des guten Zeichners liegt im verkürzten Erfassen, liegt im Offenlassen, im Andeu-
ten, nicht im Nachtasten des Vorwurfes.
Holleghas graphische Ausdrucksweise hat den Reiz intimer Mitteilung über eine Kommunion
mit der Natur.
Baruch Spinoza und schwärmerischer Jean Jacques Rousseau, blickt herab vom Olymp, um mit Wohl-
gefallen einen späten jünger in eurem Geiste schaffen zu sehen!
Wolfgang Hollegha, geboren 1929 in Klagenfurt. Matura in Graz, Studium der Malerei an der Wiener Akademie
der bildenden Künste in der Klasse josef Dobrowsky. Lebt seit 1954 ständig in Wien. Noch als Student stellt
er 1953 zum erstcnmal schwarz gefärbte Holzreliefs im Strohkoflef des Österreichischen Art Clubs aus. 1955
wird er Mitglied der Wiener Seecssion" und der Vierergruppe der Galerie St. Stephan".
Auslandsausstellungen Galerie Der Spiegel", Köln, Galerie Arnaud, Paris 1957 innerhalb der Gruppe Art
d'aujourdhui en Autriche", X. Premio Lissone", Mailand 1957.
Träger des Guggenheim-Preises" für Österreich 1958. Nach der Ausstellung seines prämiierten Bildes in Paris
und New York erhält er Einladungen desfCarnegie-Institutes in Pittsburg und der New Yorker French
Gallery". 1960 Teilnahme an der Internationalen Mainichi-Ausstellung in Tokio, 1961 wird eine größere An-
zahl seiner Werke im I. C. A. Landon gezeigt. Auch die Galerie Neufville, Paris, ruc des Beaux Arts, plant in
den nächsten Monaten eine Kollektion von Hollegha-Gemälden auszustellen.
Bilder und Graphiken Holleghas befinden sich im Besitz des Bundesministeriums für Unterricht, der Österreichi-
schen Galerie, der Albertina, des Carnegie-Instituies Pittsburg und in Privatsan-irnlungen.
28
Ihn X1blillsrbulvlüxxirrin Pnrzellmzgr-ujwjßlß nur Jrr lcuiAurÄhrIn-vz Pmrvllurxmuvmluklur- HVwn, um ITIM.
Dieses Farbklischee, sowie das vom Deckenfresko Gregorio Guglielmis in der Aula der Alten Universität, das wir in Nr. 44 auf
Seite abbildeten. ist dem unten besprochenen Band "Barock in Österreich" entnommen. Die Redaktion dankt dem Forum-Verlag für
die Überlassung der Klischees.
BRUNO GRIMSCHITZ, RUPERT FEUCHTMULLER, lWlLHELiM MRAZEK, Barock in Österreich, Forum-Verlag, Wien-Hannover
-Basel. 95 Seiten Text, 116 Bildtafeln, davon 24 in Farben.
lm Anschluß an die Barockausstellung in Melk hat der Forum-Verlag den Band Barock in Österreich" herausgebracht, der mehr
als eine der üblichen Bildpublikationen geworden ist. Wenn auch der Text knapp und in der Form einer Übersicht gehalten ist, so
bringt er doch auch neue Forschungsergebnisse, die die Vorstellung des barocken Gesamtkunstwerkes" vertiefen helfen. Von den
drei Autoren, die ja auch immer wieder in der Alten und modernen Kunst" zu Wort kommen, hat Bruno Grimschitz, ein Altmeister
der barocken Kunstforschung, den Beitrag über Architektur geliefert Rupert Peuehtmüller über Taielmalerei und Plastik geschrie-
ben und Wilhelm Mrazek die Abschnitte über Deckenmalerei und Kunstgewerbe beigesteuert. Zusammen mit einer hervorragen-
den Bebilderung ist so ein Gesamtkunstwerk" entstanden, das geeignet ist diese schöpferisch fruchtbarste und glänzendste Epoche
in Österreichs künstlerischer Geschichte" weiten Kreisen nahe zu bringen.
29
Sale by Auction of slaves, pictures, Estates und Merchandisc in lhe Rotundc of he Exchange
Versteigerung von Sklaven, Gemälden, Grundstücken und Waren in der Rotundc des Exchangcs
New Orleans U. S."
New Orleans, USA.
Kunrtaulztian in New Orleans
um 1850
Wie bunt und turbulent das kulturelle
Leben in den Südstaaten der USA. noch
vor etwa 100 Jahren war, zeigt dieses
amüsante kleine Dokument Drei Auk-
tionen werden gleichzeitig in der präch-
tigen Rotundc abgewickelt In der Mitte
werden Ncgcrsklaven und Sklavinnen
versteigert, links Olgemälde und rechts
Grundstücke. Die zahlreich versammel-
ten Herren und Damen in südstaatlicher
Eleganz prüfen mit Kennerhlick die
Waren, die lebendigen und die toten.
Schließlich haben ja auch alle drei Wa-
renkategorien den gleichen Käuferkrcis,
die großen reichen Pllanzer und Groß-
grundbesitzer.
Welch verwandelte Szenerie bietet heute
das Auktionshaus Parke-Bernet in New
York, wenn das große gesellschaftliche
Ereignis einer Versteigerung von Im-
prcssionisten die geistige und wirtschaft-
liche Elite des Landes vereint, wenn man
das spannende Schauspiel auch in den
Nebenräumen des Hauses durch Fern-
sehen verfolgen kann.
Leider berichte! die Federzeichnung
nichts über erzielte Preise. Ob der Erlös
eines Sklaven den Kurs erreichte, den
auf der Märzauktion bei Weinmüller in
München die Marmorlaüste eines Negers,
venezianisch, 17. Jahrhundert, erzielte
11.000 DM? Wohl kaum.
jedenfalls haben die Käufer der Skla-
ven ihr Geld schlecht angelegt, denn
wenige Jahre später fegt der blutige
Krieg zwischen Nord- und Südstaatun
Sklaverei und Sklavcnmarkt für immer
hinweg. Das versteigerte Olgemäldc hin-
gegen wird wenn es Qualität hatte
seinen Wert inzwischen vervielfacht
haben.
Vorschau
auf die 552. Kunstauktion des Doro-
lbeumr, Wien, vom 6. bis 9. uni
Die Auktion ist mit nicht ganz 900 Po-
sten dotiert, die wiederum den Sach-
sparten Olgemälde, Aquarelle, Hand-
zeiehnungen, Miniaturen, Druckgraphik,
zeitgenössische Kunst, Möbel, Skulptu-
ren, Porzellan. Glas. Fayence, Ausgra-
bungen, Asiatika, Edelmetalle, Metall-
gegenstände und Waffen zugehörcn. Aus
diesem vielseitigen Angebot seien her-
vorgehoben Jacob jordaens, Heilige Fa-
milie, verzeichnet bei Rose und van Puy-
velde; Willem Nieulandt II, Flucht nach
Ägypten, datiert 1629, zwei Flußland-
schaiten, Gegenstückc, von Dionys Ver-
burgh; ferner Anthonie Pztlnmedesz,
Gelage, Frans Francken II, Gastmahl
des Herodes ein Gegenstück hiezu in
der Nationalgalerie Kopenhagen, zwei
Architekturvcduten von Ferdinand Jac.
Saeys. Wichtig ist die unvollendete Hir-
tenszenc" von Pieter Claesz. Berchem.
Ein Mittelmeerhnfen" von Joseph Ver-
net ist voll signiert. Unter den alten
Meistern verdient noch Marieschi mit
30
zwei venezianischen Veduten hervor-
gehoben zu werden.
Anton Romako ist um zum 19. jahr-
hundert überzuleiten mit einem Por-
trät eines bilderbetraehtenden tigen
Herrn vertreten. Dieses Bildnis weist
sclbstporträthafte Züge auf, doch ist
eine dementsprechende Bestimmung
nicht ohne Widerspruch geblieben. Ein
Werk des Münchener Romnntikcrs Carl
von Heideck ist eine 1822 datierte Vor-
alpenlandschaft. Werke von jettel. Tina
Blnu, Olga "Wisinger-Florian, I.
Schindler und Halauska repräsentieren
die zeitlich dem Impressionismus nahe-
stehenden Komponenten der österreichi-
chisehen Malerei. Interessant ist, daß
erstmals in größerer Zahl Bilder russi-
scher Maler in der Auktion aufscheinen.
Die bedeutendsten unter ihnen sind Fili-
pow, Lansere, Bennis und Wenezianow.
Das wichtigste Werk aus der Sztchsparle
Miniaturen" ist ein von Grimschitz
ztttestiertes Damenporträt vcn F. G.
Waldmüller.
Bei den Antiquitäten sticht eine Brüsse-
Ier Tapisscrie des späten 16. jahrhun-
derts mit altteslamentarischem Thema
ob guter Erhaltung und frischer Far-
bigkeit hervor, bei den Plastiken wäre
ein hölzerner Bozetto einer Pietä zu er-
wähnen, der dem Prager Braun von
Braun zugeschrieben wurde; bemerkens-
wert ist ferner eine Schweizer spiitgoti-
sche Statue des hl. Jacobus major. Gul
erhaltene Zeugnisse des Einwirkens
eines großen Meisters in Bereiche, die
dem Volkskunstsehallen nahestehcn,
sind die zahlreichen Kleinskulpluren nus
Zirbe, die die Madonna mit Kind und
eine Reihe von Heiligen darstellen. liine
Auseinandersetzung mit der Kunst lgnaz
Günthers ist unverkennbar, Zwei Alui
smtuen Florian und Georg, etwa halb-
lebensgroß. rechtfertigen durch ihr Qua-
litiitsniveau die Zuweisung an MClnHld
Juggenbiehler.
Kleinkunst gibt es wie immer in großer
Zahl; Gläser von Kothgasser, schlesi-
sche Pokale des 17. Jahrhunderts, eine
limpire-Golddose mit reichster Emaillie-
rung seien genannt. Bei den Exotika ldl-
len eine Kuan-yin der Sung-Periode und
eine frühe Bakongo-Plastik auf.
Neueriverllzmgeii
Öl'l'C1ItliCJ8I' Kiuirlxammlimgen
aus dem lande
Das Kunsthisttirische Museum
erwarh Mitte April ein wichtiges und
charakteristisches Werk des aus Herga-
mo stammenden lu Bas-
chenis, der von 1ti17 16 lebte, Das
Bild ein Stilleben mit Musikinstru-
menten, Öl auf Leinwand, 78, 117cm
siehe unsere Ahhildtiiig stammt
aus Bcrgamo selbst, wo es sich in der
Sammlung des Advokaten Davitle Cu-
gini befand. lis ist bei Luigi Angelini,
Basehenis, nach 'l'afel XLVII, itbge-
bildet, entsprechend verzeichnet und
eingeordnet. Das Werk steht dem mo-
dernen Stilempfindt-n nahe, weist es doch
in der Ausspielung extremer perspek-
tivischer liffekte hei gleichzeitiger stren-
ger ieometrisierung jene speziiische
Stimmung auf, die uns der "magische
Realismus" tinsert-r Tage ins liewufit-
sein gebracht hat. Unzweifelhaft beruv
fen sich zeitgcnossische Italiener. wie
etwa der frühe de Chiricii auf Leistun-
gen wie diese.
Direktor Prof. Oherhammei- erwarb das
Bild aus einer Kollektion von XVerken
alter Meister, die seit Mitte April von
der Galerie Qanct Luc' Wien ju-
scfsplatz, Pal Pallavicini, der Öffent-
lichkeit zugänglich gemacht wurde.
Diese bescheiden als Fruhjahrsausstel-
lung" bezeichnete Schau von Werken
alter Meister ist von einem Katalog he-
gleitet, in dem siimtliehe lzxpoiiate mit
Ausnahme der ganz wenigen Auller-
Ktitalog-Postcn abgebildet und en pi
chend dokumentiert sind. Alle iem de
wurden von Prof. Stransky vtin sp'.tt'-
ren Tbermalungen und dem Alters-
schmutz befreit. Rein technisch zeichnen
sie sich durch vorzügliche iltung
aus, die als angenehmes Kurt lat zum
Qualitiitsnivcau empfunden wird, Das
neben dem iemiilde von Basehenis wohl
bedeutendste Werk der italienischen
Sehule ist Alessandro Magnascos flei-
ligei" Remuald mit Mönchen in einer
Grotte" verzeichnet bei Geiger, S. 72
und Abb. 28-1. Kaum weniger wichtig
ist Giovanni Antonio Pellegrinis Groll-
mut des Scipio", das aus der Sammlung
des Earl ol Derhy st mmt und siinitliche
Vor tigc und Eigenschaften der vene-
zhnisehen Malerei des zweiten Viertels
des 13. Jahrhunderts aufweist. Kaum-
mangel zwingt uns, die übrigen Werke
nur zum Teil und lediglich dem Namen
nach zu erwähnen Joachim A. Wtcwael,
Anbetung der Hirten Roelant Saveryg
Ruincnlandschaft, Blumenstuck; joos
van Craesbe Versuchung des heili-
gen Antonius; Jan Fyt, Still hen mit
Früchten, XVild und Ilundcn; Salnmon
van Ruysdael, Weite Landschaft mit
Bekehrung Pauli; Jacob van Ruisdacl,
Hügellandschaft mit Bergschloß; Rachel
Rtiysch, Blumenstrauß. Die Malerei
Österreichs im späten 18. und 19. jahr-
hunderts ist durch Arbeiten von Füger,
Gaucrmann und Romakti Novoiny
Nr, 171 vertreten.
Das Historische Museum der
Stadt Wien erwarb aus einer um die
gleiche Zeit abgehaltenen Ausstellung
des Antiquariates Christian M. Ncbehay.
Wien Annagasse, eine Jouache vun
Martin von Molitor Wien 1759-1812,
darstellend ein Motiv aus dem Tullner-
fcld in der Gegend von Grciienstein
KaL-Nr. und eine Kohlezcichnung
von Friedrich A. Brandt, die einen Mann
in einer Waldlichtung beim Roden von
Wurzeln zeigt.
Die Schau bei Nehehziy war im we-
sentlichen der Kunst Molitors gewid-
met, den man nun als ltndschaltet" spe-
zifisch romantischer Prtigung mit aus-
gepriigtem Sinn für das lrolfi-Pathcti-
sehe im guten Sinn kenneitlernt. Mo-
litor sah die Landschaft um Wien itndurs
als wir dies tun er erlebte sie unter
einem gleichsam heroischen Aspekt und
stellt sie dementsprechend unter Anwen-
dung weit aufgerissener laefendimen-
sionen und dramatischer Helligkeits-
kontraste dar. In diesem Sinn sind auch
die Formate im Verhältnis zu den bei
der Gouacheilcchnik und üblichen Lo-
sungen ehcr groß und nitherii die Bilder
so auch rein vom Ausmaß her dem Ge-
mäldehaften an.
Um Molitor herum bot Neheh.ii' noch
eine Auswahl gleichzeitiger Maler ius
Österreich und ganz Europa. Wir müs-
sen uns begnügen, lediglich die Namen
Deliicroix, Cesare dcllH-Xcqua, Barba-
rini, F. R. Lee, Stuhl, Joehel, C. F. ll.
Werner und Meyer zu nennen.
Eine Antiquitätenauxxtellung
in Wien geplant
Man hört von großen Plänen des öster-
reichischen Kunst- und Antiquitätenhan-
dels. liine Ausstellung soll die Leistun-
gen dieses Handclszweiges und seine
wichtige Stellung in unserem Kultur-
lehcn zeigen. Ein Ausschuß, an dem die
bedeutendsten Exponenten des Kunst-
hnndels teilnehmen, prüft gegenwärtig
unter der Leitung des Vorsitzenden des
Bundcsgremiums alle Möglichkeiten be-
züglich des Termins und der zur Ver-
fügung stehenden Ausstellungsräume.
Adoll Loo bei llßürtble
Die Galerie Würthle, Wien Weihburg-
gnsse, zeigte seit Anfang April eine do-
kumentarische Ausstellung zum l.chen
und Schaffen von Adolf Loos. Das Pro-
tcktorat dieser Veranstaltung lag in den
Händen der Zentralvcreinigung der Ar-
chitekten Österreichs, ihr Gestalter war
j. S. Gsteu, der Katalog wurde von Maa
rin Münz, der Witwe des großen, ver-
storbenen Ludwig Münz, zusammenge-
stellt, aus dessen Feder auch die Einfüh-
rung stammt. Es kann hier nicht die
Aufgabe sein, die Ausstellung als sol-
che zu würdigen oder sich mit der längst
crknnntcn Bedeutung Loos' auseinander-
zusetzen, es muß lediglich hervorgeho-
ben werden, wie erschütternd angesichts
dieser Schau die Tatsache ist, daß kaum
noch ein Werk dieses Architekten, der
erst 1933 starb, sich im Zustand der
Entstehungszeit befindet. Erst unlängst
wurde in der Wiener Tagespresse die
endgültige Verschandelung des Hauses
Steiner Wien 1910 diskutiert, die noch
dazu im Zeichen bodenständigen"
Buuens erfolgte! Das Laos-Haus am Mi-
chaelerplntz ist nur noch eine Schale
ohne Kern, die American Bar" 1907
lebt als museale Institution. Das einzige,
was von Loos blieb, ist die Wirkung
seines architektonischen und literari-
schen Schafiens, die längst noch nicht
ausgelaufen ist.
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Hollitzer kriegerische Themen, Theaterfigurinen und zahlreiche Karikaturen.
Prof. Dr. Lambert Haiböck hat zu den Bildern das Geleitwort geschrieben, das
ein lebendiges Bild des originellen Künstlers gibt und seine Welt und Umwelt
liebenswürdig und treffend charakterisiert.
Dr. Täcbulila in der Wiener Zeitung" vom I5. März 1959.
Der letzte Wiener Bobemien
Dieses Büchlein wird jenen, die den letzten Wiener Bohemien" wie Hollitzer
oft genannt wurde bisher nicht gekannt haben, diesen originellen Künstler
nahebringep und ihnen vielleicht Lust machen, einmal an einem Sonntag eine
Autospritztour nach Dcutsch-Altenburg zu unternehmen und das Hollitzer-
Museum zu besuchen. jene aber, die etwa Egon Friedell, Karl Kraus, Peter
Altenberg, Franz Werlel, Hermann Bahr, joaehim Ringelnatz, Roda-Roda und
andere Zeitgenossen Hollitzers persönlich gekannt haben, werden an den
Karikaturen, die in dem Büchlein enthalten sind, ihre Freude haben.
Dr. Hellgott in der Arbeiter-Zeitung" vom 18. März 1959.
Vom Entwurf
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Von der
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