alte und moderne
Kunst-
.111191
Antlqultäten-
Messe
Hannover
0-6
aene u. mngene
Hannover-Henenhausen "I5.
24.Ap1'il-2.Mai,71
1300" 23Q0Uhr
I. onnabend u. Sonntag ab 1100 geöffne A.
Impressum
115
olfe und moderne kunst
alte und moderne
16. Jahrgang Nr. H5 MärzfApril 1971
INHALT
HERAUSGEBER;
Dr. Kurf Rossacher
EIGENTÜMER UND VERLEGER
Österreichischer Bundesverlag
für Unterricht, Wissenschaft
und Kunst
PRODUKTIONSLEITUNG
Prof. Dr. Alois Roltensleiner
alle Wien Schwarzenbergsfraße
Tel. 522561
REDAKTION
Chefredakteur
Dir. Prof. Dr. Wilhelm Mrazek
verantwortlich für den Inhalt
Dr. Franz Windisch-Graetz
Peter Baum Alois Vogel
Leopold Netopil, graphische
Gestaltung
alle Österreichisches Museum
für angewandte Kunst,
A-IOIO Wien, Stubenring
Tel, 725696, 725697
alle Manuskripte sind an die
Redaktion zu richten
für unverlangt eingehende
Manuskripte und Fotos wird keine
Haftung übernommen
Nachdruck nur mit Genehmigung
des Herausgebers
14
31'533 8'438
Ute Ricke-Immel
Günfer Possovont
SPATGOTIK AM OBERRHEIN MEISTER-
WERKE DER PLASTIK UND DES KUNST-
HANDWERKS 1450-1530
BALTHASAR NEUMANN ODER
JOHANN LUCAS VON HILDEBRANDT?
ZUM PROBLEM DER KOLLEKTIV-
PLANUNG DER SCHONBORNKAPELLE
AM WURZBURGER DOM
Christian Theuerkcuff GABRIEL GRUPELLO UND DIE EURO-
Bruno Bushari
Peler Noever
Konrad Oberhuber
Fred Nowok
PAISCHE BAROCKPLASTIK 1650l166O BIS
172011730
DIE OFFENBARUNG DER GOTTLICHEN
WEISHEIT ZUR AUGSBURGER BILD-
SKIZZE DES FRANZ ANTON MAUL-
BERTSCH
DIE WIENER UNDERGROUND-SOCIETY
JORG SCHWARZENBERGER
TOD HANS HOLLEIN ALLES IST AR-
CHITEKTUR"
...GEMALT VON AD! HOLZER IN
ALADDINS HULE
OSTERREICHISCHES MUSEUM FÜR AN-
GEWANDTE KUNST
AUS DER KUNSTWELT
AUS DEM KUNSTHANDEL
BUCHBESPRECHUNGEN
AGENTUR
Dr. Kurt Rossucher
Salzburg, lmbergsiraße
ANZEIGENVERWALTUNG
Usterreichischer Bundesverlcg,
A-IOBO Wien, Lenuugasse 'I7
REPRODUKTIONEN, DRUCK UND
BUCHBINDERARBEIT
Wagnefsche Unim-Buchdruckerei
Buchroilhner Co.,
Innsbruck, Erlersfraße 5-7
ERSCHEINEN UND PREIS
Alte und moderne Kunsi erschein!
1971 im Februar, April, Juni,
Augusl, Oklober, Dezember
Jahresabonnement
Doppelnummern
öS 390.- und öS 13.- Porto;
DM 64.-; sfr. 65.-
Einzelheft
öS 80.-; DM 13.50; sfr. 13.40
Einzelnummern- sowie DM- und
rfv Drnrnl1l DAvOpJ
TITELBILD Wildleute mit Fabeltieren, Ausschnitt. Wirkteppich, Schweiz, um 1460.
Länge 358 cm. Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien.
UNSERE KUNSTBEILAGE Karl Anton Fleck, Metapher, 1971. Oftsetlithographie.
BILDNACHWEIS A. C. L. Bruxelles, S. Graphische Sammlung Albertina,
Wien, S. 27, 47 Christian Albrechts-Universität, Kiel, S. 53 Galerie
Autodidakt, Wien, S. 53 Badisches Landesmuseum, Karlsruhe, Bildarchiv,
S. 2-4, G. Bartel, Wien, S. 32, 35 P. Baum, Wien, S. 47 Bayerisches
Natianalmuseum, München, S. 14 Bildarchiv der Österreichischen National-
bibliothek, Wien, S. 29 Fotogalerie Die Brücke", Wien, S. 49 Staatliches
Denkmalamt, Prag, S. 25, 27 Archiv Dorotheum, Kunstabteilung, Wien, S. 54,
55 Usterreichische Galerie, Wien Foto Kainz, S. 31 Galerie im Griechen-
beisl, Wien, S. 46 Fotoverlag Gundermann, Würzburg, S. 6-11, 13 C. Halbach
Ratinger, S. 15 Galerie H. Hildebrand, Klagenfurt, S. 53 Archiv H. Hollein,
Wien, S. 36 M. S. Jacobsen, Virum, S. 42, 43 Neue Galerie am Landes-
museum Joanneum, Graz, S. 49 Galerie Junge Generation, Wien, S. 47
R. Kaiser, ABCV, Viersen, S. 40, 41 Galerie Kaiser, Wien, S. 53 Kleine
Galerie, Gesellschaft der Kunstfreunde, Wien, S. 53 Kunsthalle Köln, S. 53
Kunsthistorisches Museum, Budapest, S. 24 Künstlerhaus, Graz, S. 49 Wiener
Kurier, S. 35 Landesbildstelle Rheinland, S. 14-16 Niederästerreichisdwes
Landesmuseum, Wien, S. 49 Library Lobby Florida Technalogical University
Orlando, S. 53 K. Mack, Wien, S. 53 Mährische Galerie, Brünn, S. 29
G. Molin-Pradel, Wien, S. 32, 35 Archiv Prof. J. Muschik, Wien, S. 50 Mu-
seum des 20. Jahrhunderts, Wien, S. 47, 53 Nationalgalerie, Prag, S. 21, 29
Archiv P. Noever, Wien, S. 32-36 Usterreictlisches Museum für angewandte
Kunst, Wien, S. 44, 45 Archiv G. Passavant, München, S. 12 C. Prischl, Wels,
S. 49 Reunion des Musees Nationaux Service de Documentation Photo-
graphique, Chateau de Versailles-Seine-et-Oise, S. 17 Riiksmuseum, Amster-
dam, S. 15 J. Schwarzenberger, Wien, S. 27-29 Foto Ch. Skrein, Wien,
S. 32-35 G. Soyka, Wien, S. 49 Stadtbildstelle Augsburg Foto Scherer,
S. 19, 23, 24, 27 Galerie Tao, Wien, S. 53 Galerie im Taxis-Palais, Innsbruck,
Galerie nächst St. Stephan, Wien, S. 53 Bildarchiv der Deutschen Kunst,
Fritz-Thyssen-Stiftung, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München Foto Gun-
dermann, S. 12, 13 Victoria Albertmuseum, London, S. 17 Archiv A. Vogel,
Wien, S. 49 A. Weber, Rheydt, S. 40, 41 M. Wenzel-Jelinek, Wien, S. 53
unner-uzur zur ucc-r 111 m. c..i...4.-..i.... 4-. v....n.....r.. 11..
Ute Ricke-Immel
SPÄTGOTIK
AM OBERRHEIN-
MEISTERWERKE DER
PLASTIK UND DES
KUNSTHANDWERKS
1450-1530
Kopf eines Propheten. Niclaus Gerhaert, Strasbourg ms.
Sandstein, Höhe ze cm. Sttaslmurg, Musfe l'CEuvre
Neue-Dame
H1. Margareta. Reliquienbüste aus Weißenburg a. Elsaß.
IStrasbourg, um 1465. Holz, Höhe cm. Chicago.
IISUKUI!
Sowohl die Kenner wie die Liebhaber spät-
gotischer Kunst zog es vergangenen Sommer
an den Rhein. Das Badische Landesmuseum
veranstaltete unter der Leitung seines Direk-
tors, Professor Ernst Petrasclt, in den Räumen
des Karlsruher Schlosses eine prächtige Schau
von etwa 180 Plastiken, 70 Goldschmiedewer-
ken, 25 Bildteppichen und Paramenten,
umrahmt von Glasgemälden, seltenen graphi-
schen Blättern, Münzen, Medaillen und Siegeln.
Weit über hundert Leihgeber Museen,
Kirchen und Privatsammler in Deutschland,
Frankreich, der Sdiweiz, in Österreich, England,
Italien, Holland und Amerika ermöglichten
es, daß erstmals in einem nahezu umfassenden,
wissensdmaftlich fundierten Überblidc die
Bedeutung und die Blütezeit des Oberrheinge-
bietes im Spätmittelalter einen Sommer lang
wieder lebendig wurde. Sieben Wiener Samm-
lungen beteiligten sidi mit vienehn wertvollen
Leihgaben an dieser überregionalen Ausstellung,
die sowohl der Forschung wie dem Kunst-
freund in vielfacher Hinsidit Anregungen und
ein künstlerisd-ies Erlebnis vermittelte.
Bedingt durdi ihre geographisdie Lage, war die
Landschaft des Oberrheins schon immer ein
Schmelztiegel der verschiedenartigsten Ein-
flüsse. Hier kreuzten sidi die wichtigsten Ver-
kehrsadern früherer Zeiten. Durch den Rhein-
strom den Hauptverbindungsweg zwischen
dem Süden und dem Norden und die große
West-Ost-Handelsstraße, die zur Donau führte,
wurde ständig neues Gedanken- und Kulturgut
aus allen Riditungen in das Oberrheingebiet
getragen, zu etwas Eigenständigem umgewan-
delt, das dann seinerseits wieder befruchtend
zurückwirkte. Dieses Fluktuierende erschwert
eine feste Abgrenzung der oberrheinischen
Kunstlandsdiaft, die heute zu drei Staaten
gehört zu Frankreich, der Schweiz und zu
Deutschland. jedoch zeigen sich innerhalb der
Einflußgebiete der großen städtischen Metro-
polen gemeinsame stilistische Eigentümlichkei-
ten und enge Wechselbeziehungen, so daß man
die Bezeichnung oberrheinische Kunst" mit
Recht für die im Umkreis von Konstanz am
Bodensee, Basel, Freiburg im Breisgau, Straß-
burg, Speyer und Worms entstandenen Werke
benutzen darf. Im Mittelalter war dieses Gebiet
aufgeteilt in die kirchlichen Bistümer der
genannten Städte mit Ausnahme von Freiburg,
das damals zum Bistum Konstanz gehörte, in
die weltlichen Fürstentümer der Bischöfe und
in eine Vielzahl von Territorien das Haus
Habsburg, die Markgrafschaft Baden, die Kur-
pfalz, das Elsaß und die Schweizer Eidgenos-
senschaft. Auch die Bedeutung der Reichsstädte
und Klöster darf nicht übersehen werden. Diese
territoriale Vielgestaltigkeit bedingte zur Zeit
der Spätgotik eine interessante und künstlerisch
reiche Epoche. Das gegenseitige Wetteifern zwi-
schen den versdiiedenartigen Herrschaftsberei-
chen förderte die Kunstfreudigkeit und brachte
den Künstlern mannigfaltige Aufträge. Für
mehr als ein halbes Jahrhundert folgte am
Oberrhein ein außergewöhnlidies Werk dem
anderen in sdmneller Reihenfolge.
Von überall zog es die Künstler an den Ober-
rhein auch der junge Dürer kam, um in die-
sem Kreis zu lernen wo sie sida in den
Metropolen niederließen. Andererseits wander-
ten heimische Meister in die Fremde. Die
Begegnungen sind vielfältig und zunächst nicht
leicht entwirrbar. Durch die neuen, verviel-
fältigenden Techniken, wie Holzschnitt, Kupfer-
stich und Buchdruck, die ebenfalls ihren Aus-
gang vom Oberrhein nahmen, wurden diese
Verflechtungen noch verstärkt. Der Einfluß aus
Niederburgund, aus den berühmten flämischen
Städten, ist ausschlaggebend und prägend für
die Kunstrichtung am Oberrhein geworden.
Den alles überragenden Höhepunkt der flandri-
Bildhauerkunst brachte die aus den
rlanden selbst stammende Künstlerper-
hkeit Niclaus Gerhaerts in diese Land-
Nach einem Aufenthalt in Trier wirkte
etwa 1463 bis 1467 in Straßburg und
dann der Einladung Kaiser Friedrichs III.
Hof nach Wiener Neustadt, wo er um
starb. In Gerhaerts Werk werden wir
was für den Oberrhein erstaunlich Neuem
untiert. Wir begegnen hier einer eigen-
en, individuellen künstlerischen Aussage,
uf eigener Ansdiauung, auf realistischen
cht-ungen beruht. Er eröffnete der Plastik
ch grundlegend neue Ausdrucksmöglich-
die nicht nur für die Kunst am Ober-
zukunftweisend wurden. Gerhaert model-
len Stein ganz weich, wagt aber tiefe Un-
neidungen, die ein reiches, lebhaftes Spiel
idit- und Schattenpartien bewirken. Über-
gibt er seinen Figuren lebendige Bewegt-
clie anatomisch immer richtig gesehen ist.
erhielt er den Auftrag, das Portal zur
Kanzlei in Straßburg zu sdiaffen. Von
einst berühmten Kunstwerk sind heute
och die Köpfe des sogenannten Grafen
von Lichtenberg" Abb. und des soge-
nannten Bärbele von Ottenheim", die wohl
eigentlich als Prophet und Sybille gedacht
waren, erhalten. Durd1 die realistische Wieder-
gabe, die diese beiden Figuren ursprünglich wie
lebendige Individuen fast kokett aus dem Fen-
ster blidten ließ, wurde der Volksmund sd1on
im Mittelalter dazu verlockt, sie mit dem
stadtbekannten ungleichen Paar" zu identifi-
zieren. In der Nadifolge Niclaus Gerhaerts
wurde die Büste ein beliebtes Thema der Bild-
schnitzer am Oberrhein. Die I-Iolzbiiste der
hl. Margareta Abb. aus der ehemaligen
Klosterkirche St. Peter und Paul zu Weißen-
burg im Elsaß, die sich heute in Chikago befin-
det, ist der Kunst des großen Vorbildes unmit-
telbar verpflichtet. Seinen ehrenvollsten Auf-
trag das Grabmal Friedrichs III. in Wien
ließ Gerhaert unvollendet zurück. Nur die
Tumba des Sarkophags im Stephansdom ist
von Gerhaert eigenhändig geschaffen. Es scheint,
daß er die Platte aus geflecktem Salzburger
Marmor in Passau ausgehauen hat.
Daß der bildnerisdae Stil Gerhaerts auch im
Osten nicht ohne Wirkung blieb, ist nur zu
begreiflich. Die Karlsruher Ausstellung zeigte
hierfür zwei charakteristisdie Beispiele, den
m. jakubus der Ältere. Wien unter oberrheinxschem
Eiufluß, um 1470-1480. Lindenholz, Höhe 115 cm. Wien.
Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste
Mem mit Kind. Wien unter oberrlseinisdacm Einfluß.
um 1480-1490. Holz, Höhe 97 cm. Wien, Niederösterrei-
chisdzes Landesmuseum
thronenden jakobus den Älteren Abb. und
eine ebenfalls thronende Madonna mit Kind
Abb. 4. Die über einen Meter hohe Sitzfigur
des Apostels zeigt zusätzlich Ähnlichkeit mit
Stichen besonders mit 1.. 115 des bis heute
anonym gebliebenen Meisters E. S., der zwi-
schen 1440 bis etwa Ende der sechziger Jahre
am Oberrhein tätig war. Das auffallende Motiv
des iibergeschlagenen Beines bei der Figur der
thronenden Maria begegnet uns in ähnlicher
Weise bei der Mutter Anna im Altarschrein aus
Lautenbach im Elsaß. Vielleicht darf man dieses
seltene Sitzmotiv auf ein gemeinsames Vorbild
von Gerhaert zurückführen.
Wie eine Gegenbewegung auf die von Niclaus
Gerhaert und seinem Schüler, dem Meister des
Nördlinger Hodialtares, an die Donau gebrachte
Stilströmung flutet am jahrhundertende ein
siidostdeutscher Einfluß an den Oberrhein. Am
eigenwilligsten zeigt sidi dieser in der dynami-
schen, geradezu barocken" Kunst des Meisters
H. L., des Schöpfers des Breisadier Hochaltares
tätig von 1511 bis 1526. Sein wilder, strudeln-
der Stil scheint im Altar von Mauer bei Melk
vorbereitet zu sein. In den Reliefs von I-I. I..,
beispielsweise in den Seitenflügeln des Nieder-
wuchernden, dekorativen Geäst und den renais-
sancehaft empfundenen Aktdarstellungen.
Eine Auswahl von signierten Graphiken des
Meisters H. L. verdeutlicht die engen Wechsel-
beziehungen zwischen den einzelnen Stilrich-
tungen und Kunstgattungen der Zeit. Die
Kupferstidie stehen unter dem Einfluß von
oberitalienischen Künstlern, vor allem Man-
tegna, oder von Dürer; die Holzschnitte Abb.
zeigen dagegen die Einwirkungen des Straß-
burger Malers Hans Baldung Grien.
Eine erstaunliche Fülle kostbarer Goldschmiede-
werke von höchster Qualität und die pracht-
vollen Schweizer und Elsässer Bildteppidme ver-
anschaulichten im Badischen Landesmuseum die
andere Welt des Spätmittelalters die prun-
kende Eleganz und die farbenprächtige Putz-
sucht. Unter den profanen Trinkbechern erfreu-
ten sich die aus Maserholz gedrehten, mit vor-
züglichen Silberfassungen versehenen sogenann-
ten Köpfe" Abb. besonderer Beliebtheit.
In Wien wird heute einer der ganz wenigen
für Speyer gesicherten spätgotischen Meßkelche
bewahrt. Andererseits scheint sich am Ober-
rhein, in der Stiftskirche zu Baden-Baden, ein
prächtiger Kelch von einem Goldschmied, der
für den Wiener Kaiserhof gearbeitet hat, er-
Fncngvl Mxduel Scelenwägcr. man vom linken um.
gel des Niedcrrorwcllcr Allares. Meister H. um 1530.
Lmdcnhnlv. Nxederrorwcxl am Kaisersunhl, Landkreix Frei-
Burg, Fncdhufskirduc Sl. Mnduel
Adam und 1a" im Paradies. Muster H. L. um 1520.
Buchshaumholz. um 14,3 Cm. Frexhurg im Breisgzu,
Augustinermuscum
illierten Wappen ihrer Titel Österreich,
ermark, Kärnten, Krain und Tirol. Wahr-
inlidi hatte die Herzogin diesen Kelch in
Heiratsgut aus Wien mitgebracht.
farbenfrohen Wirkteppidie dienten zur
xglidikeit und Wohnlichkeit der Räume.
dem bischöflidien Sdiloß Straßburg in
nten stammt ein reizvoller Bildteppich mit
lden Leuten und Fabeltieren" Abb.
um 1460, ebenso wie der etwas später zu
erende mit dem seltenen Motiv der Wild-
bei der Landarbeit", in der Sd-iweiz
irkt worden war. Auf märchenhafte Weise
hlen diese Teppidie von den menschlichen
isüditen. Das Mittelalter liebte das Thema
wilden Leute", denn diese verkörperten die
rwachte Naturliebe, die Flucht vor der
reue der Welt in das Reidm der idyllischen
ur, wie die sid1 über die Teppiche dekorativ
ngenden Sprudibänder verkünden.
Karlsruher Ausstellung gab ein eindrudcs-
zs Bild von der großen schöpferisd-ien
ade des Oberrheingebietes. Zugleidi erweckte
das Verständnis für die darzustellende
rhe im ganzen. Denn der geistesgesdiidit-
Hintergrund des Spätmittelalters offen-
sich sinnfällig audi in der Plastik und im
stgewerbe dieser Zeit.
lascrbcdnr. Fassung Silber vergoldet, Höhe xs cm. Süd-
wum, 15, Jahrhundert. Wien, Kunsthistorisdxes Museum.
Immlung im Plasxik und Kunsxgewerbe
u. Christophorus. Holzsdaniu, Meister H. 1.. Wien, Gra-
hisdn Sammlung Albenina
Tildleute mit Fabeltieren. Wirkteppidu, Läng sss cm.
dlwriz, um m0. Wien, Österreichisches Museum für an-
wandle Kunst
Günter Passavant
BALTHASAR NEUMANN
ODER JOHANN LUCAS
VON HILDEBRANDT?-
ZUM PROBLEM DER
KOLLEKTIVPLANUNG DER
SCHÖNBORNKAPELLE
AM WÜRZBURGER DOM
In Älmrrrlung einer Arzbiqfunde mm Cürltlmr Renner
Das Bild, das vor genau fünfundsiehzig Jahren
Joseph Keller in der ersten Balthasar-Neumann-
Monographiel vom Leben und Werk des be-
rühmten deutschen Barockarchitekten entwerfen
konnte, hat seine Gültigkeit heute weitgehend
eingebüßt. Es war gekennzeichnet durch einen
Nachklang der übersteigerten Genievorstellung
der Romantik, vor allem aber durch das
eigentümliche Verhältnis des späten neunzehn-
ten Jahrhunderts zum Phänomen des Barocks,
dessen Formen man studierte und kopierte,
ohne sein Wesen und seinen inneren Werdegang
noch zu erfassen. Fast der gesamte Bestand
an barocken Bauplänen, Ardntektur- und De-
korationsentwürfen der Würzburger Universi-
tätsbibliothek und der Sammlung Etkert heute
im Mainfränkischen Museum in Würzburgg,
der größtenteils auch heute noch die Grundlage
für jede Beschäftigung mit Neumanns Kunst
bildet, war Keller damals schon bekannt. Er
bezog allerdings dieses Zeichnungsrnaterial von
vornherein und in seiner ganzen Vielfalt auf
Neumanns künstlerische Tätigkeit und sah in
ihm den Beweis für jene Souveränität, mit der
der Künstler allen technischen und dekorativen
Aufgaben in gleicher Weise gegenübergestanden
haben soll. Er war nicht bloß Ardmitekt, son-
dern audn Maler, Bildhauer, Dekorateur und
Stukkateur in einer Personß." Heute wissen
wir worauf zuerst Fritz Hirsch in seiner
Arbeit über das sogenannte Skizzenbuch Neu-
manns4 mit Nachdruck hingewiesen hat
daß Neumann nicht sehr gut zeichnete, daß er
gerade für das Entwerfen von Dekorationen
und ornamentalen Details kein Talent besaß
und sida für diese Belange der Mitarbeit an-
derer Künstler bediente. Seine eigenständigen
Bauten, also jene Werke, bei deren Planung
andere Architekten und Dekorationskünstler
nicht eingeschaltet waren, zeigen mehr oder we-
niger schmudtlose Fassaden. In seinen Entwür-
fen für Kircheninnenräume, etwa für die Würz-
burger Hofkirche S. E. 313; Abb. oder für
die Wiener Hofkapelle Berlin, Staatl. Kunst-
bibliothek Hdz. 47285, fehlt meist jede De-
koration. Sie wurde gegebenenfalls von an-
deren Künstlern entworfen, in Neumanns Zeich-
nungen eingetragen oder auf deren Grundlage
in neuen Entwürfen festgelegt. Die Ornament-
feindlichkeit" kann unter Umständen sogar
KUNGEN 1-6
m11", Bilthzszr Neumann. Wurvburg 1896.
im folgenden herangezogenen Plänen Sammlung
an" abgekürzt s. 1. ver um an Publikation von
Hotz, Katalog der Sarnm ung am aus dem Nadi-
ilthasar Neumanns im Mainfränkxsdicn Mus 111 wim-
gvenannntiiannng der Gcicllsdiaft Fränkisdie Ge-
vin. 2.1, Würzburg 1965.
a. n. 0., s. 29.
Hirsch, Das so enannte Sltizzenbudi Balthzsar Neu-
In Beiheft er Zeitschrift für Geschichte Anhi-
Heidelberg 1911.
im" bei Wolfgang Herrmann, Billhasar Neumanns
iprojeltle für die Wiener Hofburg. In Zeitsdmft im
nlpflege, n. g., 1927m, s. Abb. ebenso bei
Lohmeyer, Die Baumeister des rhuinisdi-friinkisdien
u. In Wiener Jahrbudm für KUHSgCSd1ld1CyBd.VIv
1929, Abb. ns und in dem m1 in AugsburgfWien
nenen Sepirztdrudt unter gleicher Abh,-Nr.; außer-
ei Günter Neumann. Ncrcsbeim. Miind-icn 1947. Abb. 1a;
zu einem Kriterium werden, wenn es gilt, bei
Kollektivplanungen wie etwa der Würzbur-
ger Residenz die Zeichnungen von Neumanns
Hand aus dem Entwurfsmaterial versdnedener
Künstler herauszufinden. Neumann erweist sich
in seinen Entwürfen im Gegensatz zu Maxi-
milian von Welsch oder Johann Lucas von
Hildebrandt als Vertreter einer architec-
ture pure", die in manchen wenig oder nidnt
dekorierten Innenräumen seiner Kirchenbau-
ten klar hervortritt und für deren Verständnis
gerade die erhaltenen Holzmodelle für Mün-
sterschwarzach und Vierzehnheiligen unersetz-
lich sind. Bei Künstlern wie Hildebrandt und
Welsch gibt es bevorzugte Dekorationsformen,
Einzelmotive und Motivkombinationen, aus de-
ren Auftauchen im Entwurf oder am ausgeführn
ten Bau die Stilkritik Anhaltspunkte oder im-
merhin Hinweise gewinnt. Die Neumann-For-
schung kann im wesentlidien nur aus Wand-
und Raumstrukturen der dokumentarisch be-
zeugten Bauten ..Stilmerkmale" ableiten. die
dings audi heute noch sehr sdiwierig, Neu-
manns Stil" zu diarakterisieren. Unsere Vor-
stellung von der frühen Entwicklung des In-
genieurs und Architekten Neumann, von Art
und Richtung seiner ersten künstlerischen Orien-
tierung und von seinen Gestaltungsabsichten
und -möglichkeiten in dieser Frühzeit ist noch
so unpräzis, daß es möglich bleibt, die Entwürfe
zu zwei ganz heterogenen Zentralbausdiöpfun-
gen wie der Würzburger Schönbornkapelle
Abb. und der Propsteikirche in Holzkirchen
Abb. als frühe Arbeiten Neumanns inner-
halb des gleichen Jahrfiinfts entstanden zu
sehen". Das gleiche zeigt sich dann auch in der
Beurteilung des Ausführungsprojektes der
Würzburger Hofkirche, dessen Zuschreibung an
Neumann man gerade durch den Hinweis auf
den in Wandaufriß und beabsichtigter Raume
Wirkung so sehr verschiedenen früheren Hof-
kirchenentwurf des Künstlers Abb. zu stüt-
zen versucht hat. Die ganze Unsicherheit in der
Bewertung der Anfänge vnn Neumann künst-
eine neue, umfangreiche, stilkritisch fundierte
Neumann-Monographie in der Art der in den
fünfziger Jahren erschienenen Hildebrandt-
oder Fiseher-von-Erladu-Monographien seit lan-
gem aussteht und vorläufig auch nicht zu er-
warten ist.
Das von Günther Renner im Seinsheim-Archiv
in Sünching neuentdeckte Konzept eines Briefes
von Johann Philipp Franz von Sthönborn an
seinen Bruder Friedrich Carl, das hier an-
schließend im Wortlaut veröffentlicht wird,
läßt die Problematik um den Anteil Neumanns
am Entwurf der Schönbornkapelle erneut her-
vortreten. Aus ihm geht hervor, daß der Würz-
burger Fürstbisdiof am 19. März 1721 seinen
Bruder in Wien bittet, Johann Lucas von Hilde-
brandt zur Ausarbeitung eines Projektes für die
Schönbornkapelle zu veranlassen. Dadurch
wird der Verdacht bestärkt, den der Verfasser
seinerzeit bei der Rezension der Hildebrandt-
Monographie von Bruno Grimschitz7 andeu-
tete, daß nämlich Hildebrandts Würzburger
Aufenthalt im Oktober 1719 nicht nur für die
erste Idee eines großzügigen Residenz-Neu-
baues in Würzburg, sondern auch für die frühe
Planungsgeschidue der Schönbornkapelle be-
deutsam war und daß Hildebrandts großer,
sorgfältig gezeichneter und lavierter Riß, S. E.
44, der die Kapelle im Grundriß und in einer
Kombination von halbem Schnitt und halbem
Fassadenriß zeigt Abb. als Entwurf der
ersten Planungsphase der Kapelle zugehört.
Bisher hat man geglaubt, daß dieses Blatt der
Sammlung Edtert, das leider zu den Kriegsver-
lusten des Mainfränkischen Museums zählt, von
Hildebrandt erst um 1724 auf der Grundlage
von Neumanns Ausführungsprojekt gezeichnet
wurde, möglicherweise als Vorlage für eine
Stichpublikationö. Es liegt nun nahe, den
Wortlaut des neuentdeckten Briefkonzepts auf
Hildebrandts Zeichnung zu beziehen, die be-
kanntlich in fast allen Einzelheiten der Fassa-
denerscheinung dem ausgeführten Bau ent-
spricht. War uns in diesem kombinierten Riß,
der durch seine graphische Qualität bestach
und der die beachtlichen Maße von H7 62 cm
aufwies, ein bereits im Frühjahr 1721 bei
Hildebrandt in Auftrag gegebenes Projekt zur
Schönbornkapelle erhalten, so bedarf unsere
bisherige Vorstellung von der Planungsgc-
schichte des Baues, ihrem Ablauf und den sie
bestimmenden Faktoren einer grundlegenden
Korrektur. Diese Vorstellung basiert weit-
gehend auf der seinerzeit richtungweisenden,
gerade in der archivalischen Auswertung so
verdienstvollen Baumonographie von Walter
Boll", die in der methodischen Durchführung
zunächst logisch und einleuchtend erscheinen
mag, leider jedoch schon im Ansatz problema-
tisch bleibt. Bolls Analyse des Planmaterials
setzt stillschweigend voraus, daß Balthasar
Neumann als der eindeutig bezeugte Erbauer
der Schönbornkapelle zugleich auch ihr künst-
lerischer Sdaöpfer war wie dies bei dem
Neumann-Biographen Keller und vor allem in
der Würzburger lokalhistorischen Literatur zu
lesen ist". Boll berücksichtigte nicht, daß der
auf Neumann und sein Baubüro zurückzufüh-
rende Entwurfskomplex, S. E. 27 Abb. 20,
31, 32, 38 u. 40, anhand dessen er eine folge-
richtige Planentwicklung zu rekonstruieren ver-
Hildebrandt Schonbornkapellenprtqekt, Atme s.
Hildebrandt Snhdnborxikapellenproiekt. Grundnß
im wesentlichen nur für die innere Mar-
ikleidung der Kapelle vetsdiiedene Lö-
orschläge bringt und darum nicht not-
in der allerersten Planungsphase ent-
sein muß. Bei dieser Entwurfsreihe
die Gesamtform und Konstruktion des
die Raumaufteilung und die Fassaden-
nung fast unverändert, weil sie offenbar
festliegen. Die in einzelnen Entwürfen
te Frage, ob dem Hauptraum frei ste-
Säulenpaare, einzelne frei stehende oder
uernischen eingezogene Säulen oder nur
ailaster zugeordnet werden sollen, be-
gt Neumann wahrscheinlich gerade im
ck auf die endgültige Kalkulation des für
lnenausstattung der Kapelle benötigten
edenfarbigen Marmormaterials. Das
der inneren Säulenstellung, das bei
iiönbornkapelle keine konstruktive Be-
hat die Säulenpaare werden erst 1731
sdion sieben Jahre zuvor mit der Kup-
erwölbten Bau eingefügt", sdteint nicht
aus ökonomisdien Erwägungen Neu-
entsprungen zu sein, der sich auch später
Würzburger Hofkirchenplanung im
'om 25. März 1731 an Friedrid-l Carl von
r0rn darüber erregt, daß Hildebrandts
im Kircheninnern allein vierzehn große
ulen aus Marmor vorsieht".
on Boll vorgeschlagene und allgemein
ierte Rekonstruktion des Planungsab-
ler Schönbornkapelle, wie sie audi noch
Budl von Hans Reuther über Neumanns
nbauten" übernommen wurde, geht von
rigen Meinung aus, daß alle Entwürfe,
dem Ausführungsprojekf in Einzel-
oder in der Grundkonzeption abweichen,
tdig vor diesem entstanden sein müssen.
ürfen jedodl nicht von vornherein die
hkeit ausschließen, dafl bei der Schön-
ipelle wie in vielen anderen Fällen
tnentwidrlung keineswegs geradlinig und
uent verlief. Es kann von Anfang an
denfalls sdnon sehr früh ein bedeutendes
vorgelegen haben, das Abänderungs-
läge und neue Entwürfe anderer Künst-
ilöste, das aber schließlich doch trotz
Gegenvorsddäge weitgehend unver-
zur Ausführung kam bzw. für die erste
ase bestimmend blieb. So ist es etwa audi
bwegig, das auf S. E. 21 erhaltene Pro-
las man vermutungsweise dem Würz-
Domkapitelbaumeister Georg Bayer zu-
eben und irrtümlidi um 1718 datiert
an den Beginn der Planung zu rüdcen
und 8. Abgesehen davon, daß dieser
rf in Grundform und Proportionierung
nenraumes verfehlt ist und die angedeu-
uppelüberwölbung weder in ihrer Kon-
on noch in ihrer Raumwirkung vorstell-
ird, erscheint es ganz unwahrscheinlich,
eser sehr mittelmäßige Entwerfer die De-
msmotive der Fassade aus seinem eigenen
nrepertoire geschöpft haben soll. Ver-
man die Zeichnung mit den anderen
-nen Projekten zur Schönbornkapelle, so
man sehr bald, daß fast alle Schmuck-
mehr oder weniger vergröbert und
rstanden von der Fassade des soge-
Ausführungsprojektes" vgl. Abb.
rmrnen sind. Das gilt für die Rahmungen
roßen Rundbogenfenster mit den seit-
"... h...
uns... da.
k.-- ....,
Sog. Bayer-Projekt zur hornkapelle, Aufriß s. r.. 21
Sog. Bayer-Projekt zur Sdlöllbornltapelle, Gtundriß s. 1a. 11
ANMERKUNGEN 7-13 Anm. 14, 15, 16 s. S. 10
Günter Pnssavant, Rez. von Bruno Grimschitz, Johann Lucas
von Hildebrandt. Wien-München 1959. In Kunstdironik,
1. Jsn 1960, s. 19711.. insbes. s. 201 f.
'Die Beurteilun von S. 44 in Bolls Baumonographie s.
Anm. ist se widers rüdnlidi. Bnll halt es für unwahr-
scheinlidi, dal! Hildebran vor August 1721 überhaupt Kenntnis
von der Würzburger Kapellcnplanung hatte s. a4, obwohl er
in der Einleitung von Hildebrandts Reise nadi Würvburg im
Oktober 1719 berichtet s. 17, Boll erkennt s. E. 44 als Ent-
wurf Hildebrandts an; aufgrund stilisrisdier Beziehungen zu
dessen in den frühen zwanziger fahren entstandenen Werken
datiert er das Blatt 1722123. Alerdings hält er es auch für
möglida, daß S. E. 44 erst 1725 oder später, eventuell als
Stidavorlage, entstanden ist. ..Unmbglid1 wir es nidir, daß
die Zeidinung erst nadi dem Tode des Johann Philipp Franz
in Wien entstanden ist Bei Annahme der späteren Ent-
stehungszeit bleibt aber die Frage ungelöst, woher einigt für
Hildebraudt diarakteristisdie Formen in den Ausführungs-
plänen stammen." S. 89 In der Abhildungsuntersihrift lu
Abb. Z4 heißt es dann audt ,.Nad'i 1724 Während
Bruno Grimsdiitz Johann Lucas von Hildebrandt, Wien 1932,
s. eine Beteiligung des Wiener Ardtiteltten an der Pla-
nung der Sdtönbornkapelle aussdiließt und Bolls nrnrrrilnng
von S. E. 44 als Originalzcichnung Hildebrandts ablehnt
s. 119, Anm. bewertet er in der überarbeiteten nein-n
Hildebrandt-Monographie Wien-Mündien 1959, s. 1051. u.
165 das Blatt als 1712123 entstandene Zeichnung Hildebrandts.
Au S. 137 liest man allerdings von der Sdiönbornkapelle am
Würzburger Dom, "an der Hildebrandt kaum beteiligt war".
An der entsprechenden Stelle der ersten Ausgabe S. 117 hieß
es statt dessen noch ,.an der Hildehrandr nidxt beteiligt war"
Reuther a. a. 0.. S. 10H führt S. E. 44 als Dekorations-
entwurf von Johann Lucas von Hildebrand! nadi 1724" an.
'Walter Boll, Die Schönbornkapelle am Würzburger Dom,
Münditn 1925. Bei Boll sind alle im folgenden erwähnten
Pläne und Entwürfe zur Sdiünbornkapelle mit Ausnahme des
Grundrisses von S. .. 44 abgebildet.
Die Sd-iuld daran trägt nicht zuletzt Neumann selbst, der im
Knopf der Kuppellaterne der Sdtönbornkapelle die ln-
sdirift anbringen ließ "Opus fabricae Dirigente Ardiireeru
D. Joanno Balthasarc Ncurnann ColuneleK Diese lnsdirift
hat den Tenor einer Künstlersignatur und ist als soldie auuh
meist verstanden worden. obwohl sie dem Wortsinne nadi
nidat mehr aussagt, als daß der Bau unter Neumanns Leitung
errid-itet wurde.
Vgl. Neumanns Briefe VOm 1x. 11. 1729, vom s. 4. 1731 und
vom 15. 4. 1731, abgedrudtt bei Karl Lohmeyer, Die Briefe
Balrhasar Neumanns an Rzdrid-i Carl von Sdibuborn. Saur-
briidten-Btrlin-Leipzi -Stutrgart 1921, S. 211 u. 30.
Abgedruckr bei Lohmeyer a. a. 0., S. 26 f.
Reuther a. a. 0.. S. 10611.
lid1en Volutenohren, den Blütenketten und den
von Puttengruppen belebten Segmentverda-
chungen, für die allgemeine Form der Portal-
rahmung mit den flankierenden Freisäulen und
den figurenbekrönten Giebelfragmenten dar-
über, es gilt audt sdion für die Aufteilung der
Fassade in Haupt- und Attikagesdioß mit der
ltorinthisclten Pilastergliederung unten und den
entspredlend kurzen toskanisdien Pilastern
oberhalb des Gebälks. Auch die Schabradten-
verzierung der Kuppel am Laternenansatz ist
in den Fassadenrissen in der Art von S. E. 44
voll-geprägt. S. E. 21 ist also keineswegs 1718
entstanden, sondern nicht vor 1721122, d. h.
als sehr dürftiges Gegenprojekt zu einem schon
vorliegenden und dann audl der Ausführung
zugrunde gelegten Fassadenentwurf.
Bei den erhaltenen Entwürfen des Mainzer
Obristleutnants Maximilian von Welsdl Abb.
13-16 und bei dem sogenannten Hennidte-
Projekt" Abb. 9-12 ist ebenfalls die Frage
des zeitlidien Verhältnisses zu der Plangruppe
um S. E. 44 erneut zu prüfen. Das Hennidte-
Projekt" zeigt an den Schmalseiten der Kapelle
innen Abb. 12 Fensterrahmen, die in ihrer
Form auffällige Ähnlichkeit mit den Fenster-
rahmen an der Fassade des Ausführungsprojek-
tes vgl. Abb. aufweisen; der Seitenaltar des
Hennidte-Projektes" erscheint den Hauptal-
tarentwürfen auf S. E. 44 und auf S. E. 26
Abb. 15 verwandt. Bei dem Projekt des
Maximilian von Welsch ist wie bei S. E. 44
nur ein Altar vorgesehen, der an zentraler
Stelle, gegenüber dem Haupteingang der Ka-
pelle, angeordnet ist Abb. 15; Grabmonu-
mente können demnach nur in den seitlichen
Nebenräumen Platz finden. Welsch deutet im
Längssdmitt der Kapelle links einen Epitaph-
aufbau an, den er in einem gesonderten Auf-
riß Abb. 16 dann detailliert wiedergibt. Die
Aufstellung eines weiteren Monumentes war an
der entsprechenden Stelle im gegenüberliegen-
den Nebenraurn möglich, doch sie war zu-
nädist offenbar nodi nid-it beabsiditigt. Das
Hennidte-Projekt" Abb. 11 und 12 sieht
zwei Seitenaltäre vor, während im Mittelraum
an der Stelle des Hauptaltars von S. E. 27
und S. E. 44 das in seinem Figurenarrange-
ment bis in die Kuppelzone aufsteigende Epi-
taph angeordnet ist. Es ist nicht mit letzter
Sicherheit zu beweisen, ob damit, oder aud1 mit
Welsdls Epitaphentwurf, das vom Bauherrn
schon zu Lebzeiten projektierte eigene Grab-
monument gemeint ist oder das Epitaph für
den 1673 verstorbenen Mainzer Kurfürsten
Johann Philipp von Sdiönborn. Der Wunsdz,
dessen Gedächtnis zu ehren, war wie der
Bauherr nicht nur in den offiziellen Verlaut-
barungen betonte ein wesentliches Motiv
wenn auch wohl nicht der Hauptgrund für
die Planung der Schönbornkapelle 15.
Am 3. November 1719, sechs Wodien nach
seiner Wahl zum Würzburger Fürstbisdlof, er-
hält Johann Philipp Franz von Schönborn
von seinem Bruder Friedrich Carl aus Wien
anläßlidi eines bevorstehenden Aufenthaltes
des Johann Lucas von Hildebrandt in Würz-
burg den Rat N. B. Dieser ehrlidle mann
könte auch pro epithaphio des d1urf. Joh.
Phil. in dortigem domb den rechten situm und
ein würdigen riß mesnagiren, solten die riß zu
kostbahr fallen, exequi liberum estlß." Es kann
Sog. Henmdtc-Proickt zur Sd-iönbornkapellc. Aufriß
10 äegEfiiinnidrer-renein zur Sdiünbomkapelle, Grundnß
äegiiinnadee-rreieirr zur Sdiöuborukapelle, Längssdmiu
12 äräräidgnnaae-rreieiee zur sdiansernienpeur, Querschnitt
ANMERKUNGEN 14-17
"Ball 1.1.0., s. 54-57 u. s. s. Boll hat allerdings seiner-
zeit den Urheber des Proiektes nod1 nicht mit dern Würzbur-
gar Domkapitelbaumcisler Georg Bayer identifiziert. Diese
Zusdneibung. die icdodi durch BoIIs Datierung des Entwur-
fes II das mhr ms nahegelegt wird, vertreten In jüngerer
Zeit vor alem v. Freeden Katalog 1.1.0., s. und
Reuthcr a. a. 0., s. 108.
Dies ist r... bcrudtsiditigen, wenn man etwa die In den unt-
Würfen angedeuteten Schönbornwappen Huf Grund der beson-
deren Attribute 7u bestimmen und damit zugleich Ualierungs-
hilfen zu gewinnen versucht. ndu a. a. 0.. s. es hat 1.13.
die These vertreten, daß das "I-Iennidte-Proiekt" V0! 1719
entstanden sein müsse, da das Sdiönbornwappcn am Epitaph-
entwurf des ran ssdmittes nur von der Grafenkrone über-
fangen werde. ixeii macht geltend, daß Johann Philipp I-rnnz
nadl seiner Wahl rnrn Ftirstbisdiof seinem Familienwzppen
stets die Wappen von Wünburg und Franken mit der Her-
zogskrune belhiglc. 1. ist iedudx bisher keineswegs geklärt.
ab Johann Philip Franz sld schon unmittelbar bei der
Thronbestelgung er erst im Laufe der ersten Regierungsveit
nach Ausarbeitung entsprechender Gutadrten und Dckrcle
durdi Selnu Ratgeber den Herzogstitel wieder zulcgte. cr-
gen Balls Dauetung des eHennidte-Projektes" ist einzuwen-
den, dall es sdiwer vorstellbar m. diß Johann Philipp Franz
nodu als Dompropxl nen cln so anspruchsvolles und imposan-
tes Monument entwerfen ließ.
"Der ganze und ist abgedrudtt in Quellen zur Gesiiiidue
des Barodu in Franken unter dem Eiufluß des Hauses Schon-
born, bcarb. von Max II. v. Freedun, Würzburg 1955,
S. 599 f., Nr. 642.
Audi der von Ccrmaln Boffrand ausgearbeitete, vcrmutlldn
nach Neumnnns "Pnrlsmise nadi Würzburg übersandt Vnr-
schlag für die mehrfarbige Marmorauskleidung der Kapelle
se. 35; Bull a. a. 0., Abb. 29 zeigt dlt auseinander-
gerüdtten Pilastcr.
10
kein Zweifel darüber bestehen, daß der Würz-
burger Fürstbischof, dieser Anregung folgend,
I-Iildebrandts Rat nicht nur wegen des Resi-
denzumbaus bzw. -neubaus, sondern aud1 we-
gen der geplanten Begräbniskapelle einholte
und daß dieser frühe Gedankenaustausch die
Voraussetzung bildete für den Entschluß des
Bauherrn, im März 1721 ein Kapellenprojekt
des Wiener Architekten zu erbitten. Wie bei der
Planung der Würzburger Residenz, die nach der
Thronbesteigung des Johann Philipp Franz zu-
nächst vorrangig erschien und die Idee der
Begräbniskapelle vorübergehend zurücktreten
ließ, versuchte der Würzburger Fürstbischof
1721 nicht nur Hildebrandt, sondern auch das
Mainzer Baubüro seines Oheims Lothar Franz
zur Ausarbeitung eines Kapellenprojektes zu
veranlassen. Am 9. April 1721, drei Wochen
nachdem er seine eigenen, von Neumann aus-
gearbeiteten Vorschläge nach Wien gesandt
hatte, schickte Johann Philipp Franz einen
entsprechenden Satz von Plankopien an seinen
Oheim in Mainz mit der Bitte um Begutach-
tung. Dies gab dann vermutlich den Anstoß zur
Ausarbeitung eines Kapellenprojektes durch
Maximilian von Welsch, das unter gleidaen
Voraussetzungen und in den gleichen Monaten
wie Hildebrandts Entwurf entstanden zu den-
ken ist. Während das in den Aufrissen er-
haltene im Grundriß rekonstruierbare Main-
zer Projekt Abb. 13-16 vom Bauherrn of-
fenbar verworfen wurde, muß der auf S. E. 44
erscheinende nach allgemeiner Auffassung von
Hildebrandt gezeichnete Entwurf die Grund-
lage für jene die innere Raumstruktur und die
Außenerscheinung der Kapelle bestimmende er-
ste Bauphase bis zu Neumanns Pariser Aufent-
halt 1723 gebildet haben. Das geht aus fol-
genden Beobaditungen hervor
Der zu S. E. 44 gehörende Grundriß Abb.
18, der von Boll und auch in der späteren
Literatur leider nie veröffentlicht wurde, deckt
sich in manchen von der endgültigen Bauzus-
führung abweichenden Details mit jenem auf
S. E. 27 wiedergegebenen Grundriß Abb. 21.
S. E. 27 ist wenn auch vielleicht nicht von
Neumann selbst gezeichnet so dodx von ihm
benutzt und überarbeitet worden, wie die eigen-
händigen Buchstabenbeisdiriften erkennen las-
sen, die sich wohl auf ein verlorengegangenes
Erläuterungsblatt bezogen. Der Plan bildete
vermutlich die Grundlage für die Pariser Be-
sprechungen Neumanns mit Germain Boffrand
und Robert de Cotte über die Innenausstattung
der Schönbnrnkapclle, vornehmlich über die
Gliederung und die Marmorverkleiduug der
Wände und über die Anbringung der Epita-
phicn. Diese Bewertung von S. E. 27 wird
nahegelegt durch die besonders sorgfältige Aus-
führung dcs Grundrisses, vor allem aber durch
die Bei ügung von drei verschiedenen Maß-
stabskalen in M0dulli" und rheinischem
Schuh und in Palmi di Roma" und durch Art
und Umfang der nachträglichen Einzeichnungen
und Veränderungen. Im Grundriß von S. E.
44 werden zur Überwölbung der den Haupt-
raum flankierenden Nebenräume Gurtbogen-
paare vorgeschlagen Abb. 18; sie sollen sich
den jeweils der Rundung des mittleren
Raumzylinders folgenden und dementsprechend
sphärisch verzogenen Verbindungsarkaden,
durch die sich Haupt- und Nebenraum durch-
dringen, entgegenkrümmen, wobei auch sie in-
folge der sphärischen Doppelbewegung nach
vorne und nach oben als in sich verdreht oder
verzogen vorzustellen sind. In dem zu S. E. 44
gehörenden halben Ll-ingsschnitt Abb. wurde
auf Andeutung der Gurtbögen allerdings ver-
zichtet offenbar um die Grundform der
Kuppelschalen nicht zu verunklären. Das M0-
tiv dieser Gurtbogenpaare bestimmt nun aber
Zahl und Anordnung der den Gurten als Stüt-
zen zugewiesenen Wandpilaster; sie erscheinen
paarweise gruppiert einerseits neben den Dom-
durchgängen und andererseits neben den Ni-
schen der seitlichen Fassadenfenster. In S. E. 27
Abb. 21 ist im rechten Teil diese Lage der
Pilastcrpaare übernommen, doch ist hier mit
Bleistift bereits angedeutet, daß jeweils einer
der beiden Pilaster dicht an die Fensternische
der Kapellenschmalseite gerückt werden soll.
Die paarweise Gruppierung wird also aufge-
was! s.
ai-riiiielei IUY Stdliinbbtnkzptllß, Aiiiiiß s. e. zs
dkPßrUCk lüf Sdlöllbürllhlptllü, Ckülliiflliärißf
dlrpfOißkl 7.!!! Sdlüllbüfllkipüllü, Lärlpßdlflll! s. E. ze
drpfOlßkl 711! Sdluflhtlfllkiptllf. Qiiiiisaim"
KUNGEN 18 und 19
idirige und erfulgverspredicnde Aufgabe wäre es, das
ennidte-Proieltr", das in Entwurf und Zeichnung dcr
irioi-ismorivc zweifellos auf dclt Stukkateur Georg
rurüdtgt-lit, daraufhin vu untersuchen. oh es in sei-
dlitektonisdien Grundstruktur nidir ienes frühe, von
nn unter Bi-riicksiditigung der bcsnlldcrcn Wünsche und
des Bauherrn ausgearbeitete Prviekt überliefert, das
Philipp Prall? liii Mm und April 1721 Plan-
naeh Wien und Mzinr sdiidttc. Möglicherweise war
ersandte Projekt sogar das von Heniiidtc gewidmete.
die n-lir ClgCnKÜmlIChE Idee der Kllppltllidbllflg, deren
die Durchführbarkeit mehrfadi angezweifelt wurde.
auf die Urheberschaft Nt-uinniins hindeuten; denn
den mit der Kapcllcnplanung in Zusammenhang ge-
Kunstlcrn besaß wohl nur er den Mut und die hohe,
H18! BEWdhfHhg älS lngenleüf lJJSiUYCIIElC SElbSRin-
ng, die das Eniwi-rten M189 suldien Proickriss voraus-
Neumann konnte sidi die Durdiführung der ganz un-
llldlkn, dlf HIHCYC RlUmVtYSxhmUlluflß SO VOYKBib
Ku pelkonsrruluion zudi wirklxdi zutrauen. Vieles
Cfdtm iisitii. daß das l-lt-iiniiitti-Pmiekr" in den
slemcnten veiliiilimi VDI! IUHKIJICIH Kuppältällm und
nimm, aiirseit- l-iiii" llltf Ripptrlkuppßl ii"i1 La-
Fensrerkiimbineiiiun innerhalb dcr Hauprhssade den
Silmttl Ausgang iiiiui iiii fllC Clgßnen "in." PrOlCkKE
rnndts und We sdis bildete. Ahgexehcn vun den er-
Grundelemenivn sind das Wiener und das Mainzer
dann allerdings UlHCYIJlHmKiCr so sehr verschieden,
hefremdct. wenn man LllU ilHlHCf WlCdEf VOTgCIIIIEEHE
iIÖYI, im i"ii 5.141. 44 Wßilgßllßhld ldmiiiiiii ÄllSfühs
roiekr sei aus Neumzirins Umarbeitung des Mainzer
es a". MlXimillzn V. Wtläßfll lIHYVOKQUgBHKEH.
ergleidiznd Analyst- der fruhcn Kirdienbauten Hilde-
wird vorerst dadurdi ersdiwcrr, daß die bisher ver-
3B GHlndIiSSC und lhfllfnflumpllülügflphlfn DHZHXCI-
und vor allem unglcichwertig sind. Vgl. hierzu die in
zitierte Rezension, S. 200 f. Es wäre wiinsdlenswert,
ine neue einbriilidie Bauauinalinir dcr Kirdien er-
die mibtsondrtru durch Schnitte und vielleidir andi
vereinfachende Modelle oder durdi assunomcrrisdie
tionen die Grundformen der kaiuinkninplexe und die
rcr Düfdldflflßllllg Yüldfullidßi. UIC wicneiisuie"
K0 Elllßtfdn PftdIUlllAlHg IP! nbürnkiptll
rigens siiiis" Piiiilsi hldfVüfßühübßll. Vgl. Wilhelm
Dtlllidltf usiiiar, Kölilgtltlfl i. T. iiiiil Lelpllg 191a
fl. 1912, S. llz.
IACVI
x.
Ärl
geben, und dies wohl darum, weil nun zwischen
den auseinandergerücltten Pilastern Nischen für
die Anbringung von Epitaphien eingeschoben
werden sollen. Dies wird an den bereits weiter
durchgeführten Korrekturen in der linken
Hälfte des Planes deutlich. Hier ist von den
Pilasterpaaren jeweils ein Pilaster ausradiert
und in seiner neuen Lage zu Seiten der Fenster-
nisclue bei mit Bleistift angedeutet; auch ist
bei dem dem Domdurchgang angrenzenden
Wandstück eine flache Nische eingezeichnet.
Es ist hier also schon die Lösung gefunden,
die die endgültige Ausstattung der Kapelle mit
vier von Pilastern flankierten Epitaphien er-
möglicht; allerdings hat man dann in den
dreißiger Jahren, als unter Friedrich Carl von
Schönborn endlich die Vollendung des Ka-
pelleninnern in Angriff genommen wurde, auf
die Einnischung verzichtet und die von Claude
Curä geschaffenen Epitaphien vor der ebenen
Wand angebracht. Darauf braucht hier nicht
näher eingegangen werden. In unserem Zusam-
menhang ist wichtig, daß die ursprüngliche
paarweise Anordnung der Pilaster an den
Wänden der Nebenräume unmittelbar neben
den Domdurchgängen bzw. neben den Nischen
der seitlichen Fassadenfenster nur verständlich
wird aus der im Grundriß von S. E. 44 vor-
geschlagenen Überspannung der Nebenräume
durch Gurtbogenpaarc. Sie wird später mög-
licherweise im Zusammenhang mit den Pariser
Beratungen Neumanns aufgegeben". Dieser
Verzicht bildet dann aber erst die Vorausset-
zung für die schließlich auf Neurnanns Vor-
schlag hin? beschlossene Einfügung zusätz-
licher querovaler Fenster innerhalb der Atti-
kazonc der Fassade, die die Wölbung der Ne-
benräume erhellen und damit zur besseren
Belichtung des gesamten Kapelleninnern beitra-
gen sollten vgl. Abb. und 3.
Aus all dem gewinnt man nun aber ein weiteres
Argument dafür, daß S. E. 44, neben dem
Projekt des Maximilian von Welsch, zu den
frühesten Entwürfen gehört, die sich zur Pla-
nung der Schönbornkapelle erhalten haben
Liegt uns in S. 44 jenes Projekt Hildebrandts
41"
13 I6
vor, dessen Ausarbeitung Johann Philipp Franz
von Schönborn in dem nachstehend publizierten
Brief vom 19. März 1721 zu veranlassen sucht,
so würde das bedeuten, daß auf den Wiener
Architekten das Gesamtkonzept der Schönborn-
kapelle, ihre Außenerscheinung, ihre innere
Raumstruktur und in wesentlichen Punkten
auch ihre innere Ausgestaltung zurückgeführt
werden muß! Diese gerade auch für die Bewer-
tung der Frühzeit Neumanns so widltige Frage
wird allerdings erst dann endgültig entschieden
werden können, wenn es gelingt, das in S. E. 44
bekannt gewordene, 1721122 entstanden zu
denkende Projekt in diese relativ frühe Phase
von Hildebrandts Schaffen überzeugend einzu-
ordnen und vor allem die vergleichbaren Ideen
für die Gruppierung von Haupt- und Neben-
räumen und für deren Überwölbung in den
ersten Kirchenbauten des großen Wiener Archi-
tekten aufzuzeigen". Dieser lohnenden Auf-
gabe sollte sich die österreichische Barockfor-
schung nicht verschließen!
Konzepz eines Briefes des joharm Philipp
Franz von Schönbom an seinen Bruder
Friedrich Carl
o. o. 1721 März 19
Übrigens will Deroselben hirmir eröfnerz, daß
ich schon als Dombprobst die gedancleen ge-
faßz hatte und arijezo noch des gänzlichen
sinnt srye in der an dem Domb gegen den
ehemaligen Wildbergischen jezl aber Ingel-
heimbischen Hof über gelegenen kleinen ra-
pellen für mich so wohl, als unsere gesambde
Familie männliches und weibliches geschlechzs
eine begrägnis aufzurichten, wozu auch durch
cinreissurig gedachter capell wiirclelich der ari-
fang gemacht worden.
Indeme ich nuhn gern eltwus sauberes und auf
Itall" isrhe arth wollte machen lassen; so seind
mir zwar darüber schon einige riss und
vorschläg gegeben worden; Es wurde mir aber
vor allem lieb sein, warm der Herr jean Lum
die Mühe nehmen wollte, seine gedancleen dar-
über aufzuzeichnen. Wurm Ew. Excellenz glau-
ben, daß es demselben die Zeit erlaube und
11
nicht beschwehrlid falle; würden dieselbe mich
sehr verbinden mir von ihm einen riss zu ver-
schaffen, welcher als von einem kleinen werck
ihm ohne dem nicht viel zu thun geben wird.
Ich bin gesinnet gemelte capell innenhir woh
die architectur ist, mit lauter schwarzem
Marmel, wann ich solchen anders haben kann,
auszieren, die absäze aber von der archituciur
mit weissem Marmel machen, ansonsten über
die capell eine Kuppel sezen zu lassen; von
aussen her soll zwar auch die archiiectur wohl
beobachtet, jedoch alles nuhr von gemeinen
sleinen ausgehauen und verfertigei werden.
Mein Ingenieur und architecte wird die sach in
seinem beyliegenden schreiben mehreres er-
1x
läutheren. Ich muß aber wegen denen zugleich
mitkornmenden rissen noch dieses hinzusezen,
daß ich daran gahr nicht gebunden bin, und
meine rneinung nit seye, als wann der baw auf
solche arth müste verfertiget werden, sondern
sie sollen allein dienen umb meine gedancken
einiger massen anzuzeigen ohne die Freyheit zu
benehmen daß sie nach belieben und guth be-
finden mögen geändert werden. Noch dieses ist
mir übrig zu bitten, weil die alle capell schon
rneistenzbeils eingerissen ist, und nächster tagen
völlig zu baden liegen wird, ich auch des vor-
habens das gebäw noch dieses jahr unter tach
zu bringen, daß ich den verlangten riss zeitlich
erhalten rnögte, obschon es endlich auf ein oder
17 äänönbornkapell am Würrhnxrgcr Dom, Nordfronl
Eid
1x Siünbornkapcllc im Würvburgcr Dom, Slriülätll
Grundrlß von s. n. 44
19 Salomon Kleiner, Slidl der Sdlönbornkapelle am
ger Dom, Ansicht von Nordosten
20 Neumnnneßüro, Kapcllungrundrxß und equcrsdnni
mm" Marmorauskluidung s. E. 40
1x Neumanneßüro Grundriß .1" Sahdnbornkapelle 11
burger Dom, s. E. 17
zwey wochen nicht ankommen. Die Mut
Herrn jean Lucas solle gewiss danckba
galten werden. Ew. Excellenz deuten
übel, daß ich Deroselben überlästig bin;
sich etwan eine Hindernus finden, so be
Dieselbe nuhr die riss mir wider zurü
schicken, damit ich auf andere arth mir
könne. Ich suche Ewer Excellenz giitbige
fahrigkeil in allen gelegenheiten zu erwie
und verharre
Gräfl. Seinsheimsdxes Archiv, Sünchin;
Regensburg, Nr. 538 Familienkorrespo
Schönborn 1720-1724; Absd-nrift von Gi
Renner.
lllLXx
mlllvlxäuunllsxnnx
......... ......... Jmwwvsiüwdnmwri .....
mxxntlnllwlrrlllll
Llr
12
Z1
153m
I1
Christian Theuerkauff
GABRIEL GRUPELLO
UND DIE EUROPÄISCHE
BAROCKPLASTIK
1650166O -1720f1730
Christian Theuerkauff
GABRIEL GRUPELLO
UND DIE EUROPÄISCHE
BAROCKPLASTIK
165011660 172011730
Paul von Strudel. Kurfürst Johann Wilhelm von mit.
Um 1695. Marmor. ss cm. Bayerisdies Nationalmuseum
München
Gabriel Grupello. Flud-it nadh Ägypten. Vor 1711. Marmor.
7a 56.5 cm. Kunstmuseum Düsseldorf
Gabriel Grupello. Scylla und Glaucus. Vor 1716. Marmor.
Lebensgroß. Aus dem Sdiloßgarten von Sdiwetzingen
Pieter Sdiccmat-dters a. 2x o. m. Anna von einer Gruppe
Unterweisung Mariens. 9.111611, ungefaßt, 140 cm.
Riiksmuscum Amsterdam
Gabriel Grupeiio, Kurfürstin Anna Maria Lonisa von der
Pfalz. Um 170011705. Bronze. 55,5 cm. Kunstmuseum
Düsseldorf
Ludovicus Willemsens. Poenitenria, Um 168011690. Erdun-
hol-z. etwa 176 cm. Von einem Zellenbeiditstuhl in
St. Andriet, Antwerpen. u. 1.. Frauen-Kapelle
Werkstatt Gabriel Grupellos. Maria de Victoria. Um
171611720. Lmdenholz, 1.1. alte Gold-Silber-Fassung.
134 C111. Kunstmuseum Düsseldorf
14
Im Mittelpunkt der internationalen Ausstellung
barocker Bildwerke und Bildhauerzeichnungen
unter dem Patronat von ICOM in Düsseldorf
von Anfang April bis Mitte Juni 1971 steht das
Werk des 1644 in Geraardsbergen in Flandern
geborenen Gabriel Grupello, der, seit 1695
erster Hofbildhauer des kunstliebenden Kurfür-
sten Johann Wilhelm von der Pfalz 1658 bis
1716 und seiner Gemahlin aus dem Hause
Medici, Anna Maria Louisa von Toskana, erst
1730 auf Schloß Ehrenstein nahe Aachen starb.
Dem Zeitraum seiner Tätigkeit von etwa 1660
bis 1720-1730 entsprechend, versucht die in
kritischer Auseinandersetzung mit der 1968 er-
schienenen Monographie von Udo Kulter-
mann geplante Ausstellung einen Einblick in
Zentren höfischer Bildhauerkunst in Florenz,
Wien und Versailles, aber vor allem auch auf
die äußerst produktiven Städte in Flandern und
Holland, in Antwerpen, Mecheln, Lüttich und
Brüssel sowie Amsterdam, Leiden, Den Haag
u. a. m. zu geben, denen der Düsseldorfer Hof
durch die rege Sarhmeltätigkeit des Kurfürsten
oder Grupello durch seinen künstlerischen
Werdegang verbunden waren.
Nadi seiner Ausbildung in der Werkstatt des
Artus Quellinus d. in Antwerpen, nach
seiner Tätigkeit in den Wanderjahren in
Holland und Frankreich wurde der seit etwa
1670f71 in Brüssel Ansässige im Jahre 1688
Hofbildhauer König Karls II. von Spanien.
Seine Brüsseler Werkstatt übernahm seit etwa
1675 bis 1695 immer zahlreichere Aufträge
aus Flandern, Berlin, Kassel u. a. w. für Bild-
werke religiösen und profanen Themas in Mar-
mor, Ton und Bronze, wahrscheinlich auch in
Holz.
Es liegt in der Natur der Sache, daß in einer
solchen Ausstellung bei weitem nicht alle für
den einzelnen Künstler wie für bestimmte Gat-
tungen repräsentativen Werke gezeigt werden
können, da sie wie z. B. die Grabmalkunst
und die Denkmäler wie Grupellos Hauptwerke,
das Reiterdenkmal des Kurfürsten Johann Wil-
helm in Düsseldorf oder die Statua" in Mann-
heim zum Teil ortsgebunden oder anderer-
seits aus konservatorisdien Gründen nicht zu
transportieren sind. So erscheinen auf der Aus-
stellung in Düsseldorf außer einer ganzen
Serie" von Porträtreliefs zwar die beiden gro-
ßen Marmorbüsten Kaiser Leopolds I. und
König Josephs I. von Paul von Strudel aus dem
Kunsthistorischen Museum Wien, nicht aber
das ebenfalls 1695 entstandene Bildnis des Auf-
traggebers dieser Serie, des Kurfürsten Johann
Wilhelm, aus dem Bayerischen Nationalmuseum
in München Abb. ausführliche Veröffent-
lichung demnächst durch J. Gamer und M.
Koller, das lange als Werk Grupellos galt,
sich aber im Büstentypus, in Stil und Mar-
mor-Technik deutlich von dem nur knapp
ein Jahrzehnt später entstandenen, äußerst fein
ziselierten Kabinettstück aus Bronze, dem Bild--
nis der Kurfürstin, von Grupello unterscheidet
Abb. 5. Diese Büste gehört zu den Höhe-
punkten spätbarocker Bildniskunst und ist trotz
des durch die Draperie verschleierten Übergangs
von Büste und Sockelteil von fast kühler Klar-
heit im Aufbau und verschlossener Eleganz im
Ausdruck.
Dem Schaffen Grupellos entsprechend, ersd-iei-
nen zahlreiche religiöse und profane Themen-
bereiche, wie das Porträt in Form von Büste,
Statue und Statuette, das Reitermonument,
Gabriel Grllptllß. KHl1ifil.Blld nadx 1700 a. Blldßblllmr
Holz. lhil Armen Cm. um bei Nlllß, St. ÄJIÄEBIS
0mm Ghlptuß. ElllWllff im ein Ktiltfdtllklüll iiiii
rimiai des Kllrfürillll Philipp wilhtlhl. Um 1703-1705.
RÖKII. 302 X181 mm. Kllllßmllltllm Düßtldßrf
Darstellungen aus dem Bereich von Allegorie
und Gesduichte sowie mythologische Szenen.
Aus einer gewissen Ukonomie des künstlerischen
und tedmischen Entstehungsvorganges heraus
lassen sich bisweilen bestimmte Darstellungs-
typen feststellen, die sozusagen in Reihen"
und Serien" über längere Zeiträume hin auch
in seinem Ausstrahlungsbereidr entstanden wie
die in der Mehrzahl Grupellos Spätwerk zuge-
hörigen Kruzifixe und Madonnenfiguren. Bei-
spiele sind der nadi dem von Gmpello hoch-
verehrten Vorbild des Peter Paul Rubens ge-
schnittene, elegant bewegte Buchsbaumkruzifi-
xus der Kirche in Norf bei Neuß Abb.
und die leider in ihrer Gold- und Silberfas-
sung stark beschädigte Maria vom Siege in
Düsseldorf Abb. 7. Diese scharf geschnittene,
im Ausdruck so wenig flämisch wirkende Figur
belegt durch den Rückgriff auf Carlo Marattas
Erfindung in San Isidoro in Rom und andere
Vorbilder die Anpassungsfähigkeit des vor al-
lem nach 1700 über alle landschaftliche Ge-
bundenheit hinaus internationalen Prototypen
verpflichteten Hofkünstlers und Bildschnitzers.
So zeigt auch eines der drei erhaltenen Mar-
morreliefs vom Sodrel einer ehemals hoch-
berühmten Marmorgruppe der Madonna mit
dem Jesus- und Johannesknaben von vor 1711,
die Flucht nach Ägypten Abb. daß Grupello
selbst in seiner Düsseldorfer Zeit sich noch
flämischer Vorbilder erinnerte, etwa an den
Reliefstil des Mechelner Hauptmeisters Lucas
Faydherbe, von dem ein thernengleidxes Ton-
relief aus dem Hof van Busleyden zu sehen sein
wird. Wird Mecheln weiter durch Holzbild-
werke des Nicolas van der Veken und des Jan
F. Boedrstuyns vertreten, so erscheint für Lüttich
u. a. Jean del Cour mit mehreren
dessen überlebensgroße Holzstatue des
Minor aus dem Zyklus von St. Jac
Lüttich die bernineske Variante flämisch
barod-tskulptur vertritt und dessen
lung auch an den Niederrhein noch zt
sud-ien bleibt. Hier wie im Einflußberi
großen Werkstätten der beiden Artus
in Antwerpen, der Bildhauerfamilien
maeckers Abb. Verbruggen, Kerrici
sd-ieit, des Michel van der Voort, Matth
Beveren oder des Jan Claudius de Codt
sich die Probleme für die künftige Erfc
der an den Hof gebundenen oder sr
zunftmäßig organisierten Bildhauerper
keiten um 1700 in Kurköln u. a.
Namen Johann Franz van Helmont,
Rick, Johannes van Dam oder der
Gröninger in der Bischofsstadt Münsti
Beendigung der Ausstellung deutlicher
Besonders Antwerpener Bildhauerzeidi
auch aus dem Quellinus-Kreis, werden
men mit teilweise unveröffentlichten
ken aus öffentlichem und privatem Besit
esse und Kritik der Forschung wedten.
stellung kann und will nicht bestimmte
Sphären, Vorbildreihen oder seht kc
Beziehungen etwa von Antwerpen zu
Duquesnoy oder Gianlorenzo Bernini an;
oder klären, sondern allein die versc
artigen Richtungen, besonders der
etwa 167011680 bis gegen 1720, nebt
Werk Grupellos veranschaulichen. Beic
figuren, wie die Poenitentia des Ludovic
lemsens aus St. Andries in Antwerpen
oder des Guillielrnus Kerricx d. J.,
Engelfiguren aus Eichenholz aus der Wi
I0
ll
lZ
11
011-1111111111 1111111111. 13111111111 111., 0111111111111; 1-1111 1111111111.
ämf. 1111111111. 0111111111111" 1.x 1111. 19111111111111111111 1J111111-
11
Frankrexd-1 9. König Georg von England, vun Vicmna
11111111111. Um 1714. 11111111. 11 511,5 1111. vi11111i11 111d 11111111
11111111111. 11111111111
Midwl Angicr, C1111 1111 1111 5111111 111111 P11111111i111. 11111111
11152. 111111111. 11 54,2 1111. v1111111 11111 11111111 1111111111111.
London
141111 1111 P1111111 01111111111 u. 1111111111 x1v., vun
r111111111d1. 13151.. 11115. 111111111. 11 111111. 51111111 39 1111.
P1111i1 1111111111111, v1111;1111
des Brüsseler Hofbildhauers Jan van Delen
aus der Kathedrale St. Gudula auf der einen
Seite, Zeichnungen, Tonmodelle, Kleinplastik
auch mythologischen Themas in Holz, Ton, Sil-
ber und Elfenbein auf der anderen Seite deuten
hier die Vielfältigkeit der Produktion nur an,
die für Grupellos von 1670 bis 1695 währende
Brüsseler Schaffenszeit besonders wichtig war.
Wie eng etwa die Beziehungen der Kunst am
Niederrhein zu dem Quellinus-Schüler Rombout
Verhulst waren, zeigen die 1716 entstandenen
drei Sandsteinbüsten des Grabmals Hüchten-
bruch aus der evangelischen Kirche von Hünxe
in Westfalen von Johann Wilhelm Gröninger.
Zu den zumeist in Holland tätigen Bildhauern
gehören Johannes I-Iannaert, Johann Blommen-
dael mit einer Büste Willems III. von Oranien
und Johannes Schmeltzing in Leiden, Francis
van Bossuit in Amsterdam oder Jan Baptist
Xavery, z. T. deutlidi unterschieden von den
Strömungen in Flandern.
Ähnlich wie für zahlreiche in Paris und Ver-
sailles tätige Bildhauer flämischer Abstam-
mung ist besonders die kirchliche Plastik Flan-
derns auch für die im frühen 18. Jahrhundert
am Hof des bayerischen Kurfürsten in Mün-
chen tätigen Guillielmus de Grof und Charles
Claude Dubut im Zusammenhang mit den
Topoi der internationalen Hofkunst, d. h. hier
vor allem der Kunst am Hofe Ludwigs XIV.
von großer Bedeutung. Das gilt vor allem für
das Porträt, auch in Form des Standbildes
Giuseppe Volpini und des Reiterdenkrnals,
aber audi u. a. für die mythologisch-allegori-
sche Gartenfigur.
Grupellos vor 1716 für Schloß Bensberg, das
Versailles am Rhein, entstandene Marmor-
gruppe von Scylla und Glaucus Abb. ver-
einigt sowohl flämisclme wie audi französische
Elemente und läßt sehr deutlich das Vorbild
der seit 1710 audu in Düsseldorf in der großen
Antikenabgußsammlung vorhandenen Venus
Medici erkennen. Die Wirkung dieser Antiken,
der großen Bestände im Kunst- und Münz-
kabinett sowie der heute in München aufbe-
wahrten Gemälde des Peter Paul Rubens und
Anthonis van Dydt lassen sich nicht nur bei
Grupello, sondern zum Teil auch bei den
für den Düsseldorfer Hof arbeitenden Klein-
plastikern Antonio Leoni und Ignaz Elhafen
und bei einzelnen Medailleuren wie Johann
Selter nachweisen. Wünschenswertes Ergebnis
der Ausstellung wäre, mehr über Düsseldorfer
und Heidelberger Bildhauer wie Philipp
Macrander, Heinrich Charasky, Peter van den
Branden, Michael Chatelan oder über den Gru-
pello-Epigonen Ignaz Osterspey zu erfahren.
Wie Berlin unter Andreas Schlüter Jacobis
bronzene Reduktion des Reiterrnonuments
des Großen Kurfürsten ist für die Ausstellung
noch nicht sicher eine eigene Stellung ein-
nimmt, so läßt sidi auch der relativ kleine
Beitrag von Florenz auf dieser Ausstellung mit
den Namen Giovanni Battista Foggini, Massi-
miliano Soldani, Giuseppe Piamontini und Gio-
vacchino Fortini bezeichnen, deren Bronzebild-
werke zum Teil direkt als Geschenke Groß-
herzog Cosimos III. an den Düsseldorfer Hof
gelangten. Die berühmte, in München und
Windsor vorhandene Jahreszeitenserie Soldanis
wird durch ein Relief des Sommer" aus
Lawrence, Kansas, vertreten. Audi hier werden
18
noch zahlreiche Einzelfragen, vor allem das
Verhältnis zur französischen Hofkunst, zu klä-
ren sein. Die Medaille Fortinis von 1721 zeigt
den gealterten Schwiegervater Johann Wil-
helms Abb. 10. Andere Arbeiten stammen
von Francesco Pieri, Filippo della Valle und
Agostino Cornacchini.
Obgleich möglicherweise einige bedeutende Bild-
werke von Corneille van Cleve, Etienne le
Hongre aus Dresden und Antoine Coysevox
fehlen werden und trotz der erzwungenen Be-
schränkung auf Zeichnungen, Elfenbeinarbeiten,
Tonmodelle und Bronzereduktionen sieht
man von einigen Marmor- und Bronzebüsten
Frangois Girardons und seines Kreises ab
wird sich der Betrachter doch ein Bild von dem
machen können, was Grupello in Paris und
Versailles an für ihn wichtigen Gartenfiguren,
Standbildern und Reitermonumenten vorgefun-
den hat. Es ist nicht ausgeschlossen, daß er sich
audi unter dem Eindruck von Frangois Girar-
dons 1699 aufgestelltem Reiterdenkmal Lud-
wigs XIV. zu der heutigen Form des bronzenen
Monumentes seines Kurfürsten auf dem Düssel-
dorfer Marktplatz entschlossen hat, während in
den Planungen der Typus des steigenden Pfer-
des vorgesehen war, wie ein früherer Entwurf
für das Denkmal von dessen Vater, Philipp
Wilhelm Abb. beweist. Die französische
Reiterstatuette Georgs I. von England steht
hier stellvertretend für eine ganze Reihe von
Kahinettstücken, die die Wirkung versdiiedener
Erfindungen und ausgeführter Monumente des
späten 17. Jahrhunderts zeigt Abb. 11.
Charles le Bruns dominierende Stellung in
Versailles wird in einigen Entwurfszeichnungen,
u. a. für Gartenfiguren der Grande Com-
mande 1674, deutlich. Für die meist bronzenen
Bildwerke, die seine Erfindungen widerspiegeln
und die Gartenplastik ohne ihr Ambiente wie-
dergeben müssen, seien die Namen Anselme
Flamen, Gaspard Marsy, Domenico Guidi ge-
nannt, während Sebastien Slodtz und Philippe
Bertrand sowie Nicolas und Guillaume
Coustou teilweise schon Tendenzen der Zeit
um und nach 1700 vertreten. Gegenüber der
frühen Ceres des Michel Anguier Abb. 12,
dessen hochberühmte Amphitrite in einem Ex-
emplar des Musee des Arts Decoratifs, Paris,
vertreten ist, erscheint als Beispiel der Raptus-
gruppen der von Frangois Girardon signierte
Raub der Proserpina aus Straßburg, daneben
auch die Äneasgruppe nach Pierre Lepautre, in
pathetischem Ausdruck mit gesteigertem An-
spruch auch akademischer in der Form, ähnlich
Girardons frühem Madonnenmedaillon nach
1657. Medaillen, Antikenreduktionen, spätere
Marmorvarianten und zahlreiche Kleinbild-
werke sind Zeugnisse der typenbildenden und
äußerst einflußreichen französisduen Hofkunst,
die ganz auf die Person des Sonnenkönigs zuge-
schnitten ist, dessen Bestrebungen auch die Düs-
seldorfer Residenz nachzueifern sich bemühte
vergl. Abb. 13, Bronzebüste Ludwigs XlV..
Die Ausstellung soll die Diskussion sowohl um
das Werk des technisch äußerst versierten Gru-
pello in seinen verschiedenen Entwicklungsstu-
fen und Einflußbereichen wie um allgemeinere
Fragen der Ikonographie, von Vorbild, Typen-
reihe, Replikenkritik, von persönlichem Stil und
Werkstatteinheit auch unter dem besonderen Ge-
sichtspunkt von Material und Technik anregen.
Bushart
OFFENBARUNG DER
'TLICHEN VWILISHEIT.
AUGSBURGER
DSKIZZE DES FRANZ
'ON IXIAULBERTKQCH
ich der Eröffnung der Deutschen Barodt-
in Augsburg am 2. Mai 1970 übergab
yerische Hypothckeii- und Wechsel-Bank
euen Museum drei Gemälde .,zur dau-
Ausstellung", zwei Darstellungen aus
Ältcn Testament Martin Johann
genannt Kreniers hniidth und eine
Deekenski seines Zeitgenossen Franz
LILILIlbETISClI3. Die Bank wollte mit
großzüwigen Geste ihre Absicht bekun-
rr Deutschen Barockgalerie eine ähnliche
urig zuteil werden zu lassen, wie sie die
Ünakothek in München seit mehreren
genießt. Die Deekcnskizze Farbtafel,
liier allein die Rede sein soll. war am
Jril 1970 bei Cliri is in London zur
gelangt Sie befand sich spätestens
Ende 19. jahrhuiiderts in eriglie
Privatbesitz. wohin sie aus Wien gelangt
Llara Garas gibt in ihrer Monographie
ilaulber sogar den Wiener Maler
v0 Leich 1727-1811. einen Freund
itarbeiter Maulbertsehs. als vermutlieheii
itzer an. Das ungewöhnlich große Fore
ie anspruchsvolle Darstellung, der vor-
Erhaltung Stand. die UHIPEIZIHCHE
flalvreise, die Herkunft und nicht zuletzt
ssicht. die Skizze auf eines der berühmter
esken Mziulbert bev hen zu können.
rn dem Werk von vornherein hohen
ind internationales Interesse. Dodi schon
Auktion war es Kennern zur Gcwiß-
worden, diiß sidi mit dem Gemälde auch
ichziftlithe Probleme verbinden. die die
ge Vorstellung vom Splitwerk Maul?
und seiner kunstgesehiehtlichen Bedeu-
entscheidenden Punkten zu revidieren
de sind.
Äuktionskataltig zufolge stellt das Bild
Allegory tif Thenlo Seienee and the
iar utid diente als "Skttüh for the painting
Library eeiling it tlic Monastery of
Prague. PLIiHIEd by Maulbertsdi in
die das Genililde
ir nicht im Original kennengelernt hatte.
riete es als "Ihlltfgklrltl der Wis schaf-
nd als iitivurf das Deekenbild der
hek in btift Straliov. entstanden 1793
94 l. Als weitere EHIWÜFfE für
heute iiocli wolilerlialtene Freslto führt
etwas größere Ski ze iii der National-
Prag Abb. wie eine kleinere
die in der Sammlung Rudolf Bedö zu
ESI Abb. uns. Das Darstellungsprw
des Fre '08 ist in iier 1797 erschie-
,.Histor 'l'1L'l1 Beseli ubuiig. aus?
er .rt. Text. Fresko und die drei Öle
weichen ied so stark voneinander
llk zur Aufl ng dt Bildiiihalts Weitere
herangezogen werden niüss i. Dafür
in ster Linie das 1778 entstandene
ifres des in. irischen Stiftes Kloster?
H1 der Thaya in Betracht. das zwar nicht
ANxii Rklgxnl
A. xlaiilhi-rrtdr, Dit-
A. sburg. iir-iimiii- liarndt
lmirung at-i ginxlidien Weisheit
n.
19
erhalten blieb, anhand einer Historisd-ien Er-
klärung und einer Nachzeichnung in der Mähri-
schen Galerie Brünn Abb. 12 aber in großen
Zügen rekonstruiert werden kann 7. K. Garas
bezieht außerdem eine Detailskizze in der Pra-
ger Nationalgalerie, von der noch die Rede sein
wird, auf das Fresko von Klosterbruck. Die
prächtigen Büchergestelle der Bibliothek in Klo-
sterbrud-t waren nach der Aufhebung des Prä-
monstraterisersriftes 1791 von Wenzel Joseph
Mayer, dem Abt des böhmisdien Bruderklosters
Strahov bei Prag, erworben worden. Die neue
Stiftsbibliothek, die zu diesem Zweck erhöht
werden mußte, sollte auf Wunsch des Abtes je-
doch niclit nur die Büchergestelle des aufgeho-
benen Klosters aufnehmen, sondern auch Dek-
kengemälde nadi dem Muster der dortigen
Fresken erhalten. Nach längeren Verhandlun-
gen erklärte sich Maulbertsch selbst, der sdion
Klosterbrudt ausgemalt hatte, zur Ausführung
bereit. Die enge Beziehung zwisd1en beiden
Bibliotheksfresken zwingt dazu, zur Beschrei-
bung und Entschlüsselung unseres Bildes beide
Werkkomplexe, Strahov wie Klosterbrudt, her-
anzuziehen.
Auf dem Augsburger Bild verteilen sich ober-
halb eines schmalen, umlaufenden und in den
Edten konsolenartig vorkragenden Gesimses
zahlreiche Gruppen und Einzelfiguren längs
ier vier Seiten, so daß das Gemälde vier Haupt-
Jnsichten aufweist. Eine fünfte Gruppe in der
Mitte des Bildes ist zur red-iten Längsseite hin
orientiert. Das Bildprogramm beginnt in der
rechten unteren Edte, führt bis zur oberen
Edte und setzt sich auf der gegenüberliegenden
Seite, wieder von unten nach oben, fort. In
Strahov ebenso wie in Klosterbrudt liegt der
Haupteingang zur Bibliothek in der Scl1mal-
wand zwischen diesen beiden Anfangspunkten,
so daß der Besucher beim Betreten des Raumes
beiderseits vom Ablauf der Bilderfolge beglei-
tet wurde. Die Darstellungen auf beiden
Schmalseiten über dem Haupteingang und die-
sem gegenüber schließen sidi thematisch an.
Den Beschluß bildet die Mittelgruppe. Sowohl
die Fresken als audi die Gesamtskizzen in Prag
und Augsburg sind also nicht in kontinuierlicher
Folge, etwa im Uhrzeigersinn, abzulesen. Sie
setzen ein ständiges Hin- und Herwandern im
Raum oder ein wiederholtes Drehen der Bilder
voraus. Der Betrachter ist gezwungen, die ein-
zelnen Partien und Gruppen gegeneinanderzu-
halten, untereinander zu verbinden und auf-
einander zu beziehen. Andernfalls entgeht ihm
der Sinn des Programms.
Den Anfang der Augsburger Darstellung bil-
den im Halbdunkel kaum zu erkennen
zwei verschleierte Gestalten, die Steine auflesen,
um sie hinter sich zu werfen Deukalion, der
Sohn des Prometheus, und seine Frau Pyrrha.
Zeus hatte ihnen, die in einem hölzernen Ka-
sten vor der Sintflut gerettet worden waren,
den Auftrag erteilt, die Gebeine ihrer Mutter"
hinter sich zu werfen und dadurch die Erde
wieder zu bevölkern. Die Steine, dieses Gebein
der Mutter Erde, verwandelten sich in Männer
und Frauen, aus denen das Gesd1ledit der
Hellenen hervorging. Auf dem Bild sind sie, in
schwad1en Umrissen, als drei Kinder dargestellt.
Die nächste Gruppe zeigt zwei Kenrauren,
den einen in die dunkle Bildtiefe galoppierend,
den anderen aus einer bauchigen Flasche trin-
20
kend. Am Boden liegen ein leerer Weinkrug
und ein Stab, aus dem Hintergrund taucht eine
weitere Gestalt auf. Diesen Tiermenschen stellt
sich Bukephalos, das Lieblingsroß Alexanders
des Großen, entgegen. Vom hellen Licht um-
flutet, bäumt es sich in edler Haltung empor.
Sein Herr, die Hauptfigur dieser Bildseite,
trägt kostbare Rüstung und einen wallenden
Feldherrnmantel in leuchtendem Rot, den ein
Mohrenpage hält Abb. 5. Erwartungsgemäß
sitzt ihm gegenüber Diogenes in der Höhlung
des Fasses. Halbnackt, mit abwehrender Ge-
bärde, nichts wünschend, als daß der Mächtige
ihm aus der Sonne gehe, deren Strahlen sein
Buch treffen, bildet er den schärfsten Kontrast
zur Alexandergruppe. Ihm gesellen sich der
Spötter Phanias zu, der sich belustigt über das
Faß zurücklehnt und den Fuß auf den Globus
aufsetzt, Heraklit von Ephesus, wegen des
Tiefsinns seiner Lehre und seines tragischen
Ernstes der weinende Philosoph" genannt, der
sidi über die Erdkugel beugt und die Tränen
abwischt, schließlich in Rüd-tenansicht der Zy-
niker Krates von Theben, der aus einem Gefäß
Gold ins Meer schüttet. Wen die Orientalen im
Hintergrund darstellen, ist sowenig auszuma-
chen wie die Namen der drei am Ufer sitzen-
den Männer redits. Der eine lehnt sich nach
vorn, der andere blidtt zur Mittelgruppe, der
dritte schaut abgewandten Gesichts in die Ferne
zur Hauptgruppe der ansdiließenden Schmal-
seite mit der Predigt des hl. Paulus. Ein weiter,
kahler und dämmernder Felsenhintergrund
verbindet die Gruppen miteinander.
Auf der Langseite gegenüber beginnt die Hi-
storie mit dem Ausblick auf ein baumreiches
Gebirgsland. Nach Aussage beider Programm-
texte ist darunter Ägypten zu verstehen, das
Vaterland so vieler Künste, welches ihren
eigenen Boden benützet und die Früdtte seines
Fleißes anderen bedürftigen Völkern mitthei-
1er". Bei näherer Betrachtung läßt sich vor
der Silhouette des höchsten Berges eine Sphinx
erkennen. In der Hauptgruppe Abb. fällt
die bärtige Gestalt eines halbnackten Greises
mit Laubkranz im Haar auf Äskulap, der Gott
der Heilkunde, erkennbar an seinem Schlangen-
stab. Unsicher ist die Benennung der übrigen
Figuren. Der majestätische Alte in der Mitte,
ausgezeichnet mit Sdiriftrolle, Ehrenkette und
schimmerndem Gewand, könnte der Philosoph
Aristoteles sein, dem beide Programme präch-
tige Kleidung attestieren. Auch Solon, der be-
liebte Gesätzgeber einer freyen Republik in
Athen", mag angesichts des zeusähnlichen
Hauptes in Betracht gezogen werden. Vielleicht
darf man in dem sitzenden kahlköpfigen Alten,
der mit der Feder in ein großes Buch schreibt,
Sokrates erblidten, zumal vor ihm auf dem
Boden ein großes Glas, vielleicht der Sd-iier-
lingsbedier, steht. Auf der Brünner Nadizeich-
nung des Freskos in Klosterbruck Abb. 12 da-
gegen gibt er sich, durch Kubus und Konus
charakterisiert, als Pythagoras von Samos zu
erkennen. Nicht identifizieren lassen sich die im
Dunkel rechts und die vom Rücken gesehene
Männerfigur im Vordergrund. Aus den Pro-
grammen stehen zur Wahl Hypokrates, Ga-
lenus, Solon, Lykurg, Kleobolus, Kleoboline,
Anaxagoras, Pythagoras. Der kniende Mann,
der mit dem Zirkel auf Papier am Erdboden
zeichnet, stellt den Mathematiker Archimedes
ANMERKUNGEN
F. A. Maulbertsdi, Die Offenbarun der gariiidien wen.
heit vor der Restaurierung. Augs urg. Deutsch Barodt-
galerie
r. A. Maulbertsdi, Dir orirniiarung der göttlichen weir-
heir. Prag, Nariunaigairrie
Martin Johann Sdirnidr, enai-ini Krerurersdiiiiidr 1718-1201
Susanna im iiade, Jnerpii und Potiphats Weib. o1 auf Lein-
wand, je 59x78; ein, gerahmt von aufgcpttßten vergol
deren Studttanken auf grünem Grund. Vom Pztamenteti-
sdirank der ehem. Kartausc Aggsbach Niederösterreich, 1760
Vgl. F. Dworschak, R. Feuditmüller, K. Garzarolli-Thurn-
iadrh, J. zyiraii, Der Maler Martin johann sdiinidr. Wirt
1955, S. 148, 247, T1. 25, sowie G. P. wriedtel, Zur Eröifnun;
der Deursrhen Barotkgalerie in Augsburg ain z. Mai 1970
Kunsidirrinik, 23, 1970, s. 31316.. besonders S. 319.
Franz Anton Maulbcrtsd1, geraufi am 7. Juni 1724 in Lan
genargen am Bodensee, gestorben arn 7. August 179a in wien
Der Bayerisdien Hypothekcn- und Wcdiscl-Bank sei audr at
dieser Stelle nodimals für ihre verständnisvolle Unterstiitzuni
der Deutschen Barockgaleric gedankt.
Christie, Manson ßt Woods, Catalogue of lmportant Picture-
iiy oid Masten Auktion 1o. ri1 1970. s. 49, Nr. 117 mll
Abb. Die dort angegebenen Malir 1417 am Cm sind er
beridirigeii in 151 71,5 cm.
Um den Ankauf des Bildes hat sidi Dr. Kurt Rossadier
Salzburg, verdient gninadir.
IK. Garas, Frau-i Anton Maulbertsch, Wicnvßudapest 19m
S. 230, Nr. 3x2. G. P. Vlneultel, a. a. 0., S. 319 f.
Nach Absdiluß des Manuskripts wurde mir die Arbeit vor
P. Prciss bekannt Frcska F. A. Maulbertsdie Filosofiltärr
seile Strahovske knihovny Das Fresko von F. A. Maulbertsd
im Philosophisdien Saal der Strahover Bibliothek zu Prag
in srraiinvrira knihovna, ii, Prag 1967, s. 217 ff. niii deut-
sdier Zusammenfassun Der Verfasser bezieht darin dir
damals in London indlidii Au sbutger Ulskizze bereit
auf das zerstörte Fresko in Kloster rudt, anstatt, bis bisht-i
angenommen, auf Straliov. Audi hinsichtlidi der Einordnung
der Detailskizze in der Prager Nationalgalerie kommt ei
zu denselben Ergebnissen, ährend er die jmeph Winterhalm
zuzusdireibende DCKlllSlUllE in Budapest als eigenhandigr
Teilstudie Maulbertsdis iur die Augsburger Gesamtskizle be-
rraditet.
'K. Garas. a. a. 0.. S. 157, Nr. 1110, 311i.
Historische Beschreibung der von Anton Maulbertsch k. k.
Karnmermahler, Mitglied der Wiener und Berliner Akademit
am Bibliotheksgewölhe der käniglidien Prämonstratenst-r-
ordens-Kanonic ain Berge Sinn zu Prag, im Jahre 1794 in
einem einzigen zusammenhängenden Platfond in Fresko dar-
gestellten Kalkmahletcy. Unter Wcnzel Joseph Mayer, im
itzsnigreidi Böhmen Priiiaii-n. Prag 1797" K. Garas. a.
s. 271219. Von dierer gedrudrirn Ausgabe weidit ein 14
ten starkes Manuskript im llrsiti. der Stiftsbihliotliek Strahov
in inriireren Punkten ab. Aus drin 1x Seiten langen Vor-
iieridir- geht hervor, iiaß das Manuskript nndi zu Lebzeiten
Maulbertsizhs angrirriigi wurde und dein Imprimaturvetmetk
zufolge als Grundlage für die Budnusgabe von 1797 diente.
oer Votberidit fehlt in drr Budiausgabe. iin Manuskript
fehlt der Hinweis auf Kaiser Franz ll. und dessen Kampf
gegen die ,Witheiiden Ncufranltcn". Vgl. auch P. Preiis.
a. a. 0., s. 212. Für die Anfertigung einer Fotokopie des
Manuskripts danke idi Frau Dr. Elisa Fucikova und dem
Institut de Uiforie et d'Histoire de l'Art in Prag.
J-Iisrorisdie Erklärung der Kaldtmahlerey in Freßko, welche
in dein iriinigiidien Stift Bruck an der Taja der regulirten
Chorherren von Pramonstrat, auf dem Gewölbe des dasicgen
Eiid-iersnals, dessen Durchmesser in der Länge 19. in dt-t
Breite s. Klaftcr enthält, in einen einzigen ruearnhangendnn
Platfond Anton Maulpertsdi k. k. Kammetmahler, Mitgliedc,
und Rarh der Wiener Akademie der Künsten im ahrc 1778.
Herbstmonates verfettigt hat. Ziiaym, gcdru bey An-
ton Johann Preyß privil. Budidrudter". Auf dem Exemplar
in der Stiftsbibliorhek Siraliov ist handsdiriftlidi ,.P. Nor-
bert Korber. t. tur- als Verfasser angegeben. Für die An-
fcrtigung einer Fotokopie audi dieses Exemplars danke idi
wiederum Frau Dr. Elisa Fueikova. Prag.
Zum Fresko in Klosxerbrudt vgl. K. Garas, a. a. 0., S. ll6ff.,
221 Nr. 102, 103, 257 ü. Fig. 11, Abb. 246, sowie P. Preiss,
a. a. 0., S. 231 ff.
Die Nadieeidinung Joseph Wintcthaltcrs in der Miilirisdien
Galerie Btiinn aus dem jahrc 1792 Feder laviert, Papier.
lnv.-Nt. B46, YJX 48,3 cm enthält auf der Vordet- und
Rüdtseite raiiireidie eigenhändige Notizen über Maulbettsdix
Fresko, z. 11.. Rundstab blaue lufr, Vorhang, engl mit
Mosytafel, gebäude; auf drr iwdreeiie Farbangaben zu den
Gewändern; ferner die wohl von Ct-rtoni angebrachte Auf-
sdirift Junge Winterhaldcr winrerhaidrr Jnniur.
Für Foto und Angaben danke ich Dr. Helena Kusäkorc-
Kuozovä und der Mährisdit-ii Galerie in Brünn.
Historisdie Erklärung. a. a. 0.. 177a. Nr. 7a.
'Für die eingehende redinningirdie unrerrueiiung danke idi
Herrn Restaurator Bodo Beier. Städt. Kunstsammlungen
Augsburg, ferner Dr. n. Kühn und den Mitarbeitern des
Donner-Institutes Mündiui. Bodo Beier übernahm audi die
Reinigung und Restaurierung der Im oanaen wohlerhaltenen
Bildes. Für weitere maltedinisdic Auskünfte bin ich den Her-
ren Dr. Haiir Aurenhairirner und Erieii ßlaiui in wien und
Dr. Pzvel Preis in Prag zu uanir verpflichtet.
yrakus dar. Himmelsglobus und Stab
Nachbarn deuten auf den Astronomen
von Milet. Die rückwärtigen, schemen-
iftaudienden Assistenzfiguren sind wie-
Jnym. In der Dreiergruppe links kann
1t der bärtige Alte, der mit seherischem
im Sdireiben innehält, mit dem gött-
lato" der Programme gleichgesetzt wer-
zn Übergang zur anschließenden Schmal-
ildct wieder eine nachtverhangene Ge-
idschaft, möglicherweise das nach dem
nm von 1778 an dieser Stelle zu er-
de Italien. Der Sinn des aus dem Dunkel
rctenden Steinblocks nahe der Ecke, der
ls Altarkasten oder Sarkophag inter-
werden könnte, ist unklar. Die Pro-
erwähnen eine Grabstätte, die auf die
erte Geisterlehre" des Sokrates deute,
er jenseits des Grabes keine Seelen-
'ung, sondern ewige Belohnungen, oder
zugesprochen" habe 1778.
ntere Hauptgruppe oberhalb des
Haupteingangs beider Bibliothekssäle stellt
Gestalten des Alten Testamentes vor Abb. 3.
In der unteren Zone folgen von links nach
rechts Noah mit Ölzweig und Arche, Abraham
mit Isaak, eine kniende Rückenfigur mit ge-
schlachtetem Opfertier nach dem Programm
von 1778 ein Levitenknecht" rechts der
gekrönte Salomo im königlichen Prunkkleid,
der Feldherr 0sua in triumphaler Pose und der
kniende König David mit Harfe und Buch. Sie
Scharen sich mit anderen, nicht Genannten um
den hohen Sockel eines Altars, auf dem das
Gesetzesbuch und die verhüllte ßundeslnde ste-
hen, verehrt von Moses und Aaron. Oben
ziehen Putti einen wolkenartigen Vorhang zu-
rück, während ein Engel die Doppelmfcl der
Zehn Gebote vorweist und andert- Putti eine
Blumengirlande halten. Hinter dem Vorhang
erscheint eine auf Pilastern ruhende Konchen-
architektur mit kassettiertem Gewölbe. Rechts
wächst eine Palme, das Symbol der Hoffnung,
empor.
Die gegenüberliegende Hauptgruppe Abb.
ist ähnlich aufgebaut. Wieder umschließt eine
Konchenarehitektur, diesmal von Säulen getra-
gen und nahezu voll einsehbar, den Altar des
Unbekannten Gottes auf dem Areopag zu
Athen. Mit weit ausholender Gebärde verkün-
det Paulus das Evangelium. Die Gestalt rechts
stellt nach den Programmen Dionysius, den
zukünftigen ersten Bischof von Athen, dar. Zu
seinen Füßen versammeln sich die abendländi-
schen Kirchenväter, Papst Gregor, Bischof Au-
gustinus und, in Meditation versunken, Hie-
ronymus im Rot-Weiß eines Kardinals sowie
Bischof Ambrosius mit der breiten Stola der
griechischen Liturgie und einfachem schwarzem
Gewand. Ihnen gegenüber drängt sich eine
Menge Zuhörer aus verschiedenen Völkern,
Alter und Geschlechtern", die die Predigt mit
gctheilten iesinnungen anhören" 1778. Der
Engel mit Buch und das Goldgefäß unterhalb
des Altarsockels sind auf Paulus zu beziehen.
Das Programm von 1778 weist auf das Chri-
21
uuuwvvual ... o... ..p.,.....g...c...c...c
15 hin Dieser ist mir ein auserwähltes Ge-
fäß, damit er meinen Namen vor allen Völkern
verkündige." In der Höhe thront die Ecclesia
als Personifikation des Neuen Bundes auf Wol-
ken. Ihre Kennzeichen sind Kreuz, Kelch und
Hostie sowie die Heilige Schrift, die ein Engel
vorzeigt.
.., xpunaaua
Die dritte Hauptgruppe in der Mitte des Bil-
des Abb. 10 kann ebenfalls nur mit Hilfe der
Programmtexte, ferner der genannten Skizzen
und Zeichnungen gedeutet werden. Die Frau
mit Kindern links außen symbolisiert die Cari-
tas, hier jedoch wegen des Buches, das eines der
Kinder hält, speziell als Liebe zum Lernen"
1778 zu verstehen. Der blumenbekränzte
Jüngling mit Harfe bezeichnet den Duldungs-
geist, welcher viele ungleich thönende Saiten
der Cythar zusammenstimmet" 1778. Die
auf die Säule gestützte Frau stellt die
Stärke oder Standhaftigkeit dar. Rechts außen
zerbricht ein Engel Lanze und Pfeil über
dem Knie, ein Putto hält sid1 eine schwarze
Larve vor das Gesicht. Das Programm von 1778
berichtet nicht davon. Nach dem Programm von
1794 bedeuten Pfeile, Larven, Becher und
mehrere solcher Werkzeuge" die Abwege, auf
denen die Menschen straucheln und die sie oft
in den Abgrund der Verderbniß stürzen". Oben,
im Zentrum des Bildes, selbst im Original
kaum erkennbar, ahnt das Auge die Lid-irge-
stalt einer thronenden Frauenfigur, der alles
beherrschenden ewigen Weisheit".
Genau besehen handelt es sich also nicht um
eine Allegorie der Theologie, Wissenschaft und
Künste, sondern um die Offenbarung der ewi-
gen Weisheit in der Geschichte der Menschheit.
Diese Geschichte beginnt im gestaltlosen Dunkel
mit der Erschaffung des Menschengeschledrts
aus dem Urstoff Erde. Unter dem Einfluß des
göttlichen Lichtes wandelt sich die Menschheit
vom zügellosen, in Unvernunft dahinvegetie-
renden Triebwesen zur geordneten, dem Gesetz
unterworfenen Gesellschaft. Der königliche
Held Alexander der Große und sein hochge-
züchtetes Leibroß vertreten den neuen Zustand
einer äußeren Ordnung. Ihnen, denen Gewalt
und Stärke Macht über Mensch und Tier
verleihen, stehen die Heroen des Geistes gegen-
über, die die Ordnung des Lebens und des
Weltalls erforschen. Die erste Gruppe bilden
die Verächter vergänglicher Ehrenstellen, Be-
sitztümer und Eitelkeiten. Die Weisen des
Altertums auf der anderen Langseite vertreten
die vier klassischen Fakultäten Philosophie bzw.
Theologie, Medizin, Jurisprudenz und Natur-
Wissenschaften. Diesem Prozeß der natürli-
chen" Erleuchtung des Menschengeschlechts folgt
die unmittelbare Offenbarung der göttlichen
Weisheit in der Religion. Sie vollzieht sich am
deutlichsten im Alten und Neuen Bund, dort
noch verhüllt, in der Kirche Christi offen-
kundig. Der Quell des Lichtes, die göttliche
Weishcit, ist dem Menschen nicht sichtbar. Ihre
Kennzeichen sind Liehe, Toleranz, Standhaftig-
keit sowic der Kampf gegen das Laster. Von
ihrem Glanz lebt die gesamte Sdröpfung, die
dadurch der göttlichen Natur theilhaftig"
werden konnte.
So spröde dieses Programm für die Darstel-
lung im Bild zu sein scheint, für einen Maler
wie Maulbertsch bot es ungeahnte Möglich-
22
neue... u... ucscrmartc um nun Mrcucnwng um
Menschengeschledrtes wurde für ihn zur Dar-
stellung des Lichtes überhaupt in seinen zahl-
reichen Abstufungen und Nuancen. Die Skala
reicht von der blendenden Helligkeit, in der
sich die Form auflöst, über die volle farbige
Erscheinung der Dinge und Körper bis zum
Zwielicht und zur Dunkelheit. Gleißendes Licht
und schimmernde Reflexe gehören ebenso zu
seinem Repertoire wie die zarten Übergänge
gedämpfter Töne, das Auftauchen und Versin-
ken von Körpern in Helligkeit oder Nacht oder
die farbgesättigte unergründbare Atmosphäre.
Die literarische Vorlage wird gleichsam Punkt
für Punkt auf ihre optischen Werte hin abge-
tastet und in Licht und Farbe der Malerei über-
tragen. Nicht die Einkleidung abstrakter phi-
losophischer Begriffe oder historischer Namen
in Formen der gegenständlichen Welt bildet
das Hauptanliegen des Künstlers, sondern die
Ausdeutbarkeit in Farbe. Die Frage nach der
objektiven Ridrtigkeit und Wirklichkeitstreue
der Gestalten und Formen des Bildes interessiert
den Maler weniger als ihre farbige Realisation
unter dem Gesichtspunkt des Bildthemas. Selbst
unmittelbare bildkünstlerische Kategorien wie
Raum oder Bewegung verwandeln sich in farb-
liche Werte. Daß diese Priorität von Lidmt und
Farbe auf Kosten der Detailtreue und der
gleichmäßigen Deutlichkeit zustande kam,
braucht nicht zu verwundern. Das Bild wirkt
auf den ersten Blidc mehr wie ein köstliches
Farbenspiel, wie eine Parade von Farbe, Licht
und Bewegung, als wie eine gelehrte Mitteilung.
Erst bei wiederholtem Betrachten bemerkt man,
wie direkt, das heißt, mit welcher Ökonomie
an Gegenständlichkeit das philosophische Pro-
gramm in die Ausdruckswelt der Farbe über-
setzt wurde, wie eng sidr beide decken und wie
meisterhaft der Bildgedanke verwirklicht
wurde. Wenn etwa im Text von 1778 von den
fast verklärten Leibern" die Rede ist, welche
nahe an der ewigen Weisheit in den Strom
ihres unendlichen Lichtes gleichsam einge-
schmolzen, und so der göttlichen Natur theil-
haftig werden", so ist damit unter Berufung
auf den zweiten Petrusbrief, Kap. nicht
nur ein Leitsatz der damaligen dwristlidren Auf-
klärungsphilosophie ausgesprodren, sondern
auch Maulbertschs geniale Lichtmalerei trefflich
charakterisiert.
An dieser Leistung kommt der überaus per-
sönlichen Malweise und Maltechnik Maul-
bertsclrs nicht geringer Anteil zu". Das Bild
wird in einer geradezu altmeisterlichen Akribie
vorbereitet, die nichts mit der Bestimmung für
eine kurzlebige Kontrakts- oder Ausführungs-
grundlage für ein Fresko zu tun hat. Über die
feine Leinwand wurde ein siegelladtroter
Bolusgrund mit Quarz und Kalkspat gelegt,
darüber ein etwas dünnerer brauner Ocker-
grund unter Beimischung von Gips, Kreide und
Bleiweiß und schließlich ein leichter grauer
Grund aus Bleiweiß mit geringer Beimengung
von Kreide und einem undefinierbaren
Schwarzpigment.
Alle drei Gründe bedecken die ganze Leinwand-
fläche. Der Zwedt dieses umständlichen Ver-
fahrens ist nicht bekannt. Wir können nur
feststellen, daß es auf diese Weise gelungen ist,
auch die zartesten Zwischentöne und Lasuren,
vor allem die Dunkelwerte Braun, Braunlila
so typisd1en Einsinken in den Bolusgrund
bewahren. Andererseits konnten sich die pastc
sen, besonders die mit Weiß gemischten Partie
weniger fest mit der Grundierung verbindet
Kompakte Farbfläcl-ren im Bereich der Hellskal
neigen zur Runzelung der Oberfläche, ähnlic
der Hautbildung auf abgekochter Milch. Ar
stärksten betroffen wurden davon der lichr
Himmel zwischen Zentralgruppe und Architek
tur hinter der Pauluspredigt, die hellbeleucl
teten Säulen dieser Architektur und die Bilc
mitte um die Figur der göttlichen Weishe
Abb. und 10.
Für die Konstruktion der beiden Konchenar
chitekturen scheint sich Maulbertsch eines
niennetzes bedient zu haben, das mit leicl
tem Pinsel oder Stift auf den Graugrun
aufgetragen wurde. Durchgewachsene Pent
mente zeigen, daß Maulbertsch während de
Anfertigung der Skizze mehrfach Korrekture
vornahm. So wurde das Gebäude der Paulus
predigt erst nadrträglid-r der Konchenarchitek
tur der gegenüberliegenden Seite angeglichet
Zuerst war ein durchgehendes rückwärtige
Horizontalgebälk gemalt, während das vorder
Säulenpaar einen Rundbogen tragen sollte. An
dererseits scheinen einige Figuren, besonder
Putti und die göttliche Weisheit, von Anfan
an nur flüchtig angedeutet gewesen zu seit
wie überhaupt der gegenwärtige Zustand WElI
gehend dem originalen entsprechen dürfte. De
obere Teil der Leinwand mit der Pauluspredig
war irgendwann, vielleicht um eine bildmäßi
gere Wirkung zu erzielen, auf die Rückseit
umgeschlagen worden. Selbst die dabei ent
standenen Farbverluste sind verhältnismäßi
geringfügig und konnten bedenkenlos ergänz
werden. Unklar ist die Entstehung der gemal
ten Umrahmung. Einige Stellen, zum Beispie
die mit dem Pinselstiel eingekratzten Konsole
samt den Edtabrundungen, sind später hinzu
gemalt worden. Die rahmenden Gesimsstufei
waren aber von Anfang an mindestens vorge
sehen, wie einzelne Motive, etwa die darübe
ausgestreckten Beine, herunterhängenden Tüdre
oder Papiere beweisen. Ein störendes Penti
ment, das Landsdraft und Figuren kaum Z1
verdedten vermögen, ist dagegen die zweit
Stufe auf der Längsseite mit den Weisen de
Altertums. Auch im Bereich des Hintergrunde
und der Figurengruppen gibt es manche nur al
flüchtige Korrektur verständliche Unklarheit
Im ganzen macht das Bild den Eindruck eine
sorgsam vorbereiteten und nicht minder be
dächtig ausgeführten Gemäldes, das das Zeug
nis der Dokumente bestätigt, wonach Maul
bertsdr zur Anfertigung seiner Skizzen ebenso
viel Zeit benötigte wie für die Ausführung in
Fresko. In diesem Sinne dürfte auch die Mittei
lung Johann Ferdinand Schönfelds am 30. De
zember 1793 an den Abt von Strahov zu ver
stehen sein, Maulbertschs Skizzen seien nacl
Meinung von Hofrat Schneeter, der mit Schön
feld zusammen den Künstler in seiner Wiene
Werkstatt aufgesud-rt hatte, Meisterstüdre".
Der Vergleich der genannten Werke mit der
beiden gedruckten Freskobeschreibungen, den
Deckenbild in Strahov, der vermutlichen Nach
zeichnung des Freskos von Klosterbruck, der
beiden Ulskizzen in Prag und der Budapeste
Detailskizze, beweist, daß die Augsburger Fas
NG 10
z. a. O.. S. 176, Dokument CXll
I". Xhulhertteh. Die Offenbarung der cw-ululniu XXeis
Iota .1t Alte dlwtamenl. rkugslvilrg, lhuisrhr lh
galervc
F. Xlsnlhertsch, Die Offenbarung de Qultlitluiu wen
heit. ll- III Die Weisen der Altertums. .Miwlwnr.l. lx'llläxllt'
Barock irrte
Fazkvanllvcrisrlv, Dm Jflmharunt der qutilidleiv XXr
heit, Ilemvl- Al nlrr .1 und lhiqeur-s XiJAlvwS
Deutsche lhuvdäxlalenr
der Strahover Historischen Beschreibung" von
1797 auf das Fresko in Strahov ist noch
reicher bes ckt als die Beschreibung angibt
so beschränkt sich das Atigsburger Bild auf
wenige große Komplexe. Diese erfahren zur
meist auch eine andere Interpretation als in
lilosterbruck oder gar in Strahov, so daß der
inhaltliche Schwerpunkt merklich verschoben
wird. Die Beschreibungen der Fresken von Klo-
sterbruck und Strahov beginnen mit dem ersten
Mcnschenpaar und seinen Söhnen Kain und
Abel. Für den Betrachter der Fresken stehen
bzw. standen diese Gruppen jedoch nicht am
Anfang, sondern waren der Hauptgruppe des
Alten Testaments zugewiesen Abb. S. In
Augsburg fehlt dieses Motiv, sicher nicht zufäle
lig. Die Geschichte der Erschaffung des Men-
schengeschlechtes ist im Grunde durch die
Deukalioti-Pyrrha-Gruppe bereits vertreten.
Möglicherweise wurde bei der Ausführung des
Freskos in Klostcrbruck und Strahov diese
antike Version für eine Klosterbibliothek als zu
profan empfunden und durch die christliche
ergänzt. Andererseits konnte man auf die Mye
thologie nicht verzichten. sollte der rote Faden
zu den folgenden Gruppen nicht verlorengehen.
lieber entschloß man sich zur Verlegenheitse
lösung, die christliche Parallelstelle als gemaltes
Relief an anderer Stelle einzuschieben, selbst
wenn der Zyklus dadurch gestört wurde. Die
anschließende Gruppe der Tiermenschen be-
schränkt sich in Augsburg auf zwei aneinander
vorbeigaloppierende Kentauren und eine nidit
identifizierbare Halbfigur im Hintergrund. Die
Programme von Klosterbruck und Strahov füh-
ren anstelle des zweiten einen schlemmendeiW
und einen wollüstigt-n" Faunus an, ferner
eine Bacchantin und einen springenden Bock.
Das Thema wird nicht nur erweitert, sondern
mnralisiert. Dadurch geht die Möglichkeit ver-
loren, den zügellosen Tiermenschen den edlen
Bukephalos gegenüberzustellen und alle drei
Pferde zu einer Gruppe zu verbinden. Buke-
phalos, der in der Augsburger Fassung zur
nlichsten Gruppe iiherleitet, versinnbildlicht in
den Programmen von Klosterbrttck und Strahov
den Hochmut und die Unterdrückung der
Schwächeren, wie auch sein Herr zur Partei der
Gewaltherrscher geschlagen wird. Die Gesamt-
skizve in der Prager Nationalgalerie Abb.
und das Fresko in Strahov bilden aus Alexanv
der und Bukcphalos eine eigene Gruppe. zu
der noch Aristoteles im Staatsgewand eines
Höflings hinzutritt, während sich der Geld?
verachter Krates im Hintergrund hält. Welch
ein Verlust an Geschlossenheit gegenüber der
Xugsburger Fassung! Dort, und nur dort trifft
Alexander unmittelbar mit Diogenes Zusam-
men. die Macht mit dem Geist, und es ist das
Zeichen seiner Größe, daß sich der König dem
VXVCiSCiI unterlegen bekennt. Auch die anderen
Philosophen. Phanias, Demnkrit, Krates, gev
luiirr-vx '11 den Verärhrnrn der Firelkr-ir rlvr Kick-h
der nach der Beschreibung von 1778 andeuten
soll, daß die Lehre des Krates zwar Grund
habe, doch aber den Zeitpunkt ihrer Aufklä-
rung noch erwarte".
Diese Umstellung erklärt den wohl schwerwie-
gendsten Unterschied zwischen der Augsburger
und den übrigen Versionen Die Zentralgruppe
des Bildes, die göttliche Weisheit, wendet sich in
Augsburg der Alexander-Diogenes-Gruppe zu,
in der Nachzeitzhnung nach Klosterbruck, der
Prager Gesamtskizze und dem Fresko in
Strahov dagegen zur gegenüberliegenden Seite.
Alexander zählt in Augsburg zu den Erleuch-
teten, zusammen mit den Philosophen. Beide
Gruppen sind der göttlichen Weisheit teilhaftig,
die weltliche Macht und die geistige. Das ist
ein grundsätzlich anderes Programm als in
Klosterbruck oder Strahov. Dort werden die
Vertreter der vier Fakultäten, die Naturwissen-
schaftler, Forscher, Staatsmänner, Gesetzgeber
und die p0sitiven" Philosophen, Plato und
Sokrates, vom Himmel begünstigt. Während
die Augsburger Alexander-Diogenes-Gruppe
durch die Gehilfen der göttlichen Weisheit vor
den Lastern, angedeutet durch Larve, Speer und
Pfeil, beschützt wird, schüttet in der Freskobe-
schreibung von 1778, wie auch in der Nachzeidu-
nung für Klosterbrudt, ein Genius das Füllhorn
der oekonomischen Vortheile" über die Re-
präsentanten der Wissenschaften aus. Diese
Gruppe ist in Augsburg sichtlich unterbesetzt
und vernachlässigt gegenüber Klosterbrudt und
Strahov. Knapp die Hälfte läßt sich nament-
lidi benennen. Die Gestalten führen das Thema
der gegenüberliegenden Seite fort und variieren
es, dod1 ohne ein neues Kapitel aufzusdilagen.
Es fehlen hier die Szenen des rechtsdiaffenen
Sokrates im Kerker, umgeben von den trau-
ernden Freunden, oder das Familienidyll Kleo-
bolus und Kleoboline. Letzteres ist auch auf der
Nachzeidmung von Klosterbrudt dargestellt,
zusammen mit anderen in Augsburg unbekann-
ten Figuren.
Die zentrale Gruppe besteht in Augsburg Abb.
10 aus den Personifikationen der göttlidien
oder ewigen Weisheit, die Liebe zu Lernen, der
Toleranz oder Duldung, der Stärke oder Stand-
haftigkeit und des vernichteten Lasters. ln
Klosterbrudt wurden laut Besdireibung außer-
dem der Ruhm als Genius mit zwei Posaunen,
die Vernunft in Gestalt eines ernsthaften jüng-
lings mit der Flamme über der Stirn, der Wille
als junges Weib, die Wollust als Kind, ein
Genius mit Füllhorn, eine verschleierte Person
mit verschlossenem Budi, die liliengekrönte
Reinheit, die Andacht mit erhobenen Händen,
die Sanftmut als Lamm und ein Kind mit Gar-
ben als Früchte der Wissenschaft vorgeführt. Die
Brünner Nachzeichnung Winterhalters Abb.
12 gibt darüber leider ungenaue Auskunft.
Einige Motive scheinen zu fehlen, z. B. Ruhm
und Stärke, sofern sie nicht durch Beschnitt der
F. A. Mnulbcrtsdi, Die Offenbarung der göt
llClI, Detail m. Neue Testament. Augsbu
Barodtgalcric
mrmaiilbr-nsai, Offenbarung w.
im, 13mm m. An. Testament. Prag, s.
Plulosophisdirr Saal
inrerhalter m11 Maulberrsdi, Predigt des m. Paulus.
pesr, Sammlung Rudolf Bedö
Maulbertsdi, Die Offenbarung der götrlidien Weis-
Detail Das Neue Testament. Prag, Stift Strahnv.
sophisdier Saal
ANMERKUNG
K. Garas. a. a. 0., S. 119 f.
szene vernichtet. Das Fresko von Strahov
Abb. 11 schmückt dieses Motiv mit weiteren
Details aus. Zugleich erscheinen dort Fama
und Constantia. wieder, während das Füllhorn
fehlt. Die Prager Gesamtskizze, die ebenfalls
aus Strahov stammt, verzichtet auf die Kampf-
szene, behält aber Fama und Constantia. Die
übrigen Figuren stimmen auf allen drei Ver-
sionen so eng überein, daß sie auf eine ge-
meinsame Quelle zurückgehen müssen. Diese ist
wohl in der Prager Detailskizze zu erblicken,
die sich wiederum am einfachsten als eine Er-
weiterung der Klosterbrucker, durch Nadmzeich-
nung und Beschreibung belegten Fassung ver-
stehen läßt.
Auf jeden Fall gehören die Prager Gesamt-
und Detailskizze sowie das Strahover Fresko
eng zusammen, enger sogar als jede einzelne
von ihnen zu Klosterbrud-t. Klara Garas, die die
Prager Detailskizze mit jenem Klosterbrudter
Entwurf gleichsetzen möchte, den Maulbertscl-i
1794 dem Abt von Strahov verehrt hatte, be-
zeichnet sie als eine von der endgültigen Fas-
sung im Fresko abweichende separate Kreis-
komposition", also als vorbereitende Teilstudie.
Einzuordnen wäre sie demnach zwischen dem
bisher unbekannten ersten Entwurf für Kloster-
bruck und der Ausführung im Freslto. Dem
widerspricht die logische Entwicklung des ikono-
graphischen Programms. In der Augsburger
Version geht es darum, die Menschen nicht nur
mit den Tugenden der ewigen Weisheit zu
beglücken, sondern sie auch unter deren Einfluß
vor ihren eigenen Lastern zu bewahren. In
Klosterbrudt, im Fresko wie in der Beschrei-
bung, wird dagegen das Sinnbild des durch die
Vernunft vor der Wollust geretteten Willens
eingeführt. Die Menschen hier vor allem die
dem Staatswohl dienenden werden von der
ewigen Weisheit belohnt. Dieses Sinnbild be-
halten die weiteren Fassungen bei. Der in
zweien von ihnen vorgeführte Kampf der
Genien gegen Dämonen, Giganten und Men-
schen betrifft nidit mehr den Kampf zwischen
Vernunft und Verblendung im Innern des In-
dividuums, sondern nada dem Manuskript des
Strahover Programms den Kampf der ewigen
Weisheit gegen jene Gattung von Mensd-ien,
die alles, was nur immer Religion heißt, ver-
achten und gänzlich von sidi entfernen, da-
durch aber, daß sie sidi allen bösen, Leib und
Seele verderbenden Leidenschaften ergeben und
ganz überlassen, ihren gänzlidien Untergang
selbst zuziehen". Die Druckausgabe von 1797
erweitert diesen handschriftlidzen Text durch
die Gleidisetzung der Verdammten mit den
Withenden Neufranken und ihren verderbli-
chen Grundsätzen". Darunter sind letztlid1
wohl unter dem Eindrudt der Französisdien Re-
volutionskriege dieselben Anhänger der Auf-
'rung gemeint, deren Ideale zuvor in den
früheren Fassungen des Bildthemas so hoch ge-
Detailskizze auf das späte Fresko von Strahov
und nicht auf Klosterbruck zu beziehen. Die
Probe aufs Exempel liefert Joseph Winter-
halters Fresko im Bibliothekssaal im nieder-
österreichischen Prämonstratenserkloster Geras
Abb. 14 von 1805 V3. Winterhalter hatte
bekanntlich 1792 auf Wunsch des Abtes Mayer
von Strahov das Fresko in Klosterbrudt ko-
piert, um danach den Bibliothekssaal in
Strahov grau in grau auszumalen. Der Auf-
trag zerschlug sich zu Maulbertschs Gunsten,
Winterhalter sollte erst zwölf Jahre später da-
mit in Geras zum Zuge kommen. Programmtext
und Nachzeichnung des Klosterbrudter Freskos
bestätigen, daß sidn Winterhalter in Geras zu-
meist an das ältere Vorbild gehalten, aber auch
die jüngere Fassung von Strahov studiert hatte.
Der gelehrige Maulbertsch-Nachahmer zwängt
das umfangreiche Programm in die zweiteilige
Kreiskomposition eines Kuppelfreskos. Im äu-
ßeren, steinfarbig gemalten Ring versammelt er
die Repräsentanten des Altertums und, durch
bunte Farben hervorgehoben, des Alten Testa-
ments. Alexander und Diogenes gehören noch
zusammen wie auf dem Augsburger Bild, auch
der Levitendiener" mit dem Opfertier er-
scheint wieder. Aus Salomo wurde, vielleicht
infolge einer Ungenauigkeit beim Kopieren,
eine Sängerin mit halb entblößtem Busen.
Glaube, Hoffnung und Liebe sind auf die be-
nachbarten Wandfelder verwiesen. Den inneren
Ring hinter dem steinfarbigen Scheingesims
nehmen die Großen der christlichen Religion
ein Paulus in Athen, Petrus, die Kirchenvater
und anonyme Füllfiguren; darüber, getreu dem
Text von 1778, der Genius mit dem Füllhorn,
der Wille als junges Weib, Vernunft und Wol-
lust, der Ruhm mit Doppeltrompete, die hande-
faltende Andacht, die liliengekrönte Rein-
heit als Putto, die Sanftmut als Lamm. Der
Putto mit dem Füllhorn ersetzt vielleidit das
einen schweren Garben durch die Luft tra-
gende Kind" des Programms von 1778, das
die gesammelten Früchte der Wissenschaften
anzeigen soll. Die sitzende Frauengestalt mit
Schleier und Buch ist ebenfalls 1778 genannt
Scheingründe, Wahn und Irrtum verschwin-
den welches in jener Person ausgedrücket ist,
von dessen Gesicht ein Engelchen den Sd1leyer
wegzieht und ein anderes das verschlossene
Buch eröffnet; in welchem der Mensch bessere
Tugenden kennenlernet". Die Larve unterhalb
der Frauengestalt kommt ebenfalls schon in der
Augsburger Skizze vor. Zur Prager Detail-
skizze hingegen bestehen über die aus dem
Klosterbrucker Fresko übernommenen Motive
hinaus keine Beziehungen. Der Dämonen- und
Titanensturz fehlt.
Wenn damit ein weiterer Beleg für die Spät-
datierung der Detailskizze gewonnen ist, so
liegt die größere Bedeutung von Geras in der
erneuten Abwandlung des Themas. Die göttli-
che Weisheit und der Duldungsgeist, die beiden
Leitfiguren der bisherigen Folge, sind ver-
schwunden. Die Quelle des Lichtes bildet jetzt
das Christuskind mit Kreuz und Palme im
Strahlenkranz. Die Ecclesia der Augsburger
Fassung ist zur Religion mit dem Evangelium
erhöht, der Engel des Alten Testaments zum
geschwisterlich sich anschmiegenden Herold des
wahren Glaubens. Aus dem göttergleidien Ge-
nius der Duldung aber ist ein demiitiger Engel
26
mit niedergeschlagenen Augen, Gesetzestafeln
und Lamm geworden. Das Zeitalter, in dem
eine alles erschaffende Weisheit und Güte"
als das Erhabenste betrachtet wurde, was dem
ordentlichen Nachdenken des Menschen auf-
fallen konnte" 1778, ist vorüber.
Winterhalter möchten wir auch die Detailskizze
mit der Predigt des hl. Paulus zuweisen Ab-
bildung die sich in Budapester Privatbesitz
befindetlß. Für Maulbertsch selbst darf man
sie nicht beanspruchen, wie jeder Strich der ent-
sprechenden Partien in Augsburg bezeugt.
Zum Erweis der Kopie genüge der Vergleich
der Architektur, des Engels oder des Hierony-
mus. Winterhalters unverkennbare Handschrift
charakterisieren dieselben Vergröberungen, die
auch seine Zeichnungen von denen seines Lehrers
unterscheiden. Eine 1778 datierte und signierte
Vision des hl. Augustinus" im Mährischen
Museum zu Brünn" stimmt in den ovalen
Kopfformen, im Schnitt von Nasen und Augen,
in der Kleinheit der Hände und in der müden
Faltengebung der Gewänder eng mit der kaum
später zu datierenden Budapester Detailkopie
überein. Wahrscheinlich hatte sich Winterhalter
dazu die Augsburger Fassung zum Vorbild
genommen. Bei Maulbertschs bekannter Impro-
visationsfreude ist nicht damit zu rechnen, daß
die Ausführung im Fresko genau nach der
Skizze erfolgt war, auch beschreibt das Pro-
gramm von 1778 einen anderen Architektur-
hintergrund und mehr Figuren.
Daß das Augsburger Bild an den Beginn der
Reihe zu setzen ist, wird durch eine scheinbar
negative Eigenschaft bestätigt Es legt nicht nur
den geringsten Wert auf genaue Angabe zu
Person und Sache, sondern verhält sich auch am
gleiohgültigsten zur historischen Treue". Als
Kulisse für die zeitlidi weit auseinanderliegen-
den Gruppen des Alten und Neuen Testaments
verwendet sie ein und denselben barocken,
durch nachträgliche Korrekturen sogar verein-
heitlid1ten Architekturhintergrund. In der Pra-
ger Gesamtskizze Abb. verzichtet die alt-
testamentarische Gruppe mit Moses und Aaron
auf den architektonisdien Hintergrund. Im
Fresko von Strahov Abb. wird sie von
einer Zeltwand hinterfangen und die zuge-
hörige Historische Beschreibung" weiß, daß
damit der leicht bewegliche Tempel" vor-
gestellt wird, dessen sich die Israeliten auf
ihrer Flucht in die Wüste bedienten, um ihren
äußerlichen Gottesdienst nach Anordnung Got-
tes zu verrichten". Der mit Abschlaehtung des
Opferthiers beschäftigte Levitendiener" 1778
ist verschwunden, ebenso die Spitzendecke und
das Gesetzbuch auf dem Altar des Moses. Jetzt
stehen steinerne Tafeln auf antikischem
Steinsodtel, die Bundeslade ist archäologisch
korrigiert, der siebenarmige Leuchter darf
nicht mehr fehlen. Oben sdiwebt ein ziemlich
altes Weib" als Symbol des Alten Bundes.
Das Fresko vollends mutet wie ein historisches
Lehrstück an, das das Zentralthenia in mög-
lichst zahlreid1en Beispielen zu veranschaulichen
sucht. Den wichtigsten Unterschied zu den vor-
hergehenden Fassungen bildet dic Einfügung
von Figuren und Gruppen, die sich auf die
aktuelle historische Situation, auf die Person
des Auftraggebers, auf das Stift, auf Böhmen
und Usterreidi beziehen Der Sturz der "Neu-
franken", Bildnis, Gedenkstein und Fahne mit
Wappen des Abtes, die Landespatrone
dius, Wenzel, Ludmilla, Johann von N1
der Ordensstifter Norbert. Auch die
Philosophen, Wissenschaftler und Gesi
rer wurde vermehrt. Dadurch gelang
Komposition gegenüber der Prager
skizze in die Länge zu ziehen und di
des Bibliothekssaales auf allen Seiten
mäßig zu füllen. Mit 19 Klafter Lang
Klafter Breite etwa 32,3 15,30
Klosterbrucker Saal gut doppelt so
breit. Der Saal in Strahov dagege
32 10 also mehr als das Dreifz
Breite. Von den Entwürfen kommt da
burger Bild mit 151 73,5 cm den Pr
nen des Freskos in Klosterbruck am
Die Prager Gesamtskizze mit 166,8
schließt sich in den gedrungenen Propi
weder Klosterbruck noch Strahov an.
man darin eine oder die Vorlage für da.
von Strahov, so muß man annehmen,
Maler die Ausmaße der dortigen De
nächst unbekannt waren. Eine solche
rung würde auch verständlich machen,
die zusätzlichen Figuren und Motive vt
in die Längsseite des Freskos eingereiht
wobei die thematische und komposition
schlossenheit empfindliche Einbußen erli
Hinter der zunehmenden Historisiert
Themas steht indessen nicht nur der all
Zug der Malerei jener Zeit zur Geh
sondern nicht minder der Einfluß der
geber und ihrer Berater. Die Historis
klärung" des Klosterbrucker Freskos
dortigen Prämonstratenserpater Gregc
bert Korber zugewiesen, der seit 1766
lebte und zu den Vorkämpfern der kir
Reformbestrebungen in den Habsburg
dern gehörteß. Das Manuskript der
sehen Erklärung" für Strahov stammt
scheinlich von dem dortigen Prämonstr
pater Gottfried Johann Dlabacz, dem
teur des 1815 erschienenen Allgemci
storischen Künstler-Lexikons für Böhms
Autor der Drudtausgabe von 1797 kon
Strahover Prior Dr. Gilbert Luschka
werden. Der lebhafte Sdiriftwechs
Mihaly Balasovits, Sekretär des
Karoly Esterhäzy, aus den Jahren
1783 über die Ausmalung der Kirche
enthüllt den Umfang der Abhängigk
Künstlers von seinen Auftraggebern.
wieder muß Maulbertsch die Skizzen
ren. Am 24. Juli 1782 versichert er dem
tlir ich Habe nach aller meglichkeit de
Vorschriften gefolget, auch das Daugli
der Remischen Zeichnung bei behalti
heilligkeit, die stille ordnung, das Ken
der Kleidung, Und Wirdtsame bedeittt
Historie..."". Durch den Brief des
Johannes Szily in Steinamanger vom 17
ber 1791 mußte er sich sogar belehren
daß zu Zeiten des Pauli noch kein Pa;
lich war"". Von solchem Nachhilfeun
läßt die Augsburger Skizze noch nidits
nen. Es gibt im Gegenteil sogar Anzeicl
für, daß Maulbertsch selbst das Aug
Programm einfacher und allgemeiner
pretiert hatte, als es die gedruckte Erl
von 1778 annehmen läßt.
Der Wandel im Kompositionsstil wi
klarsten siditbar im Verhältnis der
t. Maulbertseh, Die Offenbarung göttlldlnn ww-
Detail Nllttelgruppe vor Restaurierung. Augs-
DCLIKSÖIC ßarodtgalerie
x. Maulhcrtsdi, Die Otlenbarung der göttlichen Weis-
Detilil Mlttelgruppe. Prag, Siiil Strahuv, Philosophi-
Saa
KUNGEN 12-16
reichisdie Kunsttopographit, v. m. Denkmale
usbezirke Eggenburg und Geras. Wien um. s. 1115.
n. Vgl. K. Garni. a. a. 0.. s. m. Anm. Sßwle
aras, joseph Winterhalter, Bulletin du Muse National
rnis des Beaux-Arts, Budapest 1959, s. 7x.
aras, a. a. 0., s. 157, Nr. 1x0, rl. xv. P. PYEISS.
0., s. 233 mit Abb.
aras, Joseph Winterhalter a. a. 0., s9. Abb. ss.
ellungskatalog Malirsrvi 18. stoleti na Morave 1c sbirek
wie galerie Malerei des 1a. Jahrhunderts in Mähren,
ien Sammlungen Mährisduen Galerie, Brünn was.
mit Abb. Vgl. auch m. Verkündigung an Joachim.
lnd wo Wmterhzlter das Augsburger Freskomodell ken-
lernt hat, wissen wir nidit. Vielleidit beruht die Her-
sangabe auf au" Verwcdlslung und... Maulbertsds-
Lt-idler und Winterhalter und war letzterer der erste
'cr Bildes.
t-iss. z. a. 0., s. zu i.
ans, a. a. O., S. Z6, Dokument LXXXVHI.
untereinander und zum Raum. In Augsburg
sind die Figuren jeder Seite zu einer großen,
weiträumigen Gruppe zusammengefaßt. Deu-
kaleon und Pyrrha entsteigen dem Dunkel,
indem sie sich nadl rechts dem Kentaurenpaar
zuwenden. Dieses wieder ist durch Bukephalos
auf die zentrale Alexander-Diogenes-Gruppe
bezogen. Krates rechts außen leitet zu dem
linken Philosophen auf dem gegenüberliegenden
Flußufer über, in dessen Begleiter, einer bild-
auswärts gerichteten Rückenfigur, die Bewe-
gung zum Stillstand kommt. Zugleich stellt
diese Figur die Verbindung zur Gruppe des
Neuen Testaments an der Schmalseite her. Das-
selbe gilt für die gegenüberliegende Langseite
Außen befindet sich je eine zur anschließenden
Hauptgruppe der Schmalseiten blickende Sitz-
figur als Silhouette, in ihrem Rüdten je eine
zur Mitte orientierte Gruppe. Die Mittelgruppe,
zwei sidu überkreuzende Figuren, wird von
Assistenzfiguren in der Tiefe flankiert. Die drei
Hauptgruppen der Schmalseiten und der Bild-
mitte bauen sich pyramidenförmig auf. Altes
und Neues Testament bedienen sich der pom-
pösen Hintergrundsarchitektur wie eines Ver-
stärkers. Die ewige Weisheit dagegen substan-
zialisiert sich aus Licht und Raum. Durch das-
selbe Licht erhalten die Körper Form und Farbe,
durch denselben Raum werden sie miteinander
verbunden. Raumabgrenzende, raumdurchbre-
chende und raumhaltige Motive, Gebirge und
Mauern, Bäume und Busd1werk, Fenster und
Balustraden, Kuppeln und Wolkentriditer fol-
gen einander in ähnlich bewegtem Rhythmus
wie die Figurengruppen. Kein Detail steht für
sich, jedes ist der größeren Ordnung eingebun-
den. Das Ganze ist vor seinen Teilen da, in
idealer Übereinstimmung von Darstellungspro-
gramm, Lichtführung, Figurenkomposition und
den übrigen Elementen des Bildes. Die Kompo-
sition hebt an, klingt ab, gipfelt, beruhigt sich,
steigt erneut empor, drängt nadn vorn, schwingt
zurück, ohne irgendwo abzubrechen. Ein kon-
tinuierlicher Wechsel von Hell und Dunkel,
Farbe und Ton, Form und Raum belebt das
Bild und bezieht es auf das lichtgesättigte Zen-
trum. Alle Figuren, Gruppen, Staffagen und
Landschaftsmotive sind einem gemeinsamen
Bildraum eingebunden und von einem gemein-
samen Himmel überspannt.
Die Farbigkeit folgt dem gleichen Prinzip. Aus
der umlaufenden dunklen Randzone leuchten
die Farbflecke der Figuren heraus, wobei dem
verschieden intensiven Rot die Funktion eines
verbindenden und ordnenden Faktors zufällt.
Die vielschichtige, bewegte und raumhaltige
Randzone geht über in einen weiten Himmel
reinsten, tiefsten Blaus. Die Architektur beider
Kuppelgebäude erglänzt davor in blendendem
Weiß, als stünde sie im Licht eines wolken-
losen Wintertages. Die letzte Steigerung bringt
das Zentrum des Bildes. Als größte Helligkeit
wirkt das kühle Gold im Gewand der Con-
stantia über dem Schneeweiß der Wolke, ver-
stärkt durch den Gegensatz zur verschatteten
Gestalt des Phanias darunter. Die Sonne dieses
Himmels bildet das warme Gold der Gött1id1en
Weisheit, das die thronende Lichtgestalt wie
ein iiberirdischer Heiligenschein umlodert.
In der Prager Gesamtskizze und mehr noch im
Fresko von Strahov haftet das Bildgeschehen
stärker an den Rändern. Szene auf Szene folgt
in gleichmäßiger Reihung, jede Gruppe wird
für sich gelesen und setzt sich von der nädlsten
und vorhergehenden ab. Die Methode gemahnt
an die Versidierung des Malers gegenüber sei-
nem Auftraggeber, dem Bischof Johannes Szily,
vom 2. Oktober 1791 Ich habe gesucht, unge-
27
aditet der zimlich reichen Grubien Gruppen,
in Jidem Blat den anstendigen Blatz Platz bei
zu behalten, um alle unordnung zu vermeiden
und dem auge eine geneme Ruehe zu ver-
sd1affen..."'7. Infolgedessen genießen über-
schaubare, exakte, geschlossene Formen den
Vorrang vor ausgreifenden, raumverspannen-
den und bewegten. Die farbengesättigte Atmo-
sphäre weicht gleichmäßiger Helligkeit. Die
Akzente verteilen sich über die ganze Bild-
fläche. Es genügt der Vergleich der Kentauren-
oder Diogenesgruppen, um den Prozeß der
Klärung, Beruhigung und Isolierung zu er-
messen.
Alle diese Symptome weisen das Augsburger
Bild an den Beginn der mit Klosterbruck und
Strahov in Verbindung zu bringenden Arbei-
ten. Damit ist zwar ein terminus ante quem"
gewonnen, wieviele Jahre vor 1778 das Bild
anzusetzen ist, wissen wir aber nicht. An den
Möbeln der Bibliothekseinridrtung von Klo-
sterbruck hatte der Teschwitzer Kunsttisdiler
Lahofer beinahe zehn Jahre lang gearbeitet und
erst danadi vermodite Maulbertsch die Aus-
malung des Raumes im Jahre 1778 in Angriff
zu nehmenms. Der Beginn der Verhandlungen
zwisdmen dem Auftraggeber, Abt Gregor Lam-
bed-t, und Maulbertsch ist unbekannt. Wir
müssen mit der Möglidüteit rechnen, daß der
Auftrag in einem frühen Stadium der Planung
erteilt wurde, da Maulbertsch mit Klosterbrudt
seit langem in enger Verbindung stand. 1765
hatte er das Refektorium des Stifts, 1776177 im
Auftrag des Abtes die Pfarrkirche zu Mühl-
fraun ausgemalt. Es ist nicht einmal auszu-
schließen, daß der Augsburger Entwurf für ein
anderes, nidit mehr bekanntes Unternehmen
vorgesehen war, wenngleich die ziemlich er-
schöpfenden Quellen keinen Anhalt dafür er-
geben und die Übereinstimmung der Proportio-
nen mit dem Fresko in Klosterbruck stark ins
Gewicht fällt.
Der Typus der gemalten Eckkonsolen, eine vor-
kragende Volute mit Zopfgirlande, kann erst
1791 bei den Fresken im bischöflichen Palast
zu Steinamanger" nachgewiesen werden. Vor-
formen finden sich 1772173 in der Architektur-
malerei der Kathedrale zu Raab und 1776177
in Miihlfraun. In den Pendentivmalereien der
Propsteikirche Pöltenberg von 1766" erschei-
nen anstelle der strengen Zopfgirlanden noch
leichte Blumengirlanden. Auch die Voluten
wirken freier, als quellende, plastische Gebilde
von schwer benennbarer Form. Für die Datie-
rung des Augsburger Bildes ist damit wenig
gewonnen, da das Ornament hier auf eine
spätere, wenngleich von Maulbertsch selbst
stammende Korrektur zurückgehen dürfte.
Ebensowenig präzise Ergebnisse erbringt der
Motivvergleidi. Maulbertsch hat, ähnlich Gran
oder Troger, mandie Figuren und Gruppen
jahrzehntelang fast stereotyp wiederholt, oft
nur die Attribute ausgewechselt. Den Augs-
burger Engel des Alten Bundes finden wir mit
leichten Variationen schon 1757158 in Heiligen-
kreuz-Guttenbrunn, um 1768 auf einer Zeich-
nung der Wiener Albertina mit dem hl. Stephan
und Maria, 1775 als blumenstreuenden Engel
oberhalb des Allianzwappens auf dem Haupt-
fresko im Riesensaal der Innsbrucker Hofburg
oder noch 1795 auf der Ölskizze für das nach
Maulbertschs Tod von Winterhalter ausgeführte
28
Kuppelfrcsko der Kathedrale zu Steinam-
anger". Die Ablösung des zierlichen, ovalen
Gesichtstypus mit kleinem Kopf und punkt-
artigen, lebhaften Augen durch den kantigen,
meist dreieckigen und scharfgeschnittenen Ty-
pus mit gerader Stirn und Nase erfolgt vor
1770. In den zerstörten Fresken der Dresdener
Hofkirche war er bereits vollzogen, ohne daß
der ältere Typus sofort aufgegeben worden
wäre. Für die Runzelung der Farboberfläche
lassen sich Beispiele vor allem im Spätwerk
feststellen 2'. Die splitterartig aufgesetzten Lich-
ter des Inkarnats, etwa beim Augsburger Dio-
genes, kennen wir seit den frühen siebziger
Jahren.
Besonders erschwerend wirkt sich der Mangel an
gesicherten Gesamtskizzen dieser Zeit aus. Meist
handelt es sich um bozzettohaft flüchtige Ar-
beitsstudien, wie die Berliner Detailskizze mit
den ungarischen Heiligen für das Fresko der
Kathedrale zu Raab von 1773 oder die Stutt-
garter Skizze der Glorifikation Josephs II.
von 1777 h. Schade, daß für das zerstörte
Fresko der Dresdener I-lofkitche von 1770
keine Ulskizze erhalten blieb. Den Fotografien
zufolge kam dieses Werk dem Stil der Augs-
burger Skizze besonders nahe, während das
Fresko in der Innsbrudter Hofburg von
1775176 in der Verhärtung der Konturen, den
scharfen Farben und der gleid-imäßigen Hellig-
keit des Hintergrundes über Augsburg eher
hinauszuführen scheint. Ein schlüssiges Urteil
ist jedoch in Anbetracht der Unterschiede zwi-
schen Freskostil und der Malweise bildmäßiger
Ölskizzen nicht zu fällen. Solange kein neues,
geeignetes Vergleichsmaterial auftaucht, wird
man sid1 mit der durch die Ausführung nahe-
gelegten Datierung gegen 1778" abfinden müs-
Sen.
Um das Augsburger Bild einzuordnen, bedarf es
auch des Vergleichs mit den vorangehenden Ar-
beiten. Die thematischen und motivischen Wur-
zeln des Bildes reichen weit zurück. So taucht
der Gedanke der Gegenüberstellung des Alten
und Neuen Bundes sdion 1752 im ersten
Großauftrag des jungen Malers, dem Fresko
der Hauptkuppel in der Wiener Piaristenkirche,
auf". Wie in Augsburg werden die beiden
beherrschenden Gruppen von prunkvollen Ar-
chitekturen hinterfangen und ausgezeichnet. Der
Typus dieser Phantasiebauten stimmt in beiden
Werken weitgehend überein. In Wien ist je-
doch die Konchenardiitektur mit den Säulen
dem Alten Bund, die in Augsburg nachträglich
zur zweiten Konche umgewandelte Bogenardii-
tektur mit Pilastern hingegen dem Neuen Bund
zugeteilt. Aus der Gruppe der Kirchenväter
gibt sich der sitzende, in Meditation versunkene
Hieronymus als Vorbild für Augsburg zu er-
kennen. Auch das Motiv des über die Stufen
gebreiteten Orientteppid1s oder der in den
Raum hinausragenden Beine ist in der Piaristen-
kirche schon da. Die Gruppe des Alten Bundes
besteht aus denselben Personen wie in Augs-
burg, dod1 fehlt Noah, während die in Augs-
burg durch Deukaleon und Pyrrha ersetzten
Stammeseltern Adam und Eva den Auftakt
bilden und die Königin von Saba Salomo zu-
gesellt ist. Josua stürmt zu Pferd einher, wie
denn die ganze Gruppe von gewaltiger Erre-
gung ergriffen ist. Der hünenhafte Alte, der den
Opferstier tötet und als Elias bezeichnet wird,
kehrt im Augsburger Bild wieder, im PI
von 1778 wird er als Levitendieri
zeichnet.
An dieser Figur wird erneut deutlich,
Maulbertsdis eigener Anteil an der K0
des Augsburger Bildes gewesen sein
Kommentator des Programms für Klos
konnte die Gestalt entweder nicht
oder wollte sie nicht als Propheten Eli
nehmen. Jedenfalls taufte er sie um,
aus der Welt schaffen oder ihre Notwe
an dieser Stelle begründen zu können
und blieb ein aus Maulbertschs eigener S1
phantasie zu erklärendes Relikt, das er
späten Fassung von Strahov entfiel. Da
Altes und Neues Testament wurde 176
Hauptkuppel der Pfarrkirche zu SCIIWI
jedenfalls der Interpretation ihrer 1786
nenen Historischen Besdireibung" zu1
bei unterschiedlicher Darstellung im Si
Augsburger Programms weitergeführt
Beschreibung trennt zwischen dem nat
Gesetz" mit Adam und Eva, Abrah
Isaak, Melchisedech und zwei nicht ider
baren Patriarchen. dem gesdiriebenen
mit Moses und dem neuen Gesetz"
Dreifaltigkeit und den göttlichen
Glaube, Hoffnung und Liebe. Das
kind schwebt in einer Lichtkugel,
ganze Bild beleuchtet. Winterhalter,
Schwecliat bereits als Mitarbeiter beze
übernahm dieses Motiv und das auf dei
ruhende Lamm Gottes ein halbes Jahr
später in Geras.
Der zweite Motivkreis, die Einbeziehi
antiken Gelehrsamkeit in die christlidu
geschichte, ist vor Klosterbruck bzv
Augsburger Bild im Werke Maulbertsc
nachweisbar. Zwar pflegte auch Mau
von Anfang an die barocke Allegori
Berufung auf die antiken Götterpersi
tionen. In seiner Kölner Allegorie des
und der Wahrheit", einer frühen Ölski
ein unbekanntes Fresko, verkörpert API
Licht, Hermes überbringt den göttliche
trag an die Wahrheit, die Dämonen
wissenheit stürzen in die Nacht und
Wahrheit sucht sich durch eine Larve Zl
zen 25. Kaum zehn Jahre danach im Bibl
fresko des Barnabitenklosters Mistelba
11 i. WIIHCXIIIIICX rirrii Mriiilbrrrsai, Die omrib.
göttlichen Weisheit. iariiiiri, Mährisdie Galerie
11 r. A. Miulbtrlidl, Die garrliiiir Weisheit. Prag.
galerie
14 J. Winterbalter, Die orrrribririirig der garrliriirii
sriir Geras Niederösterreidi, Bibliothek
ANMERKUNGEN 17-30 Anm. 31, 32 s. S. 30
K. Garas, a. a. 0., S. 271, Dokument CXXVIII.
"K. Garas. z. z. 0., s. 116.
K. Garas, i. a. 0.. Abb. 262, 229, 238, 1211-114.
"K. Garas, a. a. 0., Abb. 17, 1x0, 213, 113.
So die von K. Garas für Klosterbruck beansprudn
xlullc 1h der Pra r-r Nationalgalerie Garas, a. i.
246 oder das mo ello eines Nikolausalrarblarrs in
lriiiir Dr. kiirr Rosszdier, Salzburg Garas, a. a. 0..
K. Garas. a. a. 0., Nr. 268. Abb. 228 und Nr. 291
K. Garas. a. a. 0., Nr. 18, Abb. 34.
K. Garax, a. a. O., Nr. 170, Dokument XXXII
Abb. 141.
K. Garas, i. a. 0., Nr. Abb. 17.
k. Garls, a. a. 0.. Nr. 125, Abb. 1211-130.
"Hmisrrlnbr. Die barudtc Fresltornalerei in DEIN
Miiiidirii 1951, s. 2371i.
k. Gzras, a. 1. 0., s. a4. k. Garas, Gregorio
Arrii HISXOHIE Arririri-i, 1x, ßiisiapssr 1963. s.
w. Mrarek, KHIISI IllS Üsterreida, Barocke Dedn
Bad VÖSlIII 1961. Abb. 34-37.
k. Garas, a. a. 0., Nr. 111, 216, Abb. 1x7.
K. Gans. a. a. 0.. Nr. 176, Abb. 150. Vgl. beso
Gestalt du ..Vollkomri-ieriheir'.
zu nnnier neuen ronnunerungen anspinnen
sollte, die These von der Vereinbarkeit des
christlichen Dogmas und der menschlichen Ver-
nunft. Auch dafür gab es seit langem Vorbilder
in der österreichischen wie der süddeutschen
Barockrnalerei, auf denen zumeist Religion und
Wissenschaften in geschwisterlicher Eintracht
dargestellt waren. Das Mistelbacher Pro-
gramm ist moderner und trotz aller poetisch
spielerischen Unbefangenheit doktrinärer. Als
Quell des Wissens erscheint die göttliche Weis-
heit, auch ewige Weisheit, divina providentia,
göttlidie Vorsidit genannt, symbolisiert durch
das Auge Gottes und die Aufsdirift dominus
super aquas". Der Liditgott Apollo vermittelt
den göttlichen Quell an die Wissenschaft und an
die Zeit. Die Vernunft erweckt damit den
Fleiß und die Geduld, die Unvernunft vergeu-
det es, mit Gottes Hilfe beginnt die Zukunft.
Dieses Programm erinnert zu sehr an das
Augsburger, als daß nicht direkte Bezüge an-
genommen werden müßten. Das Auge Gottes
wird in Augsburg durch die sitzende Frauen-
figur der göttlidien Weisheit vertreten, der
geduldige Fleiß durch die Beharrlichkeit, die
Übermittlung an die Zukunft durch die Liebe
zum Lernen". Der Engel, der Speer und Pfeil
zerbricht, steht für die Vernunft, der Jüngling
mit der Harfe für Apollo. Die Umdeutung
zum Duldungsgeist" ist vielleicht weniger das
Werk des Malers als das des Interpreten.
Die antiken Vertreter der vier Fakultäten wur-
den 1755156 von Gregorio Guglielmi im gro-
ßen Festsaal des Wiener Universitätsgebäudes
dargestellt". Das auf ein ausführlidies Pro-
gramm Pietro Metastasios zuriickgehende
Ftesko versammelt die klassischen Repräsen-
tanten von Theologie, Jurisprudenz, Medizin
und Naturwissenschaften auf hervorkragenden
Steinardiitekturen mit hohen Treppensodteln
zur Diskussion. Maulbertsch hat im gleichen
Gebäude zwei repräsentative Aufträge ausge-
führt das Dedxenfresko im Ratssaal der Aka-
demie der Künste von 1759 und ein zweites
1766 im Theologiesaal, dem zweitgrößten
Raum der Universität". Hier stellt er, wohl
unter Guglielmis Einfluß, das Thema der ewi-
gen Weisheit mittels eines fatto", der Taufe
Christi, dar. Das Wasser wird zum Symbol der
göttlichen Weisheit, deren der Christ durch die
Taufe teilhaftig wird. Audi in anderen Werken
ist Guglielmis Einfluß auf Maulbertsch nadi-
weisbar, besonders in den Figurentypen des nur
in einer Ulskizze Abb. 15 belegten, zerstörten
Frekos im Refektorium zu Klosterbrud-t von
176530. Am unmittelbarsten wirkt Guglielmis
Fakultätenbild in den Bibliotheksfresken von
Klosterbrudt und Strahov sowie in dem Augs-
hurger Entwurf nach, doch sind bei Maulbertsch
die Wissenschaftler nicht in geschlossenen Fa-
kultäten zusammengefaßt, auda leben die Wis-
senschaften nicht vom Glanz der kaiserlichen
Gnade, sondern vom Lidit der göttlid-ien Weis-
heitßl.
Die divina providentia" gehört seit spätestens
1759 zu Maulbertschs festem Repertoire. Im
Lehensaal der bischöflichen Residenz zu Krem-
ciavßg nnnlra an 41...- J-m "mlmJa-"l." 12.-...
ll VJ, iiacii iiceiiuiguiig KALI lllUMllkrll lll JLJJYVM'
chat, entstehen die Fresken im Speisesaal des
Stiftes Klosterbruck, von denen nur noch eine
Beschreibung von 1849 und die erwähnte Öl-
skizze Abb. 15 zum dritten Bildfeld eine Vor-
stellung vermittelna". Hier erblickte man in
dem hellen Glanz die göttliche Vorsicht mit
ihrem alles regierenden Zepter, zu welcher die
Vollkommenheit, um die Belohnung der ge-
sammelten Früchten ihre Tugenden zu empfan-
gen, emporsdiwebt". Ferner treten auf das
wahre Evangelium, die wahre Einsicht mit
segnendem Herzen, die Treue, die Liebe, die
Stärke, die Andacht also eine dem Augs-
burger Bild nahekommende Versammlung von
Tugenden. 1775176 malt Maulbertsch die Vor-
sicht auf ihrem Wolkenthron bey welchem
Die Eintracht und Liebe verwunderen sitzen,
und denen Der Genius des Ruhms den Triumf
zeigt; weswegen auch Die Belohnung entgegen
kömmt" im Hauptfresko des Riesensaals der
Hofburg zu Innsbruck". Der Genius des
Ruhms" fehlt in Augsburg, nicht aber im ge-
drudtten Programm von Klosterbrudt, desglei-
chen die Belohnung". Der Brünner Nachzeitrh-
nung zufolge gehörte im Klosterbrucker Fresko
auch eine gewappnete weibliche Figur, wohl
Minerva, zum Gefolge der Tugenden, die wir
zwar in Innsbruck neben dem Genius des Ruhms
antreffen, in Augsburg aber nicht.
Minerva, Fama und die entmachtete Unwissen-
heit umgeben schon 1750, auf dem Preisbild des
jungen Maulbertsch im Wettbewerb der Wie-
ner Kunstakademie, die Hauptfigur, eine thro-
nende lichte Frauengestalt mit Krone und Zep-
ter. Das Gemälde ist zwar verschollen, doch
dürfte die Grisaille-Skizze der Sammlung Reu-
schel im Bayerischen Nationalmuseum München
als Entwurf anzusprechen sein 35. Solche
Apotheosen der Kunstakademien gehörten seit
dem 17. Jahrhundert bereits zum festen Re-
pertoire selbst der deutschen Malerei 36. Für
Maulbertsch aber bedeuteten sie eine willkom-
mene Möglichkeit, seiner hohen Meinung über
die Aufgabe der Kunst Ausdruck zu verleihen.
Nicht zufällig bildet die sitzende Frauengestalt,
hier wohl als Allegorie der Akademie anzu-
sprechen, den Prototypus der Göttlichen Weis-
heit" der späteren Werke. Die Akademiebilder
der nächsten 20 Jahre beweisen, wie eng beide
Themen für ihn zusammengehörten.
Auf dem Deckengemälde im Ratssaal des Wie-
ner Universitätsgebäudes, das Maulbertsch 1759
als Aufnahmestück für die Mitgliedschaft der
Kunstakademie geliefert hatte, präsidiert als
Hauptfigur die gekrönte Belohnerinn auf
einem über Stuffen erhobenen Thronew". Die
Belohnung gehörte aber in den Programmen
von Klosterbruck 1765 und Innsbrudt 1775176
zu den Charakteristika und Vorrechten der
divina providentia, die dort wie in dem Aka-
demiebild im Hauptlichte" sitzend dargestellt
wurde. Auch die Huldgöttinnen" der ein-
zelnen Künste und der Akademie wurden auf
dem Gemälde laut Weinkopfs Beschreibung
30
bis an die Sonne geführt", ähnlich den Tugen-
den in den späten Apotheosen der göttlichen
Weisheit.
Eine direkte Verbindung besteht zwischen der
Grisaille Allegorie der Kunst" in der Wiener
Akademiegnlerie, Maulbertsdis Aufnahmestüdt
für die Kupferstecherakadernie Jakob Schmut-
zers von 1770 im, und dem Fresko V0n Kloster-
bruck in Winterhalters Nachzeichnung. Auf
der Grisaille versucht ein Kind, die Iugeud",
gemeinsam mit dem Neid, die von einem Lehrer
geführte Kunst daran zu hindern, von der
Ausspenderin der Güther" ihre Belohnung
entgegenzunchmen, während die Faulheit be-
trunken schlafend am Boden liegt und Fama
den Ruhm der Freigebigkeit verkündet. ln
Klosterbruck schüttet die Freigebigkeit ihr Füll-
horn statt über die Kunst über die Philosophen
und Wissenschaftler aus, während das junge
Weib den Willen repräsentiert und vom Ge-
nius der Vernunft der ewigen Weisheit zuge-
führt wird, wovon es wiederum ein dreister
Knabe" zurückzuhalten trachtet. Die be-
trunkcne Faulheit, mit Stab und Weinkrug wie
auf dem Augsburger Bild, erscheint als rohe
Natur der Tiermenschen in Klosterbruck und
Strahov wieder. Das Schicksal der Kunst und
die Erleudutung des Menschengesdalechts sind
also auswechselbare Vorstellungen Kunst und
Kunstakademie dienen gleich Wissenschaften
und Religion den göttlichen Zielen der ewigen
Weisheit.
All diese Werke bestätigen zwar die Vermu-
tung, daß das Augsburger Bild als Modell des
zerstörten Bibliotheksfreskos von 1778 in Klo-
sterbruck anzusprechen sei. Sie zeigen aber auch,
daß die Unterschiede trotz der engen Bezüge
zwischen beiden größer und grundsätzlicherer
Natur sind, als es auf den ersten Blidt erschei-
nen mag. Das Augsburger Gemälde wäre auch
ohne Kenntnis des Klosterbrucker Programms
von 1778 in großen Zügen verständlich, weil
seine wichtigsten Elemente in Maulbertschs frü-
herem Schaffen vorgebildet sind und zur ikono-
IS F. Ä.hl3lllbEfK9d1, Allegorie der iroiiliihtrri Weishei
isrrrreidiisdii- Galerie
ANMFRKUNGEN 31741
lin Zusammenhang mit der Frage nadi Maullierischs
dem inuß außer auf Franz. Joseph Spiuglct vgl.
hart, Zur Geschichte der Barndtmrili-rei am Buden
Äuixlßllungikälälüg birriar irii brirliriiiriiriilrri-i,
1'363. s. 20 iiii MBUllSCHSClIS. iIii-riri Lirrdiriiiiiri
Espcrlin m7 lhgüldlrlgßh Odüf Uüßßtnlu bei ßibt
1775 13.1 t-l? vbrvrieien werden. st-iii 1753 iliiit-r
iiglUCHPS Gemälde, AlEXClHdff iiria DHJQUHUS, irri
museum Friedrichshafen Katalog Joseph hspcrlin,
in der Riil 197, Nr. 21 eriiiiierr Null illt-r Uiiir
stark an die AlExander-UlugenrS-Äruppv des Au-
Bildes vgl. Typus und Kleidung Alexanders, die
iiit dCH Rlidten gtlltgtßn rbairi-ri iiirrii. iiria i-iili
nibgi-iibi, sibhrbiipigrri iirid Krieger rriir 1.11178 BlS
dr-ii iidi iiiibiiirrii-rriirii biilrbpiiiirin, 1131i riiiriinirrrii
mvinsanie Quelle angenommen wi-nlrn darl. Auf den
der Marii-ngeburt in Sdici-r a. d. flonaii stellt er 1747
dieselbe Szene der am Herd btidialtigii-n Magd
Mniilbcrtsdi 1761 in seinem Frr-sko Christus im Hau
thns im Kefektotlum des Wiener Piaristi-iiklostcrs
Gatas, a. a. 0., Nr. 113, Ahh. 137. Wit- dicse Zus
hinge Iu etltlzircn sind, ist vorerst nidii lcittti-llbar.
Allegorie des von der Vernunlt geführten Willens in
i-irir. i-rripiirriiiwibt-iiiiir. 1111111011 wi-ibi-r iriiiiirr
Triumph der Wahrheit aus dem llilili-rzykln iur Ma
Mi-dii-i 1621-1626 llS Vbrbilrl gi-dii-iii liabr-ri vgl.
denbiirg, 1'. P. Rubens, Klassiker der Kunst. Sluttga
iiii. O. 1., Abb. s. 2s3.
K. GJFRS, i. i. 0., Nr. 110, nbkiirrii-i-ir XXIV,
Abb. iin, iis.
K. Girii, i. i. 0., Nr. 176, 177, Jokiirrirrii xxx
S. 2477, Abb. 150.
K. Garas, a. a. Nr.186. Dokument LXl, S. 254,
K. Gatas, a. a. Nr. 17. Abb. 15.
Vgl. Kltlllig Augibklfgrf Bdifüds, Allgäbllfp. was.
ssa, Abb. 184, o9.
K. ciris, .1. l. 0., Nr. 111, urrkiiirii-rir xx.
er K. ciris, i. i. 0.. Nr. 240, l0lllml.'nl XL, Abb. 2i
K. 15,2. E1. 0.. Nr. 330, Abb. 2x1,
K. am, l. i. 0., Nr. 315, Abb. ziiz-ziiir.
Vgl. n. GJYCIS, i. 0., Nr. 19, Abb. Nr. 92.
Nr. iis, Abb. 122, Nr. 123, Abb. 126; Nr. 124. A1
Nr. 31a, Abb. 276; Nr. 35H, Abb. 294; Nr. 174, AI
41 B. Bushart, Gestalter zwisdicn den Tpodien. Die
tun Bilder" des Franz Anton Maiilhi-rtsdi, Bodensee-l
1940, 5,1l ff.
K. GBIBS, i. i. 0., s.
ischen Grundausstattung der damaligen
nmalerei gehören. Wohl würde man we-
Philosophen namentlich benennen können,
uldungsgeist als Apollo bzw. Gott des
oder Schirmherr der Musen interpretie-
id in der Liebe zum Lernen" die tradi-
Caritas erblicken, der Sinn der Darstel-
bliebe jedoch derselbe Die Erleuchtung
lenschheit im Altertum, im Alten und
Testament durch die göttlid1e Weisheit.
iresko in Klosterbruck hingegen verkün-
ine ganze philosophische Doktrin und er-
sie anhand zahlreicher Beispiele. Deut-
ein missionarischer Eifer der Belehrung
lekehrung zu erkennen, der dem Wort
das Bild zu Hilfe kommen möchte. Die
erische Einheit des Gemäldes gerät in
ikt mit dem Bestreben nach gedankli-
Tiefgang, die Details drohen das Ganze
rrwuchern.
eine müßige Frage, inwieweit Maulbertsch
Entwicklung in ihrer ganzen Konsequenz
oder bejaht hat. Gerade dieser Vollblut-
der der schwäbisch-phonetischen Ortho-
ie seiner Briefe zufolge gewiß kein Mann
iichergelehrsamkeit gewesen war, scheint
deen der Aufklärung leidenschaftlich zu-
gewesen zu sein. Wohl haben Auftrag-
Kunsttheorien der Akademie, die Re-
estrebungen unter Joseph II. entscheidend
iner Einstellung beigetragen, dem muß
rine ebenso große Bereitwilligkeit Maul-
is vorangegangen sein. Das beharrliche
ien um Veranschaulichung dieser Gedan-
rlt im Schaffen des Meisters beweist es.
1785 im gleidien Jahre entstand
irs menschheitsverbindende Ode an die
in hoher Auflage gedruckten und
eines großen Flugblatts aufgemachten
ändigen Radierung mit dem Bild der
ngw", einem allegorischen Lobpreis des
inzedikts von 1781, bekannte sich Maul-
als einziger seiner Kollegen offen und
zu den Zielen der Aufklärung. Wir haben
Grund zur Annahme, daß er nicht auch
omplizierte, in der Legende erläuterte
ikenprogramm entworfen habe. Kurz zu-
den Fresken des bischöflichen Festsaals
einamanger von 17834", hatte er si-
in Übereinstimmung mit dem von ihm
eschätzten Auftraggeber Bischof Szily
he Thesen entwickelt. lm kreisrunden
feld erscheint wieder, wie in Kremsier,
"ittliche Weisheit, diesmal in Gesellschaft
lten und Neuen Bundes, der Liebe, des
lusses, der Zeit und des Ruhmes. Unter-
Iler Kuppelöffnung folgen auf dem Ge-
ier allegorische Gruppen aus dem Aufklä-
irogramm Der göttlichen Weisheit ent-
;esetzt und von ihr nicht erreichbar, ver-
rt eine schlafende Frau vor dem Sternen-
ng der Nacht, von tanzenden und lüster-
aunen umgeben, die rohe, unaufgeklärte
Über der nächsten Gruppe schwebt eine
ntschleiernde, lichtumflossene Frauenge-
die wohl als die Aufklärung zu bezeich-
t. Der Putto neben ihr schleudert Blitze
die Götzendiener zu Füßen eines Jupiter-
iildes. Der aus dem Propheten Elias zum
indiener des Alten Bundes umfunktio-
kniende Rückenakt wird hier, mit Lor-
beerkranz geschmückt, als Opferdiener den un-
erleuchteten Heiden zugeteilt. In der Mitte
ruht eine der bezauberndsten Erfindungen
des alten Maulbertsch ein junges Weib auf
weichem Lager und betrachtet ihr Bild im Spie-
gel, den eine Dienerin ihr vorhält. Spiegel und
Frau lassen sich eher auf die Veritas als, wie
Garas vorsdtlägt, die Vanitas beziehen. Der
fadtelsdiwingende Genius rednts, der mit mäch-
tigem Flügelsdilag mordlustige Krieger ver-
treibt, dürfte die Vernunft darstellen. In der
Radierung der Duldung" kehrt er wieder als
der Führer der Aufklärung. Die Gruppe der
dritten Seite, die vier Erdteile unter Führung
Europas, betrachtet gespannt diesen Kampf.
Die vierte Seite stellt die Herrschaft der ver-
nunftgeleiteten wahren Religion dar, einer
majestätischen Frauengestalt mit der Flamme
der Vernunft über der Stirne, deren Thron
Gerechtigkeit, Sanftmut und die Bistumspatrone
umgeben, während ein Genius unbekannter
Bedeutung die Verbindung zur Mittelgruppe
schafft.
Auch ohne die vielen Werke, zumeist Skizzen,
heranzuziehen, in denen verwandte Gedanken-
gänge mehr schleierhaft oder nur am Rande
wirksam sind", steht außer Zweifel, daß das
Aufklärungsthema in Maulbertschs spätem
Schaffen einen bevorzugten Platz einnimmt.
Die Versuchung ist groß auch der Verfasser
bekennt, ihr erlegen zu sein dieses Spät-
werk Maulbertschs in schroffen Gegensatz zu
seinem übrigen Schaffen zu stellen und einen
zwangsläufigen Stil- und Qualitlitsbruch zu
konstatieren. Das Augsburger Bild vermag die-
sen Eindruck zu revidieren, indem es sich als
zentraler Schnittpunkt weitreichender Entwick-
lungslinien von der Frühzeit bis zu den letzten
Werken des Malers zu erkennen gibt. Begreift
man Maulbertschs Leben als Einheit, bestimmt
von dem leidensdiaftlichen Engagement des
Künstlers für die Erneuerung des christlichen
Weltbildes des Barocks, so wird auch seine Be-
mühung um Darstellung der Aufklärungs-
ideen verständlich. Maulbertschs Credo bildet
die Überzeugung von der Reformbedürftigkeit
des Überkommenen und von der Vereinbarkeit
von Religion und Vernunft. Von Anfang an
stehen das Erlebnis des religiösen Mysteriums
und der Glaube an den Sieg des Lichtes und
der Wahrheit im Mittelpunkt seiner Bemühun-
gen. Beide bedeuten für ihn zusammengehörige
Werte, Emanatiorien ein und derselben welten-
lenkenden Kraft, nicht aber sich bekämpfende
oder ausschließende Gegensätze. Dieser indivi-
duellen, mitreißenden statt militanten Gläu-
bigkeit entspricht sein durch und durch per-
sönlicher Stil, ein malerischer, rationell nicht zu
begründender Subjektivismus, die edelsteinartig
funkelnden, tief leudatenden Farben, die er-
regten Gesten und machtvollen Gebärden, Form
und Handlung verwandeln sich unter seinem
Pinsel in Licht, Farbe und Bewegung. Diese
Lichtmalerei, die um 1760-1770 eine gewisse
Beruhigung im Sinne einer formalen und farh-
lichen Präzisierung erhalten hatte, eignete sich
wie keine andere dafür, die Ideen der Auf-
klärungslehre in Farbe und Form zu überset-
zen. Was Oskar Kokoschka im Hinblick auf
Maulbertschs frühe Fresken in der Wiener
Piaristenkirche betroffen konstatierte Die Ge-
schichte vom Menschen ist im Wesen identisch
mit der Erfahrung des Lichtes" gilt nicht
weniger für Maulbertschs Spätwerk und speziell
für das Augsburger Gemälde.
Hatte Maulbertsch die Ausdrucksmöglichkeiten
des farbigen Lichtes stets sd1on in immer neuer
Interpretation dem Thema seiner Bilder dienst-
bar zu machen verstanden, so wendet er sie hier
auf ein spröderes und zugleich konkreteres Ge-
biet an, das einerseits ein großes Maß an Prä-
zision und Verständlichkeit bedingte, anderer-
seits aber wie kein anderes seine Fähigkeiten
zur Umsetzung gedanklicher Vorstellungen in
optische Werte herausforderte. Hauptbegriffe
der Aufklärungsphilosophie, wie Licht der Ver-
nunft, Dunkel der Unwissenheit, Klarheit des
Denkens, Glanz des Göttlichen, ließen sich un-
mittelbar in die Ausdrucksskala seiner Malerei
übertragen. Das Wort Aufklärung" selbst,
mehr noch die französischen und englischen
Synonyma 6clairissement", siecle des lumieres"
oder enlightenment" entstammen ebenfalls
dem visuellen Bereich. Gerade in den fortschritt-
lichen Kreisen des Wiener Hofes, des Klerus
und der Akademie, also bei Maulbertschs
Hauptauftraggebern, hatten die Ideen der Auf-
klärung früh Aufnahme gefunden. In dem
Maße, in dem auch Maulbertsch sie sidu zu
eigen machte, verwandelte sich der Stil seiner
Malerei. Helligkeit, Klarheit, Deutlichkeit,
Abklärung und Verklärung heißen die Maximen
seiner letzten Werke. Dem Verlust an Leiden-
schaftlichkeit der Aussage und Intensität der
Farbigkeit steht ein Gewinn an malerisdien Er-
rungensdiaften gegenüber, der über seine Zeit
hinaus weit ins 19. Jahrhundert hineinweist.
Um ein Höchstmaß an Helligkeit zu erreichen,
werden, wie schon bei dem Gesicht des Diogenes
auf dem Augsburger Bild, die Farben in neben-
einanderliegende Flecken, Striche und Punkte
zerlegt. Dieses an die Malweise der Impressio-
nistcn und Pointillisten gemahnende Verfahren
wird vor allem in den späten Leinwandbildern
und Ülskizzen zur Meisterschaft entwickelt.
Beglückt bekennt Maulbertsch 1791 dem Bischof
Szily, das Bild des Martinsaltars für den
neuen Dom zu Steinamanger sei wie ein heller
Dag".
Das unermüdliche Suchen nach neuen Aus-
drucksmitteln für die neuen Bildideen, das die
späten Werke nicht weniger deutlich erkennen
lassen als die umfangreiche Korrespondenz mit
den Auftraggebern, sichert Maulbertsch den
ersten Platz unter den deutschen Malern seiner
Zeit, weit vor Januarius Zick, Martin Knoller
und selbst dem Abgott des Jahrhunderts, Anton
Raffael Mengs. Im gleichen Jahre 1791, als
Maulbertsch sein Bild hell wie der Dag" ge-
lungen war, vollendet Wolfgang Amadeus Mo-
zart die Zauberflöte. Dieses Werk kommt dem
späten Maulbertsch nahe wie kein anderes
seiner Zeit. Auch Mozart war es geglückt, das
Thema vom Sieg des Lichtes über das Reich
der Nacht, vom Kampf der Wahrheit und
Schönheit gegen Aberglauben und Gewalt, von
der Allmacht der Weltweisheit und der Ver-
pflichtung zur Toleranz aus dem Bereich wohl-
gemeinter Bildungsprogramme heraus unmittel-
bar in die Sprache der Kunst zu übertragen.
Wenn irgendwo, so wird in der Zusammen-
sdiau beider Werke die Berechtigung erkenn-
bar, die Namen dieser Großen in einem Atem
zu nennen.
31
ter Noever
WIENER
wlDERGROUND-SOCIETY
Wiener Underground-Society ist im eigenen Land
rehmäht. Ungeachtet dieser Tatsache haben die
eiten dieser Künstler die Entwicklung verschie-
er Bereiche wiederholt beeinflußt. Auf den inter-
ianalen Kunstrnärlrten sind sie erfolgreich und
irchtet. PETER NOEVER, welcher wiederholt mit
bedeutendsten Kräften der Wiener Underground-
iety, wie HOLLEIN und PICHLER, kooperierte,
rentiert hier die profiliertesten Underground-
istler. Im folgenden Beitrag werden die Arbeiten
MAX PEINTNER Architekt und Designer,
NHARD PRIESSNITZ Dichter, ERNST GRAF
signer, ARNULF RAINER Maler und HANS
LLEIN Architekt und Umweltgestalter vorge-
lt. Über WALTER PICHLER und seine im Juni
I. stattfindendenAusstellungen im Museum des
Jahrhunderts, Wien, und in der Galerie nächst
Stephan bringen wir einen gesonderten Bericht.
lruu Htl IILI llcLlxslJcblgll, unu-vu suzenu
Perfekte Kommunikation Essen mit GRAF. PETER
NOEVER links und ERNST GRAF rechts
Literaturgespräch bei einem Stehviertel. PETER
NOEVER links mit REINHARD PRIESSNITZ rechts
Gemeinsamer Besuch der Ausstellung ARNULF
RAlNER-FACES-FARCES in der Galerie nächst
St. Stephan. PETER NOEVER links und ARNULF
RAINER rechts
PEINTNERS Praiekte sind SOS-Signale. Sie sind Kri-
tik an der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung.
Gleichzeitig dokumentieren sie auch den Widersinn
der sogenannten Zielsetzung unseres Gesellschafts-
systems. Außer Zweifel beinhaltet Peintners Arbeit
Sehnsucht und Hoffnung, Hoffnung nach einer
Welt ohne Erstarrung in vorgetäuschter Permanenz
und vorgetäuschtem Wechsel. Einer Welt ohne
Angst vor der Jugend und ohne Angst vor dem
Alter.
Peintner sagt, daß es Zeit ist, von der Verletzung
der Naturgesetze zumindest zu träumen. Er ist sich
darüber im klaren, daß man über den Träumen
nicht die Realität vergessen darf. Er sagt, er weiß,
daß wir Ordnungen erfinden könnten, die uns mit-
einander und mit der Natur verbinden. Wir könnten
wieder Umwelten bauen, die unserem Zusammen"
leben nicht im Wege stehen. Nur müßten wir vieles
neu lernen und noch mehr vergessen. Das Leben ist
so beweglich, so fließend und so kurz, daß es sinn-
los ist, darin so starre Systeme aufzubauen wie
wir es tun. Wir bauen für die Ewigkeit, und meie
stens Gefängnisse,
Er denkt an eine Stadt aus Räumen, die ineinander
übergehen, ahne Türen und ohne Schlösser, durch
die man geht wie durch einen Traum.
Wo man ißt, trinkt, Musik hört, miteinander redet,
einander berührt, miteinander schläft, ruht oder
arbeitet.
Wo Arbeit nicht darin besteht, unendliche Mühe
an dem Aufbau überflüssiger Systeme zu ver-
schwenden, die man für unsterblich hält. Im Grunde
ist ieder von uns überzeugt, daß ihn sein Reise-
5,6
paß oder die Summe seiner Steuererkli
überleben wird. Das ist absurd.
VERDUNKLUNG AMERIKAS durch stationäre
sische Satellitenkontinente Anfangsphase
AUTOBETT. Autofahrt wird auf die Schlaf
wand proiiziert. Begleitung durch Geräus-
Vibration. Kühlerhaube wird mitproiiziert,
zu sparen. Regelung der Filmgeschwindigke
das Gaspedal. Die Pedale links zum Uberho
ÜberhaV-Film
SEE MIT GENEIGTEM WASSERSPIEGEL. Di
landschaftliche Dominante und ermöglicht
ten van Wassersport. Aufbau des Antigravi
feldes durch Aggregate im Bild rechts. Fell
nachts oder an Wochentagen abgeschaltet
REINHARD PRIESSNITZ
Mit literarischen Aktionen hat REINHARD
NITZ das Publikum aus seiner Lethargie gi
bewußt gelangweilt und enerviert. Das fo
an ms
NZ rÄ
Krumm-m..- Kmu
Friihxllirfsgtil 31a;-
Riintirrnllyns rrmß
Ä"'"ll7r'ix'rl1
lößlich des im April 1967 in Wien abgehalte
ZoclW-HappeningFestivols statt, dessen Ziel
u. a. war, die Zuschauer zu aktivieren. Das
seiner literarischen Arbeiten, vor allem die
letzten Zeit, in denen sich Prießnitz in der Ha
sache mit der Determiniertheit seiner Emptindur
durch die Grammatik bzw. durch den Spracl
brauch auseinandersetzt, ist, jene zu überwini
Um derartiges zu erreichen, versucht Prießnitz
formalen literarischen Mitteln das von ihm
mutete Abhängigkeitsverhältnis aufzuzeigen. Sc
Prießnitz an der Demonstration des Reizes
interessiert als an dessen Reaktion.
Obwohl sein Anteil an der Kommunikation
gesellschaftliche und sprachliche Regeln testge
ist etwa durch Konventionen ist es seine
sicht, diese zu durchbrechen vor allem dort,
ihm Verhalten und Wirklichkeit vorgeschrie
scheinen. Prießnitz behält sich in gewisser
vor, am Prozeß des Verstehens teilzuhaben wa
in seinen Arbeiten darzustellen trachtet, ist gle
zeitig eine Lebensform, die seinen Umgang mit
Gesellschaft bestimmt. Für ihn besteht zwisi
lisdit mit dem was 12'
dem REINHARD PRlESSNlTZ ..
weisser mund? weisser ei 13
gar ich frage nach zeit der ieselligkeitsaktion im Wiener Pruter. PRII
wenn 311;; 31-1153" dem niit dem Maler CHRISTIAN ATTERSEE ui
Happening-Speziatisten HERMANN NlTSCH
PRIESSNITZ im Gespräch rnit dem Reisetul
"Ein" Aktion UGANDA-TOMORROW, dem Kunst
lßldß-isrelllsvßr 31110 TRUCK PAWLOV KALB. Anlaßlich des tur
ßlverflixt Rübe aupt früh gangene Jahr geplanten, iedoch nicht stattg
.7 weisse zunge Btveildien 50 nen Weihnachts-HappeningFestes UGAN
MORROW wurden die bedeutendsten osti
schen Undergraund-Künstler in Uganda erwa
15
ARNULF RAINER Porträt Prießnitz für Pr
was idi weisse ilchen
sträusse Zungen eis lidit
"nerdielippen ERNSTGRAF
oder wass ich es ist Design ist in erster Linie Kommunikation. Di
bewußte Gestaltung von Produkten und SitL
wird der Designer zum Autor einer bes
Botschaft. Design ist so gesehen ein Verstanc
mittel zwischen Gleichgesinnten.
ein morg zerbrochen ganz
sag doch nidit ein
mit dem was idi weis
-'öl'"si'wßs?w'nnidl ERNST GRAF bedeutet Kommunikation se
ßlwß wßwvnnldüwas-WC Er ISl bemuht, zu verstehen und verstari
uten mor en? so werden. Um neue Kommunikatiansverbir
herzustellen, scheint ihm nahezu iedes
iedes Mittel recht zu sein.
GRAF gestaltet immer wieder PERSONENBI
NES DESIGN. Design tur seine Freunde. D0
langt er kein Honorar. Grat sieht darin i.
eine Möglichkeit, seine durch Design vei
Botschaft auf den Einpfanger auszuriditen
Fur seinen Freund KEN DONAHUE eritwart
Brille. Durch die besondere KOOSHUKHOH
Biille muß Danahue, der einaugig ist, keii
auge mehr tragen, wos für ihn mit großen
weiss 81 nidit einmal
zen verbunden war.
In iungster Zeit ist Grat bemuht, Koniinuni
verbindungen ohne den Umweg über die
herzustellen.
Bezeichnend datur ist sein Projekt Take ti
Venice". Nach Erhalt eines 30.000eSchilling
rars tur einen Design-Auftrag hat er spont
Freunde, die er am gleichen Tag getiott
tur einen Tag nach Venedig eingeladen. Er
nizierte mit seinen Freunden und teilte sein
rar mit ihnen.
Sein Ausgangspunkt und sein Ziel ist die
Grat versucht iedoch den direkten Weg zu
Für ihn gibt es keine Trennung mehi zwiscl
beit und Vergnügen. Er löst sich immer mehr
Kunst zu produzieren, Er will keine Derikmi
will leben, und das in größtmöglichen Freihei
GRAF Das Kunstwerk bin ich selbst".
16
Proiekt zur Reduzierung der Langeweile
PEINTNER, 1959. Winterbetahrung der Dar
Schlauchboot.
l7
Projekt Take friend ta Venice" mit
PICHLER, HEINZ FRANK, MAX PEINTNER,
STlAN REDER und dem Autor dieses Artikel
Calamba", Venedig
18
GRAFeBrille aus Silber und Schildpcitt tu
DONAHUE
19
Kleid aus Leder und Chrom für die Frau
kannten Dichters OSSI WIENER.
20
GRAF Das Kunstwerk bin ich selbst."
ölligen Verdunklung, obwohl er längst vergessen
al, was darunter war. So arbeilel er leidenschaft-
ch an der Ubermcllung einer Übermalung nicht
zu zerstören, sondern um zu vervollkommnen.
ainer, der nachls wegen der vielen halbfertigen
Werke kaum mehr schlafen kann, wird so lange
Seil HOLLEIN in der Architektur föäig ist,
Architektur nicht mehr das, was sie einv
Für Hollein beschränk! sich das Archi
sduehen nicht auf Baukörper. Zum Leidwes
seiner Ardniiekienkollegen hat er mit der
icht zur Ruhe kommen, bis er sämtliche verkauften
ilder zur Vervollkommnung, d. h. zur nochmaligen
bermalung, zurückerhalten hat. Er zahlt für diese
ilder ein Vielfaches des jeweiligen Kaufwertes!
bedeutender das Bild, um so schwieriger ist ieder
eitere Schritt bis zur völligen Geschlossenheit
rst jahrelange Arbeit an einem Werk löscht alle
illigen oder kostbaren Effekte. Rainer, gegenwärtig
uch mit anderen künstlerischen Arbeiten beschäf-
gt, wie mit Kärper- und Gesichtsübermalungen,
ialt an den noch in seinem Besitz befindlichen Wer;
en durchschnittlich einen Pinselstrich pro Monat.
ei seinen iüngsten Ausstellungen in der Galerie
chöttle in München und der Galerie nächst Sankt
tephan in Wien überraschte Rainer vor allem die
ebhaber psvchopathalogischer Kunst mit photo-
raphischen Selbstporträts. Diese Photos sind unter
roßen Schwierigkeiten entstanden. Rainer war da-
ials nahezu täglich nachts auf dem Südbahnhof
nzutreffen, wo er einen Photaautomaten für die
nfertigung seiner Selbstporträts verwendete, ie-
och bei seiner Arbeit, die äußerste Konzentration
es Künstlers beansprucht, immer wieder von Schau-
istigen gestört wurde. Um Rainer in Zukunft unge-
örtes Arbeiten zu ermöglichen, hat nun ein Wie-
er Fhotounternehmen im Housflur des Rainer-
teliers in der Mariahilferstraße einen Photoauto-
iaten aufgestellt.
iegenwärtig zum Redaktionsschluß die Red.
ereitet sich Rainer auf die kommende Ballsaison
ar. Er hat bereits prominenten Politikern und Künst-
tl'l'l zu einem Honorar von 3500 Schilling für den
Ypernball Gesichtsübermalungen angeboten Ko-
en für Garderobe können dadurch stark reduziert
erden. Als erster hat sich Graf Jan Bernadotte
zontan bereit erklärt, Rainer sein Gesicht für eine
bermalung zur Verfügung zu stellen.
hermalt inn rhwnwlwniß 195D
len Definition der Architektur und ihrer be
Mittel Schluß gemacht. Hollein setzt iede
bare Medium ein, um die Lösung bestimn
weltprobleme zu erreichen.
Holleins Anstrengungen gelten der Umwelt
samtheit und den Medien, die sie bestimrr
Fernsehen wie dem künstlichen Klima, de
portationen wie der Kleidung, dem Telep
der Behausung. So sieht Hollein zum Beispi
Entwicklung der Raumkapseln und insbeson
Raumanzuges ein Beispiel neuer Medien
weltbestimmung. Hier wird eine Behaus
schaffen, die weitaus perfekter als iedes
ist außerdem eine umfassende Kontr
Körperwärme, der Nahrungszufuhr und
verwertung, des Wohlbefindens dergle
extremsten Umständen bietet, verbunden rv
Maximum an Mobilität.
Hollein weist immer wieder darauf hin,
kumentiert dies vielleicht am anschaulichst
seine Arbeit, daß viele Bereiche außerl
Bauens in die Architektur" eingreifen,
seits die Architektur und die Architekten
Bereich erfassen.
HOLLEIN ALLES IST ARCHITEKTUR.
Architekten". Auch SIE, verehrter Leser!
24
lm Besitz des bekannten New Yorker P1
Claes Oldenburg HOLLElN-Proiekt
trägerstadt in niederösterreichischer Landsct
25, 26, 27
HOLLElN-Office transportabel-universalle
möglichkeiten
Ankunft Holleiins Büro befindet sich
neben dem Pilotensitz stehenden Koffer
Der Büroraum wird aufgeblasen HOLLElN
28
Eine auf der ganzen Welt gültige HOLLE
mnrlce Prniekt nrler Wirlelirhlmit?
Rehefformalnon 1969
Formohonen der LClndSChUÜ, Kavigiaios, Kram 1966
Beriff Schönheit" ist aus der Terminologie
heutigen Kunstkritik verschwunden. Reinheit und
irheit, Fröhlichkeit und Freiheit, Obiektivität und
be sind Warte, die man selten bei der Beschrei-
1g der Werke eines modernen Künstlers gebrau-
th kann. Sie müssen fehlen in den Äußerungen
Menschen, die die Zerrissenheit, den Zwang,
Schreckliche in unserer Gesellschaft schildern
llen und ihr verhaftet sind. Künstlern und Kriti-
die nach dem Ausdruck unserer Zeit im Kunst-
rk suchen, müssen diese Termini altmodisch und
er weltfremden Gesinnung angehörig erscheinen.
sind in unserer Gesellschaft verpönt.
nnoch leben diese Werte in unserem Inneren und
heute so darstellungsfähig und würdig wie eh
ie in den Werken alter Meister. Sie werden als
xhrheiten sichtbar für Menschen, die die äußerli-
en Erscheinungen durchdringen und zu den gülti-
Gesetzen verstoßen, die die sichtbare Welt und
menschliche Innere verbinden.
Schwarzenbergers farbige Reliefs Abb. u.
er kürzlich in der Galerie im Griechenbeisl
"stellte, wachsen zwar äußerlich aus der Stilrich-
der Op-Art heraus und sprechen mit ihrer hellen
starken Farbigkeit deutlich unsere Sprache,
dennoch merkt man bald, daß man ihnen mit einer
bloßen Einreihung in die Nachfolge van Vasarely
und seinem Kreis nicht gerecht wird. Ihre geistigen
Grundlagen liegen in den Strömungen der Kunst,
die seit ieher in der Klarheit und Einfachheit der
Proportionen und der Harmonie der lichtdurchdrun-
genen Farben die Grundgesetze der Welt zu fassen
suchten.
Schwarzenberger liebt daher die einfachsten Formen,
das Quadrat und den Kreis, den Würfel und die
Kugel. Seine Farben folgen den Gesetzen des Regen-
bogens, der prismatischen Brechung. Ihre Grundlage
ist ein strahlendes Weiß, das selbst den dunkelsten
Blaus noch Leuchtkratt gibt.
Ohne in pythogoreisch mystische Spekulationen zu
verfallen, bleibt Schwarzenberger im Bereich des
Visuellen, wirken seine Werke unmittelbar durch
Form und Farbe erheiternd, belebend und befreiend.
Ihre Klarheit und Reinheit strahlt auf die ganze
Umgebung aus und läßt ihre Schönheit, aber auch
ihre Hößlichkeit deutlich zum Vorschein kommen. Ne-
ben Schwarzenbergers Reliefs, Plastiken Abb. und
Möbeln Abb. er liebt den Ausdruck "Formatio-
nen", können sich formlose, unschöne Dinge nicht be-
haupten. ln ihrer Verbindung von Malerei und Plastik
haben sie damit zugleich eine eminent umr
staltende und damit architektonische WifkL
verbinden sie die drei Künste zu einer lebt
Einheit.
Schworzenberger leidet daran, daß uns der
Proportion in den Räumen, in denen wir le
den Straßen und Bauten, von denen wir tägl
geben sind, weitgehendst verlorenging. Dieser
an gemeinsamem Maß zerstört den inneren
menhong unserer Städte, die bis in das vorig
hundert hinein z. T. unbewußt, oft aber se
bewußt davon beherrscht waren.
Schwarzenbergers Werke leben nicht vom
sondern von der Durchdachtheit der ihnen zu
liegenden Idee, nicht von technischer Brillan
dern durch die möglichst große Einfachheit
spruchslosigkeit der angewandten Mittel, nicl-
den persönlichen Gefühlsausdruck in einer
ven Form oder im Pinselstrich, sondern dur
möglichst weitgehende Obiektivität in der Fo
eine feine Sensibilität in der Wahl und im
der Farben. Ihre volle Wirkung stellt sich
erst bei längerer Betrachtung ein, bei der mo
tratz der totalen Abstraktion auch die hohe
lichkeit erleben kann, die ihrer Gestalt zu
ir die das Wart Liebe" nicht zu groß ist.
an, die nach den Grundgesetzen suchen,
natürlicherweise vielseitig. Ausgebildet als
ihauer, schuf Schwarzenberger Steine, die
tflSO schön in die niederösterreichische Land-
twa von Lindobrunn einpassen Abb. wie
einaufschichtungen in die karge Natur von
os auf Kreta Abb. 2. Gerne würde er
auf dem Lande als im Bereich unserer städti-
lmwelt umraumgestoltend wirken. Daneben
ihm aber auch darum, die Schönheiten und
iten unserer Umgebung neu zu sehen und
lehren. Dazu dient ihm der Film, in dem
thodoxe Motive mit einer neuen Kamerafüh-
id einen höchst eigenwilligen Schnitt zeigt,
tie in unerwarteter Weise immer wieder
oder auch unbeachtete Dinge ihre formale
iit und Klarheit der Struktur erkennen lassen,
menschliche Betätigung, gleichsam in einen
ahmen gestellt, entweder fragwürdig wird
ren tiefen inneren Zusammenhang mit dem
offenbart.
enberger ist ein sehr bewußter Künstler.
ll sich selbst und seine Ziele und hat sie
im besten formuliert in einer Sprache, die
ebenso klar und konzentriert ist wie seine Werke
Ich möchte Plastik, Malerei, Architektur und in
einem gewissen Sinn auch Film sich gegenseitig
zueinander-konstruieren lassen. Das bedeutet, daß
eine Plastik nicht nur Plastik ist, sondern auch Male-
rei und Architektur, beziehungsweise weder noch,
iedoch ganz einfach eine Formation ist, die im
Einklang mit Plastik, Malerei und Architektur steht.
Mit dem Verlust ihrer eindeutigen Gattungszugehö-
rigkeit demonstrieren die Kunstwerke eine umfas-
sende Sicht zum allgemein Visuellen, die ia durch
die Gleichwertigkeit der geistig-schöpferischen Kri-
terien innerhalb des Visuellen vorgegeben ist. Ein
Konzept hat in allen visuellen Bereichen zu bestehen,
um seiner ursprünglichen Wesenhattigkeit gerecht
zu werden Gegenseitige und allgemeine Durch-
dringung. Das ist gleichbedeutend mit intuitivem
Maß als visuelle Funktion diese Funktion muß
als Missianhatt verstanden werden, im Sinne von
Bewußtseinserweiterung um Maß-Bewußtsein. So
werden Umweltwerte erfaßbar und machen ein be-
wußtes Verhältnis zur Umwelt möglich ieder wird
von ieder Umgebung beeinflußt und man selbst muß
sich in die Umgebung einbeziehen, um im weiteren
ein lebbares Maß zu erstellen aus objektiver Not-
wendigkeit und subiektivem Bedürfnis, funktioneller
Absicht und schöpferischer Willkür, Ordnung und
Spontaneität, Regel und Ausnahme.
Kunst kann nie etwas hervorbringen, das nicht in
irgendeiner Form bereits in Erscheinung getreten
wäre. Nur Zusammenhänge können neu sein. Im
Wissen um diese Maß-Funktion ist das Erkennen-
Glauben von Notwendigkeiten der Anlaß zu eigener
Aktivität, der Anlaß, neue Zusammenhänge zu bil-
den. Eine visuelle Kunst in diesem Sinne ist eine
Kunst gegen ihre Zeit. Unsere allgemeine Umwelt
ist von nahezu iedem von uns aus verschiedenen
Motiven wissentlich verfälscht und irritiert uns rück-
wirkend beim Erkennen van all dem, was uns Halt
geben könnte. Man kann den Menschen nicht von
außen verbessern oder retten. Daher muß die Arbeit,
die wirkliche Arbeit zuerst in Deinem meinem
Selbst getan werden. Jede Veränderung muß in
Dir mir anfangen. Allein wahrhafte Menschen
Umwelt können auf andere etwas Schönes über-
tragen. Eigentliche Schönheit ist die Erscheinungs-
form der Einheit, der Durchdringung des Innen und
Außen. Die sogenannte Aussage eines visuellen
Kunstwerkes ist seine Existenz, und seine Existenz
ist eine visuelle Existenz."
OD HANS HOLLEIN
ALLES IST ARCHITEKTUR"
Vorjahr fand im Städtischen Museum Mönchen-
xdbach die außergewöhnliche Ausstellung des
lerreichischen avantgardistischen Architekten Hans
rllein statt, die in ihrer besonderen Art beträcht-
hes Aufsehen erregte.
igentlich hatte ich eine ganz andere Ausstellung
Sinn", sagte Hollein, über neue Medien der
nweltgestaltung, Einsatz van Technologie, Holae
Jphen und anderen Laserarchitekturen, Kommu-
zatian, sonstige zukunftstrachtige Proiekte und
zsbezüglicher Rückblick in die Vergangenheit, was
lt so in unsere lebensfrohe Welt paßt.
x.
Dach schon dlE erste Fahrt nach Mönchengla
ließ andere Gedanken aufkommen. Diese
schaff erschien mir von ungeheurer Traur
Und diese Stadt. Es war Sonntag. Wie ausg
ben. Tödliche Stille. Ab und zu ein paar Ei
ner in ihren feinsten Gewändern. Schicke
werden zu schnell um die Kurven gefahren
muntere Jugend, die sich langweilt. Und
Museum. Erst dachte ich, das Gebäude am
der Straße wäre es. Man findet es kaum. Das
mir irgendwie. Dieses alte Burgerhaus hatte
von der Atmosphäre meiner Volksschule. Die
Holztreppe. Eine schwere Düsterkeit. Jahrhun
alle Staffreste. Ich fühlte mich fremd". S0
Und so kam es zu eben dieser außergewöhr
Ausstellung.
1. Sie bedarf ihrer eigenen Vertiefung, um
ipt erst einmal die Kraft zum Umschlagen zu
in."
tastet den benannten Bereich ab. Als Archi-
IS allgemeiner Erfahrung, aus persönlichen
sen, in Beobachtungen und Reflexionen. Er
iige Stichworte, die diesen Wahrnehmungs-
noch verdeutlichen So Hollein lch sah
verschiedensten Vorschläge zu neuen
wen Konzeptionen und Wohnformen an in-
meiner eigenen. Bewegen, zirkulieren, ar-
erholen. Sogenanntes Wohnen. Kaum all
Wo sterben? Am Korridor eines Kranken-
Wo kommen die Leichen hin? Die Müllab-
cheint durchdacht."
rungen an mein Leben in Chikago Slums mit
Bevölkerungsdichte, dazwischen arkadische
chen mit Tempelchen. Einige von berühmten
zten, zum Beispiel Sullivan. Das war der
warum ich überhaupt dorthin kam. Parks gab
in dieser Gegend. Man spielte auf der
Die Menschenschlangen vor dem Lenin-
zum, eum. Te deum." U-Bahnbau, Expro-
Aussiedlung, Demolierung. Kein Pardon.
Hötzlich ein Awarengrab, eine mische
Das ist etwas anderes, das muß erhalten
S0 Hollein.
kusstellung ist die eines Architekten, eines
Lten der unter Architektur mehr begreifen
als die Errichtung van Gebäuden. Das
nd im weitesten Sinne letztlich immer. Dach
ite den Architekturbegriff nicht darauf ein-
Alles ist Architektur", ist der Titel einer
hearetischen Schritten daher auch als
el dieser Ausstellung. Er leitet das spezielle
ungsthema Tod ein und umschließt es.
Problemstellung kurz umrissen Der Mensch
Gehirn. Seine Sinne sind die Grundlage zur
rhmung der Umwelt. Medien der Definition,
tlegung einer ieweils gewünschten Umwelt
auf der Verlängerung dieser Sinne. Dies
Medien der Architektur. Architektur im
in Sinne."
zhöalogisches Grabungsfeld Besucher können Gra-
19er! durchführen und Funde Geld, Obiekte
chen
ab eines xrieeersz
Fundstück wurde entsprechend seiner Bedeutung
sgestellt
-such der Rekonstruktion GUS gefundenen Fragmen-
rbebett drn Korridor
engewänder
imenraum
eser war mit einem Hügel frischer Blumen gefüllt,
während der Dauer der Ausstellung langsam
welkten. Das damit verbundene wediselnde Ge-
hserlebnis wer ein wesentlicher Bestandteil der
sslellung
rzenraum
sser ist mit vier eri jeder Stelle durchdringburen
inden umgeben. Es gibt keinen Eingang, und
ch kann man durch die wande schreiten
ASPEKTE
Archäologische Felder.
Scherben. Schätze.
Bild einer Zivilisation aus dem Abfall.
Utopischer Stadtentwurf.
Wie werden die Taten prozessiert?
Sterben. Am Korridor eines Krankenhauses.
Blumen. Berge von Blumen.
Süßer Geruch.
Grünflächen. Weite Felder. Die Friedhöfe.
Dazwischen dicht die Wohnungen der Menschen in
der Stadt.
Menschenschlangen vor dem Lenin-Mausoleum.
Der Verkehr zu Allerheiligen.
Zeitalter der Telekommunikation.
Der Miniaturisierung.
Wegwerfkultur.
Grabungsstötten. Funde.
ll
10
KONZEPTE
Finden.
Beim Graben sall es immer etwas zu finden gebe
Schatzgräber.
Falsche Rekonstruktion. Transformation.
Irreführung, Mißdeutung.
Verfall, Ruinen.
Rituale unserer Zeit für das Sterb
Wohnstötten mit Sterbem glichke
Grabbeigaben Ausschreibung eines Wettbewerbe
für Designer?l.
Heimgrüber. Kompakte Kapseln. TV-Schreine.
Altäre. Blumen schmücken das Heim.
Totengewänder.
Selbstverständlichkeit.
Fred Nowak
...GEMALT VON ADI HOLZER
IN ALADDINS HULE
Adi Holzer, Don Quliüte und Dulcinea", Mischtechnik
auf Holz, 70x 100 cm, 1970
Adi Holzer, Fast 9th Idyll", Acryl und Collage mit
Leinwand, so 65 Cm, 1969
Adi Holzer, Deine Welt", Ami und Collage auf
Leinwand, 75 so cm, 1970
X7,
blühen
Obwohl sich der Künstler der Grenzen des Sagbaren
bewußt ist, versucht er doch stets, sich hinter diesen
Grenzen aufzuhalten. Und auch dann, wenn er
überzeugt ist, daß sein Werk niemanden bekehren
kann, wird er trotzdem so er nicht gerade der
Gilde der ,Iotalnichtengagierten" angehört
bewußt oder unbewußt Zeitkritik oder wenigstens
ein bißchen Prophetie betreiben.
Adi Holzer hat etwas gegen Festfresser", er
schießt mit seinen Bildern wie mit Pfeilen auf die
skandinavischen Schnclps- und Heringliebh
die sich blöde intormierenden Zeitungs
prangern, will all das Schreckliche, das
der Welt passiert, mit hineinnehmen in
schcift vom Leben und malt trotzdem sei
Bilder so, daß in ihnen der rein künstler
ästhetische Gehalt den der Aussage ül
Wenn gar Wirklichkeit und Poesie verschme
sind selbst die schwärzesten" seiner Bi
schön.
Arbeiten von damals den musikalischen
sein Herkommen aus dem Wiener Raum,
'en zeigen. Was er in seiner Kunst seitdem
hat, ist ihm von allem Anfang an schon
wwebt eine bessere Lesbarkeit seiner Bil-
Lesbarkeit, die nicht mehr durch sein far-
ies, heftiges Temperament beeinträchtigt
'ie ieder echte Künstler, erreichte auch er nur
ichwerlichem Weg sein Ziel. Synthese von
ng und Farbe, das bedeutet für ihn, daß ende
Stärke der erlebten Erfahrungen und die
es Ausdrucks über den künstlerischen Wert
lerkes entscheiden, daß endlich auch erre-
Xktualität naht- und bruchlos ins Bildgesche-
gefügt werden kann.
eise, das heißt bei Holzer im gemessenen
tritt", nähert er sich nun seinem Thema.
großen Zeichner, studiert er die Umwelt
Stift, tastet sich mit dem Pinsel skizzierend
bevor er sich mit ganzer Kraft über die
ge Fassung wagt. Daß diese dann nicht in
iild allein Platz hat, daß ihr wie schon in
Siebdrucken meist mehrere Bilder folgen,
Vorliebe des Künstlers für Zyklen zuzu-
Eh. Holzer bringt für ein Erlebnis, das er in
umsetzen möchte, so viel Begeisterung
pfindet zugleich so viel lronie und Protest,
let politische und gefühlsmäßige neben
hen Werten, doß das alles seiner Mei-
ach nach Abfolgen schreit. Und diesen
in" eines Orkans, einer Sonne über Döne-
eines kleinen Prinzen, eines Panoptikums
nes Don Quiiote, folgt Adi Holzer gerne.
mt er auf seine Art dem Suchen des Men-
iach einer Antwort auf die vielen Fragen,
von der Sonderstellung seines Daseins
Nieder gestellt werden, entgegen. Um aber
warten nach allen Regeln der Kunst" geben
wen, um Platz zu schaffen für den großen
der Spannungen seiner für ihn gewaltigen
legt er ihre Fassungen, seinem Empfinden
hend, auch breit genug an.
ilzer stammt aus Stockerau bei Wien und
arbeitet nun in Aladdins Hule", einem
Hareskov, am Rand von Kopenhagen. Es
Anschein sobald man eine Runde durch
Haus und Atelier gemacht hat als wäre
professioneller Spaßmacher. Man hat fürs
as Gefühl, der Hausherr kommt von Grot-
und Praterclown nicht los. Hier gibt es eine
Gartenmauer, Mobiles an Bäumen, im
esige, bunt-plastische Figuren, obiets trau-
ziner modernen Jugend neben Bildern aus
oder befreundeter Werkstatt. Fürs zweite
gs, wenn man von der Welt Holzers ge-
tenommen wird, lichtet sich der Traum des
und der Besucher ist überzeugt davon,
is alles nur Utensilien, Rüstzeug und Vehikel
iit denen der Künstler in die Wirklichkeit
it die, noch Rolf Hochhuth, erst Transpa-
nd Feuer bekommt, wenn sie durch eine
enülzt wird um dann mit ihrer neuen,
Farm wiederzukehren.
aphiker wie der Maler in Holzer sucht stets
isentliche seiner Technik. Und dabei gewinnt
'om andern. Die reichen Erfahrungen mit
ieb und Pinsel verhelfen ihm zu unmittel-
lni-iuirlvlir-kiinn eninnr Lünetlnrierl-mn Akcirkt
Adl Holzer, Der AUSfUfBf", aus dem Zyklus
and Puppet wiegte", Tusche laviert, 57 75 Cm, 19
Adl Holzer, Don Quiiote", Tusche laviert
Gauache, 10 55 cm, 1970
ÖSTERREICHISCHES
MUSEUM FÜR
ANGEWANDTE KUNST
"Wiener Porzellan 1718-1864"
ALTES HAUS, SÄULENHOF, SAAL Xll,
12. NOVEMBER 1970 bis 30. APRIL 1971
Eine Reihe von Aktualitüten prägte
weiterhin den Verlauf der Ausstellung
Wiener Porzellan 1718-1864". So
konnte am 11. Februar 1971 die Direk-
tion des Hauses den 20.000. Besucher
begrüßen. Gemeinsam mit der Wie-
ner Porzellanmanufaktur Augarten, die
ein Geschenk in Farm einer Porzellan-
statuette eines Wiener Kaufrufes stif-
tete, Mädchen mit Schachbrett", nach
einem Modell der Wiener Porzellan-
manutaktur um 1760, einem Sammel-
BILDTEXTE 1-3
Anbietplatte aus einern Deieuner, urn
191a; mit Ansicht wiens vom Belvedere
aus. Sign. Schufrid 1618"
Direktor Prof. Dr. Mrazek begrüßt den
20.000. Besudler in der Ausstellung
Wiener Porzellan 1718-1864". Rechts
im Bild Ministerialrat Leopold Ober-
abiekt des Museums, wurde dem Be-
sucher diese Widmung zuteil.
Nach wie vor erfreut sich die Aus-
stellung regsten Interesses und kann
nunmehr auch an jedem Samstag-
nachmittag statt wie bisher bis 13 Uhr
bis 19 Uhr besucht werden.
Im Jönner bekundete auch Frau Vize-
bürgermeister Gertrude Sandner in
Begleitung des Landtagsabgeordrleten
Prof. Ludwig Sackmauer ihr Interesse
an der Ausstellung und wurde von
Dir. Prof. Dr. Mrazek und Frau Dr.
Neuwirth durch die Ausstellung ge-
führt. Ebenso kamen zur Zeit des
Wiener Operballes und anderer test-
licher Veranstaltungen zahlreiche Gö-
ste des ln- und Auslandes in die
Ausstellung, die sie in ihr Wiener
Programm miteinbezogen hatten.
Eine Serie von 20 Farbdias, Porzellane
der Ausstellung, ieweils typische Stük-
ke ieder Stilepnche, sind neben dem
reich ausgestatteten, umfassenden Ka-
talog eine weitere Möglichkeit, die
Ausstellung sozusagen im einzelnen
Kleinbild für später in Erinnerung
halten zu können.
So kann abschließend bereits heute
gesagt werden, daß die Ausstellung
Wiener Porzellan 1718-1864", die
bis in die Feslwachen läuft, eines der
markanteslen und eindrucksvollsten
Ereignisse des vergangenen Winters
im Wiener Kunstleben gewesen ist.
mann vom Bundesministerium für Wis-
sensdlatt und Forschung, links Mitte,
Direktor Ing. Ernesl Gaberszi von der
wiener Parzellanmanutaktur ugarten
Frau Vizebürgermeister Gertrude Sand-
ner begleitet von Professor Sackmauer
wird von Direktor Prof. Dr. Mrazek
durch die Ausstellung geführt.
Wilhelm Jaruska
Graphik und Malerei"
NEUES HAUS, AUSSTELLUNGSHALLE,
21. FEBRUAR BIS 21. MÄRZ 1971
Wilhelm Jaruska ist in Wien in erster
Linie bekannt als Gebrauchsgraphiker,
als einer der mit stets guten Plakaten
immer wieder den sonst so einheit-
lich-durchschnittlichen" Plakatplötzen
der Stadt charakteristische farbstarke
Akzente aufsetzt. Als Lehrer-an der
Höheren graphischen Lehr- und Ver-
suchsanstalt in Wien ist der 1916 in
Wien geborene Wilhelm Jaruska ein
Künstler, der sich sowohl durch die
unheilvollen dreißiger Jahre wie auch
durch die Wirren des zweiten Welt-
krieges nach 1945 seinen Weg mit
eiserner Konsequenz bahnte.
Die Ausstellung im Österreichischen
Museum für angewandte Kunst zeigt
hier nun einen anderen, einen neuen
Wilhelm Jaruska. Den Bestrebungen
der Museumsdirektion zufolge, auch
lebenden Künstlern die Möglichkeit,
sich der Öffentlichkeit vorzustellen, zu
geben, scheint mit Wilhelm Jaruska
geradezu ein Modellfall gegeben. Ein
Künstler, vorwiegend in der ange-
wandten Kunst dokumentiert, entpuppt
sich gleichfalls als ein im stillen äußerst
produktiver freischaffender Künst-
ler. Und dieser andere Jaruska übere
rascht uns nicht weniger erfreulich.
Wie Direktor Prof. Dr, Mrazek in sei-
ner Einführung zum Katalog unter
anderem es ausdrückte daß das
bekannte und gewürdigte Lebenswerk
Wilhelm Jaruskas erst dann verständ-
lich wird, wenn man sein angewandtes
Schaffen vor dem Hintergru
freien und autonomen Gestalt
den Gebieten der Malerei
Graphik in Betracht zieht."
Dem überaus bescheidenen
wünschte man nicht nur, daß
profundes Wissen um die stil
setze der Kunst" seinen Schüle
tergibt, sondern daß er diese
seiner künstlerischen Potenz, ai
terhin in neuen Werken der
Kunst manifestieren kann und
abseits der Hektik seines Gek
graphikerdaseins" viele stille
fensstunden finden möge.
BILDTEXTE 9711
Wilhelm Jaruska, Plakatentwurl
10 Wilhelm Jaruska, am auf
ms. Sepia auf Papier, 42m
ll Wilhelm Jaruska, Studenten,
gelschreiber und Wasserfarben
pier, 230 aus mm
TE 4,5
iengruppe
lobus, Cella,
vorne Himmelsglabul,
Philipp, 1790, Wel-
Hesse, München 1631. Papier,
lasbar, 114 cm Kot. Nr. 101
in die große lnstrumentenvitrine;
lordergrund Oktant, Cook, London
1eoo. Würfelsonnenuhr, Behringer,
ss 1a. 111. Geozentrische Armillar-
re, fmnz. um 1m. Heliolentrische
illursphöre, m11. 11104-11125. Armillar-
re, Chr. c. Schindler, Wien um aus
1nern Ortelius Americae sive novi
nova descriptia", 15er, aus
ALTES HAUS, AUSSTELLUNGSRAUM
DER BIBLIOTHEK UND KUNSTBLÄT-
TERSAMMLUNG, GALERIE I. STOCK,
22. DEZEMBER T970 BIS 30. APRIL 197i
Die Erfassung des Weltbildes in den
Zeitaltern der Renaissance und des
Barocks" ist Gegenstand der noch bis
Ende April 197i laufenden Ausstellung
Theatrum orbis terrarum". Eine Aus-
stellung, die einer besonders glückli-
chen gestalterischen Lösung des be-
währten Teams Prof. SchlesingerlHu-
berlHuber ihr klares Profil und ihre
ausgezeichnete Präsentation verdankt.
Wie wunderbar verstanden es doch
die Altvorderen", den Hauch und
den Zauber der weiten Welt, die Welt
der Sonnen und Planeten, des Uni-
versums schlechthin, in die Gestaltung
und Fertigung der subtilen Instrumente,
in die bildhaften Weltkarten mit ih-
rer unvergleichlichen künstlerischen
Akribie zu bringen. Eine kleine Welt
von Globen, Karten und Geräten tut
sich hier auf, die dem Beschauer, Ken-
ner und Liebhaber gleichermaßen eine
Brücke in historische und globale Wel-
ten baut.
Diese Werke in ihrer wissenschaft-
lichen Genauigkeit und ihrem künst-
lerischen Glanz zu zeigen ist der
Zweck dieser Ausstellung", sagt Dir.
Doz. DDr. Egger in seiner Einbe-
gleitung.
Vor 400 Jahren im Jahre 1570
veröffentlichte der holländische Geo-
graph Ortelius die erste Kartensamm-
lung als Kompendium der damals er-
forschten Welt unter dem Titel Thea-
trum orbis terrarum", und um diesem
Anlaß Rechnung zu tragen, wurde die-
se Ausstellung .veranstaltet, deren
Kernstück iener Atlas ist. Alles, was
der geographisch-astronomischen For-
schung dieser Zeit diente, soll hiebei
durch einige besondere Stücke reprä-
sentiert werden Himmels- und Erd-
globen, Armillarsphören zur Darstel-
lung der Planetenbewegungen, San-
nen- und Röderuhren zur Messung der
Zeit, Quadranten und Zirkel zur Be-
rechnung des Raumes, Landkarten und
Atlanten sowie Bücher über Mathema-
tik und Astronomie, Reisebeschreibun-
gen und Lönderkarten. Die ausge-
stellten Obiekte stammen größtenteils
aus der Bibliothek und den Sammlun-
gen des Museums und wurden durch
Leihgaben vorwiegend des Kunsthi-
storischen Museums und der National-
bibliothek in Wien, wie auch von pri-
vater Seite, wesentlich ergänzt. Neben
dem Kernstück der Ausstellung, dem
Atlas des Ortelius, gehören der Elfen-
beinquadrant Kaiser Friedrichs lll. und
das einzige noch erhaltene Exemplar
des Erdglobus von Gemma Frisius zu
den glanzvollsten Obiekten. Diese
nunmehr sechste Ausstellung der
Bibliothek und Kunstsammlung des
Österreichischen Museums erfreut sich
gleichfalls regsten Interesses und bleibt
auch weiterhin für den Besuch geöffnet.
Theatrum orbis terrarum". Ausgabe
aus letzter Hand im Eigenverlag des
Verfassers erschienen, Antwerpen 1598
1Ke1. Nr. 17, Fol. 5.1
Universalgerät. L. Callada, Spanien,
1584. Bronze, vergoldet, vallplastische
gegossene rene, ziseliert und graviert,
28 cm. Stechzirkel mit Viertelkreis. Auf
allen Seiten des Instruments Benürzungs-
mschritten mit Angaben für artilleristi-
sehe Zwecke zur Berechnung der not-
wendigen Pulverladung für Blei-, Stein-
und Eisenkugeln; auch zum Vermessen
von Winkeln unter Tag Bergbau
verwendbar. Kat. Nr. 601
Aus der Kunstwelt
Beachte
Informationen
Aktuelles
Albertina
Rembrandt als Druckgraphiker
Ähnlich dem diesiährigen Dürer-Jubi-
läum, das neben ernsthaften For-
schungsergebnissen auch zu iahr-
marktähnlichen Auswüchsen führen
dürfte, war das dreihundertste Todes-
iahr Rembrandts 1969 Anlaß zahl-
reicher Ausstellungen und Feierlich-
keiten in aller Welt, die dem male-
rischen, zeichnerischen und druckgra-
phischen Werk dieses Piloten" der
Kunstgeschichte galten. Die Albertina
hatte sich aus dem damaligen Rum-
mel wohlweislich herausgehalten.
Die größte graphische Sammlung der
Welt vermied es so, eine unter vielen
zu sein was ein mögliches Optimum
an wissenschaftlicher Aufmerksamkeit
verhindert hätte und zog aus dem
Zuwarten insofern beträchtlichen Ge-
winn, als im Zeitpunkt der Endredak-
tion der nunmehrigen bis 28. März
1971 anberaumten Rembrandt-Exposi-
tion fast alle wichtigen Forschungs-
ergebnisse des Jubiläumsiahres be-
reits vorlagen. Die von Erwin Mitsch
denkbar optimal zusammengestellte
Retrospektive erwies sich und darin
lag neben ihren wissenschaftlichen
Vorzügen das eigentliche Verdienst
der Ausstellung als ungemein zeit-
nah und aktuell. Man mußte ihr das
zubilligen, obwohl auch diese Schau
wie alle vergleidisweise trockenen Al-
bertina-Ausstellungen ohne moderne
Ausstellungsmethoden und Techniken
audiovisueller Art ihr Auslangen fand.
Rembrandt 1606-1669 erweist sich in
vielen seiner durchweg kleinformati-
gen Radierungen als echter Experi-
mentator, der die technischen Beson-
derheiten der Tiefdruckverfahren in
allen Variationsmöglichkeiten aus-
nützt und der beabsichtigten Wirkung
und Aussage seiner Blätter adäquat
unterordnet. Die Ausstellung kon-
frontierte demzufolge auch mit zahl-
reichen Zustands- und Probedrucken,
darunter Abzügen, deren Platten fort-
laufend bearbeitet oder auch nur auf
Grund verschieden starken Auswi-
schens in entsprechend variierenden
Valeurs gedruckt wurden. Daß es
Rembrandt nur am Rande um techni-
sche Perfektion ging, wird einem spä-
testens durch die ietzt gebotene Ver-
gleichsbasis klar.
Rembrandts radiertes Guvre, von dem
die Albertina den größten Bestand be-
sitzt, läßt von Mal zu Mal Entdeckun-
gen, neue Erkenntnisse und neue Zu-
sammenhänge im Sinne einer nach wie
vor aktuellen Aussage zu, die auch,
stilistisch betrachtet, hinsichtlich ihrer
Modernität" die meisten Realisten
unserer Tage aussticht. Rembrandts
Kunst spiegelt das existentielle Ringen
ihres Urhebers, sein Verständnis für
die Relativitäten des Lebens, den gei-
stigen Anspruch, den man gerade in
unscheinbaren, skizzenhaften, sozusa-
gen nebenbei entstandenen Blättern
des Meisters ablesen kann. So finden
sich neben größeren Arbeiten äußer-
ster Dichte und optimaler technischer
Perfektion viele bloß postkartengroße
und briefmorkenähnliche Formate, die
ergänzend zu weltbekannten, immer
wieder publizierten Drucken wie dem
Hundertguldenblatt" oder der im
46
Strich ungemein markanten Kreuzi-
gungsdarstellung Katalog 230 das
breite Spektrum einer genialen künst-
lerischen Leistung und Haltung doku-
mentieren Abb. 1,2.
Museum des 20. Jahrhunderts
Anfänge des Informel
in Österreich, 1949 bis 1953
Mit einer überaus instruktiven Exposi-
tion, die einem der interessantesten
Abschnitte der iüngsten österreidrii-
schen Kunstgeschichte gewidmet war,
begann das Museum des 20. Jahrhun-
derts in Wien das neue Ausstellungs-
iahr. Unter dem Titel Anfänge des
lnformel in Usterreich, 1949 bis 1953;
Vorläufer und Zeitgenossen" ver-
einte die von Otto Breicha zusam-
mengestellte Schau abstrakte Arbei-
ten von Maria Lassnig, Oswald Ober-
huber und dem erst vor kurzem n'e-
ben Bruno Gironcoli als Kandidat für
die diesiährige Biennale von Sao
Paulo nominierten Arnulf Rainer.
Die mit 272 Bildern, graphischen Blät-
tern und Plastiken ungewöhnlich um-
fangreiche Ausstellung dokumentierte
eine heute wieder besonders ak-
tuelle und in ihren wesentlichen Zu-
sammenhängen erst richtig überschau-
bare Phase bildnerischen Schaffens,
die der österreichischen Uftentlicti-
keit so gut wie unbekannt ist. Ein
Großteil der Werke so etwa die Bil-
der und Plastiken von Oswald Ober-
huber wurde überhaupt noch nie öf-
fentlich gezeigt, was den informa-
tionswert der Schau besonders unter-
streicht. Durch das Einbeziehen we-
sentlicher Werke der internationalen
Szene aus eigenen Sammlungsbestän-
den wurden darüber hinaus größere
historische Querverbindungen aufge-
zeigt und an Hand klar formulierter
Texttafeln fachlich interpretiert. Die
Basis des Kunstwerkes wird durch der-
artige didaktische Methoden über das
rein Ästhetische hinaus radikal er-
weitert und umfaßt neben formalen
und stilbildnerischen Aspekten auch
den historisch-soziologischen Konnex.
Naturgemäß bot die gründlich vorbe-
reitete Ausstellung eine Fülle echter
Entdeckungen und Überraschungen.
Das galt vor allem für die Jugend und
dieienigen der älteren und mittleren
Generation, die das damalige Wiener
Kunstgeschehen beinahe geschlossen
ignorierten. Ganz besonders unter-
streichen das Gesagte die Plastiken
von Oswald Oberhuber, die auf
Grund ihrer unkonventionellen, anti-
ästhetischen Auffassung und Material-
behandlung ebenso sehr für sich ein-
nehmen wie durch die Aktualität man-
cher in ihnen angedeuteter, iedoch
erst in den letzten Jahren internatio-
nal zum Durchbruch gelangter Ten-
denzen. Die parallel dazu entstan-
denen farbenfrohen, beherrscht kom-
ponierten tachistischen Bilder bezo-
gen zweifellos wichtige Anregungen
durch das Werk von Willi Baumeister,
verweisen aber auch deutlich auf die
Arbeiten des Amerikaners Jackson
Pollock, den Oberhuber nadt eige-
nen Worten im Zeitpunkt des Ent-
stehens seiner eigenen Werke aller-
dings nicht gekannt hat.
Bedeutete für den Tiroler Oberhuber
das Experimentieren mit Gips, Draht-
geflechten und Bildkonstellationen in
Dripping-Manier einen Aufbruch zu
neuen Ufern, so waren dies für die
Kärntner Malerin Maria Lassnig de-
ren formal spannungsgeladenen Mo-
natypien und konzentriert gestalteten
Olbilder. Maria Lassnig formulierte
dies 1951 folgendermaßen Die un-
figurative Kunst ist auch keine Ab-
wesenheit, keine Abkehr von der Welt,
vielmehr eine konzentrierte Ansamm-
lung aller ihrer Möglichkeiten und
Widersprüche."
Arnulf Rainer, der zu iener Zeit zu
Maria Lassnig enge Kontakte hatte
und mit ihr wiederholt gemeinsam
ausstellte, begann ebenfalls 1951 seine
Serie von primär graphisch betonten
Zentralgestaltungen". Im Rahmen
einer Ausstellung der Künstlergemein-
schaft Hundsgruppe" provozierte er
anläßlich einer inzwischen histori-
schen Vernissage das Publikum
durch eine massive Beschimpfung. Es
war dies Rainers Antwort auf die ihn
enttäuschende Ansprache von Ernst
Fuchs. Rainer brach von diesem
Augenblick an radikal seine surreali-
stisch-phantastische Phase ab und di-
stanzierte sich entschieden von den
Malern der späteren Wiener Schule".
Mikrostrukturen, Formzerstörungen,
depressive und negative Geisteshal-
tung sowie zahlreiche Versuche von
Blindmalerei begannen ihn mehr und
mehr zu beschäftigen. Diese zumeist
mit dem Pseudonym TRR" signierten
Blätter und Bilder bilden in ihrer
Radikalität den Grundstein fast aller
späteren Werksabschnitte und Ent-
wicklungsverläufe des kompromißlo-
sen Künstlers. Rainers Dynamik in
graphisch kühnen Verspannungen
und Verflechtungen verrät hohes for-
males Vermögen und eine Ökonomie
der bildnerischen Mittel, die in diesen
echten Aufbrudisiahren aus dem In-
tuitiven und Unterbewußten wesent-
lichere Impulse empfing als durch die
Möglichkeiten intellektueller Bezug-
nahme und Kontrolle Abb. 3-6.
Galerie im Griechenbeisl
Peter Hauser. Koloman Novak,
Helmut Krumpel
Seit ihrer Gründung vor mehr als zehn
Jahren fungiert die Galerie im Grie-
chenbeisl als Startrampe für iunge
und progressive österreichische Künst-
ler. Mit einer bemerkenswerten Aus-
stellung des Voitsberger Obiekteher-
stellers Peter Hauser und des seit 1966
in Wien lebenden iugoslawischen Ki-
netikers Koloman Novak unterstrich
die Wiener Avantgardegalerie zu Jah-
resbeginn abermals derartige, dem
Experiment dienende und nur selten
auch von kommerziellen Erfolgen be-
gleitete Bestrebungen. Peter Hausers
bemalte Holzreliefs in Hard-Edge-
Manie besitzen beachtliche formale
Qualitäten. Sie sind das Resultat
einer konsequenten Fortentwicklung
konstruktiv-abstrakter Tendenzen van
der Fläche weg ins Räumlich-Dreidi-
mensionale. Hausers bevorzugte Far-
ben sind Gelborange, Schwarz und
Weiß, die er ebenso wie die flächi-
gen Bildpartien in sehr harmonische
und dennoch formaler Spannung nicht
entbehrende Bezüge und
bringt. Hausers Stil und die
seiner Lösungen bieten sich
ßere innenarchitektonische
geradezu an.
Auf wiederholte gelungene
menarbeit mit Architekten ka
man Novak allerdings bereit
sen. Kinetische Leuditkuge
Musik-Lichtorgel" sowie me
netische Bildwerke größerer
tes haben bereits feste Stt
und funktionieren zur volle
denheit ihrer Besitzer als
schöpferisches Stimulans. Vor
Griechenbeisl vorgestellten
iekten gebührt ienem einds
Vorzug, das ausschliefilicf
gungsabläufe in Schwarzweil
stierte und durch eine seht
nische Rhythmik für sich
Ebenfalls einem Künstler der
Generation galt auch dieD
Ausstellung derselben Gale
mut Krumpel, Maler, Rüdlt
Lithograph aus Wien, der
nem ersten Platz bei der Grr
stellung des Europahauses
aequo mit Adolf Frohner
meistbeachteten Druckgraphi
österreichischen Kunstszene
Krumpels Griechenbeisl-Schc
unter dem Titel Situationsst
der auch für ein taschenbc
Mappenwerk aus übereinani
ren Transparentfolien Vet
fand. Ähnlich wie in der bei
erschienenen Mappe 11""
Krumpel auch in dieser ne
sentlich unaufwendigeren
die Demonstration eines
schen Prinzips, das den Betrr
Mitakteur, der Vorgegebenh
thographierte Menschenbilc
durchscheinenden Folien
mannigfach variieren kann
zieht. Krumpel strebt in alle
Arbeiten ein komplexes Bild
tigen Menschen an, der oft
menhaft angedeutet oder
röntgenalogisch gesehen un
stellt wird. Die Ohnmacht dt
nen, das Verhältnis des In
zur Masse und Macht sind
gedankliche Aspekte seiner
ßem Ernst getragenen und ir
gel künstlerisch gleichermaße
ler wie formal adäquater
scher Umsetzungen Abb. 7-9
Galerie Junge Generatior
Dora Maurer Applikation
1966 stellte sich die Budape-
phikerin Dora Maurer mit
stellungen im Internationale
lerclub Wien und der Maer
in Linz erstmals dem österre
Publikum vor. Sie zeigte da
dierungen, die im weitesten
Surrealismus zuzuordnen war
das Einbeziehen starker
und Ätzvorgänge iedoch am
ausgeprägten Hang zum Ab-
verrieten. Die sehr persönlic
subtilen Arbeiten der Künst
inzwischen österreichische
gerin wurde, waren vorher
zu sehen und hinterließen da
günstigen Eindruck. Mit völl
Arbeiten überraschte dieselbi
ietzt in der Wiener Galer
iesministerium für
enschaft und Forschung
CHERSTATISTIK DER
TLICHEN MUSEEN UND
ETSAMMLUNGEN
lundesminisferium für Wissen-
und Forschung gibt bekannt,
in den ihm unterstehenden
lichen Museen und Kunsi-
rlungen in den Monaten Jün-
971 66.489 und Februar 1971
Besucher gezählt wurden
TE 1-11
brcndt, Anslchi vom Amslerdum",
Radierung
1errb1e11 m11 Rembrondis Bildnis,
Radierung
111 Rainer, Vor informellen Werken
er Frühzeit
ie Lussnig, Monotypie, 1951
1a Lcssmg, in ihrem A1e11er
uld Oberhuber, Sdilangenrelief,
Hauser vor einem Obieki 1970
amen Novuk, Zwei Phasen eines
kinetischen Bildes, ausgeführt für
von Josef Kruwinc evbaule Terras-
iedlung Neusiih um Weide, W1en19
er von Helmut Krumpel in der Gar
im Griechenbeisl
Maurer, An 1971. Maienul-
likuiion
inSGm vor neuen Bildern seiner
Heilung in der Sfcdthalie Eisensiudl
Generation. In der Hauptsache waren
es Applikationen, Material- und Kle-
bebilder von vielfach reliefartiger Wir-
kung, für die neben Holz, Stoffresten,
Metall, Plastikfolien und Filmen auch
Heu, Vogelnester und Tierfelle ver-
wendet werden. Dora Maurer versteht
es allerdings ausgezeichnet, diese di-
vergierenden Materialien einander im
Sinne einheitlicher Bild- und Farb-
wirkung zuzuordnen und formal span-
nungsreich zu verschmelzen. Sie be-
tont diese Materialien im Sinne einer
wörtlich-faktischen und inhaltlichen
Mehrschichtigkeit, die auf eine be-
sonders starke Aktivierung des Be-
trachters gerichtet ist. Sie schließt in
dieser wesentlichen Grundtendenz an
Beispiele des Dadaismus ebenso an
wie an gewisse bildnerische Methoden
und Verfremdungseffekte eines Beuys,
dessen Ausstellung in der Galerie
nächst St. Stephan an anderer Stelle
unserer Zeitschrift eingehend erörtert
wird. Dora Maurers Applikationen ver-
raten eine sehr intensive Auseinander-
setzung mit Grundsatzfragen des Bild-
nerischen. Es sind bildnerische Tat-
bestände, die in ihrer gewollten
Mehrdeutigkeit das im Betrachter be-
wirken, was man heute mit einem
Modewert als Verunsicherung bezeich-
net. Es geht diesen Arbeiten nicht
um die Vermittlung von Inhalten, die
Ausschließlichkeit beanspruchen, son-
dern um das Setzen von Anstoßpunk-
ten, um ein Auslösen gedanklicher
Stellungnahmen, für die ein Behar-
ren auf dem orthodoxen Kunstbegriff
ebenso hinderlich wäre wie Vorbe-
halte gewissen Materialien und bild-
nerisrhen Methoden gegenüber. Ähn-
lidi wie in früheren Radierungen der
international renommierten Künstlerin
Dora Maurer erhielt z. B. auf der
Biennale von Bradford 1970 hinter
Roy Lid1tenstein und Robert Rauschen-
berg einen der ersten Preise schlägt
auch in den neuen Material- und
Klebebildern eine dialektische Dop-
pelbädigkeit durch, die sich in eben-
falls neuen Druckgraphiken fortsetzl
und für iene Spannung zum Be-
trachter sorgt, die neben dem hohen
Grad an bildnerischer Umsetzung den
Wert einer insgesamt beachtenswer-
ten und erfreulichen Leistung be-
stimmt Abb. 10.
Galerie Basilisk
Wolfgang Zöhrer
Wolfgang Zöhrer, der oberösterreictti-
sdte Radierer und Schüler von Pro-
fessor Max Melcher an der Wiener
Akademie der bildenden Künste, hat
mit der Wahl der Galerie für seine
erste Wiener Einzelausstellung einen
guten Griff getan. Räumlichkeiten und
Atmosphäre der Galerie Basilisk, in
der er über zwanzig klein- bis mittel-
farmotige Exponate zeigte, entspre-
chen nämlich geradezu ideal als
Ambiente für seine dem Skurrllen und
Hintergründigen zugetane Bild- und
Vorstellungswelt.
Zährers Radierungen zeigen sich in
manchem den frühen Arbeiten Alfred
Kubins verwandt. Den Kubin-Lands-
mann und -Nachfolger" interessie-
ren allerdings weniger die tragischen
menschlichen Verstridcungen und ge-
waltigeren geistigen Dimensionen des
Visianärs aus Zwickledt, als vielmehr
der Spaß an so manchen graphisch
gewürzten Ubersteigerungen, die Zöh-
rer mit deutlichem Hang zum Grotes-
ken bei Mensch und Tier vornimmt.
48
Er erweist sich darin nicht nur als
geschickter Handwerker, der um den
schöpferischen Reiz des strukturellen
Ätzens, des Weiterbearbeitens und
Druckens einer Kupfer- oder Zink-
platte weiß, sondern auch als kauzi-
ger Beobachter und hintersinniger
Fabulierer, dem ein guter Witz, ein
überraschend angebrachter Seitenhieb
lieber sind als strapazierte themati-
sche Aussdtweifungen. Wem das
Graphische nicht reicht, bekommt in
nicht minder köstlichen Texten ergän-
zenden Anschauungsunterricht Nach
einem orgastischen Liebesrausch ha-
ben eine Pistole und eine Hornisse
Elternpflichten."
Aus seiner Vorliebe fürs Schummrige
und Stimmungsvolle weiß Zöhrer, der
in Blättern wie der Kleinen Rotzmu-
sik" ausgesprochen eigenständige
Poesie erreicht, Kapital zu schlagen.
Das ist ihm auch auf Grund der kau-
zigen Eigenart seiner Radierungen
und besonders günstiger Preise bei
seinem Wiener Debüt gelungen. Infor-
mierte Sammler skurriler Graphik lie-
ßen es sidi nicht entgehen.
Stadthalle Eisenstadt
Ernst lnsam
Die Standortbestimmung des Künstlers
Ernst lnsam läßt sich relativ leicht
vornehmen. Man sollte darin ein Po-
sitivum sehen, weil Entschiedenheit
und ausgeprägte Subiektivität, wie
man sie im Guvre des W27 in Kitz-
bühel geborenen Malers und Graphi-
kers seit nunmehr gut fünf Jahren an-
trifft, schon immer wertbestimmende
Merkmale für die Qualität und das
Profil künstlerischer Produktion waren.
Die Effektivität dieser Beobachtung
erweist sich gerade heute in Anbe-
tracht des gegenwärtigen Pluralismus
an Stilrichtungen und Tendenzen, an
künstlerischen Mischformen und be-
wußt provozierten, zum Teil bestimmt
notwendigen Grenzüberschreitungen,
die ein Festhalten an überlieferten
Kriterien oft ebenso relativ erscheinen
lassen wie die Fixierung neuer Maß-
stäbe in der Kunstbetrachtung.
Ernst lnsam ist ein Maler der Farbe.
Ein Künstler, der trotz immer stärke-
rer Konzentration auf ein bestimm-
tes, wenn auch weites und sehr dif-
ferenziert anwendbares Formenvoka-
buIar", dem malerischen Geschehen
als materiellem Vorgang, der Geisti-
ges spiegelt und Gehalte bestimmt,
höchste Aufmerksamkeit schenkt. Man
erkennt diese Eigenschaft des Voll-
blutmalers in seinen frühen, dem ln-
formel und Action-Painting zuzurech-
nenden, spannungsreichen und kraft-
voll gestalteten Abstraktionen ebenso
wie in den Bildern und graphischen
Blättern aus 1970, die eine konse-
quente Bereicherung eines in seiner
Grundhaltung iedoch gleichgebliebe-
nen künstlerischen Bemühens darstel-
len.
Zur gestischen Spontaneität als Resul-
tat emotional und intellektuell be-
dingter Vorgänge tritt heute ergän-
zend eine immer stärkere, bewußter
vorgenommene und schon deshalb
leichter ablesbare Farmverfestigung.
Die neuen Bilder des Künstlers Öl und
Acryl auf Leinwand mit ihren grel-
leren, effektvalleren Pop-Farben zei-
gen in den durch Streifen und Schrof-
fen angedeuteten dynamischen Be-
wegungsabläufen,die informelle Farb-
konstellationen überlagern, durchdrin-
gen und zusammen mit ihnen for-
male Spannung und farbige Kontra-
ste ergeben, ein zeitgemäßes künst-
lerisches Anliegen mit dem Ansprudi
auf Reflexion durch den Betrachter
Abb. n.
Galerie bei lnfeld, Kitzhühel
Panorama
österreichischer Druckgraphik
Panorama 70l7l" lautete der Titel
einer im Dezember 1970lJänner 1971
stattgefundenen Ausstellung der Ga-
lerie bei lnfeld in Kitzbühel. Die
Schau, die einen informativen Quer-
schnitt durch die dominierenden Stil-
richtungen und Tendenzen österreichi-
scher Gegenwartskunst vermittelt
umfaßte rund fünfzig Exponate va
26 österreichischen Künstlern. Ai
dem Gezeigten ging der erfreulich
Aufschwung, den die Druckgraphi
unseres Landes während der letzte
Jahre zu verzeichnen hatte, deutlii
hervor. Neben Prominenten wie Ado
Frohner, Hans Staudacher, Rudolf Ho
lehner, Arnulf Rainer, Peter Bischa
Theo Braun, Heinrich Heuer un
Ernst Fuchs waren an der für de
lokalen Bereich besonders informat
ven und verdienstvollen Schau aur
zahlreiche iunge Graphiker vertretei
Peter Baut
Berichte
In INNSBRUCK stellte in der
GALERlE IM TAXlS-PALAIS vom
12. bis 30. Jänner 1971 der Pariser
Graphiker ROLAND TOPOR aus. Der
1938 geborene Künstler ist vielseitig
tätig, neben publizistischen Werken
macht er auch Filme. Seine in
Innsbruck gezeigten Arbeiten weisen
ihn als geistvollen Satiriker aus, der
den Mißständen unserer Welt mit
liebenswürdigem Lächeln, hinter dem
sich aber beißende Ironie verbirgt, an
den Leib rückt. In der Graphikklasse
der Ecole des Beaux Arts geschult,
setzt er beste französische Tradition
mit modernen Mitteln fort Abb. 12.
RIED IM INNKREIS hat mit der
GALERIE CONTERVEILCHEN, einer
hoffnungsvollen Gründung des
Malers R. Adlmannseder, ein neues
Kulturzentrum. Graphiken von
ANTON WATZL waren in der
Eröffnungsausstellung den ganzen
November 1970 über zu sehen. Der
Künstler zeigte Arbeiten aus dem
VUEST-Zyklus" und Die Requisiten
des Herrn L." sowie Blätter aus der
Folge Flora". Interessant, daß bei
den Requisiten" wieder neue, andere
als in Herbert Lederers Theater am
Schwedenplatz in Wien zu sehen
waren, zu dessen Eröffnung Watzl
den Schauspieler in für ihn typischen
Haltungen porträtiert hatte. Einen
neuen Weg scheint der Linzer mit den
farbigen Blumenbildern gehen zu
wollen, während er mit den reinen
Zeichnungen von Pflanzen wieder
seine Sicherheit im Strich unter Beweis
stellt Abb. 13.
In WELS OOJ präsentierte die
GULDEN-GALERIE vom 6. bis 29. No-
vember Werke von ANTON WICHTL.
Der Badener Maler zeigte ebenfalls
Graphiken. Die 21 Federzeichnungen
nach landschaftlichen Motiven
bewiesen Wichtls Blick für das
Wesentliche und die Erfassung durch
seine Hand. Oft bannt er nur mit
wenigen Linien eine Ebene, einen
Höhenrücken, eine Hügelkette auf das
Blatt und gibt mit einer sanften
Verstärkung eine Tiefe und Weite.
Zehn Blätter zeigten Illustrationen
nach Alois Vogels Prosatext Die
seltsamen Vergnügungen eines
Mannes der Barnbara hieß" aus
dem bei Jugend und Volk eben
ersd1ienenen Band Vorläufige
Grabungsergebnisse". Hier beweist
Wichtl einmal mit lockerem, dann
wieder mit sehr dichtem Strichgefüge
echte Anteilnahme an den Texten.
Geometrisch anmutende Linien
markieren ein System, in dem die
Menschen, bei all ihrer Eigen-
ständigkeit, eingebunden sind
Abb. u.
In LINZ war in der GALERIE OTTt
BEJVL ebenfalls ein Nieder-
Österreicher, der Graphiker FRITZ
LADERER, mit seinen Werken
vertreten. Die Ausstellung, die vom
17. Dezember 1970 bis 10. Jänner
1971 geöffnet war, bewies Laderers
Talent. Vom Jugendstil beeinflußt,
greift der iunge Künstler manchmal
zu symbolischen Requisiten, bleibt
iedoch leicht verzerrt gegenständlich.
Seine Radierungen weisen einen
immer von neuem ansetzenden Strich
auf, ein Herantasten an die
Wirklichkeit, die für Laderer von
zeitnahen und altersbedingten
Erkenntnissen geprägt ist und doch
keine endgültige Festlegung birgt
Abb. 15.
In GRAZ stellte im KUNSTLERHAUS
vom 6. bis 2B. November 1970 der
KUNSTLERBUND GRAZ aus. Als
Gäste waren die Wiener PAUL
MEISSNER und WALTER VOPAVA
eingeladen. Meissner, nun 'eder
figurativ, zeigte in großflächiger
Anordnung Leiber vor leeren
Hintergründen. Der iunge Vopava,
der nun etwas popige Ulbilder malt,
ist eine Entdeckung, von der wir nac
manches zu erwarten haben. ALBERT
BIRKLE besdtäftigt sich hauptsächlich
mit der Gestaltung von Fensterglas,
was auch eindeutig in seinen
Temperabildern einen Niederschlag
findet. FRED HARTIG, von dem vor
kurzem eine repräsentative Sdtau in
der Neuen Galerie war wir
berichteten davon im Heft 112, war
mit seinen stark von Linie und Fläch
geformten kritischen Bildern
vertreten. Sein Sohn, JORG HARTIG
zeigte weitaus unbestimmtere, fast in
Auflösung begriffene Figuren.
Schemenhaft werden die Farbumrisse
aufgelöst. Von RENO ERNST JUNGEI
sind Ul-, Tempera- und Aquarell-
arbeiten zu sehen gewesen. PAULA
MALY hatte hauptsächlich Collagen
gebracht. Organische und
geometrische Körperformen über-
schneiden sidt, Musterungen geben
zusätzliche Spannungen. ANDREW
MOLLES gab mit seinen
geometrischen, abgestuften und in
Rhythmen angeordneten rein farblic
gereihten Mustern der Schau einen
wesentlich strengeren, analytischen
Ton. Zuletzt muß nach KARL WEISL
mit seinen weniger strengen, eher
I5
20
21
319m. Mu
MIGEWANDI
tfb-O-m
EUM
KUTVA
BILDTEXTE 12-22
I2
"I3
14
15
16
17
1B
19
20
21
22
Roland Topor, Satirische Zeidmun
Amen Wahl, in der Galerie amer-
veilchen, Ried im Innkreis
Amen Wichtl, Zeichnung nach Alois
Vogels Bambara"
Fritz Luderer in der Galerie O00 Beivl
Walter Vopuva, Ohne Tiiel
Paul Rotlerdcm, Zeichnung W. V. 365.
Kohle. 614 432 mm
Drago J. Prelog, Unglaubliche Enr
dedmng Kunsipreis W70 des Landes
Sieiermark
Franz Bayer, Dar Soldat H. J.
Brigitte Simlinger, Souvenir. UllLeinen
Franz Anton Coufal, "Flimmer-der
Turm II". Aus dem Steinfigurunzyklus
Krieg der Elemenie"
Siephun Pral, Plastik
49
Richtung der 1939 in Wiener Neustadt
geborene Maler tendiert Die Fläche
des Tatelbildes wird immer mehr
gesprengt, die oft mit kostbaren
Inkrustationen bedeckten, das übliche
Geviert verlassenden Lappen, Bahnen,
plastischen Arme lassen die
Gestaltung, die im Ansatz fast überall
vom Viereck des traditionellen Bildes
herkommt, zum dreidimensionalen
Obiekt werden. Die Linie Rotterdams
erinnert, ebenso wie manche Cauleurs,
an Klimt. Freilich zeigte gerade diese
Grazer Schau, wie sehr eigenständig
der iunge Maler alle Erfahrungen
einsetzt. In einem 1969 geschaffenen
Triptychon, das eine horizontal
ausladende Ergänzung zu den
vertikalen Bildflächen hat, gelingt es
Rotterdam, das besonders eindrucks-
voll zu dokumentieren. Von eigenem
Reiz sind auch des Künstlers
Graphiken. In den 37 Kohlestift-
zeichnungen, Ausschnitten vergleich-
bar, baut er ein solches Spannungs-
feld auf, wie es nur wenigen mit
so wenigem zu realisieren möglich ist
Abb. 17.
In GRAZ, wieder in der NEUEN
GALERIE, waren die Arbeiten zum
KUNSTPREIS 1970 des Landes
Steiermark vom 12. Dezember 1970
bis 10. Jänner 1971 zu sehen. Die Jury,
der Aleksander Gassin, Liublicina,
Dr. Boris Kelemen, Zagreb, Dr. Walter
Koschatzky und Prof. Otto Mauer,
Wien, sowie Dr. Wieland Schmied,
Hannover, angehörten, erkannte den
Kunstpreis DRAGO J. PRELOG zu.
Den Förderungspreis erhielt ERWIN
SOMMER, zum Ankauf wurden Werke
van JORRIT TORNQUIST,
CORNELIUS KOLIG und GUNTHER
LEITNER empfohlen. 131 Exponate
gelangten zur Ausstellung, wobei sich
der Bogen von FRIDRICH ADUATZ bis
ROSA ZlEGER-BANO spannte. Es
ist eindeutig, daß hier wie auch auf
anderen Gebieten die steirisdte
Hauptstadt den aktuellsten
Strömungen die größten Chancen
einräumte Abb. 18.
Im GRAZER Rathaus, in der GANG-
GALERIE, waren im November 1970
phantasmagorische Graphiken von
WILFRIED MAYRUS zu sehen.
PERCHTOLDSDORF in Nieder-
österreich hat mit der GALERIE
ROMANUM eine sehr aktive und
nachahmenswerte Einrichtung. FRANZ
BAYER stellte vom 2. Dezember 1970
bis 4. Jänner 1971 in den Räum-
lichkeiten dieses Lokals aus.
Bleistift- und Federzeichnungen sowie
Radierungen zeugten sowohl von der
akkuraten Arbeitsweise als audi von
der großen Phantasie des Künstlers.
Aus der Schule des Phantastischen
Realismus kommend, bevölkert Bayer
die Erde, das Wasser und die Luft
mit einer Fülle von Mischwesen, wie
wir sie ähnlidt seit Hieronymus Bosch
kennen. Mytholagische Vorwürfe
Laiben in der Wachau geboren
wurde, hatte erst einige Wochen
vorher eine sehr eindrucksvolle
Graphikousstellung in der Wiener
Secession, im Ausstellungsraum
des Landesmuseums waren von ihr
ausschließlich Ulbilder, die in den
letzten zwei Jahren entstanden sind,
zu sehen. Sind bei den Bildern aus
Frankreich mit ihren weichen, licht-
durchfluteten Konturen nach die
Gegenstände nahe, so werden in
den späteren Arbeiten die Farben
abgesetzt und konkreter. Die
Künstlerin erzählt direkt mit Fläche
und Linie. Caufal hatte eine Anzahl
neuer Bronzekleinplastiken und drei
größere Steinskulpturen aufgestellt.
Die Bronzen, Unikate, die im
Ausschmelzverfahren zustande
gekommen sind, zeigen durchwegs
bewegte, grazile Farmen. Manche
wirken allerdings blechern. Auch ist
die Patinierung nicht van Vorteil. Die
Steine sind eine gelungene Fortsetzung
Coufals Bestrebungen, eine Symbiose
von eckigen und runden, von
statischen und dynamischen Formen
zu finden. Erosiansartige Durchbrüche,
senkrecht und waagrecht, verstärken
den Gegensatz van naturhaft
gewachsenen und behauenen eckigen
Farmen. Chimisdies Gestein" fordert
mit seinem Aussehen, den Rundungen,
zum Unterschied von dem seltsamen
Namen, zur Haptik heraus
Abb. 20, 21.
In HANNOVER wurden in der
GALERIE CHRISTOPH KÜHL die
Metallplastiken STEPHAN PRALS
vorgestellt. Seine von der Technik
geprägten Symbalfiguren wollen die
technisierte moderne Welt mit nahezu
archetypischen Formgebungen
vereinen. Die 17 gezeigten Arbeiten
entstammten alle den letzten drei
Jahren, in denen Pral entscheidende
Fortschritte gemacht hat. Diese
Plastiken sind, ebensowenig wie alles
Immer ist Lipchitz engagiert, immer hat sein Werk mythische oder allg
andere Seiende, unwirklich, und es ist
daher durchaus nicht einzusehen,
warum sie, wie in dem Katalog der
Schau steht, die Verzweiflung
angesichts der Kluft zwischen
Künstler und Menschen und der
Realität der Gesellschaft wachrufen'
sollen Abb. 22.
In ERLANGEN wurden im STADT-
MUSEUM vom 8. Juli bis
2. November 1970 Kupferstiche und
Radierungen des Tiroler Künstlers
HARALD PICKERT gezeigt. Die
Ausstellung lief unter dem
problematischen Titel Naturnahe
Kunst heute". Die Schau war in drei
Teile gegliedert Architektur und
Landschaft", Festliche Kleingraphik"
und Exlibris, Bucheinerzeichen".
Schon aus dieser Aufstellung ist
ersichtlich, welches Heute der
Aussteller meint. Im ganzen waren
169 Objekte zu sehen, wovon viele nur
wenige Zentimeter hoch und breit
waren. In diesen Größen anb es
2a Jac ues
Lipchitz, Große FIgL
bis oao. Bronze, 213,2 w.
23a Klaus Jürgen-Fischer, Liquite.
160x130 cm
Jacques Lipchitz und Klaus Jürgen-Fischer in Baden-Baden
In der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden ist eine große Ausstellung VOt
ken des Bildhauers Jacques Lipchitz zu sehen, die umfassendste, die in
ie gezeigt worden ist. Lipchitz, ein Klassiker der modernen Kunst, wurd
in Litauen geboren und hat in Frankreich studiert, wo er sich viele Jahr
aufhielt. Seit 1942 lebt Lipchitz in Amerika. Mit Picasso bekannt
erste kubistische" Plastik schuf, den Frauenkopf" von 1909, mit Jua
befreundet, ist er um 1913 und das bedeutet nur wenig später als Du
Villon, Bocciani, Oto Gutfreund, Archipenko und Laurens einer der
Bildhauer des Kubismus geworden.
Die Schau präsentiert ihn vorzüglich. Seine klassischen Anfänge, die in dei
von Maillal liegen. Seine ersten prismatisch-kubistischen Versuche, bei den
bekleidete Figur eine Rolle spielt. Seine abstrakte" Zeit um 1915, wo alle
dige Farm in exakte, wenn freilich auch immer stereometrische Forme
wandelt wird. Die Serie der Badenden" macht einen Höhepunkt aus.
Um 1920 kommt eine Schwere und Wucht in die Figuren und Reliel
Lipchitz, die sich über die Mitte des Jahrzehnts hinaus ständig steig
solchen mächtigen und förmlich sigelhaften Konzentraten kubistischer Bildh
wie Ploumanach" von 1926. Dem Werk liegt eine Erzählung der Bibel zug
Der Engel Pli hat Manaach einen Sohn von ungewöhnlicher Kraft und
verheißen. Als Gedanke lebt Samson nun im Haupt seines Vaters, der
beinig und voller Selbstbewußtsein dasteht. Die Große Figur" 1924
hat etwas von der Suggestivität afrikanisdwer und indianischer Totems.
In den frühen dreißiger Jahren beginnt der barocke" Bildhauer Lipchitz
zugleich malerische und bewegte, zum Teil auch durchlöcherte Form
angestrebt, die in späteren Jahren zu einem teigigen Brei ausarten
Inkonsequenz macht sich zuweilen bemerkbar. So, wenn der Künstler ein
einzelne gehenden Detailnaturalismus mit mehr oder minder abstrahierte
men oder impressionistischer Auflösung im gleichen Werk kopuliert.
großen und ziemlich gedrängten Skulpturen des Iitauischen Bildhauers sir
aus schlauchartigen Gebilden zusammengesetzt. In der barock aufschöurr
Apotheose Frieden auf Erden" 1967 hält eine Taube eine große Herzfor
mit der Spitze nach oben steht und ein Frauenwesen beherbergt, im Schnal
menschliche Inhalte. Eine tolpatschige Turbulenz kann zu den Charakte
gehören.
Ein Reich der Stille betritt, wer in die anderen Ausstellungsräume der
Iichen Kunsthalle kommt. Dort zeigt Klaus Jürgen-Fischer, einer der wesen
modernen Maler Deutschlands, neue Bilder. Er war von Paul Klee bee
und ist ein Schüler von Willi Baumeister gewesen. Max Ernst war eine Zr
Leitstern für Klaus Jürgen-Fischer. Das alles, und noch einige Eigenheiten
die seine früheren Entwicklungsphasen charakterisieren, kann man in
Ausstellung der Galerie Cornels in Baden-Baden studieren.
Immer hat Klaus Jürgen-Fischer seine Bilder mit Sorgfalt gemalt. Das Spo
das Peitsdiende und Wirbelige der informellen Kunst, die ihn gleichwohl
essierte, war nie seine Sache. Manche seiner Bilder wurden, mehr oder
zu Recht, mit Tobeys und mit Darazios Farbgeflechten verglichen.
Was Klaus Jürgen-Fischer nun in der Kunsthalle zeigt, stellt ihn als eine
artige und eindrucksvolle Künstlerpersönlichkeit vor Augen.
Seine Gemälde sind von einer großen Einfachheit. Ein wappenartiges Ze
in dem sich Vegetabiles, Strähniges, Zellen- und Wachstumartiges bei
kann, hebt sich von einer Fläche ab, deren Struktur mit der größten Akkur
gemalt ist, Strich neben Strich, Schicht über Schicht, in einer Lasurentechni
eine volle, satte, aber auch eine schattige, stille, geheimnisvoll tönende
wirkung erlaubt.
Raumandeutungen entstehen, als Flächenräurne oder Raumflächen gleir
Die großen Formate bestimmen das Bild der Ausstellung. Kleinere
kleine Kostbarkeiten, manchmal mit Goldgrund, sind da und dart zwisch
verspricnr sicn viei von lnm
iener Werkstätte. Diese hat
Märchenbuch von ihm
geben, aber nicht für
inder. Kokoschka ist ein
junger Mann und begabter
öter; für seine drei
Ben Skizzen zu Gobelins für
.immer wird er in die Luft
werden, aber das wird ihm
.uft gut tun. Auch eine
ist da, die nicht für die
Galerie angekauft werden
Erstlings- und Letztlingswerk,
erhaupt sein ietziges
schon überwunden hat..."
ußtsein der Gesichte
ich, was da ein Standpunkt
ens ist und ein Hochstand
ein Schiff sowohl
chen in die Wogen und
rein in der Luft ist.
in ist die Ursache aller Dinge,
Vorstellungen. Es ist ein
;sen Horizonte Gesichte sind!
in ist das Grob für die
sie aufhören, das Jenseits,
eingehen. So daß sie
iei ihrem Ende in nichts
hem mehr zu bestehen
als meinem Gesicht in mir.
lEfl ihren Geist aus, wie die
uchtet und vom Docht das Öl
ßt Aus dem Vortrag
as im Jahre 1912.
astporträt, 1908, Ton, 40 cm
seum af fine Arts.
ister Oskar Kokoschka an seinem
in Villeneuve, Ende 1970.
er Oberwildling" feierte nun
Frische und erfüllt von einer
henen Schaffenskraft im
seinen 85. Geburtstag!
Georg Eisler
Ausstellungen in der Secessian
und in der Galerie auf der
Stubenbastei
Vor einigen Monaten zeigte Georg
Eisler mit viel Erfolg Ölbilder in der
Secession. Er ist ein physischer, kein
metaphysischer Maler. Menschliche
Leiblichkeit interessiert ihn, Landschaft
und Innenraum, auch die Straße und
ihre Passanten, auch das Porträt.
Farbe wird bei Eisler als eine sinnliche
Qualität, als etwas Schwelgerisches
und selber Körperhaftes erlebt. Der
Künstler liebt den Wechsel von
opaken und durchscheinenden
Schichten. Er bevorzugt gebrochene
Töne und gibt gerne Schwarz in die
Farbe. Sein Finselzug ist rasch,
quirlend, lebendig. Das öffentliche
Leben auf den Straßen, in Lokalen,
im Autobus und auf der Straßenbahn
erregt seine Aufmerksamkeit nicht
minder als das im privaten Bereidi,
in einem Zimmer zum Beispiel, wo
Menschen sich um einen Tisch
versammeln. Ein Paradestück ist
Der Bahnhofswartesaal in D.", ein
besonders wohl gelungenes Bildnis
das von Georg Lukäcs. In den
Badenden von Lapad" werden
Landschaft und Figur auf eine
großzügig malerische Weise
dargestellt. Ein mehrmals wieder-
kehrendes Thema ist die Straße mit
Laufenden, mit Demonstranten. ln der
Malweise setzt Eisler Traditionen fort,
die bei den Venezianern begannen.
Die Freiheit moderner Malerei kommt
hinzu. Von den neueren Österreichern
haben den Künstler Oskar Kokoschka
und Richard Gerstl beeindruckt.
In der Galerie auf der Stubenbastei
zeigt Eisler gegenwärtig Zeichnungen
und Pastelle zu den Bildern. Sein
Strich besitzt Elan und Sicherheit. Er
fängt die schläfrige Atmosphäre in
einem Bohnhofswortesaal ebenso ein
wie die funkelnde und erregte in
einem Nachtlokal. Dem Thema der
Aggressivität gilt die Darstellung von
Polizeiaktionen und die einer Frau,
die eine andere Frau kämmt. Ein
Stück, das an Turner gemahnt, ist das
Pastell Vor Dover". Daß Eisler zu
den besten Aktzeichnern unter den
iüngeren österreichischen Künstlern
gehört, stellt er hier nicht zum
erstenmal unter Beweis.
Johann Muschik
Abbildung oben
Georg Eisler, Phoenix-Club, 1970
Wiener Kunst- und Antiquitätenmesse 1971
MESSEPALAST WIEN, 20. BlS 28. MAI 1971
Die erste Wiener Kunst- und Antiquitätenmesse, welche derzeit vom Landes-
gremium Wien für den Handel mit Gemälden, Antiquitäten und Kunstgegenstän-
den vorbereitet wird, verspricht ein neuer Höhepunkt des Wiener Kunst- und
Kulturlebens zu werden. Diese Veranstaltung, die in der Zeit vom 20. bis
28. Mai 1971 im Wiener Messepalast, in der ehemaligen Winterreitschule, dem
heutigen Festsaal, stattfinden wird, wird auf einer Fläche von etwa 1000 m7
ausgewähltes und auserlesenes Kunstgut und Kunstgewerbe präsentieren.
Neben den Wiener Kunst- und Antiquitätenhändlern werden sich auch Aus-
steller aus Salzburg, Oberösterreich und der Steiermark beteiligen. Die außer-
ordentlich strenge Ausstellungsordnung gibt die Gewähr dafür, daß nur qualita-
tiv hochwertige, sich in einwandfreiem Zustand befindliche Exponate gezeigt
und zum Verkauf angeboten werden können.
Mit dieser Leistungsschau des Kunst- und Antiquitätenhandels in Form einer
Messe im österreichischen Raum wird eine empfindliche Lücke auf diesem Sektor
geschlossen, denn in den Nachbarländern sind Messen dieser Art seit Jahren
ständige Einrichtung und wie sich zeigte notwendig, da sie von größtem Inter-
esse des Käuferpublikums begleitet sind. Das veranstaltende Landesgremium
schließt daher mit Genugtuung diese Lücke, ist doch gerade der österreichische
Kunstmarkt ein fast unerschöpfliches Reservoir an Kostbarkeiten und Raritäten,
basierend auf der großen Tradition der ehemaligen Monarchie, die mit ihrem
vielfältigen Reichtum des Kunsthandwerks stets lebendig ist. Ein in Österreich
noch nie dagewesenes Aufgebot an Kunst und Antiquitäten soll gezeigt werden,
das dem kunstinteressierten Käuferpublikum Gelegenheit gibt, sich mittels die-
ser geschlossenen Schau eine Übersicht über die vielen Möglichkeiten zu ver-
schaffen, wie man stein Leben mit der Kunst" verschönert einrichten kann.
ln unserem vollautomatisierten, technisch perfekten, genormten und konfektio-
nierten Dasein eine Möglichkeit, die viel zuwenig oder überhaupt nicht be-
nutzt wird. Österreichs Kunsthändler vertreten diese Meinung nicht allein aus
kommerziellen Erwägungen, sondern fühlen sich auch aus ihrer kulturellen
Verpflichtung heraus dazu bewogen.
Die rege Sammlertätigkeit, die in Österreich nach dem zweiten Weltkrieg in
überaus erfreulicher Weise wieder eingesetzt hat und auflebt, soll durch die
Messe weiter gefördert und ausgebaut werden. Es geht den österreichischen
Kunsthändlern vor allem darum, allen Besuchern der Messe zu ermöglichen, im
Rahmen eines konzentrierten Angebots ihre Auswahl zu treffen.
Auf der Wiener Kunst- und Antiquitätenmesse muß ieder Aussteller mit
exakten Angaben bezüglich Alter und Zuschreibung über iedes Exponat dem
Käufer gegenüber Sicherheit und Gewähr geben. Eine verantwortungsbewußte
Jury gewährleistet ebenso, daß nur qualitativ einwandfreie Originalobiekte zur
Ausstellung gelangen, und wacht während der gesamten Dauer der Veranstal-
tung streng darüber. Sämtliche ausgestellten Obiekte müssen verkäuflich sein.
Die Wiener Kunst- und Antiquitätenmesse 1971 zeigt auf den verschiedenen
Sektoren Möbel und Kunstgewerbe von der Gotik bis zum Biedermeier, Skulptu-
ren von der Antike bis zum Klassizismus, Gemälde und Graphiken vom goti-
schen Tafelbild bis zu den Werken der Jahrhundertwende, Schmuck bis 1830,
Teppiche und Militaria bis 1918. Separiert werden hochwertige Werke des
Jugendstils präsentiert werden.
Werke von lebenden Künstlern sollen im allgemeinen nicht gezeigt werden,
doch wird in besonders berücksichtigungswerten Fällen die Jury eine Sonder-
genehmigung erteilen.
Die Veranstalter sind sehr bemüht, dem exquisiten Aufgebot des Kunsthandels
auch einen würdigen Rahmen zu verleihen, und man will vom üblichen Schema
abgehen. Ein einheitliches Ausstellungsprofil soll die Aussteller verpflichten,
das Ziel, mit dieser Messe zugleich auch eine hochwertige Kunstausstellung zu
schaffen, zu respektieren. Die Wahl des Termins, der in die Zeit der Wiener
Festwodien fällt, soll vor allem die kulturellen Erwägungen der Veranstalter
unterstreichen. Ein Plakat wird sowohl im lnland wie im Ausland für die Messe
werben, sein Bildmotiv zeigt ein schmiedeeisernes Aushängeschild s. Abb. aus
dem 18. Jahrhundert mit dem österreichischen Wappen als Symbol für die
österreichische Vereinigung der Kunst- und Antiquitätenhändler. Auf diese
Weise sollte die erste Wiener Kunst- und Antiquitätenmesse auch in bildhafter
Weise weithin auch international bekannt werden und in gleicher Weise auch
zukünftige derartige Veranstaltungen ankündigen, denn man hofft, diese Messe
zu einer bleibenden kulturellen und wirtschaftlichen Einrichtung Österreichs
zu machen und sie alliährlich zu wiederholen.
Da Wien bekanntlich immer noch der preisgünstigste Einkaufsboden für Kunstgut
und Antiquitäten im Bereich des westlichen Kunst- und Kulturkreises ist, dürfte
diesem Vorhaben ein gutes Gelingen sicher sein.
51
Internationale Aktualitäten
BRD AACHEN, NEUE GALERIE IM ALTEN KURHAUS GARY KUEHN
Gary Kuehn lebt und arbeitet in New Jersey, ist als Kunstpädagoge ausgebildet und
hat ahrelang auf dein Bau praktiziert. Er zeigte in der Neuen Galerie einen Bauplatz.
Bretter, Sdlaumstoff, Fiberglas, Stahlfedern, Schrauben, Strdudler, Eisenbledle, Filzstifte
und Leinwand sind seine Materialien.
Kuehn in der heutigen Kunstszene einen festen Platz zuzuweisen, ist schwierig, man
könnte ihn zu Richard Serra, Keith Sonniar und Robert Morris stellen. Was er
hervorbringt, ist nicht Pop-art, audl nicht Minimal-art, wohl aber ist es eine sehr
diskrete Kunst, die weder von der Werbung kommt noch Werbung sucht. Diese stille
Kunst, die der lärmenden Pop-arn gefolgt ist, ist eine wissenschaftlid1e" Kunst,
die ihre eigenen Grundlagen analysiert.
Gary Kuehn, der in manchem an Beuys erinnert und an dessen Schüler, untersucht
Energien, die Wahrnehmung von Energien und die Täuschungen der Wahrnehmung.
Man sollte meinen, daB es Zeit wird, ihn und jene obengenannten nidlt mehr als
Einzelgänger zu klassifizieren.
BRD ASCHAFFENBURG, WETTBEWERBSERGEBNIS ZUM LOB DES PAPIERS"
Wie wir in unserer letzten Nummer bekanntgaban, haben die Popierwerke
,,WaIdhof-Asctlaffenburg"-AG einen Wettbewerb unter dem Titel Zum Lob des Papiers"
ausgeschrieben. Eingeladen waren Studierende an Akademien, Werkkunstsallulen,
Fadlsdtulen des graphischen Gewerbes und freisdtaffende Künstler.
Mit weit über 200 Arbeiten, und zwar original- und Druckgraphiken, Collagen und
Plastiken, war das qualitative Niveau der Einsendungen nach übereinstimmender
Beurteilung der siebenköpfigen Jury über Erwarten hoch. Den ersten Preis, DM 5000.-,
geteilt erhielten die Münchner Peter Callien und Ult Rustan Badendieclt. Die weiteren
Preise erhielten Friedrich Gross und Setsuko Kottmann-Ikai 2. Preis geteilt, Werner Hilsing
und der Wiener Karl Korab 3. Preis geteilt. Einen Sonderpreis erhielt Ingrid Grasse-
Meininghaus.
BRD STÄDTISCHE SAMMLUNGEN BIBERACH BRAITH- UND MALI-MUSEUM
ROLF NESCH
lrn zehnten Jahr ihrer Durchführung von Wanderausstellungen zeigte die Staatsgalerie
Stuttgart vom 14. Februar bis 21. März 1971 eine Ausstellung des deutschen Malers und
Radierers Rolf Nesoh, der sait 1933 in Aal bei Oslo ansässig ist. Der Künstler widmet sich
besonders dem farbigen Metalldrudc von zwei Platten. Der Metalldrudi nach einer
Erfindung von Rolf Nesdl ist die Graphik von Platten, die nidrt nur geätzt werden,
sondern durah Auftragen und Auflöten von Metallformen, Kupterdrahten, Lötzinn sowie
durch Ausbohren oder Aussägen van Lödlern ein in der bisherigen Drucktechnik
unbekanntes Relief und somit eine völlig neue Ausdrudxsform erreichen.
Bereits im Jahr 1933 war das Verfahren in der Reihe Sohnee" zunächst in
Sdlwarz-Weiß vervollkommnet und in der gleidlfalls 1936 vollendeten Serie Lofaten"
mittels farbiger Ätzungen mit neuen Farbklöngen weiter entwickelt worden. Die
Ausstellung brachte in zirka 80 Blättern aus dem reichen Schaffen des Künstlers eine
geglückte Auswahl an farbigen Metalldrudren. Die beiden Folgen Scflnee" und Lafoten"
zeigen in ihrer Gestaltungskraft die starke Verbundenheit des DeutschrNorwegers mit
seiner neuen Wahlheimat. Daneben spiegelt sich in vielen Blottern das Leben der Fischer
und Bauern, der nächtlichen Hafenstadt, der Spukgestalten und Kobolde nordisdler
Märchenphantosie sowie religiöser Visionen.
ÖSTERREICH ARCHTEKTURKONGRESS 1970
Die Üsterreidlische Gosellsdlaft für Architektur hielt am 7. November 1970 im Loos-Haus am
Kreuzberg, Paverbach, den Usterreicflisdlen Ardlitekturkongreß 1970 ab.
Die Demokratie als Garantie der individuellen und kollektiven Entfaltung drückt sich
oudl im Bauen aus. Die Information und Bildung der Uffentlidlkeit soll das Bewußtsein
iedes einzelnen unserer Gesellsdlaft erweitern, daB er alle seine Möglichkeiten und
Kompetenzen zur Mitgestaltung eines eigenen Bereidies ausschöpfen kann."
So also lautete der programmatische Kornsatz des Kongresses. Alle Bewohner
Usterreichs wurden aufgefordert, ihr unbehagen über Planungen und Realisierungen
öffentlidl zu äußern. Ebenso empfahlen die Kongreßteilnehmer eindringlichst, alle
wichtigen städtebaulichen Planungen Usferreicfts nicht nur in der Uffentliahkeit
vorzubereiten und zu diskutieren, sondern auch die betroffene Bevölkerung laufend über
die Probleme sachgemäß zu informieren und zu Entscheidungen heranzuziehen.
Ausdrücklich wird ferner empfahlen, allen Sdtulen konkrete Kenntnisse der Gestaltungs-
möglichkeiten der Umwelt zu vermitteln. Die Kongreßteilnehmer stellten die Forderung auf,
daB vor allem die Massenmedien hier vor allem der ORF die Probleme der Ardlitektur
und Planungvon Fachleuten und Betroffenen behandeln und unzensuriert publizieren.
ÖSTERREICH RESTAURIERPROGRAMM 1971 DES BUNDESDENKMALAMTES
Für das Jahr 197i steht eine Großrestaurierungskampagne auf dem Programm des
Bundesdenkmalamtes. 50 Pr iekte allein in Wien, u. a. Malteserkirche Kürntnerstraße,
Totenkopelle neben der Heiliganstödter Pfarrkirdte St. Michael sowie die Uberholung der
malerischen Innenausstattung der Wiener Votivkircfle, sollen heuer nadl Möglichkeit
verwirklicht werden. Der Schwerpunkt in den Bundesländern liegt auf Burgen und
Sdllössern, u. o. Hochasterwitz Kärnten, Burg Landecli Tirol und Burg Trautenfels
Steiermark.
USTERREICH GALERIE WELZ, SALZBURG
Die Direktion der Galerie Welz gibt uns im folgenden ihren Ausstellungsplan für das
erste Halbjahr 1971 bekannt
Z1. Jönner bis 24. Februar Ronald Searle Karikaturen, Illustrationen, Zaidmungen und
Lithographien
l. Mdrz bis I2. April. Oskar Kokoschka, Aquarelle und Zeichnungen
15. April bis I6. Mai. Herwig Schubert, Zeichnungen
20. Mai bis 20. Juni Gottfried Salzmann, Neue Aquarelle und Zeichnungen
USTERREICH WIENER NACHRICHTEN
Im dritten Vierteliahr 1970 wurden im Rahmen einer Prämienaktion für Wiener
Kleingalerien ausgezeichnet
Galerie Würthle Ausstellungen Urtail", Haffmann" Galerie auf der Stubenbastei
Ausstellung K. A. Wolf" Galerie nadist st. stephan Ausstellungen Pareilodien",
Arnulf Reiner" und das Crafts Center des OCC Ausstellung Drabny-Moosmann-
Spurey". Genannte Galerien bekamen in Anerkennung ihrer Tätigkeit Prämien im
Gesamtwert von 22.0003
"Salzburger Künstler in Wien". Mit dieser vom 18. März bis 12. April 1971 im Wiener
Künstlerhaus stattfindenden Ausstellung erfuhr das von Vizebürgermeister
Gertrude Sandner initiierte Bundesländerprogramm eine wertvolle Bereicherung. Dia
Ausstellung wird nach Wien in Berlin und wahrsdteinlioh auch in Salzburg gezeigt werden.
"Phantastischer Realismus". Aus Paris erreicht uns die Nachricht, daB sowohl das dortige
kunstinteressierte Publikum wie auatl die Kritik über die aus Beständen des Kulturamtes der
stadt Wien gezeigte Ausstellung Graphik des phantastischen Realismus" begeistert ist.
Leopold Netopil
52
Internationaler Kunstspiegel
BILD 24 Formal rhythmisch betonte Reliefs und neue graphische Blätter stellte
Aschermann in der Kleinen Galerie in der Neudeggergasse aus. Die Leitung der in
Wiener Kunstleben überaus verdienstvollen Institution übernahm mit Beginn 1971
der Bildhauer Hans Muhr. Muhr löst damit Diplomingenieur Karl Gerstmayer ab,
idealistisdter Förderer und Promotor moderner Kunst Jahrzehnte hindurch sein reid
Wissen und seine persönlichen Beziehungen zur Wiener Künstlerschaft in den Dient
Gesellschaft der Kunstfreunde" und der ihr angegliederten Kleinen Galerie stellte
Karl Gerstmayer veranstaltete nicht nur regelmäßig Ausstellungen in- und ausländi
Künstler, sondern versuchte vor allem durdt systematische Bildungsarbeit, in dere
Vorträge und Diskussionen ebenso stattfandon wie Dichterlesungen und Exkursionel
Terrain für die Moderne zu gewinnen. Daß ihm dies durch seine stets hilfsbereite
entgegenkommende Art besonders gut gelang, werden vor allem jene bestätigen,
iungen Jahren mit Diplomingenieur Karl Garstmayer in Kontakt traten und dr
Mittlerralle ein echtes persönliches Verhältnis zur zeitgenössischen Kunst gewinnen
BILD 25 Ein erfolgreiches Ausstellungsdebüt im Rahmen einer qualitativ gut ausg
und gesdlickt arrangierten Personale hatte der 1945 in Salzburg geborene Plastikel
Hoellwarth in der Wiener Galerie Tao im Usterreichischen Kunstzentrum zu verzeir
Als Beispiel dieser Schau eine der formal konsequent durchdachten und
weiterentwidielten Skulpturen des iungen Künstlers.
BILD 76 Zum hundertsten Geburtstag von Adolf Loos zeigte das Museum des
20. Jahrhunderts in Wien die Ausstellung Adolf Loos für iunge Leute". Die mit
finanzieller Unterstützung der UNESCO und einiger privater Firmen zustande geko
und von einer informativen Faltbroschüre begleitete Schau enthielt Photos, Mode
Tonbandaufnahmen und Spiele. Parallel dazu fanden Kinder auch Gelegenheit, unt
des Kunstpädagagen Prof. Ludwig Hofmann selbst zu malen, zeidlnen und zu for
BILD 77 Unter dem wehmütigen Motto für längere oder lange Zeit die letzte
Ausstellung" kündigte Heide Hildebrand eine Ausstellung von Peter König an, die
Dezember 1970 in Klagenfurt stattfand. Stellvertretend für die Exposition unsere
Wiedergabe eines der am amerikanischen Realismus sichtlich orientierten Bilder des
BILD 2B Der Wiener Maler und Druckgraphiker Hans Krenn stellte in den Monats
Oktober und November des Voriahres an der Technischen Universität FlaridalOrlol
BILD 19 Die Galerie im Stock", Wien Riemergasse eröffnete im Dezember
als iüngste Wiener Neugründung rnit einer Gruppenausstellung von Zedlyr,
Korab sowie einigen Malern der Wirklichkeiten". Als Editionsblatt erschien aus
Anlaß Karl Korabs mehrfarbiger Siebdruck Würdentröger".
BILD 3D Mit der nebenstehend abgebildeten Einladungskarte lud der deutsche
Konzeptkünstler und Aktianist Timm Ulrichs zur Eröffnung seiner jüngsten Ausstellu
der Christian-AlbrechtsrUniversität in Kiel.
BILD 31 Einige Dutzend sdlwarzweißer und farbiger Zeichnungen stellte der durc
mehrere Ausstellungen in Italien bekanntgewordene Maler und Graphiker Berntli
in der Galerie Nagl in Wien aus. Dr. Walter Zettl, Sekretär am Österreichischen
Kulturinstitut in Rom und über diese Eigensdtatt hinaus ein wertvoller und initiativt
Vermittler von Ausstellungen österreichischer Künstler in italienischen Galerien um
Kunstinstituten, sdtrieb über Grisels künstlerisdle Eigenart im Katalog der Wiener
Ausstellung unter anderem
Bereits anlößlich seiner ersten Persanolousstellung im Winter 1967168 in der römisc
Galerie Ferro di Cavallo" hat die italienische ik, angeregt von dem präzisen
graphisdien Gefühl des Künstlers, auf dessen Affinität zur Art Nouveau" hingew
aber ebenso seine Auseinandersetzung rnit den gegenwärtigen Tendenzen, etwa mi
eines Roy Lidltenstein Mit der ihm eigenen zeichnerischen Akribie überwindet er
aggressiven Balsdlafton der Papart". Man bezeichnete ihn GUCII als auBergewöhn
tuosen der farbigen Zeichnung, der mit der Feder seinen eleganten weiblichen Fign
verleiht, und wollte eine gewisse Verwandtschaft mit Beordslev und Wessalmann er
Am meisten faszinierte an den Arbeiten Grisels die Überwindung iener Existenzant
zu oft den Werken van Künstlern seines Genres abzulesen ist. Indem er sich immei
mehr von der Irrealität einer mythisch-phantastisdlen Traumwelt löste, setzte er dil
ohne iegliche Aggression einen natürlichen Freiheitsbegriff entgegen. Diesen Weg
seither konsequent fortgesetzt. Durch eine immer stärkere Klärung der Formen undl
der Farben gewinnt er vor unseren Augen Stück für Stück seinen Anteil am Paradii
BILD 32 Zu den interessantesten Ausstellungen der Galerie Autodidakt, Wien
Operngasse zählte zuletzt die Personale des Zeichners Rudolf Janisch.
BILD 33 Im Rahmen einer Ausstellung in der Galerie Kaiser, Wien stellte Petet
Bischof sein neuestes Mappenwerk mit dem Titel Ich ist ein anderer" var. Die
schön gelungene, künstlerisch wertvolle bibliophile Publikation enthält insgesamt el
handsignierte und numerierte Radierungen des Künstlers in den Farben Melorieblr
Cyanblau, Kabaltblau, Sepia und Schwarz, die adrt Gedichten des im Voriahr frei
aus dem Leben gesdiiedenen asterreidrisdten Lyrikers Paul Celan gegenübergestell
wurden. Das mit 49 Exemplaren limitierte Mappenwerk kostet 240o.-.
BILD 34 Rom am Dom" lautete das Motto einer Ausstellung des Römisch-Garmc
Museums in der Kunsthalle Köln. 14. November 197D bis 14. Februar 1971.
Eine Ausstellung eigener Art über Ausgrabungen, die noch im Gange sind. Aber dt
große Baugrube für die Tiefgarage am Kölner Dorn hat rnit ihren vielen Resten au
Vorzeit und dem anrsigsn Treiben der Archäologen das Interesse der täglich arn
sich drängenden Zuschauer geweckt. Die Ausstellung berichtet von der Tätigkeit de
Ausgrdber und den überaus vielseitigen Ergebnissen, die der Uffentlicttkeit nicht
vorenthalten werden sollen. Sie reichen von der Steinzeit bis ins Mittelalter und
häufen sich besonders in den römischen Schidlten. Hier bekommen wir ganz neue
Aufschlüsse über die Anfänge der stadt des Lagers, aus dern die Legionen in die
Katastrophe des Varus rladi Chr. marschierten. Es gibt Zeugnisse aus allen
des Lebens im römischen Köln, Mosaiken und Wandmalerien, heidnische Götter, ri
einheimische und den persisdten Gott Mithras neben den Bauten des trühen Christi
Die schriftlichen Aufzeichnungen, die gefunden wurden, reichen von den Notizen
gesdlättigen Einwohner auf Wadlstäfelchen bis zu der monumentalen Inschrift für
Nero. Rom wird lebendig bei dieser Schau neuester bedeutender Funde vom Dom.
BILD 35 In der Zeit vorn 5. bis 30. Jänner 197i zeigte die Galerie nächst St. Slepl
in Wien die erste Einzelausstellung von Joseph Beuys in der Bundeshauptstodt.
Kulturableilung irn Anit der Tiroler Landesregierung veranstaltete, von oswald ob.
ausgewählte und gestaltete Exposition umfaBte ati vorwiegend graphische Arbeiten
Sammlung Hans und Franz van der Grinten, Kranenburg. Vor Wien war die
Ausstellung Leitung Dr. Magdalena Hörmann-Weingortner bereits in der Galerie
Taxis-Palais in Innsbruck zu sehen, wo sie ebenfalls Gegenstand heftiger Meinur
Verschiedenheiten und Schlußfolgerungen für einige Aufregung irrl Kunstalltag so
Der irn Anhang S. 53 rechts wiedergegebene Artikel des BeuysrSammlers Hans va
Grinten fungierte als Kotalogvorwort beider Ausstellungen. Wir veröffentlichen
ihn mit Einverständnis des Autors vor allem deshalb besonders gerne, weil er
Beispiel eines außergewöhnlichen Einzelgängers wesentliche Grundsatzfragen heuti
Kunst zur Diskussion stellt.
30
Entgrenzung des Kreativen zu BILD 35, S. 52.
Eine kreative Potenz von ungewöhnlicher Wirkung und
Ausstrahlun das ist etwa der Stellenwert, den Joseph
Beuys im entliehen Bewußtsein einnimmt. Er resultiert
aus einer fast zehniährigen unablässigen Verwirklidiun
plastischer Impulse in einer Utfentlidikeit, die Plasti
unter einem Gattungsbegriff einordnen will, den aufzu-
sprengen und zu entgrenzen sidi Beuys zur Aufgabe
emacht hat. Er weiß sich im Einklang mit vielen
enerationsgenassen, mit noch mehr An ehörigen der
nachfolgenden Generation, kurz Mit al denen, die
Kunst nicht als einen eingefriedeten Bereich mit sorgsam
dosierter Wirksamkeit in Leben und Gesellschaft ver-
stehen und akzeptieren können, sondern als einen
zentralen und primären lmpuls" G. Benn, dessen
Dimension und Reichweite der Begrenzung spottet. Der
zähe, hinhaltende, teilweise recht massive Widerspruch
gegen sein Werk, in Öffentlichkeit und persönlichem
Wirkungsbereich, hat die beharrliche Folge eigener
Manifestationen, die sidi in sehr verschiedener Weise
als Werke, Aktionen, Szenen, Gespräche präsentieren,
nidit zum Erlie en kommen lassen. Eine Ermüdung ist
vielmehr weder üben und drüben spürbar.
Feststellbar bleibt bis in die iüngste Zeit wieder und
wieder, daß die Arbeiten von Joseph Beuys verglichen
mit vielen ähnlich gelagerten Resultaten ungawähnlidi
vehemente Reaktionen hervorrufen, seien sie negativ
oder positiv. Das hat wohl vor allem seinen Grund in
der Vermeidung der vielen Normvorstellungen, die
unsere innere Existenz in weit stärkerem Umfang regie-
mentieren und verstümmeln, als uns bewuBt gemacht
wird, dies gilt gleidierweise für Maße, Materialien
und Situationen, in denen sidi sein Werk realisiert und
durch seine ieweilige Ausformung das ganze Gebäude
der gewohnten Determinationen in Frage stellt. Das
Aufbredien aus ungewohnten Aus angspositionen mit
ungewöhnlichen Materialien zu Zie en von schwer be-
stimmbarer und noch schwerer abgrenzbarer Tragweite
und Allgemeinverbindlicfikeit enthält zu viele Kompo-
nenten der lrritation und der Befremdlichkeil, als daB
man auf eine baldige einhellige Zustimmun zu seinen
Schritten auf dem Wege einer entspannten gEinheit von
Leben und Kunst redinen könnte. Diese Einheit würde
die Hierarchie der von ganz bestimmten Materialeigen-
schuften und Materialfetischismen geprägten Wertvor-
stellungen einebnen zugunsten einer nidit nivellierenden,
sondern gleichermaßen erhöhenden und auszeichnenr
den Charakterisierung aller Mittel und Stoffe. Beuys hat
eine große Stredre auf diesem Weg zurückgelegt, doch
ist es sicher falsch, sein Tun als Kult des prinzipiell
Poveren zu interpretieren oder in ihm einen Liebhaber
des Verschlissenen und Abgenut-zten zu sehen. lhm geht
es viel mehr um den Ausdrudxswert bestimmter Zustande
eines Materials, im äußersten Falle iedes Materials,
wobei nichts weniger angestrebt ist als Antithetik oder
Kontrast.
Beuys ist vielmehr ein Meister gleitender Übergänge,
bis zur Verwedvselbarkeit einander angenäherter Affini-
täten in Gestalt, Farbe, Gestus, Klang. So ist oudi seine
Fähigkeit der Verwandlung zu begreifen, die ohne ein
starres Gerüst von Grundformen oder routinierten Wen-
dungen im Zeichnerisdien und Malerischen zwanglos
Gestalthaftes in Räumliches überführt und umgekehrt.
Beäreifbar wohl als ein Gleichgerictitetsein zu Natur
un Kosmos, das seine Legitimaßion erhält aus unabr
lössigem Eindringen in Erscheinung und Forschung. Die
menschliche Gestalt entkleidet sich ihrer Aktivität gegen
Tier, Ding, Natur; sie verschwistert sich allem.
Die Wärme porträthofter Nähe eignet ihr ebenso wie
die Kühle lypenhofter Farne, das Engagierte des Indivi-
duellen findet ebenso seinen Raum wie die Unberühr-
barkeit des Mythischen. Ob sich ein Thema mit spitzem
Stift oder mit breitem Pinsel realisiert, immer erscheint
das Resultat, das Werk als ein Zeugnis der Gesamtheit
der Ersdieinun en und Geschehnisse, in die das einzelne
ohne Zwang eingebettet ist. Der unermüdbare kreative
Impuls naturhaft wie Atemholen und Wellen an findet
in der Arbeit von Joseph Bauys eine Kristal isamon von
großer Reinheit. Hans van der Grinten
53
54
reum. Wien
NSTAUKTION VOM 1.-4. DEZEMBER 1970
rialognummern
ergebnis 9,895.189.-
Frans van Bloemen 1662-1749, Südliche Berglandschafi mil Kaslell und
ifagefiguren. UllLwd, 97,5 133 cm. Kai, Nr. 11
40.000.- Meislbol 120.000,-
Breughel 1558-1625, Landslraße in Flandern. UllHolz, 29 43 cm.
r. Nr, 15
60.000,- Meisibai 550.000.-
iholomöus van der Helsl 1613-1670, Pariräi einer Nonne.
Lwd., 70 56,5 crn. Kal. Nr. 56
9000- Meisiboh 22.000.-
eph Hickel 1736-1807, Porlröl des Karl Maximilian Fürsien von
lrichsiein im Aller van 76 Jahren. UllLwd., 96 73 cm. Vom gleichen
sller isi im Schlaßmuseum Riegersburg ein ähnliches Porlräl zu sehen,
den Fürslen Dielrichslein um fünf Jahre ünger zeigt. Kai. Nr. 58
7000.- Meislboi 10.000.-
is Claesz de Hondecaeier 1575-1638, Reiherbeize im Schloßwald,
'lolz, 47x 80 cm. Kal. Nr. 61
70.000.- Meislbol 450,000.-
ef Lauer 1818-1881, Slilleben mil Rosen, Zeisig und Schrnelierling.
UllLwd., 31 39 crn. Kai. Nr. 78
30.000,- Meisiboi 150.000.-
rund Mahlknechi 1820-1903, Feierabend am Lande. Sign. und bez.
an, CllHnlz, 37 61 cm. Kai. Nr. 83
17,000.- Meislbol 50.000.-
rusl von Peiienkafen 1822-1889, Sommermorgen auf ungarischem
ernhof. Sign. u. dal. 1857, UllHolz, 41,5 65,5 cm Kai, Nr. 97
90.000,- Meisibal 280.000.-
olf Ribarz 1848-1904, Schloß Gendorf an der Mosel. Sign. u. dai. 1892,
.wd., 76 152 cm. Kai. Nr. 103
25.000,- Meisibai 32.000.-
'co Ricci 1676-1729, Soldalen auf Beobachiungsposien. ÜllLwd,
34 cm. Kai. Nr. 104
35.000.- Meislboi 100.000.-
1z von Zellenberg 1805-1876, Einnahme der Sladl Raab am 29, Mai 1849.
ser Franz Joseph begleilel von FZM Baron Haynau und anderen hohen
izieren. Monogrammieri u. dal. 1856, UllLwd, 64 78 cm. Kai. Nr. 137
12,000.- Meisibol 35.000.-
aiav Klimi 1862-1918, Siehende Dame en face. Bleisliflzeichnung,
1916-1918, Nachlaßslempel, 56,6 37 cm. Kai. Nr. 284
25,000.- Meisiboi 40.000.-
Schiele 1890-1918, Bildnis Arlhur Roesslers. Kallnadelradierung,
23,9 31,5 cm. Kal. Nr. 40a
20,000.- Meislbai 38.000.-
service. Silber, Deckelknäule und Henkel aus Elfenbein, Eniwurf
zf Hoffmann, Ausführung Wiener Werksiölle, um 1920. Kai. Nr. 676
14.000,- Meisibol 28.000.-
eluhr. Vergoldeles Messingwerk; bez. Angol Junior, London 230,
ergehöuse mii Londoner Punzierung 1729, Dm 11,6 cm. Kai. Nr. 886
17,000,- Meisibol 35.000.-
Wiener Teller, Von links nach rechls
Rand mil Glanzgoldornamenlen und Puiioreigen in Grisaillemalerei,
25 cm, Kai. Nr. 948
2000.- Meislbol 3500.-
ziironengelber Rand, Goldfeder mii Blaliranken, Malernummer 70
zob Pfnaisch, Dm 25 cm. Kai, Nr. 944
2000.- Meislbai 3500,-
lichigrüner Rand mil Goldreliefornamenien, Goldmalernummer 96
ian Kolhgasser, Dm 25 cm. Kai. Nr. 945
2000.- Meislboi 3800.-
Buchbesprechungen
Martin Geck, Die Bildnisse Ridtard Wag-
ners. Studien zur Kunst des 17. Jahrhun-
dem, Id. Forsdtungsuntarnehrnen der
Fr Thyssen-Stiftung, Arbeitskreis Kunstge-
Prastel-Verlag, Miindtan 17711, 1M
Seiten rnit Farbtafeln und 78 Abbil-
dtmgarl auf 66 Tatolrt.
Am Vorabend der Bayreuther Jahrhundert-
feier mehren sidt die Bekundungen über
Richard Wagner, der neben Marx, Bismardk
und Nitsche wohl zu den letzten historischen
Persönlichkeiten des vorigen Jahrhunderts
gehört, die auch heute nadt wirken und in
ihrem Wirken umstritten werden. Zu den
neuesten Arbeiten gehören die von der
Fritz-Thyssen-Stiftung geförderte Dokumen-
tdtidn und Deutung der Richard-Wagner-
Bühne Ludwigs ll." von Delta und Mi-
chael Petzet Bd. der o. a. Reihe und die
vorliegende, kommentierende und deutende
Sammlung der Bildnisse des Musikers.
Vom anonymen biedermeierlichen Scheren-
schnitt des nidtirigen von 1835 bis zur
Totenmaske von 1383 spannt sich der Bogen
dieser Selbstdarstellung eines Künstlerle-
bens, in weldter keine der künstlerisdten
Techniken fehlt, die das vorige Jahrhundert
zur Ausbreitung seines Persanenkultes be-
saß die Btei- und Buntstiftzeichnung mit
den ddnddi gearbeiteten Vervielfältigungen
durch Holz- und Stahlstich, Lithographie
und audt Daguerreotypie, das Tempera-
und das Ülbild mit den diesem eigenen
Vorstudien, dann aus der Plastik das leicht
zu vervielfältigende Relief und die Büste
und endlich als jüngste Farm der Per-
sönlichkeitsdarstellung die Pnetdgrdptiie,
die als künstlerisches Medium hier erst-
mals gleich ig neben den bisherigen
Formen ori dren Schaffens stehen. Geck
konnte hier auf Vorarbeiten von A. Vanselow
dutbduen, der 190a die ptibtegrdpliisdien
Bildnisse Richard Wagners zusammenge-
slellt hat, aber eben noch im Rahmen einer
Bilddokumentation zum Leben des Meisters
und ohne der Photographie damit einen
künstlerisdten Eigenwert beimessen zu
wollen.
Die von O. Steinert mit J. A. Schmoll-
Eisenwerth zusammengestellte Ausstellung
photographischer Bildnisstudien von Lenbadt
und Studr in Essen 1967 und von letzterem
in Mrindien 1970 beweisen endlidr, ddß
der Photographie dudi innerhalb der Kunst
des 19. Jahrhunderts eine eigene künst-
lerische Bedeutung nidit mehr abgespro-
dien werden kann, und zwar nicht nur dls
Vorstudie der Parträtisten des Späthisto-
rismus so ist Lenbachs Wagner-Bild von
1871 ungeaditet einiger Ateliersitzungen
Wagners noch Photos von Hanfstaengl aus
den gleichen Jahren gearbeitet sondern
ebenso zur Darstellung, sogar zur Bloß-
legung einer Charaktere mit künstlerischen
Mitteln. Diese Reihe der Photographien,
die 1360 mit einer unerhört dramatischen
Aufnahme V0" Pierre Petit s. Trinquart
einsetzt die, bezeichnenderweise, Wagner
zuwider war, zeigt Wagner erst richtig
dls den eigenen Regisseur, von dem Bis-
mards nndi einem Besuch Wagners in der
Reichskanzlei sagen kannte, er habe nedi
niemals in seinem Leben einen Mann ge-
troffen, der in gleicher Weise von sich und
der Bedeutung seines Werkes überzeugt ge-
wesen sei.
Geck hat nur die nach dem Leben ge-
schaffenen Bildnisse aufgeführt, verzichtete
also darauf, den Leser mit der Fülle zeit-
genössischer Nachbildungen zu belasten.
Sein katalogartig zusammengestellter Text
setzt sicft mit den Werken von Caspar
Zumbusdt, Friedridt Pecht, Franz von Len-
bach u. a. audt weniger vom kunsthista-
rischen Standpunkt auseinander, dls daß
er deren Werke auf ihren künstlerbiogra-
phischen Aussagewert für Wagner unter-
sucht, wobei er in reichem Maß audt
wenig bekannte Quellen zitiert. So bietet
der mit hervorragenden Abbildungen ver-
sehene Band nidtt nur dem Kunsthistoriker
für die Betrachtung der Wandlungen des
56.
Porträtbildes im vorigen Jahrhundert rei-
ches Material, sondern ebenso dem Musik-
historiker und schließlidt nudt den ver-
ehrern Ridtard Wagners.
Hans-Christoph Hoffmann
Albradtt Miller, Allgiuer Bildsdtnitxer der
Spütgotik, Verlag tiir Heimatpflego, Kamp-
tan 1969 6B Saiten Text und 1115 meist
gartzs ge Abbildungen.
Ursprüngtidt wurde dieser Text als Disser-
tatian unter dem Titel Studiert zur Allgöuer
Plastik der Spätgotik 1450-1530" geschrie-
ben, und dieser Titel hätte auch eher seine
Berechtigung, wdtirend iener des Bu-
ches Hoffnungen wedzt, ie dann nicht ge-
halten werden. Freilich wird sofort im
Vorwort auf die Einschränkungen dieses
Unternehmens hingewiesen die Ausklam-
merung der Memminger Kunstgeschichte
und des Jörg Lederers dus Kaufbeuren,
da jeweils schon reichliche Literatur über
diese Gebiete vorhanden sind. Die Einlei-
tung bringt dann einen grundsätzlichen
geographischen Überblick, ebenso einen
solchen über den Stand der Forschung, die
sidi auf die spdtgetisdien Kunstwerke des
Allgäus bezieht. Nach einer kurzen Sidt-
tung der Skulpturen der ersten t-ldlrte des
15. idtirtiunderts tdlgt eine laetrnditung
des Meisters des Fischener Vesperbildes,
dessen Wirken um die Mitte des Jahr-
hunderts anzusetzen ist und der kaum
über den örtlichen Bereich hinaus Einfluß
gewann. Das folgende Kapitel, das sich
mit dem Füssener Hodtattar von 1463 und
verwandten Werken in Oberschwaben be-
schäftigt, weist ddrdut hin, ddß der Meister
dieses Werkes kein Allgäuer war, kann ihn
aber noch mit keinem der bekannten Bild-
hauernamen in Verbindung bringen. Auch
über den Bildschnitzer der lmmenstädter
Muttergottes kann uns Miller noch nidit
allzuviel berichten. Bei fast allen Werken
wird aber von einem direkten oder indi-
rekten Einfluß Multschers gesproctten. Im
vierten Kapitel wird der Westallgöuer Pla-
stik am Ende des 15. Jahrhunderts gedacht.
Es folgt eine Abhandlung über Tonbild-
werke der selben Zeit und eine Übersicht
über die Kemptener Skulptur. Aur ganzen
acht Seiten wird über die Kemptener Mei-
ster des frühen 16. Jahrhunderts und ab-
schließend über Hans Kels d. Ä. berichtet.
Da auch die anderen Kapitel, im gdnzen
sind es acht, nicht länger sind, kann man
kaum von einer eingehenden Erfassung
sprechen. Man rnuß siCh dudi fragen, wds
in einem Band mit dem Titel Bildschnitzer"
ein Kapitel über Tonbildwerke zu tun hat.
Dabei fällt einem noch auf, daB hier von
Bildhauern die Rede ist, während bei den
Schnitzwerken oft von Plastiken gesprochen
wurde.
Ein Werkkatalag ertdßt 200 Obiekte. stdnd-
ort, Maße, Zuschreibungen etc. werden
präzise angegeben. Bemerkenswert ist dd-
bei vielleidtt, daß fast alle Objekte, die
sich in Vorarlberg befinden, auch iene im
Landesmuseum, durch moderne Restaurie-
rungen verdorben sind. Das Bildmaterial
ist zum größten Teil setir gut und dnsendu-
lidt.
Das Buch kann also im Grunde als eine
Anregung betrachtet werden, eine Anre-
gung, die angeschlagenen Themen weiter
zuvertolgen und den aufgezeigten Pro-
blemstellungen nddizugetren. Alais Vogel
Ein Kunstfiihrer über Stitt Meltr a. Autlege.
Maiestätisch thront über der Donau die.
Benediktinerabtei Melk, sicher einer der
strahlenden Höhepunkte ieder wdennutdtirt
und gerühmt als die sdtönste Blüte des
österreidtischen Hocltbaradrs. Alliöhrlidt
kernrnen viele Tausende Reisende, Touristen,
Kunstfreunde dus aller Welt nach Melk, um
die Abtei und die stittskirdie zu besichti-
gen. Für sie ist ein kleiner Kunstführer
ersdtienen, dessen Farbausgabe nun in
der dritten Auilnge vorliegt. Den Text ver-
idete Abt Keddiutdr r. Dr. Reginald OSB,
der mit Stift Melk, seiner Geschichte und
Kunst eng vertraut ist. Er sdiildert Ge-
schichte und Baugeschidtte und gibt eine
gediegene Führung, wobei er die einzelnen
Kunstwerke erklärt und die Künstler nennt.
vier schöne, gut gedrudrte Farbbilder und
zehn Schwarzweißbilder runden den Führer
zu einem schönen Andenken ab.
Der Führer ist auch in englischer, franzö-
sischer und italienischer Sprache erhältlich.
Er wird für 1,50 DM verkauft.
Der Kleine Kunstführer von Melk hat die
Nummer 654 im großen Sammelwerk der
Kleinen Kunst- und Kirdtenfiihrer des
Münchner Verlages Sdtnell St Steiner, das
bereits 950 Titel umfaßt und bedeutende
Kirchen und Klöster, Burgen und Schlösser,
Museen und andere Kunststätten in Deutsch-
land, Österreich, Italien iSüdtirol, Frank-
reich Elsaß und der Schweiz behandelt.
Es stellt das größte Unternehmen dieser
Art in Mitteleuropa dar.
Sepp Sdttrtülxar, Kunst im Schmuck, van
Gerhard Bett; Bd. 7. Aus Farldtung und
Kunst, hrg. vam Gudtiditsverain fiir Körn-
tan in Kommission bei Rudolf-Habe
lag GmbH larm; Klagenfurt 1970, 11b Sel-
ten, Abbildungen; Preis um 59.50.
Es ist gut, daß es nun eine Monographie
über den Goldschmied Sepp Schmölzer
gibt dafür ist dem Geschichtsverein für
Kärnten ehrlich zu danken, denn es gibt
wenige Könner wie Sdtmölzer und nudi
wenige, die so besdteiden sind, und schon
deshalb mußte einmal über ihn berichtet
werden, damit man mehr von ihm weiß.
Und es ist gut, daß Gerhard Bott den Text
zu diesem Buch geschrieben hat Er ver-
steht den Menschen und Künstler sehr gut,
aber er interpretiert dennoch behutsam
und geht, wo immer möglich, vom Ma-
teridl und seiner Gestaltung dus, vom
Material und seinen eigenen Gesetzen,
also gerade ienen Dingen, von denen
Schmölzer geradezu besessen ist; so ar-
beitet er dtronalogisch eine Entwicklung
über zehn Jahre heraus mit Beispielen
aus noch früherer Zeit, die, ungeachtet
gelegentlicher Experimente, geradlinig
verläuft und nur der Persönlichkeit des
Künstlers verpflichtet ist.
Die Photos sind von Sepp Schmölzer selbst
gemacht ein glückliches zusdnunentret-
fen, denn der ausgebildete und noch immer
in diesem Medium arbeitende Photograph
versteht es, auch im Bild seine Arbeiten
weiter zu farmen. Ein kleiner Einwand in
diesem Zusammenhang wäre, daß beinahe
zu viele Photos gebracht werden; es ist das
eine Versuchung, der ieder erliegt, der
einmal Schwätzer-Photos in Händen hatte.
Der zweite, ernstere Einwand gilt der
grdnliisdien Präsentation dieses Bildma-
terinls, die gerade neben der sauberen
sdtritt monoton wirkt; hier tidtte ein eben-
bürtiger Könner im Layout nedi weit bes-
sere wirkungen herausholen können.
Dennoch, und noch einmal man soll
dankbar sein, die Arbeit dieses Meisters in
einer geschlossenen Übersicht verfügbar zu
haben; nicht zuletzt deshalb, weil hier
plötzlich alle Fragen der Abgrenzung zwi-
schert Kunst und Handwerk, Schmuck und
Gebrauchsgegenstand völlig belanglos
werden.
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KERAMIK, 16 Seiten Text, 128 Kunstdrudr-
tafeln, davon 12 farbig, Leinen. Forum-
Verlag, Wien 197D, 195.-.
MAX FRIEDLÄNDER, DER HOLZ-
SCHNITT, 4. neubearbeitete Auflage, Stif-
tung Preußischer Kulturbesitz, t-landbuch der
Staatlichen Museen, Vlll263 Selten, 130 Ab-
bildungen, kartoniert. Verlag Walter de
Gruyter a. cd, Berlin 1970, DM 19.50.
OTTO BREICHA, ANDREAS URTEIL, Mono-
grdptiie rnit Werksverzeichnis und Vorwort
von Fritz Wotruba, 227 Seiten, 359 Abbil-
dungen, Leinen. verlng für Jugend und
Valk, Wien 1970, es,
M. BARDI, PROFILE OF THE NEW
BRAZILIAN ART. 160 Seiten, 731 Abbildun-
gen, Leinen. livraria Kosmos Editore, Rta
de Janeiro, Sao PaulolParto Alegre, Bra-
silien 1970.
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Iweiter Band Die Verfassung
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techts- und Staatswissenschaftlichen Fakultäten, Studie-
ande der Politischen Wissenschaft, der Wirtschafts- und
iozialwissenschaften, der Soziologie, der Geschichte, für
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