Prunkofen der Festung
hensalzburg Farbe.
dunklen Zeit der Gotik;
nrad Laib -Jakob Kaschauer
Essay Kunstzentren
Das Kunstbuch heute
Die Edition Tuseh
hat sich schon einen Namen zu machen verstanden
bevor sie sich als Verlag auf eigene Beine stellte.
Unter ihrer Fahne segelt seit dem Jahr 1969 die
von Kristian Sotriffer herausgegebene Reihe Örter-
reiehirehe Graphiker der Gegenwart, die sich eines
guten Rufs erfreuen kann. In dieser Reihe
erschienen zuletzt die Bände über das gesamte
druckgraphische Werk von Arnulf Rainer von
Otto Breicha und das gesamte druckgraphische
Werk von Han Froniur von Walter Koschatzky,
Werkkatalog von Leopold Rethi. Die zuvor er-
schienenen sechs Biinde sind die über Alfred
Hrdlirka, Adolf Frohner, Mario Derleva, Rudolf
Hoflehner, eehjr und Kurt Moldooan exklusiv
gestaltet und jeweils in einer Auflage von tausend
bis zwölfhundert numerierten Exemplaren erschie-
nen. jeweils zweihundert dieser Bände
enthalten Originalgraphik der betreffenden Künst-
ler. Die Fortsetzung der Reihe erfolgt im Jahr
1973 zunächst mit dem Erfassen sämtlicher Holz-
risse von Margret Bilger und sämtlicher Holz-
schnitte von Werner Berg.
Seit April 1972 arbeitet die Edition als eigen-
ständiger Verlag, der sich zunächst auf die
Produktion von Originalgraphik und bibliophilen
Mappen beschränkte. Die bereits vorliegenden
Ergebnisse dieser Tätigkeit sind vor allem die
anläßlich des 75jährigen Bestehens der Wiener
Seeerrion herausgegebene und von Herrnann Painitg
gestaltete Kassette mit zwölf Originalgraphiken
Der neueste ilel der hirjetgt aehihiindigen Reihe
Orterreiehisehe Graphiker der Gegenwar
Hans 25 32.1""
Radhrungen und Llthographlon
Markus Vallagza Beilrag zur arrette 75 fahre Wie-
ner Jeeersion" mit dein Titel Da Narrenrehif
verschiedener Künstler von Birehof bis Wotruha
sowie eine Mappe mit 18 Radierungen von Han
Froniur, die er eigens für das bereits zitierte Buch
geschaffen hat ein Zyklus, der seinen ganzen
Themenkreis unter dem Titel Bilder und
Gestalten" umfaßt. Für das Frühjahr 1973 ist das
Erscheinen eines Malerbuchstf von Kurt Moldooan
mit 24 Lithographien zu Alice im Wunderland"
sowie eines zweiten mit fünfundzwanzig
Radierungen von Markus Vallagga zum Thema
OsWald von Wolkenstein" geplant.
Im Frühjahr 1973 wird auch die erste Lieferung
des auf fünf Bände angelegten, ersten umfassenden
Örterreiehirehen Kiinrtlerlexikonr von Rudolf Äehrnidt
erscheinen können. Weitere Publikationen werden
vorbereitet. Wer von österreichischer Kunst und
Kunstbuchproduktion spricht, wird in Zukunft
über die Marke idition ureh keinen Bogen
schlagen können. Wollen Sie sich nicht genauer
informieren lassen?
Edition urrh
Bueh- und Kunrtuerlag GerrnhH
760 Wien
Heijgerleinrtraße 36-40
Die Kärntnerstraße, im Herzen der Wiener City, ehrwürdig an Alter und ausgezeichnet durch
repräsentative Geschäfte und Niederlassungen prominenter Firmen, war immer schon eine pul-
sierende Lebensader der Stadt. Zwischen Oper und Stephansplatz konnte man all das sehen
und kaufen, was typisch für den Wiener Geschmack ist. Auch die Wiener Werkstätte" war
dort mit einer Niederlassung und einem Geschäftslokal vertreten. Ihre Nachfolge traten nach
dem zweiten Weltkrieg die Österreichischen Werkstätten" an.
Seit kurzem sind die Osterreichischen Werkstätten" in die Räume der ehemaligen Konditorei
Gerstner übersiedelt. Die Architekten Eigner und Panny schufen ein modernes Ambiente, das
mehrere Stockwerke umfaßt. Alles das, was gegenwärtig das österreichische Kunsthandwerk
zu leisten imstande ist, wird zur Schau gestellt. Die umfangreiche Auswahl sie reicht von Ke-
ramik und Glas über Möbel und Goldschmiedearbeiten bis zu Stoffen, Accessoires, Puppen
und lndustrial Design repräsentiert eine Qualität, die der Tradition der Kämtnerstraße sowie
der der Wiener Werkstätte in vollem Umfang gerecht wird. W. M.
KUNSTHANDWERK
MOBELUND
DEKORATION
ÖSTERREICHISCHE WERKSTÄTTEN
Wien l., Kärntner Straße Telefon 52 2418 52 2419
1241125
alfe und moderne kunst 17. Jahrgang 1972lHeffe 124f125
Friederike Prodinger
Der Ofen in der Goldenen Stube der Hohensalzburg
Albin Rohrmoser
Bemerkungen zu den sogenannten Orgeltlügeln des
Conrad Laib im Salzburger Museum Corolino Augusteum
Wolfgang Hofstötter
Eigenhändige Madonnendorstellungen des Jakob Kaschauer 13
Christian Theuerkoutt
Kunststückhe von Helfenbein" zum Werk der
Gebrüder Stainhart, Teil und ll 22
Horst-Herbert Kossotz
Style Mucha 34
Joachim Heusinger von Waldegg
Richard Luksch und Elena Luksch-Makowsky
ein Künstlerehepoar der Wiener Jahrhundertwende 40
Wilhelm Holzbauer
Zwei Kunstzentren Centre Beoubourg, Paris, 48
Herbert Moritz
Kommunikation durch Kunst Salzburgs Proiekt
für ein neues Kunstzentrum 55
Elisabeth Rücker
Das moderne Kunstbuch Geistesgut und Ware 57
Buchbesprechungen 58
Franz Wagner
Kunstbuch oder Bilderbuch 59
Künstlerprotile
Stephan Kamenyeczky von Alois Vogel 60
Elfe Wil Frenken von Manfred Mixner 61
Aktuelles Kunstgeschehen 62
Für den Kunstsammler P4
Nachrichten vom Kunstmarkt 70
Zum Sammeln silberner Trinkgeschirre von Helmut Seling 82
Wiener Möbel des Klassizismus von Franz Windisch-Graetz 84
Österreichisches Museum für angewandte Kunst 86
Bildnachweis 77
Titelbild Jakob Kaschauer, Hainburger Madonna, um 1435, und Her-
bert Steiskal, Bruch.
Kunstbeilage Lore Heuermann, Figur, Offsetlithographie, 1972.
Herausgeber Kurt Rossocher Eigentümer und Verleger AMK-Verlog,
A-5024 Salzburg, lmbergstraße Postfach 12, Telefon 06222 73731.
Redaktion; Wilhelm Mrazek Chefredakteur, verantwortlich für den Inhalt;
Franz Windisch-Graetz Kunstgeschichte, Peter Baum Wiener Kunstkritik,
Alois Vogel Bundeslönderberichte, Leopold Netopil graphische Gestal-
tung, Imprimatur; alle Österreichisches Museum für angewandte Kunst,
A-1010 Wien, Stubenring Telefon 02 22 72 56 96 und 0222 72 56 97.
Zweigredaktion Salzburg Kurt Rossacher Gesamtgestaltung, Franz Wagner
Salzburger Kunstkritik, alle A-5024 Salzburg, lmbergstraße Postfach 12.
Herstellung Wagnefsche Unim-Buchdruckerei Buchroithner Co., Innsbruck.
Für unverlangte Einsendung von Manuskripten oder Fotos wird nicht gehaftet.
Preis 1973, inkl. Porto Jahresabonnement, Nummern davon ein Doppel-
heft, öS 454.- inkl. Mehrwertsteuer, DM 63.-, sfr 72.-, Lit 11.800,-. Einzelheft
öS 81.- inkl. Mehrwertsteuer, DM 13.-, sfr 15.-, Lit 2300.-
Rates 1973, second class mail includet subscription or issues per anno
28.-, US 20.- by oir US 32.-, single issue 19.1.70, US 11.- by oir
US 5B 6.-.
Vertrieb WUB, A-601O Innsbruck, Erlerstraße 5-7, Postfach 211. Bank Credit-
anstalt, Filiale Innsbruck, Konto Alte und moderne Kunst", Nr. 89-53291.
Anzeigen AMK-Verlcig. Erscheinungsort Innsbruck.
l'l IUUUI IRC FIUUII lutil
Der Ofen in der Goldenen
Stube der Hohensalzburg
Prunkofen in der inneren Ede der Goldenen
Sjulge. Qfen- yndlrunenurdnitekturdes Raumes
Blumenornamentkachel des Unterbaues. Die groß-
artige hochreliefierte Qualität dieser Blattkacheln
und die seitlichen Fialenrandleisten sind zu be-
achten
Großkadiel mit Wappen des Erzstiftes und des
Landesherrn Erzbischof Leonhard von Keutschach,
zum Teil freiplastisch geformte Ornamentteile
Großkachel Marienkrönung. Nach einem Kupfer-
des Meisters E. S. Am Gesims die Dotierung
Ausschnitt, obere Kachelreihe des Unterbaues,
eine Fülle herrlichster Blumenornamente
Anmerkungen
'A. Wald-er van Molthein, Bunte Hafnerkeramik der
Renaissance. Wien 1906, S. 55 ff. S. 59 dort sieben
Löwen vermerkt; und derselbe Kunst- und Kunsthand-
werk, Jg. Vlll, 1905, S. 232-242.
'Rasemarie Franz, Der Kachelofen. Graz 1969, S. 58.
S. 55 ff. Kachelgruppen Wien und Buda est, S. 54 f. 55,
Ofen Hohensalzburg, Wurzeln vielleicht Budapester Werk-
statt nach Franz. S. 55.
Wie oben.
'Dazu lnsignia Principum Salzburgensium. Eingel. v.
Franz Martin. Mirabell-Verlag und Verlag Max Jaffe,
Wien 1948. S. 4. Möderndorfer, denen seine Mutter
entstammte". Nictit, wie Walcher v. Molthein. Anmerk.
S. so, noch irrtümlich meinte, selbstgewähltes Spott-
Wappen.
ßriiiiipp Maria Halm. Studien zur süddeutsdien Plastik,
Augsburg 1926, s. m.
tAber auch Walaher v. Moltheins Vermutung, daß bei
der uralen Gestaltung Midiael Pacher oder sein
Sdiüler reis hereinwirkt, ist weiter zu verfolgen asisr-
reichisdie Kunstorthagraphie, Bd. Vlll. Die profanen Denk-
mäler der Stadt Salzburg, S. 126 f..
Wenn der Erzbischof und Landesherr Leonhard
von Keutschach im Hof der Festung Hohen-
salzburg mit seinem eigenen Bildnis ein Denkmal
seiner Konflikte mit Domkapitel, Adel und Bür-
gerschaft von Meister Valckenauer errichten ließ,
so setzte er in seinem eigensten Wohnbereich,
im Innern des Hohen Stockes, mit dem Pracht-
ofen, der seinesgleichen sucht, ein anderes Denk-
mal, das bis auf heute von der großartigen
Höhe des Hafnerkunsthonclwerkes um 1500 kün-
det.
Als kostbare Schale umgibt die Goldene Stube
mit reichem Schnitzwerk und Deckengetäfel, frü-
her auch vergoldeten Ledertapeten, dieses herr-
liche Ofengebäude. Hier traf der seltene Glücks-
fall ein, daß Ofen und Raum, für einander
komponiert, noch heute, nach 470 Jahren, eine
Einheit bilden können. Allerdings wurde das
Kunstwerk in den Kriegsiahren 1939-1945 aus
Luftschutzgründen unter Aufsicht des Bundes-
denkmalamtes abgetragen und nach 1945 wie-
der aufgebaut. Es ist nach wie vor der reiche
freiplastische Fialen- und Figurenschmudc, der
sowohl die Umrisse des Ofenkörpers in so groß-
artig reicher Weise auflöst als auch die Stube
ringsum in rhythmischen Abständen verziert.
Wenn man sich den allerersten in Formen und
Farben überwältigenden Eindruck dieses spät-
gotischen Wunderwerkes, das sicherlich zu den
Gipfelleistungen dieser Epoche zu zählen ist,
durch genauere Betrachtung festigen will, nimmt
man eine auch bei anderen weniger aufwendi-
gen Ofenbauten der Zeit vorhandene und ver-
breitete Gliederung in drei Teile wahr.
Auf fünf' geschnitzten graubröunlich gefaßten
Löwen und einem Eisengestell ruhend, erhebt
sich der würfelförmige Unterbau in ie vier Reihen
annähernd quadratischer Blattkacheln 23,5 cm
23 cm, einige rechteckige 23 cm hoch und 11 cm
breit. Auf diesen sind wahre Wunderblumen
der Spätgotik, Rosetten-, Trauben-, Granatapfeh,
Distel-, Aoronsstab- und Artischocken- sowie
Gräsermotive zu den mannigfachsten Ornamen-
ten in Relief bis zu crn Tiefe und freiplasti-
scher Technik in den auch den übrigen Ofenauf-
bau beherrschenden Glasurfarben ie zwei
Schattierungen, grün und gelb, blau, braun, dazu
wenig Weiß, aber auch intensives Orange vor
allem an den beiden frei stehenden Schauseiten
angebracht; die Wandseite hingegen, in den
sonst sehr ausführlichen vorausgegangenen Be-
schreibungen der Literatur vernachlässigt, be-
steht aus den im folgenden deswegen eingehen-
der beschriebenen Blattkachelreihen; beginnend
an der Kaminrückwand 1. Reihe Kachel und
Propheten mit Schriftband; Kachel Salz-
burger Stadtwappen später, flacher, flaue Far-
ben; Kachel bis Propheten mit Schrift-
band; Kachel schmal-rechteckig, Pflanzen-
ornamente; Reihe Kachel dunkelgrün
glasiertes Rautenmuster; Kachel bis Pro-
pheten oder Heilige mit Schriftband; Kachel
Pflanzenornament; Reihe Kachel und
dunkelgrün glasiertes Rautenmuster, wie Kachel
der Reihe Kachel Rübenwappen Erzbi-
schof Leonhard von Keutschachs; Kachel
Wappen mit Adler und Bischofsstab; Kachel
Prophet mit Schriftband, wie bis ietzt alle grün-
gelb, orange, braun, Malachias" zu lesen auf
Schriftband; Kachel dieselbe Maladiias-
kachel, aber grün glasiert; Kachel Nischen-
kachel Christus Salvator, stark plastisches Relief,
Brustbild auf grünem Hintergrund, Kleid orange,
braun, gelber Heiligenschein, Haar braun; Reihe
Kachel und dunkelgrün glasiertes Rau-
tenmuster, wie oben beschrieben, Beginn der
Reihe und Kachel hl. Johannes, Name
auf Schriftband, Kelch, in den Farben Braun,
Grün, Gelb; Kachel hl. Jakobus, Name auf
Schriftband, Pilgerstab; Kachel Schimäre mit
Menschenkopf; Kachel Pflanzenornament
weiß, braun, gelb; Kachel abgeschrögte End-
kachel, Pflanzenornament.
Eine die Höhe des ganzen Unterbaues einneh-
mende Reliefgestalt eines Mannes schließt die
äußere Schauseite gegen die Kaminwand neben
der Tür zum Saal ab. Sie gibt mit ihren vermut-
lich den freiplastischen beschriebenen Teil des
Spruchbandes haltenden, aber am Unterarm ab-
gebrochenen Händen der Deutung noch immer
Rätsel auf, ob man in dieser weltlich gekleideten
Gestalt den künstlerischen Entwerfer oder den
nachbildenden Hafner, oder beide zusammen in
einer Gestalt, oder aber eine Allegorie des
Hafnerstandes vor sich habe. Für einen Zunft-
heiligen wofür der Baldachin spräche sieht
sie zu modisch aus. Bedeutet der Mann aber eine
weltliche Figur, so ist hier der spätgotischen
Märchen-, Heiligen- und Fürstenlandschoft des
Ofens allerdings ein Kontrastpunkt, Symbol der
heraufdämmernden Neuzeit mit Ständebewußt-
sein und Religionswirren, gesetzt. Zu seltsam ist
die Gleichsetzung einer weltlichen Figur, ia so-
gar Überbetonung durch die überragende Größe
und die Krönung durch eine ebenso die Maß-
stäbe sprengende Baldachinanlage. Denn sonst
sind an diesem Unterbau an den beiden vor-
deren Kanten der zwei Schauseiten nur zwei auf
gedrehten Säulenstäben stehende freiplastische
Figuren, von Fialenbaldachinen gekrönt, vorge-
sehen. Diese sind aber nur etwas größer als
eine Kachelhöhe der vier den Unterbau bil-
denden Kachelreihen. An der Kante neben der
Wandseite ist ein Bischof, an der Außenkante
eine schwer deutbare Figur beide aus Holz
geschnitzt, etwa Ersatz für Verluste aus dem
19. Jahrhundert angebracht. Bei Franz ist die
zweite Statuette als weibliche Heilige bestimmt,
mir scheint jedoch zwar die Kleidung und der
Körperbau, aber nicht die Mütze und das kurze
Haar dieser Deutung zu entsprechenz.
Von Bedeutung ist mir aber, um vielleicht die
Herkunft in dieser Richtung weiter erhellen zu
können, ein bei Franz abgebildeter, aber nicht
bei der Beschreibung des Festungsofens direkt
behandelter anderer Umstand. Die Blumenorna-
mentkacheln der zwei Schauseiten des Unter-
baues haben fast alle, mit einer Ausnahme in
der obersten und drei in der 2. Reihe von oben
an der Türseite, seitliche Randleisten aufgesetzt,
die als Fialen mit und ohne Standsäule in drei
Variationen ausgebildet sind. Diese Eigenschaft
finden wir auch in den bei Franz abgebildeten
Wiener Kacheln vom sogenannten Ofen aus dem
Stephansdom um 1500, Abb. 107 und 108 Me-
tropolitan-Museum New York, Abb. 106 Wien,
Österreichisches Museum für angewandte Kunst,
Abb. 111 Nischenkachel aus der Werkstatt des
sogenannten Ofens aus dem Stephansdom in
Wien, um 1500, Nürnberg, Germanisches Mu-
seum, Abb. 109, Hamburg, Museum für Kunst und
Gewerbe. Dasselbe Motiv, aber sorgfältiger,
reicher, plastischer und in anderen Maßstäben,
weisen auch die bei Franz abgebildeten Kacheln
aus Budapest, Burgmuseum, 1454-1457, Abb. 100
und 101, auf. Ebenso ähnliche Motive hat die
bei Franz als Abb. 92 abgebildete Kachel, ge-
funden in Besztercebanya Banska Bystrica, ietzt
Budapest, Kunstgewerbemuseum, aufzuweisen.
Nach Franz haben die Budapester Hafner, viel-
leicht durch Beatrix von Aragonien, Gemahlin
des Königs Matthias Corvinus, Kontakt mit ein-
gewanderten spanisdien Maiolikaarbeitern be-
kommen und dadurch die frühesten Werkstätten
dieser Art in Budapest errichteta. Die Verfasserin
vermutet weiter, daß sich vielleicht nach dem
Tode des ungarischen Königs 1490 Budapesfer
Hufner in Wien niederließen. Sie betont die
Verwandtschaft einer Budapesfer Eckkachel aus
dem Burgmuseum, Abb. 113, mii der Darstellung
einer männlichen Halbfigur, die einer Blume
enlwächst s. unten, mit den Blumenkacheln des
Salzburger Festungsofens. Besonders die Kachel
Nr. Wandseite, Oberbau, kleinere Rechteck-
kacheln oder dem Gesims, 29x46 cm, Wilder
Mann in Moriskenlünzersfellung aus Blüfe wach-
send, scheinl diesem Vergleich enrgegenzukom-
mne. Während Franz Parallelen zu Wiener Ka-
cheln bei einem Chrisiophoruskopf und der
frühen Zinnglasur aufdecld, möchte ich dieses Ar-
gumenr der frühen Zinnglasur und ebenso das
schriebenen fialenbaldachinartigen Rundslöbe
als seitliche Begrenzung auf, die mir bei den
Unterbaukacheln Anlaß gab, auf die Verwandt-
schaft mit Wiener und Budapester Kacheln um
1500 hinzuweisen. Die mit Kielbogen abschlie-
ßenden Nischenkacheln der folgenden Reihe
42,5x29 cm sind wieder durch in der Lite-
ratur noch nicht erwähnte kleine Figürchen,
ietzt Holz, auf Konsolen getrennt. Ihre Fialen-
Baldachin-Bekrönung löst mit den aus den Kiel-
nach Franz eher mit Spielkartenmotiven dieses
Meisters zusammenhängen, ist der Ableitungs-
komplex Walcher von Moltheins von Halleiner
Hafnern eher fraglich geworden. Da der Bild-
hauer Hans Valckenauer nach Franz über Halm;
ebenfalls vom Meister E. S. abhängig war,
schließt die Verfasserin des großen Ofenwerkes
die Vermutung nicht aus, daß dieser in so vielen
Fällen von Landesherren beauftragte Künstler
auch mit dieser innenarchitektonischen Aufgabe
Vier Figurenkacheln aus dem polyganalen oberen
Ausbau. Unten Reichswappen, Kaiser Maximilian,
oben Kielbogenabschluß Nischenkacheln mit
heiligen Frauen. Dazwischen kleine Relieftigur mit
Fialenbaldachin
Der Prunkofen, ein ötgotisches Märchen, aber
auch eine künstlerische Höchstleistung des Haf-
nerhandwerkes in Formen und Glasuren, um 1500
bogenkacheln scheinbar sprießenden sedws
Kreuzblumen und dem steilen Rankendach hier
fehlt der wandseitige Giebelteil den gewalti-
gen über hohen Ofenkörper von aller Er-
denschwere, die im quadratischen Unterbau viel-
leicht nach verspürt werden könnte. Es ist das
große Verdienst von Franz, die Zusammenhänge
der Bildkacheln des Salzburger Festungsafens
mit den Kupterstichen des Meisters E. S. auf-
gezeigt zu haben. Da auch die Blumenarnamente
verbunden warb. Die weit in der Überzahl ver-
wendeten frei modellierten Kacheln gegenüber
wenigen Modelkacheln verlangten nach einer
kunstbegabten Hand, die, wenn nicht dem Mei-
ster selber, so vielleicht einem Werkstaltschüler
gehörte. Ich neige durch die oben angeführten
Vergleiche und historischen Gegebenheiten eher
der Theorie der Wiener und Budapester Zusam-
menhänge unserer Werkstatt des Salzburger
Festungsotens zu.
Unser Autor
Dr, Friederike Prodinger
Direktor des Sulzburger Museum
Curolino Augusieum
Museumsplutz
A-501D Salzburg
Albin Rohrmoser
Bemerkungen zu den
sogenannten Orgelflügeln
des Conrad Laib
im Salzburger Museum
Carolino Augusteum
Rekonstruktion des Salzburger Altares, Werktagsseite
geschlossener Zustand
Solzburger Aliar, Werklagsseile S.
Conrcid Laib, hl. Korbinian Oberleil des linken
Flügels Werktagsseile, um 1449. Padua,
bischöflicher Palast
Conrad Laib, hl. Florian Oberleil des rechten
Flügels Werklagsseile, um 1449. Padua,
bischöflicher Palasl
Conrud Laib, hl. Korbinian Unterleil des linken
Flügels Werklugsseile, um 1449. Paduu,
bischöflicher Palast
Conrad Laib, hl. Florian Unlerleil des rechten
Flügels Werklagsseile, um 1449. Venedig,
Seminurio potriurcale
Sclzburger Aller, Sonnlugsseile S.
10
11
Conrud Laib, hl. Hermes, um 1449. Salzburger
Museum Carolino Augusieum
Conrad Laib, hl. Primus, um 1449. Solzburger
Museum Curolino Augusleum
Conrod Laib, Geburt Marine Oberteil des lin-
ken Flügels Sonmugsseile, um 1449. Paduu,
bischöflicher Palasl
Conrad Laib, Verkündigung Unterteil des lin-
ken Flügels Sonnlugsseile, um 1449. Paduu,
bischöflicher Palast
Ccnrcd Laib, Kreuzigun mil Gedräng'
Miltellafel, 1449. Wien, sterreichische Galerie
Conrud Laib, Geburt Christi Oberteil des rech-
len Flügels Sonnlagsseile, um 1449. Paduu,
bischöflicher Pulusl
Conrad Luib, Murieniod Unlerleil des rechten
Flügels Sonnlagsseile, um 1449. Venedig,
Seminuno palriarcule
Anmerkungen 1-5
Elfnede laum, Katalog des Museums mittelalterlicher
osterrelchlscher Kurist, wie" 1971, s. 57 1., E. Baum gibt
hier wie gute Emfuhrung das Werk des Conrod Lo
'Rabert snessuy, Studien zur Altsalzburger Malerei in
Reperlnrlum für Kunstwlssansdiclft, XXXIV. Bd., Berlin 1911,
s. au. Dagegen daclite an einen größeren ikonographi-
sehen Zusammenhang u. Forrn einer rhetorischen Fragestel-
lung bereits Otto Fischer, DIE altdeutsche Malerei in Salz-
burgh Lelpl? 1908, s. u.
'Iiudwig' Bsltassiwgonsraa Laib Und die beiden Ruelund
rueau
Otto Pacht, Österreichische Talalmalerei der Gatik, Augs-
burg-Wren 19W, S. 28 und 30.
Baldass, a. a. O., 5.10.
Prospekt, Plakat und Briefmarke zur Ausstellung
Spätgotik in Salzburg die Malerei" haben
den Ausschnitt aus Conrad Laibs Darstellung
des hl. Hermes weithin bekannt gemacht und
zum Symbol der Ausstellung werden lassen.
Diese Tafel des bedeutendsten alpenländischen
Malers der Jahrhundertmitte" E. Baum", deren
auffällige Gesamtform als rechtwinkeliges, stei-
les Dreieck mit gekappten Spitzen zu beschrei-
ben ist, wird dadurch zum Gegenstand eines
der wenigen bisher noch ungelösten Probleme
der Laib-Forschung, da sie in einer weiteren
Tafel mit der Darstellung des hl. Primus ein
Pendant erhält, mit dem zusammen sie ein in
sich geschlossenes, komplettes Flügelpoar zu bil-
den scheint. Ebenso offenkundig schien der ur-
sprüngliche Verwendungszweck. Daß es sich
um die einstigen Deckflügei eines Orgelpfeifen-
kastens handelt, kann noch dem Format nicht
zweifelhaft sein..."', schrieb Robert Stiassny.
Die weitere Forschung folgte dieser Auffassung,
und selbst Ludwig Baldass, der die Möglichkeit
einer Einordnung der beiden Tafeln als Flügel-
aufsätze zu einem Altar mit trapezförmigem
Mittelgiebel erwogß, vermochte sich ihr insofern
nicht zu entziehen, als auch seine weitere Inter-
pretation der beiden Heiligengestalten von einer
Voraussetzung ausging, die der Orgelflügeltheo-
rie voll entsprach Auch er sah die beiden Dar-
stellungen nicht als untergeordnete Teileinheiten
eines harmonischen Ganzen, eben des Retabels,
sondern handelte sie wie für sich isoliert be-
stehende Bilder ab. Durch Ausschaltung einer
die Komposition der Figuren möglicherweise
maßgeblich bestimmenden ursprünglichen Funk-
tion stieß auch er im Vergleich der beiden dar-
10
6A.
5.7A.9
gestellten Heiligen ringsum auf Unterschiede und
reduzierte somit, wie Otto PöchV dies bereits
lange vor ihm getan hatte, seine wissenschaftliche
Untersuchung der beiden Figuren auf das stili-
stische Problem der Entwicklung der isolierten
Standfigur bei Conrad Laib. Daß bei einer sol-
chen Problemstellung die unterschiedlichen Grö-
ßenverhöltnisse der beiden Figuren und bei an-
nähernd gleicher Tafelfläche ihr sehr unter-
schiedliches Verhältnis zum Bildgrund ebenso
wie der Grad der Anpassung der Figur an das
gegebene Tafelformat einen kräftigen Ausschlag
auf der Goldwaage wissenschaftlicher Verglei-
chung ergeben mußten, versteht sich von selbst.
Aus Gründen persönlichen Ehrgeizes hatte be-
reits R. Stiassny die Unterschiede scharf heraus-
gearbeitet. Für ihn galt es dabei, von seiner
Fehleinordnung der beiden Tafeln als Spät-
werke Michael Pachers soviel wie nur möglich
noch zu retten und sein Gesicht zu wahren. Die
beobachteten Unterschiede führten ihn schließ-
lich so weit, daß er die Gestalt des hl. Primus
zum Mitglied der zahmen Spießbürgergesell-
schaft" der Wiener Kreuzigung des Conrad
Laib damals noch des Meister Pfennig herab-
würdigte. Eine ganz andere, auch künstlerische
Gesinnung spricht aus dem Bilde seines Neben-
patrons Hermes." Ihn lößt er nicht wenige
Jahre, sondern geraume Zeit nach der Wiener
Kreuzigung entstanden" sein. Damit glaubt er,
wenigstens die Hermestafel für Pacher oder
einen frühen Schulgenossen gerettet zu haben.
Nachfolgende Generationen von Kunsthistori-
kern gaben den hl. Hermes freilich wieder an
Laib zurück. Was sich seit Stiassny hingegen in
der Kunstgeschichte hartnäckig gehalten hat,
das ist die Überbewertung der Unterschiede im
Vergleich zur Primusgestalt. Diese Unterschiede
werden allgemein als Folge einer Entstehung
der Tafeln zu verschiedenen Zeiten erklärt. Über-
einstimmung herrscht dabei für die Dotierung des
hl. Primus; sowohl von O. Pöcht wie auch von
L. Baldass wird seine Entstehung in unmittelbarer
zeitlicher Nähe der großen Kreuzigung von 1449
Wien, Österreichische Galerie angenommen.
Kontrür aber stehen sich die Auffassungen der
beiden Gelehrten über die Entstehungszeit der
Hermestafel gegenüber. Nach L. Baldasss schließt
an die scharf profilierten, edel bewegten Ge-
stalten der Anbetung der Könige in Cleveland
das linke der beiden Flügelbilder des Salzburger
Museums mit dem heiligen Hermes an". Die
Tafel in Cleveland aber datiert er ebenso wie
die ihr zugehörige Geburt Christi in Freising
12 Conrud Laib, hl. Hermes, um 1449. Salzburger
Museum Curolino Augusteum
13 Conrud Laib, hl. Primus, um 1449. Sulzburger
Museum Curolino Augusleum
14-16 Conrad Laib, Kreuzigung mH eym Ge!
dräng", 1449. Drei Ausschnitte aus der MiHel-
tafel mit siark verkürztem Pferd, RiHer und
möchiigem Reiter. Wien, Österreichische Galerie
Anmerkungen 6-9 Anm. s. Texl S. lO
'O. Pödll, u. a. O., S. 30.
'l.. Baldnss, u. d. S. 66.
L. Baldass, Der Melsfer des Grozer Dombildes und SÄQÜIG
kunsfgesdlidufliche Slellung, in Jnhrbud! der Kunsflnslo-
rischen Sammlungen in Wien, N. F. lV., Wien l930, S. T05,
Anm. 36.
'Franz Kieslingar, in Katalog zur Ausstellung Salzburg
bildende Kunsä", SdlZburg-Wien 1738, Kuh-Nr. "I'll. Der
Texl sei als wissensdaafllidxef Kuriosum ubgedrudd
Konrad Laib, 1449. Zwei Teile von gamalfen Flügaln auf
Goldgrund, slshende Propheien. ln der Litemiur bisher
fälschlich als Orgelflügew. Auch die Darsiallun fälsth-
lltll als Primus und Hermes gedeutet. Üieiß Anschriften
wurden ersl um nsoo angebrudn, als das Gefüge des w.
Ben Altares zerslöri wurde, dem sie eins! angehörlen. Wie
sich aus den Grüßen nachmessen läßl, was an anderem
Ode ausführlich eschehen soll, sind es die oberen Enden
der eöffnelen lügel eines Haupiallares van 1449. Die
Mille Oafel, heule in der Wiener Galerie, wurde auf Grund
der falsch gedeulelen Inschrift bisher öfier dem sagenhaf-
ien Meiscer Pfennig" gegeben. Das mivflere Drimsl des
linken Flügels heute im Museum von Cleveland, Ohio,
früher Amsterdam, Sammlung Pröhl. Die Tafel im hauii-
gen Zustand reduls verkürzt, um Sinne des XIX. Jahr-
hunderls eine bessere Praporlian zu haben. Das unfersle
Drillel des lnnenflügels, der beim geöffnelen Zuslund
rechts stand, ist heule im Seminario Palriarcala in Vene-
dig, wohin es erst ndd. der Salzburger Säculun
kam. Es mm den Mdndnvdd ddr. Sein Gold rum
den der Mandndfd des Pfenni wörtlich dn.
Äußansaife ldagv nach Pächr den nferfeil eineä
Die lnschriflen der Frophefen, von denen rechte
Judßnhuf auf hrn, beliehen mh du die Kreuz
1. IAM NON PERDIDI sen MUTAVI IN NOMINE 0c
Baroils hdh. m. nidn Vernidllel nämlich sich
Chrislus, sondern verönderl im NCIITIEH du He!
NIHILO MINUS IMPERATORIS CELESTIS DECRETH
SENTIT Nidwisdesloweniger slimmle ßr Chrisiu
Beschlüssen des himmlischen Kaisers bei. Liferalur
Becker, Leib. m. d. gOl. Ausl. wadn 1m, Gar
Belvedere. Stadt. Museum, Salzburg.
lZ.
die beiden hier zitierten Gelehrten aber trotz
divergierenden Datierungsansätze keinen
aifel an der ursprünglichen Zusammengehö-
reit der beiden Tafeln sei es nun als Orgel-
ließerpaar oder als Flügelaufsatzpaar he-
wird eine gedankliche Hilfskonstruktion
ig, die eine verschiedenzeitliche Entstehung
selben verständlich macht. Eine solche findet
bei L. Baldassß Der durch die verschiede-
Horizontlinien noch besonders betonte Unter-
ied in der Figurengröße ist so groß und
zigortig, daß man fast vermuten möchte, der
arüngliche Primusflügel wäre kurz nach der
stehung so beschädigt oder verletzt worden,
man bei Laib ein Ersatzstück nur unter
gabe des Formats bestellt habe." Der von
Pächt vorgeschlagenen Spätdatierung des
mesflügel müßte eine ähnliche Hypothese zur
te gestellt werden. Die Verlegenheitslösung
die bestehende Frage hat nie ganz zu be-
idigen vermacht. Die von Otto Demus aus-
prochene Überzeugung mündlich, daß die
el mit dem hl. Primus unbedingt auf den Ver-
einer Tafel mit der Darstellung seines Bru-
des hl. Felician, schließen lasse, hat Anstoß
einer neuerlichen gründlichen Untersuchung
beiden Tafeln gegeben sowie in der Folge
Oft auch zu neuen Überlegungen über ihren
prünglichen Verwendungszweck im Rahmen
er größeren Ganzheit und ihre künstlerische
bindung darin geführt. Zielführend war zu-
hst eine genaue Untersuchung des materiel-
Zustandes der Tafeln, deren Ergebnisse weit
er die von L. Baldass" gemachten und 1930
öffentlichten Beobachtungen hinausreichen.
dass hatte damals auf Ergänzungen und teil-
ise ersetzte Tafelpartien aufmerksam gemacht,
für eine angemessene Beurteilung der Tafeln
sentlichen Details des Zustandes aber sind
Jei unerwähnt geblieben.
den beiden Figuren hinterlegte glatte Gold-
Ind wird an den Tafelrändern durch punzierte
wdleisten eingefaßt, an deren teilweiser Er-
JEYUHQ auch die von Baldass genannten Er-
zstücke der Tafel leicht erkannt werden kön-
1. Nur eine partielle Neuvergaldung der Hin-
gründe konnte den flüchtigen Betrachter der
ieln bisher darüber hinwegtäuschen, daß diese
ndpunzierung am unteren Ende der Schräg-
te der Hermestafel nicht der heute gegebenen
ielform folgt. Während die Schräge vorzeitig
gebrochen wird und in die Vertikale über-
wt, verläuft die Randleiste ungebrochen weiter
wird schließlich durch den vertikalen Ver-
if der Tafel am rechten Rand abgeschnitten.
ase Erscheinung läßt auf das Fehlen eines
'ickels an der Basis der Tafel schließen. Die
ffassung wird dadurch erhärtet, daß an der
'zen Vertikalen der Primustafel heute noch
angeleimter Span bemerkt werden kann,
darauf hinweist, daß hier noch ein eigenes,
'mutlich dreieckiges Brettchen angesetzt war,
möglicherweise schon beim Abbruch des
prünglichen Bestandes verlorengegangen ist.
o. 1-1 l,...t ,...-L -1..- E... A-.-
Die Nachmessung der Basislinie des ursprüng-
lichen Dreiecks der Primustafel lieferte ein denk-
würdiges Ergebnis Sie beträgt annähernd die
Hälfte der Breite der Kreuzigungstafel von 1449.
Der Verdacht einer ursprünglichen Zugehörigkeit
der Salzburger Zwickel zu einem Retabel läßt
sich, wie wir noch sehen werden, vor allem
durch die lkonographie erhärten. Die bisherige
Dotierung der Primustafel legt den Gedankerf
ebenfalls nahe.
Wie wir nachträglich feststellten, ist die Idee
einer Zugehörigkeit der Zwickel zur Kreuzigung
von 1449 nicht neu. Franz Kieslinger hatte sie
bereits 1938 ausgesprochen". Allem Anschein
nach hat er dazu die ursprüngliche Dreiecksform
intuitiv erfaßt, da er den Nachweis dafür, wie
er dazu kam, nie erbrachte. Diese seine richtige
Entdeckung legt den Vergleich mit ienem be-
rühmten Korn nahe, denn sein nachfolgender
Text ist alles eher als das Ruhmesblott eines
Wissenschaftlers. Die apodiktisch ausgesprochene
Unterbringung der beiden Zwickel als obere
Enden der geöffneten Flügel zur Kreuzigungs-
tafel von 1449 erfüllte die Gestalt des hl. Hermes
zwar mit völlig neuer Bedeutung, ließ aber
zugleich aus der Symmetrie in der Anordnung
der Flügelaufsätze, aus der Gleichwertigkeit der
Bezugsorte zur Kreuzigung die Diskrepanz zur
Gestalt des hl. Primus überdeutlich werden. Da
Kieslinger iedoch das zu den bereits bekannten
Datierungsschwierigkeiten führende Problem of-
fensichtlich nicht erkannt hatte, mußte ihm auch
die naheliegende Möglichkeit zu seiner end-
gültigen Lösung verborgen bleiben. Wesentlicher
Bestandteil dieser Lösung ist zunächst schon die
fundamental neue Sinnerfüllung, die dem Her-
mesbild nun zufließt und die dazu zwingt, von
der bisherigen Interpretation dieser Gestalt als
beziehungslose und für sich existierende Einzel-
figur abzurücken. Die großartig angelegte Be-
wegung und Gebärde der Figur verlieren damit
das Selbstzweckhafte, das ihnen bisher anhaf-
tete, und machen sie zu echten Funktionen des
Schriftbandtextes PRAEFECTU RAM NON PER-
DlDl-SED-MUTAVI-IN-NO-MINE-DOMINIm. Her-
mes hatte sich durch sein Martyrium eine ewig-
währende Präfektur im Himmel erworben. in
metapherartiger Weise spricht er von diesem
seinem Martyrium, mit dem er Christus für den
Glauben in den zeitlichen Tod gefolgt war. Aus
dem Zeigegestus heraus wird die Figur als ein-
heitlicher Guß entworfen. Eine völlig neuartige
und unmittelbare Beziehung zwischen Hermes
und Primus tritt zutage, sobald man erkannt hat,
doß auch der zweite Heilige als wohlgelunge-
ner Versuch der bildlichen Darstellung literari-
scher Unterlagen zu verstehen ist. Sie allein
aber würden die tatsächlich bestehenden funda-
mentalen Unterschiede im Vergleich zur Hermes-
tafel nicht erklären. Wir haben also zunächst
die richtige Position der Primustafel festzulegen.
Eine ausreichende Handhabe dazu gibt uns die
lkonagraphie, aus der sich notwendigerweise
die Forderung nach einer Darstellung des Bru-
ders Felician ableitet. Van einer solchen Dar-
stellung aber ist zu erwarten, daß sie als gleich-
wertig zur Primusdarstellung aufgefaßt worden
war. Eine solche Gleichwertigkeit ergibt sich
wiederum nur dann, wenn die beiden Brüder
sich nicht nur in den Größenverhältnissen ent-
sprechen, sondern auch innerhalb der Retabel-
rekonstruktion gleichwertige Plätze einnehmen.
Wäre nicht bereits St. Hermes unverrückbar
Inhaber des Platzes über dem linken Flügel, so
könnte an seiner Stelle eine Feliciantafel unter-
gebracht werden. So aber bleibt nur mehr der
Giebel über der Kreuzigung, um dieses heilige
Zwillingspaar" richtig unterzubringen. Zweifler
am Ergebnis dieser Überlegungen werden mit
10
Recht die Frage ins Treffen führen, ob eine ver-
tikale Teilung des Giebelfeldes in zwei symme-
trische Teile über der ungeteilten Kreuzigungs-
tafel überhaupt erwartet werden könne. Ihnen
sei entgegengehalten, daß Paolo Veneziano im
Aufbau des Polyptychons der hl. Lucia über der
Hauptdarstellung sogar eine Dreiteilung vor-
nimmt. Die Frage, inwieweit eine von der Mitte
abgewendete Figur in einem solchen zentralen
Giebel möglich sei diese Wendung der Figur
nach der entsprechenden Flügelaußenseite ist
mit Sicherheit auch für den fehlenden hl. Feli-
cian anzunehmen, ist mit einem Zitat aus der
Vita der beiden Heiligen zu beantworten ...und
da sie fest im Glauben verharrten, wurden sie
gar grausam zerfleischt; und wurden vonein-
ander getrennt ."". Diese an sich unauffällige
Textstelle erhält erst dadurch Gewicht, daß der
Spruchbandtext des hl. Primus einen Teil ihres
Inhalts als wesentlich voraussetzt. Dieser Text
enthält nämlich die Antwort des hl. Primus auf
die verführerische Lüge des heidnischen Richters
Siehe, dein Bruder ist den kaiserlichen Geboten
gehorsam gewesen und wird darum in großen
Ehren gehalten im Palast das sollst du auch
tun, so kommst du zu gleichen Ehren." Die volle
Antwort des auf die Glaubenskraft des Bruders
vertrauenden Primus war Wenn du auch ein
Sohn des Teufels bist, so hast du doch einen
Teil wahr gesagt, denn MEIN BRUDER HAT DEN
GEBOTEN DES HIMMLISCHEN KAISERS GE-
HORCHT"".
Die sicherlich nicht alltägliche Situation, daß
zwei im Mittelgiebel des Retabels dargestellte,
gleichwertige Figuren einander den Rücken zu-
kehren und voneinander durch eine vertikale
Mittelspange getrennt sind, erklärt sich uns so-
mit als bildliche Übersetzung einer besonderen
Situation im Leben der beiden heiligen Brüder.
Das herkömmliche Schema einer passiven Prä-
sentation von Heiligengestalten, die sich dem
Betrachter durch landlöufige Attribute zu erken-
nen geben Laib hat es mit den Heiligen des
Pettauer Altares wiederaufgenommen wird
zur lnszenierung hin vorgetrieben. Wohl im Zu-
sammenhang damit ist der Verzicht auf Attribute
zu erklären, die hier durch die konkret gegebe-
nen Heiligennamen ersetzt werden. Ein Stück
des Textes lädt den wissenden Betrachter ein,
bei sich selbst die Szene zu ergänzen.
Eine der wesentlichen Stützen für die verschie-
denzeitliche Dotierung der beiden erhaltenen Hei-
ligengestolten ist der starke Größenunterschied,
der auch ganz abgesehen vorn blockhaft Ge-
schlossenen der Primusgestalt und dem aktiv
Bewegten der Hermesgestalt zu einem anders-
artigen Verhältnis von Figur und Grund führen
muß. lhn glauben wir aus dem formalen Bestand
des rekonstruierten Retabels erklären zu können.
Der Zwickel mit dem hl. Hermes bildet den Auf-
satz des linken Retabelflügels, der eine Geburt
Mariä" und eine Verkündigung beide Padua,
bischöflicher Palast zeigt. Dem Gegenflügel ge-
hören eine Geburt Christi Padua, bischöflicher
Palast und ein Marientod Venedig, Seminaria
pat-riarcale an. Der diesen Flügel bekrönende
Dreieckswinkel ist verschollen. Aus ikonographi-
schen Gründen nehmen wir an, daß er einen
hl. Papst Alexander zeigte. Er dürfte als sym-
metrisches Pendant zum hl. Hermes ähnliche
Proportionen aufgewiesen haben und hätte da-
mit ebenso wie die Hermesgestalt größenmäßig
eine Mittlerrolle zwischen den kleineren Figuren
der Flügeltofeln und den größeren Figuren der
Mitteltafel innegehabt. Primus und damit wohl
auch der verschollene Felician sind in ihrer
überragenden Größe wohl von der Gestalt des
Gekreuzigten abhängig. Möglicherweise aber
hat hier die Beschreibung des hl. Primus der
legenda aurea zu einer größenmäßigen
renzierung der Aufsatzfiguren geführt. Hier
es Primus ist soviel als der höchste ode
große Jener war hoch und groß an Wi
keit, da er das Martyrium erlitt; an Gewa
er Wunder wirkte; an Heiligkeit, da sein
vollkommen war; an Glückseligkeit, da ei
haftig ward der Glorie..."". Die Rück
der beiden erhaltenen Retabelaufsätze
abgehobelt worden sein. Der dadurch en
dene Verlust kann nicht allzugroß sein, di
geschlossene Retabel zwei schlanke Hei
gestalten, einen Korbinian und einen Fl
zeigt, denen die Flügelaufsätze höchstens
architektonischen oberen Abschluß abgebe
ben können.
Nach dem erhaltenen Bestand an gotische
gelaltären scheint der Typus, der mit den
uns rekonstruierten Altar faßbar wird,
zu sein. Auf ein brauchbares Vergleichsbei
nämlich den Mortinsaltar im Besitz der
Galerie Joanneum, hat bereits Ludwig Bc
hingewiesen. Der nach dem van Laib 144
malten Altar entstandene Altar von Bernhau
Obb. scheint einen Reflex des Laib-Altares
zustellen. Er entspricht der von uns rekonst
ten Form, das Verhältnis zwischen den
und dem Hauptteil der Tafeln ist ebe
äußerst ähnlich, wobei allerdings die trenne
Spangen aufgelöst werden und die Szener
Figuren vom ganzen Format Besitz erg
haben. Verglichen mit der italienischen
wicklung ist diese Altarform altertümlich
entspricht dort einer Entwicklung des Trecei
Abschließend sei noch darauf hingewiesen,
der ursprüngliche Aufstellungsort des Al
dann wenigstens annähernd umrissen wi
kann, wenn die Rekonstruktion sich als
erweist. Es kann in diesem Fall keinen Zv
darüber geben, daß Laib ihn entweder für
Kapelle oder für eine Kirche gemalt hat, die
hll. Primus und Felician geweiht war. Der
in Frage stehende Salzburger Dorn scheidet
einer neuerlichen Überprüfung der VGFSCiIlt
sten Patrozinien aus. Lediglich eine Neben
die des hl. Hermes, würde für den Dom spre
Als weiterer möglicher Aufstellungsort hat
seit langem Badgastein zur Debatte gestai
Es wäre nach eine kleine Landkirche hinzu
gen, die alleinstehende Kirche von Buchberi
Bischofshofen. Sie ist Primus und Feliciar
weiht; in einem .lnventar von 1636 wird au
Vorhandensein einer schönen Tafel mit
Kreuzigung Christi hingewiesen, die als ar
Wand hängend bezeichnet wird. Freilich
sich auch aus dieser Angabe kein endgü
Schluß ziehen, da es um 1636 sicher in
Kirchen noch gotische Tafeln mit einem
wichtigsten Themen der Heilsgeschichte
ben haben wird.
Selbst wenn es gelungen wäre, alle stilistis
Unterschiede zwischen Hermes und Primus
unsere in erster Linie von ikonagraphischen
sichtspunkten bestimmte Rekonstruktion ai
schalten, bleibt es letztlich dabei, daß die Ge
des Hermes, wo-immer man sie im Werk
Conrad Laib unterzubringen versucht, eine
Überraschung darstellt. Vielleicht ließe sicl
Entstehung dieser Hermestafel um 1449 al
Phänomen der Ungleichzeitigkeit" einst
also als ein Wurf, den Conrad Laib
später nicht mehr zu übertreffen vermc
Immerhin aber enthält auch die Kreuzigi
tafel selbst neben Figuren mit altertümli
Zügen einzelne überraschende Gestalten,
den mächtigen Reiter der rechten Bildhälfte
unglaublich verkürzte Pferd links vor dem
zesstamm oder den Ritter schräg unterhalk
rechten Schächers.
"I7 Meister des Weildorfer Altures, Weildorfer Al-
ler, um 1435-1440. Flügeliafeln Werkfcgs-
Seifen. Freising, SL-Klara-Klosfer
1B Meisier des Weildorfer Ahares, Weildorfer Al-
tar, um 1430-1435. FlügeHufeln Sonntags-
seiien. Freising, SL-Kluru-Klosler
zrkungen 10-14 Anm. s. S.
habe meine Präfektur von Rom nicht verloren, ich
sie nur verwandelt in eine himmlische im Namen
Herrn." Hermes war seiner legendären Vita nach
ltpräfekt von Rom und wurde unter Traian oder Dia-
lGH für seinen Glauben enthauptet. Sein Festta? wird
354 gefeiert. 351 bradüe Bischof Luitpram Reiquien
hl. Hermes noch Salzburg, seither ist er einer der
burger Dampalrane.
Haus de Vorugine, Die Legenda aurea, aus dem La-
isdien übersetzt von Richard Benz, Köln 1969, S. 397.
Voragine, a. a. 0., S. 397; der ergänzte lateinische
lchbandtext lautet licet diaboli filius sis, verum tarnen
surfe dixisti, quia FRATER MEUS schlecht lesbar
E-RATORIS CELESTIS DECRETIS CON ENSIT.
Die erste Flügeltatel, die von Thode mit der Wiener
Kreuzigung in Verbindung gebracht und von H. Voss in
der Zeitschrift für bildende Kunst 1907108 publiziert wurde,
befindet sid1 im Seminario patriarccla in Venedig und
zeigt einen Merientod Rückseite untere Hälfte eines m.
Florian. Zwei weitere Tafeln im bisdiötlidien Palast in
Fudua konnte W. Suido im Jahrbuch der preußischen
Kunstsammlungen, 52, Berlin 1931, veröffentlichen Verkünl
digung Rückseite untere Hälfte des hl. Korbiniun oder
Muximin; Geburt Christi Rückseite obere Hälfte des hl.
Florian. In einem 1912 gedrudden Führer durch das 5er
minario patriurcule in Venedig fund Suidu noch einen
Hinweis auf die vierte Tafel. 1969 getan es A. Rosenauer,
diese Tafel im bisch" lichen Palast in aduu dank einem
Hinweis von C. llm ausfindig zu machen; sie zeigt
eine Geburt Mnnä Rückseite obere Hälfte des hl. Kor-
binan oder Maximin. Eine Publikation durdi den Entdecker
steht noch aus. Die in Italien befindlichen Tafeln waren
ebenso wie die Kreuzigung in Wien durch die Hände des
Marchese Federigo Manfredini, Staatsminister des Großher-
zogs Ferdinand van Taskana in Salzburg, gegangen. Die
Provenienz der beiden Tafeln des Salzbur er Museums
C. A. ließ sich bis ietzt nicht mit Sicherheit eststellen.
"J. de Voragine, a. a. 0., S. 397.
Als Vorstufe für die beiden Tafeln des Sulzburger Museums
mit den hll. Hermes und Primus wird heute allgemein auf
die Prephetenzwickel des Weildarter Altares verwiesen
so Beate RlIkSChClC im Ketalag der Ausstellunß "spülgo-
tik in Salzburg Die Malerei", Salzburg 1972. Wir neigen
dazu, nicht nur diese indi dualisierten Prnplietendurstel-
Iungen, sondern beide Flügel als frühe Arbeiten des Con-
rad Laib anzusprechen.
11
19
20
12
21 19
Meister von Liefering Altar aus Bernhuupten
Mitteltotel Sonntogsseite, um 1460. Filial-
kirche St. Jakob in Bernhoupten, Oberbayern
Meister von Lietering Altar aus Bernhuupten
rechter Flügel Sonntugsseiie, um 1460. Filial-
kirche St. Jakob in Bernhaupten, Oberbayern
20
Meister von Liefering '91, Altar aus Bernhuupten
linker Flügel Sonntugsseite, um 1460. Filial-
kirche St. Jakob in Bernhcupten, Oberbayern
Meister von Liefering Altar aus Bernhcup-
ten geschlossener Zustand Werktugsseite,
um 1460. Filiulkirche St. Jakob Bernhoupten,
Oberbayern
Unser Autor
Dr. Albin Rohrmoser
Sulzburger Museum Ccrolino Augusteum
Museumsplatz
A-501O Salzburg
enhändige
ionnendarstellungen
Jakob Kaschauer
anhändige
lonnendarstellungen
Jakob Kaschauer
zur Erforschung der deutschen
der Dunklen Epoche"
Lungen 1-4
lm Finder Die deutsche Plastik vom ausgehenden
alter bis zum Ende der Renaissance", Handbuch ll,
rn, 1929.
aus keinem Dokument eindeutig hervor, daß
iuer tatsächlich auch Bildhauer gewesen ist. Wir
aber, daB die Bezeichnung pictor" im Mittelalter
für den Maler als auch für den Schnitzer und Faß-
gebräuchlich war. Dieser Umstand führte daher
halt zu Polemiken, ob der Künstler nicht etwa
Altartafeln gemalt hat und als Inhaber einer
lenden Werkstätte auch als Autor für einen mit-
enden Schnitzer verantwortlidi gemacht wird. Wie
es sich auch verhält, der Verfasser bezieht die
udiungen ausschließlich auf den Schöpfer der
uren des Freisinger Hochaltares.
ducsay in Am Historiae Artium, Budapest, m1
ochaltar von Kaschau.
ierstenberg Hans Multscher, Leipzig, 192B.
Walter in Jahrbuch des Vereins für christliche
München, 1911, Band Jakob Kasdiauer, der
ir des 1443 errichteten Hochaltares zu Freising.
cashauer pictor civis vienensis" beschäftigt seit
zwei Generationen die einschlägige Forschung,
ist aber bis heute in irgendeiner Form immer
wieder am Paradebeispiel des Bayrischen Na-
tionalmuseums, dem Skulpturenbestand des ur-
kundlich bezeugten ehemaligen Freisinger Hoch-
altares, hängengeblieben. Es ist nicht nur un-
denkbar, daß sich die erhaltene Arbeit eines so
bedeutenden Künstlers nur in einem einzigen
Werk wiederfindet, sondern es mag sogar ver-
wundern, wie diese von wissenschaftlicher Seite
her als Solitär behütet wird, als wäre es für
den Meister eine Schande, vorher und nachher
etwas Ebenbürtiges geschaffen zu haben.
Der Gesamtkomplex Kaschauer" ist zu weit-
läufig, um in diesem Rahmen voll ausgeleuchtet
zu werden; es soll daher nur von den Marien-
darstellungen die Rede sein, welche sich bei
genauerer Untersuchung eines Großteiles des in
Frage kommenden Materials als sichere eigen-
händige Arbeiten herausstellten.
Jakob Kaschauer ist der große süddeutsche Bild-
hauer an der Schwelle vom idealisierenden
Weichen" zum naturalistischen Stil der Spät-
gotik. Dieser Übergangsstil fällt in die Zeit der
Dunklen Epochen, in die uns so rätselhafte Zeit
des zweiten Viertels des 15. Jahrhunderts, aus der
nur ganz wenige datierte Werke erhalten sind.
Die Abstammung des Meisters von Kaschau
Tschechoslowakei, früher Ungarn ist absolut
glaubhaft, namentlich auf Grund verschiedener
urkundlicher Bezeichnungender Kaschauer" oder
von Kaschau", bewiesen ist sie nicht. Sein Name
ist jedenfalls 1429 erstmalig in Wien urkundlich
erwähnt. Es ist anzunehmen, daß der Meister vor
der Gründung seiner eigenen Werkstätte Mit-
glied der Dombauhütte zu St. Stephan war, und
wir können weiter vermuten, daß er sich schon
in sehr iungen Jahren selbständig machtef.
Kaschauer war ein angesehener und geachteter
Bürger der Stadt Wien, führte sein eigenes Wap-
pensiegel, besaß 1441 ein Haus am Alten
Kohlenmarkt" und wird bis zu seinem Tode im
Jahre 1463 verschiedentlich in Urkunden ge-
nannt. Sein Geburtsiahr kann um 1400, jedenfalls
im ersten Dezennium des 15. Jahrhunderts, ange-
nommen werden. Konkrete Anhaltspunkte zu
seiner künstlerischen Tätigkeit finden sich nur
zweimal, und zwar auf der Innenseite des Ein-
banddeckels des Prädialbuches des Hochstiftes
Freising von 1316 Archivsignatur 250 in der
Bibliothek des Erzbischöflichen Metropolitanka-
pitels zu München, wo mit 28. Juni 1443 das
Weihedatum für den von Nikodemus della
Scala gestifteten Hochaltar des Domes zu Frei-
sing bezeugt ist, und eine urkundliche Notiz,
nach der der Meister im Jahre 1449 einen jetzt
zur Gänze verschollenen Altar für die Michaeler-
kirche in Wien lieferte.
Wir stehen nun vor der Aufgabe, das auf uns
gekommene, nur spärlich erhaltene Skulpturen-
material der in Frage kommenden Zeit zu sichten
und dahingehend zu prüfen, was Jakob Kasch-
auer wirklich eigenhändig geschaffen hat. Mit
diesem Problem haben sich selbstverständlich
schon viele verdiente Kunsthistoriker auseinan-
dergesetzt. Der Zufall wollte es aber, daß erst in
jüngerer Zeit zwei sichere Schnitzwerke neu ent-
deckt wurden, welche der Forschung früher nicht
zugänglich waren. Auf Grund vergleichenden
Fotomaterials wurde so manche Vermutung
ausgesprochen, einen wirklichen Sicherheitsfak-
tor zu setzen vereitelte in der Regel die Un-
möglichkeit, in Frage kommende Werke bis
zum Kern auf die Handschrift des Meisters zu
untersuchen. Das Hauptproblem liegt also darin,
das Wesen unseres Künstlers, die charakteri-
stischen Merkmale seines Stils und, daraus fol-
Werken zu erkennen.
Jakob Kaschauer steht als Künstlerpersönlich-
keit eigenartig isoliert da. Er hat seinen eige-
nen Stil geprägt und mit diesem die wichtige
Brücke geschlagen, welche nach der übersteiger-
ten ldealisierung und Schematisierung des Wei-
chen Stils notwendig geworden war, um dem
Naturalismus der Spätgotik zum Durchbruch zu
verhelfen. Dieser Naturalismus" hat sich in di-
rekter Folge selbständig gemacht, weiterent-
wickelt, verzweigt, verfeinert; aber Kaschauer
hat keinen Typus geschaffen, der einer Bild-
hauergeneration als Grundlage gegolten hätte.
Er machte nicht Schule im wortläufigen Sinne,
sondern bereitet im süddeutschen Bereich viel-
mehr den Nährboden für die Vielfalt der nach-
folgenden realistischen Stilprägungen. Für un.
sere Untersuchungen ist die wiederholt von
Theoretikern aufgeworfene Frage nach der Her-
kunft des Meisters nicht so wesentlich. Ob der
Künstler aus Kaschau zugewandert ist oder
einem Wiener Geschlecht entstammt, ist eine
Streitfrage, die der Zufall eines Tages sicher
noch klären wird. Auch kommen die Diskussio-
nen, welchen künstlerischen Einflüssen unser Mei-
ster unterlegen war, nicht zum Verstummen, und
ich würde selbst diese Frage vorsichtig beant-
worten und diesen großen Individualisten nicht
einfach in den im 15. Jahrhundert so starken
Einflußbereich der franco-flandrischen Schulen
stellen. Daß Kaschauer diese Kunst gekannt hat,
ist offensichtlich, aber sein charakteristischer
Stil wurzelt nicht nur in diesem Einflußbe-
reich. Gewisse stilistische unleugbare Parallelen
zu Multscher" und andere zur burgundischen
Kunst wurden aufgezeigt, ebensolche mit Nürn-
berg und Ulmi Alle diese Überlegungen sind
zweifellos richtig, aber man darf die Tendenz
des allgemeinen Zeitgeistes nicht unterschätzen.
Wir wissen, daß unabhängig und an den ver-
schiedensten Punkten Europas gleichzeitig neu-
artige stilistische Veränderungen stattgefunden
haben.
Wie präsentiert sich nun die Eigenart der
Kaschauerischen Handschrift, was ist das We-
sentliche daran, welche zwingende Gesetzmä-
ßigkeit und welche persönlichen Eigenheiten er-
geben so eindeutige individuelle Merkmale, daß
die Autorschaft unseres Meisters unzweifelhaft
wird? Bei ieder Bestimmung der Werke einer
Künstlerpersönlichkeit kann nur von den im
Original überlieferten Hauptwerken ausgegan-
gen werden. Dabei ist es vollkommen unwe-
sentlich, ob der Name des Künstlers bekannt ist,
welche kunsthistorische Streitfragen sich bezüg-
lich Herkunft, Schule usw. um den Meister ran-
ken, sondern es ist allein das Auge, welches die
Formensprache und die persönlichen Eigenheiten
des Schöpfers aufnimmt, um gegebenenfalls das
Ausgangsobiekt in einem anderen Werk zu
assoziieren. Es liegt daher auf der Hand, unseren
Meister von dem einzigen bis ietzt bekannten
urkundlich bezeugten Werk, der Madonna mit
Kind, Mittelfigur des Freisinger Altars von 1443,
abzuleiten. Ob neu aufgefundene Originale
vor oder nach diesem Kunstwerk entstanden,
wird eine Frage der wissenschaftlich bereits fest-
liegenden stilistischen Veränderungen innerhalb
des gesamten Entwicklungskomplexes der deut-
schen spätgotischen Bildhauerkunst sein.
Der persönliche Stil Kaschauers muß vor allern
als Ganzes ins Auge gefaßt werden. Das Auf-
fallendste, das ihn prägt, ist seine ausgespro-
chene Monumentalität. Durch alle Werke spüren
wir diesen Drang zur Großfigurigkeit, der einen
irgendwie an die Antike erinnern mag. Wer ein-
mal seine Hand in ein Faltental unseres Meisters
gelegt hat und die Kraft seiner Linienführung
13
zur Erforschung der deutschen
der Dunklen Epoche"
Jakob Kaschauer, Purgsfaller Madonna, Anfang
der dreißiger Jahre des "I5. Jahrhunderis; Lin-
denhalz, 185 crn, Mefropolifan Museum of
Ar, New York
Jakob Kaschauer, Hainburger Madonna, MiNe
der dreißiger Jahre des 15. Jahrhunderls, Nuß-
baumholz, 175 cm, Privalbesiiz, Wien
Jakob Kaschauer, Freisinger Madonna. Anfang
der vierziger Jahre des '15. Jahrhunderts, Nuß-
baumholz, ohne Krone 173 cm, Bayerisches
Nafionalmuseum, München
14
von links nach radns
spüren konnte, wird sich den Künstler ins klein-
tigurige Format übersetzt nicht mehr vorstellen
können. Der Kern dieser Vorliebe wurzelt noch
im 14. Jahrhundert und mag in einer Schulung
in der Dombauhütte, der Kenntnis der Kathe-
dralplastik, seinen Aufträgen für große Altar-
werke und nicht zuletzt in der erst am Beginn
der Entwicklung stehenden Flügelaltarkunst zu
suchen sein.
Ein weiteres Charakteristikum stellt die nicht zu
verleugnende Abhängigkeit von dem üppigen,
stilisierten Kaskadenstil der Schönen Madonnen
dar. Man könnte sagen, der Meister kehrt nach
der unwirklichen, hoch stilisierten Faltengebung
des Weichen Stils zurück zur Natur und umgibt
seine Madonnendarstellung mit einem neuen,
naturalistischeren Gewand. Dieses Eindrucks kann
man sich auch bei unserem reifen Schulbeispiel,
der Freisinger Madonna, nicht erwehren. Der
seitlich geneigte Kopf, das noch etwas vor-
gewölbte Becken und der schwer am Körper
16
anhaftende Stoff, der wie in der Zeit der
Schönen Madonnen von einem Modisten künst-
lich gelegt scheint, beinhaltet nach weitgehend
die ausgeprägte Stilisierung der vergangenen
Epoche. Die Faltengebung selbst, bewußt zum
Naturalismus" zurückgebracht, erscheint nun,
wie sie mit der Hand modelliert und gelegt wer-
den könnte, aber immer noch nicht, wie sie sich
von selbst ergeben würde. Schwere Rährenfalten
wechseln mit laschenartigem Durcheinander, des-
sen Endresultat und besonderen Reiz ein kurioses
Spiel der Säume ergibt. Es wäre müßig, sich hier
in Beschreibungen von Faltengehängen und
Rockaufstäßen zu verlieren, könnte doch iedes
einzelne Detail aus anderen Werkstätten und
Schaffensepochen zusammengetragen werden.
Das Wesentliche ist der Gesamteindruck dieser
künstlich gelegten Naturfältelung, fast als wäre
diese im Liegen modelliert, mit ihren überaus
großen Mantelumschlägen, die zweifellos dem
Reiz des andersfärbigen Futtermaterials ent-
sprungen sind. Die gleiche Überlegung gl
für das Kopftuch bis herab zum Zipf,
Jesuskind ergriffen hat das Spiel des
neu drapiert, aber dennoch stark mi
Weichen Stil verbunden.
Die Haltung des Kindes ist ein weiteres
teristikum. Es beginnt sich klar und deutl
seiner Umwelt zu beschäftigen. ln halb lie
Stellung von der Mutter wegstrebend, muE
beiden Händen gehalten werden. Der sch-
angewachsene Knabe mit seinem beacl
Eigengewicht verlangt von der Trägerin
nur eine gespielte, sondern eine tatsc
Standfestigkeit. In diesem Punkt tritt deutl
Weiterentwicklung in der Auffassung de
terfigur zutage, und es ergeben sich darc
in Verbindung mit der eigenartigen,
klebten Faltengebung neue Aspekte, die
Fürsti bereits in einer Untersuchung üt
kubischen Formelemente der Freisinger
eingehend behandelt hat. Schließlich reift
gstaller Madonna, rechte Seitenansicht
nburger Madonna, rechte Seitenansicht
isinger Madonna, rechte Seitenansicht
gstaller Madonna, linke Seitenansicht
nburger Madonna, linke Seitenansicht
isinger Madonna, linke Seitenansicht
.ung
Fürst Beiträge zu einer Geschichte der österrei-
Plastik in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
är 1931.
blockhaften Gesamtkomposition in dem späte-
ren Werk Kaschauers ein ernstes, verinnerlichtes,
der Realität wieder einen Schritt näher gekom-
menes Madonnenantlitz heran.
Zu diesen bekannten Grundprinzipien in der
Kunst Kaschauers gesellt sich nun eine große
Anzahl Details, die in ihrer Gesomtvereinigung
ein ganz charakteristisches Gefüge ergeben und
allen seinen Schöpfungen eigen sind. Wir wallen
als Handschrift des Meisters erkennen die
Hoarwülste sind in einzelne Lockenpartien auf-
gegliedert, welche mittels einfachen Lackenstech-
schnittes in geschlossener Form gehalten wer-
den, was den Eindruck enganliegender Zöpfe
hervorruft. Dieses Haarbild verläßt keine ein-
zige der Kaschauerischen Madonnendarstellun-
gen. Die Anordnung der Hände und die Stellung
der Finger Moriens, der immer wieder abgewin-
kelte kleine Finger, der massive Hals, selbst das
Böndchen, mit dem das Unterkleid am Halsaus-
schnitt zusammengeschnürt ist um nur einige
Details zu nennen wiederholen sich als En-
semble in einer Weise, die einen Zufall aus-
schließt. Es soll noch einmal betont werden, doß
hier nicht einzelne gleiche Motive addiert wer-
den, weil die dem gleichen Zeitgeist entspringen-
den Details sehr leicht zu einem Fehlurteil füh-
ren können, sondern daß die Wiederholung der
einen oder anderen Nebensöchlichkeit an einem
einzigen Objekt erst in Verbindung mit den gro-
ßen Grundmerkmalen bei der Beurteilung der
Eigenhändigkeit gewichtig wird.
Schließlich ist ein Faktum bei der Erforschung der
Handschrift Jakob Koschauers von ganz beson-
derer Bedeutung die Qualität des Obiektes.
Kaschauer gehört sowohl was die stupende Tech-
nik als auch geistige Erfindungskraft anlangt zu
den großen Könnern spötgotischer Bildhauer-
kunst. Eine Beherrschung des horten Materials
drei von den vier hier bearbeiteten Skulpturen
sind aus dem im süddeutschen Kunstbereich nicht
alltäglichen Nußbaumholz geschnitten kommt in
17
Künstlers versehen ist und versehen sein muß.
Es ist geradezu ein Vergnügen, mit den Fingern
tastend in die Kaschauerische Faltenprägung ein-
zudringen und dort die konsequente naturali-
stische Virtuosität wahrzunehmen. Diese Virtuosi-
tät entbehrt der Technischen Übersteigerung des
Stils des letzten Drittels des 15. und ersten Drit-
tels des 16. Jahrhunderts; sie betrifft einzig und
allein die charakteristischen Merkmale Kasch-
auerischer Stilprägung kräftig und markant legt
sich der Stoff in seine gewollte, modellierte
Form, alle Höhen und Tiefen, alle Überschnei-
dungen, alle Umkehrungen sind ganz präzise
und exakt der Natur nachgebildet, die Veriün-
gungen nach rückwärts zu ausgewogen und
durchdadtt, es gibt keinen Fehlschnitt und kei-
nen Kompromiß, wenn auch das Gras der Falten
der künstlerischen Phantasie entspringt.
Das Erkennen aller dieser Merkmale beruht auf
dem menschlichen Auge, welches angesichts
einer der genannten monumentalen Mariendar-
stellungen die Tiefenwirkung und das gesamte
konstruktive Gepräge körperlich erfassen kann.
Die Eigenhändigkeit einer Kaschauerisdwen Ar-
beit auf Grund von Photographien zu bestimmen
wird daher immer einen Unsicherheitsfaktor of-
fenlassen, zumal die starke Verkleinerung und
die individuelle Ausleuchtung in der Regel dach
nur imstande sind, den Stil, aber nicht die Hand
des Meisters wiederzugeben.
Zu Beginn der fünfziger Jahre unseres Jahrhun-
derts fand sich in einer Privatkapelle in Wallsee,
Oberösterreich, das früheste der bis ietzt wieder
aufgetauchten Hauptwerke unseres Meisters. Die
Skulptur stammt nach glaubwürdigen Angaben
des ursprünglichen Besitzers aus Purgstall an der
Erlauf, Niederösterreich Erbauungszeit der goti-
schen Pfarrkirche 1412-1450, von wo sie laut
Überlieferung zur Rettung vor den napoleoni-
schen Plünderungen auf einem Ochsenkarren in
ein Versteck nach dem Fundort gebracht, aber
niemals mehr retourniert wurde. Sie befindet sich
heute im Metropalitan Museum of Art, New
Yark Abb. 7f. Die PURGSTALLER MA-
DONNA repräsentiert als frühestes erhaltenes
Werk des Meisters schan den voll ausgeprägten
Kaschauerischen Stil mit all seinen genannten per-
sönlichen Eigenheiten. In der Grundkonzeption
zeigen sich aber noch am deutlichsten die An-
klänge an die vorangegangene Epoche des Wei-
chen Stils Die S-Krümmung mit dem geneigten
Kapf, das vorgewölbte Becken und die nach be-
sonders reiche Detailausführung gehen konform
mit ihrem idealisierten Gesicht der Schönen Ma-
donnen und dem noch unproportionierten Jesus-
kind. Ein Vergleich mit der Freisinger Skulptur
überzeugtuns van dergleichen Autorschaft. Kasch-
auers Stil ist bereits voll zum Durchbruch gekom-
men, alle seine persönlichen Eigenheiten sind
vorhanden, aber doch spürt man die Jugend des
Meisters, dessen Schaffen die ldealisierung an-
haftet. Die Durcharbeitung sämtlicher Stoffpar-
tien verrät noch die Freude am Detail sorg-
fältigste Behandlung der Säume, das Kopftuch
ist mit Fischgrätmuster belebt. Die Falten sind
extrem tief geschnitten. Die kommende Groß-
zügigkeit in der Gesamterscheinung ist schon
da, aber in der Fülle der modellierten Falten-
partien steckt noch die extreme Ubersteigerung
der hier umgeformten Kaskadenfalten. Es wäre
angesichts dieses so hoch qualitätvollen Wer-
kes, das schon alles beinhaltet, was über den
18
haben und selbst diese Jahreszahl als Weihe-
datum wohl zwei oder drei Jahre nach der
eigentlichen Schöpfung liegen muß, ist die Ent-
stehung der Purgstaller Madonna mindestens
ein Jahrzehnt früher anzusetzen, also in den
Beginn der dreißiger Jahre. Hier kommt nun des
Meisters grundlegende künstlerische Bedeutung
voll zum Ausdruck. Hatte dodt um diese Zeit
der Weiche Stil gerade seinen extremen Höhe-
punkt überschritten. Neben diesem schöpferi-
schen Vorausblick beweisen die raffinierte Tech-
nik und Sorgfalt des bildhauerischen Könnens
auch noch ganz deutlich das Jugendwerk des
Künstlers nach hatte er nicht die Berühmtheit
erlangt oder genügend Aufträge, um zum Rou-
tinier zu werden.
Stilistisch knapp vor der FreisingerMadonna steht
nun ein weiterer Fund aus den beginnenden fünf-
ziger Jahren unseres Jahrhunderts, die HAlN-
BURGER MADONNA Wien, Privatbesitz Abb.
8'. Sie wurde in einem Weinhauerhaus
in Hundsheim entdeckt und in den ersten vor-
sichtigen Zuschreibungen in verschiedenen Ver-
öffentlichungen unter dem Namen Hundsheimer
Madonna" bekannt. Nach der Überlieferung wa-
ren es die Türken, die das Gnadenbild am Hoch-
altar der gotischen Pfarrkirche zu Hainburg mit
Säbelhieben beschädigten, wobei als stärkste
Einbuße die Nase der Maria sowie Kopf und
Schulter des Jesuskindes verlarengingen. Die
dilettantische Hand eines Barockbildhauers er-
gänzte diese Teile stilistisch widersinnig und in
Weichholza. 1953 kam die bedeutende Skulptur
nach einer unvollständigen Restaurierung durch
das Denkmalamt ein Jahrzehnt als Leihgabe
vorübergehend in die Hundsheimer Pfarrkirche,
um darauffolgend einer gewissenhaften Frei-
legung und Rekonstruktion unterzogen zu wer-
den. Erst die gründliche Entfernung sämtlicher
späterer Zutaten und Ergänzungen brachte das
eigenhändige, kraftvolle Meisterwerk Jakob
Kaschauers ans Tageslicht.
Die stilistische Fortentwicklung zur Freisinger
Madonna hin ist in diesem Exemplar bereits in
einem Maß erfolgt, daß man die beiden Skulp-
turen, abgesehen von der Mondsichel, dem
Mondgesicht und der Wolkenbank, auf der die
Hainburger Maria ruht, im ersten Augenblick als
identisch bezeichnen könnte. Das einzige sofort
auffallende Kriterium ist der weniger strenge,
immer noch idealisierte Gesichtsausdruck Ma-
riens. Angesichts der Originale überzeugen aber
sofort die gehobenere technische Sorgfalt und
die markanter geschnittene, typische Faltenge-
bung des Meisters, also die präzisere Ausfüh-
rung, daß es sich hier um ein Bindeglied zwi-
schen der Purgstaller und der Freisinger Ma-
donna handeln muß. In ihrem Gesamteindruck
steht die Hainburger Skulptur der vorangegan-
genen Stilepoche deutlich näher, und wir können
daraus folgend mit Sicherheit annehmen, daß
sie der Stifter des Freisinger Hochaltars, Nika-
demus della Scala, in der Wiener Bildhauer-
werkstätte gesehen und auf Grund seines Ein-
druckes dem Meister den Auftrag für den Frei-
singer Altar erteilt hat. Urkunden konnten bis
heute keine gefunden werden, da aber die Ent-
stehungszeit zwischen der zweifellos früheren
Purgstaller Schöpfung und der datierten Frei-
singer begrenzt ist, zur letztgenannten aber doch
ein spürbarer Abstand besteht, können wir die
Anmerkungen 6-8
Lindenholz, Höhe mit Krone 185 cm, ohne Krone
rüdtseitig ausgehöhlt, sorgfälti von zahllosen
fassungen und Ubermalungen irsigdtegte urspr
Fassung, die Vergaldun des Mantels vor einer
ken Neuvergoldung grö tenteils mechanisch entfe
nur in den Tiefen und an einzelnen Partien
erhalten, iedach komplett vorhandene Original;
rung. Uberschläge blau, lnkarnat von Übermolun
bis auf eine nicht sehr ebene Schichte des 17.
Jahrhunderts freigelegt, da die Originalfassung
die Lenden des Kindes erhalten war, weil di
später hinzugefügtes Leinentüdtlein schützte. Dia
etwds zu groß ergänzt, Sockelplatte und gesam
tenaufstoli waren abgeschnitten und wurden aus
schert Gründen von einem hervorragenden
rekonstruiert. Ansonsten in perfektem, unberührtt
ginalzustand ohne iigendwelche Beschädigungen.
LiL Die Gdtik in iederösterreich Jaset Zykun
1963, Abb. 91, 92.
7Nußbaumholz, Höhe mit Krone 175 cm, rückseit
Eehöhlte, dlfß, übergangene Vergoldung am Mante
berscltläge, arrt Unterkleid nur die ursprün licht
dierung erhalten. Reste des lnkarnats ges los
gänzt Krone, Nase, Kinnspitze Mariens, Ober
Jesusknaben, Ärmelschlaufe unterhalb des Kindes
sentlidte Saumscharten. Abgesehen von diesen Folg
absichtlichen Zerstörung in allen Teilen in hervorrat
unberührtem Originalzustand.
LiL Leopoldine Muckenhuber in Unsere Heim
11112, 1954 Zwei Holzplastiken in niederösterr.
besitz.
Josef Zykan in Osterreidtische Zeitschrift füt
udltgenkmalpflege", Heft 1961 Serie 31ff.,
derselbe Die Gatik in Niederösterreich, Krem
Ausstellungskatalog, Nr. 181;
derselbe Die Gotik in Niederösterreich, Wie!
Abb. 90.
D. Radacsay in Acta Histariae Artium, Budapes
Der Hochaltar von Kaschau und Gregor Erhart, Ab
'Wahl während der Säkularisierung unter Josef
der Pfarrkirche entfernt, fand das vielfach ül
und mit derben Ultarben überstrichene Obiekt
Jahre 1906 seinen neuen Aufstellungsort hinte
Glaswand am Gangende im alten Bezirksgeridtt
der Kirche am Kirchplatz von Hainburg. Grat
kirchen, Besitzer eines Gutshofes in Hundsheim,
dieser Zeit dortselbst eine Klosterschule für
kinder gestiftet, welche von drei geistlichen Scf
betreut wurde. Für die dazugehörige Hauskape
die Madonna als Gesdtenk gedacht, ist iEdC
den unverständigen Schwestern nidtt angenommt
den, So wurde das Obiekt unter den Stiegen-
zur Färsterwohnung gestellt, aus Pietätsgründt
einem Nachbarn in letzter Minute Vor der Zet
gerettet und bis zu seiner Wiederentdednung
einem Frivatraum untergebradtt.
Hainburger Madonna in die Mitte der dreißiger
Jahre datieren.
Die betonte Blockhaftigkeit und mit ihr die
Monumentalitöt steigern sich nun bei dem Aus-
gangsstück unserer Untersuchungen, der MITTEL-
FlGUR DES FREISINGER HOCHALTARS Mün-
chen, Bayrisches Nationalmuseum Abb.
Dimensionsmäßig ist sie die größte der bespro-
chenen Madonnen und durch Weglassung der
Mondsichel sowie der Wolkenbank bei unge-
fähr gleichbleibender Gesamthöhe bereits über-
lebensgroß. Das Praportionsverhältnis verändert
sich zugunsten der Breite. Die auffallendste Wei-
terentwicklung tritt nun im Antlitz Mariens ein,
die letzten Spuren einer ldealisierung sind fallen-
gelassen worden. Herbe, tief verinnerlichte Ge-
sichtszüge ergeben ein lebensnahes Porträt. Alle
persönlichen Eigenheiten des Meisters sind aber
wiederzufinden die charakteristische Haltung
des Kindes, die Hand- und Fingerstellung Ma-
riens, unwesentliche Details, wie der enganlie-
gende Halsausschnitt mit seiner Schnürung und
ähnliches. Der von uns charakterisierte Stil
Kaschauers ist noch gereifter, in seiner Exaktheit
wohl vorhanden, aber doch schon etwas schema-
tischer zugunsten der Gesamtwirkung. Die Fal-
tentöler sind seichter geworden, flacher, fast
könnte man sagen teigiger der Meister hat sich
nach mehr, als es uns schon bei der Hainburger
Madonna aufgefallen ist, von einer minuziösen
Ausführung entfernt. Ganz deutlich kommt diese
Entwicklung auch bei der Föltelung und auffal-
lend großzügigen Rillung des Schleiers zum
Ausdruck.
Die künstlerische Bedeutung im Rahmen der
deutschen Plastik ist in der gesamten einschlä-
gigen neueren Literatur immer wieder hervorge-
hoben und das Obiekt aus den verschiedensten
Perspektiven von der Kunstwissenschaft bearbei-
tet worden. Besonders Theodor Müller, der
große Kenner dieser Materie, hat sich in meh-
reren wissenschaftlichen Publikationen mit diesem
Hauptwerk und den damit zusammenhängenden
Problemen befaßt. Es soll daher im Rahmen
unserer Untersuchung nur festgestellt sein, daß
sich das berühmte Werk als vorläufige End-
phase in der Reihe unserer eigenhöndigen
Standmadonnen und als das monumentolste und
dem kommenden Realismus der zweiten Jahr-
hunderthälfte am nächsten stehende erweist.
Bisher am wenigsten bekannt, aber doch bereits
dem Kaschauerischen Kreiszugeschrieben, schließt
sich in zeitlicher Folge ein beachtliches Haupt-
werk aus der Schaffensperiode des Freisinger
Altars an die Sitzgruppe ANNA SELBDRITT am
barocken Hochaltar von Annaberg bei Maria-
zell, Niederösterreich Abb. 13. Auch bei diesem
Beispiel kann nur der Zufall Urkunden über
die Stiftung und die ursprüngliche Aufstellungs-
art erbringen, da bis ietzt nicht das geringste
darüber bekanntgeworden ist m.
Wir stehen auch hier wieder vor einem bedeuten-
den Hauptwerk des Künstlers. Monumental und
III
l-t
lebensgroß führt die Sitzgruppe zu dem schon
etwas routinierten und porträthaften Stil der
vierziger Jahre. Eine gewisse Auflösung der sorg-
fältig modellierten in eine echte Unruhe
macht sich bemerkbar, und doch ist die persön-
liche Hand des Meisters unzweifelhaft vorhanden.
Die Falten und Säume zeigen den charakteristi-
schen Duktus, man kann den Meister greifen".
An Stellen, welche die auftragende Überfassung
verloren haben, kommt sein sicherer Schnitt
am klarsten zum Ausdruck. Das typische Kasch-
auer Haar, die verinnerlichten, ernsten Gesichter
sprechen eine eindeutige Sprache. Der schwere,
herangewachsene Knabe beschäftigt sich wieder
nur mit seinem Beschauer, von den beiden heili-
gen Frauen nimmt er nicht die geringste Notiz.
Die Physiognomie des Kindes kommt förmlich
einer Signatur gleich, ist sie doch mit der des
Knaben der Freisinger Madonna nahezu iden-
tisch. Das ist weder die Sprache des Zeitgeistes
noch eine Zufälligkeit, sondern der reinste indivi-
dualismus, der einen zusätzlichen Beweis für die
Eigenhändigkeit erbringt. Wenn man sich die
groben Barackhände und darüber hinaus die
alle Kraft Kaschauerischer Formprögung ver-
wischende Übergrundierung und abstumpfende
Ölfarbe wegdenkt, treten vor dem geistigen Auge
die Handschrift und das konzentrierte, reife
Können des Meisters in Erscheinung. Es wäre
eine wichtige Aufgabe für den Denkmalpfleger,
dieses Werk von allen späteren Zutaten zu
befreien, wie es bei den drei vorangegangenen
Skulpturen der Fall war, und es der Wissenschaft
und Öffentlichkeit in einer einschlägigen Aus-
stellung vorzustellen. Die Gesichtszüge der bei-
den Frauen werden dann nach der Wieder-
herstellung der ursprünglichen scharfen Kontu-
ren durch die Entfernung der stark auftragen-
den Uberstriche eine ganz genaue zeitliche
Einordnung in das Schaffen des Bildhauers er-
möglichen. Es kann aber schon ietzt gesagt wer-
den, daß es sich um die Entstehungszeit des
Freisinger Altares oder wenige Jahre danach
handeln muß. Beachtlich empfindet man das ge-
lungene Unternehmen, die beiden Frauen spie-
gelbildlich darzustellen und ohne Wiederholun-
gen des Künstlers Eigenart gegenläufig zum
Ausdruck zu bringen. Gerade bei dieser noch
so wenig bekannten Gruppe lößt sich die Größe
und Bedeutung Jakob Kaschauers unter den
epochemachenden süddeutschen Künstlern er-
fassen.
Von den dem Verfasser bekannten Madonnen-
darstellungen unseres Meisters wäre in diesem
Zusammenhang nun noch die kraftvolle Madonna
von Salzburg-Mülln Stadtpfarrkirche, ehemalige
Augustinerkirche Abb. 10 zu erwähnen
welche in ihrer starken Anlehnung an den Wei-
chen Stil den Frühwerken Kaschauers zugeordnet
werden könnte. Die Grundkonzeptian und des
Meisters Eigenart sind hier zur Gänze gegeben,
iedoch verhindert der heutige Zustand ein ein-
deutiges Erkennen eine millimeterdicke neuzeit-
OrdILFCSäJÄFYt" dld-htbulqnr? JK- 11-3"?
Maßen 111
ewjsgif... .,s,..z,!i;1i.,
ßuuc tcfx
13 Jakob Kaschouer, Anna Selbdritt, vor 1450.
Nußbaumhalz, 130 cm, Annaberg bei Maria-
zell, Pfarrkirche
14 Weiheurkunde des Freisinger Hochaltares mit
der Nennung Jakob Kaschauers von 1443, Erz-
bischöfliches Metrapolitankapitel, München
Anmerkungen 9-12
'Nußbaumhalz, Höhe 173 cm, riickseitig ausgehöhlt, von
Barockfassung freigelegte, teilweise übergangene Origi-
nalpolychromierung, Krone ergänzt. Fundort Kirche von
Thalhausen BA Freising, GUS Privathesitz 1916 erworben.
LiL Adolf Feulner-Theodor Müller Geschichte der deut-
schen Plastik, München, 1953.
Franz Kieslinger Münchner Jahrbuch der bildenden
Kunst, Band 10, 1916.
älgaegdor Müller Zeitschrift für Kunstgeschichte, Berlin,
Karl Oettinger Alte deutsche Bildschnitzer der Ostmürk,
Wien, 1939.
Walter Paatz Pralegomena zu einer Geschichte der
deutiiftßn spätgotischen SkUlptUf im 15. Jültfilutldeft,
Heidelberg, 1956.
Bruno Fürst, Wilhelm Finder, D. Radocsay, Franz Walter
wie bereits zitiert, u. a.
cdni
wlußbaurnhalz, Höhe der Maria ahne die fehlende Krone
28 cm, Höhe der Mutter Anna 130 cm, Gesamtbreite
55 cm, Tiefe 48 cm, rüdxseitig ausgehöhlt, mehrfach
iberlagernde Fassungen, teilweise Ulfarbenanstrich und
mracker Lüster, barocke Ergänzungen rechte Hand mit
izepter Mariens, beide Varderarme des Jesuskindes,
xeide Hände der Mutter Anna.
it Karl Garzarolti van Thurnlaakh; Mittelalterliche
'la ik in Steiermark, Graz, 1941.
iranz Kieslinger Mittelalterliche Skulpluren..
eipzig, 1937.
einem Aufsatz in der Furche" Nr. vom Februar 1947
nommt Otto Demus zu dem Sdwluß, daß die Skulptur um
450 anzusehen und einem Werkstattgehilfen Kaschauers
zuzuschreiben sei. Die Dotierung halte ich für absolut
ichlig, dodi zeigt mir schon die Aufnahme zu großes
önnen. Auch die Faltenerfindung wäre in weiterer Folge
ier aufgezeigten Kaschauerischen Stilentwicklun denkbar.
ziiie in iüngsler Zeit vom Stuttgarter Lan esmuseum
erworbene stehende weibliche Heilige mit fehlendem
ind Abb. 12 bzw. Attribut könnte einen Brückenpfeiler
dieser Lücke darstellen. Eine genaue Bearbeitung des
Dbiektes war nidit mehr möglich und muß daher eben-
ialls auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
Nird hier nicht neben den verbliebenen Kaschauerisdien
Details ein weiterer Schritt zum Naluralismus" deut-
ich? Ganze Mantelpartien heben sich endlich vom Kör-
2er ab, die Falten nehmen ihre van der Natur vorge-
sdrriebene Linienführung ein, die noch spürbare Block-
Iüffigkßif ist iii Autlesiiiig begriffen und deutet augen-
scheinlich in die Stilrichtung nach der Jahrhundertmitte.
.iegt die gesamte künstlerische Erfindung Kaschauer
wicht wesentlich näher als dem oftmals mit dieser
Skulptur in Zusammenhang gebrachten Hans Multscher.
Jtld wäre dieses aualitätvalle Werk nidit als Schlüssel-
figur im Schaffen Kaschauers nach der Anna Selbdritt
von Annaberg denkbar? Die Ansicht des Verfassers
neigt zu dieser Erlfwitkluflgsmögiichkcit, dndi sall "Oth-
mals darauf hingewiesen werden, daß auf Grund von
zhaftomaterial kein sicheres Urteil ausgesprochen werden
ar
Wien-
Unser Autor Dr. Wolfgang Hafstötter
A-l0l0 Wien, Reichsratsstraße
liche Ubergrundierung und Vergoldung verun-
klart nicht nur den Faltenduktus vollständig, son-
dern läßt auch keine Rückschlüsse auf eine
eventuell im Zuge einer Modernisierung" er-
folgte Entfernung der charakteristischen Ohr-
muschelfalten an den Ärmeln und des aufge-
schürzten Mantelsaumes zu. Jedenfalls ist die
Qualität des Obiektes so bedeutend, daß eine
Eigenhändigkeit unbedingt in Frage kommt.
Auch in diesem Fall wäre es wieder eine wich-
tige Aufgabe für den Denkmalpfleger, das
prachtvolle Werk von späteren Zutaten zu be-
freien und damit der Forschung Klarheit zu
verschaffen.
Besondere Beachtung verdient auch die Brun-
nenmadonna von Mariazell Stift St. Lambrecht,
Steiermark Abb. 11. Otto Demus hat sich
mit der ebenfalls lebensgroßen Skulptur ein-
gehend auseinandergesetzt", dem Verfasser die-
ses Artikels gelang es aber nicht, in der zur
Verfügung stehenden Zeitspanne das Objekt zu
sehen und gewissenhaft auf seine Eigenhändig-
keit zu untersuchen. Es muß daher auch die Beur-
teilung dieses Werkes einem späteren Zeitpunkt
vorbehalten werden.
Fragen, die nach diesen Untersuchungen nun of-
fenbleiben, sind folgende Des Meisters im Ori-
ginal überlieferte Madonnendarstellungen erlan-
gen mit dem reifen Späfstil von 1443 nach unserer
stilistischen Aufgliederung einen vorläufigen End-
punkt. Was schuf Kaschauer nach der Jahrhun-
dertmitte und wie entwickelte sich sein Stil wei-
ter? Selbst wenn andere in diesem Zusammen-
hang nicht besprochene eigenhändige Schöpfun-
gen, wie die Darstellungen männlicher Heiliger
und der Stilfigur von Freising usw., mit einbezo-
gen werden, föllt uns auf, daß nach der Entste-
hungszeit der Anna Selbdritt von Annaberg eine
Lücke bis zum Tode des Meisters 1463 klafft. Sa
sind also nicht nur unsere Madonnen, sondern
das gesamte erhaltene Iuvre in eine relativ
enge Zeitspanne zusammengedrängt 1430-1445,
und es liegt der Gedanke nahe, daß sich in den
Spütwerken des Künstlers eine wesentliche stili-
stische Wandlung vollzog". Wenn auch Wien
und Niederösterreich perzentuell im Lauf der
Jahrhunderte die größte Einbuße an mittelalter-
lichen Kunstwerken zu verzeichnen haben, ist es
doch verwunderlich, daß sich aus der späten
Schaffensperiode Kaschauers kein Werk erhalten
haben sollte. Deshalb mag die Vermutung aus-
gesprochen werden, daß der Erforschung der
deutschen Plastik in dieser Hinsicht in Zukunft
noch Überraschungen bevorstehen.
Christian Theuerkauff
nKunststückhe von
Helfenbeinii- zum Werk
der Gebrüder Stainhart
ln dem, nach dem heutigen Stand der Forschung
beurteilt, äußerst kenntnisreichen Katalogteil zur
Kleinplastik in Elfenbein bezeichnet J. G. Mann
1930 im Catalogue of Sculpture, The Wallace
Collection, London, unter Nr. 265, Abb. Taf. 67,
ein hochformatiges Elfenbeinrelief mit der Dar-
stellung der Entdeckung der Schande der
Callisto" Abb. als Flemish or German, circa
1700"'. Das Relief mit der in der barocken
elfenbeinernen Kleinplastik so beliebten Dar-
stellung nach Ovid, Met. 11, 465 ff. zahlreicher,
fast unbekleideter weiblicher Gestalten in ber-
gender" Waldlandschaftf vereinigt mehrere Sze-
nen, so auch den rechts hinten herannahenden
Jäger Aktäon und das Bad der Nymphen unter-
halb eines antikischen Tempels. Es kann heute
mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit als eigenhän-
dige Arbeit des aus Weilheim, Oberbayern,
stammenden Dominikus Stainhart 1655-1712
gelten, der um 1674 mit seinem älteren Bruder
Franz 1. 1651-1695 für sechs Jahre nach ltalien
zog und dort in Rom u. a. 1678-1680 urkundlich
nachweisbar die Elfenbeinteile, u. a. 28 Reliefs
alt- und neutestamentlichen Themas sowie mit
Darstellungen aus der antiken Mythologie und
Geschichte, an dem berühmten Prunkschrank des
Fürsten Colonnaa, heute in der Galleria Co-
lonna, Rom, schuf, der auf einem Gesamtentwurf
des Architekten Carlo Fontana basierti
Zum Vergleich der wahrscheinlich im Sinne
einer graphischen Vorlage des späten 16., frühen
17. Jahrhunderts Tizian-Kreis, Paulus Moreelse
u. a. gelöngten Figurentypen und ihrer zum
Teil wie geknetet wirkenden Draperien sowie
zur schnitztechnischen Behandlung prall mo-
dellierter Körperoberflächen und fein differen-
zierten Details an Bodenformation und land-
schaftlichem Hintergrund sei nur auf das DS"
monogrammierte, gegen 1690-1700 entstan-
dene Relief Diana mit Nymphen und Satyrn" im
Bayerischen Nationalmuseum München Abb.
verwiesens. In dieser zeitlich späteren, ausge-
sprochenen Diagonalkampasition ist der Raum
um, zwischen und hinter den Figuren enger, alle
Details bis in den Schnitt von Gesichtern oder
Blattformen sind verhärtet, schärfer geworden.
Diese Tendenz entspricht der friesartigen Figu-
renverbindung des teilweise stark erhaben ge-
schnittenen, bildhaften Reliefs, die aber keine
starke Räumlichkeit erzielt und bisweilen die
italienische Schulung des Dominikus Stainhart zu
leugnen scheint, die viele frühe Werke auszeich-
nzet s. Teil II, Abb.1 f..
Die unmittelbare stilistische wie zeitliche Vor-
aussetzung für das Londoner Relief dürfte in
Dominikus' römischen Tafeln und kastenförmig
gerahmten Reliefs des Prunkschrankes von 1678
bis 1680 in der Galleria Colonna zu sehen sein,
beispielsweise in dem Weltgericht nach Michel-
angelo Abb. 3". Außer auf den Figurenstil
und die Gewandbehandlung sei auch auf die
Schichtung der Reliefebenen, auch auf Details
wie die Wolkenbaliungen verwiesen. Die weib-
lichen Gestalten, etwa in der linken unteren
Ecke, zeigen dieselbe Handschrift" des Schnit-
zers wie die Figuren des Londoner Reliefs. Eine
möglicherweise eigenhändige, vereinfachende
spätere Wiederholung des Weltgerichtsreliefs in
den Stiftssammlungen Klosterneuburg Abb. 3a7.
Hieran sind stilistisch wie auch zeitlich viel-
leicht etwas später als das gegen 1685 zu datie-
rende Londoner Relief die Münchener Reliefs
mit der Vertreibung des ersten Menschenpaa-
res" 10,9 7,3 cm; Abb. und mit einem
gewissen qualitativen Abstand die Taufe
Christi" 6,9 12,6 cm und der heilige Sebastian
11,5 6,1 cm; Abb. 4a anzuschließen, wie
schon R. Berliner 1926 bemerkte, ohne an ein und
dieselbe Hand zu denken
Nach seiner Rückkehr aus Rom zu Ende des
Jahres 1682, als er bis 1690 in Weilheim, dann
in der Kurfürstlichen Residenzstadt München tä-
tig war, scheint Daminikus in allen Themenbe-
reichen und für vielerlei Zweck Bestellungen für
kleinplastische Bilder" und Figuren entgegen-
genommen zu haben, urteilt man nach den
wenigen erhaltenen Belegen für den Münchener
Hof, während sein Bruder Franz 1. auch als
Großplastiker tätig war s. Anm. 4. So kann ihm
oder einem seiner Mitarbeiter? wohl auch das
aus der Stuttgarter Kunstkammer stammende,
29 cm lange Hifthorn aus Elfenbein mit unge-
markter, silbervergoldeter Fassung Abb. 5a
im Württembergischen Landesmuseum zugeschrie-
ben werden, das in ähnlicher Baumlandschaft
wie das Londoner Relief Abb. unten die
Entdeckung der Schande der Ca1listo" in Ver-
bindung mit einer Hirschiagd zeigt, oben, wie
bei einem Hirten oder Jäger unter anderen
Tieren Widder und Stier von wolfsähnlichen
Hunden und einem Bären angefallen, Kraniche
in der Luft von Raubvögeln angegriffen werden.
Reliefauffassung, Figurentypen und plastischer
Stil sowie alle Eigenheiten etwa der atmo-
sphärischen Landschaftsszenerie sind dein Ob-
iekt entsprechend im Röumlichen komprimierter
und im Technischen der Durchführung etwas
summarischer den oben genannten Arbeiten
des Dominikus unmittelbar ähnlich.
Gegenüber einer solchen Schnitzerei im Bereich
der sogenannten angewandten Kunst mag-nach
Stil und Anspruch die hier erstmals abgebil-
dete, 29 crn hohe Elfenbeinstatuette des gemar-
terten hl. Sebastian Abb. die sich 1966 im
Kunsthandel befand" und deren heutiger Auf-
bewahrungsort mir unbekannt ist, fremd wirken;
und doch könnte es sich um ein Werk des Domi-
Entdeckung der Schande der Callisto. Damii
Diana mit Nymphen und Satyrn.
Stainhart zugeschrieben. Um 1685. The Wa
Collection, London
Domii
Stainhart. Gegen 1690-1700. Bayerisches
tionalmuseum, München
Teil
nmerkungen 1-11
24,2x14,6 cm ohne den gegossenen, geschmiet
silbervergoldeten, blattwerk- und blumenverzierten
men, dessen Entstehung ohne Marken! wie dii
Bekrönung im 19. Jahrhundert nicht ausgeschl
scheint. Ein 11. Teil zum Werk der Gebrüder Staii
auf den im Folgenden öfter verwiesen wird mit
hart ll. Teil", kann dank des Entgegenkommen
Herausgeber an derselben Stelle erscheinen.
Vergl. u. a. Reliefs Francis van Bossuits 1635-
lgnaz Elhafens und seines Kreises und von V.
Haberg C. Theuerkauff, in Wiener Jahrbuch für
geschichte, XXI, 1968, S. 113, Kot-Nr. 42 ff., 119
Abb. 9B, mit Abbildungsnadiweis und graphischen
lagen, s. auch KaL-Nr. 6D f., Abb. 104; C. S51
Die Braunschweiger Elfenbeinsammlung, Leipzig,
s. 95, Nr. 297, Taf. 46.
C. Theuerkauff, Scultura Barocca in avorio, nuove
buzioni ad Adam Lenckhardt Dominicus Staii
in Antichita Viva, MörzlApril 1971, S. 33 ff., Al
20 ff. mit Lit. vor allem R. Berliner, 1926, und K. F4
mayr in Thieme-Becker, Band 31, 1937, S. 450 f.
einen großen Teil der in München erhaltenen 11
arbeiten aus und nach der Zeit der Stainhart rui
ten und datierten. Leider ist bis heute au er
Gesamtansicht und zwei Details Mittelreliet, Weltge
Bekehrung Sauli keine photographische Aufnahmi
Colonna-Schrankes vorhanden, so daß keine unmittell
Vergleichsstücke der Jahre 1673-1680 für die im folgt
für Dominikus und Franz 1. diskutierten Arbeiten
bilden sind.
Einige Überlegungen zum Problem Ei enhändigki
Werkstatt Umkreis Nachfolge anlä lich der
graphie von E. Grünenwald, Leonhard Kern, Schvvc
Hall, 1969, in The Burlington Magazine, 1972 ir
scheinen, und L. L. Möller, in Pantheon, 111,Jg.
MailJuni 1972, S. 252 ff. Für diese Frage wichtig
für ausgesprochene Kleiriplastiker wie Dorriinikus
Franz l. Stainhart, eventuell nachweisbare Werke grä
Formats in anderem Material Rückschlüsse auf
Werkstattbetrieb zulassen von ihrem Vater Ma
gest. 1672 die gefaßten Holzfiguren einer Maria
eines Johannes im Gang des Bürgerheimes an
ehemaligen Franziskanerkircfie Weilheim, eine Pie
der Kapelle der Schmerzhaften Maria am Anger
1661; von Franz 1. die vergoldeten hölzernen Si
figuren am Hochaltar der Koppel H1. Blut bei
ammer au von 1687, van seinem Sohh, dem Frater
1721, Fie figürlichen Teile der Kanzel in der Eichs
Jesuitenkirche. S. u. a. K. Feuchtmayr, Thierne-Ei
Allg. Lexikon XXXI, 1937, S. 451; Dehio, Oberba
19567, S. 182, 211 f. Jakob Mais, Pfarrkirche
ammergau und Kapelle Heilig Blut", Hannes-O
Verlag Ottobeuren 1969, S. 12 f., Abb. S. 9.
Bauer, Die Kappelkirche IUM HI. Blut bei Unterari
gau, in; Kalender bayerischer und schwäbischer
25. Jg., 1929, S. 19 f., Abb. S. 17, Bezeichnender
fehlt der Name Stainhart in H. Schindler, Große
sche Kunstgeschichte ll, München 1963.
lnv.-Nr, 311273, 13,5x3B cm. VersL-Katalog R.
Berlin, 2043, 12.113. Mai 1931, S. 240, Nr. 233,
s. 241, ex Coll. Stroganoff, Leningrad. Tneiieri
Stainhart, 1971, S. 40 f., Anm. 41. Zuletzt A. Schodle
Alte und moderne Kunst, 122, 1972, S. Anm. 35, Ab
der Berliners KaL-Nr. 206-209 als Werke des Domii
nicht des Franz I. ansieht.
Theuerkauff, Stainhart, 1971, S. 39 f., Abb. 19, Anrri.
Vergl. vor allem das Mittelrelief der Auferstehung
in der Attika l16x29,5 cm, die Schöpfung Eva
Raffaels Loggien als zweites Relief von rechts iri
untersten Reihe 9,BX15,7 cm.
C. Theuerkauff, Elfenbein in Klasterneubur K14
neuburger Kunstsdiötze, Band Klasterneu urg
S. 17 f., Kot-Nr. 15, Abb. 15 f.
Die Bildwerke des Bayerischen Nationalmuseums,
R. Berliner, Die Bildwerke in Elfenbein..., Aug
1926, S. 115, KaL-Nr. 577, Taf. 228 Deutsch1and?, 1.
des 18. Jahrhunderts, van dernse1ben Schnitzer
Kot-Nr. 544, Bekehrung Sauli. S. Stainhart, ll.
Abb. f. und Elfenbein in Klosterneuburg, 1962,
rnit Lit. auch für die in den folgenden Anmerki.
erwähnten Reliefs.
Berliner, 1926, S. 115. KaL-Nr. 575, Taf. 228 steht
Nr. 577 nahe, Kot-Nr. 579, Taf. 70 von demsi
Sdinitzer wie KaL-Nr. 578. E. von Philipnovich,
bein, Braunschweig 1961, S. 209 f. ln der Nach
dieser Gruppe entstand das Elfenbeinrelief einer Ca
Allegorie, Bx5,5 crn, im Musee de Cluny, Paris,
Nr. 15.353.
lnv.-Nr. KK 40; Schallöffnung 3,1 cm im Durchrm
wohl aus der Kunstkcimmer stammend. Für freunt
Hilfe bei der Beschaffung von Photos danke ich Hei
Meurer. Bei E. von Philiopovich, Elfenbein,
schweig 1961, S. 209, Abb. 153, als Werk des Pal
meisters", s. Elfenbein in Klosterneuburg, 1962, S.
unter KaL-Nr. 16.
1m JunifJuli 1966 dem Germanischen Ndfiorialmu
Nürnberg angeboten. Die Pfeile weitgehend abg
Ehen; aus einem Stück geschnitten. Für freuridlidie
teilung danke ich Günther Schiedlausky.
nikus Stainhart, vielleicht sogar aus seiner frühen
Zeit vor 1682 handeln. Direktes Vorbild ist
Pierre Pugets 1668 vollendete Marmorstatue in
S. Maria Assunta di Carignano in Genua Abb.
6a u. Es ist nicht auszuschließen, daß Daminikus
auf seinem Weg nach um 1674 oder von Rom
1680-1682 sein Vorbild selber sah, zeichnete und
modellierte, worauf und das spräche gegen
eine Vermittlung durch reproduzierende Gra-
phik die ziemlich genaue Wiedergabe von
Seiten- und Rückansicht des Marmarbildwerks
schließen lassen. Diese fast kopistenhafte An-
lehnung an das plastische Vorbild gewisse
Vereinfachungen und Mißverständnisse der kör-
perlich-räumlichen Konzeption gehen zu Lasten
des noch jugendlichen Kleinmeisters, der aus
24
der Provinz zur Mutter und Schule der Künste'
nach Rom zog würde auch die offensichtlichen
Unterschiede von Gesichts- und Haarbildung,
Faltenstil u. ä. im Vergleich zu den sonst be-
kannten, meist nach malerischen Vorlagen des
16. und frühen 17. Jahrhunderts entstandenen
Werken, bezeichnenderweise alle Reliefs, erklä-
ren s. Abb. l-3, und den Intentionen und
Gewohnheiten des Schnitzers entsprechen. Ane
dererseits finden sich ähnliche Kanturführung
und Modellierung, die technische Behandlung
von Haar oder Gewandbahnen, van Details am
Boden oder aufgerauhten" Baumstamm u. a.
auch an Stainharts späteren Werken, wie z. B.
dem D. Stainhart" signierten Relief Apollo
verfolgt Daphne" in München" oder an dem
Weltgericht. Dominikus Stainhart zugeschl
1678-1680. Galleria Colanna, Rom
3a Weltgericht. Dominikus Stainhart zugeschl
Um 1680-1690. Stiftssammlungen Klasternl
Annieriirngernlz-zo z. H. lAnrn. 203,21 s. s.
11 Preimesberger, in wiener lblirbiisn für
schichte, NF XXII, 1969, s. 06 ff., Abb. 127,
lkonographie besonders s. 95 1. Vereinfachungen
im Trbpbidn, im Schild, in den Faltenmativen, val
im weniger straff-elastischen KOrpUS. Zur Entstl
gesthichte, Bedeutung Und Nbelitelge der 450 cm
165 cm breiten MDfmOfflQUr s. K. Herding, Plerre
das bildnerische Werk, Eerlln 1970, s. 74-73,
KaL-Nr. 286-9, Abb, 124 11., besbnders 130-132, 137
"Tlieiierlrdiill, Steinhart, 1971, s. 40 6., Abb. 20, A1
lnvrNr. 311270;13,5 3a eni.
"A. o. Foelkersam, L'ivoire et sbn application eii
in Alle Jahre, Monatsschrift für Liebhaber der
und des Allerlirins, Oktober 1915, s. 33, Abb,
cbll. Faberge, Leningrad, bis französisch, 17. lr
dertl. Elfenbein in Klosterneuburg, 1962, s. 46
KaL-Nr. 15.
11 lnv-Nr. 71.2162, 21,3 cm. s. Jahrbuch der Han
Kunstsammlungen, 10, 1965, s. 49 1A, Abb. 20, Anr
1A lnv.-Nr. P1 65, 11,5xl6,8 Cm. s. Wiener Jbnrbi
Kunstgeschichte, NF xxl, 1968, s. 145, KaL-Nl
Abb. in Stainhart, Teil ll.
"Theuerkautf, Stainhart, 1971, s. 42 Abb. 31 1.,
'12. s. lsaak segnet Jakob, 13x15 cm erstes Q0
relief VGVI links, Königin VOR sbbd vbr selbrno, 9.8
Schöpfung Aderns und Evas, 9x16,3 cm viertes
von rechts in der untersten Reihe bzw. das rechts
in der zweiten Vün unten. s. Steinhart, 1971,
Abb. 19,Anni. 37 r.
"A. Feulner, Die Sammlung Hofrat Sigmund
Augsburg 1926, s. 66, Nr. 2114, lnv.-Nr. e. 21.9.
freundliche Hilfe danke ich Ralf Biedermann. K.
ITIGYY, Thieme-Becker, Allgemeines Lexikon der bilr
Künstler, 31, 1937, s. 451.- Stainhart, 1971, s. 43, Ar
Zur delbillierlen Absiiinriing in Licht- und Schat
kurlg entsprechend der geplanten Körperlichke
Raumtiefe des Reliefs, zum Verhältnis van Ert
leines anderen Künstlers, graphischer Fixierung
einen Maler oder Geld- und Sllbersahmied um
möglichen slirren im erde der Ausgeführthelt vergl.
Isaak Fischer d. Ä. Entwurf für ein 1689 dbl. Silbr
1. A. edebs nach der Radierung von H. u. Franc
DS" monogrammierten Raub der Sabinerin-
nen", ehemals in Leningrad ex Coll. Faberge;
s. Teil ll, Abb.
Eben diesen späteren Arbeiten nahestehend die
im Typus mit beiden hochgereckten Armen ab-
weichende, 21,3 cm hohe Statuette desselben
Heiligen in The Walters Art Gallery, Baltimore
Abb. für die außer dem Leningrader Relief
und den vier bezeichneten Münchener Tafeln my-
thologischen Themas auch das des Sabinerinnen-
raubes in den Stiftssammlungen von St. Florian
bei Linz als Vergleich in Frage kommt. Für eine
Frühdatierung des hl. Sebastian nach Pugets
Erfindung und eine spätere Ansetzung der Sta-
tuette in Baltimore spräche auch der Vergleich
mit der Gruppe der trauernden Maria unter
dem Kreuz in München-Thalkirchen, den einzi-
gen freiplastischen Arbeiten außer dem Christus
an der Geißelsäule mit der Goldschmiedefas-
sung des Franz Keßler", die bisher mit einiger
Wahrscheinlichkeit Dominikus zugeschrieben wer-
den konnten.
Das nachrömische Werk des Franz l. Stainhart,
der 1695 starb noch weniger das des Bruders
Joseph kennen wir weder durch bezeichnete
noch urkundlich gesicherte Stücke. Seine zumeist
z. T. sogar nicht seitenverkehrt nach Raffaels
Erfindungen geschnittenen Reliefs des Prunk-
schrankes" zeigen eine Neigung zu flacheren
Räumen, weit weniger bewegten, z. T. fast unbe-
holfenen Figuren und Formübergängen, einen
trotz bisweilen großzügig verwendeter Versatz-
stücke kleinteiligen Faltenstil von gewisser Trok-
kenheit im Detail im Gegensatz zu Dominikus
Grund, Rahmen und figürliche Szenerie ver-
schmelzenden, raumhaltigeren und durchgehend
bewegterem Relief- und Faltenstil.
ln der Sammlung Hofrat Röhrer in den Städti-
schen Kunstsammlungen Augsburg" befindet
sich, schon von K. Feuchtmayr verzeichnet, eine
auf der Rückseite franz Stainhardt" in brauner
Tinte bezeichnete, grau lavierte Federzeichnung
in Braun von 163 270 mm Größe Abb. die
in nierenförmigem Bildfeld Coriolan vor Rom"
zeigt, den seine Frau Valumnia und seine Mutter
Veturia zur Umkehr mitsamt seinem Volksheer
bewegen Livius 33-40. Es ist ein in Umrissen,
malerischer Modellierung und ausführlicher Schil-
derung des topographisch nicht genauen Hin-
tergrundes die Stadt Rom ziemlich weit ausge-
führtes Blatt, das möglicherweise nach einem
Vorbild aus dem Kreis von Ciro Ferri und Pietro
da Cortona mit großer Wahrscheinlichkeit
den Entwurf, und zwar in einer mit Lavierungen
endgültig gezeichneten Form", für ein Rel
der Fahne einer großen runden oder
Platte aus Elfenbein mit Edelmetall-
Hirschhornfassung darstellt, wie sie u. v.
Johann Michael und Christoph Maucher
den Monogrammisten B. G. nach der Mitt
17. Jahrhunderts typisch sind". Das Blatt
also, ist die Beschriftung eine eigenhä
Signatur, vor 1695, dem Todesiahr des Frr
des jüngeren Bruders von Dominikus Stai
entstanden sein. Ein von Franz I. Stainhc
zeichnetes, in der nachrömischen Zeit er
denes Elfenbein- oder Holzrelief kleinen Fc
kennen wir nicht; doch zeigen Proportianii
Typen, Gewandstil und der Ausdruckscha
der maßvoll bewegten Figuren gewisse
lichkeiten mit den später gefaßten Holzs"
der Hll. Konstantin und Helena sowie
Engeln am Hochaltar der Koppel Hl. Bli
Unterammergau, die Franz l. 1687 liefert
145 fl. s. Anm. 4. In der Reliefschic
in den Proportionen und der absoluten
der Figuren im Verhältnis zum ReliefraL
dem sie teilweise ganz vorn erscheinen
weise bühnenmößig verteilt in der zweiter
dritten Standebene auftreten, sowie in
motiven wie dem hinterfangenden Va
Vertreibung von Adam und Eva. Dominikus
Slainhart zugeschrieben. Um 1690. Bayerisches
Natianalmuseum, München
4a HI. Sebastian. Daminikus Stainhart zugeschrie-
ben. Um 1690 Ü. Bayerisches Natianalmuseum,
München
Hittharn. Entdeckung der Schande der Callisto
und Tierszenen. Dominikus Stainhart zugeschrie-
ben; Um 1690 ß. Württ. Landesmuseum, Stutt-
gar
5a Hiftharn, Detail. Dominikus Stainhart zuge-
schrieben
HI. Sebastian. Dominikus Stainhart zugeschrie-
ben. Vor 1682 t. Aufbewahrungsort unbekannt
6a Hl. Sebastian. Pierre Puget. l668 vollendet.
Marmor. S. Maria Assunta di Carignano, Genua
HI. Sebastian. Daminikus Slainhart zugeschrie-
ben. Um 1700 Z. The Walters Art Gallery,
Baltimore
den repoussoirartig angeordneten Büschen
rs, was alles dennoch den Figuren selber
klare räumliche Erscheinung verleiht,
auch die ebenfalls Zumeist auf graphi-
Vorlagen basierenden, Franz I. Stain-
zugewiesenen oval- und querrechteckigen
enreliefs der unteren zwei Reihen am Prunk-
ll'tl in Rom ähnlich links unten außen;
gin von Saba in der zweiten Reihe von
ebenfalls links außen; vergl. Anm. 18.
iches gilt für die mit allem Vorbehalt Franz I.
seiner direkten Werkstattnachfolge zuge-
enen Münchener Reliefs alttestamentari-
Themas von vor oder bald nach 1695,
die Darstellung des Auszugs aus der Ar-
nach Raffaels Erfindung in den Loggien des
ans Abb. 9". Eine gewisse Schwere im
rlichen, in der Bewegung eine gewisse Un-
ilfenheit, die feinströhnige Haor- und Fell-
indlung, der eher trocken wiederholende
tnstil sind kennzeichnend.
Reliefauffassung, verwendeten Typen und
elmotiven und ihrer Veränderung gegen-
der Vorlage sowie nach der Technik der
tbeinbearbeitung schließen hieran zahlrei-
Arbeiten im Bayerischen Nationalmuseum
in der Schatzkammer der Residenz Mün-
an, u. a. zwei Anbetungsszenen und die
irweckung des Jünglings zu Nain" sowie
Szenen aus der Passion Christi", die weitge-
hend aus stilistischen wie chronologischen Grün-
den kaum mit Franz l. selber in Verbindung ge-
bracht werden können, iedoch die große Wir-
kung des durch die Brüder Stainhart nach Mün-
chen und Weilheim gebrachten, besonders an
Vorbildern der italienischen Hochrenaissonce
orientierten Stiles zeigen". Als Beispiele seien
hier nur dem Relief der Anbetung der Könige
Abb. 10, ohne den silberbeschlagenen Rahmen
in der Schatzkammer München", nach 1700 im
Stile des Franz I. Stainhart geschnitten, die Tafel-
chen der Kreuztragung und des Falles Christi
unter der Kreuzeslast Abb. 11", Dominikus
nahestehend, sowie eine qualitative mindere
Variante dieser Stilrichtung, das Geißelungs-
relief Abb. 12 alle im Kunsthistorischen
Museum Wien, Sammlung für Plastik und Kunst-
gewerbe, gegenübergestellt. Ein Vergleich mit
für Dominikus bzw. Franz l. als gesichert gel-
tenden Reliefs, wie z. B. dem der Diana mit
Nymphen Abb. bzw. mit der Arche Noah
Abb. von 1690-1700 bzw. vor 1695, verdeut-
licht die Tendenzen, an denen sich auch die z. T.
ebenfalls aus Weilheim stammenden Münchener
Bildhauer und Elfenbeinschnitzer, wie Andreas
Faistenberger 1647-1736, der mit Dominikus
S. verschwägerte Matthias Lath 1675-1738, seit
1705 in München, Andreas Faßbinder 1697
Meister, 1713 gestorben in München und andere
Anmerkungen 20 z. H. s. Text S. 25J-26, 27, 28 s.. S. 28
Andreas Thelots um 1684 zu datierenden Entwurf Athena
als Beschützerin von Kunst und Wissensdiaft" sowie
Hans F. Scharers Entwürfe für einen Deckelpokal in
Elfenbeinl und Reliauienschrein von vor 1640 Au sburger
Barock, Ausstellungskatalag, 15. VI. bis 13. 1968,
Augsburg 1968, S. 179, KaL-Nr. 206, 218, Abb. 201, 154,
S. 268 ff., KaL-Nr. 380, Abb. 209 und S. 252 ff., Kot.-Nr.
349 f., 353, Abb. 146 f., 145.
71 W. Klein, Johann Michael und Christoph Maucher
Schwübisch-Gmünd 1920, S. 10 ff., mit Abb. Zu B. G.
The Register of the Museum of Art, Lawrence, Kansas,
lll, 516, 1966, S. ff., Abb. Kot.-Nr. 15, 36, 37, S. 22 f.
Berliner, Elfenbein, 1926, S. B9 ft., KaL-Nr. 406-409, Taf.
204 f., die Feuchtma 1937, als Spätwerke des Dominikus
um 1715 ansetzt. heuerkauff, Stainhart, 1971, S. 41,
Abb. 33, Anm.
"Berliner, Elfenbein, 1926, S. 90 f., Kat.-Nr. 410-413, Tot.
204-207 als Werke des Dominikus 5., S. 152, dem
Dominikus abgeschrieben, während Feuchtmayr, 1937, die
KaL-Nr. 410-413 nur als von Dominikus S. beeinflußt
ansieht. Vergl. Anm. 5.
"Berliner, Elfenbein, 1926, S. 147 f., Kot-Nr. B77 f., Taf.
324 f. Schatzkammer München, 1964, S. 89 164
So gehören m. E. wie es schon Feuchtmayr 1. T.
erkannte folgende Reliefs eher in den Kreis um Do-
minikus S. Berliner, KaL-Nr. 486-491, Taf. 224-226,
Kat.-Nr. 8791880, Tat. 310, und vor allem von dem
Stil vor 1700 ausgehend Kot-Nr. 876, Taf. 323, die
Steinigung des hl. Stephanus Katalog Schatzkammer,
1964, S. 90, Nr. 166, während die Werkstatt oder
Nachfolge des Franz für KaL-Nr. 3831884, Taf. 236 f.,
in Frage kommt. Zahlreiche Arbeiten entstanden in
der Nachfolge, so Kot-Nr. 481-485 oder 531 sowie die
Halbfigurenreliefs des Wiener Diözesan-Museums, Chri-
stus mit Häschern, Maria und hl. Johannes, etwa 14x9
cm vergl. Berliner, 1926, Nr. 889, 647, Taf. 330, 278, und
Katalog Sdtatzkammer, 1966, S. 91 f., Nr. 172.
"Berliner, Elfenbein, 1926, S. 147 f., KaL-Nr. 881 f., Taf.
324 f. vergl. zur Vertausdibarkeit und Kompilatarik der
Motive KaL-Nr. 410 f., Taf. 206 f. Schatzkammer der
Residenz. Katalog von H. Thema, H. Brunner, München
1964, Nr. 162 f., S. 89, wohl nach Raffaels Anbetung der
Könige in den Loggien des Vatikans bzw. nach Domenica
Campagnala. Das Anbetungsrelief bei Sotheby 8. Co.,
London, 27. IV. 1972, S. 31, Nr. 104, Abb. eher an Spät-
werke des Managrammislen VH" anschließend.
2s
12
r-.. ,..e..
ner Schatzkammer Abb. 13, 13a, dessen silber-
vergoldete Montierung wohl von J. A. Kipfinger
aus Weilheim stammt R3 4859, als spätes
Werk des Franz I. Stainhart betrachtet werden",
vergleicht man das Arche-Noah-Relief Abb.
die römischen Szenen und bedenkt man, daß
Franz l. schon früh gerade wegen solcher Jagd-
szenen" und Tierköpfe" berühmt gewesen zu
sein scheint". Der viel kleinere, ungefaßte El-
fenbeinzylinder in Klosterneuburg steht dagegen
in seinem Reliefsfil und der Modellierweise den
obengenannten früheren Arbeiten des Dominikus
S. Abb. näher, der wie sein Bruder
Elfenbeinarbeiten für Goldschmiedefassungen
schuf s. Teil ll. Offensichtlich haben beide
Brüder nach ihrer Rückkehr aus Rom 1682 eine
größere Produktion und eine Werkstatt mit
mehreren Mitarbeitern? gehabt, ohne daß bis-
her einzelne Hände urkundlich zu belegen oder
stilistische Zuschreibungen mit letzter Sicherheit
möglich sind "l.
Franz Sal. Gailler erwähnt in Vindeliciae sacrae,
Tomi lll, Sect. Capitulum Weilheimense",
Augsburg 1759, p. 39, Stainhartsche Elfenbein-
reliefs im Kloster Wessobrunn; ab sie von Dami-
nikus, Franz l. oder sogar von dessen Sohn,
dem Frater Franz ll., der um 1718 als Elfenbein-
schnitzer erwähnt wird, stammen, ist völlig un-
gewiß s. Anm. 4.
Coriolan vor Rom. Lavierte Federzeichnung.
Franz I. Stainhart. Um 1690. Städtische Kunst-
sammlungen, Augsburg.
Auszug aus der Arche. Franz l. Steinhart zuge-
schrieben. Vor 1695. Bayerisches Nationalmu-
seum, München
Anbetung der Könige. Nachfolge des Franz I.
Stainhart. Um 170011715. Schatzkammer, Resi-
denzmuseum München
Kreuztragung. Dominikus Steinhart nahestehend.
Um 1700-1710 33. Kunsthistorisches Museum,
Wien, Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe
Geißelung Christi. Art des Damtnikus Stainhart.
Frühes 1B. Jahrhundert, Kunsthistarisches Mu-
seum, Wien, Sammlung für Plastik und Kunst-
10
11
12
gewerbe
13 Deckelhumpen. Tierkämpfe. Franz I. Stainhart
zugeschrieben. Var 1695. Mantierung J. A.
Kipfinger, Weilheim. Schatzkammer, Residenz-
Museum, München.
13a Deckelhumpen. 2. Ansicht von Abb. 13
Anmerkungen 27-31 Anm. 27, 2B s. Text S. 26
21 lnv.-Nr. 4131, 1Üx1B,6 crn; lnv.-Nr. 4187, 1Ü,3X1E,4 cm,
beide in schwarzem, profiliertem Holzrahmen, beide nur
wenig beschädigt. Beide Reliefs stehen dem raum-
schaffenden, bewegteren Reliefstil des Daminikus näher
als Z. B. die zwei mlt einigen derselben Vorlage ent-
nammenen Figuren arbeitenden silhauettiert geschnitte-
nen Tafeln der Münchener Residenz-Schatzkammer Ber-
ltner. Kot-Nr. 885, B36, Taf. 326 f. Schatzkammer 1964,
S. 91, Nr. 169 t.. Von Kat. r. B85 eine Franz I.
Stainhart nahestehende Variante in der Staatlichen Ere-
mitage Leningrad A. n. Foelkersam, Alte Jahre, wts
s. Anm. 13, s. ta mit Abb. als Paris, Ende tr. Jahr-
hundert.
1nv.-Nr. 3696, 3,5 16,3 crn, und lnv.-Nr. 3691 Beweinung,
8,6mm cm, beide wie die Stücke der Anm. 25 das
Laxenburg stammend, wahl kaum aus derselben Folge
und sicherlich nicht identisch mit der 1633 an den
Münchener Kurtürstlichen Hof gelieferten Passiansfolge
Reliefs, 650 Gulden. Wie weit die handwerkliche
Produktion solcher Kunststuckh" absinken kann, zeigt
u. a. ein 1ÜX14,5 Cm großes Elfenbeinrelief der Geiße-
lung Christi im Kunstgewerbemuseum der Staatlichen
Museen Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin, lnv.-
Nr. E744, aus der Kunstkamrner.
Berliner, 1926, S. 149 unter KaL-Nr. 876-886, wobei fast
alle als Klein lastiker hervortreten. Eine genauere Sich-
tung des reic en Münchener Bestandes an Elfenbeinen
dieser Zeit setzt eine kritische Auseinandersetzung mit
allen Zuschreibungen Und gesicherten großformatigen Bild-
werken dieser Bildhauer voraus Andreas Faistenberger.
Berliner, 192a, s. 14a, Kuh-Nr. 272, tnt. 317, Katalog
Schatzkammer 1964, S. 345, Nr. 1167; Feuchtmayr, 1937,
s. 4st, Elfenbein in Klosterneuburg.
Ztt den verschollenen Stücken im Sdtloß Neuburg a. d. D. S.
Die Kunstdenkmüler von Bayern, Reg-Bez. Schwaben
A. Horn, w. Meyer, Stadt- und Landkreis Neuburg an
der Danau, München 1953, S. 265.
kgnw
w. Äl Ir-i-"W
hunderts" bestimmte, kastenförmig vertieft ge-
schnittene Elfenbeinrelief der Bekehrung Sauli
im Bayerischen Nationalmuseum München Ab-
bildung Dominikus Stainhart zugeschriebenl
und es im Vergleich mit den Tafeln am Prunk-
schrank der Galleria Colonna von 1678-1680
vor 1690 datiert.
Die Beziehungen zu dem Münchener Kreuztra-
gungsrelief Berliner, 1926, Kot-Nr. 233, Taf.
182 sind u. E. nach nicht so eng, bestätigen
aber die Dotierung in die ersten nachrömischen
Jahre, vergleicht man auch das themengleiche
Relief in Rom Abb. 21'. Gegenüber den ge-
zielt im Vorderraum des tiefen Bühnenkastens
plazierten, z. T. fast vollplastisch geschnittenen
Reiterfiguren in Rom, deren Kompositionsschema
auf den Kreis um Antonio Tempesta zurückgehen
dürfte, dominiert in mehr bildhafter Anordnung
die Vorlage oder Anregung im Kreis um
Pordenone zu suchen? im Münchener Relief
die Erscheinung Christi vor den Wolken über
dem iäh vom Pferd gestürzten Saulus in der
Mitte, während die von links kommenden Reiter
in der vielfigurigen, breiten Szenerie mehr Tie-
fenraum zu haben scheinen. Das Münchener
Relief zeigt eine größere Detailfreudigkeit bei
annähernd gleicher rundplastisch bewegter Fi-
gurenauffassung und sehr ähnlicher Schnitztech-
nik.
Dominikus wie Franz l. Stainhart mit ihrer
Werkstatt scheinen ähnlich wie ihr Genera-
tionsgenosse, der ebenfalls in Rom gewesene
lgnaz Elhafen, einmal Vorlagen verschiedener
Art für ein Thema, eine Komposition" variabel
zu verwenden, andererseits auch wie wir noch
sehen werden die einmal für gut befundene
Redaktion eine bestimmte Vorlage einer Kom-
pasition" mehrfach, z. T. in verschiedenen Ma-
terialien, ausgeführt zu haben, was auf die gute
Absatzlage für die nicht vom kurfürstlich-bayeri-
schen Hof bestellten, sondern frei" arbeiten-
den, aber zünftigen Bildschnitzer schließen läßt.
Die sicherlich ebenfalls auf italienischen und
flämischen Vorlagen fußende, dicht gefüllte
Komposition der Bekehrung Souli' in Kitzinger
Privatbesitz 9,5 18 cm, Abb. 35, deren un-
konventionelle Vehemenz des Ausdrucks allen
italienischen Formidealen zu widersprechen
scheint, könnte vergleicht man die Relief-
auffassung mit rahmenden" Baumstämmen,
bühnenhafter Hintergrundszenerie, Figuren- und
Gewandstil und die schnitztechnische Behand-
lung sowie die ausgeprägten Physiognomien
sehr wohl ein eigenhändiges, frühes, d. h. nach-
römisches Werk des Dominikus Steinhart
sein. Ein zweites, wiederum auf andere Tem-
pesta? Vorlagen zurückgreifendes Relief des-
selben Themas in derselben Sammlung 14
18,5 cm, nicht abgebildet ist offensichtlich spä-
ter, noch 1700, entstanden und erinnert in den
Kopftypen und schnitzerischen Details direkt an
den Stil Franz l. Stainhartsf.
Auf sicheren Boden führt das rechts unten DS
monogrammierte, 11,1 20,1 crn große Hoch-
relief aus Elfenbein der ehemaligen Sammlung
A. C. Foberge, Leningrad', mit dem Raub der
Sabinerinnen Abb. 4. Die allgemeine Anlage
der Komposition und die Einzelfiguren und Grup-
pen entlehnte der Schnitzer Pietro da Cortonas
gleichnamigem Gemälde des Museo Capitolino
in Rom, das u. a. Pietro Aquila stach, veränderte
sie z. T. in ihren Bewegungsmotiven und reihte
30
ekehrung des Saulus. Dominikus Stainhart
Jgeschrieben. Von 16851695. Bayerisches Na-
analmuseum München
ekehrung des Saulus. Dominikus Steinhart.
378-1680. lm Prunkschrank der Galleria Ca-
inna, Rom
ekehrung des Saulus. Dominikus Steinhart zu-
eschrieben. Vor 1700. Privatbesitz
eub der Sabinerinnen. Monogrammiert von
ominikus Steinhart. Um 1700. Ehem. Coll.
aberge, Leningrad
aub der Sebinerinnen. Dominikus Steinhart
Jgeschrieben. Um 1700. Stiftssammlungen Senkt
lorianlLinz
umpen. Raub der Sabinerinnen. Dominikus
iainhert Z. Um 1700-1710. Kunsthistorisches
luseum Wien, Sammlung für Plastik und Kunst-
ewerbe
Teil ll
Anmerkungen 1-17 Anm, 8-17 s. Text S. 32
Berliner, Elfenbein, 1926, 5. 112, KeL-Nr. 544, Tat. 230.
Theuerkauff, Steinhart, 1971, S. 39 f., Abb. 19, Anm. 35 ff.;
s. Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, NF XXl, 1965,
5. 101, Abb. B7 9,Bx15,7 cm.
'Vergl. ein l. Elhefen zugeschriebenes Zedernholzreliet
im Kunstmuseum Düsseldorf nach Rubens und Ternpesta,
das den gestürzten Saulus in einer ausgesprochenen
Kreiskomposition zeigt Europäische Barackplastik Um
Niederrhein, AussL-Kafalog Düsseldorf, 1971, S. 196,
KaL-Nr. 103, Tat. 71, mit LiL; zu dem Vorlagenkreis
Theuerkauft, Matthias Rauchmiller und lgnaz Elhaten,
Diss. phil., Freiburg i. Br. 1962 1964, S. 36 tf., Anm.
311 ff., Abb. 139.
Die Ersdieinung Christi im Münchener Saulus-Relief von
ähnlicher Mächtigkeit wie Raffaels Gottvater, der Himmel
und Erde scheidet Loggien, Vatikan; wcihrend man
glauben könnte, im Kitzinger-Relief sei links und rechts
außen zweimal die Saulus-Gestall verschiedenen Vorlagen
entnommen die linke Gruppe erinnert an Raffeels
Teppich desselben Themas in der Pinakothek des Vatikans
geht das steigende Pferd wohl der Parmigianinas
Wiener Gemälde zurück is. J. Freedberg, Parmigianine,
his warks in painling, Westpart 1950, Abb. 65.
Herrn E. Kamler, Kitzingen, danke ich für die freundliche
Erlaubnis, das Relief veröffentlichen zu können.
4Ebenfalls Daminikus Steinhart nohestehend das heute
verschollene, 15,7x31,5 cm große Elfenbeinrelief der
Bekehrung Sauli, das sich vor 1968 bei Dr. Otto A.
Burchard, Schloß Jegenstorf bei Bern, befand.
Möglicherweise vom Stil dieses obengenannten Reliefs
Dominikus' ausgehend das Bx18,5 cm messende Relief
der Ungarnschlachl in den Slüdt. Kunstsammlungen
Augsburg, lnv.-Nr. 955, sowie die fast quadratischen
Reliefs Endymion und Selene und der Sturz Phaetons in
den Kunstsammlungen des Stiftes St. Paul i. Levanttall
Kärnten lUsf. Kunsttopographie, XXXVII, K. Ginherl, Die
Kunstdenkmäler des Benediklinerstiftes St. Paul im Lavant-
fal, Wien 1969. Dazu wäre vor allem die linke Partie
des Reliefs, Moses durchschreilet das Rote Meer, in
Aniwerpen ZU vergleichen Steinhart, 1971, s. 41, Abb. 24.
7A. D. Foelkersam, in Alte Jahre, Oktober 1915, S. 33,
Abb. IX s. Teil Anm. 14.
'1'he Burlington Magazine, CIV, 712, July 1962, S. 289 tt.,
fig. 17; Theuerkauff, in Wiener Jahrbuch für Kunst-
geschichte, XXI, 1968, Abb. 81.
Theuerkautf, Steinhart, 1971, Abb. 20 ff., 24 f.,
"Theuerkautf, Steinhart, 1971, Anm. 41, Abb. 20 f.
Berliner, Elfenbein, 1926, Kot-Nr. 232, Taf. 182.
"Wiener Jahrbuch XXI, 1968, S. 145 f., Kat.-Nr. 116,
Teil Anm. 16.
Dem einteiligen Faltenstil nach von einer etwas früheren
Stilstufe des Dominikus ausgehend das Elfenbeirirelief
der Kreuztrcigung Christi im Museo Civico, Venedig
lnv.-Nr. 45; Photo-Nr. des Kunsthist. Instituts Florenz
196493, des ich nicht im Original kenne.
"lnv.-Nr. 4456, Höhe des Elfenbeinmentels 15,3 cm. Er-
haltung bis auf minimale Ausbrüche gut. Geschenk
der Kaiserin Maria Anna. L. Planiscig, Kris, Katalog
der Sammlungen für Plastik und Kunstgewerbe, Wien,
Kunsthistorisches Museum, 1935, S. 140, Nr. 26, 10
Deutsch, um 1700.
Zur vergoldeten Silbermontierung 11', 3446 Münchener
Bescheu und Max Frenkenberger, Die Alt-Münchener
Goldschmiede und ihre Kunst, München 1912, S. 184 und
S. 368 tt. Der 25,7 cm hohe silbervergoldete Elfen-
beinhumpen desselben Themas u. a. nach Pietro da
Cortona im Musee Cluny, Paris, lnvrNr. 20.598 mit
Münchener Bescheu und Meistermerke IGO vereinigt
Sidirihurtsehe Slilelemente mit unmittelbaren Einflüssen
von Wien Matthias Rauchrriiller, Jdebb Arier. Der
Goldschmied wohl Johann Georg Oxner 1677 Meister,
gestorben 1712 11', 3516.
"Theuerkciuft, Steinhart, 1971, S. 40 ft., Abb. 26 6.,
24 f., 21, 29.
Theuerkauff, Steinhart, 1971, Abb. 30a, Anm. 56.
Berliner, Elfenbein, 192a, s. 97, KaL-Nr. 454, Tcif. 209-211.
11', 3446, Meislerzeichen 5507.
"Vergl. dazu den Klosterneuburger Zylinder Elfenbein in
Klasterneuburg, 1962, s. 46 1., Kalk-Nr. 16, Abb. 171 und
den Münchener Hurnpen des Franz 1. Teil Abb. 131,
der nicht nur im Detail härter und trockener wirkt, ähnlich
wie das kleine Relief mit dem Goliethheupt, Berliner,
1926, Ket.-Nr. 549, rdt. 211. Eine größere Schematisierung
gegenüber dem Wiener Sobinerinnenhumpen zeigt der
Ungefoßte Elfenbeinzylinder des Themas im Kunslgewerbe-
MUSEUM Berlin, ihm-Nr. 31111 w. F. VOlbUClt, Die
Eltenbeinbildwerke, Berlin, Leipzig 1923, s. a4, Abb. s. 115i.
Die Kunstdenkmaler VON Bayern, Schwaben vi, w. Meyer
und A. Schödler, Stadt Dillingen, München m4, s. 234,
Abb. 152 111, 35071.
"Berliner, Elfenbein, 1926, s. 111, Kat. Nr. 541, Tef. 226,
Deutsch, 1. Hälfte 1a. Jahrhundert ohne Stadtbeschau.
Vergl. Stainhart, 1971, s. so, Anm. so.
31
sie fast alle in der vorderen Reliefebene, wohl
unter dem Eindruck von Matthäus Merians Dar-
stellung in der Historischen Chronik von 1657
erste Ausgabe 1630, dicht aneinander, um
gleichzeitig Mittel- und Hintergrund wie im
horror vacui zu füllen'. In der Füllung des
Reliefs noch über das erste Relief in Kitzinger
Privatbesitz Abb. hinausgehend, lassen die
Verhärtung der Einzelformen, der Figuren- und
Gewandstil beim Vergleich mit den um 1960-
1700 entstandenen vier mythologischen Reliefs
s. Teil Abb. und den alttestamentarischen
Szenen in München und Antwerpen' eine Ent-
stehung kurz vor oder bald nach 1700 wahr-
scheinlich sein. Den dem Elefantenzahn ange-
paßten, tief hinterschnittenen Schrägen der vier
bezeichneten mythologischen Reliefs in München
Abb. in Teil weniger entsprechend als dem
Aufbruch Abrahams zum Opfer", ebenfalls im
Bayerischen Nationalmuseum, gehört hierher
auch der Sabinerinnenraub der Stiftssammlun-
gen St. Florian bei Linz, ein 11,5 16,8 cm gro-
ßes, z. T. freiplastisch geschnittenes Relief, das
die Tendenz zur Füllung auch des Tiefenraumes
noch weiter fortsetzt Abb. und wohl fast
gleichzeitig entstand
Mit dem 33,7 cm hohen, vom Münchener Gold-
schmied Franz Keßler reich montierten Elfen-
beinzylinder mit dem Raub der Sabinerinnen"
im Kunsthistorischen Museum Wien Abb. er-
hebt sich außer der Frage nach einzelnen Var-
lagen für die friesartig dichte, von versatz-
stückartig eingefügten Baumstämmen rhythmisch
unterbrochene Komposition, die noch nicht be-
antwortet werden kann, die der Zuschreibung.
Nach den Gesichtstypen der bisweilen wie flach
gepreßt wirkenden, in feingefältete, aber matt
modellierte Gewänder gehüllten Figuren und
nach der detailreichen Durcharbeitung und we-
nig räumlichen Schichtung der Figuren vor dem
Tiefenraum scheinen die bald nach 1700 ent-
standenen Reliefs des Dominikus Steinhart, z. B.
die Nürnberger Tafeln nach Carlo Maratta oder
die Antwerpener Reliefs doch eher vergleich-
bar als die nach trockener wirkenden Arbeiten
seines Bruders. Einen exakten Anhaltspunkt für
die Datierung gibt das Todesiahr 1717 des
Goldschmieds Dominikus Stainhart starb 1712,
der u. a. auch den Vermeil-Nimbus eines Geißel-
christus in Privatbesitz" und eine bis in die
figürlichen Szenen an Fußrand und Deckel un-
serem Humpen ähnliche Fassung für einen Elfen-
beinzylinder mit Puttenbacchanal im Bayerischen
Nationalmuseum München schuf". Der Münche-
ner Humpen mit dem später ergänzten Medail-
lan, dessen Elfenbeinschnitzerei in ihrer Faktur
eher von Dominikus oder seiner Werkstatt
stammt, zeigt, daß auch der Adler auf dem
Wiener Gefäß ein Medaillen oder Wappen hielt.
Der Vergleich eines um 1680-1690 entstandenen
silbernen Kruzifixes in der Studienkirche zu
Dillingen mit Münchener Beschau und Franz
Keßlers Meisterzeichen" mit dern 27,5 cm gro-
ßen, im Typus allerdings unterschiedenen Elfen-
beinkorpus im Bayerischen Nationalmuseum, des-
sen silberbeschlagenes Holzkreuz ebenfalls die
Marke Franz Keßlers zeigt" und dessen feine
Formensprache von den Franz l. Steinhart zu-
gewiesenen Elfenbeinbildwerken abweicht und
u. E. nach eher mit Dominikus zu verbinden ist,
stellt die Frage, ob nicht der Goldschmied nach
plastischen Modellen des Schnitzers oder beide
nach einem Vorbild arbeitete "f.
Schon Erika Titze-Conrat wies die graphische
Vorlage für ein kleines Buchsbaumholzrelief des
hl. Georg im Kampf mit dem Drachen Abb.
12,2 8,7 cm im Kunsthistorischen Museum Wien
nach", die Radierung Antonio Tempestas Abb.
7a. Das Relief mit seinem Gegenstück des hl.
32
Martin ist mit Bedenken lgnaz Elhafen zuge-
wiesen, vielleicht vor 1695 entstanden". Ein
13,1 8,4 cm großes Buchsbaumrelief in Hart-
ford, Connecticut, The Wadsworth Atheneum
Abb. wird Dominikus Stainhart zugeschrie-
ben ist iedoch in der teilweise etwas groben
Schnitzerei Erdboden, Pferdegeschirr, Mähne,
Hintergrund möglicherweise etwas später im
18. Jahrhundert entstanden. Es verwendet die-
selbe Vorlage, gleicht im Mativischen dem Wie-
ner Relief bis auf die Architektur links im Hin-
tergrund. Dasselbe Zwiebelturmmotiv erscheint
auf dem 12,5 9,1 cm hohen Buchsbaumholz-
relief des Badischen Landesmuseums Karlsruhe
Abb. dessen Schnitzstil weniger geschärft
und kleinteilig präzise scheint und in dem die
Reiterfigur durch einen Laubbaum oben mehr an
den Reliefgrund gebunden wird u. Eine ähnliche,
allerdings durch antikische Ruinenarchitektur
konsequentere Variation der Vorlage im stark
erhobenem Relief, in dem in der vorderen
Bodenkante die Rundung des Elefantenzahnes
erkennbar ist, zeigt das 12,3 8,6 cm große
Elfenbein des Victoria and Albert-Museums
London Abb. 10, auf dem die Prinzessin rechts
fehlt". Der Gesichtstypus, die präzisen, aber
weich modellierten Details, wie Mähne, Pferde-
kapf, Drachenflügel, Waffenradc und Manteltuch,
sowie Boden und Hintergrund, aber auch Einzel-
motive, wie die Maske am Pferdegeschirr vorn,
setzen das Relief deutlich von der geschärfteren
Formensprache des Wiener Exemplars ab und
erlauben zahlreiche Vergleiche mit Reliefs des
Dominikus Stainhart, vor allem mit seinen späten
Arbeiten, ohne daß eine endgültige Zuschrei-
bung als sicher gelten kann". Zieht man näm-
lich die zwei Cleopatra-Reliefs des Kunsthistori-
schen Museums Wien, die ebenfalls mit Vorbe-
halt lgnaz Elhafen zugeschrieben werden und
dem hl. Georg und hl. Martin eng verwandt
sind," zum weiteren Vergleich heran, so finden
sich auch Ähnlichkeiten in der Reliefauffassung
Varliebe für enge Figurenkomposition vor Vor-
hangmotiven und Bühnenarchitektur, stilleben-
hafte Züge und im Figuren- und Gewandstil
mit den Arbeiten van und im Stile des Franz l.
Steinhart", für die Köpfe bei den Münchener
Reliefs des Dominikus Teil Abb. 2.
K. Ramisch erkannte als unmittelbare, in Haupt-
mativen getreu befolgte Vorlage für das 25
45,5 cm große Zedernholzrelief der Anbetung
der Hirten im Libighaus Frankfurt a. M.
Abb. 11 den Holzschnitt Niccolö Boldrinis nach
Tizian Abb. 11a". Das kastenförmig vertieft
geschnittene Relief, das vor allem in der z. T.
gruppenartig verkleinernden Fraportionierung
der Figuren und in der kleinteiligen, z. T. in
Aufsicht gegebenen und wenig tiefenräumlichen
Gestaltung des Hintergrundes die Vorlage ab-
ändert, scheint mir Dominikus Stainhart zumin-
dest ebenso nahezustehen wie der hl. Georg
in London. Bedenkt man für den Gewandstil
oder einzelne Typen die Nähe zur Vorlage und
das andere Material, so mag ein Vergleich mit
den Reliefarbeiten der nachrömischen Zeit und
van vor 1700, z. B. der Bekehrung Sauli, der
Vertreibung aus dem Paradies Abb. 12, Teil
Ab. aber auch mit den signierten Münchener
Reliefs Teil Abb. etwa für den Kopf des
zweiten Hirten von links, eine hypothetische
Zuschreibung an Dominikus Steinhart und seine
Werkstatt, eine Datierung vor die Reliefs in
London und Karlsruhe, um 1690-1700, gerecht-
fertigt erscheinen.
Unser Autor
Dr. Christian Theuerkauff
Oberkbstos an der Skulpturenabteilung
Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz
D-1 Berlin 33 Dahlem, Arnimallee 23l27
Anmerkungen 18-27 Anm. 8-17 s. 5.31
"Zu dem u. a. in Elfenbein, Holz und Silber arbeitenden
Johann Bernhard Strauß in Augsburg s. Steinhart, 1971,
Anm. 68. Der Verfasser plant zu Strauß eine umfassende
Monographie.
Die Erfindung im Relief, in Jahrbuch der Kunsthistorisrhen
Samrnlun en in Wien, XXXV, 1920l21, S. 165, 169, Nr. 10,
Fig. 105, 07. Dieselbe Komposition z. T. nach Tizian
in Giuseppe Scalaris Holzschnitt P. Dreyer, Tizian un
sein Kreis, Kupferstictikabinett Berlin, 1972, S. 59 f., Nr.
42, Abb., auf den auch Rubens' Pradabild zurüdxgeht.
Auf das gleiche Vorbild greift ein Elfenbeinrelief, Süd-
deutschland, 1B, Jahrhundert, der ehem. Slg, Bocowitz,
Wien, zuriidr Gal. Helbing, München, Verst. 20. Vl. 1912,
26, Nr. 388, Abb, auf Taf. 1B,
"Wiener Jahrbuch. XXl, 104, 138, KaL-Nr. 85 f.,
Abb, 102.
lnv,-Nr, 19S4.169. oben neu? ergänzt; mehrfach Risse,
u. a. drei Bohrlöcher. lllustrated Guide of the Collec-
tion, Hartfard 1960 ohne Nr., mit Abb.
E. Zimmermann, in Jahrbuch der Staatl. Kunstsammlun-
gen in Baden-Württemberg, Vll, 1970, S. 131 ff., Abb. 14.
lnden Lederlaschen des Waffenrockes dem Tempesta-
Vorbild am getreueslen folgend.
lnv.-Nr. 36-1949, Reliefhöhe bis zu fast crn. Theuer-
kauff, Rauchrniller und Elhafen, 1962 1964, S. 136,
Anm. 425, Abb. 252.
I. u. a. Teil Abb. Theuerkauff, Stainhart, 1971,
b. 20-22, 24-27.
"Wiener Jahrbuch XXl, 1968, S. 123 f., KaL-Nr. 25 f.,
Abb. 88, mit Lit.
11 Vergl. Berliner, Elfenbein, 1926, Kot-Nr. 406-409, Taf.
206 Stainhart, 1971, Abb. 23; Teil Abb. 10, Anm.
21 f., sowie die römischen Reliefs.
A. Legnar, Bildwerke der Barodrzeit aus dem Liebieghaus,
Frank urt a. M. 1963, Nr. Abb. Dreyer, Tizian
1972, S. 56, Abb, 405 538 mm,
-ll. Georg. lgncz Elhcfen i. Vor 1695
unsthistorisches Museum Wien, Sammlung für
Jlustik und Kunstgewerbe
'll. Georg. Radierung. Antonio Tempestu
"ll. Georg. Süddeutschland. Frühes 18. Jahrhun-
iert. The Wadsworth Atheneum, HortfordlConn.
'll. Georg. Dominikus Steinhart Z. Um 1700.
3udisches Landesmuseum Karlsruhe
'll. Georg. Dominikus Steinhart zugeschrieben.
Jm 1700. Vlctcric und Albert-Museum, London
Änbetung der Hirten. Dominikus Steinhart 3.
llor oder um 1700. Liebighous, Frankfurt u. M.
Änbetung der Hirten, Holzschnitt. Niccolö Bol-
zlrini noch Tiziun, Kupferstichkubinett, Berlin
10
Horst- Herbert Kossatz
Style Mucha
Die gewaltige Plakatbewegung" der Jahrhun-
dertwende wurde ein integrierender Bestandteil
des Jugendstils und machte ihn volkstümlich; die
neue Flächenkunst fand im Plakat das ihr ange-
messene Medium. Zu iener Zeit begann die
Scheinverschönerung der Umwelt durch bedruck-
tes Papier, die vorläufig beim modernen
package-design" endet. Das Bildplakat, das aus
den vorher verwendeten Textonschlägen und
Flugblättern hervorging, ist ein typisches Kind
der industriellen Künste des vorigen Jahrhun-
derts, das seinen eigentlichen Anstoß vom iapa-
nischen Farbenholzschnitt erhielt. Die japanische
Kunst wurde einer großen Öffentlichkeit durch
die Weltausstellungen London 1862 und vor
allem Paris 1867 bekannt gemacht. Unter ihrem
Einfluß entstand L'Art Nouveau" dies war
der Name der Kunsthandlung, in welcher Samuel
Bing seit 1895 japanische Kunstgegenstände ver-
kaufte als Protest gegen den Historismus, den
Eklektizismus und gegen den völlig erstarrten
Akademiebetrieb. Doch löste sich auch diese
Neukunst nicht völlig vom Historismus, da die
Künstler weiterhin die Musterbücher des Histo-
34
lixnnnnnmnaaui Wtw
w.
zi
rismus als Motivschatz benutzten. Ich habe des-
halb in meinem Buch Ornamentole Plakatkunst"
Salzburg l970 den Jugendstil einen synthe-
tischen Historismus" genannt, weil er die über-
lieferten Ornamentrnotive als Bausteine für etwas
Neues verwendete.
Die Ausbildung eines künstlerischen Plakatstils
hatte fast ausschließlich bei Jules Cheret gelegen,
der seine Entwürfe eigenhändig auf den Stein
zeichnete. Er verstand es, in seine weit über
tausend Plokatentwürfe Anregungen einzuschmel-
zen, die er einerseits der apanischen Kurtisanen-
darstellung, andererseits englischen und franzö-
sischen lllustrationszeichnern verdankte, die do-
mals das Thema Pariser Kokottenleben gern
behandelten.
Cheret hatte als Plakatmotiv die Halbweltdame
bevorzugt, obwohl sie nur selten in einen echten
Sinnzusammenhang mit dem anzupreisenden Ge-
genstand zu bringen war. Bis nach der Jahr-
hundertwende gehörte daraufhin das leichtsin-
nige Frauenzimmer zum Repertoire der franzö-
sischen Plakatkunst, obwohl es verschiedene
Künstler gab, die diesem Motiv einen anderen
Sinn zu geben versuchten. Da ist Eugene Grasset
zu nennen, der als Schüler Viollet-le-Ducs dem
Historismus verpflichtet war. Seine Beschäftigung
mit den Präraffaeliten führte ihn zur Bevorzu-
RIQCRICJ
Aälißllitl wir,
Alfons Mucha, La Dame aux Camelios Sorah
Bernhardt. Forblithographie und Einstaubver-
fahren. Druck F. Chompenois, Paris
Alfons Mucha, Gismonda Saroh Bernhardt.
Theatre de la Renaissance. Farblithographie.
Druck Lemercier, Paris
Alfons Mucha, lmprimerie Cassan Fils. Farb-
lithographie. Druck Cassan Fils, Toulouse
Alfons Mucha, Salon des Cent, Juin 1897,
Exposition de Fäuvre de A. Mucha. Farb-
lithographie. Druck; F. Champenois, Paris
Alfons Mucha, Dekoraiionsblail. Furblif
phie und Pochoir. Druck F. Chumpenoisl
Alfons Mucha, Biäres de I0 Meuse. Far
gruphie. Drudc F. Champenois, Paris
IMP. FÄCBNWPUFOIS. "MUS
gung eines sentimentalen Pathos in meis
gorischen Darstellungen.
Grasset war der unmittelbare Vorläufr
Alfons Maria Mucha, den gebürtigen Tsch
der mit seinen Entwürfen in wenigen
Paris eroberte. Mucha übernahm von ih
akzentuierende Konturlinie und die Vorlie
das Pflanzenmotiv. Dennoch sind Mucha
kate wie die Cherets und Grassets unve
selbar; seine besondere Stellung drück
aber darin aus, daß sein Name eine Ze
als Synonym für art nouveau" verwendeti
Dieses Phänomen lößt darauf schließen
Muchas persönlicher Stil das für die Kunst
Zeit Allgemeingültige enthielt.
Mucha arbeitete 1894 als kleiner Angestel
der Druckerei Lemercier. Am 26. Dezember
der Direktor der Druckerei vom Manag
Renaissance-Theaters angerufen und um
gebeten, da man dringend einen Plakate
fer benötige. Mucha wurde vorgeschlai,
der bis dahin nur ein einziges Plakat enh
hatte und gleich ins Theater geschicl
Studien von Sarah Bernhardt in ihrem
Gismanda" zu machen.
Mucha entwarf das Plakat in Öl auf Lein
bei der Übertragung des Entwurfs auf der
wurden dann zahlreiche Einzelheiten im
einer dekorativen Wirkung verändert Abb
Nach Christina Thon zeigt das Plakat eine
des Gesellschaftsdramas, die in einem
saiken ausgekleideten Erechtheion spiel
Bernhardt als Gismanda naht in ihren
stickten Prunkgewändern an der Spitze
Palmsanntagsprozessian dem Altar und
miert vor dem versammelten Hofstaat ihr
bindung mit einem Untertanen; in ihrei
stellung vereinen sich hieratische Feierl
und mondäne Attitüde" Thon.
CEUVRES
HKIEJS DEMUCHG
... .. .., ..
M. Ü. A.
"W9- II l'ß9"'k9iä-
lliulhmvcllmi. uns lü-
aß ili"!
38
Mit diesem Plakat wurde Mucha in Pari
rühmt. Es ist nicht uninteressant, daß schi
diesem unerwartet naturalistischen
Stilelemente enthalten sind, die in tr
pointierterer Form auf fast allen am
Mucha-Plakaten wiederkehren die kulissenc
Flächenstaffelung, der Schmuck des weibl
Kopfes mit naturalistischen Blatt- und B.
motiven, die Glarifizierung des Kopfes
dahinterliegende Nischen- oder Rundformer
Haltemotiv sowie das Ausspielen von nat
stischer Körperfarm vor ornamentiertem Flä
grund.
Auf zwei in diesem Plakat vorhandene
tungselemente verzichtet Mucha allerdings
Folgezeit ganz auf die naturalistische Wi
gabe des Stoffmusters und auf Schattieru
Seine Menschen sind schattenlos, haben of
Charakter van Versatzstücken und stehen
Regel in Gegensatz zu einem Ornamentraf
werk des Hintergrundes.
Auffallend ist fast immer die Gestaltung
Haares; Brian Reade hat es als symboli
Ornament charakterisiert. Die gestalte
Funktion dieses Haararnaments liegt in
flöchenschaffenden Wirkung. Die Gesichter
fast immer körperhaft, das Haar entkörpe
sich im Lauf seines Linienschwunges.
dieser Plakatgestalten entstehen aus der li
Fläche, werden zum Gesicht hin immer kt
hafter und verflachen wieder im Haar.
für das besondere Verhältnis von Körper,
senraum und Bildfläche sind auch die Dur
chungen des Bildraums, die sich als Rat
werk des Papiergrundes entpuppen. Sold
Rahmenwerk wurde auch in den Anzeigenka
sitionen jener Zeit gerne verwendet.
Die lkonographie dieser Plakate ist weitge
unerforscht. Ein Plakat für eine Ausstellung
ner eigenen Arbeiten Abb. stellt in
Melanchaliegestus eine Allegorie der Zeicf
dar. Auf einem Blatt Papier erkennen wir vc
Darstellung eines Herzens drei Kreise al1
nitötszeichenä einen Blütenkreis, einen
aus Fruchtkapseln und einen Dornenkrai
Im Gegensatz dazu zeigt Muchas Plakat fü
Salon des Cent 1896 Abb. eine Allegari
Malerei. Diese Frau mit einem aus Auge
Herz bestehenden Szepter im Arm denkt
nach, sondern- gibt sich ihrer innerer Einge
hin.
Die kultbildhafte Überhöhung seiner Fraue
stellungen stieß schon früh auf scharfe
Berühmt wurde eine Karikatur Willettes mit
Titel La pieuse erreur". Am Telegrapher
einer Eisenbahnlinie hängt Muchas Plakat
res de la Meuse". Darunter kniet eine
Frau, die dieses Madonnenbild der Reklam
betet. Die Frau hat zwar die Botschaft des
kats nicht verstanden, dafür aber gespürt,
bedeutende Wertvorstellungen visualisiert
den. Man hat den pseudoreligiösen Char
von Muchas Frauendarstellungen immer
kritisiert. Man versteht sie vielleicht besser,
man sie sich auf der Plakatwand neben
lasziven Grisetten, Kokotten, Tänzerinnen
Sängerinnen vorstellt, die dort allenthalbs
finden waren.
Alfons Muchq, Lygie". Farblithogruphie.
F. Champenons, Pans
Alfons Mucha, Salon des Cenf, 1896.
lithographip und Einsluubverfahren. Drux
Champenols, Paris
Unser Autor
HorsO-Herberi Kossofz
1060 Wien
Lehdrgusse 3ul14
mgiiccamir
wwwä-aßwö? 95596
j. cße Efprmfego
Q6 rue ßonapwxvrz Pkri
1a 1b
Joachim Heusinger von Waldegg
Richard Luksch und
Elena Luksch-Makowsky
ein Künstlerpaar der
Wiener Jahrhundertwende
Im Jahre 1902 stellte die Wiener Secession Max
Klingers Beethoven-Denkmal" in den Mittelpunkt
einer Ausstellung die einen wichtigen Abschnitt
innerhalb der Neuorientierung des modernen
Ausslellungswesens überhaupt bezeichnet. Das
Bestreben dieser Vereinigung zielte auf die Syn-
these aller Künste im Gesamtkunstwerk, Ent-
gegen der bisherigen Ausstellungspraxis der
Secession, Arbeiten einzelner Mitglieder in räum-
lich geschlossenem Zusammenhang darzubieten,
vereinigte man nun in der Beethoven-Ausstellung
die unterschiedlichsten künstlerischen Beiträge
zu einem stimmungsvollen architektonischen
Rahmen" um Klingers farbige Skulptur.
Der bekannte Architekt und Mitbegründer der
Wiener Werkstätte, Josef Hoffmann, entwarf die
streng in rechtwinkligen Bezügen gegliederte
Ausstellungsarchitektur dieses modernen Zweck-
tempels". An der Ausschmückung der drei Säle
beteiligten sich fast alle namhaften Secessions-
mitglieder, darunter auch Gustav Klimt mit dem
berühmten Beethoven-Fries". Das Generalthema
der Ausstellung war Beethovens IX. Symphonie.
Die Exponate unterordneten sich bewußt als
Huldigung an Klingers Beethoven. Die Ausstel-
40
lung als Kunstwerk" sollte bald darauf zum
Schlagwort werden. Nach den Worten des Wie-
ner Kunstkritikers J. August Lux' lag der didakti-
sche Wert der Ausstellung darin, sichtbar zu
machen, wie sich die Ästhetik der Malerei und
der Plastik in bezug auf den architektonischen
Gedanken ändert, und die Forderungen kennen-
zulernen, die bei Aufgaben der Monumental-
kunst gestellt werden."
Richard Luksch und Elena Luksch-Makawskys
beteiligten sich an dieser wichtigen Ausstellung.
Beider Werke waren im Sinne des Ausstellungs-
gedankens streng kontextbezogen. Für den Mittel-
saal schuf Luksch um die Klinger-Skulptur Nischen
mit jeweils zwei Brunnenfiguren in Hachrelief aus
blau getöntem Beton Abb. b. lhre strenge
Stilisierung rückt sie, als direkte Verkörperungen
der geometrischen Ausstellungsarchitektur Hoff-
manns, in die Nahe von Pfeilerfiguren. Für die
Seitenröume, Kunstwerken von ausgeprögterer
Eigenort" vorbehalten, stellte Luksch-Makowsky
in Kupfer getriebene, bemalte und intarsierte
Reliefsö her. lhre Arbeiten unterscheiden sich
von Lukschs architektonisch konzipierten Brunnen-
figuren durch stärkere bildhafte und inhaltlich
bestimmte Aspekte die Themen sind der russi-
schen Volkssage entliehen.
Auf beide Künstler übten die Erneuerungsbe-
strebungen des Kunsthanclwerks im Wiener Ju-
gendstil einen entscheidenden Einfluß aus. Beide
hatten bereits ein akademisches Kunststudium
absolviert, als sie Anfang 1900 gemeinsam nach
Wien kamen. Richard Joseph Luksch, am 23.
Jönner 1872 in Wien als Sohn des Kaiserlichen
Rats, Direktors der Ersten Österreichischer
Casse, geboren, ging 1893 nach München,
nach einiöhrigem Besuch einer Privatschu
1894 bis 1898 an der Münchner Kunstakt
studierte 1894-1896 in der Zeichenschul
Gabriel v. Hackl, anschließend in der
schule" bei Stöcker. Dann folgte ein Jahr
fische Bildhauerausbildung unter Matthic
steiger in Deutenhofen bei Dachau. Hie
in München, im Kreis der Maler Hölzel, Javi
und der Werefkin lernte Luksch auch sein
tere Frau Elena, Tochter des bekannten
schert Malers Konstantin Makowsky,
Elena Luksch-Makowsky, am 13. Navembi
in St. Petersburg geboren, trat bereits sie
iahrig 1895 nach einer Vorbereitungsklc
die Malklasse llia Riepins an cler Peters
Akademie ein, wo sie anschließend eine
bei dem Bildhauer Beklemischew absolt
lm Jahre 1899 kam sie durch ein Auslands
dium nach München an die Zeichenschule
Azbes. lm Frühiahr 1900 heirateten Richa
Elena Luksch-Makowsky und übersiedeltei
Wien. Bereits am 30. April 1900 wurde
Luksch ordentliches Mitglieda der Verei
bildender Künstler Österreichs Secession,
er 1905 gemeinsam mit der Klimt-Gruppe
Die künstlerische Zusammenarbeit erwie
für das Paar Luksch-Makowsky bald als
anregend. Gemeinsam beteiligten sie
zahlreichen Baugestaltungen und Zimmera
tungen der 1903 gegründeten Wiener Werl
Lukschs erste bedeutende Plastik, Der Vl
rer"", die auf der X. Ausstellung der
Richard Luksch, Brunnenfiguren für die XIV.
Jsstellung der Wiener Secession, 1902. Farbiger
ementguß, etwa lebensgroß
chard Luksch, Ivtodell für die plastische Gestal-
ng des Dachträgers eines Geschäftshauses
Augsburg, 1908
mmerbrunnen, Entwurf Josef Hoffmann, Pla-
iken von Richard Luksch, ziseliertes Blei;
nckelreliefs von Elena Luksch-Makowsky, 1902
irkungen 1712
Autor dankt Herrn Peter Luksch, Maler in Hamburg,
biographische Hinweise und die freundliche Uberlas-
eines umfangreichen Fotamateriais.
Beethoven-Ausstellung vgl. bes. den Katalog der
Ausstellung der Secession, Klingers Beethoven",
ileJuni 1902. Ver Sacrum, 1902, Sonderheft der
hoven-Ausslellung. J. A. Lux, Klingers Beethoven
die moderne Raum-Kunst, in Deutsche Kunst und
aration, 1902, S. A64 ff. B. Zuckerkandl, in;
Kunst, Kunst für Alle, XVll, 1902, S. 355 ff.
vig Hevesi, Acht Jahre Secession, Wien 1906, S. 391.
Navotny, Johannes Dabai, Guslav Klimt, Salzburg
Kot-Nr. 127. Christian M. Nebehay, Gustav Klimt,
umentation, Wien 1969, S. 276 ff.
t. Lux, Klingers Beethoven und die moderne Raum-
st, in Deutsche Kunst und Dekoration, 1902, S. 475.
htigste Literatur zu Richard Luksch Katalog zur
Ausstellung der Wiener Secessian 1902 mit Signet.
'eie Presse Wien vom 31. Marz 1903; 1. April 1903;
uni 1906; 10. Februar 1907. J. A. Lux, Secession,
Ausstellun der Vereinigung bildender Künstler
erreichs, in as lnterieur, IV, Wien 1903, S. 81 ff.
nig Hevesi, Acht Jahre Secession, Wien 1906, S. 260,
364, 374, 391, 393, 419, 425, 495. H. E. Wallsee,
Kunstgewerbeschule Hamburg und ihre Lehrer, in
tsche Kunst und Dekoration, XXll, 1908, S. 1-11,
12 in. Zühlr. Abb. Wilhelm Niemeyer, Bildhauer
ard Luksch-Hamburg, in. Deutsche Kunst und Dekora-
XXIX, 1911112, s. 123-131 m. Abb, Thieme-
rer, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler,
Leipzig 1929, s. 462 beide Luksch. Degener-
ist's, Berlin 1935, s. 10009. Berthold Hackelsbetg
iiir, in Jugendstil, 11g. v. Helmut Selig, Heidelberg
tclten 1959, s. 297.4 Franz Goldstein, Mruzgram-
kon, Berlin 1964, s. 15a, 10a, 107, 400, 620 be'
ich, Hermann cidiidiiir, Skizzenbuch ner
nungen, Göttingen 1966, s. 50-61 beid
Elena Luksch-Makowsky vgl. GUCh dr
idrd Luksch.
Blog zur xiv. Ausstellung der wiei
Signet. Charles Holme Hrsa'
kustria, London-PoriseNew York
Jdwig Hevesi, Acht Jahre seeeee-
irriiiv,
425. Deutsche Kunst und De
54155, 190 Abb. Hans ir" dschichte
Zeuropäischen Jugenrtwilmclr aln 1965,
9.
itsche Kunst und ..i5-o7 Abbn
der russischi vdn Luksch-Ma-
isky haben 51' riwolle Aquarelle mit
iiichen Szen" .e.n Stil iiid Riepins er-
ten Nach lümbufg. Jedoch trat SIO
ächst Gl" or Zusammen mit dem
lhauer .n Konlenkow eeniir sie ein
Bes iedeiispalast der Pariser Welt-
stellt. eine Szene GUS dem Tiirkenkrieg
stellt rschreckung vor dem Krieg gedacht
eine Jigliche Notiz in Ver Sacrum, lll, 1900, S. 172.
wig Hevesi, Usterreichische Kunst im 19. Jahrhundert,
Leipzig 1903, S. 306107 Üers, Acht Jahre Secession,
zn 1906, S. 320121. ne andere bekannte plastische
ippe aus Lukschs Fruhzeit Nessus" 1898, s. The
die 1898 99, H. 71, S. 36 Abb; Ver Sacrum, ll, 1899,
19 Abb..
Kopf des Wanderers", in Bronze gegossen, auf
XXIII. Ausst. der Secession 1905, s. Die Kunst, XI
Kunst fiJir Alle, XX,1904f05, S. 464 Abb..
nach AussL-Kat. Die Wiener Werkstätte", Öster-
.hisches Museum lür angewandte Kunst, wien, 22. Mai
20. August 1967, S. 23.
Haenel, Das Kunslgewevbe auf der Düsseldorfer
1stausstellung,trtDekorative Kunst, XI, 1903, 25 N.
Eine leicht abgewandelte Version des Brunnens, s.
Asche Kunst und Dekoration, XXII, 1908, S. 32 Abb.
beträchtliches Aufsehen erregte,
.1 Deutenhafen entstanden, Dem
gt ein Gedicht des französischen Sym-
Lauis Bouilhet 1824-1869 Sombre
igue" zugrunde, das Luksch durch seine Frau
vermittelt wurde. Sowohl der symbolistische In-
halt der einsame Wanderer begegnet auf
seinem Weg allerlei bösartigen Erscheinungen
wie die effektvolle Koppelung verschiedenfarbi-
ger Materialien die dunkel getönte Figur aus
Eichenholz, der Sockel aus grünlichem Muschel-
kalk erscheinen wie eine Vorweggenommene
Huldigung an Klingers Beethoven. Trotz aka-
demischer Merkmale, etwa in der realistischen
Charakterisierung" des Wandererkopfes wei-
sen die Stilisierung der Figur in einheitlichem
Bewegungszusommenhang und vor allem die
plastisch räumliche Gruppenbildung bereits auf
Lukschs eigentliche Stärke, die Architekturplastik,
voraus.
Schon 1901 bot sich ihm eine solche Aufgabe
in vier kalassalen nackten Atlantenfiguren für
die Fassade eines Geschäftshauses in Brünn. Wie
für viele Künstler des Wiener Jugendsfils finden
sich hier fließende Übergänge von einem aka-
demisch bestimmten Realismus zur Stilkunst"
urn 1900. Das demonstriert etwa eine originelle
kunsthandwerkliche Arbeit mit dem Titel Die
fünf Sinne" Abb. eine Teekanne, auf der sich
Haare und Beine von fünf weiblichen Wesen,
Verkörperung der Sinne, zu einer Konfiguration
verbinden, oder eine illustrative Arbeit von
Luksch-Makowsky, Bettler vor dem Tor". Für
beide erscheint die Ubersteigerung bestimmter
inhaltlicher Züge als Voraussetzung zur Stili-
sierung.
Seit der Gründung der Wiener Werkstätte inten-
sivierten beide Luksch ihre kunsthandwerkliche
Tätigkeit. Für sie galt die Devise, die Hoffmann
und Kolo Moser in ihrem Arbeitsprogramm der
Wiener Werkstätte aufgestellt hatten"; Es sall
die Arbeit des Kunsthandwerkers mit demselben
Maß gemessen werden wie die des Malers und
Bildhauers." Besonders die Zusammenarbeit mit
Josef Hoffmann wurde für beide Luksch bedeut-
sam. Noch vor der Gründung der Werkstätte
fertigten sie einen Zimmerbrunnen Abb. für
eine Gastausstellung der Wiener Secession auf
der Düsseldorfer Kunstausstellung im Jahre
1902", die gemeinsam mit dem Hagenbund"
stattfand. Josef Hoffmann entwarf die streng
gegliederte Brunnenarchitektur. Sie besteht aus
zwei sich überlagernden, farbigen, marmarnen
Brunnenscholen, die von vier intarsierten und
41
eauuapam;
35' "isrllliiläää i.
!t.'.l'3Fl-'
mit Steinen besetzten weißen Holzsöulen umstellt
sind, welche ein kreisrundes, gehämmertes Kup-
ferdach tragen. Luksch schuf für die obere Brun-
nenschale einen Kranz von ziselierten Bleifigu-
ren. Von seiner Frau stammen die in Kupfer
getriebenen Sackelreliefs". Erinnert die Dispo-
sition der Figuren zunächst an Ninnes berühmten
42
Brunnen im Folkwang-Museum, so erscheint die
Gesamtanlage doch sehr neu" sie erzeugt in
ihren fein gestuften Proportionen eine für den
Wiener Jugendstil charakteristische lntimitöt",
wie schon Ludwig Hevesi lf empfand.
Obwohl Luksch in vielen Materialien arbeitete,
u. a. in Holz, Bronze und Kupfer, log seine
eigentliche Begabung in der keramischen Pl
Um sich in die Techniken der Glasuren und
sen einweisen zu lassen, hospitierte er nac
geschlossener Bildhauerlehre noch einmal
Semester lang an der Wiener Kunstgew
schule. Seine keramische Kleinplastik ist zu
strenger gegliedert und farblich zurückhalti
Richard Luksch, Relief, ehemals am Portikus
er Hamburger Kunstgewerbeschule, 1911l12.
lasierte lrdenware, etwa lebensgroß
chard Luksch, Die goldene Zeit". Biskuit-
irzellan, vergoldet, 33,35 cm
chard Luksch, Diana", Biskuit-Porzellan, matt-
irgoldet, 32,5 cm
chard Luksch, Die Maske", 1906. Farbig
asierte Keramik
chard Luksch, Der Zweifel", 1904. Farbig
asierte Keramik
chard Luksch, Die fünf Sinne", Teekanne,
1900101. Bronze
ena Luksch-Makowsky, Bemalung eines Ka-
ens, um 1906
kungen 13-18
es Halme Hrsg., The
in-Paris-New York 1906, 11 Abb..
Hevesi, Acht Jahre Secession, Wien 1906, S. 425.
Art Revival in Austria,
ursprün lichen Aussehen der Räume s. Deutsche
und ae arotion, XXIX, 1907, s. 44a n. Vgl. ferner
Windlsch-Graetz, Das Jagdhaus Hochreith zur
alyse der Räume von Josef Hoffmann, lVl Alle und
rne Kunst, xii, 1967, H. 92, s. 17m2.
che Kunst und Dekoration, xix, 1906107, s. Abb
'ative Kunst, xvii. was, s. 544 Abb.
andere Fassung der Figuren in Blei, s. Das Interieur
IV, 1903, S. 81 Abb.
10
als die der Berthold Löffler, Powolny oder der
Wiesenthaler.Lukschs Figuren erscheinen in ihrem
tektonischen Aufbau für die Zimmereinrichtungen
von Josef Hoffmann besonders geeignet, wie
die Diano" Abb. die neben anderen Kero-
miken von Luksch u. a. in einem Jagdhaus in
Hochreith für den Industriellen Karl Wittgenstein
aufgestellt wurde. Dieser Bau wurde als einer
der ersten der Wiener Werkstätte unter der Lei-
tung Hoffmanns in vollendeter Stileinheit ein-
gerichtet. An seiner Ausstattung beteiligten sich
auch Luksch-Makowsky mit einigen getrie-
benen Silberreliefs. Eine andere Kleinplastik
Lukschs, Die goldene Zeit" Abb. fand u. a.
für ein Arrangement Hoffmanns, Jubiläums-
tisch"", und als Ausstellungsobiekt für einen
Vitrinenschrank" von Otto Prutscher auf der
Kunstschau Wien 1908 Verwendung. Daneben
entstanden heiter-dekorative Kleinplastiken in
Keramik, wie der Hase" 1904, der Zweifel"
Abb. der Rabe Kalk", ein Schachspiel mit
Biedermeierfiguren und die beiden Tanzgro-
tesken" Maurerweibchen" und Serenissi-
mus"'", alle zwischen 1902 und 1904. Immer er-
scheint das keramische Material wesentlich form-
und ausdrucksbestimmend. In Pendantfiguren
wie den Tanzgrotesken" stehen räumlich kon-
zipierte Hohlformeri in Verbindung mit Lukschs
Architekturplastik.
Besonders vielseitig ist das künstlerischeWerk der
Elena Luksch-Makowsky. Als Malerin, Portrötistin,
Zeichnerin und Bildhauerin zugleich, schuf sie in
ihrer Wiener Zeit auch zahlreiche kunsthand-
werkliche Arbeiten für die Wiener Werkstätte.
Von diesen seien vor allem die in Kupfer und
Silber getriebenen Reliefs erwähnt zuweilen
intarsiert und bemalt. Solche Treibtechniken wa-
ren im Wiener Jugendstil verbreitet vgl. K.
Moser, C. O. Czeschka, Dagabert Peche. We-
sentliche Anregungen erhielten diese Künstler
durch die Metallkunst der Künstlergruppe in
Glasgow besonders die Schwestern Macdonald
und die Silberarbeiten der englischen Guild
and School of Handicraft unter der Leitung
C. R. Ashbees gegründet 1888, deren Werkstatt-
prinzip eines der Motive für die Gründung der
Wiener Werkstätte war. Für die Werkstätte
entwarf Luksch-Makowsky u. a. getriebene Me-
43
tallplateaus für Schränke und Packfongplatten
ferner bemalte Fächer" und Schränke Abb. 10.
ln diesen Arbeiten zeigt sich ihre Begabung für
die Einfügung des Schmuckes in einen bildhaft
geschlossenen Zusammenhang, im Gegensatz
etwa zu den mosaikartig zusammengesetzten,
geometrisierenden Schmuckteilen auf Schränken
von Kolo Moser.
12a
Die großzügig vereinfachende Linienführung
dient dabei zumeist erzählerischen oder skurril
verdrehten Darstellungen. Das wird besonders
deutlich in ihren illustrativen Zeichnungen und
Graphiken, wie den farbigen Holzschnitten für
Heft von Ver Sacrurn, 1903 Abb. 17. Die Illu-
strationskunst des Wiener Jugendstils mit ihrer
vorwiegend schmückenden Absicht erreichte in
12b
der Zeitschrift einen Höhepunkt. Die Holzschnitte
von Löffler, C. O. Czeschka, Gustav Klimt, Kolo
Moser, Alfred Roller und Max Kurzweil sorgten
für ein gleichbleibend hohes Niveau. Zwar haben
Luksch-Makowskys Holzschnitte den Gegensatz
von großflächigen Vereinfachungen und klein-
teiligem Formerimosaik mit ienen gemeinsam,
doch heben sie sich durch energische Abstraktion
und eigenwillige Flächenaussparungen ab, die
sie manchmal in die Nähe des Art Nouveau
z. B. Vallotton bringen.
Bestimmend für sie wurde dabei der Eintluß
russischer Volkskunst. Das zeigt bereits die er-
wähnte Gouache Bettler vor dem Tor", die
im gleichen Jahr entstand, als der russischen
Volkskunst auf der Pariser Weltausstellung 1900
ein entscheidender Durchbruch gelang". Mit
einem der bedeutendsten Vertreter der russi-
schen Volkskunst des Jugendstils, lwan J. Bilibin,
war Luksch-Makowsky persönlich bekannt. Be-
zeichnender für ihre bewegliche, bisweilen leicht
düstere Phantasie als diese Holzschnitte ist eine
Pinselzeichnung, zu der sie, wie sie auf die
Rückseite des Blattes schrieb, angeregt wurde
durch eine Notiz in einer Wiener Zeitung über
Verbrechen an minderjährigen Mädchen". In
diesem erzählerischen Ton sind auch ihre Illu-
strationen zu den Deutschen Schwänkenwz, für
die Franz Blei vermutlich Anregungen gab, den
Russischen Sprichwörtern"" und den Entwürfen
für Postkarten der Wiener Werkstätte um 1910
gehalten. Die naive Ausdruckskunst russischer
Bilderbögen geht hier mit der verfeinerten Wie-
ner Stilkunst eine reizvolle Verbindung ein.
Wagner, Modell für die St-Leopold-Kirche
Steinhot, um 1905
Zichard Luksch, hl. Leopold und hl. Severin,
uürfe für die Turmbekrönungen der S7.-
pold-Kirche clm Sleinhof, Wien, von Otto
gner, 1906107. Kupfer, getrieben, etwa er-
znsgroß
et Hoffmann, Gurtenpclvillon im Gurten des
xis Stoclet, Brüssel, zwei Foyencefiguren
und rechts von Richard Luksch
lichclrd Luksch, weibliche Foyencefiguren,
1905. Weiße und gelbe Zinnglusur, Craquele,
cl. m. Museum für Kunst und Gewerbe,
nburg
ungen 19-27 Anm. 24-27 S. 46
o. Packfongplafte für ein Teezlmmer von Leopold
s. Die Kunst, Vll, 1903, S. 3B Abb.
nclter Fächer auf Schwunerlhuut, Deutsche Kunst
ikoration, XXIll, 1908109, S. 190 Äbbl
umilla Gray, The Grect Experiment Russiun Art
'22, London 1962.
le Schwänke. 79 kurzweilig Sizhwerlck und Futt-
gesammelt von Leopold Frisdltin, Julius-Zeitler-
Leipzig 1906.
le Kunst und Dekorclticn, XXlll, WOBIW, S. 55 ÄbbJ.
ussL-Kut. Franz Bclrwig 186?A1931", Usterreidli-
äclerie im Oberen Belvedere, 23. Mai bis 14.
ber 1969. Franz Wlndisch-Grdetl, Leben und
des Bildhauers Gustuv Gursdmer, in Alle und
Kunst, XI, H. B7, 1966, S. 34-39.
le Kunst und Dekoration, XVlll, 1996, S. 421-443
llr. Äbbm.
Mrazek, Die Wiener Werkstätie, in AussL-Kut.
Viener Werkstätte", Österreichisches Museum für
mdle Kunsl, Wien, 22. Mui bis ZU. Äugust 1967,
iden ab ebildeten Figuren im Hamburger Museum
ns? un Gewerbe sind vermutlich eine zweite
der ursprünglich für das Sanatorium Furkersdorf
nien Exemplare vgl. AussL-Kcli. Jugendstil in
rg". Eine Ausstellung des Museums Kunsl
ewerbe Hamburg, 14. Ausst. im B. A. I-Haus,
xtember bis 25. Oktober 1968. Einführung Heinz
zmn, 54l55 m. Abb.
a... vsvväwväwvvävuäväüvv
.lT.
äväähwwvaä .,.,.,.,.,
äävvuvvvk.
vävvväwvävvwv
Neben der subtil gearbeiteten Kleinkuns
der Luksch erreichte ihr Werk in der archi
bezogenen Plastik einen Höhepunkt. Hie
vor allem die Bedeutung von Lukschs
zur Raumkunst" des Wiener Jugendstil
Architekturplastik nimmt in der Wiener
um 1900 im Gegensatz etwa zum Art Nr
eine Rondposition ein, wohingegen die
rative Kleinplastik zahlreiche Begabunge
verbrachte, wie Franz Barwig, Gurschnerz
ler, Powolny. Das mag zum Teil in der
kunsthandwerklichen Ausrichtung der Sti
gung in Wien begründet sein. Gegenüb
etwas äußerlichen, forciert stilisierten Ar
turplastik von Franz Metzner erweisei
Lukschs Skulpturen variabler im Eingehr
architektonische Strukturen.
Für das durch die Wiener Werkstätte ein
tete Sanatorium in Purkersdorfß bei
1903-1905, von Hoffmann entworfen,
Luksch zwei figurale Reliefs Abb. 16
gang in frei aufgetragenem Mörtel" mit
gen Steinen besetzt. Dieser Bau war vor
entstellenden Renovierung nicht nur de
moderne Zweckbau in Österreich, sonde
seiner kubischen Gesamtform und seinem
dach gehörte er zu den Prototypen der
nen Architektur auf dem Kontinent" übel
Luksch paßte die Reliefs als schmale, hoc
eckige Wandfüllungen in die schwarz-i
Schachbrettfriese der Architektur Hoffman
Ebenfalls für Purkersdorf war ursprüngli
Paar überlebensgroßer, weiß-blau glr
Gartentiguren" Abb. 14a, aus glc
Fayence bestimmt. Es sind zwei weiblich-
von schlanken Proportionen mit grazii
dern Kopf verschränkten Armen. Ihre
an die Architektur unterstreicht der Geg
von geometrischen, in die Figur sich fort
den Sockelformen und weich modellierte
pervolumina. Die vollendete Plazierung
sie zu Seiten von Hoffmanns Gartenpavilla
Stoclet Palais" in Brüssel 1905-1911, Al
dem bedeutendsten Bau der Wiener Wer
Die Gestaltung des Gartens ist als Forts
des Palais in die architektonische Kon
des Gesamtkunstwerks einbezogen. Sowr
beiden Gartenfiguren wie eine ebenfal
Luksch entworfene Säulengruppe" in
Bassin gegenüber der Gartenterrasse
das Palais in die architektonische Kon
Hoffmanns ein. Der raumgreifende Aufbau
guren setzt sie gegen ähnliche Gestalten
Klimts ab. Die Intensität einer den ganze
per erfassenden, lasziven Gebärde finde
in Klimts Frauengestalten aus dem Beet
Fries" 1902 ihr auf die Fläche bezogen
genstück. Mit Klimt verbinden Luksch an
feierliche Frontalität der Figuren, wei
Entrückheit und die häufige Konfrontatii
Mann und Frau. ln verschiedenen Abwanc
erscheint dieses Thema bei Luksch zunä
den Relieffiguren der Beethoven-Ausstellur
Relief über dem Eingang der Wiener
stätte Abb. 15, auf zwei Wandfüllung
einem Haus in der Prager Karpfengasse
1908" und schließlich am Portikus de
baus" der Hamburger Kunstgewerb
Abb. 4a, b. Wo das Ornament im Reli
tritt, greift es im Gegensatz etwa zu
selten auf die Figuren über, sondern bilde
abstrakt-dynamischen Rahmen um die
ohne räumlich meßbare Tiefe und im Ub
zur Architektur. Wie unterschiedlich die
tektonischen Bedingungen sind, zu denen
Plastik in Beziehung tritt, verdeutlichen et
beiden in Kupfer getriebenen Heiligen
und Severin Abb. 12a, für die St.-Li
tichard Luksch, Türbekrönung der Wiener
tVerkstätte, Relief, 1905
igurale Reliefs, Eingang zum Sanatorium
Vien-Purkersdarf, 1905, Mörteltechnik mit ein-
ielegten farbigen Steinen
lena Luksch-Makawsky, farbiger Halzschnltt
Ver Sacrum", Heft 811903. Schwarz-weiß
ind olivgrün, 13 x17,2 cm
Elena Luksch-Makawsky,ReliefMelpomene
md die tragischen Chöre", Fassade des ehem.
lürgertheaters, Wien abgetragen und zerstört,
906. Glasierte Keramik, drei Teile
a,c Elena Luksch-Makawsky, Modellreliefs für
tie Fassade des Wiener Bürgertheaters s. Abb.
8a, c. lrdenware Fayence, farbige Zinn-
Jlasuren, drei Teile 50 48 cm. Museum für
unst und Gewerbe, Hamburg
erkungen 28-38 Anm. 24-27 s. S. 45
iuletzt Eduard F. Sekler, Das Palais Stoclet in Brüssel,
Alte und moderne Kunst, XV, H. 113, 1970, S. 32-43.
A. S. levetus, Brussels Mansiori designed by
f. Josef Hatfmarin af Vienna, in The Studia, 61, 1914,
1597196, 190 Abb
z. B. die weiblidien Gestalten der Feindlichen
Matten" aus der Schmalwand Wand des Frieses,
Fritz Navotny, Johannes Dabai, Gustav Klimt, Salz-
m7, Kuh-Nr. 127,
rner Hafmann, Gustav Klimt und die Wiener Jahr-
idertwende, Salzburg 1970, Texlabb. 27.
Il Westheim, Der Neubau der Hamburger Kunstgewerbe-
Jle, in Moderne Bauformen, Xlll, 1914, S. 477-498.
.st.AKat. Otto Wagner. Das Werk des Wiener Archi-
en 1841-1919". Hessisches Landesmuseum in Darm-
it, 22. November 1963 bis 2. Februar 1964, Kat.-Nr.
Abb..
Jtsche Kunst und Dekoration, XX, 1907, S. 218 Abb
Lukschs Lehrtätigkeit in Hamburg s. H. Raspe, Die
astellung der Hamburger Kunstiewerbeschule, Ostern
in Kunstgewerbeblatt, NF, 1908, S. 161 ff.
Staatliche Kunstgewerbeschule Hamburg, Oktober
broschiert. Gustav Hassenpflug, Geschichte der
tstschule in Hamburg, Hamburg 1956.
vor allem den weiblichen Akt Elbin", Granit, 1913,
Nationalmuseum, ausgestellt u. a. auf der Kölner
irkbundausstellung 1914 und auf der Freien Secession
lin 1918, KaL-Nr. 236 SDGUtSCtYS Kunst und Dekoration,
1918, S. 20121, Abbn.
JßSlÜtä Kunst und Dekoration, XXIX, 19l1l12, S. 129
tz Schumacher, Plastik im Freien, BfüUftSCttWClQ-BSÜIHA
mburg ms, s. 20 Abb
Kirche", Wien 14, Am Steinhof, von Otto Wag-
ner Abb. 11, ein Bau, der in der Geschichte der
modernen Sakralarchitektur eine wichtige Stel-
lung einnimmt. Die blackhaft gebildeten Skulptu-
ren der beiden Turmbekrönungen passen sich
vollkommen der kubischen Grundgestalt der
Architektur an.
Dagegen setzen sich die drei heute zerstörten
Keramikreliefs van Luksch-Makowsky für die
Fassade des Wiener Bürgertheaters" 1906, Abb.
18a, durch bildhafte Eigenart und Bunt-
tarbigkeit gegen die Architektur ab. Die Dar-
stellung im Mittelfeld zeigt Melpomene, die
Muse der Tragödie, in den Seitenfeldern die
tragischen Chöre". Sie gewinnt ihren besonde-
ren Reiz in der rhythmischen Gliederung der
parallel angeordneten Seitenfiguren gegenüber
dem konzentrischen Aufbau des Mittelfeldes in
Anlehnung an Kompositionsformen der Illustra-
tionen Luksch-Makowskys. Deutlicher als die
Reliefs an der Theaterfassade mit ihrer technisch
bedingten Aufteilung in einzelne Wandkompar-
timente vermittelt der Keramikentwurf im Mu-
seum für Kunst und Gewerbe Hamburg Abb.
19a, einen Einblick in die künstlerische
Konzeption. Die weich aus dem Grund vor-
wölbenden und ineinandertließenden Farmen in
hellen gelbbraunen, grünen und blauen Glasur-
tönen verschmelzen unmittelbar mit dem kerami-
schen Material.
Zu Beginn des Jahres 1907 erhielt Luksch ein
Lehramt für Bildhauerei an der Hamburger
Kunstgewerbeschule. Gemeinsam mit dem etwa
gleichzeitig dorthin berufenen C. O. Czeschka
und den nachfolgenden Anton Kling und Dela-
villa führte er den Wiener Jugendstil in
burg ein. Zwar blieben beide Luksch weiti
mit den Künstlern der Wiener Werkstatt
Berührung 1908 entstanden u. a. Lul
Wandpfeilerreliefs für die Wiener Handels
demie doch verlagerte sich nun
Tätigkeit vorwiegend auf das Lehramtu um
Bauten des Architekten Fritz Schumacher.
macher, der sich bereits 1899 mit einer wich
theoretischen Schrift lm Kampfe um die K1
für eine Erneuerung des Kunstgewerbes
setzt hatte, versah Luksch und seine Schüle
Aufträgen für Bauplastik, wie für den Neuba
Hamburger Kunstgewerbeschule. An den R1
und Freiplastiken, die Luksch für diesen
arbeitete, zeigen sich bereits deutlich klassi
sche lüge", die für sein späteres Werk be
mend werden. Beide Luksch waren der
durch ihre künstlerische Arbeit eng verbu
Richard Luksch starb hier am 21. April
Elena Luksch-Makawsky am 15. August
Etwa gleichzeitig mit den Keramiken für
Kunstgewerbeschule gelangen Luksch mit
Entwurf für einen Jungfernbrunnen" 19
in Marmor und Alabaster, angeregt durch
Hamburger Jungfernstieg, und Luksch-Maka
mit einer weiß glasierten Keramiktigur, gei
Frauenschicksal" 1810l12", nach einmal
bedeutende Werke, die ganz in der
Tradition stehen.
Unser Autar
Dr. Joachim Heusinger von Waldegg
Hamburger Kunsthalle
D-2 Hamburg Glackengießerwall
Wilhelm Holzbauer
Zwei Kunstzentren
Centre Beaubourg, Paris
Kunstzentrum Salzburg
Das Centre Beaubourg", Paris
ln der Errichtung von Kunstzentren sieht der
moderne Staat ein wichtiges Mittel, die
latente Krise unserer Gesellschaft zu bekämpfen.
In unserer Essay-Gruppe zeigen wir das größte
derartige Projekt, das Centre Eeaubourg
in Paris. und stellen es einem regionalen öster-
reichischen Projekt lür die Stadt Salzburg
gegenüber. Dort wird seitJahren die Verwirklichung
eines solchen Unternehmens diskutiert.
Aus den verschiedenen Ideen dazu zeigen wir
die Pläne von Wilhelm Holzbauer, ohne
damit selbst Stellung zu beziehen. Denn es
wird nach manche Debatte darüber
geben, ob dieser überraschend harmonische und
vielseitige Einbau in den historischen
Mirabellpark Wirklichkeit werden kann oder
ob man einer anderen Lösung- etwa
im Mönchsbergfelsen nach dem Projekt Gerhard
Garstenauers- schließlich den Vorzug geben
wird. Eine piranesiartige Felsenhähle mit ihrem
kreativen Ambiente würde jedenfalls
keine Fassadenprableme aufwerfen. Auch die
Funktionen werden noch endgültig zu
prüfen sein, damit jede zu starke Steuerung, jede
überkünstelte Atmosphäre vermieden wird.
Das schöpferische im Menschen ist eine
emplindsame Pflanze, die durch zuviel Dünger
Schaden leidet. Unwillkürlich denkt man
an die alte Geschichte vom reichen und vom
armen Kind Gelangweilt und unglücklich
das eine inmitten seines kostbaren Spielzeugs,
hingebungsvoll und schöpferisch mit
Holzscheiten spielend das andere. Doch der
moderne Staat muß es wagen, die soziologische
Krisensituation ordert es. Wir danken
Herrn Landesrat Dr. Herbert Moritz für seinen
grundlegenden, abschließenden Beitrag
und wünschen Salzburg eine weise und
erfolgreiche Entscheidung.
Der Herausgeber
Im Folgenden werden zwei Projekte dargestellt,
welche auf den ersten Blick kaum etwas anderes
gemeinsam haben als die Tatsache, daß in diesen
Gebäuden Aktivitäten und Funktionen ähnlicher
Natur ihren Platz finden.
Umfang und Maßstab dieser Projekte sind ander-
seits von einer grundsätzlichen Verschiedenheit.
Obwohl nicht zu verkennen ist, daß beide Pro-
jekte ein echtes Bedürfnis zu erfüllen haben, so
kann anderseits nicht übersehen werden, daß
im Falle des Centre Beaubourg" Präsident Pom-
pidous brennender Wunsch nach einem großen,
repräsentativen Gebäude erfüllt werden soll,
das seine Regierungszeit zu markieren hat. Es
soll deshalb auch bis 1975 eröffnet sein.
Der große internationale Wettbewerb wurde
gerade zum Zeitpunkt der Zerstörung der be-
rühmten Les HaIles" gestartet und sollte wahl
diese katastrophale Entscheidung etwas mildern.
Tatsächlich wurden ja die Hallen" seit der Auf-
lassung des Detailmarktes für Aktivitäten benützt,
welche dann genau im Bauprogramm für das
Centre Beaubourg wiederaufgenommen wur-
den. In diesen paar Jahren seit der Auflassung
der ursprünglichen Funktion erlebten die Hal-
len" einen magischen Moment als eines der
lebendigsten und vitalsten kulturellen Zentren
unserer Zeit.
Jedoch die HaIlen" mußten weg, um einem
jener megalomanischen Projekte Raum zu geben,
welche wohl in der Tat die gaullistische und
nach-gaullistische Ära markieren werden Die
vier- und sechsspurigen Stadtautobahnen entlang
der Seine, das Gebiet um La Defense" mit
seinen maßstablosen Wolkenkratzern und eben
die riesige Plattform, welche das ganze Areal
der früheren Les Halles" einnehmen wird, mit
gigantischen unterirdischen Einkaufszentren, Ga-
ragen, Kongreßsälen usw.
Es spricht jedoch für den Wettbewerb, daß aus
ihm ein Projekt hervorgegangen ist, das ver-
spricht, ein Bauwerk hoher Qualität zu werden
und die Offenheit und Vielfältigkeit der Möglich-
keiten zu bieten, welche auch den Hallen" eigen
48
waren. Es soll hier mit den Worten eines der
Architekten, Richard Rogers, beschrieben werden
Wir möchten unser Gebäude so aufgefaßt
sehen, daß es adaptiansfähig ist und von den
Leuten, die es benützen werden, verändert wer-
den kann. Wir wollen keine Architektur, welche
eine Art Zwangsjacke für eine besondere Idee
ist. Wir wollen, daß die äußere Erscheinung die
Aktivität in Gebäude reflektiert große Projek-
tionen, beweglicheWände,technischeSpielereien,
welche den Wechsel unterstützen, und wir möch-
ten die größtmögliche Teilnahme des Publikums
hervorrufen.
Die Dinge wechseln ohnedies dauernd Häuser,
Fabriken werden morgen Museen vielleicht
wird eines Tages unser Museum ein Supermarkt.
Wir wollen eine lase Infrastruktur machen, in
welcher die Menschen sich bewegen können,
leben, essen, sich vergnügen, Dinge tun und,
wenn notwendig, Entscheidungen treffen, welche
das Gebäude verändern können."
Es ist hier anzumerken, daß in den letzten Sätzen
ein Gedanke zum Ausdruck kommt, der bei den
Architekten momentan sehr en vogue ist das
total veränderbare und adaptionsfähige Ge-
bäude.
Daß die Realitäten anders beschaffen sind, als
sie vorauszusehen sind, zeigt am besten das
Beispiel von Les Halles", welche in besonderem
Maße geeignet waren, alle jene Aktivitäten auf-
zunehmen, für welche nun ausgerechnet das
eben beschriebene Gebäude errichtet wird und
welche nun doch aus Prestige- oder politischen
Gründen abgerissen werden trotz aller Multi-
funktionalität, welche diesen vor etwa 100 Jahren
von dem Architekten Balturd errichteten Bauten
zweifellos innewohnte.
Bei der öffentlichen Diskussion anläßlich der
Bekanntgabe des Wettbewerbsergebnisses fiel
deshalb auch der Einwand gegen das preis-
gekrönte Projekt, man hätte gleich die Hallen
stehenlassen können, da diese denselben Grad
von Flexibilität bieten würden.
Das Hauptgebäude umfaßt beinahe zehn
Bodenfläche. Es soll täglich von ca. 10.000
schen besucht werden und beherbergt
einem Museum und einer großen öffeni
Bibliothek Ausstellungsräume für aktuell
Iässe, temporäre Ausstellungen, eine Expe
tiergalerie, ein Zentrum für akustische und
kalische Experimente das den zu den
Yorker Philharmonikern abgewanderten Kt
nisten und Dirigenten Pierre Boulez wiedei
Paris zurückbringen soll, weiters Film-
Theatersöle, ein Restaurant usw.
Die einzelnen Stockwerke sind innerhal
ca. 50 Meter großen Spannweite vallka
stützenlos. Dies wird dadurch erreicht, da
vertikalen Strukturen, Versorgungseinricht
und der Publikumsverkehr zwischen den
nen Geschossen auf die Außenseite des
des beschränkt bleiben.
Die Funktionen des Gebäudes selbst finc
dem angeschlossenen platzartigen Freiraur
natürliche Fortsetzung. Hier sollen tern;
Ausstellungen, Information, Konzerte, St
theater, Paraden usw. stattfinden. Diese,
den Aktivitäten entlang dem Rand des PI
wie Läden, Cafes, Restaurants, Kinderspiel
usw., sollen das Centre Beaubourg mit den
der Stadt verbinden. Die auf den Platz geri
Fassade bietet überdies in Form von
schriften, Film- und TV-Transparenten st
wechselnde Information, News, Filme usw.
Centre Beaubourg, Paris". Architekten
Rogers Arnp. Preisgekrönter Wettbe
entwurf, 1971
Centre Beaubourg, Paris". Situation im
bild Weiterentwicklung des Wettbe'
projektes
Centre Beaubourg", Paris
L'i'
jjii; 11m!
läiiäßßßllli E111
..
ilßl.
ZIÄXHITKT III
751- 431i Ciäfl?
Qii 1511 II
.,.E.I'L'?EEIIEI 111-111; ixiai-
323-1 im
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LOCATION DES ACTIVITES
ßec Imprlmuric 05. an Ateliers reslaurnlion oeuvrns
Büd iniormnllquu B4 sxposllions tsmporairus
B967 IIIQIYM -l0umilHlll' B7 bibllombque
B909 Dllßlibllion-ädilinn A3 calalerla Du restauunl
C0 divoclion-gaslion B6 "M360
C23 C23 sorvicos mcliux B83 documonlalion vacharchas
C3 ca suvvoillance a1 conlrol A3 mmuum
gigwvv
XQÄViTiVQQÄ?
Cenire Beuubourg, Paris". Schematischer Längs-
schnitf des Proiekles
Centre Beuubourg, Paris". Querschnitt durch
den Museumsbereich
Cenfre Beaubourg, Paris". Querschnitt durch
das akustische Forschungszentrum
50
w-ßvgvv
wäi
Cenfre Beaubourg, Paris". Modellfofo
Cenfre Beaubourg, Paris". Fassade gegen den
Platz mit Proiekfionsflöchen
Centre Beuubourg, Paris". lnnenonsicht des
Proiekies
VUE INTERIEURE INDIQUANT LE TOIT DE VERRE
e... 1...,
"47 1.3.5
ilnnnyy
3,1 ÄI-.IIII
u-q-EEEEF."
Ein Kunstzentrum in Salzburg
Der Gedanke eines Salzburger Kunstzentrums
geht natürlich von vornherein von völlig anderen
Voraussetzungen aus, und jeder Vergleich muß
auf den ersten Blick als gesucht erscheinen.
Der Unterschied liegt jedoch nicht in einer
grundlegenden Verschiedenheit der Konzeption,
sondern in der Verschiedenheit der urbanen
Charakteristik, die jeder Stadt eigen ist, gleich
ab Weltmetropole oder, wie im Falle Salzburgs,
deren kulturelle Bedeutung abgesehen von
seinen geographischen und baukünstlerischen
Qualitäten nicht zuletzt auf dem glücklichen
Umstand beruht, daß Mozart in diesen Mauern
geboren wurde.
In der Tat nehmen die bildenden Künste im
Vergleich zur überragenden Bedeutung der Fest-
spiele tür das kulturelle Leben der Stadt einen
äußerst bescheidenen Platz ein.
Wohl sind durch die Sammerakademie in den
Jahren seit deren Gründung wichtige Impulse
ausgegangen, doch die räumliche lsoliertheit und
die wahlberechtigte Betonung auf den schuli-
schen Charakter dieser Institution begrenzen
deren Einfluß in ihrer Wirkung auf die künstle-
rischen Aktivitäten in der Stadt.
Hier liegt die Chance, die Notwendigkeit und
die Bedeutung dieses Kunstzentrums für Salz-
burg die Totalität des Kunstgeschehens zu ver-
deutlichen.
Gewiß wird das Hauptgewicht der künstlerischen
Ereignisse während der Festspielzeit immer bei
der Musik, dem Theater liegen, aber auch hier
zeigen gerade Produktionen der letzten Jahre,
z. B. Inszenierungen von Kokoschka, von Tin-
guely, daß die zeitgenössische bildende Kunst
in immer stärkerem Maße integriert wird.
Eine der wesentlichsten Aufgaben dieses Kunst-
zentrums wird jedoch sein, das kulturelle Leben
aus seinem Saisoncharakter herauszuführen.
Die Lage
Für die Situierung eines Kunstzentrums in Salz-
burg sind bisher mehrere Plätze in Betracht
gezogen worden. Vorschläge, außerhalb des
engeren Stadtbereiches nach Möglichkeiten zu
suchen, scheinen im Hinblick auf den besonderen
Charakter der Stadt als Fußgängerstadt ver-
fehlt. Anderseits scheint eine weitere Verdich-
tung des Festspielbezirkes ebenfalls nicht wün-
schenswert, abgesehen davon, daß gewisse var-
geschlagene Standorte schon aus Raummangel
auf Schwierigkeiten stoßen würden.
Ein Freigelände ausreichender Größe ist im
Zusammenhang mit dem eigentlichen Gebäude
eine unabdingbare Forderung.
Aus all diesen Gründen erscheint der hier als
Standort vorgeschlagene Teil des Zwerglgortens,
der zur Zeit sowohl in seiner Gestaltung als
auch Funktion völlig vernachlässigt ist, allen
Anforderungen in idealer Weise zu entsprechen.
Der Platz liegt noch im Zentrumsbereich, ist
jedoch im Grünen und räumlich nicht beengt.
Gewisse bestehende Einrichtungen, wie der kleine
Ausstellungspavillon ehem. Vogelhaus, das ba-
rocke Freilichttheater auf der Bastei, die im
Mirabellschloß untergebrachte Stadtbibliathek
und das geplante Barockmuseum, könnten in
idealer Weise miteinbezogen werden. Eingänge
sowohl von der Seite des Mirabellgartens als
auch van der Schwarzstraße her garantieren
eine maximale Erreichbarkeit.
Bauliches Konzept
Es ist deutlich, daß bei einem Neubau an dieser
Stelle mit größter Behutsamkeit vorgegangen
werden muß.
So ist der hier vorgeschlagene Entwurf denn
auch kein Gebäude", die äußere Erscheinung
ist vielmehr eine aus dem bestehenden Niveau
in mehreren Ebenen höhergeführte Serie von
Terrassen. Diese sind begehbar und sollen als
Freiausstellungsflächen dienen; Blumen und
Sträucher trennen die einzelnen Niveaus. Be-
sonders wurde darauf Bedacht genommen, doß
kein einziger Baum geopfert werden muß.
Beinahe die Hälfte des Bauwerkes ist unter der
Erde, jedoch so angeordnet, daß mittels Glas-
oberlichte ausreichendes Tageslicht in die
Räume geführt wird. Ein weiterer Teil ist in die
bestehende Bastei eingebaut, und zwar in einer
Weise, daß an der äußeren Erscheinung mit
Ausnahme des Eingangs an der Mirabellgarten-
seite überhaupt nichts verändert wird.
Von der Schwarzstraßenseite ist vom Gebäude,
außer dem Eingang, nur eine mit Gras bewach-
sene Böschung sichtbar. Ein kleiner Steg auf
einer der oberen Terrassen schafft die Verbin-
dung mit der Bastei, auf der sich das barocke
Freilichttheater befindet.
Innere Organisation
Zwischen den erwähnten beiden Eingängen er-
schließt sich über mehrere Ebenen ein Komplex,
welcher vielfältigsten Aktivitäten Raum bietet.
Im Zentrum des Gebäudes sind die eigentlichen
Ausstellungsräume, über mehrere Niveaus ver-
teilt, verschieden hoch und von oben beleuchtet.
Ein im Untergeschoß angeordneter, ebenfalls
von oben belichteter Mehrzweckraum bietet Mög-
lichkeiten für Veranstaltungen verschiedenster
Art, von Mal- und Zeichenkursen für Kinder bis
zu Tagungen usw. Der Vorführ- und Vortrags-
saal ist stark abgetreppt, um beste Sicht- und
Hörbedingungen zu gewährleisten. In beson-
derem Maße sollen ideale Bedingungen für Film-
vorführungen geschaffen werden, um hier eine
zweite Heimstätte des ausgezeichneten Wiener
Filmmuseums zu schaffen.
Ein weiterer Saal ist unter der Bastei vorge-
sehen, vom Mirabellgarteneingang direkt er-
reichbar. Dieser Saal ist für festliche Anlässe,
Diskussionsrunden, Seminare usw. gedacht.
Gegenwärtig wird untersucht, ab das im Kriege
beschädigte riesige Panoramagemälde von Hu-
bert Sattler mit der Ansicht von Salzburg eben-
falls hier untergebracht werden könnte. Wenn
es sich bei diesem Gemälde auch künstlerisch
um kein bedeutsames Werk handelt, so wäre
doch denkbar, es im Rahmen eines audiovisuel-
len Mehrzweckraumes als panoramaartigen Hin-
tergrund anzubringen, vor den nach Bedarf
Proiektionsflächen vorgezogen werden könnten.
Die in diesem Projekt unterzubringenden Funk-
tionen sind zur Zeit noch recht unvollständig
erfaßt so wäre noch etwa an eine Nachschlage-
bibliothek gedacht, an ein Schallplattenarchiv mit
Abspielstudios, weiters selbstverständlich an ge-
nÜQend große Manipulotiansräume, Garagen,
Lager usw.
Eine Cafeteria steht sowohl mit den Ausstel-
lungsräumen als auch mit einer davorliegenden
Terrasse in Verbindung.
Der umliegende Freiraum zwischen den Wänden
der Basteien und den Terrassen des Kunstzen-
trums kann in idealer Weise für Aktivitäten im
Zusammenhang mit diesen verwendet werden,
seien es Konzerte, Theateraufführungen, Aus-
stellungen usw. Der im Park befindliche Kinder-
spielplatz soll auch ausgebaut werden und eine
besondere Bedeutung bekommen.
Dieses Projekt kann nur ein erster Schritt in
Richtung auf eine Verwirklichung sein. Viele
Studien müssen noch gemocht werden, viele
äußere Umstände und Bedingungen werden
noch bedeutsam werden, bevor ein Salzburger
Kunstzentrum" Wirklichkeit werden wird so
soll das hier vorgestellte Projekt Grundlage für
Programm und Diskussion, für Konzept und Or-
ganisotion sein.
13
"I1 Kunsizenfrum Salzburg. Perspekfivischer
12 Kunslzenfrum Salzburg. Erdgeschoß
"I3 Kunsizenlrum Salzburg. Kellergeschoß
Unser Autor
Wilhelm Holzbouer
Architekt
A-1OIO Wien
Franziskcnerolufz
Herbert Moritz
Kommunikation durch
Kunst Salzburgs Projekt
für ein neues Kunstzentrum
Wenn man pessimistischen Kulturphilosophen
glauben darf, treibt die moderne Großstadtge-
Seilschaft unaufhaltsam ihrer vollkommenen Des-
integration und Atamisierung entgegen. Apoka-
lyptische Bilder, die iedoch häßliche Wirklich-
keit werden, wenn wir das Leben in den Groß-
wohnbauten, in den Wohnmaschinen unserer
Tage näher ins Auge fassen Hunderte Menschen
existieren unter einem Dach, ohne einander zu
kennen, ohne aneinander Anteil zu nehmen,
ohne Wissen um die Freuden, Sorgen und Lei-
den der anderen; wie oft sterben Menschen in-
mitten dieser menschlichen Ballung, und die
Mitbewohner nehmen den Leichnam erst nach
einer Woche wahr. Kälte und Herzlosigkeit in-
mitten architektonischer und technischer Perfek-
tian.
Die städtische Gesellschaft muß also wieder
eine Gemeinschaft werden. Eine neue humanere
Architektur, eine mehr auf das Du bezogene Er-
ziehung, eine mehr als formale Religiosität, viel-
leicht auch der Sport, können dazu ihren Bei-
trag leisten. Wer aber wie ich in einer Stadt
wie Salzburg lebt, in der die Akkorde Mozart-
scher Musik aus allen Ecken zu hören sind und
die spielerische Lebensfreude des Barock noch
immer das Bild beherrscht, wird die Kunst im
Kreis der um Kommunikation bemühten Fakto-
ren nicht missen wollen, eine Kunst freilich, die
nicht nur in heiligen Hallen für Minderheiten
zelebriert wird, sondern aus den Höhen ästheti-
sierender Verklärung und des fetischisierten
Fremdenverkehrskommerzes herabgeholt und
eingefügt werden muß in den Alltag der Men-
schen, durch die diese Stadt erst wirklich lebt.
Darum scheint es mir kein Zufall zu sein, daß
gerade in einer Stadt der hallenden Kirchen
und prunkenden Festspielhäuser der Ruf nach
einer neuen Stätte der kulturellen Begegnung
laut geworden ist, in der die überall sich re-
genden schöpferischen Begabungen vor allem
der iungen Leute nicht verschüchtert werden,
sondern sich gegenseitig ermutigen und mit der
breiten Bevölkerung kommunizieren können.
Salzburg wird also in zwei bis drei Jahren ein
neues Kunstzentrum bekommen.
Die Diskussion über dieses Kunstzentrum ist
nun schon einige Jahre im Gange. Die Verzöge-
rungen, die sich in dieser Zeitspanne verber-
gen, entmutigen uns nicht. Sie versetzen uns
wie sich ietzt herausstellt in die glückliche Lage,
die Ergebnisse der mitunter heißen Debatten
aufzunehmen, die sich allenthalben um eine
neue soziale Funktion der Kunst entzündet ha-
ben. So hat man im kulturpolitischen Arbeits-
kreis des Europäischen Forums Alpbach 72 das
Wort von einem Prozeß der Kunst" gehört,
nach der Beniaminschen Formulierung, daß Kul-
tur ist, was man uns antut, Kunst, was man tut".
Kunst kann sich heute nicht auf Erhebung und
Erbauung der Wissenden beschränken Be-
reiche übrigens, in die sie die Säkularisation
erst in den letzten zweihundert Jahren verbannt
hat. Man fordert heute von Kunst nicht weniger
als die Emanzipierung des einzelnen und die
Humanisierung der Gesellschaft. Sie soll Sozia-
lisation ermöglichen, Kreativität freisetzen, Fle-
xibilität erproben und Partizipation als kommu-
nale Aufgabe praktizieren. Worum es bei all
diesen Begriffen des Soziologen-Deutsch geht
die Menschen durch gemeinsame künstlerische
Erlebnisse einander näherzubringen, aber nicht
nur durch passiven Konsum, sondern wenn
möglich durch tätige Anteilnahme.
Was ist nun in Zusammenhang mit diesen
Diskussionen, bei den vielen Gesprächen über
das Salzburger Kunstzentrum an konkreten Vor-
stellu-ngen herausgekommen?
Das künftige Kunstzentrum soll kein Musen-
tempel werden, der das Publikum zu ehrfurchts-
voll-schweigender Huldigung der Künste ver-
pflichtet; eine Verpflichtung, die lästig fällt und
der es sich meist durch Absenz zu entziehen
pflegt. Das Kunstzentrum wird vielmehr eine
lebendige Stätte der Begegnung der verschie-
denen Künste, der Künstler mit dem Publikum
sein, ein offenes und freies Haus, das als Kata-
lysator der aktiven Kräfte unsererer Gesell-
schaft wirkt und dazu beiträgt, Kunst in allen
ihren Formen in den Alltag der Menschen zu
integrieren. Es soll helfen, die Barrieren zu
überwinden, die die Kunst, vor allem zeitgenös-
sische Kunst, von den Menschen trennen. Es soll
die Menschen ermutigen, Kunst nicht nur pas-
siv, sondern selbstschöpferisch zu erleben. Es
wird in diesem Kunstzentrum Ausstellungen ge-
ben der Mangel an Ausstellungsmöglichkeit
in unserer Stadt war ia der Ausgangspunkt der
Bemühungen, ein neues Kunstzentrum zu schaf-
fen. Themen dieser Ausstellung werden nicht
nur die verschiedenen bildenden Künste, son-
dern möglicherweise auch die Wissenschaften
und die Technik sein. Die Ausstellungen sollen ia
das Kunstwerk nicht isolieren, sondern im Zu-
sammenhang mit anderen kulturellen Leistungen
zeigen. Aber neben Ausstellungen wird das
Kunstzentrum Heimstätte des tätigen künstle-
rischen Experiments, wird es Laboratorium künst-
lerischer Arbeit sein, um das Publikum möglichst
unmittelbar am künstlerischen Schaffensprozeß
zu beteiligen. Das Kunstzentrum soll, wie es
Bert Brecht drastisch ausgedrückt hat, dem Pu.-
blikum das romantische Glatzen abgewöhnen",
es soll es vielmehr anregen, selbst etwas zu tun.
Diese Feststellungen scheinen mir im gegen-
wörtigen Stand der Diskussion über das künf-
tige Salzburger Kunstzentrum notwendig zu sein,
weil vor der Entscheidung über die umstrittene
Frage des Standorts Klarheit über die Funktion
der neuen Einrichtung bestehen muß. Gerade
in dieser Hinsicht hat die von mir vor mehr als
drei Jahren geforderte Wiederbelebung der Dis-
kussion über die schwelende Frage einer neuen
Heimstätte für die bildende Kunst einen völligen
Wandel der Auffassungen, eine ganz neue Far-
mulierung der Aufgabe gebracht. Besonders
dankbar bin ich, daß die in der Architekturklasse
der Internationalen Sommerakademie für bil-
dende Kunst versammelten weltberühmten Archi-
tekten und Städteplaner die von meinen Mit-
arbeitern und mir auf Grund eingehender Stu-
dien erstatteten Vorschläge bereits in zwei Se-
minaren gründlich unter die Lupe genommen
und kommentiert haben. Sa unterschiedlich die
Auffassungen der Professoren Frei Otto, Gut-
brad und Pierre Vago über den künftigen Stand-
ort sein mochten, so einhellig ist ihre Meinung
über die Funktion des Kunstzentrums eine Be-
zeichnung, die sie ebenso wie wir nicht als end-
gültig ansehen wollen Der Berliner Gutbrod
kreierte für sie mit spree-städtischer Schlagfer-
tigkeit den Begriff des Kreativschuppens".
Thomas Munro, der hervorragende Theoreti-
ker der amerikanischen Kunsterziehung, hat schon
vor Jahren den Grundsatz geliefert, aus dem
wir die Aufgabe unseres Kunstzentrums abzu-
leiten versuchen, daß nämlich keine der Künste
für sich allein existieren kann, sondern nur im
wechselseitigen Austausch und vor dem Hinter-
grund einer geselligen Gemeinschaft. Auf der
Suche nach dieser geselligen Gemeinschaft bei
den Bemühungen um eine Integration des Kunst-
zentrums in die städtische Gesellschaft vereini-
gen wir uns mit dem Streben, die historische Alt-
stadt Salzburgs lebendig zu erhalten, sie vor
der City-Bildung zu bewahren.
55
em neuen Zentrum wollen wir den Men-
Kunst unmittelbar vor Augen führen, sie
Passanten gleichsam in den Weg stellen,
olcherweise Tag für Tag als Alltagsnotwen-
eit an diesen Umgang gewöhnen. Dadurch
an wir, dem Publikum das Tor zu zeitgenös-
er Kunst weit zu öffnen. Diese neue Form
Museums soll dem Bewegungstrieb der mo-
Gesellschaft entgegenkommen, wobei
Vlöglichkeit besteht, dem ebenfalls vorhan-
tn konträren Bedürfnis nach Meditation und
emplation angesichts eines Kunstwerks durch
ihrung eines stillen Tages" pro Woche zu
irechen. Neben Ausstellungen und prakti-
Übungen in bildender Kunst vor allem
der Schuliugend hat man bei solchen im
nen von Ausstellungen glänzende Erfahrun-
gemacht soll es also im Kunstzentrum
irische Veranstaltungen und experimentel-
lheater, musikalische Improvisationen und
;entlich auch einen Multi-Media-Zirkus ge-
wofür ia in Salzburg bereits hoffnungs-
Ansätze bestehen. Technische Einrichtun-
für akustische Effekte und Projektionen, ein
es Filmstudio sollen ebenso zur Verfügung
in wie eine Biblio- und Diskothek. Eine Ca-
ia soll Möglichkeiten der Erholung, Erfri-
ig und des intimen Gesprächs bieten. Eine
'ige Voraussetzung ist die größtmögliche
rancais Antoine Danreiter, Gantzer Prosoect
"es Hoch-Fürstl. Lust-Garten zu Mirabell in Saltz-
urg wie solcher von Mittag anzusehen"
Variabilität der Räume, die sich den verschie-
denen Zwecken leicht und ohne Umstände an-
passen lassen müssen.
All das soll dazu beitragen, neue Wege der
Publikumsbeteiligung zu erschließen. Wenn die
Deutung eines Kunstwerks einen Beitrag des
Betrachters zum schöpferischen Akt darstellt,
dann obliegt es dem modernen Museum, anstatt
den Betrachter auf ein eindimensionale inter-
esseloses Wohlgefallen zu verpflichten, eine Viel-
zahl van Bezugssystemen anzubieten, die Re-
zeption zu ihrer Selbstbestimmung mündig zu
machen, wie es Werner Hofmann ausgedrückt
hat. Durch das Erproben verschiedener Deu-
tungsmöglichkeiten soll sich das Publikum seiner
Wahlentscheidung gegenüber der Kunst bewußt
werden.
Mit diesem Versuch, Aufgabe und Funktion
des Kunstzentrums auf einen konkreten, auch im
internationalen Maßstab gültigen und doch für
Salzburg spezifischen Nenner zu bringen, dürf-
ten die Ausgangspositionen für die Standart-
wahl bezeichnet sein. Es bieten sich derzeit der
Zwerglgarten, das lnnere des Mönchsbergs, et.
was weniger der Raum um die Orangerie des
Mirabellgartens und iener hinter der Pferde-
schwemme auf dem Sigmundsplatz an. Unver-
nünftig, weil mit angemessenen Mitteln nicht
realisierbar, sind Überlegungen, die kurzerhand
das Justizgeböude, das Mirabellschlaß ode
Kongreßhous für das Kunstzentrum okkup
wollen.
Ich bedauere es, daß die Diskussion urr
neue Salzburger Kunstzentrum, deren bist
Ergebnisse ich hier zu skizzieren versuchte
bis dato eigentlich nur zwischen den veranl
lichen Mandatoren sowie zwischen den beft
Abteilungen der Landes- und der Stadtve
tung einerseits und einer begrenzten Fac
andererseits abgespielt hat. Die Salzburge
fentlichkeit ist stumm geblieben. Da sie zum
nicht unberechtigt klagt, in gewissen
lichen Angelegenheiten mit weittragenden
gen vor vollendete Tatsachen gestellt zu we
wiederhole ich meine Einladung an die
ler und Architekten, an die Kunstinteressit
an die Jugend, überhaupt an die Bürger
und Bürger, aber auch an die Freunde
Stadt in aller Welt, ihre Meinung zum
zentrum kundzutun, zu argumentieren un
kritisieren, damit wir, gestützt auf eine wi
breite und demokratische Basis, entscheiden
nen. Schließlich soll das Kunstzentrum nach
fessor Vago Paris, der uns sa viele wer
Ratschläge gegeben hat, zum Unterschied
den Festspielhäusern, etwas für die Salzb
und die große Mehrheit ihrer minderprivili
ten Gäste sein.
Unser Autor
Landesrat Dr. Herbert Moritz,
Salzburger Landesregierung,
Kulturabteilung,
5010 Salzburg, Chiemseehof
umu". 11m5 m. 1,45 rh-n Blllfxxifllb?" in äfalh; I'm yrmrulr
ist"; nnSu rllvm.
ß-zß-a" "MM- nrrirav-"ß"
IZÄ.,. a-u 5'53- 41 w.
... s.
..1
Elisabeth Rücker
Das moderne Kunstbuch-
Geistesgut und Ware
Anmerkungen 1-3
Buch und udihandel in Zahlen. Ausgabe 1971. Hrs vom
Börsenverein des deutschen Buchhandels Frankftlrtd. 1971
Die Verhältnisse in Usterreidi sind denen in Deutschland
infolge der Verlagsverflechtungen gleichzusetzen.
DuMant Dokumente" und DuMonl Aktuell".
Seit Anbeginn der Buchdruckerkunst ist das
Büchermochen kaufmännischem Kalkül und volks-
wirtschaftlichen Bedingtheiten genauso eng ver-
bunden wie dem Engagement zur Verbreitung
von Geistesgut. Das gilt bis in unsere Tage und
auch für das Kunstbuch, das sich daher an
seinen Absatzmärkten orientieren muß und in-
nerhalb der verschiedenen Wirtschaftssysteme
unterschiedlich geplant wird. Dem europäischen
Kunstwissenschaftler und Kunstliebhaber stehen
für die Beschattung seiner Literatur im wesent-
lichen vier verschiedene Herkunftsbereiche zur
Verfügung die englischsprachige Produktion aus
Großbritannien und den USA, die im Vergleich
hierzu teurere da mit kleinerem Absatzmarkt
arbeitende deutschsprachige Herstellung in
der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und
der deutschsprachigen Schweiz, das auf Export
und Devisen orientierte Kunstbuch der Ostblock-
länder und die Bücher aus den romanischen
Ländern. Skandinavien und die Niederlande
drucken sowohl in den Landes- als auch in den
europäischen Hauptsprachen.
Daß es sich bei der Herstellung von Büchern um
einen ungemein vielschichtigen, in beständiger
Umwandlung begriffenen Prozeß handelt, wird
schon aus einigen einfachen statistischen Ver-
gleichen ersichtlich, die eingangs zur Orien-
tierung erlaubt seien. Der Börsenverein des
deutschen Buchhandels macht auf der Grundlage
der Wöchentlichen Verzeichnisse" der Deut-
schen Bibliographie alljährlich einen statistischen
Überblick, dessen ietzt vorliegende Ausgabe für
1971' zugleich eine zusammenfassende Aus-
wertung über die letzten zwanzig Jahre Verlags-
wesen in der Bundesrepublik Deutschland ein-
schließlich Westberlins bietetz. Danach be-
schleunigt sich in Zeiträumen von ieweils einem
halben Jahrzehnt die gesamte Buchproduktion
1951-1955 um 16,5 Prozent
1956-1960 um 20,1 Prozent
1961-1965 um 26,9 Prozent
1966-1970 um 36,5 Prozent
Diese Akzeleration trifft auch für den verhält-
nismäßig kleinen Anteil, den das Kunstbuch im
gesamten Verlagswesen einnimmt, zu; denn zu
Anfang der fünfziger Jahre entfielen auf das
Kunstbuch zwischen 2,3 Prozent und 2,9 Prozent,
ab 1957 über Prozent, wobei 1965 mit 3,7 Pro-
zent der Höchststand erreicht wurde. Aktuell,
also für 1971, beträgt der Anteil des Kunstbuches
3,3 Prozent an der gesamten Buchproduktion;
das Mittel der letzten zwanzig Jahre liegt bei
3,2 Prozent.
Der Anteil der vom Verleger so begehrten Neu-
auflagen ist auf dem Gebiete der Kunstge-
schichte, gemessen an anderen Disziplinen, er-
heblich geringer. Er beträgt 1971 nur 7,2 Prozent,
während der Durchschnitt innerhalb der Gesamt-
praduktian bei 18 Prozent liegt. Außerdem ist
dieses Verhältnis stark rückläufig, da es 1951 auch
beim Kunstbuch noch 28 Prozent betrug.
Bedenkt man, daß die meisten Neuauflagen bei
den Reiseführern aller Gattungen zu verzeichnen
sind, so muß man feststellen, daß die Neu-
auflage eines Kunstbuches zu den verlegerischen
Glücksfällen zählt und die deutsche Produktion
auf diesem Gebiete hauptsächlich aus Neu-
erscheinungen besteht.
Das verlegerische Abenteuer vergrößert sich
noch durch die Herstellungskosten, die, gemes-
sen am Bogenpreis, beim Kunstbuch am höchsten
sind, nämlich DM 2,95. lm Buchpreis allerdings
liegen Naturwissenschaften, Medizin und Biblio-
thekswesen an der Spitze, bedingt durch die
allgemein höhere Seitenzahl.
Für einen kurzen Überblick über das so viel-
schichtige Gebiet des modernen Kunstbuches,
dessen Niveau von der seichten belletristischen
gegenüber den
vorangegangenen
fünf Jahren
Betrachtung bis zur differenziertesten spezial-
wissenschaftlichen Abhandlung reicht und sich
in einer Verkaufsspanne von ca. DM 2.50 bis
DM 5000.- bewegt, wird eine schematische Unter-
teilung in zwei große Gruppen vorgenommen.
Das Buch als reines Verlagsobiekt
1. Die mehrbändige Kunstgeschichte, in Zusam-
menarbeit von Spezialisten ihres Faches ge-
schrieben, ist heute nur noch von großen Ver-
lagsunternehmungen zu bewerkstelligen. Hinter
der völligen Neubearbeitung der Propyläen-
Kunstgeschichte steht nach den Verlagszusam-
menlegungen der letzten Jahre der Springer-
Konzern. Die hervorragend gearbeitete Reihe
Universum der Kunst"wird im deutschen Sprach-
raum vom Verlag C. H. Beck, München, betreut,
ist iedoch in bezug auf ihre hervorragende
Ausstattung bei relativ günstigem Preis nur auf
Grund einer internationalen Zusammenarbeit
möglich. Der enorme Arbeits- und Kostenauf-
wand für gutes Abbildungsmaterial rechtfertigt
die Übersetzungen. Preisgünstig, aber sehr kan-
ventionell in der Aufmachung und leider nicht
immer sehr vorbildlich in bezug auf die Repro-
duktionen, ist die englische Pelican-History of
Art", die auch österreichische und deutsche
Fachwissenschaftler als Autoren engagiert hat.
Verdienstvoll sind die großen Weltkunstgeschich-
ten der Verlage Holle und Belser, die zu er-
staunlich niedrigem Preis gute Werke herausge-
bracht hoben. Allen diesen vielbändigen, die
Weltkunst umfassenden Reihen ist gemeinsam,
daß sie sowohl für die Wissenschaft als auch
für den gebildeten Laien geschrieben wurden,
und daß ieder Band ein in sich abgeschlossenes
Thema behandelt und auch einzeln gekauft
werden kann. Zu dieser Gattung gehört auch
das Malerei-Lexikon des Kindler-Verlages.
2. Während der letzten Jahre ist auch auf dem
Gebiete der Kunstgeschichte das wissenschaft-
liche Buch als Paperback immer häufiger ge-
worden. Beispielhaft in dieser Gattung sind die
verschiedenen Reihen des Verlages M. DuMont-
Schauberg, Köln, die Quellentexte zur Kunst-
geschichte und vor allem zu aktuellen Proble-
men der Kunst des 20. Jahrhunderts behandelni.
Der kunsthistorische Essay über ein einzelnes
Meisterwerk, so wie ihn ab 1956 der Reclam-
Verlag mit seinen Werkmonographien zur bil-
denden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek"
sehr Verdienstvoll ediert hat, stößt bei weitem
nicht mehr auf das breite lnteresse wie noch vor
einigen Jahren, so daß diese billige, gute,
wissenschaftlich ernste, aber für ein breites
Publikum verfaßte Publikation neuerdings nicht
weitergeführt wird.
3. Die zahlreichsten Titel auf dem Gebiete der
Kunst erscheinen als Städte- und Landschafts-
bücher, die sowohl als zusammenhängende
Kunstgeschichte wie auch als Reiseliteratur ver-
öffentlicht werden und in ieder Niveauhähe an-
zutreffen sind, vom iournalistischen Plouderton
bis zur exakten fachwissenschaftlichen Darstel-
lung. In dieser breitgefächerten Sparte des
Kunstbuches sind noch die meisten Neuauflagen
zu verzeichnen. Spitzenleistungen liefert seit
einem halben Jahrhundert der Deutsche Kunst-
verlag, Berlin, mit seiner bewährten Reihe
Deutsche Lande Deutsche Kunst".
4. Die mannigfaltigste Sparte innerhalb des
Kunstbuches bilden die Handbücher für den
Sammler. Hier sind die englischen Verleger am
einfallsreichsten, denn sie können es riskieren,
Bücher ausgefallenster Thematik herauszubrin-
gen, wie über das Sammeln von Riechfläsch-
chen, Knöpfen oder Schnupftabakdosen; be-
achtlich ist die Fülle der größeren und kleineren
Bände mit Anleitung zum Sammeln von Porzel-
57
lan, Glas und Silber. Hier spiegelt sich das tra-
ditionsreiche englische Sammlerleben augenfäl-
lig wider, was so weit führt, daß bei ähnlichem
Interesse deutscher Autoren diese ihre Arbeiten
zur Erstveröffentlichung ins Englische übersetzen
lassen, damit sie überhaupt erscheinen können,
wie die kunst- und kulturgeschichtliche Arbeit
über das Taschentuchf. lm deutschen Sprachraum
widmet sich dieser Sammlerinteressen der Braun-
schweiger Verlag Klinkhardt 8. Biermann, und
das schon seit der Jahrhundertwende. Die in-
zwisdien auf fast 50 Bände angewachsene Reihe
in Neubearbeitung Bibliothek für Kunst- und
Antiquitötenfreunde" ist eine verlegerische Mei-
sterleistung, die in Zusammenarbeit ieweils mit
den besten Fachwissenschoftlern zustande ge-
kommen ist.
5. Zu den Grundpfeilern der Kunstgeschichte ge-
hören Künstlermonographien und Cfuvreverzeich-
nisse. Diese Standardwerke der Forschung wer-
den heute nur noch zum Teil von den Verlagen
allein realisiert. Allerdings gibt es auch populäre
Künstlermonographien, die einen größeren Käu-
ferkreis erreichen. Die kritischen Werkkatalage
sind im allgemeinen nur dann noch als reine
Verlegerobiekte realisierbar, wenn es sich um
Graphikkataloge alter und moderner Meister
handelt, die auch vom Kunstmarkt benötigt
werden. Aktuelles Beispiel hierfür in Österreich
ist die Edition Tusch, die ursprünglich im altre-
nommierten Schroll-Verlag erschien, seit kurzem
aber selbständig ist. Erstaunlich ist es, daß in
dieser teuren Buchgattung der Monographien vor
wenigen Jahren es einigen italienischen Verlagen
gelungen ist, hier Bücher mit guten Farbabbildun-
gen und fachwissenschaftlich einwandfreien Tex-
ten zu konkurrenzlos niedrigen Preisen anzu-
bieten?
6. Sehr unterschiedlich im Wert ist das Kunstbuch
als Bilderbuch" in seinem wissenschaftlichen
oder auch volksbildnerischen Nutzen. Diese Bil-
derbücher" existieren als Künstlermonographien,
bestehend aus Abbildungen mit einer kurzen
wissenschaftlichen oder allgemein formulierten
Einleitung. Sie existieren als repräsentative Über-
blicke über die Spitzenstücke großer Kunstsamm-
lungen, wo gerade die Ostblockländer aus-
gezeichnete und preisgünstige Publikationen
auch in deutscher Sprache liefern. Innerhalb
dieser Kunstbuchgattung bürgern sich die Lizenz-
ausgaben mit Übersetzungen in verschiedene
Sprachen immer mehr ein, eine erfreuliche Ent-
wicklung und wissenschaftlich fundierte Ergän-
zung zu den Reiseführern. Problematisch sind
dieienigen Bilderbücher", denen man es an-
merkt, daß die Verleger Klischees zusammen-
gestellt haben, um ein repräsentatives Ver-
kautsobiekt für einen auf dem Gebiete der
Kunst unsicheren Käufer zu produzieren. Wenn
es den Herausgebern dann noch gelingt, pro-
minente Fachleute für einen Einführungstext zu
gewinnen, so daß deshalb wissenschaftliche
Bibliotheken gezwungen werden, diese Werke
ebenfalls kaufen zu müssen, kann man sie nur
als das ärgerliche Kunstbuch" bezeichnen.
7. Das teuerste Kunstbudi ist das Faksimile,
das sich fast ausschließlich der Reproduktion der
großen Bilderhandschriften des Mittelalters und
der Renaissance annimmt, es gibt aber auch
Faksimiles von Meisterwerken der Handzeich-
nungen des 20. Jahrhunderts, wie beispielsweise
von Henry Moore's Shelterbook. Größtenteils
sind diese Veröffentlichungen eine verdienstvolle
Leistung, da sie Unikate multiplizieren und
außerdem diese Kostbarkeiten in ihrem derzei-
tigen Erholtungszustand für die Nachwelt be-
wahren. Besonderes Verdienst hat sich auf die-
sem Gebiet die Akademische Druck- und Ver-
lagsanstalt in Graz erwarben. Für ihre Reihe
58
Codices Selecti" arbeiten die besten Fachwis-
senschaftler. Leider gibt es auf dem Gebiet der
Faksimileherstellung auch unerfreuliche Ergeb-
nisse, wenn beispielsweise für die Reproduk-
tionen nicht sorgfältig gearbeitet wird und man
das Format verändert. Der Reprint spielt beim
Kunstbuch nicht die Rolle wie bei anderen Fä-
chern, es liegen nur einige Zeitschriften im
Reprint vor, üblicher hingegen ist der Neudruck
einzelner Zeitschriftenaufsätze guter Autoren
unter einem zusammenfassenden Titel, so daß
ein quasi neues Buch entsteht.
Das subventionierte Buch
l. Die Veröffentlichung großer wissenschaftlicher
Arbeiten, gleichgültig ob es sich um Einzelfor-
schungen oder um Teamwork für Speziallexika
handelt, sind ohne ein Mäzenatentum nicht mehr
durchführbar. Große Stiftungen, wie die Deutsche
Forschungsgemeinschaft, die Fritz Thyssen-Stif-
tung, die Stiftung Volkswagenwerk und die
Kress Foundation, arbeiten mit Verlagen zu-
sammen, um das Erscheinen beispielsweise des
Reallexikons zur deutschen Kunstgeschichte",
des Lexikans zur christlichen lkonographie" oder
des traditionsreichen Handbuches der Kunst-
denkmöler", kurz Der Dehio" genannt, zu er-
möglichen. Der Fritz Thyssen-Stiftung ist in Zu-
sammenarbeit mit dem Prestel-Verlag, München,
die große Reihe zur wissenschaftlichen Erschlie-
ßung der europäischen Kunst des 19. Jahrhunderts
zu danken, und die Kress Foundation ediert in
hervorragender Weise ihre eigenen Sammlungs-
bestönde und kann diese Kataloge an die gra-
ßen Museen der Welt verschenken.
2. Eine besonders erfreuliche Art des guten
Kunstbuches gelingt einigen wenigen Firmen an-
läßlich ihrer Jubiläen oder zum Jahreswechsel.
Hervorragende Beispiele hierfür sind das Werk
von D. Leistikow über die Haspitalbauten in
Europa aus zehn Jahrhunderten", ermöglicht
durch die Werke C. H. Boehringer Sohn in lngel-
heim, das Buch Vom Wachs", herausgegeben
von den Farbwerken Hoechst, und die ausge-
zeichnet bebilderte Reihe mit mehrsprachigen
wissenschaftlich fundierten, trotzdem allgemein
verständlichen Texten Kunst aus Österreich",
getragen von der Vöslauer Kammgarnfabrik.
Der Kunstkalender mit hervorragenden Repro-
duktionen und ebenso guten Texten als Weih-
nachtsgeschenk von Banken und Versicherungen
gehört längst zum guten Kunst-Buch".
3. Große Bedeutung kommt einigen wenigen
Vereinen zu, die mit dern Ziel gegründet wur-
den, wissenschaftliche Kunstbücher herauszuge-
ben. Es sind dies in Deutschland der Deutsche
Verein für Kunstwissenschaft in Berlin, in der
Schweiz die Gesellschaft für schweizerische
Kunstgeschichte. Die Beiträge der Mitglieder
dieser Vereinigungen garantieren eine jährliche
Mindesteinnahme, und die Vereinsvorstände ge-
währleisten als Experten den wissenschaftlichen
Wert der Veröffentlichungen, so daB diese Ver-
eine zu ihren eigenen Einnahmen fallweise Zu-
schüsse von Stiftungen, Privatpersonen oder auch
der öffentlichen Hand erwirken können. Auch die
große Anzahl der historischen Zeitschriften muß
in diesem Zusammenhang erwähnt werden, da
die kunsthistorische Lokalforschung in diesen
Periodica bestens aufgehoben ist. Ähnlich in
seiner Zielrichtung wie diese Vereine, nur in viel
größerem Rahmen, ist in Großbritannien die
Institution of Her Maiesty's Stationery Office
tätig. Sie ediert eine Fülle großer und kleiner
Veröffentlichungen der britischen Museen, die
sehr preisgünstig sein können, da dieser Heraus-
geber ohne Gewinn arbeitet.
Anmerkungen
M. Braun- onsdorf The History of the handkerchief. Leigh-
an-Sea Lewis 1967.
Classici dell'Arte" bei Riuoli Editare in Mailand, z. B.
Buchbesprechungen
Paul Vogt Geschichte der deutschen Malerei im
20. Jahrhundert". 592 Seiten mit 68 Farbtafeln
und 315 einfarbigen Abb., Zeichnungen.
Künstlerverzeichnis und Bibliographien. Format
24 28 cm. Verlag M. DuMont-Schauberg, Köln
1972. DM 120.-.
Ob das Wagnis, die Geschichte der deutschen
Malerei des 20. Jahrhunderts im Jahre 1972 aus dem
Nahobiektiv des Zeitgenössischen und des
unmittelbar Vergangenen darzustellen, geglückt ist,
wird erst in einem halben Jahrhundert beurteilt
werden können. Die Kunst vor dem zweiten Welt-
krieg wird dabei wohl am gültigsten dargestellt
erscheinen. Die Auswahl der Zeitgenossen ist
naturgemäß subiektives Bekenntnis, persönliches
Erlebensresultat, eingeschränkt durch regionale und
besondere Aspekte des Verfassers. Sie sind dennoch
repräsentativ und gerade in der Subjektivität der
Auswahl faszinierend. Hervorragende Farb-
tafeln, eine ausgewählte Bibliographie, die den
Interessierten zu weiterem Studium anregt.
AMK-Prädikat Handbuch, aktuell, populärwissen-
schaftlich. KR
Corpus Vitreorum Medii Aevi Österreich, Band
ll, Niederösterreich, 1. Teil
Frodl-Kroft, Eva Die mittelalterlichen Glasge-
mälde in Niederösterreich, 1. Teil Albrechtsberg
bis Klosterneuburg.
Bibliographie und historische Dokumentation, be-
arbeitet von Erno Lifsches-Horth. Mit Beiträgen
von Walter Koch und Manfred Wehdorn. Im
Verlag Hermann Böhlaus Nachf., Wien, Köln,
Graz. Quart. LX, 239 Seiten, XXl Tafeln davon
farbig, 168 Bildseiten mit 940 Abb., zahlreiche
Textabbildungen. Leinen. 1972. ÖS 1200.-.
Als zweiter Band der österreichischen Reihe einer
großen internationalen Unternehmung, die unter
der Mitwirkung des internationalen Kunsthistoriker-
Komitees und mit finanzieller Förderung der UNESCO
den gesamten europäischen Bestand an mittelalter-
licher Glasmalerei erfassen soll. Die von Eva Frodl-
Kraft betreute gründliche topographisch gegliederte
Bestandsaufnahme der niederösterreichischen Glas-
gemölde von Albrechtsberg bis Kloslerneuburg ist mit
wissenschaftlicher Gründlichkeit durchgeführt
worden. Es ist nur zu hoffen, daß diese ungewöhn-
lich groß angelegte Reihe in dieser monumentalen
Form bis zum Ende durchgezogen werden kann.
Jede Scheibe ist ausführlich beschrieben und
abgebildet. Die Katalogtexte sind durch ausführliche
Beschreibungen der Erhaltung und Farbigkeit sowie
durch ikonographische Notizen erweitert. Die acht
Farbtafeln sind von hervorragender Qualität.
Quellen in extenso, Rekonstruktionszeichnungen mit
ganzen Verglasungen, ein Anhang über verschollene
Werke, ein ikonographisches und ein Sachregister
neben dem Personen- und Ortsverzeichnis runden
das Werk zu einer höchsten Ansprüchen
genügenden Leistung. Freilich ist auch der Aufwand
beträchtlich. Es ist kaum zu erhoffen, derartige
Aufwendungen für Bestandsaufnahmen auf anderen,
mindestens ebenso bedeutsamen Gebieten der
Kunstdenkmöler zu ermöglichen.
AMK-Prädikat kunsttopographische Bestandsauf-
nahme, allen wissenschaftlichen Ansprüchen
entsprechend, höchste drucktechnische Qualität.
Kurt Rossacher
Werner Spies, Rudolf Hoflehner Kriauer
Kreaturen. Verlag Anton Schroll 8. Co
Wien-München, 1971, 82 Seiten, öS 380.-.
Eine Bestandsaufnahme des graphischen Werkes
Rudolf Hoflehners. Der umfangreiche einleitende
Aufsatz van W. Spies geht von der Plastik des
Künstlers aus. Beschreibend und analysierend
versucht der Autor, Haflehners Abrücken von diesem
Schaffen zu ergründen. Auch die graphischen
Vorläufer der Radierungen und Lithographien
s. S. 59 ff.
Unser Autor
Dr. Elisabeth Rücker,
Direktor der Bibliothek des
Germanischen Notionalmuseums,
D-Nürnberg 85, Kartäusergasse
nz Wagner
mstbuch
er Bilderbuch!
ir gegenwärtigen Situation
Kunstbuches
are sich gebildet wähnende Gesellschaft fühlt
verpflichtet, an bildender Kunst und deren
chichte laut und deutlich interessiert zu sein.
stille, ernsthafte Kunstfreund, der wahre
iteur hat sich aus dem Massenbetrieb zu-
gezogen, auch der Typus des klassischen
es scheint ausgestorben. Persönliche Mei-
wird von der Gesellschaft nur dann ge-
tzt, wenn sie im Strame dessen mitschwimmt,
ietzt und in dieser Minute zufällig in" ist.
er spiegelt sich solche Auffassung nicht sel-
in mancher Verlagstätigkeit auf dem Gebiet
schönen Kunstbuches", des Bildbandes".
soll also nicht berichtet werden von Ab-
ilungen der reinen Wissenschaft, die Zeug-
geben von der Tätigkeit der Forscher und
ab und zu van entscheidender Bedeu-
sein können. Die Wurzel der St. Galler
kirche" oder Eine illustrierte Martianus-
ella-Handschrift des Mittelalters" kann eben-
iteressant sein wie KeItertretermotive in der
rschweiz" oder Die Anfänge des Land-
ftsgartens in Deutschland". Sie dienen der
irheitsfindung wie in anderen Bereichen Be-
ftigungen etwa mit Störfaktoren im briti-
Außenhandel" oder mit Beringungsver-
en an Mopsfledermäusen". Seitenlange Be-
zibungen spätgatischer Foltenwürfe aber
stilistische Ableitungen aller einzelner Blät-
ines Kapitells, verbunden mit den komplizier-
Satzkonstruktionen, werden nur gähnende
ieweile hervorrufen.
nserem glorreichen Jahrhundert der Kunst
ille" wenden sich Berufene und Unberufene
ben diese alle, es ist en vogue, Erwachsenen-
ing zu betreiben. Und so ist für den Kunst-
1d, auch wenn er sich öfters von einem
sanften Schnarchen einiger älterer Damen
rmalten Vortrag in einer Volkshochschule
aseln läßt, ein reiches Angebot des Buch-
lels ausschlaggebend. Daß dabei in unserem
PCIIEFI Zeitalter dem Bild, der Fotografie, der
ldung außergewöhnliche Bedeutung zu-
nt, ist offenkundig.
vielen Bildbänden ist als eigenartige Ten-
zu vermerken, daß nicht mehr zwischen
Zufälligen und dem Wesentlichen unter-
den wird. Geistige Grundhaltung dafür ist,
Kunst immer zieht" und doß der
endige finanzielle Aufwand ein möglichst
iger sein soll. Rezept Als charmanter Ver-
besuche man Landeskonservatoren und
aumskustoden und erbitte aus deren Foto-
leihweise Fotografien; man nehme alles
drucke. Eines der sichtbaren Ergebnisse
stdenkmäler in Österreich, ein Bildhand-
Salzburg, Tirol und Vorarlberg" Deut-
Kunstverlag, München, 1965. Aus einem
er wissenschaftlichen und künstlerischen Ge-
apunkten ausgewählten Bildmaterial der
nantesten Denkmäler der Kunst" ist kein
dliches Nachschlagewerk" geworden, son-
eine kleinformatige und sicher unnotwen-
Bildchensammlung für den Sozialtourismus.
anderes Rezept Zu einer größeren Anzahl
iheitlicher Fotografien bitte man einen gro-
Mann, mindestens Ordinorius an einer Uni-
tät, um einführende Worte"; den erläu-
len, arbeitsmäßig umfangreichen Textteil
lasse man huldvoll einem iungen Kunsthi-
storiker ihm kann man das Honorar vorschrei-
ben, dem Ordinorius nicht. Bei architektoni-
schen Plänen, die den Textteil bereichern, ist der
Reiz einer graphischen Spielerei wichtig, unter-
einander gleiche Größe im Maßstab wie dessen
Angabe ist wegen Vermehrung der Kosten zu
vermeiden. Die Fotografien verwende man nicht
so, wie sie vom Fotografen ausgearbeitet wur-
den; Scheitelspitzen von Gewölbeschlüssen kön-
nen, wenn es für das Format des Buches günsti-
ger ist, ruhig abgeschnitten" werden. Verein-
zelte Farbfotografien haben die Jahreszeit in
der umgebenden Landschaft festzuhalten, aber
nichts über die spezifische Farbigkeit des Kunst-
werkes auszusagen. Bei Architekturaufnahmen
pflege man die Unart der stürzenden Linien.
Eines der sichtbaren Ergebnisse Europäische
Baukunst, Gotik" Umschau Verlag, Frankfurt am
Main, 197i. Ob so eine deutliche Vorstellung
von dem entsteht, was wir gotische Baukunst
nennen", kann für die Leute des Umschau Ver-
lages zutreffen, für den nicht vorgebildeten
Leser" wohl kaum.
Hunderttausende von Knipsern haben die Ar-
chitekturfotografie fast schon zu Tode geschas-
sen", einige wenige aufrechte Könner sind an
den Fingern abzuzählen. Hier geht es nicht um
Bild-Gestaltung", nicht um Motive", hier geht
es um eine einwandfreie Dokumentation eines
Textes", der klar und deutlich ablesbar sein
soll. Die Mühen mittelformatiger oder gar groß-
formatiger Negative unabdingbare Voraus-
setzungen guter Druckvorlagen werden nur in
seltenen Fällen auf sich genommen. Eine vor
dem ersten Weltkrieg erschienene großformatige
Mappenreihe Die Baukunst" Spemann-Verlag,
Berlin war damals hoch berühmt und ist heute
zu Unrecht vergessen; wenn die Bildauffassung
dieser Aufnahmen verbunden werden kann mit
dem heutigen hohen Stand der Fototechnik und
der Druckqualität, dann entstehen iene Abbil-
dungen, die in vielen Bildbänden Seltenheits-
wert besitzen. Als Beispiele seien die Aufsätze
von Eva Frodl-Kraft in Heft 411967 und von Pe-
ter Michels in Heft 171969 der Zeitschrift lnter-
nationale Phototechnik" früher Großbildtech-
nik", im gleichnamigen Verlag, München ange-
führt; sie geben genaue Hinweise, ihre Beach-
tung wäre vielen Verlegern zu empfehlen.
Eine hohe Qualität der Abbildungen zeigt der
Bildband Das Chorherrenstift St. Florian"
Rudolf-Trauner-Verlag, Linz, 1971. 161 sorg-
fältig ausgewählte Abbildungen noch Foto-
grafien von Max Eiersebner zeigen die ba-
rocke Architektur in hervorragenden Fassaden-
aufnahmen und in vielen charakteristischen De-
tails und die im Stift verwahrten Hauptwerke
aus Malerei, Plastik und Kunsthandwerk. Von
den sieben Farbbildern bestechen die Detailauf-
nahmen aus Altdarfers Sebastians-Altar und aus
Martin Altomontes Wasserwunder Masis". Eine
aufschlußreiche Auswahl aus der originalen In-
nendekoration und Möblierung der Kaiserzim-
mer macht den imperialen Anspruch eines öster-
reichischen barocken Reichsstiles" deutlich. So
wirkt der Band fast als verdichteter Kern eines
großen lnventarbandes und gibt allen Sehenden
vorzüglichen Einblick in das künstlerische We-
sen dieses oberästerreichischen Klosterschlosses.
Kefermarkt, Höhepunkt spätgotischer Schnitz-
kunst", ist seit 1904, seit der ersten Auflage der
Arbeit von Florian Oberchristl, ein dem Fotogra-
fen stets willkommenes Thema. Der oben ge-
nannte Max Eiersebner hat sich während seiner
beruflichen Laufbahn auch immer wieder mit
dem Flügelaltar in der Pfarrkirche zu Kefer-
markt auseinandergesetzt. Für einen vom Ru-
Fortsetzung s. S. 89
Buchbesprechungen
werden eingehend erörtert, die Verwandtschaft
in der Arbeitsweise der früheren Federzeichnungen
mit den Druckgraphiken aufgezeigt. Spies, der eine
sehr flüssige und anschauliche Sprache schreibt,
nimmt auch man kann das nicht hoch genug
einschätzen andere geistige Bezüge der Zeit in
seine Stellungnahmen hinein, so daß ein leicht
überschaubarer Zusammenhang mit der Kultur-
situation, aus der die Werke entstanden sind,
hergestellt wird.
Es folgt eine größere Anzahl ganzseitiger Wieder-
gaben von Graphiken, die, da es sich um Strich-
techniken handelt, der Druck gut zur Geltung bringt.
Im anschließenden Guvre-Katalog, der von
K. Sotriffer zusammengestellt wurde, sind sämtiiche
Radierungen und Lithographien seit 1965
zusammengefaßt. Genaue Werkangaben begleiten
alle abgebildeten Arbeiten. Mit einem kurzen
Lebenslauf, einer Aufzählung der Ausstellungen bis
1971 und einer recht subiektiv ausgewählten Liste
der Literatur über R. Hoflehner wird der Band
vervollständigt.
AMK-Prädikat Graphikbuch, manographisch,
aktuell, orientierend, für Sammler
Alois Vogel
Das Charherrenstift St. Florian.
Text und Zusammenstellung von Otto Wutzel,
Bilder Max Eiersebner.
50 Seiten Einführun in Deutsch, Englisch und
Französisch. 153 ein arbige und acht mehrfarbige
Bilder. Rudalf-Trauner-Verlag, Linz 1971. 320.-.
AMK-Prädikat topographische Dokumentation,
Bildband von hervorragender drucktechnischer und
phototechnischer Qualität; siehe dazu unseren
Beitrag Kunstbuch oder Bilderbuch?" von
Franz Wagner. KR
Benno Ulm Das Mühlviertel. Seine Kunstwerke,
historischen Lebens- und Siedlungsformen.
Band der Reihe Österreichische Kunst-
mono raphie". 256 Seiten Text, 88 Abb. sawie
Grunärisse und alte Stiche im Text, Karte.
Verlag St. Peter, Salzburg 1971. 235.-,
DM 33.70, sfr 39.50.
Wie die übrigen Bände dieser Reihe ein handlicher
Reise ührer, der über die knappen Texte des
Dehio hinausgeht. Die eingestreuten durchwegs
guten Abbildungen treten, gottlob, hinter den
Umfang des Textes zurück, so daß die heutige
Tendenz der Umfunktion zum Bilderbuch vermieden
ist.
AMK-Prädikat topographisch, volksbildend und
orientierend. KR
Max Eiersebner Kefermarkt, Höhe unkt
spätgotischer Schnitzkunst. Geschic te, Aussage
und Würdigun des gotischen Flügelaltares von
Kefermarkt un der Nachfolgewerke in
St. Michael und Waldburg. 23 Seiten Einführung
in Deutsch, Englisch und Französisch, 198 Abb.,
davon vierfarbig. Format 27 31 cm. Rudolf-
Trauner-Verlog, Linz 1970. 395.-.
AMK-Präciikat Werksmonographie, dreisprachig,
Bildband van hervorragender drucktechnischer und
phototechnischer Qualität. Siehe unseren Beitrag
Kunstbuch oder Bilderbuch?" von Franz Wagner im
gleichen Heft. KR
Juan-Eduordo Cirlot Pablo Picasso Das
Jugendwerk eines Genies". Vorwort von Juan
Ainau de Lasarte, Direktor der Kunst-
museen in Barcelona. Editorial Gustavo Gili,
Barcelona 1972. Deutsche Ausgabe, 288
Seiten, 64 Farbtafeln, 900 einfarbige Abb., Index
und Bibliographie. Format 24 29 crn. Verlag
M. DuMont-Schauberg, Köln 1972. DM 98.-.
Der Band umfaßt vor allem jenen Komplex von
Werken, die Picasso seiner Heimatstadt Barcelona
vererbt hat. Es ist die Zeit seiner Ausbildung bis zu
seinen ersten kubistischen Bildern. Wir erkennen
daraus schon den Umfang der schöpferischen
Begabung, wir lernen, wie auch er Schritt für
Schritt tun mußte, um zur umfassenden
Beherrschung des Materials und der Techniken zu
gelangen. Das Frühwerk läßt iedoch noch nicht iene
Weitere Buchbesprechungen s. S. 89
59
Künstlerprofile
60
Trachtengruppe, 1967, Bronze,
35 cm
Vermählung, 1968. Marmor, 200 cm
Opterstein, 1969. Konglomerat,
200 cm. Symposien Lindabrunn
Opfersäule, 1970. Granit, 540 Cm.
Symposien Mauthausen
Opterstein, 1971. Marmor, 100 cm
Stephan Kamenyeczky
1921 in Kunagata in Ungarn geboren, lernte
Kamenyeczky an der Akademie der bildenden Künste
in Budapest Bildhauerei. 1956 kam er nach dem
ungarischen Aufstand nach Wien, wo er bis 1961
wieder die Akademie besuchte.
Seine Arbeiten der frühen sechziger Jahre zeigen
stark das Herkommen vam Volkskundlichen.
Charakteristisch dafür ist die Bronze Kapelle", aus
dem Jahre 1964, bei der er Figuren zylinderartig
nebeneinanderreiht, so daß sie an Tatempfühle,
an ge- und beschnilzte Balken, die die Hausgiebel
tragen, an Torbalken und ähnlich gestaltete
Architekturteile erinnern, wie wir sie im Südosten
Europas, besonders auch in Rumänien, finden.
Schon hier fällt ein additives Element auf. Dasselbe
zeigt eine Trachtengruppe", 1967, nur daß sich
hier iene ovalen Ein- und Ausbuchtungen, die sich
in der Kapelle" auf die Gesichtspartien und die
Hände beschränken, selbständig machen und in
einer rhythmischen Ordnung den ganzen Körper wie
ein lockeres Muster bedecken. Der Künstler
vergleicht diese Formungen mit den Maschen eines
Hökelmusters, mit den größeren und kleineren
Löchern, die, auch in einem gewissen Rhythmus, iene
Deckerln zeigen, die die ungarischen Mädchen mit
farbigen Fäden umsüumen.
Mit den beiden geschilderten Grundmotiven, der
Stele und dem rhythmisch gegliederten Aus und Ein,
hat Kamenyeczky seinen Formenkanon gefunden,
dem er auch in deniverschiedensten Abwandlungen
und Variationen treu bleibt, wobei wir noch eine
Phase, die sich Ende der sechziger Jahre bemerkbar
macht, berücksichtigen müssen, in der der Künstler,
offenbar durch indische Skulpturen beeinflußt, zu
einer außerordentlich üppigen Ausdrucksweise
kommt. Wülste und polsterartige Gebilde wölben
sich, oft wie von der Last, die auf sie drückt,
zusammengepreßt, aus den Steinen. Schon mit dem
Pörchen", 1968, deutet sich aber wieder eine
Vereinfachung der Formen an. Der 1969 beim
Symposien Lindabrunn geschaffene Opferstein"
leitet eine ganze Reihe von Opfersteinen und
Optersüulen ein, die in ihrer Konzeption auf die
stelenartigen Figuren der Gruppe Kapelle"
zurückführt. Haben schon iene pfahlartig aneinander-
gereihten Gestalten etwas Bollwerkartiges, an eine
Palisade Erinnerndes, so wird eine Arbeit wie die in
Lindabrunn entstandene Skulptur, mit ihren
schießschartenähnlichen Einformungen den Festungs-
charakter noch mehr betonend, zu einem Symbol
der Abwehr und ist ganz gleich, ab dem Künstler
bewußt oder unbewußt aus dem Jahrhunderte
währenden Verteidigungskampf der Ungarn gegen
die Türken zu verstehen. Formal immer strenger
werdend, bleibt schließlich ein Turm mit axial
angeordneten Basteien. Die Skulptur wird zum
zweckfreien architektonischen Mal, das zum
Meditations- und Besinnungsobiekt wird.
Daneben scheint aber gerade auch iene Fülle an
Ballungen, die in der indischen Kunst ihren Ursprung
hat, in Kamenyeczkys Werk untergründig weiter-
zugehen, denn die Vereinigung der Götter",
Ugor" und zwei neue, wieder mehr dem Figuralen
der menschlichen Gestalt, auch dem Kopfe, der
Büste, sich nühernden Figuratianen zeigen einen
starken Zug in diese Richtung, wenn auch
gewissermaßen mit den architektonischen Werken
korrespondierend, eine starke Komponente zum
Symmetrischen vermerkt werden kann.
So sehen wir in Kamenyeczky, der längst
österreichischer Staatsbürger geworden ist und
dessen Skulpturen vom Unterrichtsministerium, der
Stadt Wien und der niederösterreichischen Landes-
regierung angekauft wurden, einen Künstler, der
sowohl im Kreativen als auch im Essentiellen vom
Osten eine starke Prägung erfuhr und diese in den
mitteleuropäischen Raum weiterträgt.
Alois Vogel
Werkstatt Breitenbrunn. Hauszeichen
Wil Frenken, gerate
Elfe Frenken, Holzreliefs
Wil Frenken, Ein Stuhl Zum Solan-
tisch des Hauses Schlager aus Dra-
senhofen. Aktionsdruck, Reihe Um-
gebungsdrucke, 22. Mai. 1970
Wil Frenken, Hängende Steine".
Einfahrt des Hauses Frenken und
Ausstellung Österreichische Kunst
70", Graz
Elfe Wil Frenken
Ein Sand-, Buch und Baumspieler
Eine vorrangige Stellung im burgenlöndischen
Kulturleben nimmt die bildende Kunst ein, gewachsen
aus einem tradierten Kunsthandwerk und
historischen Produktionsstätten. Das vorerst
fehlende potentielle Publikum für das Kunstschaffen
ließ in dieser Kulturlandschaft ein eigenwilliges,
weil eigenständiges Spannungsfeld zwischen Graz
und Wien entstehen, das sich in vielen Einzel-
initiativen manifestiert. Eines der Beispiele ist die
Werkstatt Breitenbrunn von Elfe und Wil Frenken.
Elfe und Wil Frenken gründeten vor rund drei
Jahren die Galerie und Werkstatt Breitenbrunn,
bestimmt für mixed media, ausstellungen, bücher,
aulorenstayings, meetings". Ein Besuch in dieser
Werkstatt wird vorgefaßte Vorstellungen umwerfen,
egal wie sie geartet sind. ln einem uralten Bauern-
hof, man findet darin immerhin drei Rauchkuchln",
bemühen sich die beiden Künstler, das Haus vor
dem Verfall zu retten und in der Folge es auch
bewohnbar und benutzbar zu machen. Und wenn
sich Wil Frenken als drucker, sandspieler, bücher-
macher, holzarbeiter, baumspieler und steinarbeiter"
bezeichnet, ist dies keine vollzählige Sammlung von
Berufsbezeichnungen. ln diesem Steinkasten mit
verwirrend vielen Räumen, Gängen und verborgenen
Eingängen trifft man die Frenkens immer bei der
Arbeit, und nicht nur bei künstlerischer, sondern an
der Mischmaschine, bei Verputzen oder bei
Zimrnermannsarbeiten. Doß in diesem Aufbau einer
Wohnstätte gleichzeitig und mit derselben
Einstellung auch schöpferische Produktionen laufen,
liegt im Lebensrhythmus dieser Leute.
Und seltsam erscheint, daß die beiden mit ihren
drei Kindern innerhalb der Dorfgemeinschaft keinen
Fremdkörper bilden; man kennt und anerkennt sie.
Verblüffend vor allem ist, daß sich hier aus einem
Nichts langsam ein Zentrum künstlerischer Produk-
tivität entwickelt, das dank des Fehlens völkischer
Tradition im Burgenland keinem Konkurrenzneid
ausgesetzt ist.
Der Werdegang Wil Frenkens ist bezeichnend für
die Aktivitäten der Werkstatt Breitenbrunn. 1935
in Kleve in Deutschland geboren, begann er 1960 mit
Phasendruckreihen, die er ietzt, in verschiedenen
Editionen veröffentlicht, fortsetzt; so etwa eine
Mappe mit Baumdrucken, die eine Querschnitts-
entwicklung eines Baumstammes darstellen, reiz-
voll in der sich natürlich entwickelnden Struktur
der Stammscheiben und in der künstlichen Form-
gebung. Daneben steht gleichberechtigt die Stein-
arbeit, die Edition van Texten, Umgebungsdrucke,
das Sandspiel. Bei der Frankfurter Buchmesse
1970 hatte die Edition der Werkstatt Breitenbrunn
einen eigenen Stand, auf dem sie ihre lch-Bücher"
und Baumdrucke" vorstellte. Die Verbundenheit
mit den künstlerischen und literarischen Traditionen,
dokumentiert auch in einer romantischen Einstellung
zu den Existenzgrundlagen, zeigt sich im
verbreitetsten Büchlein der Edition Breitenbrunn, das
von einem Stuttgarter Kleinslverlag im Offset-
verfahren gedruckt wurde. Ridl Radl Model
Spruch aus dem Burgenland" enthält das
Formenrepertoire der einheimischen Lebzelter und
Wachszieher, verbunden mit Kinderreimen und
Bauernsprüchen, deren Poesie, Witz und hinter-
gründiger Ernst" über die nur volkskundliche
Relevanz dieses Büchleins hinausführen.
Die Möglichkeiten der Werkstatt Breitenbrunn
ließen sich vorerst nur andeutungsweise skizzieren,
am Beispiel der Veranstaltungen, die von einigen
tausend Besuchern im Jahr miterlebt werden. Was
im steirischen Kulturgefüge nicht mehr möglich
scheint, das gelang den Frenkens in Breitenbrunn
Die Weiterführung der in lokalen Traditionen
gewachsenen Produktionen in eine neue Begriffs-
welt des Schöpferischen als Ausgleich für die
verschiedenartigsten Zwänge, die aus der
Gesellschaft erwachsen. Aus diesem günstigen
Zusammenspiel der Kräfte wächst iedenfalls ein
vielversprechendes Zentrum einer neuen Begegnung
zwischen dem unbelasteten Volkstümlichen und dem
Aufbrechen zeitgenössischen Kunstschaffens.
Manfred Mixner
Aktuelles Ku nstgeschehen, Wien
Museum des 20. Jahrhunderts
Revalutionsarchitektur
Gemini G.E.L. Graphik und Objekte
Ergänzt durch Beispiele der Architektur des Dritten
Reiches vor allem von Albert Speer, übernahm das
Wiener Museum die zuerst für die Kunsthalle in
Baden-Baden zusammengestellte Ausstellung
Revolutionsarchitektur". Unter diesem Terminus
versteht man nach der begrifflichen Bestimmung
der zwanziger Jahre eine wesentliche Tendenz der
französischen Architektur gegen Ende des 1B. Jahr-
hunderts. Die Hauptvertreter der Revolutians-
orchitektur waren Etienne-Louis Boulee 1728-1799,
Jean-Jacques Lequeu, Claude-Nicolas Ledaux
1736-1806 und Jean-Jacques Tordieu. Aus den
Beständen der französischen Nationalbibliothek
zeigte Wien annähernd 150 Handzeichnungen,
Entwürfe und Proiekte dieser gleichermaßen kühn
wie progressiv denkenden Architekten. Ihre Utopien
waren einfach zu gewaltig, um finanziell bedeckt
beziehungsweise was ebenfalls wiederholt vor-
kom technisch ausgeführt zu werden. Sieht man
von einzelnen Einflüssen auf Baukünstler des
19. Jahrhunderts ab, so wurde die Revolutians-
architektur erst 1930 wissenschaftlich entdeckt und
ausgewertet. Der Wiener Emil Kaufmann hatte
dabei mit seinem wichtigen Buch Von Ledoux
bis Le Corbusier" wesentlichen Anteil. Er spricht in
seiner Begriffscharakteristik u. a. vom Verzicht auf
Dekor, dem unverhiillten Bekenntnis zu den
einfachsten stereometrischen Gebilden, ihrer
Strenge, dem Streben nach schroffer Monumentalität
und ihren symbolischen Absichten, fußend auf dem
rationalistischen und demokratischen Geist der
Aufklärung, in entscheidender Abkehr von den
Vorstellungen des Barocks." Keine spektakuläre,
doch eine spezifisch unterrichtende Schau.
Dem Heute gewidmet war die nachfolgende
Ausstellung von Graphiken und Obiekten
Multiples der bekannten Gemini-Druckwerkstätten,
Los Angeles. Das 1965 gegründete Studio kannte
sich durch seine hervorragende Qualität und kluge
Beschränkung auf die ausschließliche Herstellung
von Originalgraphik und Multiples internationales
Renommee sichern. Wenn die Ausstellung auch
künstlerisch möglicherweise zu hochgesteckte
Erwartungen etwas dämpfte, so bot sie dennoch
aufschlußreiche Informationen, konfrontierte sie
doch mit kleineren" Werken iener großen Namen,
die den Ruhm der USA als Kunstnation in jüngster
Zeit wesentlich mitbegriindeten. Von Josef Albers
über Sam Francis, Jasper Johns, Elsworth Kelly,
Roy Lichtenstein, Claes Oldenburg und Ken Price
bis hin zu Robert Rauschenberg und Franz Stella
reichte die Skala prominenter Namen August bis
September 1972 Abb. 1-3.
Secession Engagierte Kunst
1. Graphikbiennale Wien 1972
Eine verdienstvolle, in Zusammenarbeit mit dem
Europahaus Wien, der Secession und der Albertina
zustande gekommene Ausstellung, für die Mario
Decleva organisatorisch verantwortlich war.
Qualitativ bot die Schau durchweg erste bis mittlere
Qualität. Die Jury, die die drei Hauptpreise,
dotiert mit ie 15.000 an Dennis M. Rowan USA,
Julian Santamoria Spanien und Klaus Moritz
BRD vergab, konnte aus einem Kontingent von
etwa 1200 graphischen Blättern wählen, die von
über 400 Künstlern aus 42 Ländern eingesandt
worden waren. Erfreulich vielseitig die künstlerische
Interpretation und Umsetzung des gestellten Themas,
das dem gesellschaftspolitischen und sozialen
Engagement galt und den Pluralismus heutiger
gegenstandsbezogener Stilrichtungen und Tendenzen
zumeist signifikant spiegelte. Weitere Preise gingen
an Carlos lrizarry, Tetsuo Araki Japan, den
Dänen Janus Poul lpsen, Rudolf Schönwald, P.
Grünwald Großbritannien und den Wiener Helmut
Krumpel. Eine für Österreichs Kunstleben und Image
im Ausland bedeutende und daher voll unter-
stützenswerte Initiative, deren Fortsetzung geplant
ist. Ergänzend zur Ausstellung fand Anfang
Oktober ein international besetztes Symposion statt,
62
das der gleichen Thematik galt 9. 9.-8. 10. 1972
Abb. 4-6.
Stadtpark
Obiekte Subjekte Umweltgestaltung
Die von Hermann Painitz im Auftrag des Kulturamtes
der Stadt Wien erstellte Sommerschau fungierte als
prinzipiell geglückter Ausbruch aus iener Praxis
der Grünen Galerie", die zuletzt kaum mehr als
ein zufälliges Nebeneinander mehr oder minder
geglückter Plastiken bot. Da Painitz vorwiegend
iüngere, progressive Künstler einlud, konfrontierte
die Schau ausreichend mit Experimenten und
Prablematischem. Die qualitätvollste Plastik eine
elegant geformte, Strenge mit harmonischer Grazie
und Kraft verbindende Arbeit aus nichtrostendem
Stahl stammte von Erwin Reiter. Ihr benachbart,
war ein aus parallelen Röhren zusammengesetztes
Polyesterobiekt von Nyrom Maria Neureiter.
Helga Phillip dekorierte die Wasseroberfläche des
Wienflusses mii Ringen in zwei Farben; ein
schwimmendes Environment, vergleichbar den halb-
kugelförmigen Elementen, die Hermann Painitz zur
optischen Demonstration der Ergebnisse der
Nationalratswohl 1971 verwendete. Die an die
fliegenden Menschen" des Polen Broniotowski auf
der Biennale in Venedig erinnernden Auslagen-
puppen von Peter Perz wurden in Baumkronen lose
gruppiert, um solcherart den Ausbruch aus der
uniformen Gesellschaft zu symbolisieren. Während
Roland Goeschl unter Verwendung seiner bekannten
Farbkuben eine Mauer gegen die Umwelt-
verschmutzung" herstellte, versuchte Ingeborg
Pluhar mittels einer überdimensionierten,
verrammelten Brille den dialektischen Durchblick
in eine bessere Zukunft. Weiters mit von der Partie
waren Werner Würtinger, Gero Schwonberg,
Frantisek Lesäk, Robert Lettner, Hermann Klinger
und Adam Jankowski, von dessen Friedhofskreuzen
zweifellos die stärkste Provokation ausging
5. 7.-31. B. 1972 Abb. 7-9.
Galerie nächst St. Stephan
Mario Terzic
Bei der Realismus-Ausstellung der Galerie Schotten-
ring spannten sich seine Ikarusflügel als Symbol für
Freiheit und unerfüllbare Sehnsucht quer durch den
Raum. Eine Iebensgraße Nachbildung seiner selbst
mit ianusartigem Doppelkopf stand im Zentrum
einer Personale von Mario Terzic in der Galerie
nächst St. Stephan. Terzic entpuppte sich in ihr als
gleichermaßen geistvoller wie konsequenter
Obiektehersteller und Fotoaktionist. ln letzterer
Eigenschaft wird ihm von Peter Strobl assistiert. Er
konfrontiert in seinen Arbeiten mit verschiedenen
Bewußtseinsebenen, mii dem unerwarteten
Nebeneinander und der Gleichzeitigkeit von
Erkenntnis- bzw. Erinnerungsfragmenten, die in
dem vom Künstler geschaffenen Assoziationsraum
bei jedem von uns akut werden können. Besuch
der Renaissance" heißt die von Strobl fotografierte
Serie, die Terzic im selbstgefertigten Gewand aus
reiner weißer Seide in den toskanischen Gärten,
unwirklich zwischen Bäumen schreitend, festhält.
Die Spannweite, die der 1945 Geborene auf den
gefährdeten Pfaden zwischen Realem und lrrealem
beschreitet, ist im Sinne gezielter Denkanstöße
überraschend groß. Dennoch und das ist bestimmt
ein Zeichen für Qualität sind seine Arbeiten von
merkbarer Klarheit, von einer seltenen Prägnanz
des Ausdrucks. Das mit Federn überklebte Modell
eines Düseniögers symbolisiert so um ein Beispiel
konkret herauszuheben neben dem Prinzip des
Fliegens auch das der Aggression, neben dem
Technischen das Organische und Tierische. Eine
diskutierenswerte Ausstellung 7.-30. 9. 1972 Ab-
bildung 10.
Galerie Würthle Josef Engelhart
Eine Ausstellung, die gezeigt in zwei aufeinander-
folgenden Teilen die gerade für Wien künstlerisch
ergiebige Zeit um 1900 facettenreich herauf-
beschwärte. Trotz der gezeigten Breite blieb es
allerdings schwierig, Engelhart 1864-1941
zusammenfassend zu beurteilen, unterlag doch sein
Werk abgesehen von qualitativen Schwankunger
auch nach Stil und Tendenz stärkerem Wechsel
und zeitbedingten Moden. Engelhart war Porträtist
und Landschafter. Er zeichnete Veduten, malte
typische Szenen aus dem lokalen Wiener Milieu,
karikierte und skizzierte vergleichsweise spontan
weibliche Akte. Er übernahm repräsentative, dem
Ornament in typischer Weise huldigende
Auftragsarbeiten, deren wichtigste Merkmale dem
Sezessionismus und dem Jugendstil zuzuordnen sind
Engelhart blieb aber auch wiederholt einem
stereotypen Akademismus ohne sonderlichen
kunsthistorischen Stellenwert verhaftet September
1972.
Galerie Basilisk Obiekte und Graphiken
österreichischer Künstler
Eine dem Experiment, den Versuchen meist
iüngerer österreichischer Künstler, gewidmete
Schau, die als 100. Ausstellung der van Klaus
Lingens geleiteten Galerie in der Schönlaterngasse
viel Interesse fand. Lingens vereinte in ihr
Graphiken, Bilder und Objekte von Peter Gröschl,
Meina Schellander, Helmut Schober, Georg
Chaimawicz, Hubert Pfaffenbichler, Kurt Talos und
Zbynek Sekal. Viele der Genannten wurden von
Lingens in den Jahren vorher einzeln präsentiert
und für Wien entdeckt. Dies gilt z. B. für Talos,
dessen drei Bildtafeln für einen politischen Altar'
im Zentrum der Exposition standen, trifft aber auch
auf den in Italien lebenden Schober und den iungen
Niederösterreicher Gräschl zu, der in seinen
Obiekten merkbare Fortschritte verrät. Die in sie
gesetzten Erwartungen erfüllte auch Meina
Schellander. Sie legt in ihren zeitkritischen und
teilweise skurrilen Obiekten ein Bekenntnis ab, da
keinerlei Konzessionen an Gängiges verrät.
Beachtenswert auch ihre Zeichnungen und farbiger
Skizzen. Der von der Galerie in Abständen unter-
nommene Versuch, neben Bewährtem und gut-
gehenden Namen auch eine Lanze für das zu
brechen, was noch in Fluß ist, verdient Anerkennung
Juni-September 1972 Abb. 11.
Galerie in der Passage
Cornelius Kolig
Peter Weihs
C. Kolig, vor allem bekannt als Obiektdesigner und
Plastiker, beschäftigte sich neuerdings mit
Siebdrucken. Dabei interessieren ihn weniger rein
reproduktive Vorgänge, als vielmehr solche
schöpferisch-kombinatorischer Art die Möglichkeiter
der Zerlegung und des Neuaufbaues eines Motivs,
seine Verfremdung und die Verwendung verschieder
großer Rasterpunkte. Experimente dieser Art lagen
auch seinen Alpenlandschaften zugrunde, die Kolig
vorwiegend in Zustonds- und Probedrucken nun
erstmals in Wien vorstellle. Koligs romantischer,
ironischer, der Pop-art legitim zuzuordnender
Realismus besitzt in dem ihm eigenen Verfremdungs
und Abstraktiansgrad seinen besonderen Reiz
14. 7.-10. 9. 1972.
Dem 1940 geborenen Mödlinger Plastiker und
Keramiker Peter Weihs galt die nachfolgende
Schau in der von der Ersten österreichischen Spar-
Casse gesponserten Passantengalerie. Weihs
zeigte farbige Bildobiekte und Palyesterplastiken
geometrisch-abstrakter Grundhaltung. Ein Vergleich
mit den USA läßt an Tendenzen des Hard Edge
und der Neuen Abstraktion denken. Das
Charakteristische an den Bildabiekten von Weihs
ist das Verlassen rein flächiger Überlegungen
zugunsten einer fallweise auch über die
ursprüngliche Bildbegrenzung hinausgehenden
Dreidimensionalität. Dabei bedient sich der
Künstler im allgemeinen weicher, abgerundeter
Formen, die zum Begreifen im faktischen Sinne
auffordern. Er kombiniert die Elemente in
kurvigen Parallelen, mit Bedacht auf starke Farb-
kontraste, gelegentliche Positiv-Negativ-Effekte
und die in der modernen Plastik bereits fest
verankerte Gleichberechtigung von Form und Farbe
Weihs trat vor kurzem eine Lehrstelle an der
Kunstakademie in Kinshosa, Zaire, an 15. 9.45. 10
1972 Abb. 12. Peter Baum
folge 1-12
edoux, Haus der Flurwächter, um 1785, geplant für Roy Lichvensßain, Peuce Orough Chemistry", 1970, Clues Oldenburg, 1969, Mulüple
inen französischen Adelsbesiiz Farbllrhographle
Iiii
II "IHN
..h
Jennis M. Rowun, Judy", Radierung Julian Sanmmaric, Das Bombcrdemenl", Lithographie Klaus Moritz, Teiephoneß Furblilhographie
wlyrom, Obiekl Hermann Pcinitz, Dernonsfrulion der Naiionclruvswahl- Ingeborg Pluhar, Baum Objekt
ergebnisse
Auria Terziri, Kopf miO Masken 11 Meine Schellunder, Aqucrellierße Zeichnung 12 Feier Weihs, Oblekie
G3
ztuelles Kunstgeschehen Bundesländer
lzburg
nstverein in der Residenz
cole Cromier
aßformatige Olbilder und Wandteppiche.
egungen aus seltsamen Naturgebilden, etwa
einem sich schwarz gegen den Himmel
lebenden Astgeflecht, werden in dichte und
re Formelemente verwandelt. 20. 7.-20. 8. 1972.
erner Otte
strakte Gestaltung, deren Formensprache sich
lnfarmel nähert; Lieblingsgebiet Graphik,
blingstechnik Lithographie. Doch sind auch
chnungen mit aquarellierten Flächen und
biger Feder zu sehen gewesen; überzeugend,
er anderen, Stenogramm für Schlagzeug"
l2, ein aus tiefem Schwarz leuchtendes Signal
8.-20. 9..
llerie in der Goldgasse
isy Rittershaus
iierstrukturen sind wichtiger Bestandteil von
aigen Linalschnitten; in ihnen führen kontur-
eichnete Akte und Gesichter ein subtiles
enleben, Anregungen scheinen aus dem Kreis
Jean Cocteau gekommen zu sein. Unsichtbares
tbar machen" war der Titel dieser amüsanten
istellung 5. 7.-22. 7. 1972.
lerie Welz
rc Chagall
Ausstellung meiner Werke in Salzburg macht
sehr glücklich, da ich mich Mozart, meinem
nlingsmusiker, eng verbunden fühle", schrieb
Katalog der Gott aus den Olivenhainen von
wt-Paul-en-Vence. Die Chassidim lehrten daß
ll die Askese, sondern die zur Verzückung und
tase führende Freude der Weg zu Gott sei;
allem sei die berauschende Musik der Ausdruck
ies Teilhabens an Gott. Wieland Schmied hat
auf hingewiesen, daß Chagall im Motiv der
ge die Musik immer aufs neue in seine Bilder
ßvoben hat. Wir kennen sie alle, seine verliebten
ikanten, seine Madonna von Sils, seine Feld-
nensträuße, seine Flötenspieler. Doch kennen
auch seine Illustrationen, auch seine Bühnen-
er und Kostümentwürfe. Möglicherweise ist den
antwortlichen der Salzburger Festspiele bekannt,
Chagall 1967 die Ausstattung der Zauber-
an der Metropolitan Opera entwarfen hat.
re nicht ein Auftrag an Chagall der Salzburger
spiele würdig gewesen? Hätte ihn dieser
trag nid1t noch glücklicher gemacht als eine
stellung? 22. 7.-17. 9. 1972 Abb. 13.
kl-Haus am Waagplatz
1972 an die Sommerakademie für bildende
st neuberufenen Professoren stellten sich hier
neuen Arbeiten vor. Heinz Trökes, seit 1961
ylied der Berliner Akademie, leitete die
sterklasse für nonfigurative Malerei und zeigte
ilder, Serigraphien und Aquarelle. Seine stark
igen Chiffren haben sich von indianischer
amentik anregen lassen, ein Zyklus Fata
gana" ist erst vor kurzem entstanden. Auch
Werke des Bildhauers Ralph Brown, der an
seines englischen Landsmannes Kenneth
itage nach Salzburg gekommen ist, sind zum
Mal hier zu sehen. Es sind eigenwillige
afs aus Aluminium oder Bronze; charakteristisch
tas hervorragenden Können im differenzieren-
Behandeln des Materials und die Verwendung
ger, aus dem weiblichen Akt modifizierter
ien. Der Prager Goldschmied Josef Symon, der
1968 an der Wiener Angewandten" unter-
et, zeigte Schmuck aus konisch übereinander
gten Kreisformen 24. 7.-'l8. 8. 1972.
lein, Keltenmuseum
JS Klingler
er Grundhaltung expressianistisch, liebt der
Salzburger Kunsterzieher das Landschafts-
rrell und in Zeichnung oder Druckgraphik
yesellschattskritische Karikatur. Er will der
fahr des Akademismus" entgehen und vertraut
nspiration, seine Farbgebung zeigt hohe
ität 14. 7.-31.8.1972 Abb. 14. Franz Wagner
Tirol Innsbruck Galerie Taxispalais
Aspekte der neuen Sachlichkeit
Handzeichnungen und Aquarelle von Dlschinger,
Dix, Dressler, Förster, Fritsch, Großberg, Grosz,
Grundig, Hubbuch, Höch, Hirzel, Karnoldt, Klein,
Lenk, Mammen, Mense, Nebel, Radziwill, Schad,
Schlichter, Schmidt-Berg, Schatz, Schrimpf, Wacker,
Wunderwald 11. 7.-17. 8. 1972.
Kitzbühel Spielkasino
Erich Postenrieder, Malerei und Graphik
Van Kompositionen mit der menschlichen Figur
kommend, finden wir eine Konzentration auf
spezifische Linien, die zum Träger eines mehr-
wertigen Tiefensystems werden, eines Systems der
immanenten Bildidee. Querschnitte durch Räume
und Zeiten 22. 7.-5. 8. 1972 Abb. 15.
Oberösterreich
Linz Neue Galerie
Der Architekt Mauriz Balzarek
Gedächtnisausstellung zum 100. Geburtstag,
veranstaltet vom Stadtmuseum Linz. 85 Exponate
gaben über das überaus reiche Werk des
WagnereSchülers Auskunft. Arbeiten, die von der
Formensprache der Wiener Secession vor dem
ersten Weltkrieg bis zu den sachbezogenen
Siedlungsbauten der späten dreißiger Jahre zeugten.
Sdiau. 31. 8.-24. 9. 1972 Abb. 16.
Timo Huber
Spiegel des großen Welttheaters
61 Collagen und Obiekte mit starkem engagiertem
Einsatz. Der 1944 Geborene bringt Szenenaus-
schnitte" aus unserer Welt. Das Grauenhafte und
Hoffnungslose herrscht vor. Von Stenvert kommend,
bleibt hier nichts mehr von dessen positiven
Aspekten 21. 8.-24. 9. 1972.
Club der Begegnung
Hanno Karlhuber, Herbert Pasiecznyk,
Manfred Wagner
Drei Schüler Rudolf Hausners. Sehr verschieden im
Thematischen und auch Formellen. Pasiecznyk
äußerst zurückhaltend, kühl, realistisch. Wagner
ein wenig an den Amerikaner Andrew Wyeth
erinnernd. Karlhuber noch am meisten seinem
Lehrer verpflichtet 13. 9.-4. 10. 1972 Abb. 17.
Maerz Galerie am Taubenmarkt
Adolf Frohner
Der bekannte Künstler zeigte u. a. den neuen
Zyklus Bindungen" 20. 9.-20. 10. 1972.
Kärnten
Villach Galerie an der Stadtmauer
Valentin Oman
Eine wichtige Schau, die die feingestuften, mit
Brisanz gleich einem Bildstreiten ablaufenden
Liniengefüge zeigte, mit denen Oman erzählt
7.-23. 6. 1972 Abb. 18.
Hugo Wulz und Anton Thuswaldner
Wulz, erfreulich heiter, nennt seine kindlich-
phantastischen Bilder FIugviecher 8. andere".
Thuswaldners bemalte Holzobiekte sind dem Totem
nahegerückt und haben etwas Magisches 7.-23. 6.
1972.
Roland Grasser und Herbert Unterberger
In Grassers Malerei und Graphik finden wir immer
wieder den Menschen sich selbst gegenübergestellt,
montiert, kombiniert und auf eine Kürzung gebracht,
im Licht und im Schatten. Beziehungen! Unterbergers
Holzplastiken sind Raumgefüge in verschiedenen
Verkappelungen 16. 8.-9. 9. 1972 Abb. 19.
Steiermark Graz Galerie 15
Ausstellungsaustausch USA-Osterreich, für den die
Sezession Graz und der Club der Begegnung
verantwortlich zeichnen 9.-29. 9. 1972.
2. Grazer Kunstmarkt
Der heurige Kunstmarkt stand unter dem Zeichen
der Aktion. Eine der originellsten war die Holz-
tempeIkunstharzkugelanmalaktion des Wieners
Franz Milan Wirth auf dem Schloßberg. Er bemalte
dort wie bei anderen seiner Aktionen diesmal
13 Kugeln, etwa 50 cm groß 29. und 30. 9. 1972
Abb. 20.
Niederösterreich
Schloß Lengenfeld bei Krems
Johann Fruhmann
Die gezeigten Werke beweisen, daß Fruhmann mit
einmal Gefundenem und für sich als wesentlich
Erkanntem nicht bricht, es aber immer weiter
verfeinert und in neue Bereiche, etwa in die
Dreidimensionalität, treibt. Die Entwürfe für die
Sgrafitti auf den Wänden des Schlosses lassen den
Betrachter eine baldige Ausführung erhoffen.
30. 7.- 27. B. 1972 Abb. 21.
Schloß Breitenbach bei Horn
Internationales Symposion für Maler, Bildhauer,
Architekten und Dichter. Das Zentrum der
Auseinandersetzung war die Planung eines
Freizeitdarfes für Schloß Rosenau. Von den Malern
seien besonders Arnulf Neuwirth, Uta Prantl, Inge
Dick und Wolf Winiwarter erwähnt
11. 6.-3. 9. 1972 Abb. 22.
Wiener Neustadt St. Peter an der Sperr
Der Holzschnitt in Niederösterreich
1900-1972
Neben einer Anzahl wesentlicher nö. Holzschneider
der Gegenwart zeigten die Blätter von Andri, Lenz
und Stöhr, Blauensteiner, Forstner, Zakucka die
Altmeister dieser Technik. Die Brücke zu den Jungen
bilden Emma Bormonn, Fronius, Matulla und
Zülow 22. 9.-8. 10. 1972.
Lindabrunn-Steinbruch
Internationales Bildhauersymposion 1972
Teilnehmende Bildhauer Mack Beal, USA;
Dominique Stroobant, Belgien; Fumihika Takashima,
Japan; Roland Berger, Mathias Hietz, Gerald
Matzner und Hannes Turba, Österreich. Interessante
Gestaltungen; ein Zug zur Land-art" ist
feststellbar. Erstmals nahmen heuer auch vier
Schriftsteller des Literaturkreises Podium, Manfred
Chobot, Josef Maver-Limberg, Doris Mühringer
und Peter Zumpf, an dem Symposion teil Juli bis
September 1972.
Baden Beethoven-Haus
Peter Almassy, Rosemarie Benedikt, Gerhart Hrosek,
Erich Postenrieder, Kurt Ulrich Malerei, Graphik,
Keramik.
Der Kunstverein Baden stellte mit dieser Schau seine
neuen Mitglieder vor. Am stärksten waren die Graphi-
ken Pastenrieders und die Keramiken der Benedikt.
Hrosek macht es sich mit seinen Graphiken etwas
zu leicht. Ullrich, phantastisch, naiv, sehr farbig,
stellt wenig Ansprüche. Am sdiwächsten Almassy
5.-19. 7. 1972.
Anton Wichtl Malerei und Graphik
Die Graphik, oft ausholende Linien, offen, oft auch
dicht, einem Verhau ähnlich, weist starke Spannung
auf. Die Ulbilder, expressiv, pastos, zeigen eine
Handschrift, die immer ausgeprägter und
verdichtender wird 3. 9.-17. 9. 1972 Abb. 23.
Kleine Galerie am Hauptplatz
Franz Katzgraber und Siegfried Krupbauer
Katzgrabers Plastiken verdichten sich in letzter Zeit
immer mehr. Besonders einige kleinere Arbeiten
zeigten eine geballte Kraft idolhaft aufgebaut.
Krupbauers Graphiken, sehr saubere Radierungen,
sind zwar nach wie vor streng, jedoch zu ihrem
Vorteil etwas gelockerter geworden 9.-22. 6. 1972.
Susanne Moser
Die 20 Landschaftsaquarelle und Federzeichnungen
Reiseskizzen beweisen, daß mit der Moser, ganz
in der Stille, ein Talent reifte, das einer größeren
Beachtung wert wäre. Die feine Linienführung,
hauchdünne Gespinste, die sich genau an den
richtigen Stellen verdichten, oft auch leicht farbige
Tönungen geben den Blättern eine duftige
Atmosphäre 23. 45.-13. 7. 1972 Abb. 24.
Burgenland
Eisenstadf
Maria Plachky Tapisserien 21. 7.-20. B. 1972.
Stoob
In der Keramikfachschule fand ein internationales
Symposion für Keramik statt. Alois Vogel
folge 13-24
hugall, Die grünen Reflexe", Mischfechnik 14 KIQus Klingler, Im Bus", 1971, 1. Tusche
W111
luuril Bulxcrek, Proieki eines Kunsicussvellungsge- I7 Herbert Pasiecznyk, Raum der Stille", UIATemperu 18 Vulenrin Omcnn, Zeichnung, adnphcsig
öudes für Linz, 1910
2D Franz Milan Wirih, Kunsfhurlkugelanmulukiion", Graz 21 Johann Fruhmnnn, Belruchlung
Notizen
Österreichischer Staatsfeiertag 1972.
.,Offene Türen in den Bundesmuseen Wiens"
am 26. Oktober 1972
Nach einer mit besonderem Nachdruck geführten
Aktion seitens Hofrat Prof. Dr. Friedrich Langers vom
Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung,
des Leiters des do. Pressereferates, sollte diesmal
der Tag der Fahne" oder auch der Tag der
offenen Tür in den Bundesmuseen" ein echter Erfolg
werden. In allen dem Wissenschaftsministerium
unterstehenden Sammlungen lief ein wahrer
Veranstaltungsreigen ab, der das Wiener Publikum
teilweise förmlich Schlange stehen ließ vor
den Museumseingängen. Ein sicher nicht oft
geschautes Bild und im Endeffekt ein um weit mehr
als 100 Prozent stärkerer Besuch als zum gleichen
feierlichen Anlaß im Voriahr.
Neben den stehenden Aktivitäten eines ieweiligen
Museums, wie Ausstellungen, Sonderschauen
u. a. m., waren es vor allem Führungskampagnen
in Kürzestintervollen, wie beispielsweise im
Usterreichischen Museum für angewandte Kunst,
die manchmal bis in hinterste, unbesichtigbare"
Museumswinkel zogen.
Ein Mal- und Zeichenwettbewerb, den Museums-
besuchern von morgen, den heutigen Kindern,
gewidmet, war eine der besonderen Aktionen des
Naturhistorischen Museums, und die Vorführung von
Osterreichfilmen, sonstige Filmvorfiihrungen,
Fragen- und lnformationsstände und ähnliche
gängige Umwerbungsmethoden" führten manchen
Museumsdirektoren neue Möglichkeiten vor Augen,
noch stärker und noch intensiver um ihr" Publikum
zu werben, das, mit modernsten Mitteln
angesprochen, auch echt interessiert werden kann.
Dazu kamen noch Künstlergespräche und
Konfrontationen wie in der Albertina, eingehende
Blidce in Restaurierwerkstötten u. ä. m.
Alles in allem war es ein Feiertag voller Aktivitäten,
die der zuständigen Frau Ressortminister,
Dr. Hertha Firnberg, die persönlich ihre Museen
und das mit sichtlicher Freude aufsuchte, und
nicht zuletzt ihrem zufriedenen Pressechef,
Hofrat Prof. Dr. Langer, Grund sein werden, alle
Bemühungen,auf diesem Erfolg aufbauend, inZukunft
zu verstärken, um diese in der Summe unermeßlich
kostbaren Sammlungsgüter, vom Volke selber
und für dieses erworben, gesammelt, bewahrt und
gehortet, diesem auch näherzubringen und sie
ihm als kostbarstes Eigentum einer Nation ans
Herz zu legen.
Österreichische Galerie Präsentation eines
Makart-Kolossalgemäldes
Zum Nationalfeiertag am 26. Oktober 1972 zeigte
die Österreichische Galerie das vor hundert Jahren
in Wien entstandene Kolossalgemälde von Hans
Makart Venedig huldigt Caterina Cornaro"
dem Wiener Publikum nicht nur zum feierlichen
Anlaß des Tages, sondern auch einige Zeit darnach.
Das Riesenbild war Mittelpunkt der großen
Hans-Makart-Ausstellung in Baden-Baden im
heurigen Sommer und wird späterhin nach
gründlicher Restaurierung durch das Bundesdenk-
malomt in Wien in der Hermesvilla im Lainzer
Tiergarten dauernde Heimstott finden.
Vom 17. Oktober bis zum 30. November d. J.
zeigte die Usterreichische Galerie in den
Wechselausstellungsröumen im Oberen Belvedere
die Ausstellung Anton Faistauer 1887-1930".
Diese vom Kulturamt der Stadt Wien und der
Österreichischen Galerie gemeinsam mit der
Residenzgalerie Salzburg veranstaltete Ausstellung
zeigte einen umfassenden Querschnitt durch das
Lebenswerk dieses bedeutenden österreichischen
Malers.
Graz Musikalische Graphik"
ln der Galerie Moser in der Grazer Hans-Sochs-
Gasse wurde eine Ausstellung von musikalischer
Graphik der beiden Künstler Anestis Logothetis
und Roman Haubenstock-Ramati veranstaltet.
A. Logothetis zur Graphischen Notation" Die
von mir entwickelte Notation mit graphischen
Elementen ist mit iener musikalischen Graphik',
66
welche schon vorhandene Kompositionen als
Modelle für die Malerei benützte, nicht zu
identifizieren."
R. Haubenstock-Ramati zu Musik und die abstrakte
Malerei" Wird die horizontale Achse eines
Blattes als die der Zeit Zeit Raum und die
vertikale als die der Tonhöhen unten tief,
oben hoch angesehen, so werden Punkt, Linie und
Fläche die Grundelemente der abstrakten Malerei
und Graphik zu Grundelementen der Aufzeichnung
von Musik, die sich von allen außermusikalischen
Elementen befreit hat." Abb. 25, 26.
Innsbruck Phantastischer Realismus
im Ferdinandeum
Das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in
Innsbruck beherbergte vom 18. August bis
29. Oktober 1972 die im Rahmen des kulturellen
Austausches der Bundeshauptstodt Wien mit den
Bundesländern veranstaltete Ausstellung
Phantastischer Realismus" Malerei und Graphik
aus dem Besitz der Stadt Wien. Für Tirol war
dies die erste Konfrontation mit der sogenannten
Wiener Schule, die bisher nicht allzusehr Beachtung
in Tirols Kiinstlerkreisen gefunden hat. 65 Werke,
an der Spitze die Paradevertreter dieser
Kunstrichtung, veranschaulichten die Vielfalt dieser
international doch gut im Rennen liegenden
Künstlerschaft Abb. 27. Leopold Netopil
Salzburg Erich Landgrebe Bäume",
Aquarelle im Museumspavillon des
Mirobellgartens
Wie sehr iede gute Kunst zugleich abstrakte Kunst"
ist, lernen wir aus Landgrebes Bäumen. Sie
sind zugleich Symbole des Lebens und der Schöpfung.
ln den monachromen Aquarellen verlößt der
Künstler immer wieder das Abbild der Natur und
verwandelt die Baumgruppen in völlig abstrakte
Strukturen, nach oben ragend zum Lichte, vom
Sturm bedroht oder vom Schicksal gefällt Abb. 28.
KR
Wien Wettbewerb der Zentralsparkasse
Das Wiener Stadtbild"
Montag, den 18. September 1972, fand die
Preisverleihung anläßlich des Wettbewerbes Das
Wiener Stadtbild" statt. Den ersten Preis errang
der Maler Franz Zadrazil, der ein Schüler Professor
Hausners ist und der sich in seinem künstlerischen
Schaffen bisher fast nur mit dem Stadtbild Wiens
auseinandergesetzt hat. Der Künstler geht in
seiner Malweise keineswegs einer Modeströmung
nach, sondern es ist ihm ein echtes Anliegen, die
malerische Darstellung Wiens zu betreiben. Für
die Zukunft meint er, daß er die Malerei mit
surrealistischem Einschlag nicht weiter verfolgen
will, und er meint weiter, daß in Ausweitung der
Suiets der Stadtrand mit seinen Wäldern,
Schrebergärten und Feldern hinzukommen werde
und daß seine Bilder wieder härter werden.
Gemeinsam mit dem Maler Stockbauer errang
Christine Heuer, die für denselben Wettbewerb
einen zweiteiligen Simmering-Zyklus eingereicht
hat, den Preis der Zentralsparkasse". Die Künstlerin
malt ausschließlich Aquarelle, geht dabei
künstlerisch iedoch ganz anders vor, neigt aber
auch zu Stadtrandlandschoften".
Wien Preise der Stadt Wien werden erhöht
Die Förderungspreise der Stadt Wien für Kunst,
Wissenschaft und Volksbildung, die im Jahre 1947
vom Wiener Gemeinderat als Stiftung beschlossen
wurden, erfuhren eine Erhöhung im einzelnen von
20.000 auf 40.000 Schilling, im Gesamtbetrag von
bisher 200.000 auf 400.000 Schilling, was diese Preise
auch international in ihrem Ansehen steigen läßt.
WienfPuchberg Fertigstellung eines
Sgraffitos Sonnengesang 72" für ein neues
Pfarrhaus
Mit einer Erstlingsarbeit in Sgroffitotechnik stellte
sich der als Graphiker ganz bestimmter Prägung
hinlänglich bekannte gebürtige Südtiroler Ernst
Degosperi in Puchberg am Schneeberg vor.
Aus seinen international bekannten elf Zyklen z. B.
Apokalypse 63, das Lamm, das Wort usw.
entnahm er das Thema für dieses 7,5 hohe und
breite Schwarzweiß-Sgraffito. Die für ihn
völlig neue Technik eröffnete ihm auch neue
künstlerische Dimensionen, und der Künstler, der
ursprünglich fünf Wochen Arbeitszeit geplant
hatte, bewältigte die Aufgabe, man könnte sagen
in einem wahren Arbeitsrausch, in acht Tagen.
ln die Vorbereitung zu dieser Arbeit vor einem Jahr
fiel auch die hohe Auszeichnung seines Buches
Sonnengesang des hl. Franziskus" mit dem
1. Österreichischen Staatspreis. Der Künstler, dessen
Themenkreis sich vorwiegend im religiösen Bereich
bewegt und der es darin bereits zu starkem
Ansehen gebracht hat, wurde schon mehrfach
ausgezeichnet. Er veranstaltet regelmäßig
Ausstellungen, und der austrian art center" in der
Mahlerstraße in Wien eröffnete anfangs September
eine Förderungsausstellung, bei der Blätter aus
dem Zyklus Passion" van Ernst Degasperi auflagen
Abb. 29.
Wien 18. internationales Kunstgespröch
Realismus und Realität"
Die Galerie nächst St. Stephan veranstaltete ihr
18. internationales Kunstgespräch am 20. und
21. Oktober 1972 im Bildungszentrum in der
Strudelhofgasse 5. Nach einem Einführungsvortrag
von Msgr. Otto Mauer hielten bekannte
Persönlichkeiten des Kunstlebens vor allem aus der
Schweiz und Deutschland Vorträge zu Gegen-
wartsproblemen der Kunst. Unter anderem sprach
Pater F. Althaus, Kunsthalle Basel, über Hat
die Kunst innerhalb der Gesellschaft einen
emanzipatarischen CharakterZ", Bazon Brock,
Hamburg, über Der neueste Bilderkrieg der
Realienstreit der bildenden Kunst" und Klaus
Honnef, Münster, über Der emanzipatorische
oder nicht Charakter der Kunst".
Bamberg Karl Stark in der Neuen Residenz
Der österreichische Maler Karl Stark, Jahrgang 1921,
studierte u. a. in Graz bei den Professoren
W. Gössner und R. Szyszkowitz sowie an der
Wiener Akademie der bildenden Künste bei
A. P. Gütersloh und H. Boeckl, von 1956 bis 1959
übte er das Lehramt für Graphik an der Kunst-
gewerbeschule in Linz aus. Der Künstler, der
schon zahlreiche Ausstellungen im ln- und Ausland
machte, stellte hier in der Neuen Residenz der
Stadt Bamberg zum erstenmal dem deutschen
Publikum eine Auswahl seiner Gouachen vor.
Karl Stark, dem seine spezifische Malweise erlaubt,
Werke von wirklich anhaltender Schönheit" zu
schaffen, betrachtet die Kunst als ein Magisterium
im edelsten Sinne des Wortes, und man kann
sich auch der magischen Kraft, die seinen Arbeiten
innewohnt, nicht gut entziehen. Der Künstler, der
in Österreich in bestimmten Kreisen permanent als
Enfant terrible" gilt, der in zahlreichen Manifesten
Mißstände in gewissen Bereichen des Kunstlebens
angreift und solchermaßen nicht immer gerne
gesehen sein mag, ist ein Künstler, der hart
an sich arbeitet und dem die internationale
Anerkennung sicher gewiß ist. Er erfreut sich vor
allem dank des Verständnisses des großen
Kunstkenners Dr. Otto Kallir, New York, auch in den
USA einer steigenden Anerkennung, und so war
sicher auch diese erste Kollektivausstellung Karl
Starks in der deutschen Bundesrepublik ein
sichtbarer Erfolg für den Künstler Abb. 30.
Basel Hans Hanko in der Galerie Schreiner
Van einem der wirklich rührigen und immer bereiten
Förderer, Carl Laszlo aus Basel, unterstützt,
beschreitet der 1923 in Wien geborene Hans Hanko
seinen bisher nicht unbeschwerlichen künstlerischen
Weg. Als Nachkriegsgeborener in härtesten Zeiten
Vater akuter Arbeitsloser aufgewachsen,
wurde er nach freudloser Jugend sofort in den
zweiten Weltkrieg gezogen", den er als Mariner
auf Ost- und Nordsee verbrachte. Möglicherweise
wuchs in der stets von tödlichen Gefahren
Bildfolge 25-32
itterten Einsamkeit des Meeres angesichts
imerwöhrend drohenden Wassergrabes"
zim der späteren Künstlerschaft. In seinen
breiten sich oftmals die weiten Horizonte".
wahre" Expressionen, die manchmal
Chirico anklingen, doch besitzt Hans Hanko
hematischen her allein ganz prägnante
itändigkeit, die ihm erlaubt, sich sein Universum
ialen, wie seine Ausstellung in der Galerie
ner beweist Abb. 31.
aurg Erwerbungen des Museums für
und Gewerbe 1962-1971
3. Oktober bis 19. November 1972 fand hier
Museum für Kunst und Gewerbe und
stus-Brinckmann-Gesellschaft veranstaltete
llung Erwerbungen 1962-1971 aus der
eit von Lise Lotte Möller" statt. Die
illung, die zugleich Rechenschaft und Ehrung
zscheidende Direktorin Frau Dr. Lise Lotte
aßwesßn ist. bwshte euch eleißhleitig 25 Anestis Logathetis, Musikalische Graphik, 1972 2a Rümüft Haubenslodt-Rumdli, Musikalische Graphik, 1972
äußerst aufwendigen Katalog mit 415 Seiten
V2 Schwarzweißabbildungen sowie 20
ifeln heraus.
hen Ausstellung Beie Bachem
er Frühherbstausstellung in der neuen
iner Galerie stellte sich Beie Bachem mit
lden, Pastellen und Zeichnungen vor.
York-Wien Henry Koerner im
ikahaus
er einer der nicht wenigen Künstler, der
zeit nach drüben" ging, um sich in New York
"aphiker und Maler einen Namen zu machen,
seine Heimatstadt Wien zurück, um hier,
Zeit vom 11. bis 31. Oktober im Amerikahaus
lde und Zeichnungen zu zeigen. Einer der
mnkte in Koerners Schaffen war der
erauftrag des angesehenen Time Magazine",
sönlichkeiten internationaler Prägung zu
itieren, unter ihnen Maria Callas, Leonard
ein, Jahn F. Kennedy, Rudolf Hing, Leontyne
Harry Belafonte und Henry Moore.
77 Wolfgang Hutter, Die kostbare Traurigkeit, 1962
Kulturamt der Stadt Wien
ipeg Aus der Winnipeg Art Gallery
ns von jenseits des großen Teiches zukommt,
dortige Art Gallery in beneidenswerter
gespickt mit permanenten Aktivitäten.
rely in Retrospect" hieß eine groß
zogerie Schau von Werken des Weltgeltung
enden ungarischen Malers Victor Vcisarely,
Eröffnung durch Kim Sylvester, Professor
an der University of Manitoba, vor
reitester Publikumskulisse das künstlerische
iis des Jahres war. Ausstellungen, Vorträge,
e-Warkshops, Studio-Workshops sind
aunden in einen permanenten Veranstaltungs-
ler. So erfuhr man u. a. in Diskussionen
die Rolle der Art Gallery in der Community",
über gegenwärtige Kunsttenclenzen und
Symposien und Seminare, wie Visual
iciation of Travelling Exhibitions" u. v. a. m.
Eisen hier "Qßh ein blendendes Foto tßnlßnder 29 ErrtSl Degasperi bei der Arbeit ah seinem Sgraffito so Blick ll'l die ÄUSSfellUflg Karl Stark ih aai Naiiah Resi-
en de, Rom Winnipeg Baue. Scheel", SOIVIGHQESUDQ 72" rrii das haiia Pfülrltllui ih riiahaaig denz, sahiaaia
rlich eingefangen vorn Fotografen der
allery E. P. Mayer. Leopold Netopil
indesministerium für Wissenschaft
id Forschung
zsucherstatistik der staatlichen
useen und Kunstsammlungen
I5 Bundesministerium für Wissenschaft
Forschung gibt bekannt, daß in den ihm
terstehenden staatlichen Museen und
instsammlu-ngen in den Monaten
ni 1972 insgesamt 121.615
li 1972 insgesamt 134.837
igust 1972 insgesamt 163.000
"hlt 79 32 E. P. ll e'nem
wem 31 "im"inkoisdmewimhii" im a,.i...;iis..i,.wirriäas...si;i....1izi.;i"2.,;..ii
67
Moderne Mäzene
Die Ausstellungen im Jahre 1972 im
Romonischen Keller" der
Salzburger Landes-Hypothekenanstal
Durch den 1970 abgeschlossenen Um- und
der Salzburger LandeseHypothekenanstalf ar
denz- und Waagplatz ist ein modernes
tut entstanden, das die Grundfläche dreier
maliger Bürgerhäuser umfaßt. Ein Rest eines
Häuser ist ein großer, hoher, ganz aus Kang
quadern gemauerter und gewölbter Keller,
durch eine mächtige Säulenstellung unterteil
Neue Fußbodenplatten aus rotem Marmor,
schmiedeeiserner Handlauf an der Treppe
Einbindung in die Klimaanlage genügten, un
einen Kokskeller in einen der reizvollsten Sc
burger Ausstellungsräume zu verwandeln.
Uta Prantl-Peyrer und Osamu Nakaiima
Wenn Karl Prantt seine Arbeiten, die ein
nis berühren", dem sie sich ehrfurchtsvoll nö
Meditationsplastiken nennt, so könnte man
Kristian Sotriffer meint von den Malereien
Frau als von Meditationsbildern sprechen.
solche Zeichen sind auch die Arbeiten Naka
anzusprechen, Zeichen aus dunklem, meist
poliertem Granit 28. 11.-17. 5. 1972.
Prömiierte Arbeiten aus einem Schülerwet
Die Hypothekenanstalt gab in engster Zusan
arbeit mit einigen Salzburger Kunsterzieherr
Anstoß zu einem Schülerwettbewerb unter
Thema des plastischen Gestaltens. Dabei
daß die frei gewählten Themen in einer Ger
schaftsarbeit gelöst werden mußfen. Dieses
in kleinen Gruppen scheint für weniger Begr
Anreiz und Hilfe zu sein. Es scheint mir sehr
gewannen, wenn das aktive, dilettierende"
höltnis zur bildenden Kunst dem Schüler auf
späteren Lebensweg mitgegeben werden ka
15. 6.-2, 7. 1972 Abb. 2.
Rudolf Emanuel Karsch
Norbert Wiltsch hat in dieser Zeitschrift Jg.
1959, H. 718 frühere Arbeiten dieses bedeute
in Salzburg ansässigen Malers und Radierr
vorgestellt. Seit dieser Zeit hat Karsch einen
Phantastischen Realismus parallelen Weg
eingeschlagen, den er iedoch von sich aus
gefunden hat 11. 7.-29. 7. 1972 Abb. 3.
Balazs Simon
Der 1938 in Budapest geborene Maler, der S1
in Paris lebt, begann 1965 mit großflächige
zu arbeiten abstrakte, aus runden Einzelfai
gewonnene Kompositionen mit Titeln wie
sucht", Orchestar" oder Gewissen" 4.3.-22
Sakrale Kunst aus Äthiopien
Volkskundlich und religionsgeschichtlich inte
Gegenstände sawie Arbeiten van zwei iungr
Vertretern der aus der Kunstschule in Addis
hervorgegangenen Maler; diese finden ihrer
in einer Mischung aus sakraler Tradition unc
künstlerischen Anschauungen des 20, Jahrhur
25. 8.-17. 9. 1972 Abb. 1.
Herbert Steiskal
Steiskals abstrakte Farbkompositionen erwei
eine hohe Malkultur. Aus experimentellen
mit proiiziertem farbigem Licht werden in
bildern" die leidenschaftlichen Erlebnisse
anstürmender, leuchtender Farbreize umgese
Auseinandersetzungen mit der Absolutheit sc"
abgegrenzter Flächen darüber hat Giulio
in Heft 119 dieser Zeitschrift berichtet erhäh
verstärken die Leuchtkraft der Farben 18. 10
bis 12. 11. 1972 Abb. 5.
Diesem umfangreichen, weitgestreuten Ausst
programm wird zu Weihnachten Altes Kind
spielzeug" folgen. Durch die Großzügigkeit
Salzburger Landes-Hypothekenanstalt ist es
möglich geworden, das Salzburger Ausstellu
leben zu bereichern. Franz
SALZBURGER LANDESHYPOTHEKENANSTAL
Garzovic
Das Leben der Tiere, 1970
Eva Ziolkawski
Rückkehr vom Sabbat. 1972
700,. 600.-
Brauer
Barabbas Bernhard
Dali Erni Max Ernst
Fuchs Garzovic Haller Hrdlicka
Huber Hutter Klimt Korab Kolin Kolig
Kubin Leger Lehmden Matouschek Meckseper
Pasiecznyk Proksch Rabl Regschek
Rouault Schiele Steffek
Zechyr -Ziolkowski
u. a.
WIEN AUGUSTINERSTRASSE lO, TEL. 525398
Gemälde Radierungen Graphiken Reproduktionen- Kunstkarten- Kunstbücher
Musikbücher Kinderbücher Schöne Literatur und Fremdsprachige Literatur
Reiseliteratur Kunstkalender Zeitschriften
Notizen
Salzburg Neue Bestimmung für
Georg Trakls Geburtshaus
Neue Ausstellungsmöglichkeiten für bildende Kunst
wird es im Geburtshaus des Dichters Georg Trakl,
in dem großen Bürgerhaus am Waagplatz
im Herzen der Altstadt, heute im Eigentum des
Buchdruckers und Verlegers Ernst Müller, das in den
vergangenen Jahren durchgehend saniert und
restauriert wurde, geben. ln Keller, Erdgeschoß
und erstem Stackwerden iene kulturellen Institutionen
einziehen, deren Räume in der Residenz von
der Universität beansprucht werden. lm
Geburtszimmer des Dichters werden Autographen
und Gegenstände aus dem Nachloß ausgestellt
werden, die Betreuung übernimmt die Salzburger
Kulturvereinigung, die unmittelbar daneben ihre
Kanzlei beziehen wird. In einigen schönen gewölbten
Erdgeschaßräumen, über den Hof zur Salzach
hin gelegen, erhält der Salzburger Kunstverein neue
ausgezeichnete Ausstellungsmöglichkeiten.
Museumspavillon, Sammlung Francois Butöt
50 Gemälde und 28 Zeichnungen vonmieder-
ländischen Malern des 17. Jahrhunderts .'on Jan
van Aken und Jacques d'Arthois bis zu Dirk
Wyntrack und Gerard van Zyl hat Francais Butöt
im Laufe seines Lebens gesammelt. Da er alliährlich
die Sommermonate im Salzburger Land verbringt,
war dank der reichen niederländischen Bestände der
Salzburger Residenzgalerie der Kontakt leicht
herzustellen 12. 7. bis 12. 9. 1972.
Schloß Arenberg,
Max-Reinhardt-Forschungsstätte
Die Auseinandersetzung mit dem Raum war die
eigentliche Mitte seines Tuns", hat Hugo von
Hofmannsthcil über Max Reinhardt gesagt. Die
hochinteressante Ausstellung machte deutlich, daß
Reinhardts szenische Vorstellungen nicht von
vornherein festgelegt waren, sandern daß sie
sich entzündeten an malerischen Visionen von
großer Spannung. Die Bühnenbild- und Kostüm-
entwürfe von Lovis Corinth 1903 für Maurice
Meaterlincks Pelleas und Melisande" oder
Edvard Munch 1906 für Henrik lbsens Gespenster"
machen die faszinierende Einheit von bildender
Kunst und Szene deutlich 27. 7. bis 1. 9. 1972.
Franz Wagner
Eine Kubin-Sammlung bei Sotheby
unter dem Hammer
Die Münchner Repräsentanz des Londoner Hauses
Sotheby stellte in ihren Galerieröumen in der
Galeriestraße eine Reihe bedeutender früher
Werke Kubins aus, die aus ehemals Wiener
Sammlungsbesitfstammen und im November in
London zur Versteigerung gelangten s. unten.
ßf Für den Kunstsammler
Nachrichten vom Kunstmarkt
Mitteilungen des österreichischen
Bundesgremiums, Berufsgruppe
Antiquitätenhandel
Laut Schreiben vom 15. Oktober 1972 hat die öster-
reichische Berufsgruppe des Antiquitätenhandels un-
sere Zeitschrift zu ihrem offiziellen Organ erklärt.
Wir werden daher künftig in dieser Rubrik im
lnteresse der Kunstsammler und der Kunst- und
Antiquitätenhändler fallweise Nachrichten des Bun-
desgremiums veröffentlichen. Wir hoffen, durch diese
Zusammenarbeit zur Verbesserung der lnformation
unserer Leser beizutragen. Der Herausgeber
Die Stuttgarter Antiquariats-Messe
Da wir in diesem Heft dem Buch im allgemeinen
breiteren Raum gegeben haben, möchten wir im
Zusammenhang damit auf die jeweils vom Verband
deutscher Antiquare e. V. veranstaltete Stuttgarter
Antiquariats-Messe hinweisen. Sie ist die größte
regelmäßig veranstaltete Verkaufsmesse dieser Art
und im europäischen Raum bereits zum festen
Begriff geworden. Namhafte Vertreter öffentlicher
Institute, Bibliotheken und Museen, viele private
Sammler, aber auch Händler verschiedener
europäischer Länder informieren sich hier über den
Markt des Antiquariats, kaufen und knüpfen
Kontakte untereinander. Die Messe bietet dem
Interessenten sowohl alte Bücher, Handschriften und
Autographe, Handzeichnungen und Graphik alter
Meister, alte Landkarten und Stadtansichten ebenso
wie moderne Graphik und dekorative Graphik, also
ein Nebeneinander von alt und modern in einem
vielschichtigen Ausstellungsvolumen. Der Bogen der
Preisskala reicht vom kleinen Sammelgegenstand
unter DM 50.- bis zum sehr wertvollen Objekt
sechsstelliger Summe. Die Messe, die stets im
Stuttgarter Gustav-Siegle-Haus am Leonhardsplatz
stattfindet, ist alles in allem die repräsentativste
Veranstaltung im europäischen Raum und Sammel-
und Treffpunkt aller Antiquare.
Wir bringen im folgenden einige interessante
angebotene Objekte aus der 11. Stuttgarter
Antiquariats-Messe des Jahres 1972;
aus dem Hause Helmut H. Rumbler, Dürer, Ritter und
Landsknecht, DM 16.000.-; aus dem Haus August
Laube, Rembrandt, Ephraim Bonus, DM 57.000.-;
aus dem Hause Konrad Meuschel, Goethe, Faust,
DM 12.500.-; aus dem Hause M. Edelmann, Dürer,
St. Hubertus, DM 37.000,-; aus dem Hause Peter
Babendererde, Stundenbuchblätter, zwischen DM 80.-
bis DM 200.-, und Seekarten van von Lindschoten,
1599, DM 2000-; aus dem Hause L'Art Ancien,
Piranesi, Capriccio, DM 1100.-.
Eröffnung eines privaten
Kunstauktionshauses in Wien
Als erstes konzessioniertes Unternehmen seit dem
Jahre 1945 hat das Kunstauktionshaus Friedrich
Deutsch mit seiner ersten Versteigerung am
4. Dezember laufenden Jahres Vorbesichtigung am
26. November seine Pforten geöffnet. Zielsetzung
des privaten Unternehmens ist es, den Wiener
Kunstmarkt mit aufzufrischen und zu aktivieren.
F. Deutschs Initiative wird sowohl vom Direktor
des Usterreichischen Museums für angewandte
Kunst, Hofrat Prof. Dr. W. Mrozek, als dem
internationalen Trend folgend und das
Kunstinteresse und den Kunsthandel anregend"
wie auch dem Leiter der Kunstabteilung des Wiener
Dorotheums, Dr. Herbst, als für einen gesunden
Wettbewerb nützliches Moment" begrüßt und
gutgeheißen.
Gesehen im Kunsthandel
Oberitalien, Ende 14. Jahrhundert.
Weißer Marmor, 110 cm.
Hofgalerie Dr. Wolfgang Hofstätter,
Wien Spiegelgasse 14
Hl. Magdalena, Usterreich, um 1420.
Lindenholz, 90 cm, originale Palychramie.
Kunsthandlung Georg Haslauer,
Salzburg, Getreidegasse 34
70
Monogrammist Donauschule, um 1520.
O1 auf Holz Buche, 34,5 26,5 cm.
Edelmann überreicht gotischen Trinkpokal.
Im Hintergrund Burg und Landschaft.
Reinhold Hofstätter, Kunst und Kunstgewerbe,
Wien Bräunerstraße 12 und Dorotheergasse 15
David Teniers d. J. Antwerpen 1610 1690,
Brüssel, Bauern am Kamin bei Kerzenlicht.
Holz, 26x21 cm, voll bezeichnet Slg. Dr.
I. Kuranda, Wien, ausgestellt im Jahre 1873 im
k. k. Osterreidiisctien Museum für Kunst und
Industrie unter Nr. 59.
Galerie St. Lucas, Gemälde alter Meister, Wien
Josefsplatz Palais Pallavicini.
Silberweihbrunnkessel, Neapel, um 1700.
50 cm, 32 cm.
Herbert Asenboum, Antiquitäten,
Wien Kärntnerstraße 28
Jean Jacques Henner 1829-1905, Frauenbildnis.
Galerie Erich Kuhn, Antiquitäten,
Wien Dorotheergasse 12
David, Oberösterreich, 1. Hälfte 1B. Jahrhundert.
Rieder Kreis, Linde, polychromiert, 120 cm.
Wolfgang A. Siedler, Antiquitäten,
Wien Spiegelgasse
Clara Lobedan NaumburglSaa1e, 1840-1918,
Berlin, Vase mit Blumen, sign. und dat. 106.
O1 auf Leinwand, 63 44,5 cm.
Czeslaw Bednarczyk, Kunst und Antiquitäten,
Wien Dorotheergasse 12
Auktionen
Dorotheum, Wien
597. Kunstauktion, 19. bis 22. September 1972
Johann Martin Metz Bonn, 1717 um 1790, Köln.
Großes Blumen- und Früchtestilleben,
sign. J. M. Metz". U1 auf Leinwand,
102 79 crn KaL-Nr. 88.
Taxe 60.000,- Erlös 220.000.-
10 Erich Heckel Döbeln,1883-1970, Konstanz.
Krankes Mädchen, 1913. Holzschnitt auf breitem
und glattem Papier Probedruck Kat.-Nr. 454.
Taxe 1200.-
Neumeister KG, vorm. Weinmüller, München
142. Auktion, 20. bis 22. September 1972
11 Deckelhumpen, Augsburg, 1576-1583.
20 crn, 625 Kuh-Nr. 459 64.
Erlös DM 25.000.-
Kunsthaus Lempertz, Köln
526. Auktion, 7. bis 9. Juni 1972
12 Friedrich von Amerling 1803-1887, Wien
zugeschrieben. Bildnis eines jungen Mädchens
in balkanesischer Tracht. U1 auf Leinwand,
96 61 cm Kot-Nr. 332.
Taxe sfr 15.000.-
Galerie Koller, Zürich
27. Auktion, 26. Mai bis 10. Juni 1972
13 Der Yidam Savara, 32armig, mit vier Beinen
und 16 Köpfen. Feuervergoldete Bronze.
Tibet, 18. Jahrhundert. 43,5 cm Kot-Nr. B01.
Taxe sfr 12.000.-
Kunsthaus am Museum, Köln
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Holland, um 1770-1780. 225, 154, 54 crn
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blauem Glas. Objektive ca. 38 mm.
83,25 cm Kat.-Nr. 171.
Erlös 5B 200.-
Christie's, London
Auktion vom 27. Juli 1972
16 Eugen von Bloas AIbanoIRom, 1843-1931,
Venedig. Die Vertrauten, sign. und dat. 1885.
U1 auf Halztafel, 83,8 52 cm Kot-Nr. 412.
Erlös 16.380.-
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1958 diplom akadernie f. angewandte kunsLwien
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1961 diplom akademie f. angewandte kunsnwier
196471972 ausstellungen u. a. wien, Salzburg,
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1968 preis des handelsminrsteriums, wlen
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Besichtigung 15.,16.,17., 18. und 19. lVlärz 1973
Für den Kunstsammler
Kunst des Jugendstils
als internationale Wertanlage
Zu den interessantesten Phänomenen, die nach dem
zweiten Weltkrieg in der Kunstwelt zu beobachten
sind, gehört die Rehabilitierung des Stils der
Jahrhundertwende. Mit einem Verabredungswort
haben wir uns heute angewöhnt, diese Zeitperiode
Sezession, Jugendstil oder auch Art Nouveau zu
nennen. Vieles Zu- und sicherlich auch manches
Unzutreffende ist seither über den Jugendstil gesagt
und geschrieben worden. So ist es beispielsweise
historisch gesehen völlig unrichtig, wenn man aus
rein modisch bedingten Gründen im Jugendstil
das Wort bietet sich dazu förmlich an heute den
Stil der damaligen Jugend sehen möchte. Dies
entspricht keineswegs den Tatsachen. Der Jugendstil
war vielmehr ganz bewußt der Stil der Selektion,
er gab sich hoch-esoterisch, ia hoch-exklusiv. Mit
einer sogenannten Massenkunst hatte er ursprünglich
nicht das geringste zu tun. In unübersehbarem
Gegensatz etwa zu der gar nicht immer gleich-
rangigen Kunst des Biedermeiers, welche uns nahezu
komplett überliefert zu sein scheint, ist kaum iemals
eine Periode der bildenden Kunst bewußt so
dezimiert worden, als es gerade beim Jugendstil
der Fall war. Dies macht sich selbstverständlich
heute bei der Neubewertung der Jugendstilkunst
entsprechend bemerkbar. Erstrangige Kunst des
Jugendstils ist heute selten geworden, für
ausgefallene Stücke werden Liebhaberpreise bezahlt,
die häufig die Preisgestaltung für Werke älterer
Kunst bei weitem übertreffen. Warum geriet der
Jugendstil schon sehr bald und zwar schon
zeitgenössisch in Verruf, synonym mit schlechter"
Kunst zu sein? Dieser an sich unbegründete Vorwurf
hängt sicherlich mit dem Umstand zusammen, daß
das damals industriell hergestellte Massenerzeugnis
die vorzügliche Qualität des von Künstlerhand
gestalteten Werkes verdeckte bzw. nur vermindert
zur Geltung brachte. Jenes war wohlfeil und fand
in schlechter Qualität unbegrenzt Eingang in das
bürgerliche Heim. Stücke erstrangiger Qualität
waren für den gewöhnlichen Sterblichen in den
meisten Fällen einfach unerschwinglich. Es ist sogar
zu vermuten, daß er hochrangige Werke dieses
Stils vielfach überhaupt nie zu Gesicht bekam.
Einige Beispiele, die auch soziologisch interessant
sind, aus Vergangenheit und Gegenwart mögen
dies auf ihre Art und Weise erläutern.
lm Badischen Landesmuseum in Karlsruhe befindet
sich unter den Werken aus der Sammlung Waeckel
eine Tiffany-Schreibtischlampe 63 41 cm Durch-
messer. Es ist eine sogenannte Wisteria"-Lampe,
benannt nach dem gleichnamigen Baum. Sie geht
auf einen Entwurf von Mrs. Curtil Freshel zurück.
Wie in der Literatur nachzulesen ist, wurde das ab
1904 hergestellte Modell in verschiedenen Größen
ausgeführt, und zwar von einem Durchmesser van
17,8 bis zu 92 cm. Der höchste Preis für eine
derartige Lampe betrug damals f. 750.-, was einer
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Für den Kunstsammler
zeitgenössischen Kaufkraft von über 3000- Gold-
mark ca. DM 18.000.- bzw. rund öS 126.000.-
entspricht. Auf einer Versteigerung der Parke-Bernet
Galleries in New York wurde am 30. Jönner 1970
für eine Tiffany-Wisteria"-Lampe von 70 cm Höhe
eine formale Variante zu dem bereits genannten
Stück in Karlsruhe der bis dahin einmalig
dastehende Preis von f. 16.000.- bezahlt, was nach
damaligem Kurswert etwa einem Gegenwert von
rund DM 60.000.- bzw. öS 420.000.- entsprach
vgl. Kunstpreisiahrbuch von 1969l1970, Bd. XXV,
S. 168. Interessant ist nun preismößig der
Vergleich mit einer größeren Tiffany-Glasvase.
Auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900
wurde von dem Berliner Kunstgewerbemuseum für
ein derartiges Stück 38 25 cm Durchmesser
der hohe Preis von 2046- Goldmark bezahlt, eine
Ausgabe, die sich damals nur sehr wenige Museen
in Deutschland leisten konnten. Wie hoch der
Betrag war, vermitteln einige Vergleichszahlen
Laut Inserat wurde im Jahre 1907 in München-
Gräfelfing ein schlüsselfertiges Einfamilienhaus ab
7700.- Goldmark angeboten, und ein Regierungsrat
in Deutschland im Jahre 1900 verdiente iöhrlich
etwa 4500- Goldmark, also nur wenig mehr, als
zur ganz gleichen Zeit zwei Tiffany-Glosvasen
kosteten. Durch die von Charles Sykes modellierte
noch heute gebräuchliche Kühlerfigur The Spirit
of Ecstasy" ist das Rolls-Royce-Auto mit dem
Typennomen Silver Ghost" 1906 ff. in die
Kunstgeschichte eingegangen. Es war ein Exklusiv-
fahrzeug ersten Ranges, für das man das Werbe-
wort The Best Car in the World" prägte. Ganz
außerordentlich hoch war der Preis, den man für
ein derartiges Auto zahlen mußte. Das Chassis
allein kostete 985.- englische Pfund, was nach
damaligem Geldwert etwa 19.700.- Goldmark
ca. DM 118.200.- bzw. rund öS 827.400.-
entspricht.
Ganz ähnlich lagen die Preisgestaltungen auf dem
Gebiet des handgearbeiteten Möbels, das ieweils
nur in einem Stück hergestellt wurde. Wir verdanken
Gabriel P. Weisberg The Connoisseur, Vol. 177,
Nr. 713, Juli 1971, S. 211 ff. den in diesem
Zusammenhang sehr interessanten Hinweis, daß
das dänische Kunstindustriemuseum in Kopenhagen
von dem L'Art-Nouveau-Laden Samuel Bings in
Paris ein Büffet für ein Speisezimmer von Eugene
Gaillard für den enorm hohen Preis von 7500.-
Goldfranc am 22. November 1900 gekauft hat.
Das heute noch im Besitz des genannten Museums
befindliche Möbel war auf der Pariser Welt-
ausstellung des gleichen Jahres ausgestellt. Von
Kennern, Liebhabern und Museen in gleicher Weise
begehrt, sind heute die selten vorkommenden,
prachtvollen Putten, die, bunt bemalt, von der
Wiener Werkstätte vertrieben wurden. Sie gehen
auf gemeinsame Entwürfe von Michael Powolny und
teilweise auf Berthold Löffler zurück. Für diese
Putten wurden beachtlich hohe Preise verlangt.
So wurde für den Frühling" und den Herbst"
1908 von Michael Powolny in der farbigen
Ausführung ie ö. K. 150.- gefordert, während für
den bunt bemalten, blumenbekränzten Putto mit
zwei Füllhörnern 47,5 cm von Berthold Löffler
sogar nicht weniger als ö. K. 300.- in Goldwährung
vor dem ersten Weltkrieg zu bezahlen waren.
Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse auf dem
Gebiet des heute wieder ganz hoch im Kurs
stehenden Jugendstilschmucks. Eine Brustagraffe,
10,5 hoch und 8,3 cm breit, von Rene Lalique, Paris,
ausgestellt auf der Weltausstellung in Paris 1900,
wurde im gleichen Jahre von dem Kunstgewerbe-
museum in Berlin für 1230- Goldmark angekauft
heutiger Wert etwa DM 7380- bzw. rund
öS 51.660.-. Das gleiche Museum kaufte im Jahre
1903 ein Halsband, ebenfalls von Lalique, 5,6 hoch
und 32 cm lang, aus Gold mit Zellen- und Fenster-
email und mit Saphiren besetzt für 5000- Goldmark
ca. DM 30.000.- bzw. rund öS 210.000.-. Unser
imaginärer deutscher Regierungsrat hätte damals
mehr als ein ganzes Jahr arbeiten müssen, um
theoretisch dieses Halsband von Laliaue erwerben
zu können.
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8,5 cm. Die darauf befindliche Darstellung ist
symbolischer Natur es ist ein Polyp, der einen
Schmetterling erwürgt. Die Brosche ist mit
W. L. C. signiert und 1900 datiert. Ihrem Entwerter,
dem Berliner Maler Wilhelm Lucas von Cranach,
brachte sie auf der Pariser Weltausstellung im
Jahre 1900 die goldene Medaille ein. Es ist eines der
schönsten Schmuckstücke, welches die Kunst des
Jugendstils in dem deutschsprachigen Gebiet
hervorgebracht hat. Die Brosche erzielte auf der
genannten Versteigerung den in Anbetracht der
hohen Qualität gar nicht besonders überhöhten
Preis von DM 6500- bzw. rund äS 45.500 Man
kann annehmen, daß der Preis tür die Brosche in
den nächsten Jahren sich noch vervielfachen wird.
Dem industriell hergestellten Schmuck begegnet
man im Antiquitötenhandel auch heute noch auf
Schritt und Tritt. Dieser Schmuck ist verhältnismäßig
billig geblieben. Ähnlich ist die Situation bei
Keramik, Glas oder bei Möbeln des Jugendstils.
Der Preisunterschied zwischen den von Künstlern
selbst entworfenen und eigenhändig signierten
Stücken und den serienmä hergestellten Obiekten
ist iedenfalls sehr augenfälli. Bei der heutigen
Bewertung van Kunstwerken des Jugendstils
handelt es sich also zweifellos nicht um eine vom
Handel manipulierte Modeströmung, die morgen
vielleicht schon vergessen sein wird. Die
differenzierte Bewertung zeigt vielmehr, daß der
Käufer in allen Sparten des Kunsthandwerks sehr
genau die beträchtlichen Qualitätsunterschiede
beachtet, die bei der Kunst des Jugendstils
vorhanden sind. Bei der außerordentlich abwechs-
lungsreich gestalteten Kunst dieser Stilperiode
handelt es sich um eine aus historischem Abstand
neu vollzogene lnthronisation, die völlig zu Recht
erfolgt ist. Gerhard P. Woeckel
Bildnachweis
Seitenangabe in Ziffern
Foto Anderson, Rom, 24 Badisches Landesmuseum,
Karlsruhe, 33 P. Baum, Wien, 63 Bayerisches Na-
tionalmuseum, München, 15-17, 22, 27, 30 C. Bin-
der, New York, 87 Dr. A. Büdel, München, 20
Bundesdenkmalamt, Wien, 19, 21 Archiv E. De-
gasperi, Wien, 67 Archiv W. Frenken, Breitenbrunn,
61 Galerie Moser, Graz, 67 Galerie an der
Stadtmauer, Villach, 65 Galerie Schreiner, Basel,
67 Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, 27
Archiv L. Heuermann, Wien, 87 Archiv J. Heusinger
von Waldegg, Hamburg, 42, 44-47 F. Hewicker,
KaltenkirchenlHolstein, 33 H.-J. Hayden, Hamburg,
42 H. G. Hinter-Reiter, RichmondNd, 87 Hatstät-
ter-Dia, Riedllnnkreis, Archiv W. Holzbauer,
Wien, 49-51, 53, 54 Archiv S. Kamenyeczky, Wien,
60 E. Kamler, Kitzingen, 30 H.-H. Kassatz, Wien,
34-39 Kulturamt der Stadt Wien, 67 Kunsthistori-
sches Museum, Wien, 28, 31, 33 H. Mayr, Wien, 65
Mirabellgarten, Salzburg, 67 Metrapalitan Mu-
seum of Art, New York, 14, 16, 17 Museum für
Kunst und Gewerbe, Hamburg, 40-45 Neue Resi-
denz, Bamberg, 67 Österreichisches Museum für
angewandte Kunst E. Ritter, Wien, 84, 85-87 C.
Pospesch, Salzburg, 19 P. Pracher, Würzburg, 11
Pribyl, Graz, 65 E. Ritter, Wien, 15-17 Archiv
Dr. A. Rohrmoser, Salzburg, 6-9, 12 Archiv Romani-
scher Keller, Salzburg, 65 Schlaß Nymphenburg,
München, 28, 29 Archiv H. Seling, München, 82, 83
Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Kupfer-
stichkabinett, Berlin, 33 Städtische Kunstsammlun-
gen, Augsburg, 27 H. Steiskal, Salzburg, 2-4, 65
Sapraintendenza, Genua,26 -l.Strempel, Klasterneu-
burg, 25 Archiv Dr. Ch. Theuerkauff, Berlin, 2B, 30,
31, 33 The Wadsworth Atheneum Hartford E. Blam-
strann, CannJUSA II, 33 Wallace Callectian, Lon-
don, 23 Walters Art Gallery, London, 27 Winni-
peg Art Gallery, Winnipeg, 67.
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Für den Kunstsammler
Kunstexpartgesetze in den Ländern Europas
I. Die neuen Erleichterungen im Export
aus Italien
Die italienische Gesetzgebung für den Kunstexport
war bisher die restriktivste und zugleich am
meisten übertretene aller europäischen Länder.
Die Kunstwerke mußten zur Ausfuhr bei der örtlichen
Sapraintendenza der Provinzhauptstödte vorgelegt
werden. Der Ansuchende hatte den Wert zu
deklarieren. Vom deklarierten Wert wurde eine
immense Taxe eingehaben, die bei Obiekten van
über 400.000 Lire schon 30 Prozent betrug. Wer zu
niedrig deklarierte, um Taxe zu sparen, dem drohte
das Vorkaufsrecht des Staates. Es ist oft zum
Leidwesen der Betroffenen ausgeübt worden.
Darüber hinaus sind besonders wichtige, listen-
mäßig erfaßte Obiekte aggetti elencati der
Ausfuhrgenehmigung des Consiglio superiore am
römischen Unterrichtsministerium unterworfen,
welches ebenfalls das Vorkaufsrecht ausüben kann
und die Ausfuhrtaxen verschrieb.
Kein Wunder, daß derartige Prohibitionen ständig
größte Schwierigkeiten und Skandale nach sich
zogen. Eine Reihe van Spediteuren mit besonderen
Beziehungen schaltete sich mit hohen Gewinnen als
Exportmanager in den Kunstmarkt ein, Kunstwerke
wurden sogar absichtlich verstümmelt, um den
Bann leichter zu durchbrechen und im Ausland
wiederhergestellt zu werden, der Korruption war ein
weites Feld geboten. Laufende Skandale, als
angeblicher Diebstahl getarnter Schmuggel,
Konfiskationen und Repressalien bei erwiesenen
Ausfuhrvergehen brachten den seriösen Handel
Italiens, der iährlich tausende Obiekte in Italien
einführt, in echte Bedrängnis. Wir erinnern nur an
den ärgerlich hachgespielten Raffael-Skandal des
Jahres 197i, der zum Tod eines angesehenen
Kunsthändlers, zur Konfiskation seines Besitzes
und zum Rücktritt eines verdienstvollen
amerikanischen Museumsdirektos geführt hatte.
Nach langiöhrigen Interventionen gegen eine
weltfremde Kunstbürokratie, die dieser Art mit
Hilfe der Ausfuhrtaxe eine Art dauernden Pogroms
gegen den Handel verursachte, ist der Handels-
organisation, geführt von Camm. Bellini, Florenz,
endlich ein entscheidender Erfolg gelungen.
Der Vertrag von Rom zwischen den Ländern des
Gemeinsamen Marktes, der EWG, verbietet
ausdrücklich derartige Ausfuhrtaxen, die die Quelle
des Übels darstellten. Italien mußte nunmehr die
Tassa despartazione nach den Ländern des
Europamarktes einstellen. Dies bedeutet eine
gewaltige Erleichterung, denn auch die Interessenten
aus anderen Ländern werden davon profitieren,
wenn sie die Dienste eines Agenten aus den EWG-
Ländern in Anspruch nehmen. Ein aus falschem
Idealismus entstandenes bürokratisches Krebs-
geschwür, das zu einer Quelle der Korruption und
unzumutbarer Risiken geworden war, zur Gefahr
schließlich für die Kunstwerke selbst, scheint damit
endlich weitgehend ausgeschaltet.
Was bedeutet dies für den österreichischen Inter-
essenten? Österreich ist seit Herbst1972 assoziiertes
Mitglied der EWG, und Italien wird die Erleichterung
auch auf Usterreich ausdehnen müssen. Solange
dieser Erlaß noch aussieht, kann sich iedoch der
Käufer vorläufig Obiekte an seinen deutschen
Agenten senden lassen, der sie nach Üsterreich
weiterleiten wird. Die Spesen werden wesentlich
geringer sein als die bisherigen Taxen. Es wird
iedoch in iedem Fall empfahlen, das Obiekt voll zu
deklarieren, denn das Vorkaufsrecht besteht weiter.
Es ist iedoch zum vollen Wert wenig gefährlich. Der
Staat sieht sich nun hoch bewerteten Obiekten
gegenüber, die allzu bequeme Beschlagnahme des zu
niedrig Deklarierten zu Okkasionspreisen und
seine Bezahlung aus dem Fonds der Ausfuhrtaxen
ist dem italienischen Fiskus damit nicht mehr
möglich. Wir gratulieren Italien zu diesem
Durchsetzen demokratischer Regeln im Interesse der
Weltgeltung italienischer Kunst.
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Aus silbernen Pokalen der Vorväter trinken
Zum Sammeln und Erkennen
alten Silbergerötes
Altes Silber zu sammeln, wird immer beliebter.
Nicht nur die damit verbundene solide Wertanlage
vergrößert die Zahl der Liebhaber. Es ist eine Fülle
von besonderen Reizen mit diesem Gebiet
verbunden. Wie wird man allmählich Kenner dieser
weiten Materie, die sämtliche großen Epochen
unserer Kulturgeschichte spiegelt?
Der Sammler alten Silbergerätes wird sich vorerst
über die verschiedensten handwerklichen
Herstellungsarten Gedanken machen und lernen,
die ihn interessierenden Obiekte daraufhin zu
untersudien. Die Untersdtiede von gegossenen,
getriebenen, gedrehten, gedrückten Obiekten sind
gut feststellbar. Auf den ungeglätteten Rückseiten
sind die Spuren der Hammerarbeit sichtbar nicht zu
verwechseln mit dem gekünstelten Ebenmaß
maschinell vorgetäuschter Hammerschlöge. Auf
der Drehbank gedrehte Obiekte zeigen den
Einsatz des Kreismittelpunktes als kleine Vertiefung.
Über Farmen gedrückte Stücke sind meist redit
dünn und ohne Hammerspuren. Es gab iedoch schon
in früheren Jahrhunderten über einen Holzkern
vorgedrückte und mit dem Hammer fertiggestellte
Gefäße. Auf getriebenen Formen wurden vielfach
kleinere gegossene Teile, wie Henkel, Knäufe,
Griffe, Füße u. a., aufgelätet.
Wichti für die Dotierung ist auch die Feststellung,
ab das verwendete Silberblech maschinell
ausgewalzt oder über dem Amboß zu Blech
geschlagen worden ist. Die letztere, ältere Technik
zeigt auf der unpolierten Rückseite Poren und
schrundige Staustellen, wodurch eine Gesamt-
wirkung wie menschliche Haut entsteht. Gewalztes
Silberblech wurde seit zirka "IBOO verwendet. Solche
Untersuchungen sind am intensivsten in Verbindung
mit der eigenhändigen, liebevollen Reinigung einer
Neuerwerbung. Dafür dürfen keine zu scharfen
oder scheuernden Materialien verwendet werden.
Schmierseife und Wasser, allenfalls mit etwas
Schlämmkreide versetzt, genügen. Weiche Tüdter,
keine scharfen Bürsten und vor allem keine
chemische Reinigung, die auch aus den Tiefen der
Gravuren den letzten Rest der alten Patina entfernt.
Die Farbe gealterten Silbers wird auch nach
schönster Reinigung eine gewisse Wärme niemals
verlieren, da nach etwa fünfzig Jahren
Veränderungen der obersten Schicht durch Oxy-
dationsvorgänge eintreten.
Die Legierung betrug in Mitteleuropa meist 800 fein
oder l3lötig, in Osteuropa gelegentlich nur 750 fein
l2lötig, in England 925 fein l5lötiges Sterling-
Silber. Die restliche Beimengung bestand aus
Kupfer und vielen anderen Spurenelementen, heute
iedoch meist nur noch aus Kupfer. Die Feststellung
der Legierung ist durch Spektralanalyse möglich.
Ergänzt werden die technischen Beobachtungen
durch die erlernbare Kenntnis der Formen, die in
den verschiedensten Epochen üblich waren. Dabei
helfen vergleichende Studien in Museen und in
einschlägigen Werken weiter.
Die Golclschmiedekunst ist schließlich besonders
interessant durdt die seit dem Mittelalter in den
meisten Städten eingeführte Punzierung. Die Punzen
sind Dokumente, in denen die städtischen Zünfte
den Feingehalt des Silbers und die handwerkliche
Qualität der Arbeit garantieren. Sie führen zur
Identifizierung des Herstellungsortes und oft auch
des Meisters und der genauen Entstehungszeit. Das
selbst trachten, sich eine kleine Handbibliathek
aufzubauen.
Über all diesen schönen Beschäftigungen des
Erkennens und Forschens steht jedoch stets das
eigene künstlerische Erlebnis, die Betätigung des
persönlichen Geschmacks. Er wählt die Silber-
geräte ganz bestimmter Formgebung aus ganz
persönlichen ästhetischen oder historischen Gründen
oder vor allem und dies kann besonders intensiv
sein um die Stücke auch immer wieder sinnlich zu
benützen in ihrer Funktion als festliches Tafelgerül,
aus dem köstlichen Becher trinkend, wie unsere
Väter es taten Jahrhunderte zuvor.
Kurt Rossacher
Abbildung links oben
Zwei silbervergoldete Fußbecher, getrieben, mit Blumen-
dekor. profilierter Lippenrand. Besitzermanogramm PSK.
Beschauzeichen Nürnberg um 1700 R3765, Meister-
zeichen HCH E4282. Hohe cm, Gew.113g.
Abbildung links unten
Deckelhumpen, Zylinderfarm mit glattem Hand. geschweif-
ter, reich bearbeiteter Akanthusgrilt. gehbhter Deckel mit
großem Kugelknaut. Der doppelwandige Mantel ist mit
drei silbergetriebenen Göttertiguren in Halbreliel verziert.
In umlaufender Reihenfolge sind dargestellt Artemis mit
trat-vier mm Hin-m Horn mit rfnm Pfau und Pallas Athene
Für den Kunstsammler
Zum Sammeln silberner Trinkgeschirre
Der ältere Herr mit der weißen Löwenmähne ging
ohne Umweg auf einen Hamburger Silberhumpen,
Mitte 17. Jahrhundert, zu und fragte mich nach dem
Preis. Kurze Zeit später hatte er die prächtige
Goldschmiedearbeit erwarben. Der ganze
Vorgang war ungewöhnlich, nicht weil er so schnell
ablief, auch nicht weil ein Kunstliebhaber unbeirrt
durch eine Vielzahl von Gegenständen ganz genau
das herausgesucht hatte, was seinem Geschmack
entsprach, sondern weil es die erste Goldschmiede-
arbeit war, die der alte Herr erworben hatte.
Dr. Giovanni Züst aus St. Gallen fing in einem
Alter mit dem Silbersammeln an, wo andere
aufhören, weil sie nicht mehr die notwendige
Passion, Energie und die gestalterische Kraft
aufbringen können, die als Antrieb zum Sammeln
notwendig sind.
Mit dem ersten Kauf, dem Hamburger Humpen,
war schon im wesentlichen das Programm für den
Kern der Sammlung festgelegt. Das Thema sollte
Trinkgeschirre" heißen und in möglichst
qualitätsvollen Varianten aus dem Zeitraum vom
I6. bis 19. Jahrhundert dargestellt werden.
Für einen Schweizer lag der Gedanke nahe,
schweizerisches Silber zu sammeln, vielleicht
konzentriert Arbeiten aus der berühmten Gold-
schmiedestadt Basel.
Die Schweiz hat im Laufe der Geschichte zahlreiche
bemerkenswerte Goldschmiedearbeiten
hervorgebracht. Sicher hätte sich auch aus diesem
Bereich ein historisch oder typologisch
abgrenzbares Thema für eine Silbersammlung
finden lassen. Denn das ist notwendig; jede
wirkliche Sammlung, will sie nicht rein zufällig
erscheinen, muß einen inneren Zusammenhang
haben. Einfach Gegenstände, die aus Silber
gearbeitet sind, nebeneinanderzustellen, das
alleine genügt eben nicht, sonst entsteht nur eine
Ansammlung, aber keine Sammlung.
Das reine Markensammeln" lag aber Dr. Züst
nicht. Sa wichtig Meister- und Beschauzeichen auch
für die Bestimmung einer Goldschmiedearbeit sind,
so sollten sie doch nicht überbewertet werden.
Ausschlaggebend war für Dr. Züst die Schönheit und
Qualität einer Goldschmiedearbeit, unabhängig
von ihrer Provenienz. Seine Sammlung umfaßt daher
Arbeiten aus Deutschland, der Schweiz, Rußland,
Frankreich, Schweden und Ungarn.
Was ist an Trinkgefäßen eigentlich so reizvoll und
faszinierend? Sicher ist es das einzigartige Thema,
das in allen Jahrhunderten immer wieder anspruchs-
volle Aufgaben an die gestalterische Kraft der
Goldschmiede stellte. Kein anderes Gebiet der
Goldschmiedekunst hat so zahlreiche Varianten
hervorgebracht. Bestimmt hängt das auch vom
Wandel der Kunststile ab, deren Veränderungen
auch den Lebens- und Repräsentationsstil ihrer Zeit
beeintlußt haben.
Hatten die Goldschmiede bis zum 15. Jahrhundert
fast ausschließlich für den Adel und die Kirche zu
arbeiten, so kam im 16. Jahrhundert das Bürgertum
hinzu, das zu einer Selbstdarstellung nach einer
gewichtigeren Repräsentation verlangte, die ihren
Ausdruck auch in neuen Tisch- und Trinksitten fand.
Dazu aber brauchte man Goldschmiedearbeiten,
besonders Trinkgeschirre.
Kann man eine Sammlung planen? Sicher nur in
groben Umrissen! Trotzdem stand es für Dr. Züst
schon von vornherein fest, daß die gerade erst
begonnene Sammlung nicht ein Rudiment bleiben
dürfe, sondern daß sie zu einem Abschluß kommen
sollte, wenn das konsequent aufgebaute Gebilde
dazu reif wäre. Aber mit dem Sammeln ist es so
eine Sache. Die Kunstwerke finden sich nicht von
selbst ein, vielmehr muß man sie aufspüren, jedem
Hinweis nachgehen, um vielleicht einen Fund zu
machen.
Der Autor dieses Berichtes hatte die Freude,
Dr. Züst bei vielen Streifzügen zu begleiten und zu
beraten. Neben der Kunstliebe und dem
Enthusiasmus des Sammlers sollte zu dessen Hilfe
und Unterstützung geprüft werden Wie steht es
mit der Echtheit der Zuschreibung und der Erhaltung
82
man den Qualitötsbegriff von musealer Bedeutung"
anlegt, kommt man nicht weiter, weil ia die
Qualitäten der Goldschmiedearbeiten, die heute
van Museen gesammelt werden, recht unterschiedlich
sind. Auch ist es müßig, dieses Kriterium nur auf
einige ausgewählte Exemplare der Sammlung Züst
anzuwenden, da heute die ganze Sammlung im
Museum der Stadt St. Gallen zu sehen ist. Dr. Züst
war der Ansicht, daß die Ausstrahlung seiner
Schätze über den privaten Rahmen hinausgehen
würde und diese somit der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht werden sollte. Nicht nur er allein wollte
Freude an diesen schönen Dingen haben, sondern
möglichst viele Kunstfreunde daran teilhaben lassen.
Wer nach St. Gallen kommt und Goldschmiedekunst
liebt, sollte nicht versäumen, ins Kirchhaferhaus
zu gehen. Helmut Seling
wmuluwu
10
11
Dedxelpokal, Silber vergoldet, Mz. Kuspur Bauch d.
a1. Nürnberg, um 1s7s
Pokal, Silber vergoldet, M1. Hans Barlolme, B1. Breslau,
um 1540-1550
Giaßgeföß, Silber vergoldel, Mz. Hieronymus lmhof,
B1. Augsburg, um 1610-1620
Nquliluspokal, Fassung Silber ver oldel, M1.
karlni, B1. Augsburg, 1. HälHe 17. Ja rhunderl
Großer Deckelhumpen, Silber, leilweise vergoldet Mz.
Chrisloph II Sdlwaiger, B1. Augsburg, um 1690-1700
Zweihundpokal mit 0611161, Sil er, 161mm, vergoldel,
M1. Peter Winter, a1. Augsburg, um 1690
Deckelhllmpun, Fassung Silber ver oldel, Elfenbein-
schnilzerei von Leon ard Kern, assung Andreas
Bergmann, a1. Nürnberg, um 1650-1660
Deckelpokal mit Emailmcllerei, Silber vergoldet, Fuß
Kupfer vergoldel, M1. Johann Jakob Bruglocher, B1.
unbe-
ne
Deckalbeduer, Silber vergoldel, M1. Johann rn.
Sdludl, a1. Augsburg 17124712
Dezkel okul, Sllber vergclldal, M1. Abraham lll Dran!-
wen, 1. Augsburg, um 171a
Bowlenschüssel mit Schöpfer, Silber, M1. Karl Fuburg6,
a1. Moskau, Um 1912
83
Für den Kunstsammler
Wiener Möbel des Klassizismus
Es hat fast den Anschein, als wöre der Früh-
klassizismus, insoweit es sich um das damalige
Mobiliar handelt, eine in Österreich heute
vernachlässigte, um nicht zu sagen eine vergessene
Epoche. Barock, Rokoko und Biedermeier sind allen
durchaus geläufig; ia es geht sogar so weit, daß
einem Barock- bzw. Rokokoschrank oder gar einem
Tabernakelkasten die Bedeutung von Statussymbolen
für kultiviertes Wohnen zukommt. Es gehört zum
guten Ton, den einen oder den anderen oder am
besten beide zu besitzen. Barock oder maria-
theresianisch muß ein Möbel sein, um als
erwerbenswert zu gelten.
Den Grund für eine solche Einengung bildet letztlich
die Unkenntnis über die tatsächliche Vielfalt und
den Formenreichtum der übrigen vergangenen
Möbelstile. Die Folge davon ist eine höchst bedenk-
liche geschmackliche Unsicherheit. Zu ausschließlich
wurde und wird immer noch bei ieder Gelegenheit
vom Glanz und der Größe des Barock, seiner
Kunst und Kultur geredet und geschrieben, während
man viel zuwenig auch von anderen Zeiten spricht.
Dabei wird übersehen, daß in den letzten Lebens-
iahren Maria Theresias das Rokoko, das fälschlich
mit der Regierungszeit der großen Kaiserin .. ftgqfif-"JCCUJ-ßil.
identifiziert wird, auch an ihrem Hofe bereits
überholt war. Sie selbst hat für die Möblierung des
von ihr so bevorzugten Schlosses Schloßhof, aber
auch für andere Schlösser, umfangreiche Garnituren
van Sitzmöbeln anfertigen lassen, die durchwegs
dem Formenkanon des Klassizismus folgen. Sie
gehören zu den schönsten, die wir aus jeder Zeit
besüzen.
Für den Stilwandel und mehr noch für die beacht-
liche Qualitätssteigerung, die bei den Wiener
Möbeln von Rang und Anspruch unleugbar ab den
siebziger Jahren des lB. Jahrhunderts festzustellen
sind, dürfte wahrscheinlich der ziemlich unvermittelt
einsetzende französische Einfluß ausschlaggebend
gewesen sein. Hier stoßen wir auf ein Phänomen,
das wegen seiner Vielschiditigkeit im Rahmen
dieser kurzen Information nur angedeutet werden
kann
Durch Jahrhunderte, seit der Renaissance, waren
die Herrscherhöuser Österreichs und Frankreichs
miteinander verfeindet gewesen. Das hatte zur
Folge, daß der Wiener Hof, konsequent in seiner
Gegnerschaft, auch französischen Einflüssen,
insbesondere auf dem Gebiet luxuriöser Wohn-
sitten und Einrichtung, ablehnend gegenüberstand.
Das Resultat ist bekannt. Bis weit über die Mitte
des lB. Jahrhunderts hinaus, zu einer Zeit also, da
die Möbelkunst in Frankreich eine Blüte ohne-
gleichen erlebte, die ihre Leistungen für ganz
Europa beispielgebend werden ließ, wurde für den
Wiener Hof auf diesem Gebiet nichts geschaffen,
das sich auch nur annähernd mit den Pariser
Erzeugnissen hätte messen können. Eine Wendung
trat erst ein, als zunächst in der Politik, angeregt
durch den damaligen kaiserlichen Gesandten am
Hofe von Versailles und späteren Staatskanzler,
Fürst Wenzel Kaunitz, endlich wieder eine
Annäherung und schließlich sogar ein Bündnis der
beiden Länder zustande kam.
Kaunitz hatte sich in Paris sehr genau umgesehen
und auch die kulturellen Belange nicht außer acht
gelassen. Dabei war er zu der Überzeugung
gekommen, daß die wichtigste Voraussetzung für
das allgemein so hohe Niveau der dortigen
dekorativen Künste in einem wohlorganisierten
Unterricht und in der Schulung der Handwerker
bestand. Diese Erkenntnis wußte der Staatskanzler
sogleich nutzbringend anzuwenden, als er im Jahre
l773 für eine Reform der Wiener Akademie der
Künste eintrat, deren Protektor er war. Unter der
neuen Bezeichnung K. k. Akademie der vereinig-
ten bildenden Künste" umfaßte sie fünf Abteilungen,
nämlich die für Malerei, Bildhauerei, Erzschneide-
kunst, Architektur und Kupferstecherei. Die Ab-
teilung für Erzschneidekunst war die Nachfolgerin
der ebenfalls von Fürst Kaunitz im Jahre 1758 als
Folge seiner Pariser Eindrücke angeregten Erz-
verschneiderschule" oder Possier-, Verschneid-
84
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illll ll.l
und Graveurakademie", wie sie auch genannt
wurde. Eine der wichtigsten Aufgaben dieser
Institution war die künstlerische Schulung und der
Zeichenunterricht für die bürgerlichen Handwerker.
Die günstigen Auswirkungen ließen nicht auf sich
warten. Bald veränderten auch die Möbel ihr
Aussehen nicht nur durch den Stilwandel
bedingt sondern indem sie ihre provinzielle
Hausbackenheit zugunsten eleganterer Formen
aufgaben. Kostbare exotische Hölzer wurden
verwendet und, was das wichtigste war, auf eine
exakte Ausführung wurde viel mehr Wert gelegt
als bisher. Schließlich ging man auch hierzulande
dazu über, die Möbel noch zusätzlich mit Bronze-
Verzierungen auszustatten, was bisher nie
geschehen war.
Wien hatte den Anschluß an die für alle Fragen der
Geschmackskultur tonangebende französische
Hauptstadt gefunden. Diese Verbindung legte den
Grund dazu, daß man von nun an bis weit in das
I9. Jahrhundert van einem Wiener Möbelstil
sprechen konnte, dessen eigenständige und höchst
reizvolle Lösungen sich unschwer neben den
Erzeugnissen anderer Metropolen behaupten
konnten.
Um eine Vorstellung von der Leistungsfähigkeit
eines führenden Wiener Tischlerbetriebes iener Zeit
zu geben, sollen hier einige Auszüge aus dem
Verlassenschaftsinventar nach Meister Augustin
Haunold folgen, der seit 1758 die Stelle eines
Hoftischlers innehatte und 1805 starb. Die Werk-
stätten seines Hauses in der Jägerzeile Nr. 17
waren mit nicht weniger als 50 Hobelbänken
eingerichtet. Außerdem standen ihm noch drei
weitere Werkstätten zur Verfügung eine in der
Hofburg mit vier Hobelbönken, eine in Schönbrunn
mit fünf und eine in Laxenburg mit vier Hobel-
bönken. An fertigen Arbeiten waren neben einigen
Schublad- und Tailettekösten auch 56 Mustersessel
von verschiedener Art" vorhanden wohl eine
sehr beachtliche Anzahl. Darüber hinaus hatte
Haunold hunderte van Parkettafeln gelagert; solche
aus massivem Eichen- oder Nußbaumholz, solche,
die mit Nußbaum- oder Ahornhalz furniert und mit
Eichenholz eingefaßt waren, und schließlich furnierte
Mustertafeln". Der Materialvorrat umfaßte eine
reiche Auswahl aller iener Holzsorten, die damals
bei Möbeln von Qualität zur Anwendung kamen
Kaiser-, Pernambuca-, Yukatan-, Fegetin-, Schlangen-,
Veilchen-, Mahagani-, Rosen-, Oliven-, Lignum
Sanctum-, Eben- und Sandelholz. Es kann kein
Zweifel darüber bestehen, daß sich unter den
Möbeln des kaiserlichen Hofes gewiß nicht wenige
befinden, die aus Haunolds Werkstatt hervorge-
gangen sind. Doch hat es die Forschung bisher
nicht vermacht, das Werk dieses Wiener Meisters
so zu erfassen, wie ihr das für seine Zeitgenossen
Riesener in Paris und Roentgen in Neuwied schon
längst gelungen ist. Franz Windisch-Graetz
Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Lore Heuermann Bildbatiken
Neues Haus, Ausstellungshalle,
Wien Weiskirchner Straße
2B. Juli bis 27. August 1972
An einer Künstlerin wie Lore Heuermann, die aus
Westfalen nach Wien gekommen war, um hier an
der Akademie der bildenden Künste Malerei
zu studieren, scheint sich neuerlich -wie in ähnlichen
Füllen zu bestätigen, daß Wien ein guter
Baden für Künstler von draußen" ist. Nicht oft
wird man einer so zielstrebigen Persönlichkeit
begegnen, die sowohl energisch ihren künstlerischen
Weg beschreitet wie auch, siehe ihr Studium
an der Wiener Hochschule für Welthandel, den
Realitäten des Daseins Rechnung trug, die in
den Orient reiste, um zu studieren, und die an der
Pariser Akademie Du Grand Chaumiere ihre
Zelte aufschlug. Und irgendwann im Jahr 1967,
gelegentlich einer Studienreise, kam ihr in einem
entscheidenden Moment eine Negerbatik in
die Hände. Fasziniert von dieser neuen Möglichkeit,
kreativ sein zu können, versdtrieb sie sich von der
Stunde an dem neuen Material und der neuen
Technik. Und sie begann hart zu arbeiten, und eines
Tages war sie da" im Wiener Kunstleben. Nicht
kometenhaft, doch ihre Zielstrebigkeit ließ sie
gleichsam zwei Stufen auf einmal Schritt für
Schritt zum Erfolg hin tun. Sie errang Preise, machte
ihre ersten Ausstellungen und bekam schließlich
ihre" Ausstellung hier am Museum, die von
Hans Muhr und Hans Mayr äußerst homogen
gestaltet wurde. Eine besondere Note sollte der
Katalog zu dieser Ausstellung haben, der das
Resultat eines glücklichen Dialoges von L. Heuermann
und Gestalter darstellt und der eigentlich nichts
anders sollte, als möglichst lebendig Werk und
Künstlerin zu dokumentieren. Zu Ausstellung und
Werk selber sagte u. a. der Direktor des
Museums, Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek Bei
den rund 80 Exponaten, die einen umfassenden
Überblick über die letzte Schaffensperiode Lore
Heuermanns ergeben, lassen sich mehrere
Gruppen erkennen. So stellen die quadratischen
Kleinformate mit den für die Künstlerin so typischen
Formarchetypen von wie Nabelscheiben gebildeten
Rundformen und Varianten von Viereckformen
eine frühere Schaffensperiode dar. Die Rundformen
mit zumeist punktueller oder augenartiger Mitte
und die Vierecksformen von quadratischer bis
bandartiger Ausgestaltung bilden die Pole für die
dynamische Aktivierung der farbigen Flächen-
kompositionen. Diese erhalten von einer durch das
Abdedrverfahren bedingten gesetzmäßigen
Aufeinanderfolge der leuchtenden Farben von
hellen zu dunkleren Werten, vorn Licht ins Dunkel,
eine zusätzliche Strenge und Monumentalität.
Die Arbeiten des großformatigen Zyklus
Kommunikation" verwenden die gleichen polaren
Gestaltungselemente. Sie werden iedoch so
zueinander in Beziehung gesetzt, daß trotz immer
neuer Konstellationen sich eine ganz bestimmte
Aussage ergibt. Die Zeichen erhalten hier die
Wertigkeit van ldeogrammen, die das Gesetz der
Kommunikation innerhalb einer größeren Ordnung
sichtbar machen.
Die figuralen Zyklen kennzeichnen den letzten Stand
der künstlerischen Entwicklung Lore Heuermanns.
Wie in den anderen Arbeiten verwendet sie auch
hier die kraftsuggerierenden Gestaltungselemente
ornamentale Reduzierung und axiale Symmetrie.
Zusammen mit einer hieratischen Frontalität
und monumentalen Statik der Figuren ergibt dies
iedoch eine neue Dimension der Aussage."
Abb. i-3.
H. Gilda Hinter-Reiter
Textil lastiken, Textilwandbehänge,
Grapliik
Altes Haus, Eitelbergersaal,
Wien Stubenring
4. August bis 3. September 1972
Fast als ein Modellfall im konträren Sinn zu Lore
Heuermann präsentierte sich H. Gilda Hinter-Reiter,
86
die, in Österreich geboren, nach den Vereinigten
Staaten von Nordamerika zog, um sich in der
Fremde sowohl menschlich wie künstlerisch zu
etablieren. Frau Dr. H. Gilda Hinter-Reiter,
Akademikerin und Künstlerin zugleich, arbeitet also
nicht nur freischaffend, sondern ist auch Professorin
an der Virginia Commonwealth University in
Richmond, Virginia. Künstlerisch groß geworden
ist sie in ihrer Heimatstadt Linz bei den Professoren
Paul lkrath, Franz Zülow, besuchte die Ecole
des Beaux Arts und Sorbonne, Paris, die School
of Art, Montreal Museum of Fine Arts, Kanada,
Pennsylvania State University, USA, und machte
ihren Dr. phil. im Jahre 1970 mit der Dissertation
Art and the Process of Change Study of the
Relationship of Art and the Museum". Sie unternahm
zahlreiche Studienreisen durch Westeuropa,
Skandinavien, Nordafrika und vor allem den
nordamerikanischen Kontinent, auf dem sie
schließlich neben Linz so gut wie seßhaft
bleiben sollte.
H. G. Hinter-Reiter fand auf ihrer Suche nach neuen
Formen und Methoden über die Wildheit des
Meeres, der Einsamkeit eines langen Strandes mit
alten, im Sand liegenden und an Baumstämmen
verstrippten ausgewoschenen Seilen ein neues
Medium. Sie war fasziniert von den Seilen und
Knoten an den Fischerbooten und erkannte deren
Funktion", die dem Leben des Fischers verhaftet
ist. So gesteht sie und sagt weiter, mir war dieser
Anblick eine Formschönheit in der Einfachheit".
Auf diese Weise fand die Künstlerin zu ihrer gewiß
selten geübten künstlerischen Art des Seilknotens
und -formens. Dazu machte sie Graphik und im
Zusammenhang ihrer weiteren textilkünstlerischen
Tätigkeit Collage und Applikationen. Die beiden
in der Ausstellung gezeigten Wondbehänge
Kanadischer Winter" und Herbst in den Blue
Ridge Mountains" waren geglückte Umsetzungen
in diese Technik, getragen von besonders
stimmungsentsprechenden Farben Abb. 4-6.
Joseph Binder
Nonobiective Art
Neues Haus, Ausstellungshalle,
Wien Weiskirchner Straße
15. September bis 29. Oktober 1972
Stille ohne das Wissen der Vergangenheit,
ahne Illusion der Zukunft nur das Erlebnis der
kreativen Gegenwart." Unter diesem Leitwort hatte
der 1971 im Sommer aus New York kommende
Joseph Binder seine erste große Ausstellung hier
in Wien konzipiert, und in der ersten Phase der
Realisierung derselben ging er selbst von einem
Tag zum anderen in iene Stille, die allen Lebenden
tief und unergründlich bleibt. The Exhibition
must go an" könnte man einen Gemeinplatz
abwandeln. Carlo Binder, die Frau des Künstlers,
mit dem Menschen, dem Künstler und dem Werk
J. Binder in selten inniger Symbiose zusammen-
gewachsen, ging unvermittelt daran, mitten in
Schmerz und Trauer gegen die Verlassenheit"
der plötzlich für immer Alleingelossenen
ankämpfend mit schier unglaublicher Energie
und Einfühlung die Ausstellung aufzubauen und
genauest nach dem von Joseph Binder erstellten
klaren Ordnu sprinzip auszurichten. Und dieses
CEuvre in seiner Gesamtheit, das Joseph Binder
in einer späten Phase seines Lebens neue Impulse
schenkte und an dem er weiterarbeitete, erfuhr in
der dafür wie prädestinierten, in Weiß und Grau
gehaltenen Ausstellungshalle des Museums eine
Verdichtung, die so etwas wie eine Aura von
sakraler Feierlichkeit verbreitete. Fachleute und
Presse rühmten sowohl die Geschlossenheit des
Werkes wie auch das klare Gesfaltungskonzept,
das von Joseph Binder selber erstellt wurde und
das diese Ausstellung zu einer der schönsten
Ausstellungen des Hauses überhaupt werden ließ.
Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek, der Direktor
des Museums, der sowohl bei der Eröffnung wie
auch in der Kafalogeinbegleitung die Persönlichkeit
Joseph Binders würdigte, sagte u. a. über ihn und
sein Werk So eindeutig, so offenbar, so
dynamisch, so ,schlagend', so ,laut' die angewandten
graphischen Arbeiten Joseph Binders sind, so
zurückhaltend, so reduziert, so voll Askese und
Verzicht auf Außenwelt, auf Figur, Abbild und
Zeichen, auf alle graphischen Elemente sind seine
Malereien. Sie bieten nichts als Farbe, als farbige
Flächen in einer bestimmten Ordnung. Sie sind
,Bilder der Stille', das heißt farbige Meditations-
malerei. Ihre direkte Farbwirkung bietet dem
Betrachter zunächst keine Orientierungshilfe. Sie
sind somit ein schwieriger Fall für den Europäer,
der selbst in der radikalen Abstraktion noch die
sinnliche Natur und den anschaulichen Ausgangs-
punkt zu sehen gewohnt ist.
Eine Begegnung mit diesen Arbeiten Joseph
Binders ist ein Ereignis, das sich nicht von der
europäischen Abstraktion her erfassen läßt.
Joseph Binder gehört vielmehr zu iener Strömung
von amerikanischen Malern, die wie Mark Rothko,
Adolph Gottlieb und Barnett Newman einen
spezifisch amerikanischen Beitrag zur ,Nonobiective
Art' geleistet haben" Abb. 7-9.
Präsentation einer Leihgabe der
Zentralsparkasse der Gemeinde Wien
Altes Haus, Saal VI,
Wien Stubenring
24. Oktober 1972
Wie zu ähnlichem Anlaß vor Jahresfrist, versammelte
sich abermals eine Feslgemeinde zu einer kleinen
Morgenfeier, die der Präsentation eines sogenannten
Wochnerinnentischchens galt, das die Zentral-
sparkasse der Gemeinde dem Österreichischen
Museum für angewandte Kunst als Leihgabe zur
Verfügung gestellt hat. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm
Mrazek begrüßte bei diesem Anlaß Generaldirektor
Dr. Karl Mantler von der Zentralsparkasse und
dankte diesem in herzlicher Weise für die
nachohmenswerte Tat, quasi dem Museum dieses
wertvolle Obiekt gekauft und es diesem überlassen
zu haben, wobei er gleichzeitig die Tatsache
unterstrich, daß ein Museum, das ia letztlich
mit seinen Kunslschcitzen der Öffentlichkeit dient, nur
unterstützt durch solches modernes Mäzenatentum
seine Sammlungen erweitern und bereichern kann.
Denn die zur Verfügung stehenden Dotationen
allein reichen bei weitem nicht, solches zielführend
tun zu können. Generaldirektor Dr. Mantler
gab in seiner Antwortrede einen kurzen Überblick
über das vielfältige Bemühen eines heutigen
Bank- und Geldinstitutes, neben der hauptsächlich
kommerziellen Tätigkeit auch in den Bereichen
der Kunst eine immer stärkere Synchronisierung
der Möglichkeiten des Engagements zu erreichen.
Auch er sah neben den mannigfaltigen Bemühungen
in dieser Richtung, wie Preisvergaben, Ausstellungen
etc., diese Form, beispielsweise einem Museum
einen besonders kostbaren Wertgegenstand zu
verschaffen, als einen neuen, begrüßenswerten
Schritt an. Nicht zuletzt blieb es dem Leiter der
Möbelsammlung, Dr. Franz Windisch-Graetz,
vorbehalten, einige Worte zum Anlaß zu sagen
und das Wöchnerinnentischchen auch vorzuführen.
Man sollte nicht versäumen, in diesem Fall darauf
hinzuweisen, daß es Dr. Windisch-Graetz abermals
erst in einem wahren Kreuzzug des Bittens, um
nicht zu sagen des Bettelns" gelungen war, dieses
Obiekt überhaupt an die Hand zu bekommen.
Erst sein unablässiges Bemühen und Ergreifen
auch des letzten Zipfels einer Möglichkeit hat,
wie am präsentierten Obiekt bewiesen, eine schon
fast verlorene Sache zum Positiven gewendet.
In drastischer Weise unterstrich auch er die
Bedeutung dieser neuen Art von Erwerbsmöglichkeit
für Sammlungen und gab in anschaulicher Weise
ein Zeitbild um das Wöchnerinnentischchen des
berühmten Pariser Ebenisten A. M. Criard
1724-1787, das allen Anwesenden erst so recht
dessen Bedeutung klarmachte. Die unverständliche
Absenz eines Gutteils der Presse, die samt und
sonders zu diesem gebührenden Anlaß eingeladen
war, sollte hier besonders vermerkt sein Abb. 10-12.
ln
Lore Heuermann, Marlonellen, 1972. Aus dem Zyklus Lore Heuermann vor einer ihrer Bildbutiken
Menschen", 220 240 cm
4. Gilde Hinler-Reiler, Sonne, Gras und Wasser. Ar! H. Gildn HinVer-Reilgr, Der Königsmunfel, was, 200 cm
Saum, Norlhern lllinois Universlly.
Joseph Binder, Ullramarinblau, 1965. Moncchrcm- Joseph Binder, lineare Federzexchnung, 1969. Schwarz-
Joseph Binder, Kobultviolelt und lndigo dunkel, 1967. pmstell, 64 B4 cm. Colledion Rolh Brolhers Fund, welß, 64 B4 cm. XXIII Americcn drcwing biennal,
Ol, 5D 53 cm. Rose Fried Gallery, New York Chicago Norfolk Museum
Dr. Franz Windisch-Gruetz und Fuchoberinsp. Rudolf 11 M. A. Criard 1724-1787, Wöchnerinnenllschchen, Ge- "I2 Das abgehobene Bevrischchen des Wdchnerinnenlisch-
Breier bei der Übernahme des Wöchnerlnnentischchens sumfanslchü chens von M. A. Criurd siehe Abbildung 10
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BRD Echter, Würzburg
Franz Wagner
Kunstbuch
oder Bilderbuch!
Zur gegenwärtigen Situation
des Kunstbuches Schluß
dolf-Trauner-Verlag unter dem genannten Titel
edierten Band hat er 197 seiner Fotografien
ausgewählt. Seine große Meisterschaft und sein
hohes handwerkliches Können machen viele sei-
ner Aufnahmen zum überzeugenden Erlebnis.
Mir schien es notwendig, mich mit den Abbildun-
gen in Bildbänden und ihrer Beurteilung so aus-
führlich zu befassen. Zum Schluß möchte ich
aber als Beispiel für das erreichbare Höchst-
maß an Qualität aller notwendigen Faktoren
Barock in Böhmen" ed. von Karl M. Swoboda,
Prestel-Verlag, München, 1964 nennen. Diese
Gemeinschaftsarbeit mehrerer bedeutender
Kunsthistoriker und ebenso bedeutender Foto-
grafen dank der Bemühungen von Johann
von Herzogenberg erreicht als kunsthistari-
sches Sachbuch" ein selten hohes Niveau und ist
für alle, die sich von Berufs wegen oder aus
Liebhaberei mit bildender Kunst und ihrer Ge-
schichte beschäftigen, von hoher Bedeutung und
bleibendem Interesse. Die Texte sind klar, prä-
gnant, sachlich und informativ, die Fotogra-
fien entsprechen allen Anforderungen, der Druck
ist gut, die Ausstattung liebevoll und gekonnt,
das Abbildungsverzeichnis wie die Literaturan-
merkungen und das Register mit ieweils deut-
schen und tschechischen Namensformen exakt
gearbeitet. Warum nicht immer so?
An dieser Stelle sei es erlaubt, einem vielleicht
utopischen, vielleicht realisierbaren Gedanken
nachzuhängen, der mich seit langem beschäftigt.
Der professionelle Kunsthistoriker weiß durch
gut gearbeitete nationale und internationale Bi-
bliographien, wie er seine Bücherschätze vermeh-
ren soll und kann. Kunstgeschichtliche Anzei-
gen" und ähnliches sind nur für ihn bestimmt,
die Buchbesprechungen in den Tageszeitungen
können nie umfassend die ganze Produktion be-
rücksichtigen, auch ist ihre Auswahl von der Zu-
sendung der Rezensionsexemplare abhängig.
Staatspreise für das Schönste Buch" umfassen
nicht nur Bücher über bildende Kunst, auch kann
das schönste Buch nicht gerade das beste sein.
Es fehlt dem wahren und ehrlichen Amateur
eine Kennzeichnung der Qualität, auf Grund der
er seine Interessen auch mit seinem Geldbeutel
abstimmen kann. Wäre es nicht möglich, daß
sich aus der Schweiz, aus der Bundesrepublik
und aus Österreich denn nur der deutsch-
sprachige Markt ist in diesem Fall interessant
einige ernsthafte unabhängige Rezensenten zu-
sammenschließen, vielleicht im Rahmen dieser
Zeitschrift, um nach einem abzusprechenden Ver-
fahren Plus und Minus der Neuerscheinungen
festzustellen? Ihr gemeinsames Urteil könnte an
geeigneter Stelle ausführlich begründet und in
der Kurzform von Prädikaten in den wichtigsten
Tageszeitungen veröffentlicht werden. So wäre
die Produktion am Kunst-Sachbuch" für den
Amateur übersichtlich und klar; ihm würde damit
im Sinne einer wahren Erwachsenenbildung wert-
volle Hilfe geleistet werden.
Unser Autor
Franz Wagner
Postfach 11
A-5163 Mattsee
Buchbesprechungen
spätere gewaltige innere Sprengung ahnen, die
schließlich zur absoluten Befreiung vorn
Vergangenen und zur neuen und stets erneuerten
Stilschäpfung geführt hat. Der erste Akt eines
langen Lebens, dessen Kräfte und Resultate die
dreifache Dimension gewöhnlicher Sterblicher
erreicht haben, das immer noch quillt von neuen
Schaffensprozessen.
AMK-Prädikat Künstlermonographie, mit not-
wendigem wissenschaftlichem Apparat, hervor-
ragende Qualität in drucktechnischer und foto-
technischer Hinsicht. KR
Kurt Badt, Eine Wissenschaftslehre der Kunst-
geschichte, 200 S., 8c. M. DuMont-Schauberg,
Köln 1971.
Man muß dem Verfasser Dank wissen, daß er sich
die Mühe gegeben hat, in einer kleinen, handlichen
Übersicht verschiedene Themen Historik der Kunst-
geschichte, die Geschichte als Ausgangspunkt,
Heuristik, Kritik, Interpretation, Systematik, kunst-
geschichtliche Arbeit nach ihren Formen, Arbeitern
und nach ihren Zwecken wie endlich die Topik
wenigstens flüchtig untersucht und in einer leicht
faßlichen Weise dem Leser unterbreitet zu haben.
Ein wahrhaft gigantisches Unternehmen das
naturgemäß im Bestreben, alles zu erfassen, an dem
gesteckten, winzigen Rahmen scheitern mußte.
Badt fußt vor allem auf Hegel, Heidegger und
Droysen, von dem er in einer Art Besprechung
reichlich Zitate und Auszüge aus der Historik"
bringt. Er kennt auch antike Philosophen und
bringt weiterhin als Belege Aussprüche von
Schalastikern. Seit Droysens Grundriß der
Historik" 1868 sind aber mehr als hundert Jahre
verstrichen! Was iener Gelehrte ex cathedra
verkündete, ist durch inzwischen neu erstandene
Wissenschaften und Forschungsergebnisse wohl zu
ergänzen!
Im Aufbau seines Werkes versucht Badt methodisch
aufzuzeigen, wie weit die kontemplative Seite der
Kunstwissenschaft sich bis heute entwickelt hat und
wo sie steht. Dies gelingt ihm in verdienstvoller
Weise dadurch, daß er die geistigen Güter und
Erkenntnisse des 19. Jahrhunderts konserviert und
erneut zur Debatte stellt. Anfang und Ende der
Kontemplation stehen und fallen aber mit der
Frage nach dem Wesen der Kunst" S. 17 ff.. Hier
ist der Autar am Wesentlichen der Begriffsbestim-
mungen wohl vorbeigegangen. Zur Klärung wird
man endlich nicht umhin können, die berühmte
Stelle bei Platon, Politeia p. 597 ff., neu zu
interpretieren! Und wenn man gerade im 19. und
vielleicht auch nach im 20. Jahrhundert geglaubt hat,
die Gedanken des Philosophen der Bequemlichkeit
halber als Verkennung vom Wesen und der
Bedeutung der Kunst" deuten zu dürfen, dann ist es
hoch an der Zeit, die Ansicht zu revidieren und
daraus ein Erkennen und Verstehen zu formen!
Gleichfalls empfiehlt es sich, neben der
Nikomachischen Ethik auch Aristoteles, De arte
poetica ff., zu Rate zu ziehen, daraus ergeben
sich erstaunliche Denkansätze in bezug auf das
Begreifen der Kunstl
Was Badt als Antwort auf die Frage vom Werk
der Kunst und seiner Wahrheit" S. 19 ff. anzubieten
hat, ist einfach oberflächlich und mußte es bleiben,
da er offenbar auf die Ergebnisse verwandter
Disziplinen nicht zurückgreifen konnte oder wollte.
Die Dinge Kunst" und Wahrheil" betreffen das
Menschentum zutiefst. Man versucht von
verschiedenen Seiten her, neue Erkenntnisse zu
gewinnen. Dem Autor, der in der Einleitung
genaues" Durcharbeiten seines Werkchens eher
wünschte als leichtes Durchlesen, hätte gerade
zu diesen Themen genaueres Durchdenken nicht
geschadet. Wenn er aber das Primäre an den
Prinzipien und damit an den Grundlagen, auf
denen die Kunstwissenschaft im Ganzen aufbaut,
wenn er akzeptable Definitionen, Determinationen
oder selbst Aspekte nicht erkannte oder aufzuzeigen
vermochte, so hat Badt doch Anstoß gegeben, den
einmal betretenen Weg weiterzugeben. Sein Werk
ist derzeit nicht zu übersehen. W. Hein
Erich Egg Kunst in Tiral Malerei und
Kunsthandwerk". 412 Seiten, 224 Abb., 30 Farb-
tafeln, Format 22 27 cm. Tyrolia-Verla
lnnsbruck-Wien-München 1972.S 850.-,DMl25.-.
Nach dem Band über Tirols Plastik und Architektur
legt der Autor nunmehr die Darstellung der
Malerei und des Kunstgewerbes vor. Die
internationale und zentrale Stellung der Tiroler
Malerei, ihre Funktion als Brücke zwischen
Italien und dem Norden, ihr Reichtum an immer
neuen schöpferischen Impulsen, die vor allem nach
Wien, aber auch nach Süddeutschland wirken,
wird vor allem an der Darstellung der Barock-
malerei evident. Auch das Kunstgewerbe ist dank
der Erfahrung des Verfassers als Direktor des
Landesmuseums Ferdinandeum glänzend dargestellt.
Die Aufgliederung in Essays macht das Buch für
iedermann leicht faßlich, der Fachmann orientiert
sich in dem nach Druckseiten organisierten
Anmerkungsteil zur Literatur. Alle notwendigen
Indizes vorhanden.
AMK-Prädikat volksbildend, mit hinreichendem
wissenschaftlichem Apparat, regionale Anthologie
mit europäischem Aspekt. KR
Wanda Aschenbrenner TfGregor Schweighofer
Paul Troger. Leben und Werk. 226 Seiten Text,
461 Abb., davon 16 farbig. Verlag St. Peter,
Salzburg 1965. 576.-, DM 82.30, sfr 96.-.
Der Hauptmeister des Tiroler Barock ist in dieser
schon 1965 erschienenen Monographie vor allem
in seinen Werkverzeichnissen hervorragend
dargestellt. Auch die historischen Quellen sind
durch die inzwischen verstorbene Verfasserin
Wanda Aschenbrenner gründlich zusammengefaßt.
Seit dem Erscheinen des Buches hat es einige
weitere Neuentdeckungen meist in unserer
Zeitschrift publiziert gegeben. Es wird demnächst
aus dem Nachlaß Wanda Aschenbrenners an diesem
Orte ein kompletter Nachtrag vorgelegt werden.
Er wird in keiner Weise die Gültigkeit und
Aktualität der vorliegenden Monographie
beeinträchtigen.
AMK-Prädikat Monographie, allen
wissenschaftlichen Ansprüchen entsprechend, in
hervorragender foto- und drucktechnischer
Ausstattung. KR
Otto R. v. Lutterotti Hans Pontiller Der
Tiroler Bildhauer 1887-1970." Großbildband.
128 Seiten, davon 28 Seiten Text, Zeittafel zum
Leben Pontillers,Werkverzeichnis. Tyrolia-Verlag,
lnnsbruck-Wien-München 1971.
Der Künstler verfolgte in seiner Entwicklung alle
wesentlichen internationalen Strömungen seiner
langen Schaffenszeit auf der Grundlage alter
Tiroler Bildhauerkunst mit ihrem Hang zum
Rückblick und zum Expressiven, die Schärfe
zeitgenössischer Richtungen dabei stets zum
traditionellen Bildschnitzerischen" hinüber-
brechend. Zweifellos eine Künstlerpersänlichkeit
von besonderem regionalem Rang, die immer
wieder um Anschluß an internationales Niveau
rang.
AMK-Prädikat populärer Bildband, monographisch,
mit Literaturverzeichnis. KR
Franz Colleselli Tiroler Bauernmäbel".
Großbildband mit 16 Farb-, 141 Schwarzweiß-
bildern, Textillustrationen, Karten. 20 Seiten
Text. Bilderläuterungen in Deutsch, Italienisch,
Englisch und Französisch. 200 Seiten, Tyrolia-
Verlag, lnnsbruck-Wien-München 1972,
3. erweiterte Auflage. 390.-, DM 58.-.
In einem vorbildlich schön gestalteten Bildband
wird die vielfältige Kunst des Tiroler Bauernmöbels
in ihren Sonderformen der kleinen Talregionen in
ausgewählten Beispielen vorgestellt. lnformierende
Texte in drei Sprachen.
AMK-Prädikat volksbildend, ohne weiteren wissen-
schaftlichen Apparat. KR
Walter Buchowiecki, Handbuch der Kirchen Roms
2. Band, Verlag Brüder Hallinek, Wien, 1970,
ÖS 770.-, 924 Seiten.
Wir haben schon 1968 im Heft 98 auf den ersten
Band hingewiesen und iedem, der sich mit der
89
Hans Platte Deutsche lmpressionisten
Ein lNerk über die deutschen lmpressionisten hat
es bisher nicht gegeben. Hans Plane zeigt in diesem
Band erstmals die Leistungen des deutschen
Impressioms allem an Hand der Werke
Liebermanns, ori und Slevogls. Der Text 168
Seiten auf Kunstdruck wird durch mehr als 100
Abbildungen darunter 48 ganzseitige Farbtafeln
illustriert. Mitgliederpreis 110.-
W. Koschetzky A. Strobl
Die Albertina
Des erste zusammenfassende Werk über die
weltberühmte Sammlu ihre Geschichte, Bestands-
ubersicht, Kunstlerregi und räsentative
Reproduktionen. 448 Seiten, teils farbige
Abbildungen.
Mitgliederpreis 239.-
Berühmte Gemäldegalerien der Welt
Prado Louvre Gemäldegalerie
Berlin Nationalgalerie Washington
verfaßt von den jeweiligen Direktoren bzw. Kustoden
der betreffenden Sammlung. Jeder Band hat 320
Seiten mit über 300 Abbildungen, davon ca. 100
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Kurt Moldovan, CORTES IN MEXIKO
Kurt Moldovan, ANTIKE SZENEN
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Robert Waissenbcrgcr, ARNULF NEUWIRTH
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Essay Wieland Schmied
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Albert Paris Gütersloh, KAIN UND ABEL
Oskar Kokoschka, DIE TRÄUMENDEN KNABEN
DOKUMENTATION
Rudolf Waissenbcrgcr, DIE WIENER SECESSION
Otto Antonia Graf, DIE VERGESSENE WAGNERSCI-IULE
Karl Dierncr, FIGUR-WIENER NATURALISTEN
Kristian Sotriffer, SYMPOSION ST. MARGARETHEN
VER SACRUM
Neue Hefte für Kunst und Literatur
JUGEND UND VOLK
WIEN MÜNCHEN
Buch besprechu ngen
Kunstgeschichte oder Geschichte der Ewigen Stadt
beschäftigt, dieses Nachschlagewerk besonders
empfohlen. Wir können es nach Erscheinen dieses
schon sehr erwarteten zweiten Bandes nur wieder-
holen. Dieses Mal werden in alphabetischer Folge
die Kirchen von Gesü Crocefisso; einer Kapelle
des Palazzo Barberi in der Via delle Quattro
Fontane, bis S. Maria in Monticelli innerhalb der
Mauern Roms beschrieben. Wieder sind die oft
sehr ausführlichen geschichtlichen Hinweise zu den
Bauten von außerordentlichem Wert, gewinnen durch
sie doch erst die verschiedenen baulichen
Veränderungen an einem Obiekt zusammen-
hängende Begründungen. Auch werden sie dem
interessierten Laien ein Studium der Kirchen und
ihrer Einrichtungen niaht nur erleichtern, sondern
auch lebendiger machen. In Korrekturen der
Kollegen etwa S. 53 spiegelt sich das Ringen des
Wissenschaftlers um den wahren Sachverhalt.
Diesem wird auch mit zahlreichen Berichtigungen
und Nachträgen" zum ersten Band am Ende dieses
Buches Rechnung getragen. Daß aber auch
andere Meinungen durchaus erwähnenswert und im
Zusammenhang mit den Untersuchungen um
Ursprung und Geschichte ihre Bedeutung haben,
wird immer wieder auch dort dokumentiert, wo
nach Meinung des Autors oder der überwiegenden
Mehrheit der Fachkollegen eine eindeutige Antwort
gefunden wurde etwa S. 4861. Dieser Band wird
auch von mehr Grund- und Aufrißzeichnungen
als der erste die dem jeweiligen Text gegenüber-
stehen bereichert, wodurch dem heute optisch
sehr ansprechbaren Menschen die Maß- und
Lageverhältnisse viel gegenwärtiger werden.
Zwei dem Buche beigelegte Tafeln zeigen ausführlich
verschiedene Planungs- und Baustufen von
S. Giovanni de' Fiarentini mit 16 Plonvarianten,
und SS. Giovanni Paola mit einer gründlichen
Übersicht der verschieden alten Anlagen.
Wie schon im Vorwort angekündigt, ist daran zu
zweifeln, daß mit einem dritten Band alle restlichen
Kirchen Roms erfaßt werden können. Es wäre sicher
verfehlt, auf halbem Wege umzukehren und die
Bearbeitung der restlichen Gebäude nur summarisch
oder oberflächlich zu behandeln. Wir werden
also noch auf ein viertes Buch zu warten haben.
Was aber die allgemeinere Befürchtung des
Verfassers betrifft, glauben wir gerade an Hand
des Beispieles Rom an einen immer wieder aus
der Asche steigenden Phönix der europäischen
Geistigkeit", wenn auch in anderem Kleid und
anderer Sprache, glauben zu dürfen.
AMK-Prädikat Handbuch, populärwissenschaftlich,
kunstgeschichtlich und historisch fundiert.
Alois Vogel
Ludwig Grate, Joseph Sutter und der
nazarenische Gedanke. Prestel-Verlag München,
1972 Studien zur Kunst des 19. Jh., Band 14;
Forschun sunternehmen der Fritz-Thyssen-Stiftung
Arbeits reis Kunstgeschichte, 302 S., 77 Abb.
im Text, 70 Bildtafeln, davon vier farbig,
DM 100.-.
Mit dem Titel des Buches ist die doppelte Aufgabe
angegeben, die sich der Verfasser gestellt hat
Joseph Sutter 1781-1866, einen der wenig bekannten
von den sechs Malern, die in Wien am 10. Juli 1809
den Lukasbund" gründeten, in seiner künstlerischen
und menschlichen Erscheinung vorzuführen und
parallel damit, in ständiger Wechselbeziehung, das
Streben und Wirken der Nazarener" in ihrer
Frühperiode zu schildern. Vom Künstlertum der
beiden führenden Maler Overbeck und Pforr ist die
begrenzte Begabung Sutters immer in weitem
Abstand geblieben, doch war er der begeistertste
aller Ordensbrüder" Grote, S. 51 des Bundes,
und er ist es trotz aller ständigen materiellen Not,
trotz Erfolglosigkeit und Enttäuschungen und
einem bitteren Alter geblieben. Damit hatte er
seinen Platz im Gesamtbild dieser so sehr vom
Gedanklichen, von Wollen und frommem Glau
geleiteten Kunstrichtung.
Inhalt und Aufbau der Untersuchung lassen sic
bereits ein wenig aus einer Aufzählung der Ka
des Textes erkennen Herkunft und Ausbildun
Der Weg zur Romantik", Der Lukasbund",
Kunstgespräche", Die lnkunabeln der
nazarenischen Malerei", Abschied der Freund
Sutters Kampf mit der Akademie", Als Apos
Wien", Endlich in Rom", Über Wien nach
München", Lebensabend in Linz", Das Werk
Der anschaulichen Darstellung der Lebensgescl
Sutters im Hauptteil des Textes und der Analys
der Werke in dessen letztem Kapitel ist als
dokumentarischer Abschnitt der Abdruck von
21 Briefen des Malers, teilweise in Auszug, ang
von denen 14 an den stets hilfsbereiten und
schwärmerisch verehrten Freund Overbeck geri
sind. Ein Werkverzeichnis" führt 129 Arbeiten
Gemälde und Zeichnungen, davon 2B verscholl
an; mit den 75 Abbildungen von Werken Sutte
ist also ein beträchtlicher Teil des Erhaltenen
illustriert.
Mit seiner Art der Vorführung, der geglüdrten
Lösung der anfangs hier erwähnten doppelten
Aufgabe, der Verbindung von Künstlermonogri
und gedrängter Vorführung des Grundsätzlich
der Kunst der Nazarener, ist die vorliegende
Publikation von Ludwig Grote einer der wichtig
Beiträge zum Thema in Buchform seit seinem ei
umfangreichen Buch Die Brüder Olivier" vom
Jahre 1938 und Keith Andrews' zusammenfasse
1964 erschienenen Buch The Nazarenes
Bratherhaod of German Painters in Rame".
AMK-Prädikat; Künstlermonographie mit
künstlerischem Grundsatzaspekt, wissenschaftl
Ansprüdien entsprechend, mit Werkverzeichni
Fritz Nr
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Brüder
Rosenbaum
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drucksorten, Plakaten,
Glückwunschkarten, wissen-
schaftlichen Werken,
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Prestel-Verlag, München
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gang 1971-72. Englische Originalausgabe.
Seiten mit über 1000 Abbildungen, davon
in Farbe. DM 85.-
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Katalog der Sammlung Hentrich im Kunsfn
seum Düsseldorf, bearbeitetvon Helga Hilsche
528 Seiten mit 458 Abbildungen, davon 141
big Jänner 1973. Ca. DM 48.-
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Bestandskatalog der Königlichen Porzellan-k
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abendländischer Schmuckkunst
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de. Von Donald E. Gordon. 484 Seiten mit
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zu religiösen Themen, zu beschaulichen
und humoristischen Gedichten, zu
Tagesereignissen aller Art, zu
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und Moritaten sowie vielfältige
Beschäftigungsbogen heraus, die hohe
kulturgeschichtliche Bedeutung haben.
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Neuruppin und Märkisches Museum
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Beispiele ausgewählt, die nicht nur als
kuriose Zeitdokumente, sondern auch als
eigenartige volkskünstlerische
Leistungen höchstes Interesse
beanspruchen und jeden Bibliophilen
erfreuen werden. Die kenntnisreichen
Ausführungen über die Geschichte
und Themen der Neuruppiner
Bilderbogen werden durch einen
hinterlassenen Aufsatz Wilhelm Fraengers
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Dieses Werk des bedeutenden Kunsthistorikers vermittelt ein
Bild Österreichs, wie es sich aus den innerhalb Österreichs
entstandenen oder vorhandenen Werken der Architektur, der
Malerei, der Plastik und des Kunstgewerbes im Zusammen-
hang mit den geschichtlichen Ereignissen und Persönlich-
keiten sowie den politischen und sozialen Bedingungen er-
gibt Zeitgeist in seiner künstlerischen Ausformung durch
die Eigenart einer Landschaft. Der Bildteil ist besonders
sorgfältig gestaltet.
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Toulouse-Lautrec
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216 Seiten, davon 20 mehrfarbige
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Die faszinierende Welt der Tänzer und Tänzerinnen des
Montmartre, die Atmosphäre exzentrischer Pariser Cabarets
und Theater, der Bordelle, des Zirkus, der Rennbahn sowie
die zahllosen Originale der einzigartigen Stadt werden in
den Zeichnungen dieses genialen und im Leben so tragi-
schen Künstlers lebendig. Ein wertvoller Geschenkband für
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Die Wiener Schule
Brauer Fuchs Hausnerl
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2., unveränderte Auflage, 64 Seiten, 64 Bildtafeln,
davon 16 farbig,
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Auf dreierlei Art führt der Text dieses Buches an das Phä-
nomen des Phantastischen Realismus" heran Albert Paris
Gütersloh stellt seine einstigen Schüler in einer tiefgründig-
meditativen Erinnerungsstudie vor. Wieland Schmied ana-
lysiert in einem Essay das Wienerische dieser Wiener
Schule", ihre Herkunft aus der Welt des Barocks, des
Traums, Vielschichtigen, Literarischen, Manieristischen. Und
in den Gesprächen, die Hermann Hakel beisteuert, reden
die Maler in der allerpersönlichsten Art zum Freund ihrer
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