FRANZ ANTON
MAULQEßTSOH
Eines der Sensationsobjekte
rgroßen China-Ausstellung in Paris
und London nun in Wien neben
iderten Kostbarkeiten von höchstem
torischem und künstlerischem Flang
erstmals außerhalb der Grenzen
Chinas zu sehen.
Fliegendes Pferd aus Bronze,
2. Jh. n. Chr Wu-weifKansu.
Hauptstück eines Fundes aus dem Grab
eines Generals der Han-Zeit. Beispiel
für die aus dem Westen von China
eingeluhrte "himmlische"
oder Hblutschwitzende" Pferderasse,
Archäologische Funde
der Volksrepublik China
Ausstellung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung,
durchgeführt vom Österreichischen Kulturzentrum
und dem Österreichischen Museum für angewandte Kunst
Wien Stubenring
Auch dieses Totenkleid der Prinzessin Tou Wan.
gefertigt aus 2156 mit Golddraht
usammengehefteten Jadeplättchen.
Paradestuck der Ausstellung
ologische Funde der Volksrepublik China".
sterreichisches Museum für angewandte
Kunst, Wien, wurde mit 380
kostbaren Exponaten von unseren verläßliclten
Spezialisten sicher gebettet
aus London nach Wien gebracht.
E. Bäuml
Gesellschaft m. H., gegr. 1862
Internationale Kunst- und Möbeltransporte. Antiquitätentransporte
Internationale Spedition. Ein- und Verkauf von Antiquitäten, Gemälden und Kunstgegenständen
A-1015 Wien, 1,Johannesgasse 22l1,Kantgasse Telefon 72 46 41 Serie -Telex O1l1469
hoFq aleme
DRJJJOIFQAHQ hoFsTärrTeR
Kunst des Mittelalters
und der Renaissance
Die Galerie
für den Sammler
und Kenner
132 anwndmkunsf
alte und moderne kunst 19. Jahrgang 1974! Heft 132
Gerhclrt Egger
Zum Malerepos des Fürsten der glücklichen
Konstellation" Emir Hamzc
Zu den Blättern in der Kunstblöttersammlung des Österreichischen
Museums für angewandte Kunst, Wien ..
Wilhelm Hein
Der arabische Name muquarnag für das bei uns
Sfalakiifen" genannte Ornament ..
Siegfried Wichmcnn
Bildreihen zur Begegnung der europäischen Kunst im
19. und 20. Jahrhundert mit dem islamischen
Orient, mit Schwarzafrika und lndo-Ameriko
13
Wilhelm MrazeklErich Bolienstern
Josef Hoffmanns Haus für Carl Moll renoviert ..
Gerhard Mayer
Aufforderung zum Träumen
Eine Bestandsaufnahme der österreichischen Kunstszene
in den sechziger Jahren ..
24
27
Künsflerprofile ..
Mothius Hietz von Alois Vogel ..
Martin Heimunsky ein Wofrubo-Schüler von Jiri Vuloch
Aktuelles Kunstgeschehen ..
Für den Kunstsammler P4 ..
Fotografie im Geiste Woldmüllers von Hans Frank
Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Bildnochweis
uuwwummw
Titelbild Walter Pichler, Obiekt. Museum des 20. Jahrhunderts in
Wien Weltenhüter T'ien wong, Ton, Dreiforbenglosur, Anfang
8. Jh., 65,5 cm. Prov. Shensi; aus der großen China-Ausstellung im
Österreichischen Museum für angewandte Kunst, Wien.
Herausgeber Kurt Rossacher Eigentümer und Verleger AMK-Verlog,
'A-5024 Salzburg, lmbergstraße Postfach 12, Telefon 06222 73731.
Redaktion Wilhelm Mrazek Chefredakteur, verantwortlich für den Inhalt;
Franz Windisch-Graetz Kunstgeschichte, Peter Baum Wiener Kunstkritik,
Alois Vogel Bundeslünderberichte, Leopold Netopil graphische Gestal-
tung, lmprimatur; alle Österreichisches Museum für angewandte Kunst,
A-1010 Wien, Stubenring Telefon 0222 72 5696 und O2 22 72 56 97.
Zweigredaktion Salzburg Kurt Rassacher Gesamtgestaltung, Franz Wagner
Salzburger Kunstkritik, alle A-5024 Salzburg, lmbergstraße Postfach 12.
Herstellung Wagnefsche Unim-Buchdruckerei Buchroithner 8. Co., Innsbruck.
Für unverlangte Einsendung von Manuskripten oder Fotos wird nicht gehaftet.
Preis 1974, inkl. Porto; Jahresabonnement, Nummern davon ein Doppel-
heft, öS 454.- inkl. Mehrwertsteuer, DM 63.-, sfr 72.-, Lit 11,800.-. Einzelheft
öS 81.- inkl. Mehrwertsteuer, DM 13.-, sfr 15.-, Lit 2300.-
Rates 1973, second class mail included subscription or issues per anno
212.-, us 22.- by air us 34.-, single issue 21.70, us 4.50 by air
US 6.50.
Vertrieb WUB, A-601O Innsbruck, Erlerstraße 5-7, Postfach 211. Bank Credit-
anstolt, Filiale Innsbruck, Konto Alte und moderne Kunst", Nr. 89-53291.
Anzeigen AMK-Verlag. Erscheinungsort Innsbruck.
Die außergewöhnliche Ausstellung
Kunstschätze aus China
SOODOO v. Chr. bis 1400 n. Chr."
noch bis 20. April in Wien
Zwei Wochen nach Eröffnung der Ausstellung
Archäologische Funde der Volksrepublik China"
konnte Frau Dr. Herta Firnberg, Bundesminister
für Wissenschaft und Forschung, bereits den
50.000. Besucher begrüßen. Ein neuer Besucherrekc
wird mit Sicherheit erwartet. Die Erstauflage
des Kataloges, 20.000 Exemplare, war zeitweise
vergriffen. Nach der zweiten Auflage muß
bereits ein dritte vorbereitet werden. Man erwarte
nun Besucher aus den angrenzenden Staaten,
vor allem aus der Bundesrepublik Deutschland,
Raum München, der Schweiz und Italien, da
diese sensationellen Grabungsfunde chinesischer
Archäologen nur mehr in Wien so nahe zu
sehen sein werden. Verstärkter Zuspruch ist
auch aus den österreichischen Bundesländern
und deren Hauptstädten festzustellen.
Wir informieren daher hier ausschließlich über
dieuses Ereignis, das kein Kunstfreund versäumen
so te.
Gerhart Egger
Zurn Malerepos des
Fursten der glücklichen
Konstellation" Emir Hamza
Bl. 8770i. Der Perserkönig Aenuschiraewan
Chosruu 531-578 sendet seinen Heerführer
Pur-i-aesk Sassun gegen Buehrum, den Sohn
des Herrs ers von Cin, im Kampf gegen die
Turkvölker.
Yie Bibliothek des Österreichischen Museums für angewandte Kunst in Wien besitzt sechzig Blätter der wohl bedeutendsten erhaltenen MoguI-Handschrift, die
Hofe Akbars vor 1579 entstanden ist. Es handelt sich um ganzseitige Miniaturen aus dem sogenannten Hamza-Roman, von dem weitere 70 bis 75 Blätter über
'ie ganze Welt verstreut sind. Auch ist nicht auszuschließen, daß noch weitere Blätter dieser bedeutsamen Handschrift, die anfänglich etwa 1400 Miniaturen ent-
alten haben dürfte, auftauchen werden. Durch die Verstreuung der Blätter auf etwa 26 Sammlungen konnte bisher noch keine Gesamtuntersuchung des vorhan-
'enen Materials begonnen werden. Nun aber versucht die Akademische Druck- und Verlagsanstalt in Graz in ihrer Faksimile-Reihe Codices Selecti" erstmals die
ollständige Veröffentlichung aller erreichbaren Blätter zusammen mit den stetsauf der Rückseite stehenden Texten. In Zusammenhang mit dieser aul Jahre hinaus
onzipierten editorischen Arbeit werden zunächst die Blätter der Bibliothek des Osterreichischen Museums für angewandte Kunst in einer eigenen Mappe vollständig
Farbe reproduziert werden. Mit dem Erscheinen dieser ersten Mappe ist noch im Jahre 1974 zu rechnen. 7975 sollen danndie 27 Blätter des Victoria and Albert
duseum in London erscheinen, bevor dann, wohl wieder in Jahresabstand, auch die Blätter der übrigen Sammlungen der Offentlichkeit voll in Farbe zugänglich
emacht werden. Anschließend daran soll ein eigener Kommentarband erscheinen. an dern der Direktor der Bibliothek des Osterreichischen Museums für ange-
vandte Kunst. Hofrat Hochsch.-Doz. DDr. Gerhart Egger. als unsthistoriker mitwirken wird. Es ist zu hoffen. daß mit dieser angekündigten Publikation ein Großteil
ler Fragen, die mit dem Hamza-Roman in Verbindung stehen. einer Läsung näher gebracht wird.
Österreichs Museen besitzen, nicht nur im ge-
samten gesehen, eine Vielfalt van Kunstsamm-
lungen unschätzbaren Wertes, sondern auch in
einzelnen Sammlungen selber sehr kostbare Ra-
ritäten, die ihresgleichen in der Welt suchen.
Eine solche stellt die Obiektegruppe des so-
genannten Hamza-R0mones" dar, die seit dem
Jahre 1873 im Besitz der heutigen Kunstblätter-
sammlung der Bibliothek des Österreichischen
Museums für angewandte Kunst ist. Zum hun-
dertiährigen Jubiläum der Wiener Weltausstel-
lung 1873 sind in vorangegangenen Heften un-
serer Zeitschrift einige Themen behandelt wor-
den. Im Anhang daran folgt dieser Beitrag.
Gleichfalls var hundert Jahren nämlich bewirkte
eine glückhafte Fügung, daß im persischen Pa-
villon der Weltausstellung vom damaligen Lei-
ter der Bibliothek des Österreichischen Museums
für Kunst und Industrie sechzig Blätter der vor-
liegenden Handschrift aus der Zeit der Mogul-
kaiser eines der bedeutendsten Zeugnisse der
islamischen Kunst des I6. Jahrhunderts ent-
deckt wurden. Und nicht nur entdeckt, sondern,
in ihrer künstlerischen Bedeutung sehr wohl ein-
geschätzt, sofort für die iunge, im Aufbau be-
findliche Bibliothek des Museums erwarben wer-
den konnten. Wenn man auch noch bedenkt,
daß gerade auf dieser Weltausstellung 1873 in
Wien erstmals Europa mit der Welt des Nahen
und Fernen Ostens konfrontiert wurde, so ist
diese damals ad hac vorgenommene Erwer-
bung von heute her gesehen als besonderer
Glücksfall zu bezeichnen.
Die romanhafte Erzählung liegt in einer Reihe
van Bruchstücken vor, aus denen der Verlauf
der Geschichte in den wesentlichen Zügen re-
konstruierbar ist. Allerdings sind die dem Mu-
seum gehörenden Blätter nur ein geringer Teil
des Ganzen. Darüber hinaus existieren nach
zwölf persische, drei arabische und eine tür-
kische nichtillustrierte Ausgabe. Die sagenhafte
phantastische Dichtung, die sich nur in wenigen
Punkten an die geschichtliche Figur ihres Helden
hält" Glück, hat doch im ganzen gesehen einen
historischen Hintergrund. Emir Hamza mit sei-
nem Beinamen der Fürst der glücklichen Kon-
stellation" war ein Onkel des Propheten Mo-
hammed, der an den ersten Glaubenskämpfen
des Islam teilnahm, bei der Schlacht bei Badr
erwähnt wird und in der Schlacht bei Uhut im
Jahre 625 den Tod fand.
In die sagenhaft ausgeschmückte Geschichte die-
ses Helden schieben sich nun folgende histo-
rische Ereignisse
'l. die islamische Eroberung van Syrien und
Persien;
2. die Kämpfe des Islam gegen den Kaiser von
Byzanz;
3. die Kämpfe zwischen den sassanidischen per-
sischen Königen und Byzanz;
4. der Feldzug des Sassanidenkönigs Chosrau I.
531-578 gegen den Kakhan, den Herrscher
der Turkvölker Transoxaniens.
Aus dem letzteren wird in dem Roman das Auf-
treten Hamzas am persischen Hof geschildert
und damit der Beginn der ganzen Erzählung.
Jener sossonidische König Chosrau tritt als
Aenuschiraewan im Roman auf. Zu all dem aber
tritt auch die Geschichte der mohammedani-
schen Eroberung Indiens, wodurch eine gewisse
Angleichung des Kampfes der Großmogule an
die Eroberungszüge Hamzas entsteht. Durch die-
sen komplizierten historischen Hintergrund er-
geben sich manche Vermischungen, so wie Aenu-
schiraewan zum Teil als Auftraggeber Hamzas
und sein Verbündeter, da Hamza seine Tochter
heiratete, auftritt, andererseits aber doch als
Iranier gegen den Islam steht. Abgesehen von
diesen historischen Grundlagen, zeigt der Ro-
man in der Fassung des späten I6. Jc
derts als wahrscheinliche Datum seint
stehung müssen die siebziger Jahre des
hunderts angenommen werden die Auf
der verschiedenartigsten Heldensagen um
tungemSo wurde vieles von iahrhunderteal
gentradition zurück bis zurOdyssee und de
ander-Romanen in dieser Dichtung verarl
In kurzer Inhaltsangabe geht es in dem
um folgende Geschichte In der Varges
werden der Hof des Perserkönigs Aenus
wan und seiner Wesire wie die Jugend
beschrieben. Der erste Teil beginnt mit
Aufstand gegen den Perserkönig, bei dem
zu Hilfe eilt und nach dem für den Köi
fachtenen Sieg nach Mekka zurückkehrt.
schiraewan holt aber Hamza wieder in
Hauptstadt; dort verliebt sich Hamza
Tochter des Königs, Mihrnigar. Im folg
werden eine Reihe von Abenteuern Hamz
schildert, aus denen er immer wieder als
heimkehrt. Alle diese Unternehmungen sin
auf die Intrigen der Wesire des Königs
zuführen, die die Heirat Hamzas mit de
zessin verhindern wollten. So zieht Harn
gen den König von Ceylon und befreund
dort mit seinem anfänglichen Gegner Lot
hur, der von da an einer seiner treuestt
gleiter bleibt. Weiter kämpft er gegen
gegen die Ägypter und unternimmt eine
lang dauernde Aktion gegen das Geist
im Kaukasus. Dort heiratet er eine Gen
er schließlich den eroberten Teil des
schenkt, die auch bis zum Schluß der Erzt
mehrfach wieder auftaucht. Nach all
Abenteuern und endlicher Rückkehr au'
Kaukasus findet die Ehe mit Mihrnigar st
folgenden aber gerät er mit dem Perse
in Streit, der nach Abessinien flieht un
Hamza verfolgt wird. Hamza wird dc
kurze Zeit gefangengenommen, von
treuesten Freund Emr befreit und kehrt
lich als Sieger wieder zurück. In einem
lichen Streit mit dem Perserkönig wird
gar ermordet und an ihrem Grab der trat
Hamza gefangengenommen, von Freundei
wieder befreit.
Im zweiten Teil führt Hamza eine Reih
Heldentaten und Feldzügen gegen Unglä
das sind die Franken, die Byzantiner,
nischen Feueranbeter und die Sonnenai
Hamza wird dabei von seinen Söhnen Ul
keln und einem Bruder unterstützt, der
bens- und Liebesgeschichten in die Erz
eingeflochten werden. In diesem Abschnitt
wohl historische Ereignisse aus der mittelt
chen Geschichte des Islam ihren Nieder
Am Ende dieses Abschnittes resigniert de
serkönig Aenuschiraewan, und sein Sohn tri
Islam über. Dieses Ereignis weist auf die
tige Eroberung Persiens durch den Islam
Mohammedanisierung dieses Landes hin.
Im dritten Teil erscheint ein Riese, Zun
Schah, mit einem Heer von Zauberern, Ul
diesem verbündet lraeg, der Anführer der
anbeter. Wieder erlebt Hamza viele Abe
und Schlachten gegen diese Feinde,
viele von ihnen zum Islam und erreicht St
Iich den Tod und die Besiegung der
Anführer. Die Blätter der hier vorlieg
Handschrift stammen zum größten Teil am
sem Abschnitt.
Den Schluß der Erzählung bildet die Rüt
Hamzas nach Mekka und das Zusamment
mit seinem Neffen, dem Propheten Mohai
mit der großen historischen Schlacht von
in der Hamza als Glaubensheld fällt. An
Seite finden seine Freunde Laendaehur
und Sae'd den Heldentod. In diesem Teil
ßähvw M.
xw 4..
Bl. 8770146. Szene aus lbrahims Lager lbrahim
st der Sohn des Hamza und Befehlshaber der
slamischen Ostarmeel.
Bl. 8770121. Die belagerte Stadt. Ausschnitt
aus dem Blatt mit Heldentaten lbrahims.
Bl. 8770l37. Zumurrud Schah bekam Nach-
schub von 70.000 Mann unter Maerku Guraz-
iahendan, der einen Ausfall unternahm. Aus-
ac nitt.
also die Erzählung zu der anfänglichen Situa-
tion des 7. Jahrhunderts wieder zurück. Als Ab-
schluß wird Hamza vom Propheten begraben.
Im ganzen ist der Roman ein phantastisches
Triumphepos eines Helden, um die Ausbreitung
des Islam durch die Bekämpfung und Bekehv
rung ungläubiger Völker zu schildern, illustriert
durch prachtvolle ganzseitige erzählende Bil-
der, die besonders charakteristische Beispiele der
Malerei zur Zeit der Mogulkoiser sind.
Die wesentliche Leistung der Kunst am Hofe
der Mogulkaiser in der bedeutenden Zeit des 16.
Bl. S770l15. Um den Perserkönig zu suduen,
reisie Hamzc nach Abessinien und erlebte der!
weitere Abenfeuer, während er sich mit seinem
Freund Emr eines Tages in die Sind! Khuerschal
verirrte. Dort befreiten sie die Tochter des
Königs Quitanusch aus der Hund eines bösen
Geistes, und Ernr tötete dabei den Drachen,
wofür er 300.000 Pferde zum Geschenk erhielt.
Hamza befreite den König von einem Riesen
und bekehrte ihn dadurch zum Islam.
Bl. 8770l47. Ernr, Humzcs Freund, bemerkte
dessen Verschwinden und forschle die Emfüh-
rung aus. Den Verröier ließ er hängen und
besfieg ein Sdiiff, um die Küsten des Abend-
landes auszuforschen". Hamzas Bruder ldschl,
sein Sohn Aeluemschuh und Freund Tul Mdesi
begleiten ihn.
und 17. Jahrhunderts ist die Verbindung persi-
scher mit indischen Traditionen. Diese beiden
Elemente sind aber sowohl ihrer Entstehung
wie ihrer religiösen Einstellung und damit ihrem
künstlerischen Ausdruck nach einander sehr ent-
gegengesetzt. Das Verbinden- und Vermischen-
Wollen ist kein zufälliges Ergebnis der histori-
schen Situation einer Zwischenstellung der Mo-
gule gewesen, sondern es bestand zweifellos der
Versuch, aus der Verbindung der Gegensätze zu
einer eigenständigen Kunstform zu gelangen.
Ein sichtbares Zeichen für iene Bestrebungen, die
über die Kunst hinaus für alle Bereiche geltend
wurden, ist das Taleranzedikt Akbars aus dem
Jahre 1579 für alle Religionen und sein, wie
Glück es nennt, tragischer Versuch" einer Misch-
religion, des Din llahi". So finden wir in den
Werken der Mogulkunst persische Elemente
gleichsam als Grundlage, wie auch das Persische
die Hofsprache immer blieb, aber verbunden mit
der Absicht, das Indische aufzunehmen und da-
durch eigentlich eine indische Kunst und Kultur in
neuer Form entstehen zu lassen. Diese neue Kunst-
form fand zunächst und vornehmlich in der Male-
rei und hier wieder in der Buchmalerei über-
zeugend Gestalt. Die persische Malerei der vor-
ausgehenden Zeit ist typisierend, theoretisierend,
dekorativ und flächig. Die indische dagegen na-
turalistisch, räumlich, individualisierend und vital.
Es war schwierig, diese miteinander zu verbinden,
doch ihr Resultat ist ein Stil von hoherOriginalität.
lm ausgehenden 16. Jahrhundert entstanden am
Hofe der Kaiser Humayun und Akbar eine Reihe
von höchst bedeutenden Handschriften. Schon
Babur, der Begründer der Dynastie, hatte Herat
zu einer Zeit besucht, da diese Stadt als Welt-
zentrum islamischer Kunst und Literatur aner-
kannt war, sein Sohn Humayun nahm in Persien
Kontakt mit großen und bedeutenden Hofmalern
auf, und Akbar schließlich ließ seinen Hof zum
Zentrum einer hohen Kunst werden. Von den bei
ihnen beschäftigten Malern sind uns allein l50
namentlich bekannt. Es waren diese Künstler var-
nehmlich zur Herstellung einer riesigen Bibliothek
beschäftigt; Akbar ließ sich von seinen Kalligra-
phen und Malern sämtliche bedeutende persische
und indische Handschriften aller Zeiten kopieren,
es wurde eine immense Parträtsammlung in Alben
angelegt sowie riesige illustrierte Chroniken von
Akbars Regierung hergestellt.
Der Stil der Bilder des Hamza-Romans, im gan-
zen gesehen, hat einen persischen Ausgangs-
punkt, ist aber doch keinesfalls als rein persisch
zu bezeichnen. Die Handschrift stammt nach
Glück aus einer Zeit des Sammelns der Kräfte".
Sie ist das Werk einer Hofkunst, die aber eben
die Absicht hatte, Kräfte zu sammeln und durch
die Mischung verschiedener Elemente etwas
Neues hervorzubringen. Dazu kommt, wie bei
iedem Werk einer Hofkunst, daß die Persönlich-
keit des Auftraggebers, sei dieser nun Humayun
oder Akbar gewesen, entscheidenden Einfluß auf
die Bildung des Werkes hatte.
Wie erwähnt, war Humayun mit persischen Ma-
lern in enger persönlicher Verbindung gestan-
den, Akbar hatte selbst in seiner Jugend Mal-
unterricht genommen und pflegte die Arbeit sei-
ner Künstler wöchentlich zu überprüfen. Die Ma-
ler waren lediglich ausführende Organe derWün-
sche ihrer Herren,deren wesentlichste Intention es
war, eine ideale Form einer Verbindung des Per-
sischen mit dem lndischen herzustellen.
So läßt sich an den Bildern des Homza-Romanes
auch im einzelnen diese Mischung feststellen So
dramatisch das dargestellte Geschehen auch in
seiner Erzählung ist, so sehr sind typisierte Vor-
lagen für die einzelnen Szenen maßgebend.
Einzelne Teile dieser Szenen aber werden trotz
aller Typisierung individualisiert und dramati-
siert. Nach dem zeigt die Gesamtkomposition
der einzelnen Bilder eine gewisse Flächenhaftig-
keit in der Umbildung des Räumlichen durch
einen Blick von oben. In diese flächenhafte
Räumlichkeit aber sind die Figuren normal von
der Seite gesehen hineingezeichnet. Das gibt für
iedes Bild verschiedene Standpunkte und den
Mangel einer Fluchtpunktkomposition; zeigt doch
aber das Bestreben, die einzelnen Szenen in
Unmittelbarkeit wiederzugeben. im ganzen er-
gibt sich bei den meisten Bildern eine stark
dekorative Wirkung, die aber durch Einzeldra-
matisierungen, durch das Bestreben nach Indivi-
dualisierung einzelner Figuren sowie durch
genrehafte Details aufgelöst wird. Manche land-
schaftliche Elemente, wie Bäume und Blumen,
zeigen das Durchdringen des indischen Natur-
gefühls, dagegen sind andere Elemente, wie
Felsen und Berge, typisiert. Bei aller Freude an
dem Schildern von Einzelheiten handelt es sich
aber in keinem Bild um die unmittelbare natur-
getreue Wiedergabe einer Situation, sondern
immer wieder um die Übernahme eines vorge-
gebenen Typus.
Die Figuren und ihre Kleidungen zeigen iene
Tracht, die am Hofe Akbars gebräuchlich war.
Auch darin ist die Mischung zwischen lndischem
und Persischem bereits gegeben.
Dazu noch weitere Einzelheiten Die Darstellung
der Pferde entstammt den persischen Miniaturen
und sicherlich nicht der Naturbeobachtung. Die
Elefanten aber, die indischen Tiere der unmittel-
baren Umgebung, wie auch die Kamele, sind
weit mehr einer Naturbeobachtung angeglichen.
Der einmal vorkommende Drache dagegen ent-
stammt einem ostasiatischen Vorbild. Andere
Tiere können in der Miniaturtradition sogar bis
zu sassanidischen Silberschüsseln zurückverfolgt
werden. Dagegen entstammen die Bilder van
Affen der unmittelbaren Beobachtung der Natur.
ln manchen Einzelheiten, wie zum Beispiel bei
der Darstellung besonderer Kunstflüge von Vö-
geln, wird genrehafte Naturbeobachtung mit-
hineingezogen.
Die Details der Innenräume,dieTeppiche,die Ge-
fäße und Geräte, Waffen und Schmuck sind alle
so abgebildet,wie sie am Hofe Akbars in Verwen-
dung standen, und doch zeigt kein einziges Bild
einer Architektur ein tatsächlich vorhandenes Ge-
bäude. Bühnenhaft schematisiert mit Versatzstük-
ken, teilweise auch nach vorne aufgeklappt, ge-
ben sie den räumlichen Rahmen der Szenen.
Durch die große Zahl der Bilder, die ia nicht
als Einzelwerke, sondern im Zusammenhang der
großen Menge wie ein dichter Fries gedacht
sind, ist aber auch die Auflockerung der Vorlage-
typen in einer möglichst großen Variation not-
wendig gewesen und dadurch die Neuerfindung
von Typen, die die alten Typen durchbrechen.
In allem gesehen, geht es um den Übergang
aus einer typisierten Vorstellungswelt zur sinnli-
chen Beobachtung äußerer Erscheinungen"
Glück, und darin liegt die große Bedeutung des
Werkes. Künstlerisch gesehen von hervorragen-
der Qualität, lebendig und illustrativ, zeigt es
die kulturelle Voraussetzung, die im Persischen
gelegen war, aber auch die fruchtbare Aufnahme
der indischen Überlieferungen. Das Werk stellt
einen Höhepunkt der Kunst der Mogulkaiser dar,
aber auch den Ausgangspunkt für die weitere
Entwicklung im 17. Jahrhundert, in der das
Persische immer mehr abnimmt und der indische
Naturalismus im Steigen ist. Allerdings zeigen
die späteren Werke weniger Lebendigkeit im
lllustrativen, beschränken sich mehr auf Einzel-
figuren und noturalistische Landschaftsbilder und
öffnen sich über den indischen Naturalismus hin-
aus immer mehr dem Einfluß von Europa.
Bl. 8770l38. Das Mädchen Mchiyyca verklei-
dete sich als Arzt und ihr Begleiter Zunbur als
Wahrsager. So drangen sie in die Festung der
Feuerunbeter ein, betöubten die Besatzung und
warfen sie ins Meer. Sie befreiten die Prinzessin
Khur Mclh und führten sie zu lbruhim, der sie in
seine Wohnung nahm. Du blieben sie in freu-
digster Gemeinschaft". Ausschnitt
Bl. 8770fll. Nach der großen Schlacht in
Bl. 8770l3B. Das Mädchen Mahiyyae verklei-
dete sich als Arzt und ihr Begleiter Zunbur als
Wahrsager. So drangen sie in die Festung der
Feueranbeter ein, betöubten die Besatzung und
warfen sie ins Meer. Sie befreiten die Prinzessin
Khur Mah und führten sie zu lbrahim, der sie in
seine Wohnung nahm. Da blieben sie in freu-
digster Gemeinschaft". Ausschnitt
Bl. 8770f32. Dach die Feinde Saeids machten
sein Versteck ausfindig und entführten ihn von
neuem und brachten ihn auf die lnsel des Men-
schenfressers Ki'al, lhn wieder zu finden half
das Mädchen Khosch Khiram, das auf seiner Su-
che einem feindlichen Spion den Kopf abschnitt.
Im weiteren Verlauf aber trafen Saeid und Mae-
laek Mah doch endlich, durch Vermittlung der
Zauberin Kaerkaerae d. i. die Kirke aus der
Odyssee! zusammen. Der Krieg kam einstwei-
len zu einem guten Abschluß durch die Verhaf-
tung des großen Feindes, des Königs von Qui-
mar. Großer Ausschnitt
Taekaw verfolgte Hamza seinen Feind Zumurrud
Schah, den Riesen. Dieser verschanzte sich am
Paß Saemariyyae mit 200.000 Mann. Emr über-
raschte auf einem Kundschaftsgang den einen
Befehlshaber Zumurrud Schuhs, den Maenzur
Kamran, im Schlaf, schnitt ihm den Bart ab und
raubte alle seine Schätze. Schlachten und Ver-
folgung gingen weiter, in deren weiterem Ver-
lauf auch Maenzur Kamran zu Hamza über-
ging und sich zum Islam bekehrte. Großer
Ausschnitt
i1 Unser Autor Wirkl. Hofrat o. o. Prof.
Glück DDr. Gerhcirf Egger, Direktor der Bibliokhek
Wien, son, J. V. 5., Mughul Paim und KunsIblöHerscimmlung des
1948; Sie W., Les uriisles de lu courl kbur ein,
10 51.877017. Das Blut! schildert aus einem nicht
klörburen Zusammenhang den Kampf eines
Mvhvmniedvners mif einem rießenhvfien Neger, Arls Asimiques 1-2, Paris, 1955; Eggen 0., Der Hnmzu- os'e""e'ch'sche" Mßeums "gewumhe
der auf einem Nashorn reitet. Roman, Wien, 1969. 1010 Wien, Siubenring
helm Hein
er arabische Name
Jqarnas für das bei uns
Mtalaktiten" genannte
nament
helm Hein
er arabische Name
JQBFHGS für das bei uns
italaktiten" genannte
nament
arkungen 1-11
archäologische Entwicklung, soweit sie überblickbar
siehe bei K. A. Creswell, The Evolution af the
dentive, in Early Muslim Ardiitecture, Bd. Oxford
S. 304 ff., sowie The Squinch before A. D. 700, Bd.
Oxford 1940, S. 101 ff.
he die Abbildung bei A. U. Pope, Survey of Per-
Art, Bd. IV, Oxford-New York 1939, Taf. 339a.
Lexikon der Baukunst, hg. von Wasmuth, Bd. Il,
lin 1930, S. 282 f.
Survey of Persian Art, Bd. II, S. 1155-1257. Ver-
idie dazu a. a. O. S. 756 lstalactites".
'ersian Dictionary, London 1947, S. 1293.
1er Gießener Ausgabe 1867, S. H73,
nciscus Mesaniens Meninski. Lexicon Arabico-Per-
Ein sehr wichtiges Ornament, das als ureigenste
Schöpfung des Islam betrachtet werden kann,
sind die sogenannten muqarnas. Der Natur und
dem Aussehen nach handelt es sich um kleine
Nischchen, die gewöhnlich in Friesen oder Fel-
dern aneinandergereiht stehen und reizvolle
Unterbrechungen sonst glatter Flächen ermög-
lichen. In manchen Spielarten erinnern die Nisch-
chen vielleicht auch an die Gebilde, denen wir in
Tropfsteinhöhlen begegnen. Das hat ihnen im
Jargon die Bezeichnung Stalaktiten" eingetra-
gen. Sie geht auf eine unwillkürliche Assoziation
zurück und hat mit dem Ursprung des Orna-
ments nichts zu tun.
Die zugrunde liegende Idee ist in ienen Hilfs-
konstruktionen zu suchen, mit denen man die
Härte des Überganges von den rechtwinkeligen
Ecken der Galerie im Mauerwerk zur darüber-
liegenden Rundung der bedachenden Kuppel
mildern wollte. Solche Hilfen erzielte man mit
Ecktrichtern Trampen, Blenden blinde Fenster-
chen ohne Lichtdurchlaß, bogigen Eckzwickeln
oder eben unseren verschieden ausgelegten Ni-
Schenl.
Nischen hat es selbstredend auch in alten Zeiten
vor dem Islam gegeben. Darin lag nichts Neues.
Das Neue und Schöpferische, das der Islam erst
hervorbrachte, lag in der ldee, Nischchen als
rein dekorative Elemente in einem flächendek-
kenden Verband zu verwenden. Indem man sie
anderer Funktionen, in der Höhlung etwas auf-
zunehmen oder zu bergen oder auch nur ab-
zurunden, weitgehend entkleidete, wurden sie so
zu Ziermitteln an sich, die nur mehr dem Auge
gefällig zu sein hatten.
Das älteste, bekannte Beispiel mit derartig aus-
geprögtem muqarnas-Dekor erblickt man derzeit
in einem Fries am Grabmal des Lagim in
Mazenderan, datiert 1022 n. Chr. f. Dort hat der
Baumeister Nischchen bereits rein dekorativ in
einer einfachen Zeile um einen runden Grabturm
herumlaufen lassen. Die ursprüngliche Funktion,
Kantiges abzurunden, hat sich verloren, weil der
Turm rund ist. Der Wunsch, eine sonst glatte
Flüche gefällig zu unterteilen, gab dem Fries die
Existenzberechtigung.
Einmal ersonnen und formuliert, griffen auch an-
dere Architekten begeistert nach der Anregung.
Sie verkleinerten, variierten die Anordnungen
und gelangten in der Folge durch anmutige Ver-
bindungen zu einem unerhörten Reichtum an
Ziermitteln. Das Thema wurde fester Bestandteil
der Baukunst.
Kein Wunder, daß auch die Zeichner flacher
Ornamentik sich des Vorwurfs annahmen. Die
Möglichkeiten der Darstellung in der Ebene aus-
nutzend, entwarfen und entwickelten sie daraus
neue Gebilde, zu denen wohl auch die ver-
schiedenartigen, pässigen Figuren, Medaillons
man vergleiche nur die spitz-wolkigen" Me-
daillons! wie auch die islamische Kartusche zäh-
len dürften.
Die überragende Bedeutung des Nischenmativs
hat J. Strzygowski formuliert und in etwa mit
der Bedeutung verglichen, die das Kreuz in den
christlichen Künsten hat". Ein Hinweis ergibt
sich aus dem Koran. Hier drängt sich die be-
rühmte Stelle aus der Sure Das Licht" auf, wo es
heißt Kor. 24, 35 Sein i. e. Allahs Licht ist
gleich wie eine Nische, in der eine Leuchte
steht..." Das fromme Schaffen, das seine Anre-
gungen gerne aus den Offenbarungen bezog,
mochte also in der ihm heiligen Schrift selbst
eine Stiitvn. nnfnnrlen unrl rlnrnus neschlnssen
So viel zum Ornament, dessen arabische Be-
zeichnung sich nur aus dem im Ganzen gesehe-
nen Zusammenhang verstehen läßt.
Der Ausdruck muqarnas wird von J. Rosintal
und E. Schroeder in ihrer Abhandlung über
islamische Architektur gebrauchtf. Die Schrei-
bung mit sad muqarnas steht bei F. Steingass
in seinem persischen Wörterbuchf. Es bedeutet
eingelegt, gemalt, verziert". Ansonsten wird
auch sin geschrieben. muqarnas mit sin heißt
bei Steingass a. a. O. ein leichter, runder
Bau mit Bildern, zu denen man auf einer Art
Wendeltreppe gelangt", ferner eine Art Tur-
ban", und buntfarben, eingelegt, vergoldet" so-
wie wiederum bemalt".
In dem immer nod1 verlüßlichen Wörterbuch von
Adolf Wahrmund wird muqarnas mit sin
als terrassenförmiges Gebäude, Dach, Turm"
angegebent. Andere verbinden es mit der
Mauserung des Falken, so Meninski', Lanef,
Dozy" und Möller".
Ich kann mir den Namen, in dem so viele Bedeu-
tungen vereinigt sind, nur als Ausdruck scherz-
haften, spielerischen Vergnügen klären. Der
Sprachgestalter drückte damit aus, was er am
gegebenen, in geometrischer Darstellung ge-
dachten Objekt in der ihm vertrauten Art, zu
sehen, als abstraktes, aufs Äußerste stilisiertes
Gebilde entdecken konnte. In unserem Falle
handelt es sich einerseits um die Umrißlinien der
für den muqarnas-Komplex typisch abgetrepp-
ten, terrassenförmig aufsteigenden einzelnen Ni-
schenreihen. Andererseits mochte vielleicht auch
die besondere Form eines Elementes, etwa die
Figur dem Auge als stilisierter Falke erschei-
nen.
Mit diesen Deutungen erschöpft sich der Begriff
muqarnas, soweit er auf das Ornament Bezug
hat. Indessen haben sich die Stalaktiten" im
Kreise der Fachwissenschaft eingebürgert, und
so wird es wahrscheinlich auch in Hinkunft sit
venia verbo dabei bleiben. Benennungen sind
ein Problem der Sprachschöpfung. Der Sprach-
gestalter klügelt nicht. Er braucht einen Aus-
druck, will verstanden sein und das Volk liebt
Scherzhaftes.
Umrißlinien sind charakteristische Linien. Sie ste-
hen gerne als Ersatz für räumlich Gedachtes.
Entsprechend der muslimischen Mentalität, hin-
ein-zusehen" und hinein"-zudenken, während
Europa gerne nach dem Aus-sehen" benennt,
können einfache Figuren wie etwa n. oder
in iener Perspektive sowohl einen Gebäude-
teil wie ein Zierelement vorstellen. Ist das Prin-
zip klar, dann wird auch der zweite Name für
unser Ornament, der im Westen, im Magrib,
muqarbas oder muqarfas lautet, klar. Muham-
mad "Abd aI-'Aziz Marzuq leitete das Wort
unbefangen von gölis al-qarfasö, in der Hocker-
stellung sitzen", ab". Wir müssen die Interpre-
tation wohl akzeptieren. Denn wenn wir das
Linienspiel nebenstehender Figuren von Nisch-
chen betrachten, etwa so oder so dann
ergibt sich als potentiell denkbare Füllung eben
die Gestalt eines Kauernden.
Im Koran steht an der zitierten Stelle 24, 35 für
Nische" das Wort miskö-t, eine mifCöl-Bildung
nomen instrumenti. Die zugehörigen Radikale
s-k-w oder s-k-i bedeuten klagen" oder
Schmerz empfinden". Möglicherweise liegt auch
hier ein Symbolismus zugrunde, der das Instru-
ment des Klagenden, die Haltung, ausdrücken
sollte.
xxw
Mm.
v.
X.
.x
lO
ll
Das Abgelrepple" konnte auch gerundet sein.
Dann entstand die Zi!rane", bei uns das soge-
nannte spilzwolkige Medaillen". Bucheinband
aus Leder mil Rücken und Zunge, Länge 31 cm,
Breiie 22 cm. Persisch, 16.-17. Jahrhunderl.
Wien, Uslerreichisches Museum für angewandle
Kunsf, lnv.-Nr. Or. 3595.
Der abgelrepple Zick-Zack" in der Haupibor-
diire ist nichls anderes als in ein reziprakes Ver-
hällnis geselzles und farllaufend geführles
muqarnas. Die so angedeuteten Nischen-Reihen
führen im Umriß das große Hauplmedaillan
vom lnnenfeld weiler aus. Die Auszackungen
crn Minelmedaillon sowie die anhängenden
Karluschen enfspringen ebenfalls cler muqar-
nas-Menralitäl. MedaiIIon-Tier-JTeppich aus
Nordweslpersien, 17. Jahrhundert Länge 635 Cm,
Breite 330 crn. Wien, Uslerreichisches Museum
für angewandte Kunsl, lnm-Nr. B342.
Unser Auior
Dr. Wilhelm Hein
Österreichisches Museum
für angewandle Kunst
1010 Wien
12
11
10 Das Abgetreppte" kannte auch gerundet sein.
Dann entstand die Zitrane", bei uns das sage-
nannte spitzwalkige Medaillen". Bucheinband
aus Leder mit Rücken und Zunge, Länge 31 cm,
Breite 22 cm. Persisch, 16.-17. Jahrhundert.
Wien, Österreichisches Museum für angewandte
Kunst, lnv.-Nr. Or. 3595.
Der abgetreppte Zick-Zack" in der Hauptbar-
düre ist nichts anderes als in ein reziprakes Ver-
höltnis gesetztes und fortlaufend geführtes
muqarnas. Die sa angedeuteten Nischen-Reihen
führen im Umriß das große Hauptmedaillan
vom lnnenfeld weiter aus. Die Auszackungen
am Mittelmedaillon sowie die anhängenden
Kartuschen entspringen ebenfalls der muqar-
nas-Mentalität, Medaillon-lTier-lTeppich aus
Nordwestpersien, I7. Jahrhundert. Länge 635 cm,
Breite 330 cm. Wien, Österreichisches Museum
für angewandte Kunst, lnv.-Nr. B342.
Siegfried Wichmann
Bildreihen zur Begegnung
der europäischen Kunst im
19. und 20. Jahrhundert
mit dem islamischen
Orient, mit Schwarzafrika
und lndo-Amerika
Außereuropäische Kulturen haben immer auf
die europäische Kunst eingewirkt. Im I9. und
20. Jahrhundert finden gewichtige Begegnungen
statt, die bis zum heutigen Tag nachweisbar
sind. Die hier vorliegenden Bildreihen ebenso
wie die ostasiatischen im letzten Heft zeugen
dafür, daß die Völker über die Grenzen hinweg
einen ständigen Austausch wünschen und in
der Kunst auch realisieren. Die Bildreihen kön-
nen hier nur andeutend und stellvertretend für
umfassende Motivketten stehen, die von der
vergleichenden Forschung in den kommenden
Jahren noch gezielter zusammengestellt und
ausgewertet werden können.
Die hier vermerkten Kommentare beziehen sich
auf die Ausstellung Weltkulturen und moderne
Kunst in München 1972 oder aber gehen davon
aus. Einzelne Sektionen dieser Schau sind be-
reits durch Spezialforschungen erweitert wor-
den, vor allem gilt dies für den islamischen
Orient und die ostasiatische Keramikabteilung.
Es ist daran gedacht, über den Einfluß der
ostasiatischen Kalligraphie auf die europäische
Malerei in einem der kommenden Hefte eine
Zusammenfassung zu bringen, auch der Einfluß
der japanischen Färberschablone auf die
Schwarzweißgraphik des Jugendstils und Art
nouveau ist ein ergiebige zu erforschendes
Thema geworden, das gesondert vorgestellt
wird.
Die Auswahl der hier ausgewählten Sektoren
erscheint willkürlich, vielleicht gegensätzlich!
Dennoch zeigt gerade die islamische Orna-
mentform iene phantastische Vielfalt und Er-
finderkraft, die ähnlich im Werk Paul Gauguins,
aber auch in der modernen Kunst nachweisbar
sind. Die hier abgebildeten Reihen geben eine
Vorstellung der pluralistischen Motivationen, die
notwendig sind, um durch Begegnungen Infor-
mationen schöpferisch umzuwandeln.
Die Auseinandersetzung der bildenden Kunst im
beginnenden I9. Jahrhundert mit dem Außer-
europäischen erfolgte auf verschiedenen Ebe-
nen. lm Vordergrund stehen hier das Kunsthand-
werk und die daraus hervorgehende Beherr-
schung verschiedener Techniken und technologi-
scher Einsichten, die vor allen Dingen im ersten
Viertel des I9. Jahrhunderts der Vordere Orient
vermittelte. Die neuen Materialien und ihre Be-
herrschung führen zum Verständnis fremder Gei-
stestraditionen. Die optische Präsenz in der Aus-
stellung Weltkulturen hat der vergleichenden
kunstkritischen Forschung Anregung und Hin-
weise geliefert, hat zu den reichhaltigsten In-
spirationen und zu einer aktiven ökonomischen
Bearbeitung geführt, so daß die genetischen
Ansatzpunkte in den Bereichen islamischer
Orient, Asien, Afrika und Afro- und Indo-
Amerika weiter entwickelt wurden.
Für den Orient waren die Ausgangssituatianen
der Bearbeitung die jüngst aufgestellten islami-
sdien Abteilungen in den europäischen und
amerikanischen Museen oder aber die erstmalige
Präsentation islamischer Kunst nach dem zwei-
ten Weltkrieg in Schausammlungen oder aber
neuerbauten Museen.
Wesentlicher Ansatzpunkt, das zeigte auch die
hier genannte Ausstellung, waren die arabische
Schrift und das durch sie beeinflußte Orna-
ment. Die Schriftzeichen und ihre Ordnung in
der islamischen Kunst sind ahne ihre religiöse
Bindung kaum zu verstehen. Es ist überhaupt
die einigende Idee über viele Länder und Zei-
ten hinweg. Auch in der Begegnung der euro-
päischen Kunst des I9. Jahrhunderts mit den
islamischen Vorbildern zieht das Schriftornament
primär in die Analogien mit ein. Aber, was noch
wesentlicher ist, der Europäer erfaßte zwar erst
in den Ansatzpunkten wesentliche Stimmungs-
werte, nämlich die Heiterkeit der islamischen
Welt. Die nostalgische Neigung des I9. Jahr-
hunderts zu einem geschlossenen, islamisch wir-
kenden Gesamtkunstwerk in Farm von Architek-
tur, Dekoration und Inventar zeigt deutlich, daß
die Idealvorstellung des irdischen Paradieses
eine Art pseudomuslimischer Entrückung war,
die in den Konzeptionen und Ausführungen
nachvollzogen werden konnte. Auf diesen
Stellenwert war in der Präsentation des Bazar-
zentrums der Ausstellung Wert gelegt worden.
Die Ausstellungstechnik vermittelte eine reich-
haltige Gliederung und führte zu einer direkten
Kommunikation mit den Dingen im Sinne von
Vorbild und Abbild. Zahlreiche Kontakte zu
arabischen Forschern sind entstanden, die vor
allen Dingen auf die didaktischen Ansatzpunkte
der Ausstellung Weltkulturen zurückzuführen
sind. Ein tieferes Verständnis bei unterschiedlich
informierten Interessenten für den islamisch-
arabischen Kulturkreis und dessen hohe Blüte ist
nachweisbar ein Umstand, der in der Gegen-
wart von großem Wert ist, da die arabischen
Völker in Absicht und Ziel ihres Kunstwollens
direkter verstanden werden sollten.
Auf Grund des knappen Raumes wird nur auf
einige Themenstellungen eingegangen werden,
zahlreiche Gebiete, Sektoren und Abteilungen,
mit denen sich die Ausstellung Weltkulturen
beschäftigte und die sie optisch präsentierte,
können hier nur aufzählend genannt werden.
Der Auftakt war der Saal der Völker, in dem
Bildnisse außereuropäischer Menschen vorge-
stellt wurden, die von europäischen Künstlern
geschaffen worden waren. Sie gliederten sich
in Darstellungen des I9. und 20. Jahrhunderts,
gerade dadurch waren Ansätze zu einer neuen
Sicht im Bereich der Orientmalerei gegeben.
Große Teile der muslimischen Abteilung wur-
den durch die Architektur bestimmt, wobei die
islamische Kuppelform im Mittelpunkt des Inter-
esses stand. Neben der Keramik- und Glasschau
waren es die Textilien und die Objekte aus Me-
tall," auch diese waren von zentraler Bedeutung
und führten zu einer lebhaften Forschertätigkeit.
Ebenso wie die Spezialgebiete Waffen und Zu-
behär bereits in den Museen der Welt bevor-
zugte Präsentation genießen. Der Kolorismus
der Orientmalerei wird wohl ein Zentrum der
Forschung bleiben, ebenso wie die neuen Ge-
biete der Bewegungsaktion, die die Kontakt-
nahme mit den orientalischen Völkerschaften
durch neue spontane Einzelhaltungen andeutet.
Die Gliederungen, die vor allem durch Themen
und Materialien besonders des alten Orients
angeregt wurden, waren in der Ausstellung nur
angedeutet, doch liegt auch hier ein großes Ge-
biet der vergleichenden Kunst- und Sozialge-
schichte und der Motivationsforschung brach,
das auf Bearbeitung harrt.
So ist das islamische Ornament im Bereich Archi-
tektur, Keramik, Glas, Textil, Kunst am Bau ein
ausgedehntes Forschungsgebiet, das in der Zu-
sammensicht mit der bildenden Kunst Europas
im I9. und beginnenden 20. Jahrhundert zu we-
sentlichen Ergebnissen führen würde. Auch die
thematische Gliederung ist vielfältig. Gerade die
europäische Ikonagraphie dieses Zeitabschnittes
erhält aus dem islamischen Orient noch einmal
einen nicht zu unterschätzenden Impuls Das
Pfauensymbol, die Sultonsinschriften, die illumi-
nierten islamischen Handschriften, die Nischen-
formen und Schriftbandrhythmen, der Kufi- und
TuIut-Duktus, die spiegelbildliche Wiederholung
13
der Schriftrhythmen sind unter anderen Ansätze
vergleichender Forschungen, die allein schon in
der Bibliographierung des Themas ein reidies
Ergebnis garantieren würden.
Nur um die Erinnerung anzuregen, sei vermerkt,
daß im zweiten Jahrhundertviertel des 19. Jahr-
hunderts versucht wurde, die außereuropäischen
Kulturen in ihrer speziellen Mentalität zu erfas-
sen. Seit Niebuhrs Reisebeschreibung Arabiens
1774-1778, dem Ägypten-Feldzug Napoleons
1798-1799, Karl Bodmers Illustrationen seiner
Nordamerikareise werden ethnologische Unter-
suchungen ein zentrales Anliegen. Es entwickeln
sich kosmopolitische Denkformen neben natio-
nalen Interessen, die durchaus als eine Einheit
gesehen werden können.
Als Auftakt für die orientalisierende Architektur
Europas ist der Royal Pavillon in Brighton zu
betrachten, der von Jahn Nash in den Jahren
1815-1823 erbaut wurde. Die Kuppeln der Mogul-
bauwerke bestimmen die Märchenschlösser Eu-
ropas, wie auch die Wilhelma in Stuttgart, die
1842-1846 von Wilhelm Zonth für König Wil-
helm von Württemberg errichtet wurde. Eine
Kombination mit den Formen des westlichen
Islams ist nachweisbar. Aber auch die mouri-
schen Kioske in Linderhof von König Ludwig II.
und die islamisch nachempfundenen Bauten auf
der Pfaueninsel in Berlin vermitteln Alhambra-
Zauber mit dem Willen, eine gesamtkunstwerk-
hafte Stimmung und Plonungsanregung zu er-
langen. Daß dabei bereits feine Unterscheidun-
gen gemacht wurden, zeigt den Sinn für die
historischen Vorbilder, denn osmanische Ein-
flüsse auf den islamischen Orient wurden dabei
berücksichtigt.
Waren diese Impulse zur Untersuchung, zum
Verständnis des Außereuropöischen von euro-
päischer Sicht aus in einem arretierten" Stand-
punkt vollzogen worden, so entschloß sich Paul
Gauguin zu einer Standpunktverlagerung, indem
er sich dem Lebensablauf und dem Kulturellen
anderer Völkerschaften einverleiben und ver-
pflichten möchte. Der Maler drängt erst einmal
auf weniger Distanz im Fremdbild. Er verbindet
bewußt Milieu, Lokalkolorit und numinose Be-
deutung mit einer suggestiven Verdichtung des
erlebt Fremdländischen als Sensation. Er braucht
dazu weniger Distanz zum Außereuropäer, wie
auch schon Delacroix verlangte, die Idealität
im Fremdheitscharakter ist dann das Ergebnis
des persönlich Erlebten und führt zu dem Kräfte-
zuwachs, der sein Schaffen beherrschte.
Viel weniger differenziert wie Gauguin sehen
die Brücke-Maler Kirchner, Heckel, Schmidt-Rott-
Iuff die Problemstellung, denn diese beginnen,
Zu den Blldrelhen
Der Einfluß vorderorientalischer Keramik auf die
europaische Produktion des 19. Jahrhunderts Abb.
1-9, 19 S. 15, 17
Die Keramikpraduktian Europas in der Mitte des 19. Jahr-
hunderts wird durch die orientalischen Techniken angeregt
und bestimmt. Im Mittelpunkt der Begegnung steht die
lznik-Keramik Türkei des 16. und 17. Jahrhunderts. Die
Oblekte dieser Bereiche zeidinen sidi durdl einen harten
weißen Scherben aus, der mit einer Unterglasurmalerei,
zumeist in Dunkelgrün, Tdntdtunrdi, zweierlei aldu und
mit schwarzen Konturen, ausgestattet war. Die Techniken
der europäischen Keramiker des 19. Jahrhunders werden
weiterhin bereichert durch Schmelzglasuren aus den Gebie-
ten Afghanistans, Westturkestans; auch iranische Erzeug-
nisse esonders der Lüsterfayence dus Bugnurd, die
Topfererzeugnlsse aus dem Gebiet von Rayy vermitteln
ebenso Anregungen. Theodore Deck kannte iranische Tech-
niken er benutzte opake, cremeweiße Glasuren über
einem spröden weißen Sdierben. Ritzdekor Abb. 19 und
durchbrochene Glasuren mit überdeckter Ornamentik hatten
europäische Keramiker angeregt, vor allem da die
kobaltblauen, transparenten Glasuren und die leicht
nlirgruncn Liister nochahmenswert erschienen. Die Soge-
nannte Mlnal-Technlk verfügte über ein Scherbenmaterial
das bis zum Ende der neunziger Jahre Vorbild blieb und
wicdcruni von Theodore Deck 1823-1891 überprüft wurde.
Unsere Abbildungen 3-8 und 19 zeigen einige Bei-
spiele von diesem Künstler, der erfolgreich die Fayence-
toller in Unterglasurmalerei auf weißlichern Grund der
lznik-Ornamentik übernahm. Ein Teil des jüngst aufge-
fundenen Nactilasses van Deck zeigt, daß er reichhalti
Detailstudien Abb. 5-7 betrieben hat und daB ihn sie
oben angeführten orientalisdien keramischen Zentren inter-
14
sich des Typus zu bemächtigen, den sie in der
Stammeskunst Schwarzafrikas entdeckten. Je-
doch unterscheiden sich die Europäer wesentlich
vom Vorbild, indem sie das Gesetzliche im Sinn
des Nichtüberschreitens nicht sehen können
und daher die ritualgebundenen Objekte der
Primitiven" jeweils in eine von sidi aus gelenkte
Stimmung transportieren. Bestimmte Farmenge-
setze afrikanischer Masken sind damit transpo-
nierbar geworden und werden christlichen
Grundvorstellungen einverleibt, die oft mit lite-
rarischen Situationen verbunden scheinen. Nur
allmählich werden die plastischen Grundformen
der afrikanischen Skulpturen verstanden. Die
sphärisch komponierten Geräte, die Plastiken
oder aber die brettartigen Masken werden über
verschiedene Sichtstufen" in ihren funktionalen
und arnamentalen Qualitäten erkannt, doch
unterliegen sie in den Analogien und Rezeptio-
nen der Europäer keiner Regel, sondern immer
wieder nur Stimmungen.
Die Neigung zum Stilleben innerhalb des
Brücke-Kreises ist daher fast eine Festlegung
mit unscharfem Ziel, die versucht, die zahlrei-
chen Signalformen erst einmal in die Bildfläche
zu binden und damit vorzustellen. Auch die
Anleihen Kirchners innerhalb der Hochkulturen
Indiens, wie es z. B. die Aianta-Fresken des
6. Jahrhunderts beweisen, sind typisch für die
Abfolge der Aufnahme und der Begegnung.
Nach dem Vorbild Gauguins, der die Hochkul-
turen mit den Primitivkulturen zu verbinden
trachtete, verläuft der Weg über Stationen, diese
anzudeuten, ist Absicht dieser Bildreihen und Mo-
tivketten.
Erst später setzt iene starke Differenzierung
scharf ausgebildeter chiffrierter Typen ein, die
Gonzalez dann über Jahrzehnte seinen Mas-
ken auferlegt. Ebenso verhalten sich Brancusi,
Duchamps, Villon, Belling, Modigliani, Miklos
und andere.
Die Schwankungen gegenüber bestehenden
Architypen", die auf die Grundformen von
Block und Pfahl zurückgehen, vermitteln bereits
konkrete Wahrnehmungen. Eine gezielte Sicht
und ein erfaßbarer Bezugsrahmen waren von
den Künstlern Europas ermittelt worden. Kennt-
nis der Materie, verbunden mit einem reichen
Sehen und Verstehen der Völker, führte zum
Austausch, der anhalten möge.
Unser Autor
Prof. Dr. Siegfried Wichmann
Lehrkanzel für Kunstgeschichte
Staall. Akademie der bildenden Künste
Karlsruhe
ReinhoId-Fronk-Straße B1
essierten, um auf technischem und künstlerischem Gebiet
zu lernen. Theodore-Joseph Deck wurde 1823 zu Gebweiler,
Elsaß, geboren und starb 1891 in Sevres. Er verbradite
seine Lehre in Straßburg und reiste in seinen frühen
Jugendiatlren nach Budapest, Prag, Berlin, Hamburg und
Düsseldorf. Für seine zahlreichen chemisdi-technischen
Versuche benötigte er erhebliche Geldmittel, die er sich
als Ofenfabrikant 1847 aris erarbeitete. Die Ausstellung
von 1861 in is Exp an des Arts industriels" und die
von 1878 begr ndeten seinen Ruf als bedeutender Kerami-
ker. 1887 übernimmt er als Direktor die Leitung der
Manufaktur in Sevres. Auf der Weltausstellung tritt er mit
seinen reichhaltigen keramischen Erzeugnissen hervor, die
er nadi den orientalischen Vorbildern geschaffen hatte
Abb. 19. Die technischen Analysen, die er für seine
Materialzusammensetzungen, insbesondere der lznik-Keramik,
erarbeitete, waren auch für die künstlerische Produktion
seiner Schüler von Bedeutung. Unter ihnen hervorzuheben
sind Edmund Lachenal, Emile Decoeur Abb. und Josepho
Cantogalli. Sie alle erzielten bei ihren mit hohen Tempera-
turen gebrannte Scherben eine besondere Leuchtkraft der
Farben. Das sogenannte Deckblau gelang ihm wie audn sei-
nen Schülern durch Zusatz von Kali, Soda und Kreide, so
daß der porzellanartige Keramikgrund eine diaphane Wir-
kung entfaltete. Die großen Teller mit runder Wandung und
ebenem, siebenfach geschwungenem Rand Abb. ent-
nimmt Deck der lznik-Keramik des 16. Jahrhunderts. Die
siebenfadi oddierten Sdlwünge dieses Typs waren in ihrer
Prägung nur möglidi durch den Härtegrad des Scherbens,
der gleichzeitig für künstlerische Qualität stand. Die natura-
listischen Dekores TuIpen-, Granatüpfel- und Kürbisblüten
werden von Deck und seinem Kreis in sicherer Zeichnung
dem zentralisierten und achsial wirkenden System unter-
geordnet Abb. 2-4. Er benutzt hingegen nicht den frei-
schwingenden Rankenzweig. Die heraldisdl wirkende Glie-
derung wird durch die Leuchtkraft der Glasurfarben
slviert.
Zögernd steht die Fachwelt den Orientrezeptlonen
über. Eine breite, systematische Forschung wurde
nicht für erforderlidt gehalten. Französische Sammle
Museurrisfadileute verfügen iedach über reidie Ma
kenntnisse, die die Grundlage einer gezielten Motiv
forsdtung sein werden.
Das Rosensprenggefäß in seiner Stellung zwi
Orient und Okzident Abb. 10-13 S. 16
Eine bizarre Gefaßform, die bisher der Fori
orientalischer Glaskunst noch nicht enügend Beai
gefunden hat, ist das Rosenspreng eäß, das vorwi
ein persisches Erzeugnis sein dür te, iedoch reich
regung aus den indischen und varderasiatischen
bereichen erhalten hat. Die Herstellungsorte sind vor
im Shiraz des 18. Jahrhunderts zu suchen und kl
vielleicht von Schah Abdäs gegründet worden sein.
Lamm vermerkt im Survey of Persian Art die
sprenggefäße mit ihrem gerippten, sdiwanenähnlic
bagenen Hals kamen in ganz Europa in Mode. Dll
sischen Manufakturen taten ihr mäglidistes, um der
Nachfrage Herr zu werden, und setzten damit eine
tion fort, die ihren Anfang im 16. Jahrhundert genc
hat. Dies hat zweifellos dazu beigetragen, daß es
so schwierig ist, die verschiedenen Stufen der Entwi
voneinander zu unterscheiden und die einzelnen
genau zu datieren und den Zeitpunkt der Entstehuni,
zelner Obiekte genau zu bestimmen Diese Bern
ist der Spezialforschung entnommen; sie Iälit erkenne-
offen die Fragen im Bereich des Rosensprenggefäßr
gen. Vor allem der Hinweis auf den sdlwanenähnlii
bogenen Hals sollte überprüft werden. Betraditen
Gefäßfarm näher, so ist auffällig, daß es sich um
bauchigen Geföflkörper mit unregelmäßig dickem
handelt, der S-förmig geschwungen ist und bei der
sischen GefElBen im 1B. Jahrhundert eine betont
aggressiv wirkende Linienform veranschaulicht. Die
artig aufgerissene Ausgußöffrlung vermittelt ienes dr
sche Stimulons, das das Obiekt häufig formal bes
Die Gläser sind in blauem, gelbem, manianrotem
oft ziemlich dünn geblasen, verziert mit uflagen
farbener Fäden und gerippter Bandstreifen. Einen
fäßtyp sind gelegentlich in der Masse Farbpunktier
beigegeben, ie im eingezogenen Hals schuppig irisir
Wirkungen erreichen. Nicht ein schwanenhaftes Syml
hier gemeint, sondern es dürfte der Typus der angl
den Kabro sein, der im Ornament und in der Mir
malerei Indiens oft wiederkehrt. In Indien genießt
Sdtlangenart eine fast göttliche Verehrung, im
vollzieht sie über dem zusammengerallten Leib
S-förmige Bewegung. Der weilgeoffnete Radien des
blüht sidi, keilförmig klaffen die Kiefer, die flach
wenn sich die Wut des Tieres steigert, um den Giftza
zuhia freizulegen. Der Oberkiefer bildet in dieser St
eine flache, sich zuspitzende Rinne, sie ist ldentlsr
dem Ausguß des Rosensprenggefäßes. Die wenigen
fen des Giftzahnes brachten Mensch und Tier durc
Toxine zum Erstarren, zur Leblosigkeit. Das Gift ln
kurzfristigen Wirkung faszinierte die Menschen des
Furcht und Bewunderung waren in Sage und Erzählur
diesem Reptil verbunden.
Die hier abgebildeten Beispiele zeigen zwei per
Gefäße Abb. 10, 11, die deutlich die schlangenhaf
wegung zeigen; zwei europäisdte Beispielevermlttelnd
Wandlung, so ein Rdscnsprsnggctaq um 1900der M0
tur Loetz Austria Abb. 13. Wichtig ist, daß diese Farn
zwischen dem großen gekippten Kelch tiffanyscher Pr
steht, iedoch schon florale Ansätze zeigt, dhcr
nach den animalisdt bewegten Schlan enleib andeute
Gefäß der Fa. Val, St. Lambart, um IBOS vermittelt di
di hybride Abwandlung der Art-nauveau-Epoche
filigran und fast graphisch den langen Hals rnit
zungenartigen Spitze versieht Abb. 121. Pflanzendek
Sinne der Schule van Nancy windet sidl um den
schaft und steigert das Gefaßvalumen. Die Bei
zeigen deutlidi die Beziehungen und die Variationl
die unter der phantastischen Anregung der syrisch-
schen Gläser stand.
Das syrische emaillierte Glas und die Reze
der Gründerzeit Abb. 14-18 S. 16, 17
Für den muslimischen Künstler war der Werkstoff
ein Zentrum seines Schaffens. In der Sure des lt
XXIV, XXXV heißt es Allah, das Licht4der t-iimme
der Erde. Sein licht ist gleichsam cinc Nische, In de
Leuchte steht. Die Leuchte ist in einemGlase un-
Leuchte glitzert WIE ein Stern Vgl. t-lcin w., Islar
Gläser, im trdl. Weltkulturen u. Moderne Kunst, Mr
im, s. au. Die Glasproduktion des Islams, vor aller
en Syriens, hatte symbolische Bezüge. Sie war
ür die Antike bis hinein in das 19. Jahrhundert
bewegliche, leicht strukturierte Oberflädte des egos
und geblasenen Glases führte zu vielerlei Oerfli
veredelungen, wobei die Benutzung der Emallfarl!
Mittelpunkt stand. Die muslimischen Glasmadtenl
die Technik aus Rakka übernommen, von WO sic
sdinell weiterverbreitete und besonders in Aleppo,
kus und Kairo zur Blüte gelangte. Auch auf gefa
Grund kdrn geritzter oder rnit dem Rand dus eschll
Dekor anschaulich zur Geltung. Zu diesen Efekten
man über weiße Kontraste über sattem, dunklem
Auch die GoId-Email-Gläser der Mameluckenzeit
beliebte Motive, wobei geornetrisierende Dekore zurr
ßen Repertoire dieser Künstler gehören. Im Sinn
Korons wurde die arnamentale Kraft des Geametrts
mit der Sdirift zu einer Einheit verbunden. Diese Ofm
talisierung regte die kanternolotlve Schopferkraft
Gloskünstler des Vorderen Orients nachhaltig an, ul
verwundert nicht, daß die europäischen Gloszentren
Anregung übernahmen. Vor allen Din en war es
Brocard, der in Poris arbeitete und au den roßen
ausstellungen mit seinen Erzeugnissen Aufse en er
Aber auch Ludwig Lobrrleyr hatte in Wien um 187
Emailmalerei auf Glas zu einem Hahepunkt gefuhrt
seinen Entwürfen ersdneinen die islamischen Schrlftzl
fehlerfrei Abb. 15, 18. Monerkennt zwar die
Rechts-Bewegung der Schreiber, iedoch entspricht Lob
wissenschaftliches Interesse dem Varbild, und er
veröffentlicht 1874 für die Glasindustrie wlizhtxges Qu
material. Auf der Wiener Weltausstellung 12' LDI
zum erstenmal seine orientalisierenden Erzeugnisse
verhilft damit der Orient-Mode zu einer neuen und
siveren Si t. Die hier abgebildeten Objekte Abb.
ia zeigen die Technik, die er verwendete. Der isldn
Dekor wird modifiziert und auch zum Teil mit europä
Mustern durchsetzt. Die Karansprüche, die in islam
Schritt auf den Wendungen angebracht sind,
übersetzt auf dem Gefaßboden wiedergegeben. Widit
In Klammer vermerkle Karalognummern beziehen sich uvf
den Kulolog der Ausstellung Wellkulluren und Muderne
Kunsl", München, 1972.
Ellegillürkei, Mille 16. Jh. lznildj, Besilzer 5., Kot.-
r.
Emile Decoeur, Teller, um 1575 Kot-Nr. 9B
Theodore Deck, Teller, 1865 Kuh-Nr. 92
Theodore Deck, Teller, um 1860 KuL-Nr. 88
5-8 Theodore Deck, Ornnmenl-Emwürfe, zwischen 1860
und 1868, Paris, Prlvulbesllz
Wlllium de Morgen, lüslrlerle Fliese, um 1892,
Trondheim
nbmeyr mit dieser Technik ein neues Verhäiiriis lur
lrmung und zur Oberfiädienveredelung lieiorie. Zwar
xi er mit der Gummiwuize und erlangr damit die von
ziorderie Verbreiiung; er enieli Siimmungswerie, die
durchscheinenden Material in der Späigründerzeii
rnisdieidende Wirkung auf das Publikum sicherten.
Bedeuiun liegi, wie bei allen Künstlern, die am
idien Vor ild lernlen, in der ledinisdlevi Perfektion.
iesdiidlie dieses technologischen Lernvorgungs durdi
rieni ist bisher nodl nicht geschrieben worden.
im de Morgun und die Lüsierkercmik islclmi-
Vorbiides Abb. 19-22 S. 15, 17
Frend de Morgen wurde 1932 in London geboren
sierb deselbsl 1911. Er war Sdiüler der loyal
und sbdier Begründer und lnheber einer dern
reis neheslehenden keramischen werlrsieir. sehen
iiig hniie er einen Blick für die isldrnlsehe und
rlidre Formeriweli. 1072 beginnt de Morgen in
KG rnii seiner ersien Keramikprndukiion. sie wurde
durch seine Beziehungen zunr Morris-Rosseiii-Kreis geför-
deri, und die Ndeiiirege nedi isieniisdren Kacheln und
Fliesen wer hir ihn die Änregung zu srdndigen Versuchen
auf diesern Gebiei. Er srelli eiwn 400 Fliesenrnusier her, die
er nddi syrischen vdrbildern eniweri. lrn Leighion Hause
enrwidrelre er iiir lbrd Loighlon 1977 ein Kacheldesign im
erdbisdren snei von haehsier Perfekiion, wobei er da-
maslenische Eniwürfe des 16. und 17. lehrhunderis bevor-
zugie. wesenilidr wurde vor ihn die Liislernielerei, die er
nedi ieiirnidisdrer Lüsierkerumik und Lüslerfclyenzen des
irans Bugnurd des I2. Jahrhunderts entwarf. Bei dieser
Tedinik hdndeli es sich um eine Arl rneinllisdier Glasur, bei
der auch die persischen Vorbilder Kdshdn, Ruyy und
Gurgun Peie siehen Abb. 91, De Morgun versuehi
europäische Tedrniiren, vor eilen Dingen der irelienisdren
Muiolikan, hinzuzuiogen, ein guies Beispiel h-ir einen viel-
ialii en Kernbineiienssiil, der iybisdi für die cranderzeir
im Sberenne zurn Jugendstil isi. Aus den Eridliruneen und
den eigenen wissenseheiiliehen Kennlnissen eniwickeli er
ein umfangreiches iieberieire en lzedniriiensrniireln ior den
Kuiminuiionspunkt beim Brandprozeß. Er erhalr dddurdi
iieie und wernre Erneilidne, die er rnii lrunspnrenlen
Glesuren nedinidls Überzug. Audi er bennizie spüier ge-
nuuso wie Theedere Deck Anregungen aus dem lznik-Bereich
des 16. lehrhunderis. Die islamische Keramik der Spunisüid
mclurischen Eirifluefebieie wdren ihm gleichermaßen Vor-
bild, wenn auch ie Prägnanz der islamischen verbilder
ofimuis zu ehlen seheinl. Zumal zwisdien Form und Mur
sierung keine Einheil enlslehl, gilt de Mergen dls der
große Anreeer und Mililer zwischen erienidlisdien und
eurepaisdien Produkiiorievi. 1892 wird er von der ägypti-
sdnen Regierung neeh Kairo geruien, um ddri eine
Kererniirindusirie ins Leben zu rufen. Die hier in den
Abbildungen Abb. 19-21 gezeigien Beispiels können
dui Grund der Sdiwurzweißwiedergabe nidii die Lrisier-
eiielrie wieder eben, die wohl els bedeuiender Beiirug
osl-wasilidier gegegnung zu versichern sind. ober seinen
Miinrbeiier cherles Passenger Abb. 22 hineus eniwidrelie
er eine individuelle und rypisshe Dekoraiionsfcirm, die
dnreheus auch ungaregi sein kann durch Thbodore Deck,
der die iedrnisehen uniersuehun en des erienidlisehen
verbildes gieidiermaßen vnrangeirie en heile.
15
11 10 Sprenggefüß für Rosenwcsser, persisch, 18119. Jh.
11 Sprenggefäß, persisch, w. n... Köln
12 vm, so. LurnberV, Vase, um 1900 Wien, um".
r. angewcndla Kunsl, Münduen, smdumussum
1a knall. Auslriu, Vase Usierr. Museum f. angav
uns!
Paul Gauguin Auf der Suche nadt dem irdischen
Paradies Abb. 23-37 S. 18, 19
Gauguin schreibt. in Tahiti werde ich alles Böse der
Vergangenheit verg en und dort unten als Unbekannter
für die Hiesigen sterben; dart werde ich ungehemmt malen,
ohne mich um Ruhm zu kümmern... Eine turditbare Prii-
fung erwartet die kommende Generation in Eurapa, das
Königreich des Geldes." lRewald, J. Von van Gogh bis
Gauguin, Köln 1967, S. 295.
Gauguin hatte seine Neigung Zum primitiven Leben ent-
deckt, nicht der Orient, sondern die Welt und die Kulturen
der Naturvdlker zogen ihn an, 1887 reiste er emainsam
mit dem Maler Charles Laval nach der Insel La artinique
in den Kleinen Antillen, um vom Jahre 1891-1893 auf
Tahiti zu leben. 1895 zog es ihn van Europa aus iedoch
wieder zurück zur Inselwelt. Im August 1901 siedelte er
auf das Eiland Hlvd Oa La Dominique über. inmitten
dieser marquesisdten lnselgruppen ist er 1903 gestorben.
Die abgebildeten Werke sind hier auf Gemälde, Zeich-
nungen, keramische Erzeugnisse und Skulpturen erweitert.
Am Anfang ist das Gemälde Ta Matete Der Markt
Tahiti 1892, im Besitz des Kunstlnuseums Basel, vorgestellt
Abb. 24. Die Komposition geht auf ein ägyptisches
ragment zurück, das obenan gezeigt wird Abb. 23.
Die bildparallele Reihung der Gestalten ist klar als An-
regung erkennbar, niiei die ieweilige Pmtllhaltung wird
deutlich. Das Gemälde ist schon der äten Tahiti-Periode
zuzuweisen, doch zeugt es vom Wan et des Malers, der
keine direkte Eliminierung mit der primitiven Welt an-
strebte. Gauguin geht, obwohl er nach dem primitiven
Leben forscht, nicht eine Symbiose mit der Welt der Maaris
ein. In der Bewunderung der animalischen Kraft dieser
Kulturen des Südsaebereidies sdtattt sich Gauguin einen
ganz persönlichen Siditwinkel, der das Fremde und das
erne reflektiert. In der Autreihung der Gestalten nach
dem ägyptischen Fragment erkennen wir eine feierliche
Bedeutsamkeit im Sinne europäischer Repräsentanz.
Gaugu ist insofern für die Be egnung mit den außer-
eurapäischen Kulturen wichtig, er einem deltahaft"
wirkenden Spiritualismus verfällt, sa daß er aus allen
Kulturbereidien und auch Relinianen einen aroßanaeleaten
Kambinationsstil entwidrelt, der absichtlich gewisse
scharte Ziele mit der Neigung zur mystischen Sen
anstrebt. Gauguin schreibt im Naa Naa" Berlin
S. 96 Die europäische Invasion und der eurapi
Manotheismus haben die Spuren einer einst hoheni
verwisdit. Im Umgang mit uns, in unserer Sdiule sir
erst wahrhaft ,Wilde' im gemeinen Sinne geworden
der lateinische Okzident diesem Wort unterlegt. ÄSIG
schön geblieben wie Kunstwerke, aber sie sind wir
sie maralisdt und auch physisch unfruchtbar gemi
Und er fährt an anderer Stelle fort Ein wunder
Land, in dem ich ern mit all meinen Kindern den
meines Lebens ver ringen würde. Die Zukuntt ui
Kinder ist in diesem vertaulten, gemeinen Europa
lidi düster, auch mit etwas Geld .. Aber die Tahit
glückliche Einwohner der unerforschten Paradiese Ozea
kennen nur die Annehmlichkeiten des Daseins." Unte
sen Aspekten malt auch Gauguin seine zahlreichen
mälde, darunter auch Contes harbares" 190? Abb
Gauguins Glaube an das Ursprüngliche kommt gera
diesem Gemälde zum Ausdruck. Emotianales. int
14
15
16
17
18
Ludwig Lobmeyr, Fläschchen Wien, Uslerr. Museum f.
an ewandle Kunsl
Lu wig Lobmeyr, Flasche mit islamischem Schrifldekor
Wien, Oslerr. Museum f. nngewcndle Kunst
Ludwig Lobmeyr, Duppelhenkelvase mil islamischem
und europäischem Dekor Wien, Uslerr. Museum f.
angewundle Kunst
Ludwig Lobmeyr, Kanne Wien,
an ewandle Kunsl
Lu wig Lobmeyr, Becher mil islamischem Schriildakor
Wien, Uslerr. Museum f. angewundle Kunsl
Uslerr. Museum f.
risssn, sein Wunsch, ein barbarisches Paradies ZU
ind seine uraigensten Zielvorstellungen, denn der
atte sich durdi die Trennung VOR der eigenen
wir primitivistiscfie Strömungen bnsn ehalten. Er
daher zahlreidie Details, wie das kizzenblatt
n. rnsii" Abb. vermittelt. Es ist ein Aussdinitt
ani Blatt mit zwei tahitischen Frauen und einem
mischen QltrpflOCk, ein Beispiel die differenzie-
dn, die Gauguin anstrebt, um die kleinsten all-
Dinge seiner Umgebung aufzus üren. Aber auch
Ieftbuth Abb. 27-29, ds in Jln Gdlttiger und
Jdhrerl entstanden sein dürfte, mit sieben Seiten
ltet, vermittelt deutlich das vieltalti Interesse
Nei urig, die Geräteplastik seiner naimn Umge-
er assen. Das an Bleistift und Tustile Uusge-
izzenhuch wurde 190a YOrI Victor Segalen erwor-
illig ist die Neigung Gauguins in dieser lnkunabel
iltigen Emblemen, inn Tiki-lügen verzierten Ge-
ler Küpfvdserl. Die Skizzen zeigen, wie gelißlt
erlebt Und nadivcllzieht. entschließt sich zur
Produktion VON Geräten, die er GUS Tüll oder
Holz herstellt. Die Gerüteplastik nimmt im Werke Gau-
guins eine interdisziplinäre Beziehung an. Hier sind ihm
altperuanische Kopfgefäße der Modiicci-Kultur Varhild.
Komplizierte Gefüßtypen als Grundform mit Bügelhenkeln
geben dem Objekt plastiscti-skulpturale Wirkungen. Deut-
lich ist dies bei den beiden Beispielen, dem Tapf in Farm
eines Kürbisses und dem altperuanischan Gußgefüß, spür-
bar Abb. 31, 32. Die florale Form, die Gauguiri benutzt,
zeigt einen wüchsigen Grundcharakter, der im altperuani-
schen Obiekt van einer geametrisierten Gliederun aus-
geht, denn der Bügelhenkel über stereometrisdiern örper
wird vom Gefäßhals und einer Statue gehalten. Eine
sehr pbsiisaad und leichzeitig differenzierte Darstellung
ist hier entstanden, ie pluralistisdi walzenförmige Grund-
form wird mit dem Standmotiv einer skulpturulen Figur
verbunden. Wie sehr Gauguin die Gefäßfarm malerisch
aufzulösen vermachte, sehen wir in der Vase la
baigneuse" Abb. 30, bei der das bildhafte Dekor das
Volumen des Gefäßes gleidisam aushöhlte. Dieser Weg
führt zur freigestellten Skulptur Idol la Cßqlllllei
Äbb. 33, das Original, das in Eisenhcrlz geschnitten wurde
und eine Perlmuttermuschel über dem Haupt trägt, zeigt
ienen buddhahaften TYP, der im Idol la perle" szhan
vorgezeidinet ist, jedoch erhält gerade diese Fassung
Anregung aus dem iuvanischlpalynesisctien Bereich un
vermittelt den Kombinationsstil Gauguins eindringlich. Der
vergrößerte Schädel, die vorgelegten Zahnreihen, die Täto-
wierungen als Ornament und die knappe Form des bladr-
haften Aufbaues beweisen das Hinneigen zur Kombina-
tianstechnik. Aus götzenhatter Stimmung ostasiatischen
insularer Richtung, Streben nach trontalher dischen und
kannibalischen Motiven entsteht eine primiti stischa Akti-
vitüt der Einansiditigkeit, die nach vorn strebt.
neigt Gauguin nicht zum Ersatzprimitivismus, sondern
durch seine Kenntnis der Südseekultur wird ihm die Farm
wichtiger als der Inhalt, denn diese führt zur stimmungs-
haften Äußerung des neuerlabten Fremdlöndischen.
Paul Gauguin erahnt in der Geräteplastik der Südsee-
insulaner und den Hodikulturen Altamerikus sein kultisdies
Verständnis, Dar europäische Ästhetizisrnus bewirkt eine
intellektuelle Übernahme funktioneller Erfahrungen im
Umkreis seiner neuen Lebensbereiche, die er verstehen
17
Fragmen eines ägyptischen meses
Paul Guuguin, Der Markt, Ta Meoeae, Tahivi, 1m
sesel, Kunslmuseum
Paul Guuguin, Contes harbcres, 1902 Essen, Folkwong-
Museum
Paul Guuguin, Tahilische
Ohrpflock KaL-Nr. 1744
Paul Guuguin, Skiuenbuchseile
Paul Gauguin, Skizzenhuchseiie KoluNr. 1740
Paul Guuguin, Diverses Choses", ZeichnunglTagebuch
Paris, Louvre RF 10755 Fol. 71
Frau und murquescnischer
kauf 12m vufouÄ
ßm. za maß... 04 am.
11..., 11.4.1 7014,11,
pfam fxafu.
möchte. Er beabsichtigt, die Gelzenwell nichl darzuslellen
nach zu reproduzieren, sondern er bemiihl sidw um ihre
Präsenz im Kunstwerk. Dieser Versuch lriN am deullichslen
in seinen Hollschnillen Abb. 34, 35 zulage, in denen er
Überlieferungen verschiedener Einflußbereidie noch einmal
zu einem großengeleglen Delta vereinigl. Die Technik dia-
ser Arbeilen vermineli monorypisdie lüge, die viele
Varianlen ermöglichen. Gauguin drudd verschiedene Far-
ben vom gleichen Blodr, des Experimenielle mischl sich mit
dem Wissen und Verslöndnis vieler Kulluren und Religio-
nen, Das Görzeneriebnis verbinde! er in diesen Holz-
sdiriiilen mil der chrisllichen Heilslehre, und er sdia"? eine
Eluralislische Vielfall der Auffassungen, wobei iedes
mblem eineneni erszheinan kenn. Die Nalur urnwen, die
für die Maoris Anlaß höherer Wesenhafligkeil war, gib!
emsprechend dieser Vorstellung 'edem Ding einen geisli-
en Impuls. Deshalb sind die liolzsdinille den odnern
Alu geweiht, eine komplixierle mbalik und eine
synkrelislische vernediiirng enisieiien. Evddhd, Madonna
und spezielle Südseegallheilen werden xu einer Einheit
verbunden.
18
Immer wieder ist es das Tiki der Murquesas Abb. 36 mil
den rreniei gesehenen Augen im Frolilkopf, des Gauguin
darslelll, blodrhefle Gebilde, die von einem plaslischen
Kern gewallsdm nddi außen drängen. Diese zeidienhafle
Wirlwngh, die GlllHQflNlf auf den Beiradiier Einfluß
winnl, der Maler in seinem Skizzenbuch Abb.
feslgehelien, von dorl hat er sie in seine Plasliken un
Gemälde übernommen sie hexlimmlen seine Kunsl und
die seiner Nachfolger,
Voßbilzcäer der deulsdien Expressionisten Abb. 38-45
Das Exoiikslilleben buslimml in gewissen Bereichen Frühr
formen des denvsdien Express" nismus, Idole, Masken dder
Gefäßlarmen der Prirniiiven werden in den Bildraurn
eingeiührl, um diese dem Belrechler xu vermiNeln. Nidil
nur die Kubislen Frankreidis wählen afrikanische Skulp-
luren oder Obiekle aus dem Südseebereidi als Vorbild.
Die Geräte der sogenannten Primilivenkunsl wurden ein
gewünschies Ambienle der Aleliers um die Johi
wende. Dekorativ hingen die Masken Sdiwarxaf
den Wänden der Aleliers, und zahlreiche Bilder
dere der deuvschen Maler, von Kirchner, Henkel,
Rallluff bis Pechslein und Nolde, wühlen sich Ädie
nale GlS Anregung mr ihre Komposilionen. Einige
Slilleben von Emil Nolde können als lnkunaheln
einariderselzung mit den Skulpluren Afrikas, der
oder Millelamerikus geilen. So lößl sich nachwei
Nalde eine Uli-Figur aus Zenlral-Neuirland besaßl
die wiederholt in seinen Slilleben wiederkehrl. Es
sidi um eine Kulffiguf, die die siennnesniddn eine
lings verkörpern sollte. sie war Zenlrum der
Bräuche, der geheimen Zusammenkünfle und de
für die Toten. Die symbolkröftige Geslallforrn
Nalde in seinen Slilleben Äbb. asymmalrisc
gliederl, Um sie zu einer Flddienpereileiivai
Hinlergrund ZU führen. Die Kirmigirr war bereils
llddxig gegliedert und ein isesiinirnie Formensym
duzierl. Es isl imeressanl lu sehen, wie Nolx
Flächendifferenzierung dekardliv iri den Bildgrur
Peu! Gouguin, Vase 1a buigneuse Pans, Louvre
Paul Gauguin, Vase in Kürblsfcrm Paris, Privulbesitz,
Kuh-Nr. 1713
Allperuunisches Bügelhenkelgelöß Swnguro, Hunmunn-
LindenrMuseum
Paul Gcuguin, Idol lu Coquille Toulouse, Privuf-
1225111, Kuh-Nr. 1717
Peu! Gauguin, Te Aluu, Holzschnill, nad1 1395
Paul Gcluguin, Te Awa, Hohschnill, ca. 1B'?3-1B95
Mcrquesas, Tiki, Basalmein Paris, Musäe de I'Homme
Pouol Gauguin, Tiki, aus dem SkFzzenbuch Kuh-Nr,
174
30
32
trägt, wobei die primitive Stoßkraff der Symbolfigur farbig
anklingt. Das zweite Stilleben Exotische Figuren II" Abb.
41, ebenfalls van Emil Nalde, wird bestimmt durch eine
Katchina-Puppe der Hapi-lndianer Abb. 40. Ein Pumapaar,
vom Maler aus Federmänteln übernommen, steht der Puppe
zur Seite. Auch hier gelingt es dem Maler, die ange-
deutete Flddtenform der Puppe, die ganz auf iener elemen-
taren Einansictttigkeit beruht, der Bildfläche zu integrieren.
In einer fast prismatischen Farbigkeit versteht er die
leuchtend bemalte Figur dem Bild einzupassen. In dem
Gemälde, das 1911 entstanden ist, führt Emil Nolde sdion
sehr früh eine Begegnung mit der lndianerkunst herbei,
wobei er den Charakter und die Wirkungsferrn des Origi-
nals bestehen läßt.
Im Gegensatz dazu beschreitet Ernst Ludwig Kirchner einen
anderen Weg, indem er sich die AianIa-Fresken Indiens
zum Varbild nimmt Abb. 47-451. Bestimmend für ihn sind
ebenfalls der flächenparallele Aufbau und die rhythmische
Abfolge der Gestalten. Die sinnliche Pracht der Tänzerinnen
bestimmen von nun an die Kunst Ernst Ludwig Kirchners
und führen zu einem neuen dominierenden Stil des Malers.
Er vermerkt selbst Bald genügt mir die einfache Art der
Palau-Balken nicht mehr. Ich begann, nach mehr Wärme
und vollendeter Farm zu suchen. Durdw Zufall fand ich
Griffiths ,Indische Wandmalereien' in Dresden in der
Bibliothek. Diese Werke madtten mich fast hilflos vor
Entzücken. Ich zeidtnete vieles an den Bildern ab, um nur
einen eigenen Stil zu entwickeln, und fing an, große Bilder
zu machen, 150x200 cm. 1905. Ach, wie ungeschickt und
leer schienen sie mir..." Diese van Kirchner in der
Brücke-Chronik 1912 niedergeschriebenen Erinnerungen sind
wichtig für den Maler. Es ist aber durchaus anzunehmen,
daß Kirchner die Veröffentlichungen von Griftith über die
nordostindischen Temaelfresken erst im Dezemberllänner
1910111 kennenlernte. In diese Zeit gehören die hier
wiedergegebenen ZQIÜIHUH en des Malers. Sehr deutlich
werden in diesen Kopien ie gewinkelten Arme hervor
heben, die dann in so deutlicher Manier in seinen Gernäl en
und Hollschnitten wiederkehren. Auch diese Begegnung ist
für den deutschen Brücke-Stil von entscheidender Bedeu-
tung gewesen und beweist, daB der Kontakt mit den außer-
europäischen Kulturen frudttbare Anregungen vermittelte.
Bemerkungen zum Maskenhaften innerhalb der Ma-
lerei und Plastik Abb. 46-63 S. 21, 22
Der Versuch, das menschliche Antlitz im beginnenden
Expressionismus neuen Ausdruckswerten zuzuführen, brin
eine engere Verbindung zur sdtwarzafrikanisdten Kop-
skulptur.
Die Fotografie hatte im ausgehenden euro äischen 19. Jahr-
hundert die Wirklichkeitsvvirkung des nlichen in einer
veristischen Form zum Unertröglichen gestei ert. Das Pan-
aptikumhafte war bis in die feinste mimisc Spur nach-
vollzogen worden, und damit war die Persönlichkeit des
Dargestellten zur Kopie des äußerlichen Habitus geworden.
Die Regeneration setzte über die Kenntnis außereuropöi-
scher Masken ein, die in einer unendlidien Variierbarkeit
über die ritualen Inhalte der Kapfreliquiore oder der Tanz-
oder Gesichtsmasken die europäische Kunst befruchteten.
Die Beispiele zeigen, wie das Elementare, Stoßende und
Aktive nun in den Gesidttstypus eingeführt werden lAbb. 46.
In den Holzschnitten, die mit scharfen Rändern und klar-
linigen, breiten Zügen arbeiteten, wird das Maskenhafle
19
3B Südsee, Neu-Irland, Uli-Figur Seebüll, Nolde-Siifiung
39 Emil Nolde, Shlleben mii Uli, 1915 lseebüll, Nolde-
Shfhmg
40 Hopl, ArizcnulNeu-Mexiko, KcnchinabPuppe Berlin,
Museum für Völkerkunde
A1 Emxl Nolde, Exotische Figuren II, 1911 ISeebÜII, Nolde-
Soifvung
42 Aiumc, 1,11119", a. mm im HiihIenPempeI
4a Ernst Ludwwg Kirchner, Zeichnungen nach den Repro-
duklionen der Amme-Fresken, um 1910
44 Ajanlu, Indien, 6. Jh. Fresko im Höhlenlempel
45 Erns1 Ludwig Kirchner, Zeichnungen nach den Repro-
duklioneu der Mama-Fresken, um 1910
des Expressionismus deutlich. In Kirdmers FEllmGffl-Mäddlßll
1913 Abb. 47 erkennen wir deutlich die vorgewölblen
Gebißknaclieri, die tletschenden Zahnpartieri, die sdiarfen
Nasenrüdien als Grete oder Lichtbönder, die selischlitz-
artigen Augen mit dem Abwetirblick Abb. 48 werden
Bleidieririaßen nadimals von Sdimidt-Rottlutt übersteigert.
er felisdrhette Drang im Sinne van Verdrängen auf den
Betrachter zu wird bei Schmidt-Rattlutf deutlich, ebenso das
Tempo, das die Blickgebärde begleitet. Diese Entwidilung
vollzieht sich im 20. Jahrhundert exemplarisch und hat eine
derartige Vnriatiensbreite, daß sie bis in die Gegenwart
nachhaltig wirksam geblieben ist. 1947 formt Alberta
Giucometti Tete rfhamme surtige Abb. 51. Der Vergleich
mit einem Graslund-Kumerunisdten Kopfpratam Abb. 47
zeigt deutlich die tetischhaite Gewalt des gestreckten Haup-
tes, das durch rituale Einbindungen eformt wurde. Die
massiven Kieterlcrmen und der geö riete Mund zeigen
Parallelen. Das Zeichenhaite wird noch einmal im Holz-
schnitt van Sehmidt-Rottlutf gesteigert und auf einen For-
mennenner gebracht, indem die Nasen-Siirm, die Mund-
Kinn- und die Augenpurtien, aber auch der Halsansatz
20
einzeln gesehene geametrisdie Fnrmenteile sind, die zu
einem Ganzen zusammen esetxt werden Abb, so. Diese
expressive Sicht, die gleic zeitig einen übersteigerten Aus-
druck arantierte, ist wiederzufinden in den Beispielen
Abb. 54 einer PangwerSkulptur Gabun, eines Schädel-
behälters mit Kdpr. Deutlidi hervorgehoben sind die schei-
benförmigen Augen, die gebuckelte Stirn und die arnamen-
talisierte Augen-Nasen-Brauen-Partie, die durchaus mit dem
Halzsdinitt vdn sdirnidi-izdhiuri übereinstimmen Abb, 5a,
dd auch die sdieiberitörmigen Augen, die Kombination vdn
Nase und Augenbrauen wiederkehren. Der Bieri-Ka Abb.
54, ebenfalls Fangwe Gabun, vermittelt die Eultisdie
Krdn aufgrund der gesdiibssensn und dichten Form des
Antlitzes. Vergleiche mit dem Christushaupt von Schmidt-
Rottluli von 1918 Abb. 55 sind deutlidi sichtbar in der
gekunteten Nase, den schlitztörmigen Augen und dem breii
gewölbten Mund. Die Kopfsymbole, die innerhalb der euro-
chen Kunst immer stärkeren einiiuia ewinnen, werden
weiter durch reduzierte Einzeltorinen gesteigert, indem Julio
Ganzalez in seiner Kopfskulptur Oncle Jean ll Abb. so
eine Konkretisierung vornimmt. Die in Eisen im ausgeführte
Skulptur ist absichtlich esockell und steht audi
einer Diskrepanz xum rikanischen Maskentypus.
die Europäer die Mythalogisierung und die Ver
vorangetrieben haben, ist an diesem Beispiel zu
Chitfrenarti wird ein Erinnerungsbild eines Maske
vermittelt, as nicht valuminös, sondern in einer
zierten Flächensdiiditung eine Stoßkrutt nadi vorne
die kaum eine valuminöse Maske besser vermiiielr
Ganzalez hat sich lange Zeit mit Maskenanalo
fast radikal wirkenden Kopiprotomen Abb, 57,
dndergesetzi. Er ist ddbei bis zur äußersten Vereii
bis zur Eilarm, vorangesdiritten.
Vor cillerri hat Constantiri Braricusi schon 1914 diesr
iddiung vorwe genommen. Der erste Schrei"
überzeugendes eispiet. Brancusi verbindet mit
des Ureis eine Gestaltfarm, die durch den Buddha
usiens stärker beaintlußt sein könnte.
Interessant in der hier vorliegenden Bildreihe ist
den Ganzalez besdireitet, indem er über zehn
Maskentypus variiert Abb. 5563. Auch er
autonome Melallplastikeri gestaltet, wobei er
zcfrika, Schödelmcske
Jdwig Kirchner, Fehmam-Müdchen, 191a
SchmidtvRoNluff, Holzschnitt, Chrislus und die
cherin, 1918 Ausschnim
zalrika, GrusVurld-Kurnerun, Kopfprolom
chmidrRoHluff, Christus fluchi dem Feigenbaum,
iusschnm
Gincomehi, Täte d'homme surfige, 1947 Basei,
iuseuml
Gabun, Schädelbehöller mil Kopf lSfuNgurt,
museum
chrnidl-Rohluff, HolzschniN, Die HI. Drei Könige,
kussthniN
Gabun, Bieri-Kopf lSlg. Drechsier, StuNgarl,
museuml
ichmidl-Roilluff, Hoizschnill, Chrislus, "ITIB Aus-
.Kunnnmnllmumxxtmh
"Feqciim-iä iK'i""ß'e'"'""E
Oberflädte des Eisens verzieht. Die Masken blicken
ixalez gleidisam nach innen Abb. so, so, wobei
sdtwarzafrikanisdten Vorbilder nadit als tommes-
Typen dienen, sondern er tssiit aus verschiedenen
an und Einflüssen seine Kcpf1eid1en" lUSdmmGtl.
ol und das sphärische Dreieck sind Grundnormen
das er den Kopftypen unterlegt, wobei er diirdi-
ler Lage ist, wie in seiner im entstandenen rsts
is" Abb. 62 Inhalte dss Leidens 111 veranschauli-
gezeigten Abbildungen sind lediglich ein Hinweis
oussdtnitthafte Betrachtung zum großen Thema
egnung der europäischen Künstler mit den uuBers
chen Masken.
ionen schwarzafrikonischer Skulpturen im
auf die europäische Moderne Abb. 64-69
des apollinischen Menschenbildes gezeichnet, dGS Ollgelllein
verbindlich WUfdQ. Adir Kvpflingen entsprddten einer Kör-
aerlänge, die glßldtsdm gesetzmäßi fest elegt Wdr. Die
icntigkeit dieses Maßzwanges so lte os dargestellte
Menschenbild in der Kunst des 19. Jahrhunderts noch
einmal hierarchisch bestimmen, denn die Gestalt des
Msnsrdisn und dss ehristlidien Kultbildes waren gleichfalls
auf diese Maßeinheiten festgelegt. Eine Revolution, die
wohl tiefer wurzelte dis nur ain Abbildhoften, sollte diirda
die Begegnun mit den schwarzafrikanischen Kulturen die
dpollinischen ßlsesantisatsn ad absurdum führen. Das HGUPf
als der Inbegriff nisnsdaiadasr Würde dss Wissens, der
Macht und der Erinnerung WO! an der scftwarzafrikanisdien
Skulptur diai einem reduzierten Körper leidtsam gesodtelt.
Die Extremitäten waren untersdtiedligt gebildet, lange
Arme und gewinkelte, kurze, hockende Beine. oasss ge-
raffte, animalische, oft wie zum ssnangmsdiadrrs Gebürde
.. r.-..s..i-. v-.t........... ...s .........t.-. AnlVir-Üuhlnn sntn.
iunge Generation tiefer wirken als die aufrecht stehenden
Gottheiten des Proxiteles. Die Figuren der Elfenbeinküste
zeigen diese Provokation deutlich, das große Haupt, der
walzenförmige Körper, die gewinkelten kurzen Beine in
Hockform. Wichtig bleibt iedadi die voluminöse Rundung
der einzelnen Gliedmaßen, die im einzelnen über eine
autonome Funktion verfügen, Die Curyutide" Abb. 65
von Cdnstrintin BFGHCUSl vermittelt überraschend, welcher
Weg nun Iltrück elegt WLtfdS. Die zeidtenhafte essrdlr
dieses Mensrheni als ist reduziert auf Grundrtortnen des
Gestalthaften, wie sie die Europäer nodt einmal unter dem
Eindruck des Vorbildes oufzugipfeln verstehen. Aber auch
die Ebri-Figur der Elfenbeinküste des Ethnagraphischen
Museums der Stadt Antwerpen Abb. 66 zeigt eindrudts-
voll im Vergleich mit Broncusi die Ansätze, die der moderne
Künstler nun nadnvellxieht. Das Idol zeigt Frontalitüt und
Winkelurig der kurzen Extremitäten, die notwendig ist, um
da. Hilrnrrtwin i-tns Kntttanttnn 111 vermitteln, Älld! Hdni-i
59
D0
a1
II"!!!
lllllllüüliliflällüilllllßä!!!
Anekisch HocMul v. Mexiko, Hockender Gott Berlin,
Museum f. VüVkerkunde
Erienne Martin, Nuifunle", 1948
Andrä Deraln, Die Zwillinge, 1905 Duisburg, Wilhß
LehmbrucloMuseum
Henry Moore, Sitzende Figur, 1924 Privalbesilz
ihm erkennen wir iene gexdiwellte Gestaltfarm des Kör-
pers, die die elementare Kraft des schwanafrikanischen
Vorbildes ist. Jedoch wird deutlich, daß Laurence im
europäischen Sinne eine Art Kantrapost undeutet, wodurch
eine stärkere Bewegungsiühigkeit der Gestalt veranschau-
lidit wird. Die Kombination von hierarchisdier afrikanisdier
Kulttigur und europäischer Tradition ist hier vollzogen.
ln der Skulptur von Robert Coutourier wird die Gestalt
unter dem Eindruck der schwarzafrikanischen Kultfigur
ebenfalls auf Grundwerte reduziert. Coutourier nennt diese
Figur Nu Cylindrique" Abb. 65 Sie erhält eine allseitig
Ansicht, die über das sdiwarza rikaniscfie Vorbild hinaus-
geht. Die haptisdien Prinzipien der Oberflädienbearbei-
tun beginnen in neuer Form zu wirken, wie sie auch im
afri anisdien Bereich durdi äußerst differenzierte Oberflä-
dienbearbeitung Geltung eridn ten.
Robert Jdsebsen vermittelt agegen in seiner Skulptur
lTAetivite 1960" Abb. 69 werkforrrihaften Charakter der
durch statuarische strenge zu einem Bewegungsrhyl mus
führt, der Gestalthaftes nur andeutet und damit über einen
hintergründigen Sylnbaiismus verfügt.
22
Auch rriit diesen wenigen Beispielen wird angezei wie
vielfältig und reich die Begegnung der schwarze rikani-
sdten Proportionen mit der europäischen Plastik der Ge-
genwarl isi.
Die Begegnung der europäischen Moderne mit der
prökolumbianischen Steinplostik Abb. 7l, 72-S. 23
Robert Goldwater weist ausdrücklich in seinem Buch Pri-
mitivisni in Modern Art S. 245 ff. schon vor 1965 auf die
Begegnung Henry Moores mit der präkolumbianischen Stein-
plastik hin, audi Oto Bihalii Merin veröffentlicht 1962 die
entscheidenden Beis ele in seinem Werk Advanture af
Modern Art S. 14-17.
Die Auseinandersetxung mit der präkolumbianisdien Stein-
pldsiik wurde erst zu einem späteren Zeitpunkt vdllzdgen.
Im Mittelpunkt stehen Arbeiten der späten dreißiger Jahre
von Henry Mactre, der sich mit den Hadwa der Taiine
Kulturen Mexikas beseiidtiigi. Die Skulpturen fragen den
Namen nach dem spanischen Wart Axt. Die sdieibenförmi-
gen Kopfbilder vermitteln ienen extförmigen Zuschnitt,
gleichsam als sei das Profil des Hauptes mit der Schneide
des eeils zu vergleichen Abb. 70. Diese Ritual-
in stein gearbeitet, waren Grabbeigaben, in H4
Leder Gusgefüitri waren sie iedodi Erkennungszeict
kultischen Ballspiel im alten oudtenrdid.
Die flache Farm der Hddrds oder Sd1eibenköpie'
einen neuen Typus von Kopfstrukturen. Wirkungsv;
die profilierte flöchenhufte Doppeldnsldif, die ih
und zeichenhafte Wirkung GUS der Silhouette bezi
Vielfalt der Abwandlung im Hacha-Ty us ist sehr
ziert und unterliegt reichen Abwand urigen, es
sozusagen viele Variationen um ein Thema. Dies
derungen bei Beibehaltung einer Grundnorm der
hat vor allem Henry Moare angeregt.
Die beiden Obiekte Abb. 71, 72 zeigen diese in
wandlun wie ein erhobenes und ein geducktes
die Köpe behandelt. Fladi wurde der Scheiben!
dern Stein geschnitten. Weniger die Meißeltechnik
sdrn wie Schnitt-, Bohr- und Paliertechnikeri. Scharte
Ritzungen und werkformhatte Vorsprünge geben
sackellen Kopfskulpturen eine monumentale Erst
die durch eine haptisch wirkende Steinepidermis"
70
71
72
Mexiko, Hocho Bremen, Übersee-Museum
Henry Moore, Kopf, 1937 New York, Morihu
Gollery
Henry Moore, Squure Form S19. Soinsbury
Jackson
timmungen vermittelt. Das Thema ist neu für die
e. Südamerikanisdie Bildhauer orientierten sich viel-
die Hachas werden nodi eine geraume Zeit die
en des 20. Jahrhunderts besdiüttigen.
rpus des Blockes als plastische Grundform
"3-76 S. 22, 23
widrlun der modernen europäischen Plastik kann
"eidie hemen- und Motivketten unterteilt werden.
idie Fundamente dieser Sicht sind die Ptahltorm
er Quader- und Blockform. Der Block ist Grundnorm
rlnerische Ausgangssituation einer ieden plastisdien
Jng. Er ist gleichsam Teil geologischer Abspaltun an,
tiert" dem Bearbeiter attmals die skulpturale ee.
onome Gestalt der Quaderskulptur bleibt Teil der
wenn sie auch freigestellt ist, steht sie in ihrer
en Gewalt dem Verbund nahe. Die enge Bindung
Mauerhatte ibt dem Quaderstein im skul turalen
der hacken en Aztekengötter "ene einge undene
pannte Wirkungsform Abb. 73. in Ausgreiten über
die vom Blodr bestimmten Steintldthen entfällt, eine Über-
dehnung der Sitz- und Standmotive der Gottheiten scheidet
aus. Im Blodr ist über Jahrtausende die menschlidie Gestalt
eingefügt und damit enthalten. Beipielhatt sind die plasti-
schen Werke Ägyptens und Mesapatamiens. Aber auch die
kauernden und hackenden Götter der Azteken Mayas und
Zapoteken wadwsen aus einer Grundform des lineares über-
zeugend hervor, sa daß sie die Bildhauer des beginnenden
20. Jahrhunderts in Europa bestimmt haben dürften. Andre
Derain wählt in seiner Skulptur Die Zwillinge" 1905
Abb. 75 ein ähnlich gelagertes Thema. Die beiden kauern-
den Gestalten sind gleichsam im Quader getan en. Die
blackhafte Gebürde, die blockhafte Drehung, die lackhatt
gelagerten Extremitäten lassen den Kubus erahnen.
Die aräkolumbianische Steinplastik dürfte damit zur Rege-
neratian der europäischen Skulptur geführt haben. sntrnn
191D übernimmt Brancusi Ansätze einer Quadergrundtorln für
sein Werk Kuß". F. L. Wright verbindet steinerne Quader-
massen mit detaillierter Steinarnamentik. Auch Jacques
lipchitz kombiniert seine schwarzafrikaniszhen Analo ien
mit präkolumbianischen Anregungen. Ebenfalls ist die 934
entstandene sitzende Figur van Henry Moore Abb. 76 dem
Blodrsystem verpflidatet, denn die Quader egrenzungen
sind mit der Sitzhaltun eng verbunden, Form und Inhalt
bleiben kongruent, das eißt, beide Elemente durchdringen
einander. Die torsohatte Erscheinung ist dabei Element des
Bladres und bestimmt wie im Ptahltypus die Merkmale der
Grundform.
Etienne Martin steigert noch einmal in seinem Werk
Nuitante" 1948 Abb. 74 iene blockhatte Gestaltprägnanz
zum Zeichenhaften. Die Toten der Hodcergräber dürften
hier Anregungen vermittelt haben. Interessant scheint iedoch
die absolute Präsenz des kubisch wirkenden Leibes zu sein.
Die Gewalt der schweren Extremitäten, das tief in den
Nadcen eingesdwabene Haupt lassen den Druck des Blockes
noch erkennen, doch beginnen die Extremitäten expansiv
nach außen zu drängen.
Die vier Beispiele vermitteln die Thematik, die über größere
Bereiche weiter interpretiert werden könnte, Sie zeigt,
welche Viellalt und welcher Reichtum die außereuropäisahen
Kulturen in der Begegnung mit der europäischen Kunst
imstande waren zu vermitteln.
23
Wilhelm Mrazek Erich Bolter
Josef Hoffmanns Haus
für Carl Moll renoviert
Josef Hoffmann, Haus Moll Wien 19,
gassejß, Ansicht von der Gcxrlenseile
Unter den ersten Bauten, mit denen Josef Hoff-
mann in den Jahren 1902-1903 in Wien Auf-
sehen erregte, befanden sich auch die Villen
seiner Künstlerfreunde Kolo Moser und Carl
Moll. Im Jahre 1906 bezog dann Carl Moll ein
neues Haus in der Wollergasse in Döbling, das
in der Literatur als Haus Moll ll bekannt ist.
Nach Carl Molls Tod im Jahre 1945 erlitt dieser
Bau zahlreiche Veränderungen, so daß seine
ursprüngliche Gestalt kaum mehr zu erkennen
war. Erst der neue Besitzer, ein begeisterter
Sammler des Wiener Jugendstils um die Jahr-
hundertwende, betraute dann Architekt Prof.
Erich Boltenstern mit der Aufgabe, den ur-
sprünglichen Zustand wiederherzustellen und
lieferte damit ein äußerst schätzenswertes Bei-
spiel einer zeitgenössischen Anerkennung der
architektonischen Konzeption Josef Hoffmanns.
Im folgenden berichtet Prof. Boltenstern über
die Maßnahmen, die notwendig waren, um
dieses eher bescheidene Haus in seinen einstigen
Zustand zurückzuversetzen. Mit diesem Auftrag
eines engagierten Besitzers und der Realisie-
rung durch einen hervorragenden Architekten
im Geiste Josef Hoffmanns wurde für Wien ein
Bauwerk aus einer Glanzzeit der österreichi-
schen Architektur gerettet.
Am 23. März 1971 erteilte mir der Bauherr des
Hauses Wollergasse 10, das Josef Hoffmann für
den Maler Carl Moll um die Jahrhundertwende
errichtet hatte, den schriftlichen Auftrag zur
Renovierung desselben. Dieser Brief enthält
folgenden Satz Soweit wie überhaupt nur
möglich, jedoch ohne den Zubau abzufragen,
sollte der Charakter des ursprünglichen Hoff-
mann-Hauses wiederhergestellt bzw. erhalten
werden. Dies bezieht sich nicht nur auf die
Fassade, sondern auch auf Türen und Fenster."
Es ist dies die Einstellung eines Bauherrn, wie
sie heute selten zu finden ist und die es er-
möglichte, ein denkmalwürdiges Haus, das der
Bauherr in einem sehr verwahrlosten und ver-
bauten Zustand übernommen hatte, wieder zu
neuem Leben zu erwecken.
Das Haus war ursprünglich als Einfamilienhaus
erbaut worden. Im Erdgeschoß befand sich ein
Iönglicher Wohnraum, der von der Straßenseite
bis zum Garten reichte und eine Veranda vor-
gelagert hatte. Der Wohnraum lag auf der lin-
ken Seite eines Vorraumes, der in der Mitte
zum Stiegenaufgang führte und auf dessen
rechter Seite die Küche lag.
Die Stiege war um vier Pfeiler angelegt, die vom
Parterre bis zum Dachgeschoß reichten und in
der Mitte einen durchgehenden Freiraum hatte.
Im ersten Stock waren Schlafräume und Bade-
zimmer untergebracht. lm Dachgeschoß befand
sich ein großes Atelier mit einem Nordfenster.
Durch Einbeziehung der Dachschrögen war eine
sehr lebendige Raumform entstanden, die mit
ihren verschiedenen Höhen und Verschneidun-
gen sehr abwechslungsreich wirkte.
Nach dem Tode von Carl Moll im Jahre 1945
wurde das Haus geteilt und von zwei Parteien
bewohnt, die eine Reihe von Einbauten vornoh-
men, die die ursprünglichen Ideen Hoffmanns
weitgehend zerstörten. Im Erdgeschoß wurde
der große Wohnraum mehrfach unterteilt, und
vor oIIem wurden in den schönen Stiegenraum-
Besenkammern und Abstellräume eingefügt, die
den Raumeindruck völlig auslöschten.
Im Äußeren war an der Gassenseite die ur-
sprüngliche Form noch erkennbar, in dem turm-
artigen Eckbau war im I. Stock ein Fenster aus-
gebrochen worden, das ohne ede Beziehung zu
den übrigen Fenstern der Fassade stand.
An der Gartenseite waren dem ursprünglich
sehr einfachen Baukörper noch unter Moll Zu-
bauten angefügt worden, nach 1945 waren ein-
Haus wirklich ausgesehen hatte. Im Planarchiv
der Stadt Wien befand sich noch der seiner-
zeitige Originalplan zur Zeit der Einreichung
und auch Pläne für die späteren Zubauten, und
in der Bibliothek des Museums für angewandte
Kunst fand sich im Jahrgang 1906 der Moder-
nen Bauformen" ein Bild der Straßenseite des
Hauses. Prof. Sekler verschaffte dann noch ein
Foto der Gartenseite noch ohne Zubauten.
Dem Foto der Straßenseite war zu entnehmen,
daß schon ursprünglich ein Teil der Westseite
und die ganze Nordseite des Hauses mit Eternit
verkleidet waren, während der turmartige Eck-
bau und die Gartenfassade verputzt waren.
Von dem Schwarz-Weiß-Ornament der Fenster-
umrahmungen und des Gesimses war nichts
mehr vorhanden, und es konnte auch nicht
eruiert werden, welches Material dazu ursprüng-
lich verwendet worden war. Aus Keramik kannte
es nicht gewesen sein, da insbesondere das
Gesims aus Holz bestand. Es war anzunehmen,
daß das Ornament auf Holz gemalt war, daß
dies der Witterung aber nicht standgehalten
hat, so daß nichts mehr davon zu sehen war.
Nach vielen Versuchen wurden diese Ornamente
nunmehr in Eternit ausgeführt. Diese Fenster-
umrahmungen und der ornamentierte Gesims-
laden tragen wesentlich zur architektonischen
Wirkung des Hauses bei.
Diese Abstimmung auf Schwarz-Weiß setzte sich
auch konsequent im lnneren des Hauses fort.
Alle Pflaster waren schwarz-weiß, die Türen hat-
ten schwarze Schutzstreifen um die Schnalle,
die Vitrinen im Stiegenhaus, von welchen noch
einzelne im Original vorhanden sind, waren
dunkel gebeizt.
Im lnneren des Hauses wurden nun alle stören-
den Einbauten entfernt. Der durchgehende
Wohn- und Eßraum wurde wiederhergestellt,
die Veranda, die in den Garten überleitet,
wurde erneuert. Von der seinerzeitigen Veranda
war nur mehr im Keller ein einziges Fenster ge-
funden worden; dessen Teilung wurde den
neuen Türen und Fenstern zugrunde gelegt.
Besonders schön ist das Stiegenhaus, dessen Wir-
kung nach der Freilegung voll zur Geltung kommt.
Den Stiegenläufen folgend, sind seitlich nach der
Stiegenspindel zu Vitrinen angeordnet, und es
ergeben sich reizvolle Aus- und Durchblicke.
Alle Türen, Fenster und Pflasterungen wurden
weitgehend nach dem alten Vorbild erneuert.
Für die Einrichtung standen leider keine Möbel
von Josef Hoffmann mehr zur Verfügung.
Es kannte ein Jugendstil-Speisezimmer erwor-
ben werden, das sich in seiner zurückhaltenden
Farm in den Raum einfügt, andere Möbel wur-
den so angefertigt, daß sie sich dem Charakter
des Hauses anpassen. Bei Backhausen waren
noch Musterstücke von Teppichen, die Josef
Hoffmann entworfen hatte, vorhanden. Danach
wurde ein Teppich mit schwarz-weißem Muster
gewebt, der im Wohnzimmer und in einem
Arbeitsraum Verwendung fand. Bei dem Entwurf
der Beleuchtungskörper half Ing. Arnold Poell.
Es konnte auf diese Weise dank der Einstellung
C1
Josef Hoffmann, Haus Moll ll, Gartenhäuschen
Haus Moll ll, Archivfoto der Wiener Werkstätti
XVIIQH
Jose Hoffmann, Haus Moll ll, Foyer n. d. Rena
vierung
Unsere Autoren
Gerhard Mayer
Aufforderung zum
Träumen
hlbkwlvu
Eine Bestandsaufnahme
der österreichischen
Kunstszene in den
sechziger Jahren
Die Collage-Optik unseres Zeitalters, die sr
mit chronologischen Tabellen und Übersi
mit Statistiken und Jahresrubriken, mit Stir
ten und additiver Tatsachenauswahl ein lin
praktisch anwendbares Bezugsschema
menbastelt, in dem alles systematisiert,
tiert und katalogisiert wird, verlangt nach
nung. Das Verteilen des Stoffes, der sich
in so viele mehrwertige Einzelwerke und
lerindividualitäten aufsplittert und von
aus so gar keine Neigung zu höherer Or
zeigt, auf einen Grundraster von Jahrzehn
eine gebräuchliche Spielregel. Bei aller
nen Vorsicht einem so vereinfachenden St
gegenüber soll hier doch eine Bestandsaufi
der österreichischen Kunstszene in den sec
Jahren versucht werden. Einer Kunstland
die im übernationalen Kröttespiel der moc
Kunst gewiß keine führende oder auslE
Rolle, wohl aber in verschiedenen Ber
ein Mitspracherecht beanspruchen kann,
sie hat mit einer Reihe von Künstlern du
zum Gesamtbild beigetragen. Und sie trög
te mehr dazu bei, als man dies im allgen
wahrhaben will.
Allerdings sollen die Grenzen des Jahr
um die willkürliche Geschichtskonstruktior
allzusehr zu strapazieren, nicht präzis ge
werden wir betreten das Theater, da1
schichte heißt, mitten in einem Akt und ver
die Szene erst in diesen Tagen, mitten in
Geschehen also, dessen Stellenwert und
gang nach völlig offen sind. Die Kunstges
ist voll von Schüben und Brüchen, von
Ansätzen und Sackgassen. Künstler lebe
entwickeln sich nun einmal nicht nach Sc
Nur wenige Künstler", meint Raoul Haus
öffnen neue Wege und geben zu gleiche
Aussicht auf eine ganze Epoche". Der
versuch mag zeigen, wo in dem ungegliet
Nebeneinander von Altmeistern und Weg
tern, Nachzüglern und Einzelgängern neui
ge begangen wurden oder werden,
Eigenarten diese Kunstlandschaftkennzei
die trotz so vieler Kustoden nicht nur
sondern eben auch Werkstatt ist.
Die Erde mag wohl die Realität sein, ai
wir gehen und leben. Aber was durch ul
ihr geschieht, ist Utopie", schrieb Oswald
huber in der Mitte der sechziger Jahre.
aber die Kunst die größte Utopie aus des
schen Geist, und sie war noch nie so ut
wie heute." Das mag ganz allgemein gelte
aber für Österreich in den vergangenen ze
fünfzehn Jahren ganz besondere Bedeutui
wonnen.
Oberhuber ist Österreicher, Tiroler in
Künstler in einem kleingewordenen Land
das sich gern in der Illusion geistiger
wiegt. Rückfall in die Provinz und Ausweicl
Illusion und Utopie kennzeichnen in
Abwechslung Politik wie Kunst.
Österreichische Festredner waren um bllt
Variationen solchen Wunschdenkens, da
seit T945 leitmotivisch eine zentrale Milllt
die liebgewordene Brücken"-Metapher
der weltpolitischen und geistigen Geogl
zumißt, nie verlegen. lllusian, Utopie aucl
Man beschwört gern die Vergangenhei
Tradition, das große Erbe", den Kulturfri
der Geschichte mit seinen liebevoll gepf
Mumien und all dies ist in der Tat hier
samer, lebendiger" als anderswo. lnde
erstarrten Fassaden der Vergangenheit
auch hierzulande auf eine, notgedrungi
Viax Peinfner, Zeichnung, 1973 Seite 27
Walter Pichler, St. Martin 10. 10. 72", Zeichnung
Raimund Abraham, Hause wilh Curtains", 1971
for Henry, Zeichnung aus der Serie Zehn
Höuser"
Othmar Zechyr, Entwürfe zur synekdochetischen
Architektur Detail, 1968
Untergrund wachsende, neue Szenerie. Der Span-
nungszustand zwischen alt und neu ist in Öster-
reich, wo das Alte so alt ist und das Neue so
merkwürdige, überspitzte, utopische Züge on-
nimmt, besonders ausgeprägt. In den drei-
ßig Jahren nach dem Ende des zweiten Welt-
krieges sind hier meist unbeachtet, angefeindet,
ignoriert im Land selbst und im Ausland dank
einer völlig fehlgeleiteten offiziellen Kunstförde-
rung nur in den seltensten Fällen und mehr oder
weniger zufällig bekannt geworden, Entwicklun-
gen und Tendenzen in Gang gekommen, die nicht
nur für Österreich selbst Bedeutung haben.
Die Romantik hat nicht haltgemacht vor den
elektronengesteuerten Maschinen unserer Zeit,
vor den Zivilisationswüsten einer sich selbst
...C
virtuos zerstörenden Technokratie, vor der
nierenden Kräften politisch wie wirtschaftli
talilörer Gesellschaftsordnungen in Ost
West. Weltflucht und Weltverbesserung
Rückzug in die Tiefen der Seele und der
zug in die Reiche der Metaphysik, lrratic
mus und kritische Distanz zu den
stehen hoch im Kurs.
Die romantische Allüre, in der sich so
im heutigen Kunstgeschehen äußert, hat
höchst realen Kern das Unbehagen an
mörderischen Umwelt, einer Umwelt, der
weitgehend ohnmächtig gegenübersteht um
gesetzt ist. Vor allem ist es die Architekti
der sich dieses Unbehagen polarisiert. Er
lich früh haben österreichische Künstler
Künstlerarchitekten begonnen, hier Gegenv
zu entwerfen. Ihre scheinbar spielerischen
genden Jahren in mannigfachen Aktia
Malers fartsetzte, fiel auf fruchtbaren
Selten nur bei den eigentlichen Architel
die Unwirtlichkeit der Städte" Mitschei
nach mehr verdichten helfen, sdndern
wenigen, die teils von der traditionelle
tektur herkommend, teils von der Ob
aus dem Ghetto von Technik, Funktio
und Rationalismus ausbrechen und da
gehen, Utopien vorzustellen. Meist
Papier. Die Chancen auf Verwirklichung
ring. Was realisiert werden konnte
erst im Ausland sind spielerisch-an
Proiekte, die als Denkanstöße den
lebensnotwendigen Bazillus von Phanti
Experimentierfreude weitertragen.
1962 formulierte der Architekt Raimund
der sich mittlerweile in den Vereinigten
angesiedelt hat, eine Vision der Stadt"
Altäre Menschen auf Rollen
brachene Bewegung gläserne, ge
Lichter Kuppeln festliche Gebäude
zum Licht..."
Ohne praktische Möglichkeiten zur
chung entstanden mannigfaltige Phan
würfe, so eine Serie von zehn Höus
Konglomerat von organischen, technoit
phantastischen Formen. Höuser mit fli
Vorhängen, mit Blumenwänden, Erde-
Häuser. Ähnliche Gedanken verfolgten
Pichler und Hans Hollein. Bisweilen
realisierbar, bisweilen reines Denkst
manchen Zeichnungen van Max Peintner
sich die Gedanken zu rein bildhafte
AutobahngröbeW, Familiengrab als
scher Swimming-pool", betanierte LCJHCJJ
Kritisch, bitter, aber doch auch von un
bar romantischer Sehnsucht eine
Menschenwerk, schwingt sich empor in
ken Aufforderung zum Träumen.
Nach der Mitte der sechziger Jahre
bis heute anhaltende Aufzeichnung von
und Utopien, diese Forschungsaustlüge
Land bislang unverwirklichter Arc
phantasien Zuzug. Eine Reihe von Jung
dem Zug der Zeit folgend, in Gruppen
die Haus-Rucker-Cofß die Coop. Himn
missing link". Sie realisieren ihre Vorsti
von der Befreiung aus der gegebenen
tonischen Misere in spielerischen Proie
Museum des 20. Jahrhunderts" organisi
Haus-Rucker" sie residieren nun in Di
und New York einen gewaltigen Rumn
das Riesenbillard". Doch von der ve
Glücksverheißung mit Hilfe der neuen
schen Medien geraten sie immer mehr
sches Fahrwasser. Grüne Lunge", Stac
konzentrieren sich in iranischer Art auf
prablematik. Gesellschaftskritik fließt GUt
Arbeit von Himmelblau" ein, die Flu
für eine psychophysisch verkümmernde
gesellschaft ergründen. Zum Thema Verö
der täglichen Realität kreieren sie in Lor
Haus mit fliegendem Dach". Mit eine
von Projekten und Entwürfen vstellt
link" das scheinbar Selbstverständliche ll
Der Einzelgänger Roland Gaeschl sut
der Skulptur ausgehend, neue Wege
weltgestaltung für Hannovers Stadtk
20gramm entwirft er Straßenschluchten in
farben und lapidaren Großformen, das Museum
des 20. Jahrhunderts" gestaltet er zur farbigen
Skulpturlandschaft.
Der Sinn solcher Gedanken, Vorstellungen und
Demonstrationen liegt auf der Hand. Einer Zeit,
die die latenten Gefahren nicht erkennt oder sie
zwar erkennt, aber nicht wahrhaben will und
die selbst die einfachsten Mittel, ihnen zu bee
gegnen, nicht ergreift, öffnen diese Künstler die
Hintertür der künstlerische Gedanke, der an
lebensrettende Phantasie appelliert, weist per-
manent auf Möglichkeiten, die Selbstzerstörung
des Menschen zu verhindern. Die Aufforderung
zum Träumen, die sich so sehr als Leitmotiv
22
gegenwärtigen österreichischen Kunstschaffe
anbietet, hat freilich nichts mit verblasener We
flucht oder den Denkspielen moderner Kc
zeptkunst gemein Österreichs Künstler sind
der Mehrzahl purer Gedankenakrobatik
holde, recht rationale, realistische Träumer.
scheinbar Spielerische, die hintergründige Iran
mit der sie ihre Gedanken zu Papier bring
oder verwirklichen, steht durchaus in krassz
Gegensatz zur sprichwörtlichen Lässigkeit,
Schlampigkeit, die man Österreichern gern nar
sagt. Zum Messias einer neuen heilbringend
Botschaft sind sie freilich allesamt nicht geb
ren. Das hierzulande besonders ausgepräg
Bewußtsein füt Relativität Iüßt sie keineswegs
so bedeutungsschwanger auftreten wie etwa den
Deutschen Beuys, der seine Gedanken mit philo-
sophisch-tierischem Ernst entwickelt und zele-
briert. Doch die Leichtigkeit, mit der etwa ein
Pichler seine Träume zeichnet, hindert ihn nicht,
seine Objekte akribisch genau zu gestalten, läßt
Gruppen wie die Haus-Ruduer" oder Himmel-
bIau" ihre Proiekte gründlich entwidzeln nur
daß sie sich stets spielerisch-heiter tarnen.
Den Fluchtweg aus technoid-mörderischer Um-
welt Othmar Zechyr visualisiert sie metapho-
risch als eine aus Masrhinen und Maschinentei-
len zusammengesetzte Landschaft gehen natür-
lich auch, freilich in einer oberflächlicheren,
den Alltag dekorierenden Weise, die Künst-
ler des Phantastischen Realismus", deren we-
sentlichste Werke allerdings schon in den fünf-
ziger Jahren entstanden. Diese wienerische Spiel-
art, mit der die Phantasten eine gewiß eigen-
willige Variante des internationalen Surrealis-
mus kreierten, wirkt freilich auch heute nach
stark nach. Erich Brauer etwa, der das Winkel-
maß verdammt und sich selbst ein gängigen
Architekturbegriffen widersprechende Haus in
Israel baute, oder Ernst Fuchs wirken nun freilich
mehr als Animateure und wie ein buntes Muster
im regen österreichischen Kunstbetrieb.
Leherb führt in den sechziger Jahren gesell-
schaftliches Normalverhalten ad absurdum, und
sein Zeitzerstörungsmanitest" umgesetzt in
allerlei plastische Gebilde birgt, clownesk
verbrömt, manchen Denkansatz zur Auseinander-
setzung mit den ungelösten Problemen des
Menschseins in einer menschenunwürdigen tech-
nischen Welt.
Die theatralische Attitüde, mit der phantastische
Künstler, audi solche, die nicht unter dem
Schlagwort Wiener Schule" segeln, auftreten,
läßt sie nicht von ungefähr oft beim Theater
landen und auch diese Neigung zum Theater
läßt sich unschwer als spezifisch österreichischer
Zug deuten Fuchs, Brauer, Wolfgang Hutter,
auch Hubert Aratym haben Hervorragendes für
die Bühne geleistet.
Der theatralischen Verbrämung der Wirklichkeit
entspricht auf der anderen Seite bewußtes Rea-
gieren auf Ist-Bestünde. Teils in poetischer Me-
taphorik wie etwa bei Rudolf Hausners
Laokoon"-Varianten als Sinnbildern mensch-
licher Verstrickung in Technik, oder in Karl Ka-
rabs magischer Bilderwelt, die in der surrealisti-
schen Internationale einen ganz eigenen Klang
setzt teils in kritischem Reagieren auf die
Egoismen einer Konsum- und Überflußgesell-
schaff wie bei den Wirklichkeiten"-MaIern
oder bei den neuen Realisten Adolf Frohner,
Peter Carer, Ulrich Gansert, Gottfried Helnwein.
Sie alle freilich sind österreichische Parallelen
zu weltweiten Strömungen, auch wenn sie da
und dort redit persönliche oder ungewöhnliche
Akzente setzen. Anton Lehmdens Fresken etwa
sind ein durchaus merkwürdiger Versuch, eine
alte Technik für heute fündig zu machen, ein
Versuch, der kaum Vergleichbares in der moder-
nen Kunstproduktian kennt.
24
Sucht man nach wesentlichen Impulsen,
Österreich ausgingen oder ausgehen, sti
wieder auf die Architektur. Wenn
walde einen hügel finden, sechs schuh lc
drei schuh breit, mit der schaufel pyrt
förmig aufgerichtet, dann werden wir er
es sagt etwas in uns hier liegt jemand
ben. Das ist architektur", schrieb Ada
Das Bewußtsein vom kuItisch-sakralen
der Architektur, der Architektur als Kunst
in unserem so materialistischen Zeitalter
Iich verdrängt. Heute wird es von einer
Reihe österreichischer Künstlerarchitekten
erweckt.
Hans Hollein stellt eine ganze Ausstell
Mönchengladbach unter das zentrale
Tod, schafft für die letzte Biennale in
eine Reihe merkwürdiger Kultabiekte.
Fichler, der wichtigste Künstler dieser
und wohl auch einer der wichtigsten, die
reich in den letzten Jahren hervorgebra
schafft Plätze und Pilgerstätten mit
Funktion, entwirft Schreine und Bahr
Kreieren individueller Mythologien"
große Schlagwort der letzten docu.
rangiert Österreich an vorderster Stel
Hang zum Transzendieren, zur Metaphy
Bildung eines Mythos in wurzellosen Zei
zieht sich freilich weniger auf Sigmunc
denn auf die Archetypen Jungs.
In solchen Regionen lößt sich auch das
tive Mal-Ritual eines Hundertwasser an
dessen Art zu malen ihresgleichen sui
Österreichs am internationalen Maler-
und einer der leuchtendsten.
aite Land der Seele erforscht in bemer-
rter Weise auch der wandelbare Arnulf
nicht zuletzt mit seiner grimassierenden
rt", die auf allgemeine Sensibilisierung
izen Menschen abzielt und wesentliche An-
en aus psychischen Ausnahmesituationen
zin kurzer Überblick darf am ganz be-
an Rang österreichischer Plastiker nicht
rgehen. Seit 1959 treffen sich im burgen-
hen Sankt Margarethen Bildhauer aus
Velt, denen der Wunsch gemeinsam ist,
Denken und Empfinden Zeichen zu setzen,
ugnis ablegen sollen von unserer Zeit.
ltverbrüdernde Grundstimmung setzte sich
ur in Österreich fort im niederösterrei-
Lindabrunn, im oberösterreichischen
xusen, im Kiirntner Krastal, sie fand auch
imung in aller Welt. Wobei die öster-
Jien Plastiker auch in den sechziger Jah-
'en Rang begründet in der Wotruba-
behaupten. Freilich in einer sehr tradi-
an Weise die geschlossene Form, deren
die Säule ist, steht ungleich höher im
is das experimentelle Abtasten neuer Ge-
gsmöglichkeiten, als die Grenzüberschrei-
die heute die internationale Skulptur
ichnen. Alfred Hrdlicka und Karl Prantl
ren hier, durchaus gegenpolige, Höhe-
ian die ersten fünfzehn Jahre nach dem
als eine Zeit des Aufarbeitens interna-
Entwicklungen betrachten, so sind die
danach gekennzeichnet von im wesent-
sehr eigenständigen Entwicklungen und
izen. Statt weiterer Parallelbildungen ent-
ine unverwechselbare Kunstlandschaft, wo-
durchaus kennzeichnend ist, daß die
modischen Strömungen Pop-art, Op-
mcept-art hierzulande kaum Aufnahme
keine Zeit eines einheitlichen Stils, wohl
ine mit einer unverkennbaren Grundstim-
deren Stichworte Utopie und Metaphysik
nan dieser österreichischen Kunst, die
mit geradezu traditionswidriger Intensität
ienseits der Grenzen Österreichs nur we-
achtung schenkt, ist Folge einer schlecht
erten Kunstpolitik, die nicht imstande
rklich fördernd einzugreifen. Die Inten-
des österreichischen Kulturlebens, zen-
Wien, der ständige Spannungszustand,
19 Fülle von Begabungen und Holbbega-
parat hält, haben bei den machtpoli-
Vertenden ein im tiefsten wertungsloses
einander kultiviert. Die innere Substanz
terreichischen Kunstszene ist heute reicher,
gfaltiger denn ie. Ihre Wirkungsmöglich-
nach außen aber sind jämmerlich. Nichts
den offiziellen Bewußtseinsnotstand tref-
illustrieren als der beklagenswerte ruinöse
iener Ateliers im Wiener Prater, die der
auserwählten Künstlern zur Verfügung
t-udxßf-Hrymü
Künstlerprofile
o-ewio
Aufbruch, 1972
Erde und Konglomerat, 60
Aufbrechende Form ll, 1971
Aluminium, 30 cm
Explosive Form, 1968
Bronze, LACl cm
Figur, 1971
Kon lomeral, 160 cm
Mut ias Hietz
Mathias Hietz
Es gibt Künstler, die eine einmal für sie gefundene
Formensprache ihr Leben lang beibehalten. Henry
Moore, Fritz Wotruba und Karl Prantl gehören zu
diesen. Es gibt aber auch andere, die, wenn sie
dieses oder ienes Problem glauben ausgeschöpft zu
haben, wenn ihnen diese oder iene Ausdrucksweise
so sehr geläufig ist, daß ihnen ieder Punkt zu
iedem anderen, iede Linie zu ieder anderen zur
Orthographie wird, sich einer neuen Gestaltungs-
weise zuwenden. So vor allem Picasso, aber auch
Giacornetti und in Österreich eben Mathias Hietz.
Allen Strömungen offen, geht es Hietz letzten Endes
darum, mit seiner Sprache, dem gestalteten Stein
oder dem Metall, zu den Problemen unseres Seins
Stellung zu nehmen. Trotz dieses Wandels im
Formenkanon des Künstlers finden wir doch ein
organisches Weiterschreiten. Sicher, betrachten
wir die Werke, die in unserer Veröffentlichung in
der Nr. 85 dieser Zeitschrift beschrieben wurden, nur
oberflächlich mit den heute entstehenden Arbeiten
des Bildhauers, so werden wir nur wenig Gemein-
sames feststellen können; und doch ist es evident.
Die 160 cm hohe Figur" 1971 weist es signifikaht
aus. Hier ist noch die menschliche Gestalt der
früheren Stilperioden erkennbar, gleichzeitig aber
wird die keimhafte Schwellung des Leibes und das
Aufbrechen dieser Frucht betont.
Was in dieser Form nur angedeutet und in der
Ordnung des anatomischen Aufbaues ausgedrückt
ist, zeigt Hietz an freien Obiekten mit vegetabilen
Assoziationen. Die ungemein kühne Explosive
Form" 1968, man könnte sie fast wolkenähnlich
nennen, ist hier ein besonderes Extrem. Das Auf und
Ab der Formen, das Auseinanderstreben und
-fließen erinnert an den Rauchpilz einer Explosion,
ebenso die Aufbrechende Form ein Konglomerat
mit 220 cm Durchmesser. Hietz will damit die Kräfte
der Natur aufzeigen, die Kräfte, die in allen
Dingen, vom Weizenkorn bis zum Atomkern,
stecken, und es gilt, zum Wohle der Menschen zu
wenden verwenden wäre schon zu negativ. Ist in
der Explosiven Form" die letzte Konsequenz
angedeutet, so sehen wir zwar auch in dem großen
1969 geschaffenen Stein ähnliche Motive anklingen.
Oft wurde er auch von der Kritik als Atompilz
bezeichnet. Sicher soll er auch dieses Geschehen
ondenken lassen, er weist aber auch stark auf einen
floralen Vorgang. Das Aufbrechen eines knaspenden
Keimes ist spürbar. In verschiedenen Metallarbeiten
wird uns das noch deutlicher. In einem nach
größeren Stein 1971172, mit dem Durchmesser von
230 cm, bestätigt sich diese keimhafte Entwicklung
zum Durchbruch nach oben. Ein Vergleich mit der
zerspringenden Fruchtkapsel des Pfarrerhütchens
Evönymus europaeus liegt nahe. Bei anderen,
mehr geometrischen Formen zeigt Hietz den stren-
gen organischen Aufbau, der zu ienen Teilungen
und Kräfteexpansionen führt. Ja, selbst dort, wo es
sich nicht um spitze Durchstöße, um ein knalliges
Aufbrechen handelt, sondern um ein weiches Hoch-
streben wir denken vergleichsweise an die Triebe
der Kartoffel im Keller sind es ausbrechende
Kräfte. Auch von diesen zeigt Hietz, daß sie nicht zu
halten sind.
Es ist daher nicht verwunderlich, wenn gerade dieses
Motiv, das so sehr mit den Kräften der Natur ver-
bunden ist, von Hietz in große, die ganze Umwelt
ergreifende Anlagen ausgeführt wird. So hat er in
Lindabrunn einen kreisrunden Erdhügel mit einem
Durchmesser von 60 Metern aufgeböscht, der sich
kraterartig zur Mitte senkt. Dort keimen" drei
Steine, die in den Böschungen, innen und außen,
entsprechende Rippen" finden. Ein gestaltendes
Eingreifen in der Formation der Erdoberfläche. Man
könnte sich ähnliches beliebig vergrößert vorstellen,
wie übrigens die meisten dieser Arbeiten des
Künstlers.
Ein optimistisches Bekenntnis zur Kraft der Natur,
wenn auch nicht frei von warnenden Stimmen.
Alois Vogel
Heimanski-Ausstellung, Brünn 1973
Selbstporträt, was,
Tempera, 49 40 cm
Martin Heimansky
Vertikale, 1972
Metall, 21a cm
Obiekt, 1972
Metall, 110 cm
Martin Heimanskv
Ein Prager Wotruba-Schüler
Die Wiener Schulung bei Professor Fritz Wotruba
gab Martin Heimansky einen grundsätzlichen
Impuls zu eindeutiger Zielsetzung, die von der
schrittweisen Abstraktion des realen, figuralen
Modells bis zu plastischen Schöpfungen führt, die
nur mehr sehr frei an das figurale Schema anklin-
gen. Etliche ältere Proben lassen noch die Unter-
ordnung unter den Einfluß Wotrubas deutlich er-
kennen, den wesentlichen Anteil bilden aber
Arbeiten, die bereits von ihm unabhängig sind.
Heimanskv ist ein Künstler von ausgesprochen
konstruktiver Einstellung; seine vertikalen Plastiken
sind aus starkwandigen Stahlrohren oder aus deren
Segmenten hergestellt und sind gewissermaßen
elementare Raumkompositianen, die nur locker mit
dem Kompositionsschema der menschlichen Figur
verbunden sind. Von österreichischen Künstlern,
welche auf diese oder iene Weise den Einfluß
Wotrubos durchgemacht haben, ist es das frühe
Schaffen Roland Goeschls, dem Heimansky wohl
noch am nächsten steht. Bei Heimanskv zeigt
aber die folgerichtig abstrahierte Bewegung die
Gestaltungen eines spiralenförmigen Aufwärts-
strebens. Wichtig für die Komposition der Plastiken
des Künstlers ist die formale Auswertung rinnen-
artiger Röhrensegmente, bei denen der ursprünglich
zylindrisch in sich geschlossene Raum in Wechsel-
wirkungen mit dem offenen, negativ begrenzten
Volumen tritt. Dadurch gelang es Heimanskv, die
verhältnismäßig beschränkten Kombinationsmöglich-
keiten bei Zusammensetzung der Segmente zu be-
reichern und die rhythmischen Qualitäten der
Komposition zu erweitern.
Heirmanskv gab seiner Brünner Ausstellung 1973
den Titel Modelte" möglicherweise wollte er
damit auf die Tatsache hinweisen, daß seine
Plastiken nach einem bestimmten Kompositions-
schema geschaffen sind, nach welchem sie in unter-
schiedlichen Dimensionen realisiert" werden
könnten. Das ist eine Tendenz, die wir bei einer
Reihe von konstruktiv eingestellten Künstlern finden
können. Bei der traditionellen Präsentation im
geschlossenen Ausstellungsraume kann allerdings
iedweder Künstler es schwerlich vermeiden, daß
eben die gerade ausgestellten Varianten für
detinitiv" erachtet werden oder vom Standpunkt
des Autors gesehen für optimal.
Zeichnungen halfen die Konzeption M. Heirmanskvs
etwas näher zu demonstrieren, denn sie zeigen die
Ausgangspunkte beim Schaffen Heimanskys in
Gestalt von Abstrahierungen konkreter Modelle
auf, setzen sich in bildhauerischen Kompositions-
studien fort, um schließlich zu gezeichneten Praiekten
der Eingliederung der Kompositionen des Künstlers
in Erscheinungen einer Art von Architekturen in die
natürliche Umwelt zu gelangen. Erst da wird die
Unabhängigkeit der Kompositionen von den wirk-
lichen Ausmaßen ganz offenkundig, und im Gegen-
satz hiezu erlangt die Bindung an den Kontext ihre
volle Wichtigkeit und Bedeutung, im gegebenen
Falle also die an das natürliche Exterieur.
Das verhältnismäßig späte Debüt stellte uns Martin
Heimanskv als ein eigenständiges Talent, ia als
den Schöpfer bereits reifer Kreationen vor. Die
Wanderiahre des Künstlers sind damit beendet. Nun
steht Heimanskv vor der meines Erachtens nach
vorderhand wichtigsten Entscheidung. Entweder
kann er, nolens volens, im Bereich der traditionellen
Plastik verharren, in welchem er mehr oder weniger
mit den Ausmaßen seiner Modelle laborieren kann.
Oder wird er sich von diesem traditionellen Gebiet
definitiv freimachen? Selbst vielleicht um den Preis
des endgültigen Verzichtes auf die dreidimensionale
Realisation? Und wird er sich auf zweidimensio-
nale Studien und Proiekte beschränken oder aber
auf räumliche Maquetten ohne Maßstab"?
Beide Wege stehen ihm in der Gegenwartskunst
offen. Vielleicht gibt es noch eine weitere Lösung,
welche Heimanskv erst entdecken wird?
Jiri Valoch
37
Aktuelles Kunstgeschehen Wien
Museum des 20. Jahrhunderts
Kurt Schwitters
Großausstellungen van Klassikern der Moderne
sind leider auch in Usterreich während der letzten
Jahre immer seltener geworden. Die Budgets
unserer Museen und Kunstinstitute reichen weder
für die Kosten der zumeist gegebenen komplizierten
technischen Abwidrlung noch auch für die not-
gedrungen hohen Versicherungsprämien. Will man
dennach Ausstellungen dieser Gräßen- und Rang-
ordnung nach Usterreich holen, so geht dies fast
nur noch in Zusammenarbeit und entsprechender
Kastenteilung mit ausländischen Partnern. Die über
Neuiahr vom Museum des 20. Jahrhunderts
gezeigte Retrospektive von Werken des Merz-
Künstlers und Dadaisten Kurt Schwitters 1887-1948
kann als Beweis dafür angesehen werden. Sie kam
in Kooperation mit Marlborough Fine Art, London,
zustande. Von dieser international angesehenen
und einflußreichen Galerie stammte auch das
Gras der knapp über hundert Leihgaben. Der
aufwendige Katalog wurde bei DuMont Schauberg
in Köln gedruckt und für sämtliche Stationen der
von London über Zürich und New York nach Wien
gelangten Exposition verwendet. In klarer Hängung
ergab die Retrospektive ein beeindruckendes Ge-
samtbild, das über die Veranschaulichung der
künstlerischen Entwicklung und stilbildnerisctie
Zusammenhänge hinaus als historische Plattform
zahlreicher Aspekte heutigen bildnerischen Schaffens
und Experimentierens angesehen werden kann.
Völlig zu Recht konzentrierte sich die Auswahl in
ihrem Schwerpunkt auf die Merz-Bilder in Collage
und Mantagemanier, denen Schwitters in der Zeit
von 1919 bis zu seinem Tode treu blieb. Mittlere und
kleinere, ia intime, kammermusikalisdie Formate
überwagen. In signifikanten Beispielen stehen sie
für eine neue Ästhetik, die dem Abfall zu seinem
Recht verhilft, die das Wertlose als Material in
neuer, von Schwitters gleidisam erfundener"
Kombinatorik wert- und sinnvoll macht und da-
durch zu einer beträchtlichen Ausweitung bildneri-
scher Denk- und Handlungsweisen führte. Die
Sensibilität und der Einfallsreichtum, über die der
Künstler verfügte, waren dabei der Garant für das
spürbare Eigenleben und Fluidum, für die oft und
oft gegebene Poesie seiner den räumlichen Aspekt
wiederholt unterstreichenden und damit die Papier-
collagen der Kubisten fortentwickelnden Bilder.
Schwitters erweist sich darin nicht zuletzt als
Anreger für die von Pierre Restany gekürten
Neuen Realisten" Arman, Spaerri. Eine ver-
dienstvolle, informative und wichtige Ausstellung,
der von der Rangordnung her vergleichbare folgen
sollten.
12. 12. 1972-28. 2. 1974 Abb.
Galerie Schoftenring
Richard Smith
Die erste Einzelausstellung des renommierten Eng-
länders in Üsterreich. Smith erhielt 1967 den
Großen Preis der Biennale van Säa Foulo. Für
1974 plant die Londoner Tate Gallery eine um-
fassende Retrospektive. Die Wiener Auswahl be-
inhaltete ausschließlich grafische Blätter des Zeit-
raumes von 1968 bis heute. Unter den insgesamt
vierzig Arbeiten befand sich auch der Radier-
Zyklus Butterfly" und die pradttvoll gelungene
Lithaserie mit dem Titel Horizons". Richard Smith
ist ein Maler der reinen Abstraktion. Seine
Konzeptionen sind in ihrer Grundtendenz einfach,
klar und folgerichtig aufgebaut, ausgewogen im
Wechselspiel, das sich überaus sensibel, zugleich
iedoch kraftvoll und bestimmt aus der
Korrespondenz zwischen Farbe und Form, zwischen
Fläche und Forbintensität ergibt. Obwohl die
Wiener Ausstellung auf die großen dreidimen-
sionalen Werke verzichten mußte, gelang ihr
wie die österreichische Kritik fast einhellig fest-
stellte die gewünschte informative Absicht.
Stilistisch basieren die Arbeiten des 1931 Geborenen
auf Grunderkenntnissen der Geometrischen
Abstraktion und hier näher in der Minimal-Art. Die
gestalterische Ökonomie, über die der Künstler
verfügt, gewährleistete die optimale Verarbeitung
38
und eigenständige Weiterentwidrlung anfänglidter
Einflüsse durch die Malerei eines Mark Rothko und
Sam Francis. Während Smith in den Farblitho-
graphien primär malerische Wirkungen und
Nuoncierungen ausspielt, tritt in den härteren
Radierungen naturgemäß die Zeichnung und damit
das graphische Element stärker in den Vordergrund.
Daß die größtenteils von der Edition Jacobson,
London, verlegten Blätter von hoher tedmischer
Perfektion sind, gilt bei einem Künstler seiner Rang-
ordnung als selbstverständlich.
24. l0.-7. 12. 1973 Abb.
Galerie nächst St. Stephan
Urs Lüthi
Der iunge Schweizer Avantgardekünstler markiert in
seinen zumeist als narzistisch" bezeichneten
Selbstporträts eine ausgesprochene Außenseiter-
position innerhalb der iungen europäischen Kunst.
Lüthi ist ein poetischer lnfrogesteller seiner selbst.
In seinen Bildern, Montagen und Siebdrudren geht
es ihm um menschliche Verhaltensweisen, um
Markierungen seelischer Zustände in der scheinbar
vertrauten und doch zugleidt verschlüsselten
Realistik effektvaller, nicht selten einen Anflug von
Wehmut und nostalgischer Traurigkeit aufweisender
Porträtfatografie. Eine bemerkenswerte Ausstellung
für insider der Kunstszene.
16. 11.-15. 12. im Abb.
Pareidolien
Nach vorangegangenen Ausstellungen von Unikaten
folgte die Präsentation des wiederholt angekün-
digten Mappenwerkes der Drudrgraphiken von
Patienten des von DDr. Leo Navratil geleiteten
Landeskrankenhauses für Psychiatrie und Neurolo-
gie, Klosterneuburg. Die in Hunderterauflage
erschienene Mappe enthält dreizehn Radierungen,
darunter Blätter so bekannter und wiederholt
publizierter Künstler wie Johann Hauser und Josef
Bachler. Wenn es auch den Radierungen gegenüber
den Zeichnungen, Fettkreidearbeiten und Gouachen
der durch Navratil in ihrem Schaffen bestärkten
und geförderten Patienten vielfach an Spontaneität
und Vehemenz mangelt, so markiert die Summe des
Geschaffenen trotzdem eine durchaus interessante
Leistung im Sinne entsprechender Vergleiche. Der
mit 2000 Schilling festgesetzte Preis unterstreicht die
Absicht der Initiatoren, entsprechende Publizität auf
der Basis vorurteilsloser Auseinandersetzung und
künstlerischer Anerkennung zu erreichen.
Dezember 1973 Abb.
Galerie in der Passage
Herbert Pasiecznyk
Bilder und Grafik des 1942 in Wien geborenen
ehemaligen Hausner-Schülers. Pasiecznyk wurde
durch seine Zeichnungen von Autofriedhöfen
bekannt, weitete allerdings in letzter Zeit seine
Thematik im Sinne einer durch surreale Komponen-
ten angereicherten Gegenständlichkeit aus. Er
entwickelte dabei ein stillebenartiges Vokabular
stellvertretender Symbolik, vergleichbar der Mal-
weise innerhalb der Neuen Sachlichkeit. Näh-
maschinen, ein Schuhspanner, Behälter, Flaschen
und ähnliches werden mit Genauigkeit wieder-
gegeben, erschöpfen sich iedoch nicht in artisti-
schem Selbstzweck, sondern beziehen einen
Großteil ihrer Wirkung aus dem Nebeneinander
der beabsichtigten Beispielhaftigkeit, welche den
Betradwter mit gezielt assoziierbaren Inhalten
konfrontiert. Seine keineswegs unkritischen
Zustandsschilderungen von Teilbereichen des Heute
sind auf gutem Weg eigenständiger Fartentwicklung.
10. 10.-1B. 11. 1973 Abb.
Galerie auf der Stubenbastei
Karl Anton Fleck
Landschaften und Selbstbefleckungen" nannte der
1928 geborene Wiener Graphiker seinen iüngsten
zur Diskussion gestellten Werksquerschnitt. Die
Ausstellung unterstrich das expressiv-vehemente
zeidmerisrhe Können des zuletzt stärker in den
Vordergrund der Wiener Kunstszene getretenen,
in seinen Porträts besonders begabten, zeitn
Künstlers.
9. 10.-S. 11. 1973 Abb.
Modern-Art-Galerie
Paul Meissner
Prof. Paul Meissner, wiedergewählter Präsid
einer echten Konsolidierung horrenden Sece
zeigte Bilder und Zeichnungen im Stil der
seit einigen Jahren wieder stärker forcierte
tiven Expressivität. Eine Ausstellung, die gle
maßen Absicht wie Umsetzungsvermögen de
geborenen Künstlers unterstrich.
1. 11.-St. 12. 1973 Abb.
Galerie in der Blutgasse
Peter Dworak
Arbeiten des iungen Wieners mit klarer Tel
einer stark subiektiv geprägten, die Abfolge
Porträts in Comic-Manier wiederholt einsdili
den neuen Gegenständlichkeit. Dworak zeigt
Olbilder, Pastelle und eine Radiermappe mit
Titel Autos und Frauen".
1. 10.-20. 10. 1973 Abb. 10
A. R. Hafer
Albert Reinhard Hafer, geboren 1945, Absol
Kunstgewerbeschule in lnnsbrudc und Studen
Wiener Akademien, präsentierte Bilder" im
schluß an seine bereits im April 1973 von de
Ganggalerie im Grazer Rathaus gezeigte Pe
Seine Variante einer neuen Gegenständlichk
tendiert zu klarer expressiver Umsetzung vor
zurückhaltender Symbolik, in manchem an Fr
Bacon erinnernd.
22. 10.-15. 11. 1973 Abb. 11
Galerie Tao
Hanna Lipschiz
Hanna Lipschiz, Gattin Andre Verlons und in
Eigenschaft vielen Wiener Kunstfreunden au
ihrer Tätigkeit in der ehemaligen Galerie
Erinnerung, wurde 1917 in Litauen geboren.
lebte zuletzt in Wien, Paris und der Schweiz
ibegonn 1964 mit Wandteppichen nach eigene
Entwürfen. Die von Elizabeth Wong organisi
Gedächtnisausstellung für die im Februar de
iahres verstorbene Künstlerin soll 1975 mit ei
umfassenderen Retrospektive des Museums
angewandte Kunst entsprechende Fortsetzung
fahren.
20. 11.-19. 12. 1973 Abb. 12
Pet
Franz Herberth
Künstler, Lehrer, Mensch von hohen Grad
war o. Professor Franz Herberth, eine der
profiliertesten Persönlichkeiten der Wiener
schule für angewandte Kunst. Par distance
ihn meist auf dem Weg von der Schule zum
immer ins "iespräch vertieft. Er war einer de
unentwegt anbot, der stets und iedem helfen
Vorn Geist des ehrlichen Humanismus beseelt
stand er permanent auf der Plattform zum N1
Seine Schüler verehrten, ia liebten ihn. Und
ihnen alles weiter, was er nur besaß an
Können, Meisterschaft. Franz Herberth, der
fer subtilster Graphik, ist heimgegangen,
den ihn wirklich vermissen.
alge 1-12
Kurt Schwihers, Marx-Bild mir grünem Ring, Bild, 1926
Ridnrd Smith, Evurglud, Fnrbliihographio, 1969
Selbslporrröts von Urs Lüihi
Josef Bachler, Das Troiunische Pferd
Franz Kumlunder, Kuh kolorler!
Pcsiccxnyk vor einem seiner neuen Gemälde
Solbxlpodrük K. A. Fleck
Malerel, 1973, von Paul Melssner
er Dworck, Claudia, UllLwd, 1973
A. R. Hafer, Aussicht, 1971. Goucche
12 Hanne Lipsduißz vor einem Ihrer Wcndleppwche
39
Aktuelles Kunstgeschehenl Bundesländer
Salzburg
Galerie Welz
Eduard Bargheer
Im bildnerischen Werk des heute 72iährigen Ham-
burger Malers verloren in den vergangenen zwei
Jahrzehnten das Gefüge der Beziehungen von
Gegenständen und die perspektivischen Angaben
immer mehr an Bedeutung. In fast folgerichtiger
Ausschließlichkeit nahm die Farbe Besitz vom
Bild. In diesem schwierigen Prozeß besann sich
Bargheer auf Paul Klee, in dessen Werk er einen
Hinweis für die eigenen Absidtten erkannte. Diese
Absichten zeigen sidi im Mittel der formalen
Beschränkung und Abkürzung sowie in der Steige-
rung der farbigen Differenzierung.
5.-30. 9. 1973 Abb. 13
Anton Mahringer
Der 71iährige Maler lebt im Kärntner Gailtal, einem
für die österreichische Malerei im 20. Jahrhundert
nicht unwichtigen Schauplatz. So war das Dorf
Nötsch der Geburtsort Franz Wiegeles und der
spätere Wohnsitz von dessen Schwager Anton
Kolig. Mahringer war 1928 Koligs erster Schüler an
der Stuttgarter Akademie; er holt sozusagen für
diesen großen Figurenmaler die Gestaltung der
Landschaft nach. Mahringer bedient sich dabei der
formalen Reduktion und führt die natürlichen
Phänomene auf ihre farblichen Werte zurück. So
entrückt er die Landschaft nach und nadi der
Natur, um sie in klare, aus kantigen Kristallen
oder kurvig ausschwingenden Gefügen bestehende
Gebilde zu verwandeln. Der Natur wird ein
farbiges Gleichnis gegenübergestellt", hat Bruno
Grimschitz von diesen Bildern gesagt, das fast
unabhängig ist von ihr, iedoch in allen Zügen an
der Wirklichkeit kontrolliert erscheint."
2. 10.-Ä. 11. 1973
Trakl-Haus
Eduard Bäumer
Eine umfangreiche Auswahl aus dem Lebenswerk
dieses in Frankfurt am Main geborenen und seit
1933 in Salzburg lebenden Malers wurde dank der
Kulturabteilung der Salzburger Landesregierung in
den Räumen des Kunstvereins im Trakl-Haus am
Waagplatz gezeigt. Schon früh unternahm Bäumer
Reisen nach dem Süden, ins Tessin, in die Abruzzen,
nach Assisi, Arezzo und Pasitano. In dieser
mediterranen Welt empfand ich manchmal etwas
wie Urheimat", schreibt Bäumer selbst. Befreundet
mit ltten, hatte er 1927-1928 ein Atelier in Berlin
besessen in der Wohnung von Carl Hafer, dem
Onkel seiner Frau; 1930-1931 arbeitete er in Paris,
froh, begeistert", ein künstlerischer Weltbürger in
einer geographisch kleiner werdenden Welt. Seit
ungefähr zwei Jahrzehnten aber ist Kalabrien,
elementare Natur und einfaches Leben", Mittel-
punkt für Gedanken und Werk. Bäumers Liebe zum
Süden ist nicht die Freude an malerischen Winkeln
alter Städte, ist nicht die romantische Genüßlichkeit
der Toskana. Bäumer malt expressiv, kraftvoll, von
großer Überzeugung des farbigen Ausdrudcs. Er
malt die wilde Natur, die Berge und Hügel, das
Meer, ein Stück klassisches Land wie von Jahr-
tausenden her" Abb. 14.
Galerie Academia Franz Zadrazil
Ein qualitätsvolles Beispiel aus der in Salzburg nicht
gerade häufig präsentierten realistischen" Richtung
der zeitgenössischen Malerei. Für Zadraiil ist fast
ausschließlich die Vedute" Grund zur Bestandsauf-
nahme seiner Heimatstadt Wien. Er schließt aus
diesen Bildern die Darstellung des Menschen aus
und gründet in gekonnt gesetzten Farbvaleurs
seinen persönlichen Stil".
Robert Doxat
Die Olbilder und Federzeichnungen des 43iährigen
Wieners werden zwar öfter zusammen mit denen
der Maler der Wiener Sdiule des Phantastischen
Realismus" gezeigt. Zwar war auch der große
Albert Paris Gütersloh sein Lehrer. Doxat verbindet
aber mit dem hohen Intellekt einer feinen Ironie,
einer minuziösen Technik und mit einer besonderen
Delikatesse der Farbe eine große Vorliebe für die
Kunst und Kultur des Orients. Franz Wagner
40
Steiermark
Graz Neue Galerie
Oswald Oberhuber
309 Exponate. Sehr unterschiedlich in der Auffassung
und Herstellung, jedoch fast ausschließlich nur auf
zweidimensionale Werke beschränkt. Die große
Spannweite des Schaffens Oberhubers wird deut-
lich, auch das Herkammen des Künstlers und sein
ständiges Vorstoßen in ein für Österreich unge-
wohntes Formen. Eine außerordentlich informative
Schau. 6. 7.-26. 8. 1973 Abb. 15
Werke der VIII. internationalen Malerwochen in der
Steiermark. Die Arbeiten der 14 Teilnehmer der
Malerwochen, die heuer in Gleisdorf stattfanden,
zeigten fast durchwegs eine spartanische Selbst-
beschränkung. Die Sparsamkeit, manchmal audi
Dürftigkeit, ist zu einer internationalen Erscheinung
geworden, ebenso die Kasperliaden für den
Fotografen siehe Katalog I. Jedes der vertretenen
Länder hatte aber auch. einen Künstler gestellt, der
uns, ohne Gesichter zu schneiden, nicht nur etwas
zum Denken, sondern auch zum Schauen gab
Jugoslawien Hasanefendic, Ungarn Komai, Italien
Troianis und Usterreich Nöbauer.
21. 9.-14. 10. 1973 Abb. 16
Heribert Nothnagel, Holzplastiken
Im neugestalteten Ecksaal stellte der 27iährige
Holzbildhauer 43 Exponate aus, 35 Plastiken und
acht Graphiken. Seine Arbeiten sind rustikal
konstruktiv, behauen und zu Gliedern gefügte
Klötze, in humanem Zusammenhang. Die Organisa-
tion ist einsichtig. Es ist nichts dagegen zu sagen.
4. 1G.-28. 10. 1973 Abb. 17
Trigon '73 Audiovisuelle Botschaften
Eine Ausstellung, die von den Besuchern viel Zeit
und ein hohes Maß an Einfühlung forderte. Hier
wurde mehr noch als in den zwei vorangegangenen
Trigonausstellungen 1967 und 1969 klar, daß wir in
einen neuen Abschnitt mensdilidien Gestaltens
eintreten. Was mit Tatlin, Bruni und Naum Gabo,
ia, auch mit der Op-Art so harmlos begann, weitet
sich zu einem mit verfeinerten technischen Apparaten
erstellbaren Medium aus, das sich weit von den
seit der Frührenaissance herkömmlichen Ausdrucks-
mitteln der Malerei und Plastik, aber auch von
Theater und Musik entfernt hat. Hier wird nun mit
den technischen Apparaten der Fernsehindustrie
operiert, eine audiovisuelle Modulation des Men-
schen wird auf verschiedene Arten bewirkt. Die
Ausstellung, von Italien, Jugoslawien und
Österreich mit guten Kräften beschickt, stellte
manches in Frage, wies aber unzweifelhaft in eine
Zukunft, vor der es unsinnig wäre, die Augen
verschließen zu wollen. 6. 10.-11. 11. 1973
Fritz Silberbauer,
Trigonpersonalausstellung
Mit 308 Nummern wurde das grafische Lebenswerk
des 90iährigen Künstlers dokumentiert. Grafik,
Kohle, Rötel, Kreide, Sepia, Tusche, die ver-
schiedensten Arten der Druckgrafik, alle Techniken
waren vertreten, in allen war Silberbauer zu Hause.
Der stilistische Bogen spannte sich vom Jugendstil
über den Realismus und den Surrealismus bis zur
starken Ausdruckskunst der zwanziger Jahre, um
dann schließlich, nach einer kubistischen Beein-
flussung, großflädiiger zu surrealen Gestaltungen
zurückzukehren. Sehr interessant auch die Blätter
zur Formenlehre kurz vor 1930. Sie allein würden
manchen Heutigen genügen, schon an die Öffent-
lichkeit zu treten. 19, 10.-11. 11. 1973 Abb. 1B
Oberösterreich
Linz Neue Galerie
Bildnerische Tatbestände
Beispiele österreichischer Kunst heute
Zum 25iöhrigen Bestehen der Galerie und anläßlich
des Wechsels in der Leitung wurde diese Aus-
stellung, noch einem Festakt der Arntsübergabe,
durch den Bürgermeister eröffnet. Peter Baum, der
neue Direktor des Hauses, hatte bewußt Werke
von 25 Künstlern ausgewählt, die oft vorn üblichen
Gestalten, wie es das Tafelbild ist, abweichen.
Obiekte, wie Pfaffenbichlers Vogelkäfig" oder die
Tonbrücke" der Schellander, werden, wenn
auch vielleicht manche heimische Beobachter
schockieren, da sie der Kunst das Hehre"
sicher bald die Zustimmung Einsichtiger gew
Schwerer werden es Krätschmer 8. Schwarz
mit ihren allzusehr im Design verankerten
haben. Vollkommen untergegangen ist Josel
Bauers Raumtext", zu Recht sehr gut ploi
beachtet Frantisek Lesak und D. J. Prelog.
Krumpel mit seinen beiden Acrylbildern bila
neben Karl Korab und der Doris Reiter, die
Verbindung zu überkamrnenem Formdenken
Ausstellung, die nach dem Willen der Veran
Denkanstöße geben soll.
14. 12. 1973-3. 2. 1974 Abb. 19, 20, 21
Niederösterreich
Perchtoldsdorf Galerie Romanum
Lothar Bruckmeier, Graphik '73
Die strengen Muster der früheren Blätter sch
sich in den neuen Zeichnungen Bruckmeiers
lösen. Surreale Töne werden stärker. Ein iro
Akzent ist nicht überhärbor.
3. 10.-23. 10. 1973 Abb. 22
Oscar Asboth, Malerei
Asboths Malerei ist durch sein Herkammen
Technischen stark beeinflußt. Phantastisches
Utopisches will sich vermischen. 14. 11.-4. 11
Lindabrunn Bildhauersymposion
Unter der Leitung von Mathias Hietz
heuer insgesamt neun Künstler im Steinbrui
gestaltete einen eigenen Stein, daneben wu
auch an dem großen Freiraum als Gemeinsc
werk gearbeitet. Diese eine größere und eir
kleinere Arena miteinander verkoppelnde Ai
wurde in den Hang des Kirschgartens oberhi
Steinbruchs hineingearbeitet. Das aufgeriss
reich wird in einigen Jahren wieder verwach
sein, so daß die bloßgelegten und gestaltete
Felswände, die steinernen Tische, Nischen ur
Meditationsobiekte mit der umgebenden Na
Ganzes bilden werden, in dem sich Mensche
gemeinsamen Aktionen, Festen oder Spieler
So wurde schon heuer vorn Symposien in Zu
menarbeit mit dem Literaturkreis PODIUM
Abende mit Musik und Lesungen in diesem
gestaltet, die beim erstenmal von etwa 100
beim zweitenmal von 200 Personen besuch
Das Symposion lief vom 16. 7.-26. 9. 1973 AI
St. Pölten Galerie Hippolyt
Fritz Wotruba
Ein sehr dankenswertes Bemühen dieser Gal
nach Kokoschka nun den großen österreichis
Bildhauer mit einer Ausstellung von Zeichnui
Plastiken und Druckgraphiken nach St. Pölter
bringen. Die Kleinplastiken und Graphiken
zum Teil in der Ausstellung der Albertina zu
I5. 11.-27. 12. 1973
Nö. Landesmuseum Wien, Herreng
Johannes Charlotte Seidl,
Robert Hammerstiel
Johannes und Charlotte Seidl keramische Pi
von Ohnsorg herkammend. Neben Vasen un
Lampen aufgerissene Formen, menschlichen
Knochen ähnlich Schaugebilde, Zeichen.
Robert Hammerstiel großformatige HOIZSCfII
Menschen, expressiv, ausdrucksstark, mit eint
Gestik. Oft bezieht er die Holzstruktur in die
Gestaltung ein, nicht immer zum Vorteil.
9. 11.-9. 12. 1973
Burgenland
Eisenstadt Landesgalerie
Johannes Wanke
Holzschnitte, großflächige, kräftige, in Hell
Dunkel gut abgewogene echte Wanke.
5. 12. 1973-13. 1. 1974 Abb. 24
Werkstatt Breitenbrunn
Adolf Luther
Ein Spiel mit Licht und Spiegeln. Der uns umi
Raum soll bewußtgemacht werden. 1. 11.
Alo
Jlge 13-24
157d Burgheer, Lundschcff 14 Eduard Böurner, Orongenhain, 1932
wo Carbone, Entwurf zu zwölf Raumilärhen 17 Heribert Nolhnagel, Liegende, 1971. Holz
u-Aneno t-hntinu num. m. mnwm k..." "-4.4..." nn.
1.1, au"...
15 Oswuld Oberhuber, Kinderelefant, 1968
el Bildnerlsche Tulbeslünde. Ausslellung 1974
zu Mwchcel Lechner, Person lngrulu, 1972 21 M170 Schellunder, Tonbrbcke, Schlug-Spiel-Geräl,
197 72
Notizen
Österreichisches Kulturinstitut Paris
Boeckl-Ausstellung
Dem Bemühen des Leiters des Österreichischen
Kulturinstituts am Pariser Boulevard des lnvalides
30 Vll, Dr. Hans Brunmavr, verdanken kunst-
interessierte Kreise der Seinemetropole eine Aus-
stellung des österreichischen Malers Herbert
Boeckl, dessen Lebenswerk-nach Otto Demus-
kunstgeographisch am Rande Europas entstanden,
beanspruchen darf, infolge seiner Qualitäten und
Haltung einen Platz in der Mitte der europäischen
Entwicklung zu erhalten". 107 Zeichnungen und
Aquarelle des Künstlers waren im November 1973
zu einer der sehenswertesten Expositianen Öster-
reichs seit Kriegsende 1945 in der Pariser Cite
internationale des Arts" vereint. Der 1966 in Wien
verstorbene Herbert Baeckl hat posthum in einem
Lande mit stärkster Malertraditian mit seinen
Werken hohen Anklang gefunden. Der Kunstkritiker
des Le Monde J.-M. D. meint u. a. devant les
admirables dessins et aquarelles d'Herbert Baeckl
1894-1966 exposes la Cite internationale des
Arts, on s'etanne de voir dans quelle ignorance est
tenu hors de frontieres de son pays, un peintre
celebre chez lui", und schließt seine Kritik mit
Herbert Boeckl est enfin ,dedauanä"' Abb. 25, 26.
42
Aachen Gregory Saint-Thomas
und Bensu Erdem
Mormonenenkel G. Saint-Thomas aus Salt Lake
City, seit Jahren in der Idylle Valkenburgs bei
Aachen ansässig, ist als Person wie als Künstler von
höchster Merkwürdigkeit. Pianist, Verspender von
Satansmessen" aus Plattenrillen, doch in keiner
Weise Exorzist, hat er sich in seinem Werk als
schier unheimlicher Allraunder präsentiert. Gold-
skulpturen, filigrane Arabesken, Entwürfe aus Ton,
Plastiken aus Gold, Silber, Edelsteinen, angereichert
mit Amethysten, Achaten, Naturperlen in üppigster
Fülle und schwere riesige Bilder sind dem Themen-
kreis uralter Erosvorstellungen unterworfen. Aus
alldem scheint der Geist neuer Mythen zu strömen,
der die Alle Welt vom großen Teich hair"-über
zu überschwemmen droht.
Gleichzeitig, nämlich vom 24. 11. 1973 bis 6. 1. 1974,
kam in die Neue Galerie eher unschuldig und
exotisch-kindhaft Bensu Erdem, eine Türkin, seit
1966, nach akademischer Schulung in Stuttgart und
Düsseldorf, in Deutschland lebend. Die Welt der
iungen Künstlerin ist mit all dem orientalischen und
aktuell-nostalgischen Bildvokabular ausgestattet, das
wir da kennen. Neben Pferden und Kamelen tum-
meln sid1 lassowerfende Cowboys, agieren Harems-
und Zirkusschöne unter Halbmanden und Zirkus-
und sonstigen untergehenden Märchensannen.
Drawing Starys, symbolträchtig, munter wird da
fabuliert und der Phantasie des Betrachters ein
weiter Spielraum affengelassen. Und all das schließt
naturgemäß irgendwo an die Tradition indopersi-
scher Miniaturmalerei siehe unser erster Beitrag in
diesem Heft an, führt und rührt in faszinierender
Weise in frischerer weil iüngerer" Art in und an
das Ewig-Geheimnisvolle des Orients Abb. 27, 2B.
BudapestlWien Bücher aus Ungarn
Eine weitere Ausstellung des Collegium Hungaricum
brachte unter dem Titel Bücher aus Ungarn",
Werke aus den Anfängen ungarischer Buchdrucker-
kunst, deren Erstlingsexemplare vor bald 500 Jahren
entstanden sind. Die eindrucksvolle Schau wurde
am 6. 11. 1973 von Ministerialrat Dr. Hermann Lein
vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst,
Wien, und dem Direktor des Corvina-Verlages,
Budapest, Dr. Peter Balaban, feierlich eröffnet.
KarlsruhelFreiburglBasel
Eine wertvolle Privatsammlung stellt sich in
der Bundesrepublik und in der Schweiz vor
Robert Hess, ein exzellenter Kenner der etruskisdien
Kunst, besitzt eine reiche Sammlung antiker Kunst.
Zwei Drittel dieses an die ca. 150 Obiekte um-
fassenden Schatzes eines zwanzigiährigen Sammler-
lebens zeigt er nun auf einer Tour in Karlsruhe,
Freiburg und Basel. Glanzpunkt der Schau einige
wenige Bronzen von äußerstem Seltenheitswert
und etruskische lmpasto- und Buccheragefäße,
Keramiken des B. und 7. Jahrhunderts v. Chr. Die
Vasen, Bronzen und Terrakotten sind griechischer,
italienischer und orientalischer Herkunft und wurden
von Robert Hess mit echter sammlerischer Emphase
zusammengetragen. Wir bilden hier daraus eine
etruskische Adorantin aus der Zeit um 500 v. Chr.
ab. Sie ist aus Bronze und 10 cm hoch s. I. unten.
Köln Matta und Camacho
lm Vorwinter präsentierte die in der Kölner Hahnen-
straße beim Neumarkt ansässige Galerie Ariadne
zwei interessante Künstler aus dem lateinameri-
kanischen Kreis mit neuen Farbradierungen. Der
von seiner Wiener Ausstellung im Museum des
20. Jahrhunderts im Jahre 1963 bestens bekannte
Raberto Echaurren Matta, 1912 in Santiago, Chile,
geboren, und der nach New York und Rom nunmehr
in Paris lebt, sdwuf den Zyklus Les Oh Tamobiles".
Dies sind zehn Farbradierungen, in hundert Blättern
aufgelegt, numeriert und handsigniert. Mattas
Werk, das in besonders charakteristischer Weise
den Surrealismus prägt, steht innerhalb der inter-
nationalen Kunstszene in einer Reihe mit Magritte,
Miro, de Chirico, Max Ernst und Dali.
Der zweite lateinamerikanische Künstler Jorge
Camacho, der 1934 in Havanna, Kuba, geboren ist,
lebt seil den sechziger Jahren in Paris. Auch
Werk mündet in magisch-surrealen Formen
eigener Prägung. Er verarbeitet vorwiegenc
Bildwelt der präkolumbianischen Kultur, so
seinen neuen Farbradierungen Les Vitriers"
Auflage gezählte 99, gleichfalls numeriert um
handsigniert sind.
KovacicalWien
Martin Jonas und Jan Knazovic
lm Zuge der Welle naiver Kunst, die allmähli
ihren eigenen Anhängerkreis gewinnt, waren
Anfang des Winters 1973 in der Wiener Gale
Kaiser in der Windmübhlgasse, Wien die
iugoslawischen naiven Maler Martin Jonas
und Jan Knazovic mit Werken unter dem Tite
Naive Malerei aus Kovacica" zu sehen Abl
MünchenlChinalWien
Vortrag von Uwe G. Fabritzek
Im Figarosaal des Palais Palffy in Wien
platz fand Anfang Dezember vorigen Jahri
Vortrag statt, der unter der Patronanz des ös
reichischen China-Forschungsinstituts stand.
Während man in einschlägigen Kreisen Wien
bereits die ersten großen Anstalten machte,
große Chinaausslellung im Österreichischen
Museum für angewandte Kunst konkret vorzu
ten, sprach der Referent der Stiftung für Wiss
schaft und Politik aus München, Uwe G. Fab
zu dem Thema Politik zwischen den Supermi
ten Europäische China- und chinesische Eur
politik seit 1949.
New YorkfWien Jenö Szeredds stel
Das Österreichische Kulturzentrum, das derr
dem internationalen Künstlerclub, vorsteht,
November des Voriahres Ultempera, Ulpas
Holzschnitte und Lithographien von Jenö
aus New York.
Nürnberg ltten-Ausstellung
Die Kunsthalle Nürnberg am Marientor lud
2. Dezember des Voriahres bis 3. Februar 197-
einer Ausstellung Johannes ltten der Unte
richt, Grundlagen der Kunsterziehung". Die
Professor Dr. Hans Heinz Holz, Universität
und dem Direktor der Nürnberger Kunsthalle
Heigl, eingeführte Ausstellung legte auf eind
Weise die charakteristischen Arbeitsgrundlagi
ltten-Unterrichts dar. Im Konkreten war die
eine Zusammenfassung erhalten gebliebener
ginalarbeiten von ltten-Schülern, die nach Ai
kreisgebieten und Aufgabenstellungen geardr
waren. Van der Farben- und Formenlehre an
das gesamte Register über Material- und Text
Übungen sowie Rhythmus- und Empfindungss
bis zu Gewebeskizzen und hochqualifizierten
Druck- und Jacquardstoffen gezogen. Außer
lich instruktiv konnte man verfolgen, wie ltten
impressiven, expressiven sowie konstruktiven
gaben das schöpferische Potential ieder Schül
individualität hervorhalte und durch obiektiv
mäßiges Gestalten seine Lernfähigkeiten aptii
entwickelte Abb. 30.
PraglWien Vera Liskova bei Lobme
Den festlichen Aktivitäten des Hauses Lobmey
Wien zum 150iährigen Firmenjubiläum reihte
am Ende die AktionsreiheßGlas und Licht" ar
Hier wurden internationale Tendenzen der Glt
szene aufgezeigt, dabei präsentierte man u.
von Vera Liskovo. Die ehemalige Prager Kuns
gewerbeschülerin, von Stefan Rath entscheidet
beeinflußt und zum Glase hingedrängt", hat
Bindungen zu Labmeyr. Vera Liskovas fiihrer
künstlerische Position in ihrer Heimat ist offen
und sie ist der internationalen Gestalter- und
Designercreme, voran Aalto, Nyman, Bergh,
Ohrstroem und Venini, zuzurechnen. Als ausi
prägte Künstlerindividualität ist sie mit dem
Phänomen einer universalen Schaffenskontim
behaftet, die von Josef Hoffmann und der Wii
Werkstätte über Generationen bis an die heut
Avantgarde reicht Abb. 31.
lge 43-04
livlWien Yehoshua Brandstatter
immer zahlreicher auftretenden Naiven"
sich der Israeli Y. Brandstatter, der, heute
vor rund zehn Jahren anfing, seinem
zu frönen. Theaterdirektor, Filmer, General-
der lsrael Motion Picture Studios, drängte
zur Malerei. Die Galerie in der Wiener
se hat den Naivenkünstler im Dezember
riahres mit einer Auswahl seiner Werke
tiert, nachdem Brandstatter schon in London,
geles, Zürich und Genf sowie in Tel Aviv
lungserfolge verzeichnen konnte, Das
titerrane pointillistische Kolorit des noch mit
ilich iungem Auge behafteten Künstlers
das spezifische Bild lsraels recht anschaulich
Abb. a2.
1b Gastvortrag Eislers
Kunstförderung
nicht unheiklen Thema widmete Georg
ehemaliger Präsident der Wiener Secession
rivierter Maler, eine Reise nach Zagreb, um
ch einer Ausstellung der Wiener Secession
hiesigen Modernen Galerie über die
zhe Kunstförderung in Österreich zu sprechen.
2m er sich mit Malerkollegen und Studenten
nstgeschichte über Standort und Situation
denden Kunst in Österreich ausdiskutiert
kam er zum Kernpunkt, auf die Rolle der
ichen Hand im österreichischen Kunstleben
zchen. Auch er kannte nicht umhin, die bisher
ierte Ankaufspraxis des staatlichen Ankaufes
erholt zu bezeichnen, da diese, noch aus den
'igen Nachkriegsiohren herrührend, heute,
hts des steigenden Publikumsinteresses und
tig steigenden Anzahl der Privatkduter,
xndere zu setzende Initiativen des Staates
werden sollte.
mtwickelte den iugoslawischen Freunden
nzept einer marktwirtschaftlichen Kunst-
Weiterer Kernpunkt seiner Ausführungen
istlerische Existenz schlechthin daß der
nicht einfach Werke nach seiner Art"
ieren könne, die von der Gesellschaft ganz
abzunehmen sind, sondern daß der Künstler
solcher mit seiner Kunst allein beim Inter-
an durchzusetzen habe, um erst dann davon
solchermaßen leben zu können und sa
ünstlerische Existenzberechtigung unter
zu stellen. Grundsätzliche Anstöße in dieser
ig könne der Staat vor allem durch verbesserte
ung echt begabten Nachwuchses und Ver-
Jng der sozialen Lage aller Freischaftenden,
ir anderem durch steuerliche Entlastung,
Leopold Netopil
25 Herbert Boeckl, Landschattskampositien 43 195D
28 Bensu Erdem, orientalische Zeichnung, 1973
indesministerium für Wissenschaft
1d Forschung
esucherstufistik der staatlichen
useen und Kunsfsummlungen
IS Bundesministerium für Wissenschaft
Forschung gibt bekunni, duß in den ihm
tersiehenden staatlichen Museen und
insisammlungen in den Monaien
daber1973 136.120
wember 1973 104.436
ezember 1973 84.198
isuchsr gezählt wurden.
Murhn Jones, Naive Malerei aus Kovucicu,1973
31 Vem Llskovc, lkebunu lll, 1973
30 Johannes lHen, Tilel einer Ausstellung, Nürnberg 1973
32 Yehoshuu Brcndslahar, Naive Malerei
43
Für den Kunstsammler
Wiener Kunst- und Antiquitätenmesse 1974
Letzte Vorbereitungen und Abschluß
Die Vorbereitungen zur kommenden Veranstaltung
sind so gut wie abgeschlossen. Das Gesamtbild
des Ausstellungsraumes in der ehemaligen Winter-
reitschule und seine Einteilung der Ausstellungskoien
wurde überschaubar beibehalten. Kleine Änderun-
gen entstanden durch das Hinzukommen von zwei
Firmen aus Wien. Eine echte Novität stellt eine
kleine Schau, vorwiegend Bilder aus dem 17. Jh.,
von Fälschungen dar. In einer gesonderten Ab-
teilung werden einige qualitativ hervorragende
Nachbildungen gezeigt, um der Kunde wertvolles,
informatives Vergleichsmaterial zu bieten.
Die Aussteller erwarten sich von den Besuchern
positive Resonanz. Wie bei einer Umfrage unter den
Ausstellern festgestellt wurde, werden größte
Anstrengungen unternommen, das Qualitätsniveau
der Messe '73 nicht nur zu halten, sondern zu ver-
bessern bei äußerst fairer und wertgerechter
Preisgestaltung.
Es wird auch heuer das Bemühen der Messe sein,
die rege Nachfrage nach wertbestöndigen kulturell
wichtigen Obiekten zufriedenzustellen. W. A. S.
Internationale Auktionsvorschau
Frühiahr 1974
13.14. März München Neumeister KG vorm.
Weinmüller, Antiquitäten, Skulpturen,
Möbel, Gemälde, Graphik
12.-15. März Wien Dorotheum
603. Kunstauktion
20.-23. März; Köln Kunsthaus am Museum,
Möbel, Gemälde, Graphik, Kunstgewerbe
27.28. März Köln Kunsthaus Lempertz, Ost-
asiatische Kunst
26.27. März Brüssel Palais des Beaux Arts,
Auktion
27.-29. März Braunschweig Wolfgang Brandes,
Bücher, Graphik, Autographen
3.- 6. April Mainz Godebert Reiss,
Frühiahrsauktion 1974
22.-25. April Stuttgart Heinz Schilling, Gemälde,
Möbel, Antiquitäten
24.-27. April Stockholm Bukowsky, Antiquitäten,
Kunst
8. 9. Mai München Neumeister KG vorm.
Weinmüller, Antiquitäten, Skulpturen,
Möbel, Gemälde, Graphik
44
Gesehen im Kunsthandel
Madonna mit Kind. Schweiz, um 1500.
Originale Fassung, 135 cm
Reinhold Hotstätter, Kunst und Kunstgewerbe,
Wien Bräunerstraße 12 und Dorotheergasse 15
Spätgotischer Verkündigungsengel, Steiermark.
um 1510. 95 cm. Hofgalerie Dr. Wolfgang
Hcfstätter, Wien Spiegelgasse 14
Floris van Schooten, Haarlem, 1. Hälfte 17. Jh.,
Frühslücks-Stilleben, 52 84,5 cm, Galerie
St. Lucas, Carl Herzig St Co.,
Wien Josefsplatz Palais Pallavicini
Weihrauchgefäß, Südchina, Anf. 18. Jh. Gott der
Weisheit auf Elefanten reitend, Bronze, 15,5 cm,
Wolfgang A. Siedler, Wiener Kunstsalon,
Wien Spiegelgasse
Niederlöndischer Meister, 17. Jh. Kreis Willem
van de Velde, UllLwd., 55 50 cm, Antiquitäten
Herbert Asenbaum, Wien Kärntnerstraße 28
Email-Toilettedose, kommodentörmig, Frank-
reich, Mitte 18. Jh., vergoldete Bronzemon-
tierung, 11,5 cm, C. Bednarczyk, Kunst und
Antiquitäten, Wien Dorotheergasse 12
Österreichischer Tisch des 18. Jhs.
107 72 73 cm, und Kassette, Birnholz,
18. Jh., mit Reliefdarstellungen polnischer
Könige, Antiquitäten" Gerlinde Dutz, Wien
Mahlerstraße und 11
Auktionen
Dorotheum, Wien
602. Kunstauktion, 4.-7. Dezember 1973
Franz Christoph Janneck Graz 1703-1761 Wien,
Tanz im Schloßpark, sign., UllKupferlHalz,
43 58 crn Kat.-Nr. 70
Taxe 65 170.000.-
Erlös öS 700.000.-
Russische Ikone, Erzengel Gabriel, Moskau,
16. Jh., 32x27 cm Kot-Nr. 221
Taxe öS 20.000.-
Erlös öS 50.000.-
Neumeister KG. vorm. Weinmüller, München
151. Auktion, 28.-30. November 1973
10 Hermann Kaufmann d. Ä. Hamburg 1808-1889
ebenda, Almabtrieb, r. u. sign. u. dat. Hamburg
1844, 78x 105 cm
Erlös; DM 48.000.-
11 Eduard von Grützner Großkarlowitz 1846-1925
München, Brotzeit, l. o. sign. u. dat. 1891,
43 34,5 cm
Erlös DM 50.000.-
Kunsthaus Lempertz, Köln
534. Auktion, Alte Kunst, 22.-26. November 1973
12 Vesperbild Maria mit Kind, Mittelrheinisch,
um 1410. 47 cm, Weichholz, z. T. alte Fassung
KaL-Nr. 1924
Taxe DM 20.000.-
Galerie Koller, Zürich
30. Auktion, 30. Oktober-15. November 1973
13 Vase, Emile Galle, sign. u. dat. 1892-1900,
21,5 cm KaL-Nr. 3456
Taxe str 4500.-
Kunsthaus am Museum, Köln
56. Auktion, 17.-20. Oktober 1973
14 Heinrich Hoerle Köln 1895-1936 ebenda,
Frau am Tisch mit Obst, bez. o. 1. UllLwd.
95 5B cm Kot-Nr. 1832
Taxe DM 20.000.-
Sotheby, London
Auktion vom 12. Dezember 1973
15 Giovanni Antonio Canale, gen. Canaletto
Der Bucintoro", das venezianische Parade-
schiff an der Mole am Himmelfahrtstag,
151 137 crn Kot-Nr.
Erlös 280.000.-
Christie's, London
Auktion vom 7. Dezember 1973
16 Maurice Utrillo, Straße am Montmatre,
31 23,5 cm Kot-Nr. 275
Erlös Gns. 4500.-
Bildfolge 1-16
13
45
ANTIQUITÄTEN
erßerf Asenßaum
Kunstgewerbe
Gemälde. Skulpturen
Möbel
Dorotheum
KUNSTABTElLUNG, WIEN, l., DOROTHEERGASSE 11,
Tel. 52 3129
604. Kunstauktion
27., 28., 29. und 30. Mai 1974
Gemälde alter und moderner Meister. Graphik,
Skulpturen und Holzarbeiten, antikes Mobiliar.
Antiquitäten. Asiatika, Waffen
Besichtigung 16., 17., 18.. 19.. 21., 22., 28.,
24., 25. und 26. Mai 1974
Für den Kunstsammler
Wiener Spaziergang.
Gedanken und Retrospektiven
über den Wiener Kunsthandel.
Kunstsammler
Albert Figdor
Von den beiden großen Abteilungen Möbel und
Textilien, die den Hauptbestand der ersten Auktion,
wie in Heft 1301131 angeführt, bilden, waren es
besonders die Möbel, die die speziellen Ziele des
Sammlers zum Ausdruck bringen. Eine Vielzahl an
Sitzmöbeln läßt deutlich die Vorliebe für mittel-
alterliche, zum Teil aus der Antike herstammende
Stuhlformen erkennen, deren weitere Entwicklung
durch die Renaissance und das Barock zu verfolgen
ist. Diese Aufgabe erfüllt die lange Reihe von
Faltstühlen aus wuchtigen Vierkanthölzern mit
Lehnen siehe Abb. unten. Den älteren lehnenlasen
Faltstuhl, die sella curulis der Antike, vertreten die
kirchlichen Faldistorien aus Marburg in Steiermark
und aus Brünn und schlichtere Exemplare aus Tirol
und Danzig, die den Übergang zum einfachen
Felclstuhl ankündigen. Überaus seltene Formen, die
schon mit dem Mittelalter wieder aussterben, sind
die beiden zerlegbaren Lehnstühle aus dem Etsch-
gebiet, der reich geschnitzte Stuhl aus Aosta, der
Faltstuhl aus Eppan und der Stuhl aus Norwegen,
dessen Farm und Schnitzerei die romanische Tradi-
tion über das Mittelalter hinaus festgehalten haben;
alles wahlbekannte Dokumente zur Kunstgeschichte
des Mobiliars. Auch der vornehme Strozzistuhl, das
wohl berühmteste Möbel dieser Sammlung, geht auf
einen uralten, ganz schlichten und volkstümlichen
Typus zurück; ihm ist die nächste Folge gewidmet.
W. A. Siedler
Scherenstulil aus Nußhalz, Südalpen, 15. Jh., mll sdiuppen-
artigen Motiven in Kerbschnitzerei. Das Gitterwerk ruht auf
Stegen und Klaueniüßen.
Lit. Jacob von Falke, mittelalterliches Halzmobiliar, H. Steg-
mann, Kunst und Kunsthandwerk, O. Peltzl. Deutsche
Hausmöbel.
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und erlesenem Geschmack.
iärhiivurääßßägr Verkaufsniederlage
Wien, 1., Kärntnerstraße 33
Ecke Johannesgasse Telefon 52 2904
Buchbesprechungen, Bildnachweis
Georg Petel 1160172 1634 von Karl
Feuchtmayr, AI red Schädler, Norbert Lieb und
Theodor Müller, Deutscher Verlag für
Kunstwissenschaft, Berlin 1973 240 Textseiten,
Farbtafeln, 271 Abbildungen.
Das Werk über den bedeutendsten und geheimnis-
vollsten deutschen Bildhauer internationaler Prägung
aus der Zeit des Rubens spiegelt in seinen vier
Verfassern in unvergleichlicher Weise ein Stück
Wissenschaftsgeschichte, das Ringen um die Auf-
hellung einer Künstlerpersönlichkeit durch mehrere
Generationen hindurch. Am Beginn stehen die
grundlegenden Essays Karl Feuchtmayrs, der 1961
verstorben ist. Norbert Liebs Beitrag gilt der
Lebensgeschichte des Künstlers, Theodor Müllers
Essay gibt einen Überblick über das Werk Petels.
Den Hauptteil des Bandes bildet Alfred Schödlers
kritischer Katalog, in dessen einzelnen Artikeln in
mustergültiger Weise viele wichtige Entscheidungen
getroffen werden mußten. Unter anderem mußten
auch einige alte Zuschreibungen Karl Feuchtmayrs
fallen, während vielfach Angezweifeltes wie die
Rubens-Büste überzeugend gesichert werden
konnte. Es erscheint uns besonders wichtig, daß auch
versudtt wird, im Umkreis Petels eine Reihe von
Zuschreibungen durchzuführen. Bei den aus dem
Werk Petels ausgeschiedenen Arbeiten wird im
Gegensatz zu anderen Monographien vielfach die
Neuzuschreibung versucht. Meister wie David
Heschler oder Ferdinand Murmann werden in
unser Bewußtsein gedrückt und damit in breiterer
Front versucht, der Skulptur des deutschen Früh-
barock mehr Licht zu geben. ln diesem Bereich
bleiben wohl manche Ansätze zu kritischer Dis-
kussion offen, doch ist es das hohe Verdienst
Schädlers, hier neue Denkprozesse angeregt zu
haben. Der wissenschaftliche Apparat ist vorbildlich,
die drucktechnische Qualität desgleichen. Die aus-
gezeichneten Abbildungen zeugen vom harten
Ringen des Verfassers, auch in dieser Hinsicht eine
gültige Darstellung zu bieten.
AMK-Frädikat Höchsten wissenschaftlichen An-
sprüchen entsprechende Monographie.
Kurt Rossacher
Bildnachweis Seitenongabe in Zittern
Akademische Druck- und Verlagsgesellschaft, Graz,
Bamberger, 52, 53 P. Baum, LinzlWien,
39 L. Chmel, Wien, 24, 25 Galerien G. in der
Blutgasse, Wien, 39 Neue G., Joanneum, Graz,
41 Landesg. Schlaß Esterhozy, Eisenstadt, 41
Neue G. der Stadt Linz, 41 Modern Art G., Wien,
39 G. in der Passage, Wien, 39 G. Romanum,
Perchtoldsdorf, 41 G. Schottenring, Wien, 39 G.
nächst St. Stephan, Wien, 39 G. auf der Stuben-
bastei, Wien, 39 G. TAO Wien, 39 G. Welz,
Salzburg, 41 Arch. Dr. W. Hein, Wien, 10-13
CO-OP Himmelblau, Wien, 32 Symposien Linda-
brunn, 41 Marlborough, London, 39 Öster-
reichisches Museum für angewandte Kunst, Wien,
55 B. Pflaum Wochenpresse, Wien,
29, 31-35 O. J. Reichmann, Wien, 29 N. Schuster
Wochenpresse, Wien, 32, 33 Trakt-Haus, Salzburg,
41 Archiv Trigan '73, Graz, 41 Arch. Dr. S. Widr-
rnann, Starnberg, 15-23 Arch. WW, Wien, 25
Arch. Wochenpresse, Wien, 27, 28, 35.
49
Für den Kunstsammler
Hans Frank
Altwiener Fotografie im Geiste
Waldmüllers zur Wechselwirkung
zwischen Malerei und Fotografie
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entdeckten die
Maler die Natur. Sie zogen mit der Staffelei hinaus
in die Landschaft und bis ins Gebirge. Ähnlich
erging es den Fotografen gegen Ende des 19. Jahr-
hunderts. Dieser große Abstand hat seinen Grund
darin, daß es vor der Trackenplatte noch mit
großen Schwierigkeiten verbunden war, draußen in
der Natur zu fotografieren. Erst als seit den
achtziger Jahren die Trockenplatten zur Verfügung
standen, konnte man ohne Trögerkolonne mit
Kamera und Stativ in die Landschaft ziehen.
Was war naheliegender, als daß die Amateurfoto-
grafen an den Malern sich ein Vorbild nahmen,
und hier gehörte zu den Bevorzuglen Waldmüller
1793-1865. Als Beispiel einige frühe Amateurauf-
nahmen des Architekten Gustav Bamberger 1861
bis 193er.
Es ist ins Auge springend, wie diese Fotografien an
Waldmüller erinnern. Personen im Landschaftsbild,
Die Staffage" schien den Fotografen noch iahr-
zehntelang äußerst wichtig. Noch bis weit ins
20. Jahrhundert glaubte ieder ernste Amateur-
fotograf", bei Landschaftsaufnahmen auf Staffage
nicht verzichten zu können. Nun war es aber nur
mehr Nachahmung. Die Londschaftsmoler hatten
sich schon lange davon gelöst. Um wieder auf
Bamberger zurückzukommen sei erwähnt, daß bei
seinen Landschaftsgemälden aus der Anfangszeit
des 20. Jahrhunderts menschenleere oder sparsam
staffierte Fernsichten vorherrschten".
Wie das einfache Volk nicht viel Unterschied zwi-
schen dem Maler und dem Fotografen machte,
mußte der in Salzburg als Portrötist und Genremaler
bekannte Adolf Reich erleben. In einem bayrischen
Bauerndorf malte er ein Genrebild, zu welchem
ihm ein Bauernmädchen Modell stand. Die Dirn
wunderte sich über das viele Modellgeld, welches er
für dieses Bild ausgob, und meinte Sö hättn net
Maler werdn solln, sondern Fotografer, da gang's
viel gschwinderl"
Besonders stark wirkte sich auf die Malerei das
Aufkommen der Momentfotografie aus. Das be-
kannteste Beispiel hiefür ist die zeichnerische Dar-
stellung von Pferden in der Bewegung.
Wie falsch es sein kann, sich zu sehr als Maler von
der Fotografie beeinflussen zu lassen, zeigt das
Bild des Bürgermeisters Felder im Wiener Rathaus.
Als Canon Johann Straschiripka im Jahre 1875
im Auftrag der Gemeinde Wien dieses Bild schuf,
ließ er einen Fotografen kommen, um den auf dem
Podest stehenden Felder in verschiedenen Stellun-
gen zu fotografieren. Der Fotograf verwendete
offensichtlich ein Objektiv von zu kurzer Brennweite,
und Canon korrigierte den optischen Fehler nicht.
Als das Bild ausgestellt wurde, bemerkte das
Publikum, doß die vorgestreckte Hand zu groß ist.
Eine Zeichnung nach diesem Bild im Kikeriki erinnert
daran. In dem darunter gesetzten Zwiegespräch
heißt es Große Hönd hat der Bürgermeister." Die
Antwort darauf lautet Dafür sind sie aber sauber."
50
Gusmv Bomberger, Waldszene mit zwei Mädchen,
um 1890
Gusvav Bumberger, lnverieur mit lmvschenden Mädchen,
um 1890
G. Bcimbevger, AusschniN aus Abb.
G. Bamberger, Ausschni" aus Abb.
GBIJSOÖCIV Bomberger, Mäddien, um Fensler essend, um
Landsdiafvsfologrufen im Jahre 189D. VigneNe aus einer
Werbeschrifi der Wienev Fologrufischen Manufaclur R.
Lechner
Doppelporiröt, gestelli von G. Bamberger, könnte einem
Gemälde Defreggers nachempfunden sein
Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Japanischer Farbholzschnitt
und Wiener Secession
9. Ausstellung der Bibliothek
und Kunstblättersammlung
Altes Haus, Ausstellungsraum Galerie
5. 9. 1973-21. 1. 1974 vorzeitig abgebaut
Eine Ausstellung genau an der Jahrhundertwende,
1900 die 6. der Wiener Secession stand var-
wiegend unter der Dominanz iapanischer Holz-
schnittkunst. Knapp davor im Jahre 1899 machte das
Österreichische Museum für Kunst und Industrie
überhaupt erstmals diese Schöpfungen u. a. mit
Werken von Eishi, Hiroshige, Hokusai, Shunsho und
Utamara dem kunstinteressierten Publikum bekannt.
Nadi etlichen weiteren Begegnungen mit den on-
fänglich wertlos scheinenden Emballagen fernöst-
licher Provenienz durch sieben Jahrzehnte hindurch
folgte nun die 9. Ausstellung der Bibliothek des
Museums unter dem Thema Japanischer Farbholz-
schnitt und Wiener Secession". Ausgangspunkt zu
dieser Präsentation war ein Vortrag von Prof.
Maurizio Banicatti, den dieser anläßlich der im
Jahre 1971 gemeinsam vom iapanischen und
österreichischen Kulturinstitut veranstalteten Aus-
stellung Japanische Farbholzschnitte" in Rom
hielt. Prof. M. Bonicatti sprach über die Verbindung
des iapaniscJten Farbholzschnittes mit der Wiener
Secession. Hofrat DDr. Gerhart Egger griff sofort
den Gedanken einer Ausstellung auf und selektierte
zum Zwecke die entsprechenden Werke der Wiener
Secessionisten aus der Kunstblättersammlung, um
sie den japanischen Vorbildern gegenüberzustellen.
Dies geschah zwangsläufig nicht in der unmittel-
baren Kanfrantation, so waren im Ausstellungsraum
selbst die künstlerischen Zeugnisse der Wiener
Secessionisten, aus denen u. a. die Namen
Czeschka, Hodler, Hoffmann, Jungnickel, Klimt,
Kokoschka, Kurzweil, Moll, Mucha, Olbrich, Orlik,
Roller, Schiele und Teschner hervorstechen, zu
sehen. Auf der Galerie hingegen vereint in sachlich-
harmonischer Abfolge die iapanischen Exponate mit
großen Namen wie Moronobu, Meister der
Torii-Schule, Masanobu, Harunobu, Karyusai,
Shunsho, Utamaro, den Eishis, Toyakuni, Kunisada,
Kuniyoshi, Hiroshige und Hakusai. Vorschnelle
Beurteilungen vermißten den direkten Vergleich, das
exemplarische Gegenüberstehen beider Kunstkreise.
Uns erscheint jedoch, daß sowohl dem Kenner wie
auch dem interessierten Laien es nicht schwer sein
konnte, innerhalb der beiden großen Obiektgruppen
die starke Annäherung zum iapanisdien Vorbild
festzustellen, daß eher stärker noch im summari-
schen Erscheinungsbild Affinitäten und Herkommens-
merkmale als wiederkehrende Charakteristika
augenfällig wurden. Den ausgezeichneten Gesamt-
eindruck der Präsentation schwächte das hypertraphe
Plakatmobile der so wertvollen Secessionsplakate
geringfügig ab, das da als vermutlich unumgäng-
liche Not- und Letztlösung verwirrend in die ruhige
Ausstellungsoptik baumelte. Affichen sind nun ein-
mal wandgebunden. Vielleicht könnte man für
künftige ähnliche Verlegenheiten das Gitter der
Galeriefrant in Erwägung ziehen. Leider mußte die
so beifällig aufgenommene Schau wegen der
großen Chinaausstellung vorzeitig geschlossen wer-
den. Wieder einmal war es fast aufregend, einen
wesentlichen Teil der sonst verborgenen sdlÖlZG der
Bibliothek dem eigentlichen Sinn ihrer Bestimmung
gemäß, der Öffentlichkeit gezeigt-zu werden, vor
sich zu haben.
Die Bedeutung der Fotografie
im Leben des Menschen
Neues Haus, Ausstellungshalle
Wien Weiskirchnerstraße
8.10.-4.11.1973
Vom 7. bis 10. Oktober 1973 fand in Wien eine
Tagung europäischer Berufsfotagrafen stattL Höhe-
punkt dieses Meetings waren die Eröffnung der
Ausstellung Die Bedeutung der Fotografie im
Leben des Menschen" sowie die unmittelbar
darnach erfolgte Preisverleihung ausgezeichneter
Fotografen. Nicht von ungefähr ist das Oster-
reichische Museum für angewandte Kunst Veran-
staltungsplatz, denn schon Rudolf von Eitel-
berger, der Begründer der Wiener kunsthistorischen
52
Schule und erste Direktor des Museums, hat alles
getan, um diese wissenschaftlich-technische
Erfindung zu hurnanisieren, indem er sie in den
Dienst von Wissenschaft und Kunst stellte. In Form
einer ,Fotografischen Hilfsanstalt' am Museum war
ihr eine wichtige Funktion zugewiesen". So
präzisierte dies Hofrat Prof. Dr. Mrazek im Katalog-
vorwort.
Nach einem ersten informierenden Gang durch die
breit angelegte Schau, bei dem man auf vieles
Bekannte, ia allzugut Bekannte trifft, sucht man sich
seine Ecke. Findet sie bei den altmeisterlich
anmutenden Bildnissen der finnischen Tanten so
ihr Spitzname aus Helsinki, Eilo Mariala und
Margit Ekman, betrachtet ihre Bilder mit zuge-
kniffenen Augen und meint, Produkte malender
Fatarealisten vor sich zu haben. Schließt sich hier
ein Kreis? Wie meinen die beiden Finninnen
grundsätzlich; Die Technik des Fotografen
unterscheidet sich von der des Malers, ist aber
ebenso ausdrucksstark. Die Zeit, in der das Foto
als Ergebnis eines mechanischen Vorgangs
betrachtet wurde, ist vorbei. Die Betrachtungsweise
des Fotografen bestimmt das Ergebnis." Und
Wir glauben, daß ein Mensch die reichste und
interessanteste Quelle immerwährender lnspiratio-
nen ist." Solche Gedanken führen zutiefst in das
Wesen der Fotografie und lassen die übrige
Produktion gängiger Porträts in der gleichen Ecke
doch deutlich abfallen. Löst man sich zum entschei-
denden zweiten Durchgang aus seiner finnischen"
Ecke, so geht man wie durch eine gut bekannte
Straße. Die Fotografie als tragendes Hauptelement
der Werbung. Davon lebt eine ganze Welt von
Designern, Grafikern und allem, was da so dazuge-
hört. Und dies scheint zum Teil auch durchaus
plausibel, denn der Konsument identifiziert sich
naturgemäß am stärksten mit seinem idealisierten
schöneren Ebenbild. Und dahinter steht doch nichts
anderes als der reine Kommerzgedanke. Wo die
starke, immer weniger humorige Pranke des
Grafikers fehlt, wird das ach so naturgetreue
Foto breschenfüllend. Das wird ganz augenschein-
lich in der sonst nicht gerade aufmunternden Schau.
Man registriert bekannte experimentelle Schöpfun-
gen mit in höchstem Grade farbgrafischer Eindring-
lichkeit, dazu leicht verkrampfte Nach- und Neben-
schöpfungen nach Art der Meister, üblich bekannte
Obiekte- und Landschaftsfotografie, und eben
Werbe- und Wirtschaftsfotografie. Vergebens ver-
sucht man wirklich profilierte internationale
Personolitäten dieses so zukunftsträchtigen Metiers
aufzuspüren. Aber die Organisatoren hatten es
sicJier nicht leicht, diese Schau auf die Beine zu
stellen.
Fred Nowak Unikat rafik 1952-1972
Altes Haus, Säulenha?
Wien Stubenring
18. 10.-20. 11. 1973
Bald zwanzig Jahre sind es her, das Fred Nowak
seinen Einzug in dieses Museum hielt. Nidit mit
einer Ausstellung, dazu war er damals nadi zu
iung" in seinem Medium. Man kaufte einige seiner
Grafiken, und das wirft einen iungen Künstler denn
doch um; der erste Ankauf durch ein renommiertes
Museum. Alsdann begann ein recht mühereicher
Weg, bis der vom Drucken" Herkommende
künstlerisch reifend alle möglichen Fesseln ab-
schüttelt. Bis er nach vielen Jahren zum Nowak"
wird. Und da war man also dabei, als seine ersten
Grafiken gekauft wurden, mitempfand die ehrliche
Freude darüber und steht dann bald zwanzig Jahre
später in seiner ersten und auch schon letzten
Ausstellung in diesem Haus. Ein unerbittlidies
Schicksal warf den Künstler und humanen Menschen
aufs Siechbett. In seinen letzten Werken, war da
nicht schon viel Dunkles, Abenddämmerndes un-
übersehbar? Ging er nicht schon manchmal den
letzten Weg durch nachtschattige Landschaften in
seinen Blättern, wenngleich er nicht an das Unver-
meidliche glauben wollte? Über Nowaks Werk und
Bedeutung ist genug gesagt worden, und es ist leicht
erklärlich, daß er so etwas wie ein Mentor der
iungen Garde sein mußte, spürt man der Meister-
schaft seiner Unikate nach. Man begreift,
unzählige Male hinaus in die Natur ging,
mit tausenden Bildern, Stimmungen, Vorgän
Begebnissen anzureichern, die unisone Spra
Kosmos aufzunehmen, um später iedes seir
in unverkennbarer Art im eigenen Formen-
Farbenvokabular regelrecht neu zu schaffen
Fred Nowak war einer der lieben konnte,
den wirklichen Künstler erst überzeugend.
unermüdlich, aber nicht besessen, und unz
Studien zeugen von dem beschwerlichen Wi
zur Ausprägung seines Stiles führte. Mitten
Zeilen platzte die Nachricht von seinem Tac
plötzlich klingen die Worte, die er selber ei
aussprach in einem nach ich glaube, daß
Kunst noch immer voller Wunder ist und ich
günstigsten Fall mit meinen Arbeiten mir
anderen Freude bereiten kann." Nun kanr
das nicht mehr, er aber, der Mensch Nowak
durch Werk und Wirken unvergessen weitei
bleiben unter uns.
Wilma Niedermayr-Schalk
Keramiken
Altes Haus, Eitelbergsaal
Wien Stubenring
25. 10.-25. 11. 1973
Das reiche keramische Leben, das sich in
dreißiger und vierziger Jahren durch die
Lehrtätigkeit von Robert Obsieger in Wien
Hans Adametz in Graz entfaltete, hat in dt
Zeit große Einbußen erlitten. Der Tod van
Ohnsorg und Arno Lehmann riß eine Lücke
gerade auch für diesen Kunstzweig so lei
tige Tradition von Lehrer und Schüler. Zwar
es eine Enkelgeneration von iungen Keramil
die sich im ln- und Ausland sowie auf den
Symposien kraftvoll bemerkbar macht, aber
der ersten Schiilergeneratian der großen
vor allem Wilma Niedermayr-Schalk von un
chener Schaffenskraft." So sagt im lntroitus
Kataloges Dir. Dr. Mrazek. Und fürwahr ein
reiches keramisches Leben zeichnet sich hier
einzelnen im Werk der Keramikerin alter
Niedermayr-Schalk ab, die da zum ersten
dicht im Museum ihre Exponate zur Schau st
Sieht man sich um, so fallen sofort der ungr
vielgestaltige Formenkanon und das reiche
Farbenspiel ins Auge. Hier vor allem durcha
modern akzentuierter Keramikdekor, der dei
Künstlerin auch stärkste Pinsel"gewalt
Die beiden Hauptpole, um die das Schaffen
Frau Niedermayr-Schalk kreist, sind die der
experimentellen Reduktionstechnik und der
keramik, Hier legt sie ihr wahres Keramikerl
bloß mit einigen ganz überzeugenden Beisp
Ungemein bestechend auch das unnachahmli
Flair" ihrer Glasuren. Eine ganz eigene Wr
effektvollster feiner Oberflächenreize in schi
der Krustation und harmonisch-differenter Pi
chromie. Ob das auf Glasurkompositionen
Vasen oder anderen Schöpfungen zutage tri
bezeugt die natürliche, in langen Jahren de
fahrung gereifte Virtuosität der Künstlerin,
und Prozeß zu beherrschen, aber auch ihre
an die Materie. Im Gespräch verrät sie stark
Impulsivität, leidenschaftliches Engagement
äußerste Bereitschaft, vom eben Geschaffer
wegzuwenden, um morgen schon etwas gan
Neues zu beginnen.
Daß man einer Frau zumuten würde, über ih
normal dimensioniertes Keramikerleben hino
hoch hinauf auf die Bauten zu gehen, ist ehe
unwahrscheinlich. Nun, eine mit ihrer Arbeit
verbundene Keramikerin wie Frau
Niedermayr-Schalk tut auch das. Sie zeigt
keramik, im Rahmen der Schau auf großen
Dokumentationsfotos. Ein mit wirklicher Ei
gedrehter Film Erde und Feuer", der durch
Schaffen der Künstlerin führte und musikalis
hervorragend unterspielt war, brachte in
der Optik das Wesen, aber auch und das in
stärkstem Maße den faszinierenden Reichtur
die Pracht der keramischen Glasuren zutage.
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