oldschätze der Thraker
hrakische Kultur und Kunst auf
ulgarischern Boden Farbtafeln
ie Wiedergestaltung der Salzburger
unst- und Wunderkammer
Essay
Interpretationen
zu textller Kunst
In Geldgeschaften sind wir Spezialisten.
Aber das heißt noch lange nicht, daß wir
deswegen auf andere Dinge vergessen
aufdie Umwelt,aufEinrichtungemdie uns
allen zugute k0mrnen,wie Krankenhäuser.
U-Bahn, BädenWQhnungen ..
Und auf alles, was unser Leben verschö-
nern kann.
Wie zurn Beispiel Kunst.
SETVM von Josef Hoffmann, 1920 entworfen lur die Firma Lobriievr. Ein
Objel. der Glassaninilung des Oslerreichisclieri Museums fur angee
wandte Ku das mit vielen anderen vom Z6. 5. Z6 G. l975 in der Zweig-
stelle de 101 OVVVCN, Operngasse 8. in derAusstellung "OSleHEIChlSChE
Glasl-zuliur Osterreichisches Museum firrangewandre Kunst, QEZGIQIWSP
den wird.
Wir präsentieren heuer in unseren Zvyeig-
stellen ca. 80 Ausstellungen von Wiener
Kunstlern und von Wiener lVluseen.
Weil wir nicht irgendein Geldinstitut sein
vvollen.
ZENTRALSPARlASSE
MEISSEN UM 1725
ääzf ßm
KUNSTHAUS
Gegründet 1845
LEMPERTZ
Inh. Hanstcin
FRÜHJAHR 1975
544. LEMPERTZ-AUKTION
MODERNE KUNST
14. Mai 1975
Gemälde Aquarelle Graphik
Plastik
139 kUHSf
alte und moderne kunsf 20. Jahrgang 1975 Heft 139
Wolfgang Oberleitner
Goldschötze der Thraker
Thrakische Kultur und Kunst auf bulgarischem Boden ..
Nora Watteck
Die Wiedergestaltung der Salzburger
Kunst- und Wunderkammer
Franz Windisch-Graetz
Kunstmöbel aus dem Stift Kremsmünster 14
Fritz Zink
Carl Spitzweg am Eingang des Kaisertales
in Kutstein 1867 .. 21
Kurt Lüthi
Interpretationen zu textiler Kunst .. 23
Gunther Martin
Mit der Kamera unterwegs Josef Kainz 23
Walter Zettl
Andrea Palladio in der Wiener Akademie .. 32
Wiener Kunst- und Antiquitätenmesse 1975
und das Jahr des Denkmalschutzes .. 34
Künstlerprofile .. 36
Rudolf Karunka von Heimo Kuchling .. 36
Leos Robinson von E. C. Wong .. 37
Aktuelles Kunstgeschehen .. 38
Für den Kunstsammler P4 .. 34
Wiener Keramik um die Jahrhundertwende
Die Wiener kunstkeramische Fabrik
A. Förster Co. 1899-1908 von Waltraud Neuwirth 56
Österreichisches Museum für angewandte Kunst 58
Bildnachweis .. 49
Titelbild Goldschatz von Panagiuriste, um 300 v.Chr.Archö0logisches
Museum, PlovdivlBulgarien. Derzeit in der Ausstellung Goldschötze
der Thraker Kunst und Kultur auf bulgarischem Baden", Österreichi-
sches Museum tür angewandte Kunst, Wien, 4. März bis 31. Mai 1975.
Josef Kainz, Rollenbild als Don Carlos" in dem gleichnamigen Schau-
spiel von Friedrich von Schiller. Selbstaufnahme.
Herausgeber Kurt Rossacher Eigentümer und Verleger; AMK-Verlag,
A-5024 Salzburg, Irnbergstraße Postfach 12, Telefon 06222 73731.
Redaktion Wilhelm Mrazek Chefredakteur, verantwortlich für den Inhalt;
Franz Windisch-Graetz Kunstgeschichte, Peter Baum Wiener Kunstkritik,
Alois Vogel Bundeslönderberichte, Leopold Netopil graphische Gestal-
tung, Imprimatur; alle Österreichisches Museum für angewandte Kunst,
A-1010 Wien, Stubenring Telefon 0222 725696 und 0222 7256 97.
Zweigredaktion Salzburg Kurt Rossacher Gesamtgestaltung, Franz Wagner
Solzburger Kunstkritik, alle A-5024 Salzburg, Imbergstraße Postfach 12.
Herstellung Wagnefsche Unim-Buchdruckerei Buchroithner Co., Innsbruck.
Für unverlangte Einsendung van Manuskripten oder Fotos wird nicht gehaftet.
Preis ab 1975, inkl. Porto Jahresabonnement, Nummern davon ein Dop-
pelheft, öS 495.- inkl. Mehrwertsteuer, DM 70.-, sfr 82.-, Lit 17.000.-. Ein-
zelheft öS 85.- inkl. Mehrwertsteuer, DM 12.-, sfr 14.-, Lit 2800.-
Rates 1975, second class mail included subscription or issues per anno,
f11.-, US 28.- by air US 43.-, single issue 22.-, US 58 by air
US S4 7.-.
Vertrieb WUB, A-6010 Innsbruck, ErIerstraße5-7, Postfach 211. Bank Credit-
anstalt, Filiale Innsbruck, Konto Alte und moderne Kunst", Nr. 89-53291.
Anzeigen; AMK-Verlag. Erscheinungsart Innsbruck.
Wolfgang Oberleitner
Goldschätze der Thraker-
Thrakische Kultur
und Kunst auf
bulgarischem Boden
SLhOlC aus dem Goidschufz von Pcncgiuriäie
Unter diesem Titel ist vnm 3. März bis 37. Mai 1975 im Museum für angewandte Kunst eine bulgarische Ausstellung zu sehen, die, naehdem sie mit großem
ch Wien kam. In drei Sälen
Erlalg in Paris, Moskau und Leningrad gezeigt wurde, im Rahmen des Kulturabkammens zwischen Österreich und Bulgarien na
werden rund tausend Objekte präsentiert. Allein die Tatsache, daß die Schaustüeke aus 25 Museen zusammengestellt wurden, gibt dem Besucher die einmalige
Gelegenheit, einen repräsentativen und instruktiven Eindruck von der Kunst zu gewinnen. die vom Neolithikum bis weit in die römische Kaiserzeit hinein,
alsv vam Ende des sechsten Jahrtausends v. Chr. bis in das ausgehende dritte Jahrhundert n. Chr., auf dem Gebiet der heutigen Volksrepublik Bulgarien
geschaffen wurde.
Wenn auch das Exponat vor allem seiner
künstlerischen oder handwerklichen Qualität und
seines hohen materiellen Wertes wegen isoliert
im Vordergrund der Betrachtung zu stehen
scheint, so sind die politisch-historischen, wirt-
schaftlichen, kultischen und kulturgeschichtlichen
Folgerungen, die sich wohl auch aus dem Einzel-
obiekt, in erster Linie aber aus einer Zusammen-
schau ergeben, alles eher als sekundär'. Denn
eine thrakische Literatur, die diesbezüglich her-
angezogen werden könnte, gibt es nicht. Inschrif-
ten beschränken sich fast ausschließlich auf Per-
sonen- und Ortsnamen; eine Ausnahme bildet
der Goldring aus Ezerovo? Abb. vom Ende
des 5. Jahrhunderts v. Chr. Die Schrift ist grie-
chisch, der Inhalt ungedeutet. Das einzige, was
aus den epigraphischen Denkmälern Thrakiens
mit einiger Sicherheit erschlossen werden kann,
ist die Zugehörigkeit zur indogermanischen
Sprachfamilie. So sind wir hinsichtlich histori-
scher und kulturgeschichtlicher Schriftzeugnisse
in erster Linie auf griechische Literatur ange-
wiesen. Die frühesten Nachrichten finden sich
in den Hamerischen Epen. Weiters berichten
Diodor und Konon, Thukydides und Herodot
über Thrakien; vor allem die Schilderungen des
letztgenannten sind iedoch mit Vorsicht zu ver-
werten; erscheinen doch Sitten und Gebräuche,
Religion und Mythos der Thraker den Griechen
so fremd und barbarisch, daß eine tendenziöse
Färbung der Aussagen des Autors wahrschein-
lich ist. Abgesehen davon gibt es bei Herodot
Widersprüchliches, so daß die literarischen Zeug-
nisse nicht sehr ergiebig sind. Für eine Geschichte
Thrakiens sind deshalb die archäologischen Quel-
len unentbehrlich.
Primär stellt sich die Frage waren die Thraker
autachthon, d. h. waren schon sie die Träger
der neolithischen Kultur oder drangen sie erst
in späterer Zeit in Thrakien ein? Die Resultate
der Bodenforschung geben der zweiten Hypo-
these absoluten Vorzug Vom Ende des 6. bis
zum Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. ent-
wickelte sich eine Kultur, die von derjenigen der
Thraker grundlegend verschieden ist. Im Lauf des
2. Jahrtausends wanderte ein Großteil der ur-
sprünglich ansässigen Bevölkerung nach Klein-
asien aus. Ein neues Volk strömte in das Gebiet
ein und wurde im Laufe der Zeit seßhoft die
Thraker.
Nach der dorischen Wanderung am Ende der
Bronzezeit begann eine lange Periode des Frie-
dens. Die Thraker bewohnten das Territorium
des heutigen Bulgarien und die südlich anschlie-
ßenden Landstriche bis zur ägäischen Küste, um-
fangreiche Gebiete Rumäniens sowie Teile Make-
doniens und Thessaliens. An der Spitze der
zahlreichen Stämme standen von der Aristokra-
tie gestützte Priesterkänige, deren befestigte Pa-
läste zugleich Kultstätten waren. Die in Dörfern
lebende Bevölkerung betrieb Viehzucht und Feld-
bau. Im 7. Jahrhundert besiedelten griechische
Kolonisten die thrakische Küste. Gegen Ende des
6. Jahrhunderts überfluteten die Skythen nach
einer persischen Niederlage Ostthrakien. Süd-
thrakien wurde im Zuge der kriegerischen Aus-
einandersetzung mit Griechenland für dreißig
Jahre persisches Besatzungsgebiet. Nadw dem
Abzug der Perser unterworfen Teres und Sitalkes
zahlreiche thrakische Stämme und begründeten
damit das Odrysenreich. Diese einzige Bildung
eines throkischen Großreiches hatte eine unge-
ahnte, aber kurze Zeit der Blüte zur Folge. Im
4. Jahrhundert ermöglichte innere Zerrissenheit
den Einmarsch der Makedonen, unter deren
Herrschaft es zu blutigen Zwistigkeiten und da-
mit zu einer Schwächung der Thraker wie der
Makedonen kam. Nach einer kurzen Besetzung
durch die Kelten brachte Rom das Gebiet in
seine Gewalt. Im Nordwesten entstand die Pro-
vinz Mösien, während der Südosten vorerst rö-
misches Protektorat, um die Mitte des 1. Jahr-
hunderts n. Chr. zur Provinz Thrakien wurde.
Dieser skizzenhofte historische Abriß macht vor
allem eines deutlich Thrakien war ununterbro-
chen in intensivem Kontakt zu seiner Umgebung,
sei es in Kriegen mit anschließender Besetzung
des Landes durch Skythen, Perser, Makedonen,
Kelten und Römer sei es in friedlicher Berüh-
rung mit griechischen Kolonisten und lllyrern,
den Nachbarn im Westen. Die Folge waren star-
ke kulturelle Beeinflussungen und Überschichtun-
gen; sie sind aus der künstlerischen Produktion,
der nahezu einzigen throkischen Hinterlassen-
schaft, ersichtlich.
Eine Betrachtung der Denkmäler wird in erster
Linie den Werken thrakischer Künstler gelten,
vorthrakische Erzeugnisse sollen nur kurz ge-
streift werden.
Den frühen Versuch einer Gestaltung des Men-
schen zeigt ein doppelköpfiges Gefäßf Abb. 5.
Wenn auch ein Proportionsgefühl völlig fehlt, so
ist die menschliche Figur in ihrer Gesamtheit und
ihren Einzelteilen plastisch im wesentlichen er-
foßt der Kopf mit Angabe von Augen, Nase,
Mund und Ohren ist klar vorn Körper abgesetzt.
Dünne Arme sind abgewinkelt vor den Bauch
gelegt; die weibliche Brust ist plastisch angedeu-
tet; die Hüften sind maßlos überbetant, die
Beine plump. Das Gefäß diente wohl kultischen
Zwecken.
Aus der Nekropole von Varna wird der Inhalt
zweier Gräber gezeigtt. Der Reichtum der Bei-
gaben spricht für fürstliche Bestattungen. Fast
unerklärlich erscheint, daß gleichzeitig mit den
recht primitiv hergestellten Feuersteinmessern be-
reits Marmor einfach bearbeitet, Kupfer, insbe-
sondere Gold iedoch in technisch fortgeschritte-
nerWeise geformt werden konnten. Äxtelepter-
spitzen, schwere Armreifen und Ringe kamen
zutage; daneben auch figürlich Gestaltetes;
aus Goldblech geschnittene Stieres. Wesentlich
stärker ist die Tendenz zum Abstrakten bei einer
Anzahl gleichartiger Goldplättchenf Abb.
die Tierform ist zum Ornament geworden. So-
wohl diese Stier- oder Widderhörner als auch
die zuvor erwähnten Stiere waren vermutlich als
Besatzstücke auf Totenkleider genäht.
Der Goldschatz von VoIEitran Abb. einer
der Höhepunkte der Ausstellung ist thrakischer
Herkunft, gleichgültig, ob man ihn früh oder spät
datiert; denn diesbezüglich klaffen die Meinun-
gen weit auseinander von der Mitte des 2. Jahr-
tausends bis zum 5. Jahrhundert v. Chr. Meines
Erachtens ist eine Entstehungszeit in den frühen
Jahrhunderten des 1. Jahrtausends am wahr-
scheinlichsten, weil die griechisch-geometrische
Keramik sehr verwandte Vasenformen aufweist
Der Fund enthält ein großes, zweihenkeliges und
ein dreiteiliges Gefäß, vier Trink- oder Schöpf-
becher und sieben Deckel. Das dreiteilige Gefäß
diente vermutlich der rituellen Vermischung ver-
schiedener Flüssigkeiten. Die Oberfläche der
zwei großen Deckel und ihrer Griffe ist mit
einem geometrischen Ornament in Silber ver-
ziert; die Griffe selbst sind durch gegossene
Bronzeunterlagen verstärkt. Auffallend ist an
diesen Stücken wenn man dasdreiteiligeMisch-
gefäß ausklammert die Unkompliziertheit der
Form maßvoll geschwungene Becher mit steil
angesetzten Henkeln; fast plane Flächen der
Deckel, die über einfache Profile zu den zwiebel-
förmigen Griffen führen. Auffallend sind aber
auch die Einfachheit und der sparsame Ge-
brauch der Ornamentik, die auch hier rein
geometrisch ist Abb. 7. Zweifellos war der
Schatz von Valcitran fürstlicher Besitz; ebenso
sicher ist aber auch die kultische Verwendung
seiner Teile; er könnte also Eigentum eines
throkischen Priesterkönigs gewesen sein, in des-
Anmerkungen 1-24
Historisches, Kunst- und Kulturgeschidttliches eil
der behandelt bei l. Venedikov T. Gerassimov,
satte Kunst Wien-München 1973.
iGoldsctiätze der Thraker Thrakische Kultur unc
auf bulgarischem Boden, Katalog der bulg. Auss
Wien1975 künftig abgekürzt Katalog, 59f., Nr.1t
Um 3000. Katalog 105, Nr. Abb.
tEnde des 4. Jahrtausends. Katalog 34 f., 105 ff.
tafel, Abb.
Katalog 106 f., Nr. 27, 2B, Farbtafel.
Katalog 106, Nr. 26, Abb.
Katalo 40 ff., Nr. 74 ff., Farbtafel, Abb.
Venedi ov Gerassimov, Thrakische Kunst, 26ff.,
im Katalog nicht angeführte Literatur, Abb. 32 ff.
'Zum großen Gefäß, dessen Henkel urs rünglictt
zogen waren vgl. P. E. Arias M. irmer,
of Greek Vase PaintingbiLondon 1962, Tat. B.
Katalog 47, Nr. 94, Ab
Katalog 49, Nr. 124, Abb.
Katalog 52, Nr. 134, Abb.
Katalog 52, Nr. 137, 139, Abb.
Katalog 52 f., Nr. 140, Farbtafel.
Katalog 55, Nr. 145, 146, Abb.
Katalog so r., Nr. Abb.
Katalog 74. Nr. 267 rr.
Katalog 77 ff., Nr. 290 ff., Abb.
Katalog 80, Nr. 317 ff., Abb.
Katalog 69 ff., Nr. 235 ff., Abb.
Katalog 7D, Nr. 238
Katalog 71, Nr. 245, Abb.
Katalog 70, Nr. 237, Abb.
Katalog 70, Nr. 240.
Katalog 73, Nr. 256, Abb.
Person weltliche und geistliche Gewalt ver-
twaren.
in zahlreichen Exemplaren überlieferte
taxt mit rundplastischen Tierverzierungen"
ib. ist ursprünglich im Nahen Osten be-
matet.
ner wieder sind in thrakischen Gräbern Ver-
'ungen von Pferdegeschirren gefunden wor-
l. Das ist weiter nicht erstaunlich, war doch
kriegerische Volk der Thraker seiner Pferde-
ht wegen berühmt. Am prunkvollsten war
st die Stirnplatte ausgeführt. Ein Beispiel aus
nze" Abb. zeigt eine Vereinigung von
imetrischen Ornamenten und stilisierten Tier-
nenten.
im Kukava-Hügel bei Duvanci gefundene
ques" Abb. ein offener, in der Mitte
lickter Halsreit, hier aus Golddroht gedreht-
wohl in einer lokalen Werkstätte hergestellt,
trend die Ohrgehönge" Abb. aufgrund
technisch ausgezeichneten Filigran- und Gra-
Jtionsarbeit einer griechischen oder makedo-
hen Werkstätte zugewiesen werden müssen.
Silberamphore" aus demselben Grabhügel
ein prachtvolles lmportstück aus Persien.
enartig erscheint, daß goldene Pektoralien"
b.l0 fast ausschließlich einem traditionellen
metrischen Stil verhaftet sind, der auch dann
en Vegetabiles oder Zaomorphes aufnimmt,
das thrakische Kunsthandwerk durch persische
griechische Einschübe, durch Begegnung mit
Skythischen längst einen Tierstil bzw. pflanz-
Zierelemente verwendet.
Matrize von Garöinovo" Abb. ll aus dem
lahrhundert v. Chr. diente der Herstellung
Metallbechern. Der Stil der Darstellung
engreif, Hirsch, Vogel zeigt geradlinige
bindungen zur skythischen Kunst. Die Stilisie-
hat einen hahen Grad erreicht; Einzelteile
Tierkörper sind wiederum zu tierischen Ele-
iten geworden wie z. B. die Krallen des
els zu Vogelköpfen die Grenze zum völlig
trakten, zum Zerlegen des Körpers in seine
und zum neuerlichen beziehungslosen An-
inderfügen und Verschlingen derselben, so
am Ende reines Ornament entsteht, ist hier
überschritten. Die thrakische Kunst verwen-
gerne diesen abstrakten Tierstil. Beispiele
ir sind die Zaumzeugbeschlöge von Vraca
zvit" Abb. T3 und Panagiuriste" u. a. Die
mzeugplatten von Letnica" Abb. 16 aus
ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. sind
ral verziert. Auch ihre Menschen und Tiere
stilisiert, die Naturferne der Darstellung
matisiert Einzelteile, wie Augen, Brüste und
de, sie läßt aber die Gesamtheit der Figuren
tgetastet und ihre Zusammenhänge unterein-
er erkennbar. Dargestellt sind meist mytho-
sche Szenen oder Tiere eine Göttin, die
einer Opferschale in der Hand vor einer
köpfigen Schlange steht" Abb. 16; der
kische Reitergott, der mit der Lanze einen
tfl erlegt" Abb. T6; acht schematisch in
Kreis komponierte Pferdeköpfe" Abb. 16;
Wolf, der ein Reh reißt" Abb. T6. Tier-
pfszenen dieser Art sind ursprünglich in der
iasiatischen Kunst beheimatet, die sie früh
an die griechische weitergab; von ihr
nahmen thrakische Goldschmiede die The-
k.
prunkvolle silberne, teilweise vergoldete
schiene" Abb. aus der ersten Hälfte des
Jhrhunderts v. Chr. wurde in einem reich
estatteten Grab des Mogilanska-Hügels von
Eoldring aus Ezerovo; Ende 5. Jh. v. Chr.
itirnplatte eines Pferdezaumzeugs; 6. Jh. Chr.
iultaxt; TO.-7. Jh. v. Chr.
xnthropamorphes Kultgetäß; um 3000
tesatzstücke in Form von Tierhörnern; aus dem
chatz von Vcrrna; Ende 4. Jahrtausend
Goldsduurz von Volöitran, 9.18. 1h. v. Chr.
entdeckt. Der Oberteil ist in Form eines
ilabwehrenden Frauenkopfes wohl einer
in gestaltet; die rechte Gesichtshölfte
iit goldenen Streifen Tätowierungen? be-
die spiralförmigen Locken haben wie die
ien unteren Partien dargestellten stilisierten
Löwen, Schlangen, phantastische Misch-
ihr Vorbild in der östlichen Kunst,
end der Efeukranz auf der Stirn dem grie-
wen Rankenrepertaire entstammt.
Goldschatz van Panagiuristeü Abb. aus
Zeit um 300 v. Chr. war möglicherweise ehe-
im Besitz des thrakischen Königs Seuthes lll.
indeit sich hierbei sicher um griechische Im-
tücke, höchstwahrscheinlich aus der klein-
isch-griechischen Kolonie Lampsakos. Der
von Panagiuriste vereint eine Trinkam-
eine flache Schale, vier Tierrhyta und
Menschenkapfgeföße zu einem Ensemble.
die zao- und anthropamorphen Formen
schen Ursprungs sind, ist keine Frage; aber
Jahrhunderte vor Entstehung der Gefäße
Panagiuriste waren sie Allgemeingut der
1ischen Keramik geworden. Zahlreich sind
im 6. Jahrhundert menschliche Kopfge-
stärker verbreitet im 5. Jahrhundert die
hen, später die unteritalischen Tierkopf-
wobei der Gefößhols und die Mündung
nfiguriger Technik bemalt sind. Erst im
nismus werden Tanrhyta mit Reliefverzie-
auf dem Hals hergestellt. Zweifellos sind
gnisse der griechischen Keramik Vorbilder
Goldschmiedearbeiten von Panagiuriste.
so griechisch sind die figürlichen Treibarbei-
deren Themen mythologisch sind Belage-
einer Stadt, Parisurteil, griechische Götter
teroen, Kentauren und Sphingen. Auch die
ellung von Negerköpfen auf der Schale
alistisch wiedergegeben, aber ornamental
-it Abb. ist in der griechischen Kunst
selten.
Zeit der römischen Herrschaft in Thrakien
mden Gesichtsmaskenhelme, die Soldaten
ieiterspielen trugen. Der Gesichtsteil des
ibgebildeten Exemplars" Abb. 14 besteht
ronze, der Ober- und Hinterkopf aus Eisen.
Besicht ist typisiert, dennoch sind Andeutun-
an individuellen Merkmalen gegeben.
eich sind in der römischen Epoche Darstel-
des thrakischen Reitergattes, dessen We-
ich nun oft mit Zügen römischer Götter
t. Ein Marmorrelief" Abb. 15 zeigt den
gen Reiter auf sprengendem Pferd vor einem
In der Rechten hält er statt der üblichen
ein Füllhorn. Im Zuge der Romanisierung
lie römische Kunst auch in Thrakien Fuß
tt. So kommt es, daß nun Rund- und Relief-
in der konventionellen römischen Art
atfen werden. Unser Reiterrelief enthält in
ilöchigkeit und Linearität seiner Ausfüh-
noch Reste der thrakischen Vorliebe zur
erung.
gt nahe, abschließend nach dem Charakter,
dem Typischen der thrakischen Kunst zu
und zu fragen, ab man an den überlie-
Werken eine Entwicklung ablesen kann
iie diese Entwicklung verläuft.
ein paar Schlagwörtern das Wesen der
schen Kunst zu erfassen, ist unmöglich. Der
liegt darin, daß man von Eigenständig-
'on Eigenschöpferischem in der thrakischen
nur eingeschränkt sprechen kann. Das
einmal damit zusammen, daß in Thrakien
Vielzahl von Stämmen lebte, die unterein-
kungen 25-27
og B0 f., Nr. 324 ff., Farbtafel, Abb. Venedikov
ssimov, ThfükiiChe Kunst es er, Anm. 176. weitere
JtGlDQ nicht angeführte Literatur.
Og 90, Nr. 386, Abb.
og 97, Nr. 443, Abb.
Torques und Ohrgehänge aus dem Schatz des
Kukova-Hügels; Anfang 5. Jh. v. Chr.
I0 Pektoralie aus dem Schatz des großen Hügels
bei Duvanli; Mitte 5. Jh. v. Chr.
1T Matrize zur Herstellung von Metallbechern;
5. Jh. v. Chr.
12
"I3
14
"I5
14
Beinschiene aus dem Schatz von Vroca; i. Hälfte
4. Jh. v. Chr.
Zierplatte eines Pferdezaumzeugs aus dem
Schatz von Lukovit; Ende 4. Jh. v. Chr.
Gesichtsmaskenhelm; 2. Hälfte "l. Jh. n. Chr.
Marmorrelief Thrakischer Reitergott;
2. Jh. n. Chr.
ander wenig Verbindung hatten. Herodot
schreibt, daß die Thraker nach den Indern das
größte Volk seien, daß sie aber nie mächtig
und unüberwindlich sein könnten, weil sie un-
einig und ohne Oberhaupt seien. Das ist eine
Feststellung aus politischer Sicht; sie kann aber
wörtlich auf die Kunst übertragen werden.
Als König Teres zu Beginn des 5. Jahrhunderts
v. Chr. ein thrakisches Großreich gründete, war
die Basis für die Entwicklung einer wesenseige-
nen hohen Kunst gegeben. Die Ansätze dazu
sind vorhanden. Das Odrysenreich begann
doch durch innere Zerrissenheit und Bedräng-
nisse van außenher schon im 4. Jahrhundert
v. Chr. wieder zu verfallen. Von Beginn an wirk-
ten sehr kräftige Einflüsse unterschiedlichster Art
auf die thrakische Kunst ein; durch Import, durch
Handelsbeziehungen und durch kriegerische Er-
eignisse. Das muß nicht unbedingt ein negati-
ves Resultat bringen. Auch Griechenland hat
östliche Einwirkungen aufgenommen, und Rom
hat etruskisches Erbe angetreten. Diese Grund-
lagen wurden aber dem eigenen Wesen nach
umgestaltet und zu Neuem hin entwickelt. Dazu
war Thrakien nur bedingt imstande. Dern er-
drückend hohen Kulturniveau vor allem persi-
scher und griechischer Einflüsse war es nicht
gewachsen. Mit der Gründung des Odrysenrei-
ches wäre eine Entfaltung möglich gewesen; der
Zeitraum aber war zu kurz. Der politische Ver-
fall setzte auch der eigenschäpferischen Ent-
wicklung ein Ende. So ist die thrakische Kunst
durch einen Eklektizismus gekennzeichnet; und
sie ist eine angewandte Kunst geblieben. Groß-
plastik und Malerei fehlen völlig. Von Anfang
an ist dieser Kunst eine stark geometrische Kam-
ponente eigen, die auch später, als Figürliches
van außen eindrang, geblieben ist. Aus ihr re-
sultiert der Hang zum Stilisieren etwas, das
man vielleicht als Wesenszug des Thrakischen
bezeichnen könnte, sie hat zum Tierornament
geführt. Gerade darin drängt sich ein Vergleich
mit der Kunst der Völkerwanderung auf. Auch
hier gibt es zunächst keine gefestigten Groß-
reiche, auch diese Kunst ist eine angewandte
geblieben, die wie die thrakische große Lei-
stungen auf dem Gebiet der Goldschmiedekunst
hervorgebracht hat. Ihre Wirkung beruht weit-
gehend auf der Verschiedenartigkeit und Ver-
schiedenfarbigkeit des Materials Gold und Sil-
ber kontrastieren mit bunten Edelsteinen. Etwas
von dieser Farbwirkung ist bisweilen auch im
thrakischen Kunstwerk zu sehen, wenn etwa
Goldpartien durch silbernen Hintergrund stark
abgesetzt sind.
Die Ausstellung Goldschätze der Thraker" zeigt
prachtvolle lmportware, von thrakischen Künst-
lern Nachgeahmtes und Nachempfundenes; sie
zeigt aber auch, daß Thrakien aus den Anfän-
gen seiner Kunst einen Bestand an geometri-
schen Motiven bewahrt hat. Die im Lauf seiner
tragischen Geschichte empfangenen fremden
Wesenszüge konnten mitunter ins eigene Milieu
übersetzt werden. Der Hang zum Abstrakten, der
das thrakische Kunstwollen kennzeichnet, hat in
"I6
der Wiedergabe des Menschen, mehr nach im
Tierstil Phantastisches und Bizarres geschaffen,
kleine Kunstwerke von naiver Einfachheit, ba-
rocker Verspieltheit und farbiger Lebendigkeit,
aus denen die fremde Herkunft immer wieder
durchblickt.
16 Zierplatten eines Pferdezaumzeugs aus dem
Schatz von Letnica; l. Hälfte 4. Jh. v. Chr.
l.l Unser Autor
Wiss. Ob.-Rat Dr. Wolfgang Oberleitner
Direktor der Antikensammlung am
Kunsthistarischen Museum
Burgring lOlO Wien
Watteck
Wiedergestaltung
Salzburger Kunst- und
nderkammer
Kunst- und Wunderkammer des Salzburger
mmuseums nach ihrer Wiedergestoltung
ute. lm 17. Jahrhundert bildete der Raum im
lzburger Dorn, ebenso die Sammlung als alte
ibischötliche Kunst- und Wunderkammer eine
raktion der Landesfürsten, die ihre hohen
sucher gerne mit ihren kuriosen Sammlungen
Staunen brachten
Die Landentdeckungen im 16. und 17. Jahrhun-
dert führten nicht nur zur Gründung von Ko-
loniolreichen, sondern auch zur Kenntnis von in
Europa bisher unbekannten Dingen, die fremder
Erde entstammten. Sie zu kennen, zu besitzen
und zeigen zu können, bot nicht nur dem Samm-
ler einen großen visuellen Reiz, sondern bewies
auch sein Unterrichtetsein in wissenschaftlicher
Beziehung, Besonders aber sein In-Verbindung-
Stehen mit den Ereignissen der großen Welt.
Um dies zu demonstrieren, entwickelten sich an
den fürstlichen Hothaltungen die Kuriositöten-
kobinette und Kunst- und Wunderkammern. Der
Fürst konnte dadurch nicht nur seinen Reichtum
vor Augen führen, denn die Summen, die aus-
gegeben werden mußten, um derlei SXOllSI
Gegenstände zu erwerben, waren sehr ho
sondern die gezeigte Schau diente wahl an
als Anlaß, diplomatische Gespröchsbrücken
vermitteln. Diese optisch reizvollen Sammlung
dienten nicht schulischen Zwecken, sondern sr
ten den standeserforderlichen Glanz geben,
so wurden auch landeseigene Merkwürdigkeil
darunter eingereiht.
lm Jahre 1654 wurde Guidobald Graf Thun
Erzbischof und Landesfürsten des souverän
Erzbistums Salzburg erwählt. Diplomatisch
wandt, wurde er 1662 zum Prinzipal-Kommiss
ernannt und damit zum Stellvertreter des Kais
beim Reichstag in Regensburg. Entsprechend
Tödlein" aus der Salzburger Kunst- und Wun-
derkammer
3v
ser höchsten Stellung fügte er seiner Residenz
in Salzburg eine bauliche Vergrößerung an, die
Gelegenheit zur Unterbringung einer großen
Gemäldegalerie und auch einer Kunst- und Wun-
derkammer bot. Da sein Vater Statthalter in
Prag unter Kaiser Rudolf ll. war, werden dabei
auch Jugendeindrücke mitgespielt haben, die mit
dem Kunstkammerglonz des höchsten Fürsten-
hofes verbunden waren. So gründete Guidobald
auch eine Bergkristollmühle in der Stadt Salz-
burg, um den diesbezüglichen Bergsegen des
Landes für seine Hofhaltung und Kunstsammlung
durch den Schliff zu Gefäßen zu verwerten.
Vgl.
So wie auch Kaiser Rudolf ll. Kristollschleifer
am Hradschin ansiedelte. Die Bereicherung der
Salzburger Sammlungen dauerte noch ein hal-
bes Jahrhundert, dann wurden sie stationär.
Nach dem Sieg bei Hohenlinden 1800 marschierte
ein Teil des französischen Heeres in Salzburg
ein. Das altehrwürdige Erzstift wurde säkulari-
siert. Die neuen Herren des Landes wechselten
alle paar Jahre, und ieder trug nach Belieben
in seine Hauptresidenz, ab Paris, Würzburg
Florenz, München oder Wien, was ihm am
passendsten schien.
Aber es blieben die ehemaligen Behältnisse
der alten Kunst- und Wunderkammer, allerdings
völlig entleert. Von diesen in der Zeit um 1680
entstandenen zwölf schwarzen Schränken mit
ihren vergoldeten Gittern gab es in der Jetzizeit
immerhin noch neun Stück und sieben in die
Fensternischen eingebaute niedere Abstellkästen,
sogenannte Repositoria".
Bei der Planung zur Feier des i200iährigen Dam-
jubiläums beschloß man die Neuerrichtung der
ehemaligen Kunst- und Wunderkammer, da man
den Standort der Schränke kannte und sich auch
die alten lnventare im Londesarchiv erhalten
hatten. Später eingezogene Zwischenwände wur-
den herausgenommen und die den Wänden
zwischen den Fenstern größengerechten Kästen
wieder dort aufgestellt, wodurch sich sofort iene
Harmonie einstellte, die immer dann entsteht,
wenn die original für einen Raum entworfenen
Möbel an ihren Platz kommen, wo sie sich wie
selbstverständlich einfügen. Die leeren Schränke
mit ihrem früheren kostbaren Inhalt wieder zu
G. P. List, Erzbischof Max Gondel Graf Kuen-
berg als Jäger, 1650. Ul, 203x 48 cm. Dom-
museum Salzburg, Kunst- und Wunderkammer
Einblick in die Kunsi- und Wunderkclmmer des
Salzburger Dommuseums
war natürlich außerhalb ieder Möglich-
Aber es wurde versucht, sie wenigstens
dem Geiste der Entstehungszeit entspre-
einzurichten.
liesen Obiekten seien einige hier wegen
ieschichte ihrer Rückkehr angeführt. Denn
Jnterschied von den Ambraser Sammlun-
tie sich größtenteils erhalten haben und
arlagert waren, und den Sammelobiekten
münsters kann man bezüglich der Gegen-
von höchstem Kunstniveau nur auf die
ndernorts aufgestellten Gefäße wie im
Pitti in Florenz und im Kunsthistorischen
in Wien davon das meiste in den De-
hinweisen.
ibenteuerlichsten Weg der wiedergekehr-
egenstände hat bestimmt das große Jagd-
urückgelegt. Seine Größe von 2,48x2,03
hat es wohl schon im vorigen Jahrhun-
avor bewahrt, als leichte Beute verschleppt
'den. Es verblieb in der Langen Galerie"
iftes St. Peter. 1938 wollte die Stadtge-
Salzburg Hermann Göring zum Anlaß
ersten Besuches ein Geschenk machen,
iner bekannten Vorliebe für die Jagd ent-
Ein Widerspruch St. Peters wäre unmög-
iwesen, und so wurde es als eine Art Ring
lykrates entgeltlos zur Verfügung gestellt.
war entzückt und ließ das Bild sofort in
seinen bekannten Jagdsitz Schorfheide" brin-
gen. Das Bild schien für Salzburg verloren. Eine
zufällige Fügung erwirkte es, daß nach Jahren,
als Deutschland auf dem Gipfel seiner kriege-
rischen Erfolge stand, die Verfasserin ein Foto
bei sich hatte, als sie Graf W. Josef Uiberacker,
einen passionierten Jäger und Sammler, traf. Er
erklärte sofort mit Bestimmtheit Dieses Bild
wird nach Schloß Sighartstein kommen!" Ein
Jahr später erklärte er Kontinente kämpfen,
damit dieses Bild in mein Schloß und damit ins
Land Salzburg zurückkehre." Allein die Per-
spektive zu diesem Geschehen schien ungeheuer-
lich. Als T945 der Zusammenbruch des Dritten
Re ches kam, begab sich Graf Uiberacker zum
ins Stift St. Peter zurückgekehrten Abt. Das Stift
war von den nationalsozialistischen Behörden
geräumt worden. Infolge Bombenschöden und
Flüchtlingszustroms bestand für das Kloster die
große Gefahr, van den einmarschierten ameri-
kanischen Truppen beschlagnahmt zu werden, da
ieder sonstige Wohnraum bis zum äußersten be-
legt war. Als nun dem Erzabt der Vorschlag ge-
macht wurde, ihm die so begehrte Tafel Off
limits" für die Eingangspforte vom höchstkom-
mandiereriden General zu verschaffen, die eine
Besetzung durch Truppen unmöglich machte, zö-
gerte der Abt keinen Augenblick, darauf einzu-
gehen und für diese Besorgung dem Grafen
schriftlich die Besitzüberlassung für das in der
Schorfheide sicher zugrunde gegangene große
Jagdbild zu übergeben. Mit unglaublicher Zähig-
keit und mit Unterstützung der amerikanischen
Behörden, mit Hilfe des Fotos und dank der Grö-
ße des Bildes gelang es Graf Uiberacker, daß es
bereits in Amerika dort wiedergefunden wur-
de, obwohl es schon dreimal den Besitzer ge-
wechselt hatte. Die amerikanischen Behörden ver-
anlaßten die Rückführung des ahne Entgelt dem
Stift entzogenen Bildes, das nun wirklich in
Schloß Sighartstein einzog und nach dem Tode
des Grafen durch Kauf wieder in die Abtei zu-
rückkehrte. Da es Erzbischof Max Gandolph in-
mitten seiner Jagdstrecke darstellt, ist es für die
Kunstkommer von besonderer Bedeutung, da er
ihren Bau vollendete der marmorne Türstock
trägt seine Wappenemblerne und sicher auch
die Kunstkammerschränke bestellte. Das Bild ist
G. P. List signiert.
Die Rückkehr zweier aus Steinbockhorn geschnitz-
ter Leuchter gelang durch eine Publikation in der
Zeitschrift alte und moderne kunst" Heft 58f59f
T962. Ein darin enthaltener Aufsatz über derlei
Schnitzarbeiten wurde in New York gelesen. Der
Besitzer der Leuchter brachte sie nach Salzburg
und bot sie hier zum Kaufe an, wo im 17. und
18. Jahrhundert viele Steinbockhornschnitzer ge-
arbeitet hatten. Die Herkunft dieser hohen Leuch-
11
ter, die Unikate darstellen, ist nachweisbar. Sie
stammen laut Beschreibung im Nachlaßinventar
aus dem Besitz des 1761 verstorbenen Salzbur-
ger Domherrn Philipp C. Graf Seinsheim. lhre
ungewöhnliche Größe und die feuervergoldete
Fassung heben sie weit über die sonst übliche
Verarbeitung des Horns zu Bechern und Dosen.
Da der Erzbischof von Salzburg alleiniger Jagd-
herr dieses seltenen Hochgebirgswildes war,
konnten diese Leuchter nur durch ihn sei es als
unverarbeitetes Horn oder in gestalteter Form
geschenksweise an den Domherrn gelangt sein.
Laut Tradition in der Hofapothekertamilie Petter
stammen auch die beiden Gehäuse mit minuziös
ausgearbeiteten Wachsbossierungen aus altem
Domherrenbesitz. In einem Kästchen sieht man
die vielfigurige Kampfdarstellung um einen Paß-
übergang, während die andere möglicherweise
die Belagerung Kufsteins Anno 1703 im Spani-
schen Erbfolgekrieg zeigt. Diese zweifellos von
Johann Baptist Cetto aus Tittmoning stammen-
den Arbeiten beweisen ein erstaunliches Können,
das ihn und seinen Sohn schon bei Lebzeiten be-
rühmt machte. Ersterer, der sich Wachs- und
Gipsbossierer nannte, wurde 1671 in Mainz ge-
boren und war in Tittmoning,der bis zur Säkulari-
sierung des Erzstiftes salzburgischen Stadt, an-
sässig und Meister. Er starb dort 1738. Sein Sohn
Nikolaus Engelbert, ebenda 1746 gestorben, war
im selben Sinne tätig wie sein Vater. Von ihm
stammen viele kleinformatige, verglaste uncl ge-
rahmte Arbeiten, die sommerliche Temperaturen
erstaunlich gut überstanden. Man muß anneh-
men, daß dem Wachs chemische Zusätze beige-
geben wurden, um diese mit Nadeln skulpierten
kleinen Kunstwerke gegen Wärme widerstands-
fähig zu machen vielleicht durch Schwerspat
und Gips zur Härtung. Die ehedem die beiden
Gehäuse umgebenden Prunkrahmen, wie sie
viele Cetto-Arbeiten zieren, sind leider nicht
mehr vorhanden. Ebenfalls aus dem Besitz der
alten Hofapotheke stammt der Kugel- oder
Mondtisch, der dort auf die weltweiten Ingre-
dienzien der Arzneien hinwies, ebenso das Gür-
teltier. Letzteres ist in den alten lnventaren der
Kunst- und Wunderkammer als Geharnischte
Maus" verzeichnet und kam dann wohl beim
Ausverkauf des von Wien nicht beanspruchten
Residenzinventares in den Besitz der Hofopo-
theke. Allein die unnachahmliche Patina dieser
beiden Exponate aus dem Tierreich weist auf
12
alten Bestand hin. Aus diesem stammt auch
halbierte Nautilusmuschel mit ihrer lachs-
Masche und der alten Wachsperlenverzie-
Höchst bedauerlich ist der erst rezente
1st der aus derselben Quelle stammenden
en Einhörner. Aus der großen Anzahl der
in den lnventaren überlieferten Elfenbein-
iten haben sich nur zwei Elfenbeintürmchen
amschatz erhalten. lhr Sockel besteht aus
Scheiben, die durch einen Balusterfuß ver-
len sind. Die Spitztürme erheben sich '15-
'l6spiralig in sich nach oben veriüngender
i. An ihrer Spitze tragen sie eine Konterfeit-
tl. Die spiralförmigen Windungen werden
eine feinstausgeführte Geländerbrüstung
nt. lm Katalog der Domausstellung 1974
len sie als vermutliche Nürnberger Arbeit
Lorenz Zick beurteilt.
dem in den Inventaren angeführten, aber
näher beschriebenen Porzellan hat sich
erhalten. Eine Spende muß stellvertretend
Lücke füllen. Ein frühes Blanc de Chine"
Ende des "I7. Jahrhunderts Kang-Shi-Pe-
ist durch einen Schneepanther vertreten.
ilastiken aus dieser Zeit sind selten, häufiger
die Kuan-Yin-Figuren. Dem Spender Graf
de Sons sei auch auf diesem Wege ge-
1ier angeführten Obiekte sind nur ein klei-
Ersatz des alten Glanzes, bewahren aber
Beschauer vor dem Anblick der Leere, die
ichrönke erdulden mußten.
eiche Obiektevielfalt in einem der Vitrinen-
chränke der Salzburger Kunst- und Wunder-
ammer
echer aus Sleinbockhorn, silbermontiert. Dom-
tuseum Salzburg, Kunst- und Wunderkammer
lalzleuchter, sog. bois de Bagard", Elsaß,
7. Jahrhundert. Dommuseum Salzburg, Kunst-
nd Wunderkammer
"ilrinensclwrank mit Metclllgerät und Globen.
tommuseum Salzburg, Kunst- und Wunderkam-
1er
ugel- oder Mandtisch aus dem Besitz der alten
lofupotheke. Dommuseum Salzburg, Kunst- und
Vunderkummer
Jiarleuchler aus geschnifztem Steinbockhorn,
upfervergoldete Montierung, Höhe 36 cm. Salz-
urg, Mitte 1B. Jahrhundert, Dommuseum Salz-
urg, Kunst- und Wunderkammer
m5
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er
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sere Auiorin
13
Franz Windisch-Graetz
Kunstmöbel aus dem
Stift Kremsmünster
Wie nicht anders zu erwarten, verfügt ein Stift
von der kulturellen Bedeutung Kremsmünsters
unter seinem reichen Besitzstand an Mobilien
auch über eine Anzahl von solchen Stücken, die
der Kategorie der Kunstschrönke zuzuordnen
sind. Einige Beispiele, die in mehrfacher Hinsicht
dazu geeignet sind, die bisherigen Ergebnisse
der Forschung nicht nur zu bestätigen, sondern
auch zu erweitern, sollen hier zusammengestellt
werden; die meisten von ihnen kommen erstmals
zur Veröffentlichung.
Dieser Beitrag ist eine Fortsetzung der in den
Heften Nr. 133, 134, 1367137 7974 erschie
nen Aufsätze über Mäbel im Stilt Kremsmün
die für den in Vorbereitung befindlichen Bant
der Österreichischen Kunstlopographie erfaßl
wurden.
Nicht nur aus Gründen einer chronologischen
Aufzählung, sondern auch wegen seiner Impor-
tanz verdient der Kabinettschrank Abb. von
1591 als erstes Möbel erwähnt zu werden. Seine
Feststellung zählt zu einer iener vielen erfreu-
lichen Begleiterscheinungen des Topographie-
rens, die den Spezialwissenschaften neue Er-
kenntnisse vermitteln. Denn einmal ist am Schrank
selbst die Jahreszahl seiner Fertigstellung ange-
bracht, und zudem erhalten wir in Übereinstim-
mung damit auch aus den Kammereirechnungen
des Stiftes den Nachweis über den Meister und
die Lieferung des Möbels; solche Vollständig-
keit der Dokumentation stellt einen seltenen
Glücksfall dar. Am 1. Juli 1591 wurden an Kas-
par Kropf, Tischler und Hausmeister in Linz, So
In die Abbtei hieher Ain Tisch Cassten... ge-
macht vnd Anders", Gulden Kreuzer ausbe-
zahlth Da der Betrag für eine so kunstvolle
Arbeit doch zu gering erscheint, dürften viel-
leicht die beiden größeren Zahlungen vorn März
1591 27 Gulden und vom Oktober 1592 100
Gulden wegen aller In der Closter Khirchen,
Abbtei vnd sonsten verrichten Hof Arbaitt" auch
das Entgelt für die Anfertigung des Kabinett-
ibinettschrank von Kaspar Krapf, Linz, dat.
91. Türflügel mit Allegorien der Musik und
Grammatik, auf den Seitenwänden Rhetorik
Astronomie; auf den Innenseiten der Türen,
Ladenvarderstücken und kleinen Türen des
tsatzes Ruinen, Rollwerk und Stoffage
stail van Abb.1.- Musik
atail von Abb. 1. Grammatik; unter dem
phabet die Jahreszahl 1591
lalipettschrank aus Augsburg. 2. Viertel des
ttail von Abb. 4. Inschrift auf der Rückseite
Möbels. Nur schwarz gebeiztes Holz, kein
enhalz
itail von Abb. ln Augsburg gebräuchlicher
lschaustempel bei der Verwendung von Eben-
urigen 1-4
ard Neumüller und Bernhard Pösinger, Kunst und
erk den Kcmmereirechnungen des Stiftes Krems-
15004500, Archwallsche Vorarbeiten zur Öster-
hen Kunsttopographie, ade, Wien 19m, RegesL-
RegesL-Nr. 522, ssa.
Heinzl, Der Ruinen- und Rollwerkstil in Ober-
ch Ende des m. Jahrhunderts, alte und mo-
.urist, 1191971,S.18.
GClt der ersten überblicksmaßigen Erfassung des
Kunsttopagraphie von Kremsmunster aufzunehmen-
ßbiliars kannte Frau Dr. a. Heinzl vom Oberöster-
hen Landesmuseum, Linz, dafür gewannen wer-
im Rahmen ihrer Studien über den Rumen- und
kstil in Oberösterreich SlFIFIVOllEIWBtSE auch mit
pi, als einem Lmzer Handwerker, zu befassen.
gebrus ihrer Forschungsarbeit war der in Anm.
Aufsatz, der für dlC Geschichte der österreichi-
Aabelkunst des Mamerlsmus von großer Bedeutung
schranks enthalten habenz. Unabhängig da-
von, ab K. Kropf aus Tirol stammte oder nichts,
kann kein Zweifel darüber bestehen, daß sein
Kabinettschrank sowohl dem Typus nach als
auch was die Motive und Ornamente der Ein-
legearbeit betrifft, alle Merkmale des von Augs-
burg beeinflußten lnnsbrucker Möbelstils besitzt;
womit auch bewiesen wird, wie weit dieser in
anderen österreichischen Ländern Verbreitung
fand. Durch die Dotierung und die Verbindung
mit einem Meisternamen nimmt der Kasten in-
nerhalb der hierzulande entstandenen Gruppe
ähnlicher Möbel eine Schlüsselpositian ein. Sol-
che Bedeutsamkeit ließ es angezeigt erscheinen,
die erste sich bietende Gelegenheit für eine wis-
senschaftliche Veröffentlichung wahrzunehmenß
um unser Wissen über die Möbel des ausge-
henden 16. Jahrhunderts, zumal über die lntar-
15
sienkunst iener Zeit, zu vervollständigen und da-
zu beizutragen, die tirolisch-österreichischen Er-
zeugnisse besser von den augsburgisch-süddeut-
schen unterscheiden und abgrenzen zu können.
Die hohe Qualität und der dokumentarische
Wert dieses Kabinettschranks waren auch die
Begründung dafür, ihn auf der großen Ausstel-
lung Renaissance in Osterreich" in Schloß Schal-
laburg 1974 zu zeigen.
Hatte der zuvor erwähnte Kabinettschrank nur
indirekt mit Augsburg als dem Ursprungsort der
Mäbeltorm und der lntarsiendekoraticn zu tun
gehabt, so begegnet uns mit diesem Elfenbein-
und Ebenholzschrein Abb. eine Arbeit, deren
Herkunft aus der Fuggerstadt eindeutig gesichert
ist. Gesichert deshalb, weil dem Möbel mitten
auf die waagrechte Sockelplatte mit einem
Schlagstempel die Bezeichnung EBEN und dar-
über das Augsburger Wappenzeichen, der Pi-
nienzapfen, eingeprägt sind? So genau also
hielten es die Augsburger Kunsttischler oder
Kistler mit der Verwendung des Ebenholzes, daß
sie, wenn einer ihrer Zunftgenossen das kost-
bare Material zu Furnieren und Profilleisten ver-
arbeitet hatte, das betreffende Möbel mit einem
Beschaustempel versahen. Aber bei diesem Ka-
16
binettschrank wurde nach ein übriges getan. Auf
der Rückseite des Kastens steht mit weißer Ol-
farbe in kalligraphischen Maiuskeln geschrieben
HIN-DE-N GE-BE-lS-T hinten gebeizt. Welche
Gewissenhaftigkeit! Mit den beiden Hinweisen,
dem Stempel und der lnschrift, sollte beim zu-
künftigen Käufer des Schranks von vorneherein
iedem Mißverständnis oder der Möglichkeit eines
Verdachts a-uf Übervorteilung mit aller Deutlich-
keit begegnet werden. Es handelt sich also in
diesem Falle bloß an den drei Schauseiten um
Ebenholz, an der Rückseite hingegen um ein-
heimisches Holz-zumeist Birnbaum- oder Ahorn-
holz das mittels schwarzer Beize dem Eben-
holz angeglichen worden war. In der allgemein
zugänglichen Fachliteratur ist bisher noch kein
Möbel mit einem derartigen Vermerk veröffent-
licht worden. Die figürlichen lntarsien auf den
Ladenvorderstücken und auf der Türe des mitt-
leren Schließfoches sind von Motiven aus der
antiken Mythologie angeregt Jupiter, Neptun,
Apollo, Diona, Venus, Europa, Perseus und Ika-
rus. Wie es zu einem solchen Kunstschrank ge-
hört, enthält er außer den sichtbaren Ablage-
möglichkeiten eine Vielzahl wohlverborgener Ge-
heimladen, insgesamt achtunddreißig, deren ge-
tarnte Unterbringung vom Hersteller des Schranks
viel Geschick und Findigkeit verlangte. Ehe man
nämlich an sie herankommen und sie benützen
kann, müssen die Wände der hinter den beiden
Türchen gelegenen Kastenräume, die wie eine
nach vorne offene Kiste zusammengefügt sind,
aus dem Schrank herausgezogen werden. Aber
gerade das Spiel mit den verschiedenen kleinen
Verstecken, um deren Kenntnis nur der Besitzer
des Schrankes wußte, erhöhte den Reiz dieser
Art von Möbeln und trug zu ihrer Beliebtheit
bei. Die knarpelartige Struktur der gravierten
Ornamente, die Trachten der beiden Bewaffne-
ten, eines Jügers und eines Soldaten, im Mittel-
teil der Sockellade sowie die Rumpel- oder
Flammleisten sprechen dafür, das zweite Viertel
des l7. Jahrhunderts als Entstehungszeit anzu-
nehmen.
Der Kabinettschrank Abb. des Abtes Alex-
ander Lacu 1601-1613 ist für die österreichi-
sche Möbelgeschichte von unschätzbarem Wert,
weil er mit der Jahreszahl 1601 bezeichnet ist
und daher als verläßlicher Datierungsbehelf und
als Vergleichsbeispiel dienen kann. Man sehe
sich also daraufhin alle hier zur Verzierung
herangezogenen Ornamente gut an, um aus
Verspiegelter Kabinellschronk. Vermutlich Augs-
burg, 2. Vierlel des 17. Jh.
lO, ll Ausschnitte von Abb, 9. Einer der zwei
heruusziehboren großen Spiegel, welche die
Front flonkieren
Anmerkung
Dazu Heinrich Kreisel, Die Kunst des deulschen Mö-
bels, Bd. München 1968, S. 105.
gl
xXyyygww
12 Kubinellschrcznk mit Malereien. Süddeulsch, 1.
Hullle des 17. Jh.
13 Ausschnill von Abb. 12
I2
Anmerkungen 6-9
Kummurolreclnnungen m. Anm. RegesL-Nr. 1034.
Ebenda, Regesl -Nr. 1219.
"In der Puvumcnlenkummel der ehemaligen Sliftskirche
von Ouvslen slehen ganz ähnlnche große Schränke, dle
1623 daher! sind.
Llesulolle Mollcr, Der Wrongelsrhrunk und due verwund-
ien suddeulsclven lnlarslenmobel des 16. Jahrhunderls,
Berlm 1956, KuMNr. S. 157, Abb. 47749; KuLVNr.
157, Abb 66, 67
diesem Anschauungsunterricht zu lernen, welche
Motive bei einem österreichischen Möbel den
berechtigten Rückschluß auf eine Entstehung um
die Wende vom "I6. zum "I7. Jahrhundert zulas-
sen die Formen der Einlegearbeiten, teils Be-
schlagwerkfigurationen, teils stilisierte Blattspi-
ralen und Palmetten; die perspektivische In-
tarsiendarstellung von Fenstern und geöffneten
Türen; die Ädikulen mit hohen Fensterbönken
und Konsolen als Rahmen der Türfüllungen; die
Hermenpilaster mit beschnitzten Henkelkonsalen;
die Cherubsköpfchen, Löwenmasken, beschnitz-
ten Profilleisten und das Kranzgesims mit ver-
goldeten Tropfen zwischen den Konsolen sowie
schließlich die reichliche Verwendung von ge-
schnitzten Fruchtgehängen. Am Sockel des Obe-
lisken ist das Wappen des Abtes befestigt. Man
übersehe nicht die für Kabinettschränke üblichen
metallenen Tragegriffe. Der Kasten steht am
Beginn einer Reihe eindrucksvoller Tischlerarbei-
ten, van den Türgerüsten eines 1626 datiert
und der schönen Kassettendecke mit dem Wap-
pen des Abtes Alexander 1610 in der Bilder-
18
galerief bis zu den großen Paramente- um
i620l2i' und den Schatzkammerschrdnken um
1623". Mit den Türgerüsten und Paramenten-
schränken gibt es manche formale Übereinstim-
mung im Ornamentalen.
Nach Augsburg dürften wohl die zwei zur Gänze
verspiegelten Kabinettschrünke Abb. zu loka-
lisieren sein. Die Ladengrifte in der Form van
kleinen bronzenen Frauenbüsten oder Köpfchen
kommen nämlich in gleicher Art und Funktion
auch auf anderen Kunstschränken vor, deren
Augsburger Herkunft als gesichert angenommen
werden kann". Außerdem fallen am Gesims der
Giebelzone vor den gedrechselten Baiustern zwei
Verzierungen auf, die an Pinienzapfen erinnern
oder doch van diesem Wappenmotiv abgeleitet
und vasenartig interpretiert sein könnten. Schließ-
lich spricht für die vermutete Herkunft, daß es
sich bei allen Kapitellen und Säulenbasen um
Bronzegüsse handelt. Auch der ausschließliche
Gebrauch von Weichholz für den Bau des Ka-
stens und für alle Laden die rot gestrichen sind
weist auf die Anfertigung im süddeutschen Raum
hin. Das schwarze Holz am Außenbau des
bels ist durchwegs kein Ebenholz. Die überw
gende Mehrzahl der Spiegel wurde facettie
ausgenommen hat man nur iene, die wenig
dem Blick des Betrachters ausgesetzt sind.
Schrank ist mit zweiundzwanzig verschieden
Laden ausgestattet; in vier Fällen bilden zv
Vorderstücke eine Lade. Natürlich sind auch
Geheimföcher untergebracht; sie werden
den kleinen Spiegelräumen" verdeckt, die si
wie Einsätze herausschieben lassen links
rechts drei, in der Mitte vier kleine Laden.
größte Überraschung erwies sich aber bei
genauen Untersuchung des Möbels die Entde
kung der beiden großen Spiegel, von der
Vorhandensein längst niemand mehr wußte;
können, nach Lösen einer Sperre an der Rü
wand des Kastens, mit den zwei äußersten Li
nen herausgezogen werden und sind wie
flügel schwenkbar. Die Morketerie auf der Rü
seite des Spiegels zeigt geometrische Forrr
aus Palisanderholz in Olivenhalzgrund. Sah
Möbel und ebenso die zahllosen kleinen Sp
Anmerkungen 10-14
Hemrich Kreisel, Deuische Spiegelkabinelle, Darmstadt
o. 1., S. ff.
Kummereirechnungen zil. Anm. Re esL-Nr. 2532.
Krewscl lzn. Anm. S. 163 66., b. 243, 350, 358 ff.
Ebenda, S. T75, 249, Abb. 372.
Swehc Anm. H.
ÜE
me", die man ähnlich wie hier mit
in den größeren Fächern der Kunst-
ke einrichtete, können als die Anreger
1mittelbaren Vorlöufer der so hoch ge-
en Spiegelzimmer und -kabinette ange-
werden, die im letzten Viertel des 17.
nderts in Frankreich und Holland aufka-
1d seit 1700 in deutschen Residenzschlös-
hantasievoll und aufwendig verwirklicht
i". Erfreulicherweise findet sich zu diesen
ein Vermerk in den Kammereirechnun-
Jahres 1692. Er lautet Von Herrn Graf
on Schallenberg Spiegel-Casten... er-
mit zahlreichen anderen Gegenstän-
rmb 515 fl"". Eine genauere Dotierung
weite Hälfte des 17. Jahrhunderts" lößt
iwer angeben.
dieser Kabinettschrank Abb. 12 dürfte
iddeutschen Kunstkreis angehören. In die
orderstücke, die Türen der Schließfächer
Lisenensockel sind Malereien aiuf klei-
pferplatten eingelassen; bei den größeren
handelt es sich um Begebenheiten aus
dem Leben und der Leidensgeschichte Christi bis
zur Auferstehung und Himmelfahrt; die schma-
len Plättchen zeigen bunte Blumen und Vögel,
die auf Zweigen sitzen. Die Farben heben sich
so leuchtend vom Galdgrund ab, daß übri-
gens auch mativisch, z. B. mit den bunten Vögeln
und Blumen der Eindruck erweckt wird, es
sollten Emails nachgeahmt werden. Die toska-
nischen Säulen haben gedrechselte und vergol-
dete Kapitelle und Basen, während um die
Schäfte Silberfolien mit einer gepreßten Muste-
rung gelegt sind. Wir dürften es also wohl mit
der billigen Ausführung eines in Augsburg und
München beheimateten Typus von Kunstschrön-
ken zu tun haben, für deren Wirkung Emails
und Edelmetalldekor kennzeichnend waren".
Eintundzwanzig Laden und vier Türen. Bau des
Möbels Weichholz, Laden Eichenholz. Erste
Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Ein prominentes Beispiel Abb. 14 der von Hein-
rich Kreisel gewiß zu Recht in den österreichisch-
böhmischen Raum gearteten Möbel mit Ruinen-
marmor-Einlagen Auch dieser Glaskasten wur-
de zusammen mit den Spiegelkabinetten im Jahre
1692 vom Grafen Schallenberg erworben. Der
darauf bezügliche Vermerk lautet; Gallon-
terie Casten schwarz päst geheizt vnd mit
stainen Einlegt, ..."". Somit erfahren wir die
damals gebräuchliche Bezeichnung für ein der-
artiges Möbel. Die geschnitzten Knorpelwerk-
ornamente sind auf die im gewünschten Umriß
ausgesägten und kulissenartig angebrachten
Grundbretter aus gebeiztem Nadelholz aufge-
leimt. Insgesamt, mit dem Tisch, siebzehn Laden.
Bau des Kastens und die Laden aus Nadelholz,
gravierte Messingbeschlöge. Man beachte die
Ballenfüße mit Mittelrille; sie kamen in der er-
sten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf und blieben
bis nach der Jahrhundertmitte in Mode. Als
Dotierung wäre Mitte des 17. Jahrhunderts"
anzugeben.
Unser Autor
Dr. Franz Windisch-Gruetz
Leiter der Möbelsammlung des
Österreichischen Museums für angewandte Kunst
Stubenring 1010 Wien
19
Fritz Zink
Carl Spitzweg am Eingang
des Kaisertales in Kufstein
1867
Nach Carl Spitzwegs Slrizzenbuch Nr. 17 in der
Staatlichen Graphischen Sammlung in München'
reiste der Münchner Maler 1808-1885 1867
durch Tirol. Er befand sich auf dem Rückweg
von Bozen 29. August über Gossensaß
31. August nach Kiefersfelden an der bayerisch-
österreichischen Grenze 2. September. Die hier
veröffentlichten beiden Blätter 17 Rückseite und
die folgenden Seiten 1B und 19 stellen, wie ich
sehe, die Felsenschlucht des Sparchenbachs am
Eingang des Kaisertales dar. Bisher wußte man
nicht, daß Carl Spitzweg diesen erst damals be-
kannter gewordenen Gebirgsdistrikt östlich Kuf-
steins besuchte.
Meiner Schwester gewidmet
Carl itzwag, Falsenschluchi des Spurchanbuchs
in Ku siein. Bleisliftzeichnung, 1867, München,
Siaclflidne Graphische Sammlung
Curl inweg, Felsensdaludul des Spurdwenbuchs
in Ku siein. Bleistiffzeichnung, 1867. München,
Sluafliche Gruphisdw Sammlung
Anmerkun
'lnv. 190 4b Höhe 17,1, Br. Tl cm; Bleistift. Beide
Blätter mii dem Ndchlaßslempel Spillwe s. Das Skizzen-
buch wurde von mir erwähnt in .. an Spitzwe in
Klausen um Eisack" um 1546, in Der Schlcrn 43, q969,
um 11, s. 491, Anm. 4. Für trdl. Zurverfügungstellung
der Fotos wird der Staatlichen Graphischen Sammlung
München gedankt.
44;; ....'u
Auf Blatt 17 Abb. führt, am Unterrand ange-
deutet, ein Bergsteig unter einer zerklüfteten
Felswand rechts taleinwörts und gibt den Blick
frei auf mächtige gegenüberliegende kulissenar-
tig hintereinander geschobene, ebenfalls kahle
Felswände, deren linke iöhe breite Wand in
Bleistift die Künstlernotiz trügt graulgelb ge-
gestreiftelMaße." Dahinter ragt eine zweite
Wand mit bemerkenswert bizarren Bildungen von
Türmen auf. In Fortsetzung des Schluchtein-
sch-nitts werden in der Ferne weitere Berge an-
gedeutet.
Auf dem folgenden Doppelblatt 1B Seite 1B und
'19 Abb. erscheint derselbe Taleinschnitt noch-
mals, iedoch in seiner ganzen Breitenerfassung,
wobei für die linke Wund links unten vom
Max Joseph Wagenbauer, Hammerschmiede
auf dem Spargen bei Kufslein". Aquarell, Ende
1820er Jahre. oburg, Privcibesivz
21
iwusnei notiert m. UHUQ llllullh, um... gen,
gen!" Auf dieser Landschaftsskizze erscheinen
rechts hinter der linken Wand, in der Mitte des
Schluchteinschnitts, die gleichen turmartigen Fels-
wände, während rechts diesseits der Schlucht
sich zwei nach links strukturierte Felsberge vor-
schieben, von denen der linke ein Kreuz trägt.
Die topographische Bestimmung dieser letzten
Blätter in Spitzwegs Skizzenbuch auf den Ein-
gang des Kaisertales nordöstlich Kufsteins ist
durch ein älteres Aquarell Abb. des Münch-
ners Max Joseph Wagenbauer 1775-1829 in
Coburger Privatbesitz Hammerschmiede auf
dem Spargen bei Kufstein" aus dem Ende der
1820er Jahre möglichÄ Der Standplatz Spitz-
wegs war aber östlich der Schmiede, so daß er
das Gebäude selbst im Rücken hatte.
Die hohe, phantastische, kahle Wand bei den
Felstürmen links ist die Geisterschmiedswand"3,
rechts im Bilde gegenüber ragt der Kreuzstein"
auf. Diese von Spitzweg festgehaltene Lokalität
der Klamm von wildem Gebirgscharakter der
Kalkalpen präsentiert sich gegenwärtig bestens
vergleichbar von der Mitte der hölzernen Stra-
ßenbrücke über den Kaiserbach Spargenbach
zwischen Kufstein und Eichelwang Ebbs. Des
Zeichners Standort befand sich edoch etwas
weiter südöstlich am Wegsteig in die Schlucht
hinein über dem heutigen, 1947 erbauten Haus
Spargenstraße 34', am Südrand über dem to-
senden Spargenbach. Die ietzt üppigeVegetation
von Fichten, Föhren, Lärchen und Holunderbü-
schen verdeckte seinerzeit noch nicht die Sicht.
Der Kreuzstein" im Klammbereich trägt schon
damals wie später 1874175 und heute ein Kreuz.
Das malerische Motiv dieser Felslandschaft wur-
de nicht nur van Max Joseph Wagenbauer, son-
dern auch von Karl v. Lutterotti geb. 1793 in
Bozen in einer Federzeichnung um 1840 Inns-
bruck, FerdinandeumP Sparchenbach Mühle bei
Kufstein" und von einer Buchillustration in Eduard
Amthars Alpenfreund 1874l756 Sparchen bei
Kufstein" festgehalten. Beide Darstellungen las-
sen das Vordringen der Bewaldung erkennen.
Die Maler waren die Entdecker der Felsbezirke
um das Kaisertal, darunter M. J. Wagenbauer
1820er Jahre und seit den 1860er Jahren
1867 auch Carl Spitzweg. Die Anfänge der
touristischen Erschließung setzen erst durch den
Eisenbahnbau im lnntal ein. Am 4. August 1858
vember 1858 die von Innsbruck nach Kufstein
eröffnet, am 18. August 1867 war die Brenner-
strecke vollendet 7.
Das alpenländische Schrifttum bringt in dieser
Frühzeit die ersten Parallelen. Pater Beda Weber
von Marienberg beschreibt bereits 1837 diese
Lokalität bei Kufstein in Das Land Tirol", Bd.1'
Unter der Stadt ergießt sich der Kaiserbach in
den lnn, aus dem Kaiserthale kommend, welches
in seinem Vordergrunde grause Schluchten, im
Hintergrunde viele vortreffliche Alpen und Wal-
dungen enthält... Reisende Landschaftsmaler
lassen diese kühnen Bergparthien nie unbesucht".
Ebenso äußert sich der gleiche Verfasser 1853 in
seinem Handbuch für Reisende in TiroI"' Hier
fesselt ein Wasserfall mit seiner Umgebung voll
malerischer Schönheiten, hochgetürmter Felsen-
massen, kühn fast übereinandergreifend, die Auf-
merksamkeit, und viele Landschaftsmaler weilten
hier und weilen noch, um es der Natur abzu-
borgen". Heinrich Noä würdigt 1869 in seinem
Brennerbuch"'" diese Stelle bei dem Wasser-
sturz, wo er mit Verwunderung auf die seltsa-
men Gestaltungen schaute". In der Erwähnung
der Gegend folgen 1871 Ludwig Steub" sowie
Theodor Trautwein 1879" und 1891 der im
grundlegenden Führer Das Kaisergebirge in Ti-
rol"" den Weg an der mächtigen, dunkelge-
striemten Geisterschmiedwand" und die Sze-
nerie als wildromantisch" bezeichnet". Im Jahr
1897 schließlich ist nach Joseph Enzensperger"
das Kaisertal inzwischen zu den meistbesuchten
Gebirgsgruppen der Ostalpen aufgerückt.
Carl Spitzweg stellte in seinen späteren Werken
seit dem Ende der 1860er Jahre das Motiv der
Talschluchtlandschaften häufig dar". Am 2. Sep-
tember 1867 hat der damals 60iährige Künstler
größere Wegstrecken von Kiefersfelden über den
Sparchen bei Kufstein zum Eingang des Kaiser-
tales und wieder zurück zum Hechtsee gegenüber
am lnn durchmessen und zugleich diese markan-
ten Landschaftsmotive unterwegs in seinem
Münchner Skizzenbuch festgehalten.
Unser Autor
Dr. Fritz Zink
Landeskanservator
Kartäusergasse
D-85 Nürnberg
Anmerkungen 2-18
'Auk onskatalo Dr. Helmut Tenner, Heidelberg Nr. 61,
Miniaturen, emälde, Aquarelle 15.-20. Jahrhundert"
vom 27. Mai 1967, 5. 64, Nr. 3735, Ziffer sechs Bläller
Max Joseph Wagenbauer, darunter Hammerschmiede.
Max Joseph Wagenbauer war der erste, der wirklich ins
Hadigebirge hinautdringt" Heinrich Höhn Studien zur
Entwiddung der Münchner Landschaftsmalerei vom Ende
des 1B. und vom Anfang des W. Jahrhunderts. ln Sludien
Iur deutschen Kunstgeschichte, Halt 108, Straßburg 1909,
S. 102.
"Der Geologe Adolf Pichler halte hier sdion in der
Mitte des 19. Jahrhunderts in der Tischoter Höhle ara-
historisdie Grabungen veranstaltet. Vgl. Werner Heißel
Die Tischofer Höhle im Kaisertal. ln Kufsteiner Buch
Sdilern-Sctiriften 156, Innsbruck, 1957, 5. 177 Zur Sage
um diese Wand vgl. Karla Friedel, in Anton Karg
Sagen aus dem Kaisergebirge. Kufstein, 1926, S. 8-10.
'Heute Besitz Eva Wurnig Etwas weiter oberhalb des
Anwesens bei der 1974 errichteten HanslbanlW und bei
der GeistersdimiedsbanlW bielet sich ein guter Blick
auf die mächtige Felswand.
10559 Hinweis m. Kostenzer, Furdinandeum.
wsiiisbriisk, Ferdlnandaum s. am Hiiiwsis wi.
vor, Lithographie zu Aufsatz van Adolf Pichler Zwischen
Würgl und Waidrin S. 364.
'Eduard Lippotl Kuiteiner Chronik 788-1918. In Kutstei-
ner Buch au. schlürft-Schriften 157. lnnsbruck, was,
S. 50, 53. Über die Brennerbahn vgl. Illustrierte
Zeitung", Bd. 49 v. 2. November 1867, S. 295-298 mit
Abb, und vom 9. November 1867, S. 311-314 mit Abb.
22
lnnshrudr, S. 642.
Innsbruck, S. 151.
Mündien, S. 39l4O und S. 59.
"Drei Sommer in Tirol, Stull art, S. 26, Des Kaiser-
gehirge" als sehr wenig urigen".
Über das Kaisergebir e. In eitsdiritt des Deutsdien
und Usterreidiischen lpenvereins, Bd. 1879, S. 191
und 194 bisher nur geringe touristische Literatur!
eine oft abgebildete cmmersdimiede".
Anäigizhen, 1891 Staatsbibliothek München, Signatur Auslr.
Keisergebirge, 1891, wie vor S. 15 u. 16.
"Der Rück- und Fernblidr von dem nördlichen Treppenweg
der Sliege" über der Geislersdimiedswand gegen Kuf-
slein und das Unlerinntal wurde in einer Lithographie mit
Ton latte aufgenommen von Leopold Rellmunn in den
184 er Jahren Nürnberg, GNM; S. P. 1753, Kapsel 1104.
Der Wilde Kaiser. In Zeitsdirift des Deutschen und
Üsierreichisclten Alpenvereins, Bd. XXVlll,1B97,S.264 sowie
268-770 Historische Übersicht über die Erschließung des
Kniserge ir es. Ein späteres Aquarell Spdrchen mit
Kaiserthals lamm" 1903 von Edward Harrisun Compton
Laus Feldafing bei München in reproduliert in dem
ührer Kulslein und seine Umgebun Kufstein, 1909,
S. 24. Vgl. ferner Thiernerlieclrers Künst erlaxiken, Bd. VII,
Leip a. 1912, S. 284 rechte Spalte Complon, Geister.
Schmiede bei Kulstein", 1907.
".,Varbei" Sennerin und Jäger gegan 1869 vgl. Alois
Eisen Carl Spilzweg. Wien 148, S. 119, Nr. 3B und
Farbtafel 3B ,Mäherinnen im Gebirge" l. Hermann
Uhde-Bernays Öurl Spitzweg. München 1918, ibb. 111.
Blatt 16 des Skizzanbudis.
Lüthi
erpretationen zu
tiler Kunst
Österreichische Kulturzentrum Österreichhaus veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Smithsonian
vtlon, Washington, mit Unterstützung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst und
undesministeriums für auswärtige Angelegenheiten eine Ausstellung textiler Kunst aus Österreich.
soll im Laufe von zwei Jahren in verschiedenen Zentren der USA, beginnend in Washington,
7t werden. Die Ausstellung enthält Exponate von Llnda Christanell, Beatrix Kaser, Helen Knapp,
Moasmann, Marga Persson-Petraschek, Maria Flachky, llll. T. Praschak, Fritz Riedl, Edda Seid!-
Jutta Waloschets, Moniea Zell. Aus Anlaß dieserAusstellung sind die folgenden Interpretationen
rnden.
lda Seidl-Reiter, Erste Liebe, 1971. Wolle,
lBXTÄZ cm
Drei Schwerpunkte, die vielleicht zugleich als
Schritte in einer zeitlich-epochalen Abfolge heu-
tigen Kunstschaffens deutbar sind, bestimmen
die zeitgenössische textile Kunst. Erstens werden
Traditionen des Teppichwebens und der Tapisse-
rien aufgenommen und erneuert, wobei eine
Wegwendung vom Bild als Abbild und eine Zu-
wendung zur Verdichtung und zum Symbol fest-
zustellen ist. Zweitens fasziniert der Struktur-
charakter der Materialien, und textile Kunst wird
so zur Strukturkunst. Drittens löst sich textile
Kunst aus der Zweidimensionalität und wird zum
textilen Objekt. Diese drei Schwerpunkte bestim-
men auch die Ausstellung textiler Kunst aus
Österreich.
T. Material
Textiles Material, Umgang mit diesem Material
und Materialvorgänge sprechen unmittelbar an!
Es ist das ja Material, dem wir auch in unserem
Alltag immer wieder begegnen. Es ist Material,
mit dem schon das Kind hantiert, und dann auch
Material, das uns als Stoff und Kleid, Gewebe
und Teppich durchs ganze Leben begleitet. Tex-
tile Materialien sind besonders strapazierfähig,
griffig", elementar. Von haptischen und opti-
schen Eindrücken her werden unsere Sinne an-
gesprochen. Das Material strahlt Sinnlichkeit aus
und regt zu Manipulationen an. Schon Kinder
können leicht mit ihm umgehen; das kindliche
Flechten regt haptische, optische und prozeß-
haft-schöpferische Qualitäten an. Vorgänge wie
Knüpfen, Weben, Binden, Knoten, Applizieren
verbinden Handwerkliches mit Abstraktions- und
Kreationsfähigkeiten.
Indem textiles Material in seinem Strukturcharak-
ter erlebt wird, entstehen ornamentale, abstrakte,
gleichsam mathematisch gedachte Gestaltungen.
Und weil texliles Material gedehnt, durchbro-
chen, durchlöchert iund überhöht werden kann,
ist der Übergang in die Dreidimensionalität ge-
geben. So gibt es schließlich das textile Objekt,
das neue Erfahrungen am und mit dem Stoff
übermittelt. Es erhält seine Bedeutung oft durch
die Benutzung. Und es knüpft manchmal auch
an Traditionen des Spielzeugs an, beispiels-
weise an einfachen oder grotesken Puppen. Die
Räumlichkeit des Objekts bezieht dann aber
auch Raum und Umraum aufeinander.
Im Dreischritt Teppich Struktur Objekt"
spricht textile Kunst im Rahmen der heutigen
Kunstszene und hat hier eine neue, noch zuwe-
nig wahrgenommene Chance; nicht zufällig ha-
ben so bedeutsame Positionen wie Jugendstil,
Bauhaus und Werkbünde diese Chance vor-
bereitet.
Allerdings sei schon hier darauf hingewiesen,
daß solche Kunst auch nach Einwänden ruft.
Man meint, es könnten sich hier leicht nostal-
gisch-romantische und weiblich-allzuweibliche
Haltungen ergeben; das Schicksal wahrhaft mo-
derner Kunst liege in künstlichen und nicht in
natürlich-elementaren Stoffen! Diese Einwände
stellen schon das Problem der Bedeutung der
textilen Kunst zur Diskussion, und sie sollen
dann im Zusammenhang der Interpretation noch-
mals aufgenommen werden.
2. Seitenblick auf die Sprache
Es ist nicht zufällig, daß Materialien und Mate-
rialprozesse, die weithin so elementar sind und
zum Alltag des Lebens gehören, auch die Spra-
che beeinfl-ußt haben. Ein Seitenblick auf die
Sprache vermag denn auch die deutende Be-
mühung vorzubereiten. Eine Kartothek von Edda
Seidl-Reiter hat mir für diesen Abschnitt we-
sentliche Anregungen gegeben.
Das Elementare und Alltägliche der textilen Ma-
teralien in der Alltagssprache wirken sich zu-
nächst in der Alltagssprache, also umgangs-
23
also ein 5pinner"! Das Einzelwort tritt dann in
den Zusammenhang der Redewendung. Etwa
man ist kurz angebunden! Man hält die Fäden
in der Hand! Man ist in Gedanken verstrickt! Es
gibt das Gewebe der Tage", es geht ein roter
Faden" durch die Geschichte, man ist gesell-
schaftlichen Fallstricken" ausgesetzt. Und auch
sein Schicksal hängt an einem Faden" usw.
Die Redewendungen führen ins Sprachspiel der
Literatur hinein. Turrini unterscheidet den feinen
Faden der Intrige" vom groben Stoff der Auf-
richtigkeit". Bei Musil spricht sie von Schönheit,
er aber vom Fettgewebe, das die Haut stützt".
Die Literatur kennt das Gewebe der Seele",
das Gewebe der Zeit", das Gewebe der Ma-
terie" Teilhard de Chardin und die Fäden der
Wirklichkeit". Für den Theologen sind Eros und
Agape körperliche und vergeistigte Liebe in-
einandergewaben". Und im Neuen Testament
heißt es ln ihm Gott leben, weben und sind
wir", wobei weben" griechisch kinein", vgl.
Kinetik als Leben und Bewegung" erklärt wird.
ln der Mythologie gibt es den Ariadnefaden,
den Gordischen Knoten, das Nessusgewand, und
man berichtet von Göttern, die sich an Leitern
und Seilen auf die Erde heruntergelassen haben,
wobei diese Vorrichtung Fäden von Spinnen"
hieß.
Aber verlassen wir den van der Menschheit
abgeschafften mythologischen Himmel, um ein
letztes Beispiel unserer Welt und Zeit zu zitie-
ren. Es ist wohl nicht zufällig, daß der ameri-
konische Architekt B. Fuller seine Universalarchi-
tektur auch auf der Basis und Sprache der Fi-
scherei und ihrer Netze entwickelt hat, wobei er
zugleich prägende Kindheitserlebnisse in seine
Philosophie einbezog Bootsbau war die ur-
sprüngliche Technik..., Fischerei die örtliche
Industrie, und derartige Spannungssysterne wie
Schlagnetze, Schleppnetze, Schleppsöcke das
alles, zusammen mit Schlepp- und Boiengeröt,
machte ihn auf die Vielfalt der Seil- und Garn-
anwendung aufmerksam; er lernte auch Netze
zu stricken, Seile zu verknüpfen, zu spleißen und
abzubinden. Hier wurden ,Seile eingeschossen'
oder deren ,Richtung' verändert, dabei geschickte
Spannungstechniken angewendet, die so ur-
sprünglich waren wie die einer Spinne" zitiert
bei J. Clous Expansion der Kunst, 1970, 25..
3. Deutung
Textile Kunst soll nun gedeutet werden, Textilien
werden zu Texten. Wie lesen wir diese Texte?
Der zuerst geschilderte Dreischritt soll im tol-
genden die Anordnung geben.
Erneuerte Traditionen der Teppichkunst! Zeit-
los gültig bleibt es, daß das Menschsein des
Menschen wesentlich darin bestimmt ist, daß der
Mensch sich Räume einteilt, daß er sie gestaltet
und schmückt; hier haben der Teppich und der
Wandbehang ihre menschliche Funktion" For-
mulierungen nach Dora Heinz. Der Zeitbezug
ist damit erreicht, daß dem Menschen von heute
eine neue Mobilität gleichsam ein modernes
Nomadentum zugemutet ist. Verfehlte Stadt-
und Wohnungsplanung zwingen den Menschen
oft zum ungewollten Aufbruch; verführerische
Konsumangebote Auto, Wochenende, Urlaub
versetzen die Menschen in unruhige Massenbe-
wegungen. Aber auch positiv der Mensch soll
und will die Erde, sein Haus, kennenlernen; Ernst
Bloch würdigt den Reiz der Reise" in seiner
24
Jutta Waloschek, Megaphon und sein Tod, 197
55 195 cm
Maria Plachky, Kathedrale,
ZOO 200 crn
1971.
Wall
ilosophie der Utopien. Indem die Teppich-
nst sowohl Möglichkeiten der Mobilität und
Bergens hat, wird sie zur Kunst, die den
enschen von heute begleitet. Sie gestaltet mit
cht Symbole eines Lebens als Transit", eines
JENS im Aufbruch. Gewebe symbolisieren dann
aens- und Zeitabläufe vgl. Ausstellungstitel
Werden", Tag", Nacht" usw.. Diese Sym-
lik wird aber immer weniger abbildhaft ge-
ltet, sondern im Vorgang und Prozeß der
istaltung erlebt. Weben als Vorgang" und
lles ist Weben" formuliert Edda Seidl-Reiter.
mit wird der Vorgang gleichsam zum existen-
llen Abenteuer. Das Auswählen von Techni-
Formen, Farben, der Widerstand des Ma-
ials und die Überwindung des Widerstandes,
strohierende und konstruktive Prozesse und
ele das alles ist dann Bedingung des Le-
15 und Versuch der Identitätsfindung!
Textile Kunst als Strukturkunst! Struktur ist
ganisation der Teile zu Serien und zum Gan-
wobei das Ganze mehr und etwas anderes
als die Addition der Teile. Struktur ist offen,
zrspektivisch und angelegt auf Prozesse und
argieereignisse. ln der Struktur deutet sich ein
tlerer Bereich zwischen Zufall und Ordnung,
iheit und Gesetzmäßigkeit an. Unter den Be-
gungen von Strukturen werden objektive
glichkeiten der Reflexion und Mathematisc-
rückbeziehbor auf subjektive Kreativität
finitionen nach J. Claus, a. a. O., S. 20 ff..
der Strukturkunst erhält das Ornament eine
lE Aktualität; es ist Gestaltqualität der Struk-
Claus und darum heute mehr Medium als
muck.
tile Gestaltungen als Strukturkunst bilden
it mehr ab, sondern sind sichtbar gemachte
lnungskategorien. Dieser Prozeß hat Aspekte
Selbstverwirklichung und der Gestaltung van
lt und Umwelt. Die Selbstdarstellung im
stlerischen Prozeß zeigt Ambivalenzen heu-
er Existenz. Da ist das Suchen nach Sinn,
lnung und Harmonie und zugleich das Hin-
gehaltensein in Angst, Sorge, Ungeborgen-
und Sinnzweifel. Wenn textile Gestaltungen
das Ziel einer Homogenität des Disparaten"
sind, so geben sie Impulse zum Aufbruch,
weigern aber fertige Antworten. Wir spüren
wäre erreicht, wenn dem Kampf der Wider-
iche sein tödlich-aggressiver Charakter ge-
imen werden könnte und wenn er verwan-
würde ins Spiel der Gegensätze. Mir scheint,
philosophische ldeol der Caincidentia op-
itorum" Zusammenspiel der Gegensätze sei
in der Dimension der Gestaltung neu durch-
rziert.
in die Probleme der Weltbewältigung. Der
biblische Auftrag an den Menschen, sich
Erde untertan zu machen, muß heute als
trag zum sachgemäßen, mathematisch-kon-
ktiven Denken verstanden werden. Und hier
die Strukturkunst nun auch ihren Ort. In
hematisation und Strukturgestaltung organi-
heute der Mensch die Denk-Substanz der
Teilhard de Chardin. Appelle zu einer
ianeren Welt sind hier nicht mehr expressiv-
ellativ formuliert. Der Mensch von heute ist
Appelle müde geworden, und er reagiert auf
tschaften" ideologiekritisch. Eine neue Chance
hat das viel kühlere" mathematische Den-
und die diesem entsprechende Kunst. Die
nce liegt auch darin, daß damit ein neu-
3er Thearie-Praxis-Bezug gegeben ist Theo-
ist hier unmittelbar auf Wirklichkeitsgestal-
bezogen!
extile Kunst wird zur Obiektkunst. Mit dem
ekt als dem Entgegentretenden" ob-iectum
eben sich wichtige Ursprungsbezüge, die
in die Religionsgeschichte analysiert. Be-
stimmte Menschheitsepochen schufen onimistisch
verstandene Fetischobiekte. Animismus ist iene
Haltung, die die Natur und ihre Gegenstände
als beseelt" versteht. Mit der Benennung und
Gestaltung eines Dinges wurde dieses zum
Manatröger und zur Gottheit. Hat die Mensch-
heit heute den Animismus überwunden? Karl
Marx spricht kritisch vom Fetischcharakter der
Ware! Jedenfalls bis heute und auch heute
vermögen Objekte zu Bedeutungströgern zu wer-
den. Und neuartige Obiektkunst mitten im 20.
Jahrhundert mutet in mancherlei Hinsicht reli-
giös an und wurde anläßlich der Documenta
1972 mit dem Titel individuelle Mythologie"
gedeutet.
Künstler, die textile Obiekte schaffen, sind sich
aber dieser Zusammenhänge kaum bewußt;
ihnen geht es um eine neuartige Ding-Erfahrung.
Materialien und Umgang mit Material, Benüt-
zung von Dingen, das ist es, was sie fasziniert
vgl. dazu z. B. F. E. Walther Werkmano-
graphie, Hrg. G. Adriani, 1972, S. ff., 18 ff..
25
26
Das textile Objekt ist zunächst Selbstrepräsen-
tation von einfachen Materialien, die wir aus
dem alltäglichen Gebrauch kennen Papier, Tex-
tilien. Gestaltung ist zuerst der Versuch, die
immanenten Gesetze dieser Materialien und
Vorgänge zu erfassen und sprechen zu lassen.
Dabei erhält das Objekt seine Bedeutung we-
sentlich durch Benutzung. Es gibt Möglichkeiten
des Zerlegens, des Herumtragens, des Hinlegens
im Raum, des Öffnen und Verschnürens usw.
Solch einfache Hantierungen sensibilisieren in
einem neuen Sinn optische und haptische Ge-
fühle. Manchmal kommt es dabei zu Spielver-
göngen, die an Kindheitsprozesse erinnern, die
bekanntlich für das Gelingen menschlicher Exi-
stenz von entscheidender Bedeutung sind. Weiter
sind mit solchen Objekten auch lrritationsmög-
lichkeiten gegeben, und es können Gewohnhei-
ten gestört werden, so daß auch so neue Er-
fahrungen entstehen. Solche Irritation erlebt man
beispielsweise, wenn exakte Formen mit weichem
Material gestaltet sind oder wenn ein Objekt
Verschnürungen und Verpackungen zeigt, aber
nichts enthält. Schließlich machen Objekte das
Raum-Umraum-Problem bewußt. Der Mensch lei-
det heute unter langweilig-frustrierenden Räu-
men, teils weil sie ärmlich und öde sind, teils
weil sie zu perfekt sind; Raumbezüge sind je-
denfalls weithin verunsichert. Kann vielleicht das
auf Raum und Umraum bezogene Kunstwerk
dazu anleiten, spielerisch echte Raumbezüge zu
finden?
Zuletzt sei noch an die Humandimensian er-
innert, die sich mit Objektkunst erschließen kann.
Goethe sagt Alles, was im Subjekt ist, ist im
Objekt, und noch etwas mehr". Aus dem Akt
der Begegnung tritt das Subjekt sofern der
Akt gelingt als Gewandelter heraus. Auch
Martin Buber sagt, daß der Mensch, der aus
dem Wesensakt der reinen Beziehung trete, in
seinem Wesen ein Mehr, ein Hinzugewachse-
nes" habe, von dem er zuvor nichts wußte".
Buber meint zunächst die Gottesbeziehung und
dann die Beziehung zwischen Ich und Du auf
menschlicher Ebene. Goethe wagt es, dieses
noch etwas mehr" auch für die Begegnung mit
dem Objekt geltend zu machen. Damit würde
das künstlerische Objekt gleichsam zum perso-
nalen Gegenüber, zum Du, das zur lchwerdung
des lchs entscheidend und bereichernd beiträgt.
Am Kunstwerk würde man zum Menschen!
4. Ausblick
Es sollen nun noch einige transästhetische Pro-
bleme diskutiert werden. Einiges habe ich schon
angedeutet. So wurde ein Bezug zwischen Struk-
turkunst und der Organisation der Denk-Sub-
stanz der Welt" im Sinne von Teilhard de Char-
din sichtbar. Weiter gibt es interessante Bezüge
zwischen haptischen Erlebnissen im Umgang mit
Materialien und Objekten mit frühkindlichen
Prozessen, wobei diese Prozesse im Rahmen
von Freuds Sicht der Kindheitssexualität und
ihrer Prozesse zu sehen sind; Umgang mit Kunst
vermag wichtige frühkindliche Triebprobleme
nachträglich zu bewältigen.
Ich nehme nun aber noch Fragestellungen auf,
die sich auf Probleme der heutigen Gesellschaft
beziehen. Hier ist noch einmal der Vorwurf zu
bedenken, textile Kunst sei Frauen- und Weiber-
kunst. Diese geschlechtsspezifischen Vorentschei-
dungen erweisen sich heute immer mehr als Vor-
urteile. Solche Vorurteile haben sich aber gerade
für textile Kunst immer wieder bemerkbar ge-
macht das Nähen, Flechten und Weben scheint
eine Sache der Kinder und dann nur noch der
Frauen zu sein. Und die Einteilung, daß Männer
schöpferisch Konzepte entwerfen und Frauen sie
dann handwerklich ausführen, ist oft praktiziert
Marga Persson-Petraschek, Nacht, 1974. Wand-
behang, 200 140 cm
Beatrix Kaser, Phönix, 1971. Sisal
Sepp Moosmann, Bewegung ll, Wolle auf Lei-
nen, 114x180 cm
Helen Knapp, Zwillinge Teil eines Paares, 1973.
Rot-Braun-Gewebe, 45 60 cm
wir einer Rezension der Washington Post" entnehmen, wurde diese österreichische Wander-
tellung von den Kritikern und dem Publikum in den USA gut aufgenommen. Alle vertretenen Künstler
len darin eingehend gewürdigt und hervorgehoben, daß die Ausstellung, obwohl in bester
1er Tradition, doch neue Wege in kreativer und handwerklicher Hinsicht auf dem textilen Sektor
eigt.
und kaum hinterfragt worden. Heutige gesell-
schaftliche Bedingungen lassen solche Rollen-
unterscheidungen zwischen Mann und Frau als
gefährlich erscheinen, weil sie oft den Weg der
Frau in die ihr gemäße Zukunft verhindern. Hier
gibt es Aufgaben der Kunst, die politisch rele-
vant werden könnten. Nämlich Kunst soll auch
Utopien einer Welt von Morgen vorwegneh-
men, indem sie dafür Symbole schafft. Die Zu-
kunft der Welt ist ahne Zweifel von der mann-
weiblichen Gleichberechtigung und Partnerschaft
bestimmt. Kunst sollte dafür schon heute andro-
gyne Symbole schaffen. Ich meine; textile Kunst,
deren Basis Kindheitserfahrungen und Erfahrun-
gen des Alltags sind, vermag die Spannung
zwischen dem archaisch Ursprünglichen und dem
Heute und den Zukunftsutapien im Abenteuer
von Stoff- und Moterialprozessen zu bewältigen.
Und sie hat damit auch für die Gestaltung einer
neuen mann-weiblichen Symbolik eine große
Chance. Wenn einst Stoffliches als weiblich und
Gestaltung als männlich gegeneinander abge-
grenzt wurden, könnten heute Gestaltungsvor-
gänge mit Stoffen eine mann-weibliche Syn-
these signalisieren. Es könnte zukunftsweisend
sein, daß Frauen kreativ gestalten und daß
Männer eine Sensibilität für Stoffe und Mate-
rialien entwickeln. Im Rahmen der komplexen
Psychologie von C. G. Jung wurde das Postulat
erhoben, es müsse zur Reaktivierung des weibli-
chen Seelenteils im Manne und des männlichen
Seelenteils in der Frau kommen, und diese Be-
wegung müßte sich im gesellschaftlichen Bereich
fortsetzen, um die Herrschaft des Patriarchalis-
mus zu überwinden, ohne aber damit neu das
Matriarchat zu installieren vgLdazu E.Neumonn
Zur Psychologie des Weiblichen, 1953.
Zuletzt sei an marxistische Fragestellungen er-
innert. Wenn der Marxismus mit seinen Analy-
sen auch die immanenten Probleme der Kunst
nicht zu lösen vermag, weil er als ldeolagie"
die kunstimmanenten Gesetze nicht beachtet, so
vermitteln diese Analysen trotzdem eine kritische
Zurüstung für den Bezug von Kunst und Gesell-
schaft. So wird einem beispielsweise klar, doß
die Bildweberei des Mittelalters, die wir so sehr
bewundern, Produkt einer feudalen Gesellschaft
ist. Um diese kulturelle Blüte zu schaffen, waren
Entfremdungsprazesse der unteren Gesellschafts-
schichten nötig. Damit ist die Frage gestellt, wie
sich textile Kunst von heute zu Problemen der
ökonomischen und gesellschaftlichen Basis ver-
hält. Entsteht hier Kunst, die diese Basisprobleme
mit einem idealen Überbau ideologisch ver-
schleiert? Lassen es sich die Künstler gefallen,
in einem Reich der Innerlichkeit völlig privati-
siert zu werden? Oder aber gibt es hier Kunst,
die in sich ein gesellschaftskritisches Potential
enthält und utopisch Symbole einer humaneren
Welt gestaltet? Wenn textile Kunst alltägliches
Material, einfache und elementare Hantierun-
gen als Basis hat, dann kann sie Erfahrungen
vermitteln, die gesellschaftlich relevant werden.
Sie kann ein neues Gefühl für einfache Stoffe,
für strapazierte Materialien wecken sie kann
eine Unmittelbarkeit zur Welt der Sinne und der
Sinnlichkeit eröffnen sie kann wie oben
dargelegt als Strukturkunst an verantwortli-
chem Weltgestalten mitbeteiligt sein sie kann
der Vermenschlichung der Raum- und Umraum-
bezüge dienen. In dem allem wird sie sich kri-
tisch und provokatorisch falschen gesellschaftli-
chen Ideologien entziehen und verweigern, und
.2. ..,4 -,..,.l..;,i. Quvvnlnruia Aiflß! m"-.. um.
Marge Persson-Petraschek, Nacht, 1974. Wund-
behang, 200 140 cm
Beatrix Kuser, Phönix, 1971. Sisul
Sepp Moosmunn, Bewegung ll, Wolle auf Lei-
nen, 114 180 cm
Helen Knapp, Zwillinge Teil eines Paares, 1973.
Rol-Braun-Gewebe, 45 60 cm
Gunther Martin
Mit der Kamera unterwegs
Josef Kainz
Medäferrunes Motiv, Ospedoleffi, ifulienische Ri-
vierc, Aufnahme von Josef Kuinz, 1905
Straßenbild, Ospedaleffi. Aufnahme von Josef
Kuinz, 1905
Vorgedruckfe Kurie, die Josef Kuinz offenbar an
alle sondie, die ihn um eine Porfräf-Posfkorfe
bofen. Osferreichische Nafionclbibliofhek, Theo-
fersummlung
1-.
11162;
Wien. Km, Lunn
3mm.
w. äm-w.
11.-. 1.. am.
28
Es ist hier so beispiellos schön. So viel Licht.
Der Sonnenaufgang heute morgen alles in Gold-
bronze getaucht, reinste Plastik, die Farben nicht
fühlbar, weil die Formen alles erschlagen und
das Komplementäre so ausgeglichen ist, daß die
Gegensätze sich aufheben. Nur Wärme und
Form. Hier wird die Notwendigkeit zur Schön-
heit."
Diese Zeilen aus Ospedaletti bei San Remo,
datiert vom 3. Februar 1910, waren an Felix
Saiten gerichtet. Eine Momentfotogratie in Wor-
ten!" hätte der für solche Impressionen sehr
sensible Peter Altenberg wahrscheinlich spontan
ausgerufen. Womit haarscharf das Richtige ge-
troffen gewesen wäre, denn der Schreiber ienes
Briefes sah die südliche Szenerie tatsächlich mit
dem Blick des Fotografen es war Josef Kainz.
1904 hatte er den Ort an der Riviera als Retiro
entdeckt, angeregt durch den einstigen Burg-
theaterdirektar Max Burckhard. Das idyllische
Ospedaletti war damals noch ein Geheimtip für
Connaisseurs des Reisens. Dort konnte Kainz mit
Gerhart Hauptmann Gedankenaustausch pfle-
gen, mit seinen Freunden weite Ausflüge unter-
nehmen und, Gentiluomo der er war, allen Kom-
fort der pompösen Luxushotels genießen, die er
lächelnd Fürstenhöfe" nannte.
Niemals geht der Schauspieler ohne Kamera
aus. Jedes Motiv, das ihn reizt, erfaßt er mit
den besten Präzisionsoptiken der Zeit um 1905,
auf Schnittfilm, Format 8x14. Und ihn reizen
viele Motive die mediterranen Landschaften,
Menschen, die ihm auf Wanderungen begeg-
nen, alle Wirkungen van Linienspiel, Lichtern
und Schatten. Die Riviera, wie er sie sieht.
Manchmal greift er zu Pinsel und Farben, aqua-
relliert mit leichter Hand. Noch auf dem Sterbe-
bett konstruiert Kainz, der Praktiker, einen Spe-
zialkotfer für sein Malzeug. Aber von seinen
realen Liebhabereien schätzt er die Fotografie
am höchsten, seit er sich um 1890 dafür zu inter-
essieren begann. Die Amoteurlichtbildnerei ist
dermalen noch eine Art künstlerischer Kavaliers-
sport, eine Passion für Eingeweihte, erst viel
spätere Epochen des Perfektionismus sollten sie
zum bequemen, raschen Knipsertum demokrati-
sieren".
Mit iener Gründlichkeit und Intensität, die aus
dem im Lernerfolg lange vor der Matura ge-
strandeten Gymnasiasten einen beispielhaft uni-
versalen Geist machten, eignet sich Kainz auto-
didaktisch auch die theoretischen Kenntnisse und
die Technik des Fotografierens an. Schon im
Badezimmer seiner Berliner Wohnung richtet er
ein fachmännischen Ansprüchen genügendes La-
bor ein und experimentiert nach den verschie-
denen, noch recht umständlichen Methoden. Er
beschafft sich die einschlägige Literatur Werke
über Chemie, Physik, Optik und Apparatekunde,
dazu Stapel von Fachzeitschriften. Nach seinen
eigenen Worten wird die Kunst des Nachschla-
gens" viel zuwenig geübt nun, Kainz selbst
beherrscht sie ebenso virtuos wie das kostbare
Instrument seiner Stimme. Während seiner Wie-
ner Jahre im Döblinger Cottage wird die große,
wertvolle Bibliothek dann noch um Bücher über
Astronomie, Botanik und Geologie bereichert.
Mit dem Hammer ein bisserl herumgehen und
nachschauen."
Besonders fasziniert ihn von Anfang an die
Selbstaufnahme. Das Eigenkonterfei bietet Kainz
eine fast magische Begegnung mit sich selbst, ist
dem Unermüdlichen Hilfe beim mimischen Erar-
beiten und Vertiefen seiner Rollen. Auch ist das
Foto zu der Zeit das einzig Bleibende, das als
Dokument einen Abglanz der schauspielerischen
Leistung bewahrt. Später gehört Kainz zu den
ersten prominenten Österreichern, deren Stimm-
porträts phonographisch festgehalten werden
Blühende Agaven ge en das Meer, Ospedoletti.
Aufnahme von Josef ainz, 1905
Knabe auf einem Esel in einer Schlucht reitend.
Ospedaletti. Aufnahme von Jasef Kainz, 1905
Hotel Metropole, Palmengruppe im Vordergrund,
Ospedaletti. Aufnahme von Josef Kainz, 1905
Josef Kainz fotografiert. Gießbach, Juli 1907.
Aufnahme Marie Mautner-Kalbeck
Blick in das Bibliothekszimmer mit Schreibtisch
von Josef Kainz. Seine persönliche Sphäre
neue-max
29
Anstrengung, au gruu wie eine muunee uunui-
ten. Todmüde kam ich nach Hause."
So entstehen zahlreiche Bilder, die an Unmittel-
barkeit des Augenblicks, dramatischer Auffas-
sung, Lichtführung und fotografischer Technik
vieles, was Profis damals schufen, bei weitem
übertreffen ein streng gestreifter, ganz auf den
Ausdruck konzentrierter Mark Anton etwa, ohne
iegliche Kostümfinessen. lm Gegensatz dazu ein
auf malerische Wirkung und die Beschwörung
erlesener Rainaissance-Folie abgestimmter Don
Carlos wie aus der Welt des jungen Hofmanns-
thal und der im Kostbaren schweigenden Sym-
bolisten. Oder die überraschend moderne, man
könnte sagen telegene Naheinstellung auf den
Sudermannschen Johannes".
Zwischendurch kommt der Humor zu seinem
Recht, der quecksilbrige Nestray-Darsteller macht
sich hin und wieder auch vor dem Objektiv
einen Jux, versucht es mit allerlei Tricks, schlägt
fotografische Kapriolen. Ähnlich wie sein Kol-
lege Hugo Thimig, der ebenfalls ein eifriger
Amateurfotograf war und mit Vorliebe seine
Kinder Helene, Hermann und Hans dazu an-
regte, für die Kamera komische Szenen zu stel-
len. Spätere Selbstaufnahmen zeigen das Sin-
fonia-Domestica-Thema eines gereiften Grand-
seigneurs der Welt von gestern; Kainz, nobel,
aristokratisch in seiner feudalen Privatsphäre in
30
annerstraße. Alles auf diesen Bildern strahlt
inerte Lebenskultur aus, der Burgtheater-
wird gleichsam zur Verkörperung des
rn Andreas von Balthesser" aus Richard
JKOIS ebenso meisterlicher wie zeittypischer
ung über den Dandy als geistige Potenz.
Neuerung auf dem Gebiet der Fotografie
sofort ad notam genommen und wenn
ich gleich erprobt. Kainz kapiert alle seine
itive selbst, im Tageslichtrahmen, eine lang-
ge Prozedur. Als er ein Album zum Ge-
tk erhält, möchte er sich mit einer gleichen
ingabe revanchieren, aber dazu braucht's
Quhe und Sammlung und gutes Licht. Wir
aber in diesem Winter fast in steter Nacht.
he Tage kopiert überhaupt kein Bild zu
Also haben Sie noch ein Weilchen Geduld.
iabe sehr gute Fortschritte gemacht und
Sie davon zu überzeugen." Brief vom
zbruar 1902.
eder Reise, sei es über weite Strecken oder
is zum Semmering, überzeugt sich der Foto-
eur Kainz durch genaue Kontrollen, ob
Kameras einwandfrei funktionieren. Sein
es Interesse gilt auch der Kinematographie;
erlebt er selbst nur den Anbruch der Epo-
Ies Laufbildes. Er war, um ein Zitat aus
ia Galotti" abzuwandeln, ein idealer, voll-
er Filmregisseur, ohne je einen Film zu
!l'1. Wäre es dazu gekommen, er hätte sich
wie Hamlet, höchst königlich bewährt".
Wiener Malerin Marie Mautner-Kalbeck,
"I0 Josef Kainz, Rollenbild als Don Carlos" in
"I1
dem gleichnamigen Schauspiel von Friedrich von
Schiller. Selbstaufnahme um 1395
Semmering, Straße im Winter gegen das Hotel
Erzhßiäog Johann. Aufnahme von Josef Kainz,
um
;ler das bekannte Kainz-Porträt im schar- 11
ten Mephisto-Kostüm stammt, erinnerte
In seiner Mansarde hatte er ein Atelier
richtet. Nichts entspannte ihn mehr, als sich
iller Konzentration dem Entwickeln oder
ößern seiner Aufnahmen zu widmen oder
Kohledrucke herzustellen. Er besaß fein-
ye, geschickte Hände, richtige Bastlerhände
verlor nie die Geduld. Über einen neuen
elkammerschrank konnte er sich wie ein
freuen." Gern hätte der begabte Lichtbild-
einen Freund Felix Salten als Lehrling"
nommen, doch diesem fehlten, wie sich
wies, die nötigen praktischen Fertigkeiten.
ail des Kainz-Nachlasses an Negativen und
gelangte in den Besitz der Theater-
lung der Nationalbibliothek, wo ihn Bertha
erle während des Zweiten Weltkriegs ka-
sierte. Spöter wurden die Bestände dem
"chiv übergeben, dort befinden sie sich
r.
tupenden Sprung in die Konzentration, die
Mautner-Kalbeck an ihm hervorhebt, be-
der Vielseitige einmal auch während einer
o"-Autführung im Burgtheater. Mit seinem
dem Klosterneuburger Fotografen Adolf
ard, steht er in der Kulisse und erörtert
egt Entwicklungsverfahren für Bromsilber-
r. Da flüstert ihm der lnspizient zu Herr
Ihr Auftritt!" Ill. Akt, 2. Szene. Fiesco
am Fenster und blickt auf Genua hinab.
dort, wo sich der Illusion noch diese ma-
sche Stadt" breitet, sieht der Künstler im
1er der Hinterbühne seinen getreuen anver-
'en Pallux. Halblaut und ganz sachlich sagt
ist doch besser, wenn du Adurol zum Ent-
nimmst." In der nächsten Sekunde aber
1t er mit voller Stimmstärke, im berühmten
ilen, damaszenerhaft federnden Kainz-Ton
lonolog; Was ist das? Der Mond ist un-
AM es-
San-e
391cm maß
o1
4m- AAAW-ßn Lßmmb 1A
Walter Zettl
Andrea Palladio in der
Wiener Akademie
In der Akademie der bildenden Künste in Wien
wurde am 5. Februar die große Palladia-Aus-
stellung durch Bundespräsident Dr. Rudolf Kirch-
schlöger in Anwesenheit des italienischen Unter-
richtsministers, Dr. Franco Maria Malfatti, und
der Frau Bundesminister Dr. Hertha Firnberg
eröffnet.
Wer diese Ausstellung bereits 'l973l74 in der
Basilika von Vicenza erlebt hat, dem kamen
zunächst Bedenken, wie sich diese, in der von
Pallaidio umgebauten mittelalterlichen Halle so
eindrucksvoll arrangiert, nunmehr in Wien aus-
nehmen wird.
Der Vicentiner Ausstellung war auch eine Son-
derschau des Palladianismus in England und in
den übrigen Ländern angeschlossen. Als öster-
reichisches Beispiel wurde die Aula der 1872 bis
aasaaiiaiailrt
1876 von Theophil von Hansen erbauten Wiener
Kunstakademie gebracht, und gerade dieser der
sala egitta" ägyptische Halle Palladios nach-
gebildete Raum beherbergt mit den anschlie-
ßenden Ausstellungssölen nunmehr die Exponate
aus Vicenza. Die Gestaltung wurde vom Leiter
des Instituts für Städtebau an der Akademie,
o. Prof. DipL-lng. Ernst Heiss, den neuen Ge-
gebenheiten angepaßt, intelligent und wirkungs-
voll durchgeführt.
Es darf auch nicht übersehen werden, daß der
BesucherderAusstellung in Vicenza außerdem mit
den Originalbauten Palladios konfrontiert wur-
de. Diese Tatsache kann teilweise mit der Be-
gegnung mit den palladianischen Einflüssen auf
das Wiener Stadtbild ausgeglichen werden, dem
wir in der Neuen Burg und in den Hofmuseen
ebenso begegnen wie in Peter Nobiles Äußerem
Burgtor und seinem Theseustempel im Valksgar-
ten. Das gleiche gilt für das niederösterreichi-
sche Landhaus und das dem Palazzo Chiericati,
der Goethe zur zweiten Strophe seiner Ballade
Mignon" angeregt hat, nachgebildete Palais
Kaburg. Selbst zu den Villen van Otto Wagner
und Adolf Laos gaben die Landhäuser Palla-
dios die Voraussetzung. Hätte 1569 der große
Baukünstler den Auftrag Kaiser Maximilians ll.
angenommen, für ihn eine neue Sommerresidenz
zu errichten, hätte auch Wien ein Bauwerk von
ihm erhalten.
üääiliäiiltlt?
Andrea Pulladio, Holzmodell der Gesumiplav
nung des nur ieilweise realisierien Paluzzo
Thiene in Vicenzu, 1542-1545?
Andrea Palladio, Holzmodell des realisierien
Tempieho in Moser, Provinz Treviso, 1580
Ausstellung besteht aus zwölf Holzmodellen
Jstab 133 von Palästen, Kirchen und Villen
aus 600 Reproduktionen von Zeichnungen.
bildaufnahmen vermitteln die Beziehung zwi-
den Bauwerken und ihrer urbanen oder
Iichen Umgebung, für die sie geschaffen
len sind. Der Gipsabguß eines Kapitells von
Kirche Il Redentore" verbleibt nach der
tellung in der Akademie.
ellt sich nun die Frage nach dem Sinn und
Aufgabe dieser Ausstellung. Durch den Aus-
ingsort in Wien ist ihr zunächst eine didak-
Aufgabe gestellt. Es ist ihr Ziel, das ge-
Schaffen Palladios von seinem Jugend-
bis zu seinen letzten Schöpfungen darzu-
an und in Relation zur Antike und zur Ge-
rart zu bringen. Sie zeigt aber auch die
lichkeit auf, daß Funktion und Ästhetik nicht
egensatz zueinander stehen, denken wir nur
lie Reihe von Geschäftslokalen im Erdge-
des Palazzo Thiene oder an die Villen, die
trechend ihrer Aufgabe angeordnet sind,
sie umgebende land auf höchstmögliche
ertragreich zu machen. Der von Dipl.-Ing.
in Kubelik verfaßte Katalog ist ein wichtiger
lf zum besseren Verständnis dieser Aus-
ng und zur tieferen Kenntnis von Palladios
große Ereignis und die eigentliche Beson-
zit dieser Ausstellung sind die Holzmodelle.
Es handelt sich dabei nicht nur um Nachbildun-
gen ausgeführter, sondern auch um Neukon-
slruktionen nicht oder nur zum Teil verwirklich-
ter Bauwerke. Diese wollen jedoch auf keinen
Fall als unwiderlegbare Definitionen, sondern
als wohldurchdachte Vorschläge angesehen wer-
den, die auf Grund sorgfältiger wissenschaft-
licher Untersuchungen erstellt worden sind. Man
wollte dabei weder über Palladio hinausgehen
nach ihn ersetzen oder feststellen, daß es sich
um die einzig mögliche Lösung handelt. Sie
stellen aber eine wesentliche Bereicherung unse-
res Wissens um die Ideenwelt dieses Künstlers
dar.
Eine Architekturausstellung bringt weit mehr Pro-
bleme als eine mit Bildern oder Skulpturen. Da
die Werke selbst nicht transportiert werden kön-
nen, ist man auf Wiedergaben, d. h. auf Fotos
und Modelle, angewiesen. Dabei gestatten die
Modelle in weit höherem Maße die Begegnung
und den Vergleich mit der originalen Kon-
struktion.
Die Modelle dieser Ausstellung sind nicht Ko-
pien, sondern Transfigurationen. Sie gestatten
auch, den gesamten Organismus eines Gebäudes
simultan zu erfassen, während das wirkliche
Bauwerk nur ein schrittweises Begreifen zuläßt.
Auch werden uns an den Modellen Details be-
kannt, die sich in der Wirklichkeit oft unseren
Blicken entziehen.
Die große Palladio-Sch-au in Vicenza wurde ur-
sprünglich van ihrem Organisator, dem Kunst-
historiker Prof. Dr. Renato Cevese, nicht als
Wanderausstellung konzipiert. Sie sollte eigent-
lich die Grundlage für ein ständiges PalIadio-
Museum in der Basilika bilden. Erst das welt-
weite Interesse hat das Internationale Zentrum
für Architekturstudien Andrea Palladio" in Vi-
cenza veranlaßt, die Exponate für dieses Vor-
haben bereitzustellen.
Es ist vor allem der Initiative des Direktors des
Italienischen Kulturinstituts in Wien, Prof. Dr. Re-
nato Tonelli, und den Bemühungen des Rektors
der Akademie der bildenden Künste in Wien,
o. Prof. Maximilian Melcher, sowie des Rekto-
ratsdirektors, Dr. Alfred Sommer, zu danken,
daß die PalIadio-Ausstellung auf ihrer Tournee,
die sie in 29 Weltstädte, darunter Paris, London,
Stockholm und Madrid, bis nach den USA, Ka-
nada und Australien führen wird, gerade in Wien
ihren Anfang genommen hat.
Unser Autor
Prof. Dr. Walter Zettl
Kulturoberrat im
Bundesministerium für
Auswärtige Angelegenheiten
IO3O Wien, Riesgasse 5lII
Für den Kunstsammler P4
Wiener Kunst- und Antiquitätenmesse 1975
und das Jahr des Denkmalschutzes
Wien bleibt seiner Messetradition treu. Nach
eingehenden Überlegungen haben sich die
Verantwortlichen auch heuer entschlossen, nicht
über die selbstgesetzten Grenzen hinauszugehen
und sich keinesfalls einer eventuellen Unüber-
sichtlichkeit, Verflachung, Zersplitterung oder
Niveausenkung auszusetzen. Die Antiquitäten-
messe Messepalast Wien, 8. bis 14. Mai 1975,
täglich von 10 bis 20 Uhr wird also im
gewohnten feierlichen und überschaubaren
Rahmen stattfinden. Schon die vorbereitenden
Katalagarbeiten bezeugten höchste Ansprüche
in allen Sparten, wobei selbstverständlich
wiederum der süddeutsche und österreichische
Kunstbereich überwiegen. Die vielzitierte
stagnierende Weltwirtschaftslage brachte dem
Kunsthandel nicht den geringsten Waren-
zustrom", iedenfalls nicht mehr als in Zeiten der
Hochkoniunktur. Es zeigt sich also doch, daß die
inflationären Tendenzen eine gesteigerte
Bewegung im Kunst- und Antiqiuitätenhandel,
die nur durch einen vermehrten Zustrom
zurückgehaltener Objekte entstehen könnte,
aufgehalten haben. Daß die Flut der
europäischen Messen" und Antic Shows"
Sitzende Sandstein-Madonna, um 1340. Wohl die Arbeit
eines Meisters der Wiener Darnbauhütte, Höhe 140 cm.
Im Besitz des Stodtpfarramtes Maria Schnee, EnnslOber-
österreidi. Derzeit in Restaurierung in den Werkstätten
des Bundesdenkmalamtes. Gehört zu den bedeutendsten
Werken des ausklinganden Höfischen Stiles" in Usler-
reich. Wird von der Wiener ausstellenden Kunsthändlar-
schaft als Hilfe zum allgemeinen Kulturgeschehen mittels
Subvention restauriert und auf der heurigen Wiener
Kunst- und Antiquitütenmesse zu sehen sein.
34
trotzdem im Steigen begriffen ist, ist zweifellos
auf die allgemeine Lockerung bzw. den
gänzlichen Verzicht auf zeitliche Begrenzung
und Qualitätsansprüche zurückzuführen. Diese
Entwicklung wird es wohl oder übel mit sich
bringen, daß der anspruchsvolle und ernst zu
nehmende Interessent unter den vielen
derartigen Veranstaltungen zu wählen beginnen
muß. Und Wien wird dann sicher den
auszuwählenden traditionellen und seriösen
Antiquitätenmessen Mitteleuropas zugehören.
Einen finanziellen Beitrag zum allgemeinen
Kiulturgeschehen leisten die Wiener Aussteller in
Form der Subvention der Restaurierung
nebenstehend abgebildeter Kathedralplastik.
Die sitzende Sandstein-Madonna um 1340
entstanden, wohl die Arbeit eines Meisters der
Wiener Dombauhütte, Höhe 140 crn aus dem
Besitz des Stadtpfarramtes Maria Schnee in
EnnslOO wird zur Zeit in den Werkstätten des
Bundesdenkmalamtes von etwa ein Dutzend
Übermalungen und von barocken Ergänzungen
befreit. Das annähernd lebensgroße Objekt
gehört zu den bedeutendsten Werken des
ausklingenden Höfischen Stiles" in Österreich
und wird während der Wiener Antiquitätenmesse
im Festsaal zu sehen sein.
W. Hofstätter
l-r
Zum Gebrauch von Kunstpreisverzeichnissen
Der Laie ist meist davon überzeugt, doß die
iährlich erscheinenden Kunstpreisverzeichnisse
internationaler Auktionen eine leicht zu benützende
Orientierungshilfe bei der Bewertung von Kunst-
werken darstellen. Die erste Enttäuschung erlebt er
dann, wenn unter dem Namen eines Künstlers oft
Erlöse verzeichnet sind, welche voneinander bis
zum Hundertfachen abweichen. Der Benützer solcher
Preisiahrbücher sollte einige Fakten beherzigen,
ohne die das Preisverzeichnis wertlos ist
Verzeichnet werden ausschließlich Auktians-
ergebnisse, nicht Preise von Kunsthandlungen.
Die Preise sind Zuschlagpreise, zu denen nach die
mancherorts ganz beträchtlichen Aufgelder bis zu
20 Prozent kommen. Das Preisverzeichnis ist nicht
wissenschaftlich kritisch. Es erwähnt einen Erlös
auch dann, wenn das betreffende Werk nicht als
Werk des genannten Meisters anerkannt wird, was
zu Preisabweichungen weit nach unten führt.
Unsichtbar bleiben auch Käuferabsprachen, wenn
sich mehrere Interessenten beim Bieten zusammen-
schließen, wodurch die Preise gedrückt werden.
Nach oben wirkt sich schließlich oft auch
die Laune der Auktionen aus, wenn der Zufall
mehrere leidenschaftliche Interessenten gegen-
einander bieten läßt, oft bis zu exarbitant
hohen Preisen. Wichtig ist ferner die Tatsache,
daß das Preisverzeichnis nicht darlegen kann, ab
es sich um ein wichtiges Hauptwerk oder nur um
eine nebensächliche kleine Arbeit des betreffenden
Meisters handelt. Das Gesagte betrifft vor allem
die Ergebnisse der Malerei. Jedoch auch beim
Kunstgewerbe bleiben die Vergleichsmöglichkeiten
sehr klein. Nur ein verschwindend geringer Prozent-
satz der Möglichkeiten kann erfaßt werden.
Ähnliches ist nie dasselbe. Lediglich beim Porzellan
sind Typenvergleiche möglich.
So kann der Benützer eines Kunstpreisverzeichnisses
nur dann daraus Nutzen ziehen, wenn er kritisch
all diese Faktoren in Betracht zieht. In einigen
seltenen Fällen kann ihm dann das Verzeichnis
nützlich sein.
r. k.
Gemälde von Rudolf Ribarz gesucht
Frau Martina Hayr, Hausladgasse 37, 1050 Wien,
arbeitet an einer Dissertation über die Werke des
Wiener Malers Rudolf Ribarz 1848-1904 und ersucht
um Meldungen über in Privatbesitz befindliche
Gemälde dieses Meisters.
HOFGALERlE or. WOLFGANG HOFSTÄTTER
iegelgasse 14 Niederländisches Wappenrelief,
armer, ii 4a Cm
M.
ANTIQUITÄTEN HERBERT ASENBAUM Wien
Stfdße 2a Deckelhumpen, Silber, teilvergaldet,
1660-1670, 16 cm, 21 CITI, Meister c. Kühler
Nr. 1765 Kokosnußpokal, Silber ver aldet, sü
dar. 1609, 10 CITI Becher, ilber mit
Dmnlig, Um 1690-1700, Cm. Meister
Schlaubitz lRosenberg Nr. 1585
WOLFGANG A. SIEDLER, ANTIQUITÄTEN
Spie elgasse Spielbrett, srriiiriixmiiiiisnr
ÄUQS Ufg, 4. Viertel 17. .lh. Reiche lnfdfsld,
und Obsthölzer
Wien
JOSEF WINKLER, ANTIQUITÄTEN
gusse Remi VOTI Hoanen, Wintertag. UlILwd.
Cm, sigrl. ii. arii.
C. BEDNARCZYK, KUNST ANTIQUITÄTEN Wien
IE ST. LUCAS WIen JasefsplaIz 5lPaIais Palla- KUNSTGALERIE TOMASZ METLEWICZ Wien Seiler- Dorotheergusse I2 NuuIilus-Muschelpokdl mit Feuerver-
Abraham van Beyeren Haag 1620121 167D gasse 1A Flaris van Dyck 1575-1651, Slilleben, OII goldever Silbevmamierung, Ende 16, Jh., 20 cm, MeisIer-
zhie, Sfilleben, Holz, 81,5x68,5 cm. Bez. m. Monogr. Eichenholz, 44 69 cm Gulachlen Dr. W. BernI marke L. S.
E.
.1
NARCZVK, KUNST ANTIQUITÄTEN Wien
eergasse I2 Kaffeekanne miI Chinoiserien von
Gregor Höroldt. Vase monagr. Meißen, 1725-1730. GALERIE AM MICHAELERPLATZ, GEORG ADLER Wien FRIEDRICH KRATSCHMANN, ANTIQUITÄTEN Wien
Schwenermarke, Vermeilmontierung van Elias Adam, Kohlmarkv 18 Paar Silberleuchler, 1744. Meistermarke JP SpiegeIgasse 15 ChocoIaIiere, Meißen, um 1730. Bemalt,
m. Johann Pfeiffer, 1728-1762, 15 zm, 264 14 cm
ÜLD HOFSTÄTTER, KUNST UND KUNSTGEWERBE
Brdunersfraße 11 Dorctheer esse 15 Salon-
Mcrid-Theresicnisch, Um 1740,
mrsia Nuß, Euchs- und Ede1hölzerlNddeHmlzkörper
226. 205, 71 WOLFGANG A. SIEDLER, ANTIQUITÄTEN
Splegelgusse SpieHeier, signier? Luver, w. 10. 1771211
Seilen
JOSEF
gosse 1A Josef Feid Wiener Maler, UllHolz, 40,5x54
WINKLER, ANTIQUITÄTEN
KATHREIN, KUNSTHANDEL Innsbruck, Lieber!
FRIEDRICH KRATSCHMANN, ANTIQUITÄTEN Wien
Spfegelgcsse 15 Tischchen aus einem Paar, Wien, um
1810,11 82, 79, 63 cm
GALERIE L. T. NEUMANNllnh. August Eymer Wien
KnhImnrH 11lMichuelerpluOz Oskar Sßössel 1879-1964,
Rcldny", Schaus elerin, 1919, Radierung, 1. kol. 95x78
Panxerschrank, Südlirol, um 160D, UUxEO cm
cm, sign, u.du1.1E56
cm. EI. Museum, London
35
Künstlerprofile
36
Rudolf Korunka
Vor wenigen Jahren nach Randerscheinung in
zeitgenössischen Kunst, heute aktuelles Thema,
aber noch nicht allgemein Problem das Verhö
von sichtbarer Welt und bildender Kunst. Prol
deshalb noch nicht, weil die sichtbare Welt übt
das Foto vermittelt wird, dieses für iene eintrit
Wo aber die sichtbare Welt, die Erscheinungs-
bilder der Dinge, unmittelbar erfaßt werden sc
ist keine Obiekttreue" mehr möglich, ist
Genaues-Abbilden-Wollen" ein Trugschluß,
diesem Falle iedes Abbilden zu einem Bilden
wird die Frage ist nur, ab dieses im ganzen
Umfang des Wortsinns geschieht oder unter
falschen Aspekt des Abbildenwollens.
Bilden mit den Mitteln der bildenden Kunst
Motiv" in eine Bildform transportieren. Ein al
Thema, das sich nicht erschöpft, weil Transposi
kein mechanischer, sondern ein geistiger Akt
als solcher den ununterbrochenen Wandlunger
geistigen Sicht auf die Welt unterworfen ist.
So kann Rudolf Karunka zu einer Farbe greifei
die das Licht, das die Farben erkennen läßt,
einbezieht, ohne Impressionist zu sein; Korunk
farbwertige Farbe zerstört nicht den zeichneris
Bildbau, Farbe und Zeichnung treten in ein
dynamisches Verhältnis; so werden die Blätter
Distel zu einem fast nervösen, aber grafisch üt
reizvollen und dennoch wirklichkeitshölligen,
rhythmischen Formgebilde; gemalte und gezei
Böume erhalten nicht nur eine rhythmisch forci
Raumführung, sie muten darüber hinaus wie al
sich in den Raum entfaltende Wesen an; durct
Steinbrüche entstandene Bergfarmatianen erl
sich raumgreifend so über die Ebene, daß mar
Sich-Erheben fast physisch spürt. Eine ganz
Welt stellen aber Korunkas Puppen dar. Sie
verlieren ihren Puppencharakter und werden
bald sinnlichen, bald gespenstigen Akteuren ir
einer künstlichen Welt, die in die psychische
des Künstlers einmündet. Sie hängen an sichtb
oder unsichtbaren Fäden und sind ein Gleichn
für den Menschen, dessen Subiektiyitöt dauer
von Manipulationen bedroht und überdeckt
die ihn zum Obiekt machen oder die ihn als
wünschen. Nur der Mensch, der sich der zahllc
Gefährdungen bewußt ist, die ihm aus der hei
Welt drohen, kann das Harmlose, das reizend
Kinderspielzeug, unter dem Blickwinkel einer
drohenden und bedrohten Welt sehen. Korunk
lebt in der Spannung zwischen dem Kriegstrau
und dem Erkennen der Schönheit und Vielfalt
natürlichen Dinge. Diese sind kraft ihrer sinnli
und nichts als sinnlichen Existenz die Gegenwi
zum Menschen, und als solche sind sie der Sta
der ihn antreibt, sich ihrer zu bemächtigen
Ding oder, vom Künstler erfaßt, als Symbol, iv
dem subiektive Empfindungen und obiektive
Dingwelt zusammenfinden. Das ist der unaus-
schöpfbare Sinn der Kunst, die ihre Gegenstav
welt aus der sichtbaren Welt schöpft. Und die
Sinn fühlt sich Rudolf Korunka verpflichtet.
Heimo
Steinbruch im Burgenland, W73, Bleistift
Marionetten, 1974, Aquarell
Harlekineskes, l974, Ul
Rudolf Korunka
Distel, 1972, Bleistift
Buumstudie, 197a, Bleistitt
Klasterneuburg, im, Aquarell
Nvsuiawm...
Der Maler
des Meeres
Unterwassersteine, Insel Santorin,
Kykladen, 1974, Tusche, 36 48 cm
Leas Robinson malt an den Küsten
der Meere
Meereswelt, Insel Santorin, Ky-
kladen, 1974, Tusche, 36x48 cm
Schnecken ehäuse, Istrien, 1974,
Ul, 70 x1 cm
Gehäuse Meeresschnecke,
lnsel los, Kyklclden, 1974, U1,
100 115 cm
einer
Leos Robinson
ln Santorin klettern wir über Steine, erreichen
Klippen aus schwarzem Basalt, wo Leos Robinson,
der Unbeirrbare, das Meer malt. Das Meer,
dessen Verbündeter er geworden ist.
Ganz früh begann der Knabe zu zeichnen und mit
Wasserfarben zu malen. lhn fesselten nur die
Fische und die Steine in den Gebirgsbächen, in den
Flüssen. Er träumte vom Meer.
Geboren ist er 1939 in einem Steinhaus nicht weit
von Frauenstein. Später kommt er nach Steyr an
die Kunstschule. Sein Lehrer ist Prof. Krepcik,
dem die eigenartige Naturbeziehung des Schülers
auffällt. An der Wiener Akademie für angewandte
Kunst bei Prof. Bäumer malt er Meeresbilder.
1963 erhält er den Preis der Akademie für Malerei.
Er schreibt 1964 Mein imaginärer Geburtsort liegt
im Hafen Ertsian-Gaber des Salomon, in mir ist
die Liebe ungeteilt für alle sieben Meere.
Kein Einspruch, keine Ungläubigkeit von seiten
seiner Freunde, niemand ist imstande gewesen,
seine Wegrichtung zu stören. Hier handelt es sich
um den Auftrag eines Lebens, dessen Keim sein
ganzes Sein bis zur Besessenheit erfüllt.
Hat er nicht den Sirenensang vernommen, als er auf
Pantelleria malte, als er auf den Liparischen Inseln
sich mühte, das Geheimnis der Tiefe, KAN, das
Abgründige, Stets-Wechselnde zu malen?
Das Meer, sanfte Schwester und dunkle Ver-
schlingerin, das Wellenmeer des Odvsseus ist sein
Lehrmeister geworden, und er sein Schüler.
Er erlebte die Bilder von Skylla und Charybdis in
der Straße von Messina im Sturm in einem
Sarazenenturm hat er seinen Unterschlupf und
vertraut ist ihm das glühende Auge des Stromboli,
des Wächters dieser Meere, wenn Robinson mit
den Fischern den Sögefisch unter dem Boot dahin-
ziehen sieht, den Barrakuda, sein offenes iagendes
Gebiß, und die Segel der Marita. Er fährt mit den
Schwammtauchern hinaus und erlebt den Zauber
der Unterwasserwelt. Er malt Korallen, Schwämme,
Anemonen, Medusen. Er entdeckt die Zeichnung
des Sandes und das Strandgut unendlichen Lebens
Geborstene Muscheln, Fischgräten, Panzerteile von
Krebsen, Seeigelschalen, Algen, den phantastischen
Formenreichtum setzt er in Bilder um.
Er lebt völlig anspruchslos. Gelegentlich verkauft er
ein Bild an Ort und Stelle oder tauscht es gegen
Früchte, Brat und Wein. Er lernt Fischernetze flicken
und findet Freunde.
Vor dem getürmten roten Granit van lsola Rossa
auf Sardinien zeichnet er den sagenhaften Oktopus,
den achtarmigen Polypen.
Hat er nicht alles andere vergessen vor der
Entdeckung des Meeres? Das Meer wird für ihn
das irdische Paradies, die Auffindung des Heils.
Er ist überzeugt, daß das Hin-Finden zur Natur dem
Menschen die verlorene Hoffnung wiedergibt.
Der Meltemi treibt Bimsstein über das Kratermeer
van Neokamene, Schwefel aus dem Vulkan
vermischt sich mit dem Blau der Fluten. Hier taucht
und malt Leos Robinson. Für ihn hat der Abgrund
die Gefahr der Tiefe verloren. Der schöpferische
Vorgang läßt ihn einswerden mit der Natur.
Er steigt in sie hinab, vom Bekannten zum Unbe-
kannten, doch Existenten geht die schöpferische
Expedition. Von der Küste des Hacho dringt er
langsam über Tanger in südliche Richtung, nach
EI Jadidda und nach Safi.
Das Safi der Ra des Thor Heyerdal wird das Safi
des Hammerhais für Leos Robinson. 1971 erlebt er
das Ungeheuer, das fabelhafte Tier und seinen
Kampf mit den Fischern. Es wird ihm Symbol für die
Aggression unserer Gesellschaft.
Diese Bilder und ihr lnhalt sind neu, weil sie der
gewohnten Gewordenheit fremd sind, sie liegen
gewissermaßen in der Zukunft, sind entsprungen
aus der schöpferischen Kraft zum Unbetretenen.
Robinsons Hineinhorchen an die Geheimnisse dieser
magischen Welt, in der alles ohne Stillstand sich
erneuert oder abstirbt, lassen ihn das Sein aus der
Meerestiefe erfahren Ob er den Seeigel malt und
seine zerborstenen Stacheln oder das von der Welle
zerschlagene Schneckenhaus es ist das Universum,
das er malt. E. C. Wong
37
Aktuelles Kunstgeschehen Österreich
Wien
Graphische Sammlung Albertina
Brasilianische Graphik der Gegenwart
Im Anschluß an die Würdigungsausstellung der
kunsthistorischen Verdienste des vormaligen
Albertina-Direktors Heinrich Benesch zeigte die
Albertina eine breit angelegte Gruppenausstellung
unter dem Motto Brasilianische Graphik der
Gegenwart". Wie zumeist bei derartigen Unter-
nehmen, die von varneherein ein zu breites Spektrum
ansteuern, hätte auch in diesem Fall eine
straffere Auswahl Qualitätssteigerungen und ein
Mehr an Übersichtlichkeit zur Folge haben können.
Trotzdem war der gebotene Einblick in die Kunst
dieses so vitalen und aufstrebenden Landes inter-
essant und für Vergleiche mit der Situation
der Graphik in unseren Breiten aufschlußreich.
Der künstlerische Pluralismus der Moderne
kennzeichnet freilich auch die brasilianische Kunst-
szene. Relativ eigenständig wirken demgegenüber
die Holzschnitte von Volkskünstlern aus dem
Nordosten Brasiliens. Die von offiziellen brasiliani-
schen Stellen organisierte Schau umfaßte insgesamt
136 Arbeiten von mehr als vierzig Künstlern,
darunter den auch in Europa gut bekannten
Radierern Arthur Luiz Piza und Isabel Pons.
Der lange Zeit hindurch in Brasilien beheimatete
Österreicher Axel Leskaschek war erfreulicherweise
mit einer Auswahl seiner markanten Holzschnitte
gleichfalls vertreten.
30. 1.-2. 3. 1975 Abb.
Museum des 20. Jahrhunderts
Gerhardt Maswitzer
Böse schöne Welt
Gerhardt Maswitzer, der nunmehr in einem Wiener
Atelier arbeitende steirische Plastiker, macht
aus seiner Kunst nicht viel Aufhebens. Er betreibt
sie allerdings mit Zähigkeit und Bestemm,
unbekümmert um Betriebsamkeit und wissend um
die Relativitäten sogenannter Erfolge. Maswitzer
zählt seit Jahren zu den Stillsten unter Österreichs
führenden Künstlern der Generation zwischen
dreißig und vierzig, verstand es iedoch immer
wieder, durch gleichermaßen eigenständige wie
konsequente Leistungen zu überzeugen. Gleiches
kann auch von seiner eher kleingeratenen und
bloß in den Nebenraum gedrängten Personale
behauptet werden, die Zeichnungen und Skulpturen
der letzten zehn Jahre umfaßte. Der gebotene
Überblick war instruktiv, klar gegliedert und
insbesondere im Bereich der dominierenden
kleineren Arbeiten van sehr beachtlicher Qualität.
Otto Breicha, dem der informative Katalog über
den Künstler zu danken ist, brachte in einem
ausführlichen Vorwort Moswitzers Werk auf den
treffenden Kurznenner Seine Plastik, durch so
viele höchst persönliche Überlegungen bestimmt,
riskiert es, als Sonderfall einer Sanderentwirklung
mißverstanden zu werden." Die leise Warnung,
die diesem Satz zu entnehmen ist, bleibt
weiterhin aufrecht.
Als nur selten qualitätsvoll erwies sich hingegen
die im umfassenden Katalog als die größte und
vollständigste Kunstsammlung der Naiven
Jugoslawiens" bezeichnete Sammlung des Journa-
listen Gerhard Ledic. lhre parallel zu Maswitzer
vorgenommene Präsentation stellte in aller
Deutlichkeit die Macht und Ohnmacht heutiger
naiver Kunst unter Beweis. Auch hier hätte man
durch entsprechende Reduktion ein ungleich
schwerer wiegendes Mehr erreicht. Diese Überlegung
drängt sich um so mehr auf, denkt man etwa
an die in anderen Sammlungen und Museen
befindlichen frühen und wichtigen Werke der
iugoslowisdien Väter dieser inzwischen zu einer
regelrechten Kommerzmode umfunktionierten
Bauernmalerei. Trotz dieses generellen Einwandes
gab es Lohnendes, Markantes und Echtes zu sehen.
Es war nur schwierig, derartiges herauszufinden.
12. 3-20. 4. 1975 und Februar-April 1975
Abb.
38
Secession
Armin Holzner
Während im Hauptraum die später noch in
unserer Zeitschrift näher behandelte Ausstellung
Aspekte der Düsseldorfer Kunstszene" zu sehen
war, präsentierte die Secessionsgalerie den 1942
in Innsbruck geborenen Tiroler Armin Holzner.
Holzners Bildobiekte, die schon seit längerem
die reine Tafelbildmalerei verlassen und ins
Räumliche verstoßen, vereinen Elemente eines
peniblen, oftmals geradezu augentöuschenden
Realismus mit gewissen Momenten barocker
Freskokunst. Holzner entwickelt in seinen gekonnten
Bildern eine anregende Doppelbödigkeit, die zwar
den Einfall, die Bildidee, nicht außer acht läßt,
allerdings primär aus der Malerei und ihren gut
aufeinander bezogenen Qualitäten formaler und
farbiger Art lebt. Eine erfreuliche Entwicklung!
25. 1.-15. 2. 1975 Abb.
Galerie Ariadne
Allen Jones
Allen Jones, 1937 in Southampton geboren, zählt
seit Jahren zu den führenden Künstlern der
internationalen Pop-art. Er empfing richtung-
weisende Impulse durch langiährige Aufenthalte
in den USA. Sein bevorzugtes Thema ist die Frau,
die von Jones als Sexsymbol und Fetisch einer
überkommerzialisierten Industriegesellschaft inter-
pretiert wird. Die im Anschluß an Wien auch von
der Linzer Neuen Galerie präsentierte, von
George McGuire nach Usterreich gebrachte
Ausstellung enthielt 37 Exponate, darunter eine
Reihe äußerst großer neuer Ulbilder, die in
überzeugender Weise die malerischen Fähigkeiten
des Engländers im Sinne einer sehr symptomatischen
Zeitbezogenheit und Zustandsschilderung unter-
strichen.
Dezember 1974-Jänner 1975 Abb.
PeDeGalerie
Elisabeth Schwarzmüller
Die Ausstellung muß als echte Entdeckung einer
auf bestem Wege befindlichen malerischen
Begabung gewertet werden. Die iunge Künstlerin,
Jahrgang 1950, absolvierte 1973 die Akademie der
bildenden Künste in Wien. Sie studierte dort bei
Hollegha und Mikl, verrät allerdings in ihren
kraftvollen, großen Bildern eher eine gewisse
Verwandschaft mit Francis Bacon. Mit Vorliebe
greift sie Szenen des Alltags heraus, Streiflichter
von Parties, einen Boxkampf, Kinderköpfe.
In durchaus eigenständiger Fortführung des
Expressionismus, doch mit Blickrichtung auf eine
sehr malerische neue Gegenständlichkeit, charak-
terisiert sie so ihre Umwelt mit gelassener Direktheit.
Erstaunlich, wie ihr derartiges von der Hand geht.
Erstaunlich auch, welch große Formate Elisabeth
Schwarzmüller bewältigt und mit welchem Einsatz
sie am Werk ist.
7.-29. 3. 1975 Abb.
Galerie Würthle
Linde Waber Zeichnungen
Die Künstlerin, die erst voriges Jahr im Öster-
reichischen Museum für angewandte Kunst in einer
Ausstellung ihre Holzschnitte zeigte, präsentierte
hier erstmals nur Handzeichnungen. Es waren
Rahrfeder- und Pinselarbeiten, die ab und zu mit
Sepia ergänzt wurden. Von den rund 40 Graphiken
waren die meisten Landschaften, im besonderen
Stadtlandschaften. Bestechend die Aufteilung der
Dunkel-Hell-Werte und die eindeutige Beherrschung
der Fläche. Die Liniengefüge saßen so fest
verspannt im Blatt, daß sie auch dort, wo sie sich
imaginär über den Blattrand fortsetzten, ein
dichtgeordnetes Gefüge festhielten.
15. 1.4. 2. 1975 Abb. 10
Galerie Schwarzer
Franz Traunfellner
Mit über 70 Blättern wurde der Waldviertler
Künstler ganz groß in Wien vorgestellt. Für den
Kenner waren die meisten Holzschnitte nicht neu,
die Radierungen und Lithographien werden aber
auch iene, die Traunfellners Werk aufmerksam
Peter Baum
verfolgen, überrascht haben. Da gibt es Winter-
landschaften mit hohen Horizonten, die an gewisse
Rembrandt-Radierungen erinnern. Weiche Töne
beim Lithographieren zeigen uns einen anderen,
malerischen Traunfellner. Es sieht aus, als würde
sich hier ein neuer Weg in der langsamen
und stetigen Entwicklung des Künstlers anbahnen.
1-4-2- 1975i Alois Vogel
Salzburg
Galerie Academia
Wolfgang Hutter
Aus Anlaß dieser Ausstellung eines Portfolios
Die Zauberflöte" mit sieben Radierungen und
zehn Farblithographien von Wolfgang Hutter
erschien nun auch ein kleines Büchlein mit
Abbildungen aller Graphiken und mit einem
Begleittext des Künstlers Preis 70.-. Die Originale
der Mappe selbst entstanden 1973l74, ediert als
Koproduktion verschiedener Verlage in aller Welt
22.800,-. Die Blätter sind hervorragend gedruckt,
Vogelmenschen, Tempelbezirke und Wälder
des Märchens, ein geradezu klassischer" Vorwand
für Hutters reizvolle Fabulierkunst.
14.-19. 2. 1975
Hans Krenn
Der 43iährige Architekt lebt in Wien und im Wald-
viertel; 1970171 unterrichtete er an der Florida
Technological University Malerei und Druckgraphik.
Krenns phantastische Malerei hat kaum etwas
mit der der sogenannten Wiener Schule"
gemeinsam. Inwieweit aber trotzdem ein eigen-
ständiger Weg in einer Malerei eines Phantasti-
schen Realismus" beschritten werden könnte,
läßt sich am Beispiel dieser Ausstellung schwer
sagen, da diese Bilder viel zu sehr auf geistigen
wie formalen Wiederholungen einer bestimmten
künstlerischen ldee beruhen.
20. 2.-15. 3. 1975
Galerie Achleitner
Wilhelm Kaufmann und Roland von Bohr
Der Salzburger Maler Wilhelm Kaufmann hat eine
Mappe mit 15 Lithographien Zwischen Wasser
und Urwald" zum 100. Geburtstag von Albert
Schweitzer geschaffen. Kaufmann hatte während
mehrerer Aufenthalte in Lamborene dort freiwillig
als Bauarbeiter gearbeitet. Seine Bilder völlig
frei von ieder Sozialtourismusexatik setzen der
Tat Schweitzers ein würdiges Denkmal.
Der Bildhauer Roland von Bohr, der wie Kaufmann
ein Atelier im Salzburger Künstlerhaus besitzt,
hat seinerzeit schon bei der Ausstattung von
Clemens Holzmeisters erstem Salzburger Festspiel-
haus Entscheidendes geleistet. Bohrs Werk trägt
das Zeichen hohen handwerklichen Könnens in sich,
sein Naturalismus" ist ebenso humorvoll wie streng.
25. 2-26. 3. 1975
Galerie in der Goldgasse
Rolf Märkl
Der 43iährige Bildhauer, der in Rasenheim lebt und
arbeitet, verleiht seinen stämmigen" Eichenholz-
Skulpturen einen eher elementaren als
archaisierenden Ausdruck. Eine echte Überraschung
im Salzburger Ausstellungsleben bilden Märkls
ganz hervorragende Holzschnitte, in denen,
erotisch und expressiv, das Thema der menschlichen
Gestalt überzeugende Variationen findet.
2-29. 3. 1975 Abb. 11
Galerie Welz
Marc Chagall
Den 105 Radierungen der von Ambroise Vollard in
Auftrag gegebenen und nach dessen Tod vom
Verleger Teriade edierten Chagall-Bibel" gesellten
sich in dieser vorzüglich gehängten Ausstellung
40 Farblithographien Chagalls zum Thema der Bibel
zu und bildeten so ein sehr eindrucksvolles
künstlerisches Ereignis. Der Zyklus hatte immer
schon viel Aufsehen erregt, iedesmal aber ist man
besiegt; da bleibt nichts mehr zu sagen",
wie Chagall selbst einmal van der Graphik
Rembrandts gesagt hat, denn er hat ganz
einfach seine Bilder gelebt wie ein biblischer Ahne".
oshige Kusuno, Regenbogen. Mischiechnik
oshige Kusunu, Regenbogen. Mischtechnik J. Berges, NHpferd. Holzschnill Gerhard! Moswlrzer, Eisenplusiiken, 1968, ca. 12 cm
Luckovrc, KosckenmuNer, 1963, Hmterglasmulerei Ivan Luckovic, Begräbnis von Skafun 1109091966 Armm Mahner, Selbstporlrzn, 1974. ÜlfLwd. mit GIPS-
ubguß, 80 80
AI
wJones, Dream Dance. OllLwd. Allen Jones seiner Wiener Schau in der Galerie
Ariadne
Weber, Burundipalace, 1973. Feder, Tusche 11 Rolf Märkl, Sirlpperin, 1959. Hohschrml 12 Marc Chugull, Gab hCll Erbarmen mii Jakob. BI. Nr. 94
aus Die Bibel", 1956
39
Luckovnc, Kosckenmnmer, 1963, Hmterglusmulerei
1h
Jones, Dream 9c Dunce. OlfLwd,
Aktuelles Kunstgeschehen Österreich
Eine sinnvolle Ergänzung bildeten neuzeitliche
Ikonen, die im neuen Galerieraum in ersten Stock
gezeigt wurden.
4. 3.-2. 4. 1975 Abb. 12
Franz Wagner
Tirol
Innsbruck Galerie im Taxispalais
Lyonel Feininger
Frühe Cartons mit Kinderbildgeschichten. Erinne-
rungsstücke, einige Zeichnungen auf Postkarten,
die auf Feiningers Stil weisen, Zeichnungen und
aquarellierte Briefköpfe, die iedoch eine recht
herzliche und außerordentlich persönliche
Dokumentation sind.
JännerlFebruar 1975 Abb. 13
Walter Kampmann
40 Graphiken des 1887 geborenen und 1945
gestorbenen Künstlers. Aquarelle, Bleistift- und
Sepiazeichnungen. Blätter, die eine sehr eigen-
willige, zum Erzählen hinneigende Natur verraten.
Die Farben sind von den Schatten der Ereignisse
iener Jahre gekennzeichnet, in denen Kampmann
als entartet" einzig nur für sich arbeiten kannte.
25. 2.-25. 3. 1975 Abb. 14
Steiermark
Graz Künstlerhaus und Kulturhaus
der Stadt Graz
Böse schöne Welt Naive Kunst
aus Jugoslawien
Es sind durchwegs Exponate der privaten Sammlung
des Journalisten Gerhard Ledic, die dieser im
Laufe von vielen Jahren zusammengetragen hat.
Insgesamt waren 505 Werke, davon 156 Skulpturen
und 349 Bilder, zu sehen. Von letzteren sind die
überwiegende Mehrzahl Hinterglasbilder, eine
Technik, die sich für diese Art der Darstellung
besonders eignet. Es ist klar, daß bei einer solch
großen Schau nicht alles von der gleichen Qualität
ist. Es sind aber neben vielen iungen und alten
unbekannten Laienkünstlern, die mehr oder
weniger naiv sind, auch einige bekannte Namen,
wie Ivan Generalic', Dragan Gazi, Ivan Lackovic
u. a., zu sehen. Neben wirklicher Leistung ist auch
mancher Kitsch. Besonders kraß ist der Unterschied
bei der Plastik, wo neben Souvenirschnitzereien
so aussagestorke und wirklich naive Arbeiten
wie iene der Angela Bec, der Franciska Petelinsek
und des Dragutin Lukaöiö stehen. Sehr originell
auch die allen Rahmen!
JännerlFebruar 1975
Neue Galerie
Graphik-Neuerwerbungen 1966 bis 1974
Die Schau wurde von Dr. W. Fenz aus einem etwa
zehnmal so großen Stock von Neuerwerbungen
ausgesucht. Fast ausschließlich Graphiken und
Druckgraphiken. Es fanden sich ausgesprochen
schöne und wertvolle Stücke dabei. Neben vielen
bekannten Namen der österreichischen Gegen-
wartskunst waren auch je eine Bleistiftzeichnung
von Franz Alt, Friedrich Gauermann, Feder-
zeichnungen von Jakob Gauermann und ein
Holzschnitt von A. Maillol zu sehen.
17. 1.-9. 2. 1975
Josef Sima, 1891-1971
Einer Zusammenarbeit mit dem Museum Bochum ist
es zu verdanken, daß diese Schau nach Graz kam.
Verdienstvoll u. a. deshalb, weil es sich um einen
Altösterreicher handelt. Sima wurde in Jaromer in
Böhmen geboren, studierte in Königgrätz, Brünn
und Prag. 1921 kam er nach Frankreich, das ihn
nicht mehr losließ. 264 Exponate zeugen von einem
intensiven Leben und einem ehrlichen Werk,
wobei wir den Wandel in Simos Auffassung von
einer Sachlichkeit über surreale Bilder aber weit
von allem Phantastischen entfernt! bis zu späten
Licht- und Farbkompositionen verfolgen konnten.
Schade, daß nicht noch weitere Bundesländer
die Ausstellung übernahmen.
13. 2.-16. 3. 1975 Abb. 15
40
Neue Galerie im Künstlerhaus
Österreichische Zeichnungen und
Aquarelle des 20. Jahrhunderts aus der
Sicht eines privaten Sammlers
Aus mehr als tausend Blättern wurden von dem
ungenannt bleibenden Sammler etwas über
250 für diese Schau ausgewählt. Die Arbeiten sind
fast durchwegs der Natur und dem Gegenstand
verbunden. Einen starken Raum nimmt die Nötscher-
Schule ein. Besonders schön sind Gustav Klimt,
Egon Schiele, Alfred Kubin, Wilhelm Thöny,
Herbert Boeckl und der frühverstorbene Kurt
Absolon vertreten. Natürlich sind auch wesentliche
Zeitgenossen mit bezeichnenden Arbeiten in der
Sammlung. Ein dankenswertes Unternehmen,
das man gerne auch auf anderem Gebiet ergänzt
sehen würde.
14. 2.-16. 3. 1975 Abb. 16-18
Oberösterreich
Linz Neue Galerie
Johann Fruhmann
Hier wurde, wie der Veranstalter, der Direktor der
Galerie, Peter Baum, im Katalog betont, eine
Gesomtausstellung mittleren Umfanges versucht.
Nun, vierzig Ulbilder und eine große Anzahl
Graphiken ergeben eine sehr ansehnliche und die
Entwicklung des Malers verdeutlichende Schau.
Die früheren Zeichnungen, alle vor 1949 entstanden,
bezeugen den großen stilistischen Sprung, den
Fruhmann in ienen Jahren getan hat. Andererseits
finden wir aber auch schon manche Erscheinungs-
form seiner abstrakten Zeit in diesen gegen-
ständlichen Graphiken präformiert. So weisen etwa
die unruhigen horizontalen Liniengetüge in der
Graphik, die eine Baumgruppe zeigt, auf die
Malereien der frühen sechziger Jahre mit ihrem
unruhigen Farbgerinne um eine vertikale Achse.
Deutlich wird auch, daß Fruhmann seit 1950 seiner
abstrakten Arbeitsweise treu blieb und sich doch
dabei ständig weiterentwickelte. Waren es anfangs
eher konstruktive Elemente, so finden wir in der
ersten Hälfte der sechziger Jahre informelle
Formen, die sich gegen Ende des Jahrzehnts zu
größeren Einheiten verdichten, zeichenhaft
konzentrieren, um 1970 die Bildebene verlassen
und in die dritte Dimension greifen. Ein starker
Katalog mit uten Farbwiedergaben ergänzte
die Schau.
5. 12. 1974-31. 1. 1975 Abb. 21 in arnk 138, 5.41
Allen Jones
Die von der Galerie Ariadne übernommene
Exposition umfaßte zehn große Bilder sowie eine
ganze Reihe Zeichnungen und Farblithographien.
23. 1.-28. 2. 1975
Johannes Wanke
Der bekannte Graphiker legt sich immer mehr und
mehr auf den Holzschnitt fest. Immer gegenständlich,
sind die schwarzen Balken oft wie Schriftzeichen,
die eine Landschaft oder ein Obiekt vereinfachend,
elementar auf das Blatt bannen. Der Beschauer
wird allein schon von der Form beeindruckt.
Es ist aber immer eine Konzentration auf das
Gezeigte, ein Weglassen etwaiger Zufälligkeiten,
manchmal bis zum Stenographischen Kürzel
Viadukt ll. Dann wieder werden mit den Teilungen
des Blattes in schwarze und weiße Zonen fast
magische Wirkungen erreicht Linz, Pöstlingberg.
5. 3.-5. 4. 1975 Abb. 19
Stadtmuseum Linz Nordico
Glas des Jugendstils
Über die von Waltraud Neuwirth gestaltete Schau
wurde anläßlich ihrer Präsentation in Wien,
im Österreichischen Museum für angewandte Kunst,
in unserem Heft Nr. 135 ausführlich berichtet.
13. 1.-9. 2. 1975 Abb. 20
Architektur der zwanziger Jahre
Eine Fotodokumentation, die zeigt, daß die
Avantgarde der Architekten der zwanziger Jahre
sich erst nach dem zweiten Weltkrieg richtig
durchgesetzt hat. Es sprach daher bemerkenswert
vieles, das gezeigt wurde, als zeitnah an.
Die Ausstellung kam durch die Firma Eternit-Werke
L. Hatschek zustande.
17. 1.-12. 2. 1975
Hans Wallner
Der im Jugendstil ia nach bei Oskar Laske
letztmals zu einer größeren Verbreitung gekommene
Papierschnitt hat wohl in dem Linzer Hans Wallner
1890-1972 seinen bedeutendsten österreichischen
Vertreter. Blätter bis zu 97 97 cm sind, allein vom
Technischen her, eine große Leistung. Wallner
erreichte eine Wirkung, wie sie manchem
Holzschneider eigen ist. Die Komposition steht
ausgewogen im Bildrahmen. Auch abstrakte Formen
finden wir, wobei die ungemein reichhaltigen und
komplizierten schwarz-weißen Muster an Op-art
denken lassen.
17. 1.-17. 2. 1975 Abb. 21
Niederösterreich
Wiener Neustadt Galerie
Werner Rischanek
Der Maler war bei einer der letzten Künstlerhaus-
ausstellungen mit interessanten Entwürfen zur
Ausgestaltung der U-Bahn-Schächte hervorgetreten.
Es handelte sich um lineare Gestaltungen, die durch
das schnelle Befahren der Tunnels erfaßt
werden. Hier zeigte er wieder eine ganz andere,
neue, mit lichtempfindlichen Farben und einem
Auswaschverfahren gewonnene Technik.
13. 121974-17. 1.1975
Reo Martin Pedrazza
20 große Olbilder und einige Graphiken. Das Thema
des Tiroler Malers ist immer wieder der Mensch.
Die Farben sind zurückhaltend und doch außer-
ordentlich sinnlich, der Strich der Graphik ist ein
gekräuseltes Suchen nach dem richtigen Weg.
Die Zeichnungen sind bei Pedrazza sehr wesentlich.
21. 1.-22. 2. 1975 Abb. 22
H. P. Zimmer
Der aus der deutschen Bundesrepublik kommende
Künstler ist stark gesellschaftskritisch engagiert.
Seine Druckgraphiken und Collagen sind kraftvoll
und realistisch.
4. 3.-31. 3. 1975 Abb. 23
St. Pölten Galerie Hippolyt
Giselbert Hoke
Der bekannte Kärntner Maler zeigte Gouachen,
Zeichnungen und Lithos in seiner großteiligen Art
und frischen Farbigkeit.
20. 2.-18. 3. 1975
Perchtoldsdorf Galerie Romanum
lsolde Jurina
Collagen und Zeichnungen mit viel Phantasie.
Die Farben sind schwer. Die Flächen sind bis in das
letzte Fleckchen in Besitz genommen. Schillernde
Fabelwesen, oft recht bedrohlich.
20. 2.-13. 3. 1975 Abb. 24
Alois Vogel
Salzburg Internationale Sommerakademie
für bildende Kunst
Vom 21. Juli bis zum 22. August 1975 finden auf der
Festung Hohensalzburg die nun schon 23. Kurse
seit 1953 statt. In den alliährlich gleichen Fächern
unterrichten folgende Professoren Abstrakte
Malerei Mario Deluigi, Venedig; Figurale Malerei
Joze Ciuha, Laibach; Lithographie Werner Otte,
Salzburg; Radierung Otto Eglau, Berlin; Bildhauerei
Wander Bertoni, Wien; Städtebauliche Architektur
J. B. Bakema, Rotterdam; Galdschmiedekunst Helge
Larsen, Sidney; Bühnenbild Günther Schneider-
Siemssen, Wien; Bildnerisches Gestalten Claus
Pack Malen, Max Rieder Modellieren und Ger-
hard Gutruf Zeichnen; Dramaturgische Werkstatt
Wolfgang Glück und Karl Maria Grimme, beide
Wien. Anmeldungen bis zum 15. Juni 1975 an das
Sekretariat der Sommerakademie Kaigasse
Postfach 1B, A-501O Salzburg.
Bildfolge 13-24
13 Lycnel Feiningar, Briefzeichnung für Laurence, 1953 "I4 Yglalver Kampmann, Der Wanderer, Feslzug 700 Jahre 15 Josef Sima, Unßerirdischer F1uß,1971.UIlLwd., 60 73 cm
erhn
16 Herber! Baeckl, Ulrichsberg, 1920. Aquarell, Tempera, 17 Rwchurd Gersvl, Selbsibxldnis, Nachloß Werkverl. Nr. 62. 1B Rudolf Wacker, Selbsvbrldrus, 1924. Kreide, 334 250 mm.
monagr. und dm. u. 20. 365 488 mm Sepialkohrfeder, 448 302 mm Manogr. und dal. r. u. RWIZS
Z0 Vase, um 1901. Johann Laefi Wllwe, Klosfermühle. 21 Hans WaHner, Enäwurf für eme miarsiene Tischplaüfe,
"I9 Johannes Wanke, Marabu, 1973. Holzschnitt
Enrwerfer unbekannt 1968. PcprerschnrN
T2 R90 Marhn Pedruzzu, Mädchen, 1974. Federzeichnung 23 H. P. Zimmer, Drei Generale. Collage 74 lsolde Jurina, Zeidmung
Notizen
Dr. Kurt Rossacher Professor
Dem Direktor des Salzburger Barockmuseums und
Herausgeber unserer Zeitschrift alte und moderne
kunst", Dr. Kurt Rossacher, wurde am 2B.Jänner1975
der Professar" verliehen. In einer von musikalischen
Vorträgen umrahmten Feierstunde im Audienzsaal
der Bundesministerien für Unterricht und Kunst und
Wissenschaft und Forschung wurden mit unserem
Geehrten weitere neun Persönlichkeiten des
kulturellen Lebens durch Min.-Rat Dr. Franz
Horatcuk als frischgebackene Professoren ge-
würdigt. Unter ihnen befand sich eine andere
Salzburger Persönlichkeit und langiährige verdiente
Autorin unserer Zeitschrift, Frau Prof. Nora Watteck,
die wir zusammen mit unserem Herausgeber, Dr.
Kurt Rossacher, herzlich beglückwünschen.
Sektionschef Dr. Karl Haertl, der in Vertretung des
Bundesministers für Unterricht und Kunst, Dr. Fred
Sinowatz, die Ausgezeichneten ansprach und ihnen
die Diplome und Dekrete überreichte, würdigte
unter anderem ihre Verdienste, die sie sich durch
ihr Wirken für die Republik Österreich erworben
hatten. ln unserem Falle die Tatsache, daß Dr. Kurt
Rassacher über sein aktives, von untrüglichem
Spürsinn geleitetes Wirken als Kunsthistoriker
hinaus seine in langen Jahren mühevoll aufgebaute
Barocksammlung zum Großteil der Stadt Salzburg
zum Geschenk machte.
Aachen Neue Galerie
Eine neue internationale Schule provinziellen
Ursprungs aus Frankreich, nicht in Paris, sondern
in Nizza begründet, war zu Gast vom 22. Februar
bis 1. April. Junge Franzosen, kaum 30 bis 40 Jahre
alt, die, aus aller malerischen Tradition
ausbrechend, weg vom gerahmten aufgespannten
Ulbild die althergebrachte Handschrift des Malers
mittels Handlungen wie Eintauchen, Falten, Nähen,
Knüpfen oder Stempeln umfunktionieren. lm
Grunde damit einerseits Henri Matisses Malerei
der farbigen Felder fortführend und anderseits an
die großen Entdecker der fünfziger Jahre, die
color-field" ad Reinhart bis Morris Louis
anknüpfend. Langwierige Theoriebildung ging den
Werken voraus, die beredtes Zeugnis ablegen für
die hervorragende Erziehung im Ästhetischen.
Unter den Titeln Grenzüberschreitungen in der
Kunst des 20. Jahrhunderts" waren im März zu
hören Wolfgang Becker Kunst als Handlung,
1955-1975" und Mauricio Kagel Musik und
Aktion".
Der österreichische Architekt Hans Hollein, mit dem
Dr. Johannes Cladders an den Plänen für ein
neues Städtisches Museum in Mönchengladbach
arbeitet, fand mit diesem Projekt, das hier in
engster Nachbarschaft entstehen wird, mittels
Vortrags großes Interesse und Möglichkeit, Einsicht
in die grundsätzlichen Aspekte der Vereinigung
von Beständen alter und neuer Kunst zu
verschaffen.
Horror in the Cinemo, filmische Evergreens des
Exorzismus, Vampirismus, Psyche-Terrors und allerlei
Umweltmonstern liefen vom 22. Jänner bis 22. März.
Boris Carlos in Frankenstein" feierte ebenso
fröhliche Urständ wie u. a. Cary Grant, Peter Lorre
in Arsenic and old Lace", Bette Davis und Olivio
de Havilland in Hush, Hush, sweet Charlotte".
Von Nosferatu einer Sinfonie des Grauens bis zu
Pierre Etaix' lnsomnie und der Stunde wenn Dracula
kommt Das Extrem-Schreckliche als Vergnügen.
Mit regionalen Aktivitäten wie Werkstattgesprächen
über die 100 Aachener Künstler, Filmen für die
Jugend, einer Ausstellung der Kindergalerie im
Atrium, einer Schau aktuellen Pressefatos von vier
Aachener Fotoreportern, Vorträgen, Salvador Dali
die Metamorphose des Narziß", und über eine
spezielle Kunstform unserer Tage Kunst wird Natur
vom englischen Landschaftsgarten zur Land-art"
stellt die Aachener Galerie ihre Programmdichte
unter Beweis.
42
Augsburg Johann-Liss-Ausstellung
Das Ausstellungsereignis des Jahres 1975 erwartet
man hier, einer traditionellen Verpflichtung als
Kunststadt Rechnung tragend, mit der ersten
Gesamtausstellung des Lebenswerkes des aus dem
Oldenburgischen gebürtigen Johann Liss 1597-1629,
den wohl eigenwilligsten und bedeutendsten Malern
des Barock zugehörig. Früh schon nach den
Niederlanden gegangen, sind seine ersten Stationen
Haarlem, Amsterdam und später Antwerpen, und
Künstler wie Goltzius, Hals, Buytewech, dann
P. Breughel, Rubens, Jonssens und Jardaens
bestimmen den Stil seiner frühen Zeit. Um 1621
gelangt Liss, von Paris kommend, nach Venedig,
worüber J. Sandrart als verläßlicher Chronist von
dem ungewöhnlichen Leben und Arbeiten des
genialen Malers berichtet, der gelegentlich eines
kurzen Romaufenthaltes der Schilderbent", einer
damaligen niederländischen Künstlerkolonie,
angehörte, die ihm taxfrei, seiner leidenschaftlich-
ungestümen Lebens- und Schaffensweise wegen,
den Namen Pan" gab. Ein Frühvollendeter, gleich
Mozart, wurde Liss 33iährig in Venedig von der
Pest dahingerafft.
Nach den unter der Patronanz der lCOM stehenden
Großausstellungen Hans Holbein d. Ä.", Kunst
der Spätgotik", 1965, Augsburger Barock", 1968,
und Suevia Sacra", 1973, setzt Augsburg einen
weiteren markanten Baustein in der Reihe seiner
kulturellen Großveranstaltungen. Alle Möglichkeiten
umfassender und instruktiver Information,
flankierend zur Ausstellung, sowie ein zeitgemäßes
Publikumsservice sollen die Präsentation der etwa
50 Gemälde und 30 Handzeichnungen von
Johann Liss im ehemaligen Goldenen Saal des
Augsburger Rathauses optimal veranschaulichen.
Die Kunstwelt sieht voller Erwartung nach Augsburg,
wo diese bedeutsame Veranstaltung vom 2. August
bis 2. November 1975 vonstatten gehen wird.
BerlinlWien Theaterplokate aus der DDR
Fast den ganzen Februar hindurch zeigte man in der
Wiener Galerie ZB eine Auswahl von rund 50
Theaterplakaten aus der DDR, durchwegs gekonnte
grafische Darstellungen zu klassischen wie auch
modernen Theaterstücken. Abb.
Bonn Rheinische Goldschmiedekunst
Ein bedeutsames kulturelles Ereignis war die vorn
16. Jänner bis 2. März 1975 im Rheinischen
Landesmuseum veranstaltete Ausstellung Rheinische
Goldschmiedekunst der Renaissance und Borockzeit
Kostbares Gerät aus Kirchenschätzen, Museen
und Privatsammlungen". Während bisher die
deutsche Goldschmiedekunst der Renaissance ihren
Ruf den süddeutschen Metropolen verdankte, wurde
nun der Versuch unternommen, zu beweisen, daß
es mit Köln, Aachen und Düsseldorf drei große
Zentren mit Meisterpersönlichkeiten im Rheinischen
gab, die künftighin die regionale Kunstgeschichte
bereichern werden. Wiederentdeckt und zum Teil
erstmalig ins Bewußtsein gerückt wurde eine Anzahl
kostbarer Zimelien des Rheinlandes, darunter
die augenfälligsten, wie die Kölner Expositorien aus
Münster i. W., die Büsten der Heiligen Aloisius
aus KälnlSt. Peter und Donatus aus Münstereifel,
die großartige Muttergottes aus dem Londoner
Victoria B. Albert Museum und ein weiteres
stattliches Großaufgebot kostbarer Schätze von
wertvollen Goldschmiedeexponaten. Abb.
BudapestlWien Collegium Hungaricum
lm Jahr des Denkmalschutzes 1975 sind neben den
Bemühungen um die Erhaltung und Revitalisierung
künstlerisch und historisch schützenswerter
Architektur auch die Aspekte der Stadterweite-
rungen von großer Bedeutung. Von besonderer
Aktualität im Nahbereich, dem österreichisch-
ungarischen Raum, war daher ein Vortrag mit
Lichtbildern von Dir. Dr. Karoly Perczel zum
Thema Entwicklungstendenzen der westungarischen
Städte und deren Verbindungen mit Österreich".
Die am 12. März 1975 veranstaltete Aktivität lief
aus in einer von o. Prof. Dr. Rudolf Wurzer
geleiteten Diskussion.
EsslingenlRegensburg Aus Künstlergilde
und Ostdeutscher Galerie
Unter den zahlreichen Ausstellungen dieser
Vereinigung hervorhebenswert Kunst zu Kafka".
Eine Schau, die in über 350 Aquarellen, Zeichnungen,
graphischen Blättern und Mappen von über 50
Künstlern Werk und Leben Franz Kafkas zum Thema
hat. Chirico, Fronius und Kubin, Coudenhove-Kalergi,
Cuevas, Escher, Fuchs, Hrdlicka, Janssen, Meckseper,
Rainer, Vallazza u. a. sind mit Werken, die von
1927-1974 entstanden sind, vertreten. Die Schau
kommt auch nach Wien und geht dann nach
Amsterdam und Tokio. Vorn 7. Februar bis 9. März
war sie, von Bonn kommend, in der Regensburger
Ostdeutschen Galerie zu sehen.
Ferner interessant zwei Ausstellungen österreichi-
scher Künstler, so eine über Rudolf Jettmar ebenfalls
in der Ostdeutschen", vom 20. März bis 27. April,
und eine über Hans Fronius im Reutlinger Spend-
haus vom 21. März bis 20. April 1975. Abb.
London Fritz Maierhofer in der electrum"
Der iunge Österreicher Fritz Maierhofer, der in der
Reihe Schöpferisches Handwerk der Gegenwart"
u. a. im Österreichischen Museum für angewandte
Kunst schon 1972 seine charakteristischen Arbeiten
zeigte, Merkmale, ein maschinell-ästhetischer
Aspekt mit exakt linearen Dekoren und Vernie-
tungen, ist mit einer One-man-Shaw vom 22. Februar
in der electrum-gallery zu sehen gewesen.
Maierhofer, gleich nach seinem Diplom, 1966, bis
1970 in London in Andrew Grima's Workshop
tätig und gelegentliche Trips nach den USA
unternehmend, hat wesentliche Einflüsse im
anglaphilen Bereich aufgenommen. Völlig anti-
traditionell, geht er mit seinen Broschen, Ringen und
Armbändern neue, zukunftweisende Wege und
dürfte eine vor allem von der Jugend gern
aufenommene cool-phantastic"-Line in Sachen
Schmuck eröffnen. Abb.
MoskaulWien Gleser-Sammlung spontan
Dem schnellen Zupacken des neuen Präsidenten des
Wiener Künstlerhauses Hans Mayr ist die
Präsentation der Sammlung Alexander Gleser zu
verdanken. Der von dem russischen Sammler
gerettete Teil seiner Sammlung 80 Bilder
nonkonformistischer russischer Künstler war somit
zum erstenmal im Westen zu sehen. Die
Schwierigkeiten der russischen Maler, die dem
offiziellen Kunstschaffen nicht zuzurechnen sind,
dokumentieren sich darin, wie man hört, daß
erst zu Ostern wieder quasi geheime Präsentationen
nonkonformistischer Künstler in Privatwohnungen
stattfonden. Was Glesers Wiener Präsentation
seiner Restsammlung betrifft, sa konnte nicht
erwartet werden, daß man pauschal mit Werken
erster Qualität konfrontiert werden wird. Immerhin
war es aufschlußreich, einiges dieser daheim
verabscheuten" Kunstrichtung überhaupt einmal
vor den Augen zu haben.
New York Spureys Porcelain Crofts
Mit einem schönen Erfolg kann das Wiener
Porzellanmacherpoar Kurt und Gerda Spurey in
den USA aufwarten. Die neu etablierte The
Florence Duhl Gallery" in New York, 31 West
54th Street, eröffnet mit einer Selektion von
Schöpfungen der beiden, die auch in einem
Shop Talk mit der Kunstkritikerin Lisa Hammel in
der New York Times vom 22. Februar 1975
ausgezeichnete Resonanz fand. Den Spureys, die
mit ihren transluziden Porzellanen das Erbe Kurt
Ohnsorgs hüten und die Zukunft tragen, einen
Neubeginn der Keramik Österreichs, ia Europas,
eröffneten, ist damit auch in Übersee ein
überzeugender Beweis für ihr Schaffen, somit ein
internationaler Durchbruch gelungen.
Nürnberg Aus der Kunsthalle
Das Meer hat zu allen Zeiten Künstler an seine
Strände gebannt. Seine Schönheit wirkte in
magnetischer Weise, und Zwiesprache zu halten
mit dem unergründlichsten der Elemente, dessen
Oberflächenerscheinungen und Stimmungen sich
malerisch zu erarbeiten, war ihnen alles. Einer aus
unseren Tagen, den es gleichfalls packte, ist Jürgen
Bildfolge 1-8
Claus, der unter dem Titel Das Meer Celebration
of the Ozean", Erlebnisräume, Dias, Filme in der
Nürnberger Kunsthalle vom 31. Jänner bis 30. März
1975 zeigte. Der Nestar aller Unterwasserforscher,
der Wiener Dr. Hans Hass, eröffnete die Schau.
Jürgen Claus, wohl ein Futurist des Meeres, kreativ
nicht nur in richtungweisenden Experimenten und
Proiekten wie der Produktion riesiger künstlicher
Meeresanemonen oder einem Aqua-Center,
Tauchschule und Aquatel in einem erweist sich
auch in Publikationen wie Planet-Meer-Kunst ist
Umweltforschung Unterwasser" lDuMont Schauberg,
1972. Abb.
Paris Aus der Galerie Camion
Die österreichische Malerin und Graphikerin
lrmgard Brunmayr stellte in der Rue des
Beaux-Arts, Paris Vle, gelegenen Galerie Jean
Camion vorn 4. Februar bis 23. Februar 1975
Aquarelle und Zeichnungen aus. Wir bringen in
unserem Bildcmhung eine ihrer neueren Arbenen! Tlgiatfrplakat das Deutschen Nationaltheaters Weimar, Hl. Aloislius, Reliquienbüste, Kaln, Mitte 17. Jh.
die einen frischen Zug und flotte Pinselführung especres qmlei Th' 5h'llmg' Kuli" Sl" Feier
ausweisen. Abb.
Toronto Aus dem Dominion Centre
Mit Prof. Josef Schulz von der Wiener Hochschule
für angewandte Kunst, einem Gobelinkünstler, zog
es einen weiteren Österreicher nach dem
amerikanischen Kontinent. Erster Stopp einer
größeren Ausstellungstournee 21 Gobelins sind
zu sehen die im 55. Stock des Dominion Centre
gelegene Observation Gallery. Quintessenz aller
Überlegungen Schulz', dem künstlerisch frei-
gewebten Teppich eine bestimmende Funktion in der
Zukunft zu erwirken, ist das Moment, daß die
kontemporäre Architektur mit ihren kalten
Materialien geradezu nach wärmenden,
schmiickenden Elementen verlangt. Festlich-reprä-
sentative Erfordernisse mancher Anlagen und
Institutionen, wie Flughafengebäude, Kongreß- und
Hotelröumlichkeiten, moderne Kirchen, bestärken
Prof. Schulz' These.
WashingtonlWien Vortrag über
das Smithsonian
Die Austro-American Society lud für Montag,
Z0. Jänner d. 1., zu einem Vortrag in das
Österreichische KulturzentrumlÖsterreichhaus, Der
Kurator des 20th Century Art in the National
Collection of Fine Arts at Smithsonian hielt einen
Vortrag mit Lichtbildern unter dem Titel
20th Century Art at Smithsanian".
Winnipeg Aus der Art Gallery
Des Earl of Snawdons für Klatschspalten
prädestinierte Persönlichkeit arbeitet natürlich auch
ernsthaft. Mit über 250 fotografischen Werken war
der reiselustige prominenteste Fotograf Old
Englands, Anthony Armstrong-Jones, mit seinen
Assignments" hier zwei Monate lang zu Gast.
Des Earls künstlerische Distinktion steht außer
Zweifel, und so eröffnete sich dem kanadischen
Publikum eine interessante Schau der Kontraste,
in denen der Mensch, das tote" Obiekt, im
weitgespannten Themenkreis, das Feuer des
Exotischen ebenso wie die Schatten des Obskuren Fritz Mamhoge, Neue, Jwgen 0mm Das Meer
in variablen Interpretationen Niederschlag
gefunden haben. Fotografische Werke, in denen
die Differenziertheit der Stile und das Essentielle
aller Erscheinungen, als eigenständige Kreativität,
heraussticht und fesselt. Abb.
Zürich Akari-Lampen aus Japan
Ein internationaler Designwettbewerb wird
alliährlich in Japan für Entwürfe im Bereich der
Beleuchtung durchgeführt. Die ausschreibende
Yamagiwa Art Faundation, Tokyo, hat für 1975 das
Thema Light that creates an environment"
gewählt, Das Züricher Kunstgewerbemuseum nahm
dies zum Anlaß, eine Ausstellung Akari-Lampen
aus Japan" 31. 1.72. 3. 1975 zu veranstalten, in
denen sowohl die für 1975 eingegangenen Entwürfe
wie auch die in früheren Jahren prämierten gezeigt
wurden. Auch die neuesten Tendenzen der
Produktion von Leuchten aus dem Yamagiwa
Lighting Design Institut sowie die historische
Entwicklung der iopanischen Beleuchtung waren lrmgard Brunmayr. Allvürelli 1974
Gegenstand der Exhibition. Leopold Netapil
SÄTKIIIXÄTIÄICJTÜ Hamlct
er"
t.-
Anthony Amstrongelanesi Marlene Dietrich im Cafe de
Paris, 1955. Fotografie
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17.,18.,19. und 20.Juni 1975
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Gemälde, Graphik,
Jugendstil, Skulpturen, antikes Mobiliar,
Antiquitäten, Asiatika.
Waffen.
Besichtigung
12., 13., 14. und 16. Juni 1975 von 10 bis 18 Uhr
Sonntag, 15.Juni, von bis 13 Uhr
Jahres 1975. Wie verhält sich der Komplex des
Kunstschoftens, der Kunstschulen, des Kunsthandels,
der Ausstellungen, des Museumswesens und des
Sammelns heute im Vergleich zu den sechziger
Jahren zu den übrigen Problemen unserer
Gesellschaft, zu ihren Existenzproblemen, wie
Inflation, Gemeinschaftsverschuldung, Umwelt-
zerstörung, Krise der Stadtplanung usw.
Die überschäumend zuversichtliche Zuwochs- und
Uberflußgesellschoft der sechziger Jahre hat sich in
eine von Krisen und Gefahren aufgeschreckte
und sich in ihrer Gesamtexistenz bedroht wähnende
Gesellschaft gewandelt.
Auf dem Sektor der bildenden Kunst ist die
hektische Aktivität des Kunstbetriebes stark
zurückgegangen. Dies bedeutet nicht, daß die
Qualität künstlerischer Schöpfung geringer
geworden ist. Die sich überlaut in Happenings und
vielfach frustrierten kurzlebigen Aktionen
gebördende Kunstszene ist ruhiger geworden. Der
billige Applaus der Uberflußgesellschaft ist
schwächer geworden. Die sich überstürzenden neuen
Richtungen sind langlebiger, spärlicher, deutlicher
geworden.
Die Ausweitung des Kunstbegriffes durch das
Hervorheben ieden, auch des minimalsten
schöpferischen Tuns hat manche Früchte gebracht,
deren Ernte ietzt vom lndustrial Design, von der
Gebrouchsgraphik eingebracht wird. Durch die
große Bewegung der Pop-art ist vieles heute
selbstverständlich geworden, was vor zehn Jahren
noch revolutionär klang. Die erregten Diskussionen
sind verklungen, ebenso wie das kurze Aufblühen
des Hippietums oder die Debatte um die
Zertrümmerung der überlieferten Formen der
Literatur, des Theaters.
Neue lmpulse hat heute der einzelne Schaffende
durch sein Werk zu setzen, weniger durch seinen
Auftritt. Es gilt, eine Ernte einzubringen. Der
Schaum setzt sich, und klarere Konturen bleiben
zurück.
Viel wird davon abhängen, wie der Staat weiterhin
sein Engagement als Kunstförderer fortführen
kann. Es wird besonders wichtig sein, vorhandene
Mittel sorgfältiger und gezielter als bisher
einzusetzen.
ln den sechziger Jahren konnten viele ihr Genügen
darin finden, als Künstler zu leben, sich als solche
zu gebärden. Heute ist es gottlob wieder
entscheidend, das meisterlich gestaltete Werk
vorweisen zu können. Das nur vergoldete Zeitalter
einer von Luxus und Rauschgift überhitzten
Kunstszene ist einer Zeit vernünftigeren Resultat-
denkens gewichen.
Der Künstler sieht sich betont als arbeitender
Mensch, als Werkschaffender, sein Resultat als
Arbeit, als Werk. Er distanziert sich von unpro-
duktiven Auswüchsen.
Eine wertvolle Folge der experimentierfreudigen
iüngsten Vergangenheit ist der große Aufschwung
der künstlerischen Graphik. Die moderne Massen-
gesellschaft ist mehr und mehr Verbraucher,
Sammler moderner Graphik geworden. Hier liegt
eine bedeutsame neue Komponente vor. Der
Durchbruch des zumindest in kleinen Serien
Reproduzierbaren ermöglicht auch dem Gehalts-
empfönger den Erwerb des Kunstwerkes.
Wenn wir also die Frage nach dem Stellenwert der
Kunst in der Gesellschaft von 1975 stellen, so ist
dieser soweit es sich um Resultate, um Kunstwerke
handelt nicht zurückgegangen. Gesunken ist
jedoch der Stellenwert reiner Kunstszene ohne
greifbares Resultat. Das bedeutende Werk wird
seinen Weg finden, der Künstler, der es vorzuweisen
hat, schließlich auch. r. k.
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608. Kunstauktion
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Skulpturen, Antiquitäten, u. a.
11
Wiener Spaziergang Frühjahr 1975
Das Gesamtbild der Kunst- und Antiquitäten-
handlungen Wiens ändert sich ständig. Neue Firmen
siedeln sich an, alte werden neu übernommen
und adaptiert.
Das Antiquitätengeschätt als etwas verstaubter
Laden aber, vollgeräumt und vollgestopft mit
Wertlosem und Wertvollem, Kuriosem und Diversem,
ist fast passe, und der passionierte Kunsthändler
unserer Zeit beginnt, sich gezielt auf ein Spezial-
gebiet zu konzentrieren. Das bedingt bessere
Fachkenntnis, noch mehr Liebe zur Kunst und bringt
letztlich vermehrtes Vertrauen beim Klienten. Die
Kundenbetreuung hat sich schließlich durch die
Erweiterung des lnteressentenkreises gewandelt.
War es früher nur wenigen Privilegierten möglich,
als Kunstsammler aufzutreten, so ermöglichen die
heutigen Einkommensverhältnisse relativ breiterer
Bevölkerungsschichten, dem Ankauf von Kunst-
obiekten näherzutreten. Diese Käufer, vam Wunsche
getragen, mehr Kultur mit in ihren Wohnbereich zu
bringen, haben meist nicht genügend Wissen,
sowohl die ihrem Lebensstil und Gewohnheiten
als auch den räumlichen Möglichkeiten entsprechen-
den Antiquitäten richtig auszuwählen.
Hier muß der geschulte Kunsthändler als Berater
auftreten, der auch den Kollegen mobilisiert, wenn
dieser auf seinem Gebiet weiterhelfen kann. Dieser
Zug zur Ordnung, der Teilung nach Sachgebieten,
spiegelt sich auch im Äußeren dieser Lokale wider.
Sie sind gepflegt, und die Ware wird überschaubar
präsentiert.
Neben den bekannten Möbelspezialisten, Fach-
geschöften für Silber und Porzellan sowie reinen
Gemäldegalerien finden wir in Wien auch einen
Händler, der sich fast ausschließlich mit alten
Waffen beschäftigt, einen anderen, der sich
zunehmend mehr auf das Gebiet der allen Uhren
verlegt.
Von höchster Bedeutung ist jedoch, daß die
profilierten Kunsthandlungen, die sich selbst mit
bedeutenden Obiekten der Kunstgeschichte
auseinandersetzen z. B. Plastik als spezielles
Sachgebiet, oder schönes Mobiliar und importante
Gemälde im alten internationalen Stile als Kern
weitererhalten werden.
Einige Neue beschäftigen sich erfolgreich mit Werken
des Jugendstils, andere setzen auf Mobiliar des
Biedermeier oder des Louis-seize.
Eine Tatsache fällt ins Auge. Der Boom nach
Bauernmöbeln scheint im Abbröckeln". Das hat
mehrere Ursachen. Alpenländische Volkskunst war
in d-m sechziger Jahren entdeckt worden und
preiswert! Heute haben sich die Preise für
gleichwertige Obiekte verzehn- bis verzwanzigfacht.
47
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erßerl Aymßaum
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ANTIQUITÄTEN
zwei äynlza
gegründet 1904
WIEN
Für den KunstsammlerlVaria
Bildnachweis
Last, not least wurde Österreich von deutschen
Aufkäufern fast leergekauft. Dieser Trend wurde
iedoch rechtzeitig von den verantwortungsbewußten
österreichischen Händlern erkannt viele sind
selbst ethnologische Sammler-, und sie erwirkten von
den maßgeblichen Stellen eine strengere Hand-
habung der einschlägigen Ausfuhrbestimmungen.
Nur noch zwei oder drei Händler verblieben, die
sich in erster Linie mit bäuerlicher Valkskunst
beschäftigen. Dazu kommt nach die Mentalität des
Wieners Er kauft lieber teurer und auswärts.
Eine Tatsache, die der Wiener Kundschaft
eigentlich nur selber schadet. Die allgemein
ausgeglichen stabile Situation des Wiener
Kunsthandels, das ist ohne weiteres feststellbar, hat
sich auch in den Tagen der Rezession positiv
weiterentwickelt. W. A. Siedler
München, Haus der Kunst
zwei wichtige Ausstellungen
Egon Schiele
Vom 22. Februar bis zum 11. Mai 1975 wurden in
sorgfältiger Präsentation rund 70 Olbilder und
200 Zeichnungen des berühmten Malers gezeigt,
darunter wichtige Beispiele aus dem Gemeente-
museum in Den Haag, der Österreichischen Galerie
in Wien, dem Minneapolis Institute of Arts, dem
Salomon R. Guggenheim Museum in New York
sowie den Sammlungen einer großen Anzahl
privater und öffentlicher Leihgeber. Die Zusammen-
stellung der Ausstellung sowie die Bearbeitung des
reich bebilderten Kataloges erfolgte durch Thomas
Messer, den Direktor des New Yorker Guggenheim-
Museums. alte und moderne kunst" wird sich im
nächsten Heft ausführlich mit dieser wichtigen
Ausstellung befassen.
Friedensreich Hundertwasser
Neben den Hauptwerken der Malerei wurden
Arbeiten aus dem Bereich der Graphik und der
Gobelins gezeigt, ebenso neun seiner Architektur-
modelle als Teil von Hundertwassers aktiven
Bemühungen zur Verbesserung der Umwelt"; der
Farbfilm Hundertwassers Regentag" bildete einen
Bestandteil dieser wichtigen Ausstellung, auch der
Katalog war auf Hundertwassers ausdrücklichen
Wunsch von ihm selbst konzipiert und gestaltet
worden. B. 2-6. 4. 1975
Sergius-Pauser-Monographie
Über den 1970 verstorbenen Maler Sergius Pauser
ist in der Edition Tusch ein Bildband in Vorbereitung,
der auch ein Verzeichnis seiner Werke enthalten
wird. Da die Arbeiten für diese Dokumentation vor
dem Abschluß stehen, werden Besitzer von
Gemälden, welche bisher noch nicht erfaßt werden
konnten, um möglichst baldige Nachricht an die
Witwe Angela Pauser, Wien Tegetthotfslraße
gebeten.
Frühe Glasmalerei im Joanneum
Anläßlich des Jahres des Denkmalschutzes 1975
wurden in der Alten Galerie am Landesmuseum
Joonneum Graz frühe Werke der Glasmalerei
gezeigt. Neben den kunsthistarischen Aspekten gibt
die Schau auch die Möglichkeit, sich mit den
modernen Methoden der Restaurierung und
Sicherung einer durch Luftverschmutzung und andere
schädigende Einflüsse bedrohten Kunstgattung
bekanntzumachen.
Die Ausstellung, die von der Alten Galerie und
vom Bundesdenkmalamt zusammengestellt wurde,
war bis16.3. 1975 zu sehen.
11
Bildnachweis Seitenangabe in Ziffern
Akademie der bildenden Künste, Wien, 32, 33
Archiv AMK, Wien, 34, 35, 38-41, 43 Bildarchiv
der Österreichischen Nationalbibliothek. Wien. 28-
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In unserer Zeit ununterbrochener Überflutung durch
optische Eindrücke, in dieser nur zu oft kritiklos
hingenommenen Schwemme des visuellen
Angebotes", wird selbst in manchen künstlerischen
Bildbänden" kaum mehr zwischen dem Wesent-
lichen und dem Zufälligen unterschieden Nicht nur,
daß Hunderttausende von Knipsern die Architektur-
fotografie fast schon zu Tode geschossen" haben;
nicht nur, daß selbst von guten Fotografen
die Mühen mittel- oder gar großformatiger
Negative auf sich genommen werden; selbst viele
begleitende Texte entsprechen unter scheinheiliger
Berufung auf Volksbildung kaum dem Niveau
mittelmäßiger Seminararbeiten.
Deshalb sollen gerade die zwei oben genannten
Werke mit Recht als Rarissima gepriesen werden.
Für den Hirmer-Verlag in München ist die beige-
fügte Firmenbezeichnung Gesellschaft für wissen-
schaftliches Lichtbild" keine leere Floskel.
Immer auf dem Fundament hohen handwerklichen
Könnens ruhend, verzichten die Aufnahmen von
Max und Albert Hirmer für das Porträt" von Paris
auf ieden Gag", auf jede ach so modische
Verfremdung". Das heißt nicht, daß dem Betrachter
und Leser ein boniour fadesse" gepredigt wird.
Aber Verzicht auf Effekt und Extravaganz im
kunstwissenschaftlichen Lichtbild macht in eben
diesem Lichtbild den Effekt und die Extravaganz
des Kunstwerkes hoher Qualität deutlich.
So sind diese Aufnahmen ebenso Texte" hohen
Ranges wie die Beiträge der drei an der Sorbonne,
am Musee de Cluny beziehungsweise am Musee
de I'Histoire de France wirkenden Verfasser,
die alle berufene Kenner der bildenden Kunst ihrer
Stadt sind. Mäßig, auf Details einzugehen
Paris" aus dem Hirmer-Verlag ist ebenso wie die
Chinesische Keramik" ein ungewöhnliches Buch,
eine einzigartige Dokumentation.
Michel und Cecile Beurdeley, international
bedeutende Kenner der chinesischen Kunst, bieten in
ihrem hervorragend ausgestatteten Buch eine
Entwicklungsgeschichte der chinesischen Keramik
von den Anfängen um etwa 4500 v. Chr. bis zum
Beginn des 20. Jahrhunderts. Sie erklären die
wesentlichen Merkmale, erläutern alles Wissens-
werte über Material, Glasur und Farben, über die
Technik des Brennens, über die Entwicklung der
Formen und des Dekors. Definitionen technischer
Termini, die Zeichen für die Gottheiten, heiligen
Gestalten und Symbole und die Namen der Kaiser
sind ebenso beigegeben wie die im Laufe der
Jahrhunderte verwendeten Marken, Ein unentbehr-
liches Kompendium also für ieden Kenner und
Sammler. Aber auch für jeden Liebhaber der Kunst,
der sich seine Fähigkeit zu Entzücken und
Faszination bewahrt hat; der von der Zauberkraft
des Feuers weiß, simpler Erde Leben einzuhauchen
und sie zu verwandeln in geisterfüllten Ton,
zerbrechlich wie ein Traum und unzerstörbar wie
ein Gedanke" wie Paul Claudel einmal gesagt hat.
Franz Wagner
Polosnielerin, Tanq-Zeit 684-779, Tan, qebrannt Bteiglasuren
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galerie am graben
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Für den Kunstsammler
Waltraud Neuwirth
Wiener Keramik
der Jahrhundertwende
Die Wiener kunstkeramische Fabrik
A. Förster Si Co. 1899-1908
Firmengeschichte
Alexander Förster, der Gründer der kunstkerami-
schen Fabrik A. Förster, wurde am 28. Oktober 1861
als Sohn des Pfeitenetuimachers" Jakob Förster
in Wien geboren. Er studierte Bildhauerei an der
Wiener Akademie, wandte sich auf Wunsch seiner
Mutter iedoch bald anderen Gebieten zu.
Während eines einiöhrigen Paris-Aufenthaltes
erlernte er die feine Verarbeitung von Leder und
eröffnete in den achtziger Jahren des 19. Jahr-
hunderts in Wien in der Wehrgasse eine eigene
Werkstätte für Lederverarbeitung, in der große
Mappen, Kassetten und andere Lederwaren
erzeugt wurden.
Nach seiner Heirat mit Marianne Stölzle trat Förster
im Jahre 1898 in den Verwaltungsrat der Glasfirma
Stalzle ein. Ein Jahr später, 1899, gründete er in
Wien Landstraßer Hauptstraße 50, seine
Wiener kunstkeramische Fabrik A. Förster".
Bereits 1900 erhielt er für seine keramischen
Exponate auf der Pariser Weltausstellung eine
silberne Medaille. Die anderen Erzeugnisse der
Firma Förster, Silber- und Lederwaren sowie Möbel,
waren mit dem Grand Prix und einer Galdmedaille
ausgezeichnet worden. Die Installation der Firma in
Paris galt als eine der gelungensten der ganzen
Weltausstellung.
Im Jahre 1905 wurde Rudolf Schalter Gesellschafter
der kunstkeramischen Fabrik, nunmehr Wiener
kunstkeramische Fabrik Förster Co.". Sie war
mit 23 Arbeitern im Jahre 1907 zwar nur ein kleines
Unternehmen, zählte iedoch bedeutende Wiener
Bildhauer zu ihren künstlerischen Mitarbeitern
Hermann Klotz, Emanuel Pendl, Richard Tautenhayn
und Josef Grünhut hatten an der Wiener Akademie
unter Zumbusch, Hellmer oder Kundmann studiert,
Der Kontakt Försters zu den Künstlern datierte
wohl noch aus der Zeit seines kurzen Bildhauer-
studiums an der Akademie.
E-ne ganze Reihe von Mitarbeitern nennt der
Katalog der Winterousstellung 1906107 des Oster-
reichischen Museums für Kunst und Industrie
Max Blondat, Ferdinand Dablinger, Florian van der
Fecht, Friedrich Gornik, Hermann Klotz,Josef Lugert,
Meyer, Michael Mörtl, Emanuel Pendl, J. Schlermann
sowie Tautenhayn. Förster führte auch Modelle
von Gustav Gurscher, die ursprünglich für Bronze
gedacht waren, in Keramik aus.
Alexander Förster mußte seine kunstkeramische
Fabrik im Jahre 1908 aus finanziellen Gründen
verkaufen. Sie wurde von seinen ehemaligen
Mitarbeitern Robert Busch und Heinrich Ludescher
erworben und als Wiener kunstkeramische
Werkstätte" noch iahrzehntelang weitergeführt.
Forster selbst wandte sich nach 1908 den anderen
Sparten seines vielseitigen Unternehmens, vor allem
der Lederverarbeitung, zu. Er starb am 5. Februar
1932 in Wien. Nach seinem Tode übernahmen
seine Söhne Ernst, Alexander und Paul die heute
noch bestehende Firma. Sie erhielt eine Reihe von
Auszeichnungen Goldmedaillen auf den Triennalen
von Mailand 1933 und 1936 sowie auf den Welt-
ausstellungen von Paris 1937 und Brüssel 1958.
Das Praduktionsprogramm war trotz des kurzen
Bestehens der keramischen Fabrik interessant und
vielfältig. Vor allem auf dem Gebiete der Porzellan-
und Biskuitplostik leistete sie Pionierarbeit. Seit
der Auflösung der Wiener Porzellanmanufaktur
im Jahre 1864 hatte es in Wien keine Porzellan-
erzeugung mehr gegeben, wenn sich auch die
Porzellcinmalerei zu einem eigenen lndustriezweig
entwickelte. Ernst Wahliss, Wien, der 1898 die
Manufaktur Stellmachers in Turn übernommen hatte,
stellte zwar immer wieder Porzellane aus, die
iedach in Turn entstanden sein dürften. Auch die
Tafelgeschirre der Firma Josef Böck waren fast
56
Reproduktion von Abb.
und mit freundlicher
Genehmigung des Verlages
Ktinkliardt Biermann,
Braunschweig w. NBUWirtit,
Wiener Keramik
Historismus, Jugendstil,
Artdeco.
ausschließlich in Böhmen von der Firma Pfeiffer
Löwenstein in Schlackenwerth erzeugt worden.
Erst Hugo F. Kirsch schuf ab 1905 auf Wiener Boden
wieder Figuren, Tiere und Vasen aus
Weichporzellan.
Das Produktionsprogramm
der Firma Förster umfaßte vor allem Figuren, Tiere
und Gefäße aus glasiertern Porzellan und Biskuit-
porzellan, Fayence und Steinzeug. Als Spezialität
vermerkte das Adreßbuch der Keram-lndustrie von
1907 figurale Kunstgegenstände für elektrische
Beleuchtung, Jardinieren für Blumen, Uhrständer,
Nippes usw.
In der Dekoration bemühte sich Förster vor allern
um Unterglasurmalerei und Kristallglasuren.
Stilistische Einflüsse van der alten Wiener
Porzellanmanufaktur, aber auch aus Paris und
Kopenhagen wurden in vielen Keramiken Försters
augenfällig. Der Aufenthalt in Paris in den achtziger
Jahren, eine enge Freundschaft mit Edmond
Lachenal vertieften die Vorliebe für alles
Französische.
Marken- und Musterschutz
Aus dem Jahre 1904 sind einige Anmeldungen zum
Musterschutz überliefert. lm Modellregister dieses
Jahres wurden eingetragen 15 Obiekte zur
Ausführung in Porzellan und Biskuit, vier Modelle
für Biskuit und Fayence sowie I8 Biskuitgegenstönde
leider ohne iede nähere Beschreibung.
Die Kennzeichnung der Obiekte erfolgte durch die
Fabriksmarke eine Biene und der Name Förster
wurden anfangs frei aufgemalt, bald iedoch von
einem Kreis umschlossen und eingestempelt.
Jedes Modell wurde mit einer Nummer versehen.
Aus dem bisher bekannten Material ergibt sich,
daß von 1899 bis 19GB etwa B50 bis 900 Modelle
erzeugt worden waren, die zum Teil von der
Wiener kunstkeramischen Werkstätte" übernommen
und, neu ausgeformt, mit der Marke der letztge-
nannten Firma versehen wurden. Die Marke der
Übergangszeit nach 1908 bestand aus den
Buchstaben WKW und der Förster-Biene, van einem
Kreis bzw. von Lorbeerzweigen umgeben. Bald
danach wurde die WKKW-Marke der Wiener
kunstkerarnischen Werkstätte üblich, die heute noch
irrtümlich mit der Wiener Werkstatte in Zusammen-
hang gebracht wird.
Eine mit Unterglasurfarben bemalte Mädchenbüste
von Köveshazy, 1972 im Wiener Kunsthandel,
trug die Madellnumrner 895 und die WKW-Marke.
Die WKKW-Marke scheint auf ieden Fall für die
Nummern ab 1000 gültig gewesen zu sein.
Auf die Nachfolgefirma Försters, die Wiener kunst-
keramische Werkstätte, soll in einem späteren
Beitrag eingegangen werden.
Hermann Klotz, Kaiserin Elisabeth, sign HER-
MANN KLOTZ WIEN 1906, Rundstempel mit
Biene, bez. 521 45,5 cm. A. Förster, Wien
Maritz Rothberger, Sitzende Dame, Inschrift
AUSGEFUHRT FÜR DIE ÖSTERREICHISCHE GE-
SELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER KLEIN-
PLASTIK UND MEDAILLENKUNST IN WIEN VON
A. FÖRSTERÄ CO, WIEN. Sigrn M. ROTHBER-
GER. 1906, bez. 37. 32 cm. Wiener Privat-
besitz
Sitzender Hund, Rundstempel mit Biene, bez.
H.168, LB, 13,8 cm. A. Förster, Wien
Michael Mörtl, Affenpaar, Rundstempel mit Lor-
beerkranz und WKW Modell für Förster, Aus-
führung Wiener kunstkeramische Werkstätte,
bez, 28503, 27,2 cm, um 1908109. Dasselbe
Modell wurde in verschiedenen Größen ausge-
formt und mit verschiedenen Modellnummern
versehen lSockelfarm und Bemalung differieren.
lm Besitz von Dr. Gerhard P. Woeckel, München
Gruppe 36,8 cm, bez. MÜRTELL, 229 15
Gruppe 17 crn, sign Mörtl, Rundstempel
mit Biene sowie 315
Gruppe 12,1 cm, bez. Nr. Ausführung
durch Gebr. Heubach, Lichte
Jarl, Eisbär, Rundstempel mit Biene und WKW,
bez. 335 DEPOSE JARL, 20,8 cm, L42 cm
Bodeninschrift zu einem von Edmond Lachenal
für Farster modellierten Hahn Man petit ami
Förster le frere du tout petit, et du Grand För-
ster, Son Ami Lachenal 1902.
Zwei Marken der keramischen Fabrik A. För-
ster 81 Co.
57
Österreichisches Museum für angewandte Kunst
lndopersische Miniaturen des Hamza-Romanes
Ausstellung anläßlich der Edition der
Faksimileausgabe in den Codices selecti" der
Akademischen Druck- und Verlagsanstalt Graz
Ausstellungsraum der Bibliothek und
Kunstblöttersammlung und Galerie
Altes Haus, 1. Stock
Wien Stubenring
12. 12. 1974-12. 1. 1975 verlängert bis 2. 2. 1975
Besondere Augenblicke im Zeitschriftensaal von
Mal zu Mal, wenn zu besonderen Anlässen und
unter beträchtlichem Kraftaufwand die geheiligten
Riesenkassetten des Hamza-Romans, selten genug,
aus den versperrten Fächern hervorgeholt werden.
Seltene Gelegenheit, diese einzigartige Handschrift
zu bestaunen. Stets überwältigte aufs neue die
chromatische Ballung dieses orientalischen
Malerepos, sein reiches Szenarium, die gelungene
Synthese indischer und persischer Elemente. Rätsel-
haft scheint noch immer die so glückhafte Erwerbung
des größten geschlossenen Bestandes von 60
Blättern auf der Wiener Weltausstellung 1873.
Von Kind auf ist der Europäer dem Faszinosum
orientalischer Märchen- und Wesenserscheinungen
offen. Das Malerepos des Fürsten der glücklichen
Konstellation" stellt dazu ein illustrotives
Nonplusultra dar. Mit der Edition von Farbfaksimiles
ist ein wichtiger Schritt dahin getan, diesen Schatz
ungefährdet einem größeren Interessenkreis
zugänglich zu machen. Kein leichtes Unterfangen,
diese feinst nuancierten Bildorganismen mit ihren
differenten Farbintensitäten zu faksimilieren.
Die Handschrift war in ihrer ursprünglichen
Zusammensetzung so angelegt, daß eine Seite Text
mit zugehöriger Illustration zusammenstand.
Ursprünglicher Gesamtbestand 1400 Blätter. Heute
sind davon und diese wenigen in aller Welt
verstreut noch knapp 150 vorhanden. Das
Österreichische Museum mit seinen 60 Blatt ist
Besitzer des größten Sammlungsrestes. Den zu
hüten man alle und iede Anstrengung unternimmt,
sind doch die auf Baumwollstoff gemalten Bilder,
auf deren Rückseite auf leichterem Papier der Text
steht, nicht mehr in bestem Zustand. Die
Faksimilierung wird hier zur Freude des Autors und
Bibliothekdirektors W. Hofrat a. o. HS Prof.
DDr. Gerhart Egger zum letztmäglichen Segen,
erlaubt sie doch den täglichen" Studiumsgebrauch.
Zur Feier der Edition der Faksimiles lud nicht ohne
Stolz die Akademische Druck- und Verlagsanstalt
Graz. Dazu die Ausstellung des gesamten
kostbaren Verbandes der Originale, ein Triumphat
der Farben und des orientalischen malerischen
Fabulierens, ein visueller Genuß, dem Publikum,
Presse und Kenner erlagen. Man ist versucht, den
Begriff einer phantastisch dekorativen Malweise
zu prägen. Was alles nicht zeichneten doch damals
Künstler um die Figur des Romanhelden", um die
dramatischen Begebnisse aus Feldzügen und
missionorischen Ereignissen. Die Öffentlichkeit und
auch das Museum können den Editoren danken
und diesen für weitere Initiativen bei diesem
diffizilen Hamza-Unternehmen auf internationaler
Ebene 40 Museen sollen zusammenwirken, um
den Rest der Blätter faksimilieren zu können
guten Erfolg wünschen. Ungern sah man trotzdem
das Abhängen der berühmten Originale. Abb.
Phantastische Ornamentik
Batiken und Gra hik aus den zwanziger Jahren
von Hedwig Mai ler-Lesi ang
Katalog neue Folge Nr.
Altes Haus, Eitelbergersaal
Wien Stubenring
8.12.1974-19.1.1975
Fürwahr erstaunlich ist und symptomatisch, wie auf
scheinbar abgegrasten Wiesen da und dort noch
eine Blüte, sprich Begabung, übersehen und
verborgen blieb. Nie im Rampenlicht der Kunst-
szene gestanden, abseits von lsmen lebte, schuf
und agierte Hedwig Mailler-Lesigang. Früh von
künstlerischen Neigungen bedrängt, wandert ein
iunges Mädchen aus Gföhl im Niederösterreichischen
in die Metropole. In den berühmt-berüchtigten
zwanziger Jahren. Mittels Abendschulen und
Kursen erweitert sie Wissen und künstlerische
58
Fertigkeit, wird kreativ in Batik und Graphik. Vor
allem die aus Indien und Java herkommende
Technik der Wachsbatik bestimmt ihr Schaffen und
läßi sie sehr gekonnte eigenständige Leistungen
hervorbringen. Hier schafft sie auf der Basis
spezieller Anwendungsprinzipien. Und noch einmal
erstaunlich, wie diese Schöpfungen heute noch mit
einer Frische und Ursprünglichkeit bestechen und
manche verkrampfte Kreationen der Gegenwart
nostalgisch verbrämt glatt ausstechen. Hier
erweist es sich, daß nicht immer nur der für einen
Stil oder eine Kunstepoche paradierende, fast schon
zu Tode publizierte Künstler oder eine Gruppe
von Künstlern ein Bild derselben charakterisieren,
daß eher die noch nicht Klischee gewordene
Spätentdeckung imstande ist, neue und nicht
weniger charakteristische Glanzlichter zu setzen.
Wenn man sich in der Ausstellung der Hedwig
Mailler-Lesigang umsieht, findet man das bestätigt.
Die bewußt auf Schlichtheit und klare Uberschau-
barkeit ausgerichtete Schau kommt den sorgsam
präsentierten Obiekten zugute und spiegelt uns
die künstlerische Linie und das Dekorum der
zwanziger Jahre und deren Zeitgeist wider. Da
quillt alles in überreichen Phantasmagorien
polychrom und in dichtem, federgestricheltem
Schwarzweiß. Da ein subtil in eine Wiese
hingebettetes zartes weibliches Zauberwesen, schier
zugedeckt von zahllosen Ornamentblüten, so daß
man dieses Wesen wie in einem Vexierbild erst
suchen muß. Indes der König finster-forschend
rückwärts blickt. Dort eine Batik mit so reichem,
tatsächlich phantastischem Ornamentdekor
überzogen, daß die Summe der kleinen Einfälle
überrascht und summa summarum ein überreiches
Ganzes ergibt.
Dr. Dora Heinz, die Leiterin der Textilsammlung
des Museums, würdigt und tegalisiert das Schaffen
der erst spät zu Ausstellungsehren gekommenen
Künstlerin Die Hinwendung zu Ornament und
reicher farbiger Gestaltung, wie sie in allen
Bereichen des Wiener Kunsthandwerkes in den
zwanziger Jahren sichtbar wird, bestimmt auch die
künstlerische Grundeinstellung von Hedwig
Mailler-Lesigang. In ihrer persönlichen Eigenart
und dem Spezifikum ihrer Botikarbeiten, die in
dieser Ausstellung erstmals in größerem Umfang
gezeigt werden, bilden ihre Werke einen gültigen
Beitrag zum Wiener Kunstschaffen des Art deco."
So gesehen war die Auffindung" von Hedwig
Mailler-Lesigang durch den Direktor des Hauses,
W. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek, eine geglückte
und für das Haus erfreuliche.
Am Zustandekommen der gut aufgenommenen
Schau waren sowohl die Damen der Textilabteilung,
Gloria Brachetko, Hedwig Lang und Felicitas Hagen,
wie auch die Herren Albrecht und lwanofsky
beteiligt, denen einmal öffentlich Dank gesagt
werden sollte für ihren stillen Einsatz bei laufenden
Aktivitäten und ihr Nadelmühen, wertvollstes
Textilgut zu restaurieren.
Man spricht viel vom Wandel der Stile, der Kunst
schlechthin. Mehr oder weniger umschreibt man
hiebei oft das Zurückgreifen auf trächtige Perioden
künstlerischer oder sonstiger Kreativität, kaschiert
damit manche künstlerische Zangengeburten, denen
durch geschicktes Agieren über die Gebühr langes
Leben gelingt, während manche Künstlerschaft
übersehen wird, weil sie sich einfach nicht zu
verkaufen versteht.
Hier und heute aber steht noch eine solche
guterhaltene Dame in hohen Jahrzehnten, Hedwig
Mailler-Lesigang, mit beiden Beinen in der Realität
des Daseins und am Gaspedal, entsteigt unvermutet
zum Abräumen ihrer Ausstellung einem Fiat,
Vertreterin einer Zeit, die kraft ihres Werkes der
mitunter bläßlich-nostalgischen Schwindsucht ins
blaugeliederte Make-up bläst. Abb. 3-5
Riedel-Glas Ein Glasmacher der Gegenwart
Festschrift des Österreichischen
Museums für angewandte Kunst
Altes Haus, Eitelbergersaal
Wien Stubenring
19. 2-31. 3. 1975 14 Tage verlängert
Claus Josef Riedel hielt nicht zum erstenmal Einzug
in das Haus mit seinen und aus seiner Glashütte
kommenden Glasschöpfungen. lm Lauf der Jahre
entstand so etwas wie eine traditionelle Bindung
von Institution und Unternehmen.
Einzug des Abkömmlings eines, wie ihn seine
Zeitgenossen nannten, böhmischen Glaskänigs,
Josef Riedel. Mit der natürlichen Attitüde und
Noblesse quasi eines modernen Glasfürsten"
residierte er auch im feierlichen Rahmen des
Renaissancesaales, wo die Eröffnung seiner
Ausstellung, die Arbeiten van 1965 bis 1975 zeigte,
stattfand. Prof. Claus Josef Riedels imposante
Erscheinung und sachlich-emotionelle Dialektik
ließen den gerade 50 Jahre alt Gewordenen im
Mittelpunkt des festlichen Eröffnungsaktes stehen.
Eine ansehnliche Festgemeinde sah als Sprechende
W. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek, den
Direktor des Österreichischen Museums für
angewandte Kunst, den Jubilar, Prof. Claus Josef
Riedel, Frau Bundesminister für Wissenschaft und
Forschung, Dr. Hertha Firnberg, und den Herrn
Bundespräsidenten, Dr. Rudolf Kirchschläger.
Letzterer verwies auch in seiner Eröffnungsrede
auf gemeinsame Begegnungen anläßlich einer
Präsentation Riedelschen Glases in seiner Prager
Amtszeit. Hiebei vermerkte der Bundespräsident
besonders den nachhaltigen Eindruck, den die
Riedelschen Glasschöpfungen damals, gerade im
Mutterland der Glasmacher, hinterlassen hatten.
Nach dem Eröffnungsakt begab sich die Fest-
gemeinde in den Eitelbergersaal, der in
geschlossenem, koiengeteiltem Geviert, durch
geschickte Lichteffekte akzentuiert, das reiche
Schaffenspotential eines Dezenniums der Glashütte
Riedel präsentierte. Alle möglichen Spielformen des
Glases, nach formal und funktionell optimalsten
Kriterien erfunden, erdacht und entworfen und zur
Freude des Glasprofessors" J. C. Riedel, strahlten
da. Nichts kannte diesen wohl in diesen Augen-
blicken mehr mit Stolz erfüllen als die Tatsache,
daß er, nun im Zenit des Lebens, aus aussichtsloser
Position ein solches Glasimperium schaffen kannte.
Hatte er doch nicht einen Knopf in der zerschlissenen
Tasche, als er, aus den Wirren van Krieg und
Gefangenschaft kommend, in Tirol aus dem Zuge
sprang. instinktiv daselbst, einem uralten Glasland,
neue Basismöglichkeiten sah und aus dem Nichts sein
Werk aufzubauen begann. Alte Tiroler Glasmacher-
tradition und alte böhmische Glaskunst gingen eine
neue fruchtbringende Synthese ein. Heute floriert
das Unternehmen, und den Glasmacher C. J. Riedel
drängt es bei allem so notwendigen kommerziellen
Engagement, nach wie vor zu neuen Schöpfungen.
Welthöchste Auszeichnungen und Preise fordern
ihn selber immer wieder heraus. Aus Tradition und
vom Blute her Glasmacher, sprudeln seine Ideen
gleichsam in die zarte Materie, werden funktions-
gerechte Farm, nach strengsten Maßstäben
analytisch-kombinatorischen Denkens, Produkte
phantasiebeflügelter Ästhetik. Eine Publikation,
großzügig angelegt und mit reichem Bildmaterial
von dem Fotografen Fred Peer ausgestattet, gibt
dem Jubilar und der Ausstellung beste Unterstützung
und Weihe. Peer entdeckt" in gekonnten Graß- und
Detailaufnahmen den vielschichtigen Mikrokosmos
der Riedelschen Glaskreationen überzeugend. Man
kann angesichts alles dessen dem Jubilar Prof.
C. J. Riedel zu seiner Bi-Genialität künstlerische
Potenz und kommerzielles Geschick viel Glück
für ihn und alle seine Glasmacher wünschen, nicht
zuletzt zum Wohle Österreichs selber. Sein
expandierender Unternehmensdrang ein Werk in
Persien soll errichtet werden möge nie erlahmen.
Und möge er selber, der Glasmacher par excellence,
fast schon zu Lebzeiten Legende, seinen
Nachkommen Erfahrungen und Riedelschen Geist in
genügend hoher Dosierung vermitteln, damit sein
gesundes Unternehmen beispielgebend auf die
Zukunft ausrichtend. Abb. 6-8
Leopold Netopil
1desminislerium für Wissenschaft
Forschung
iucherslalislik der sfaallichen
'seen und Kunslsammlungen
51175
Bundesministerium für Wissenschaft
Forschung gibl bekannt, daß in den ihm
arslehenden staatlichen Museen und
islsammlungen in den Monaten
rember 98.140
ember 95.128
ner 88.337
Jcher gezählt wurden.
za-Raman Bl, 8770128. Hamza ließ den gefange-
umurrud Srhuh aus Edelmuf wieder frei.
NrRQmOn Bl. 8770113. Emr wurde als Kundschaf-
Lager des lraeg aufgegriffen und gefesself auf
Eremilensäule geselll.
rig Mailler-Lesignng, Blaff aus dem Zyklus zu dem
chi von Heinrich Heine Der König", 1921. Feder-
nung, sign. und dar.
rig MaillereLesigang, Wandbehung, um W15. Ballk-
auf Malino
rig Muiller-Lesigang mil Mifarbeilern in einem
lien Alelier der zwanziger Jahre
Josef Riedel, Kelchserie Eurbura"
Josef Riedel, Gravurbecher mil Apfelmoliv
Josef RiedellJnc Colombo, Party-Glas Calombo"
59
504034572
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