l-6
alte und moderne
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Kunst des Mittelalters
und der Renaissance
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des 18. Jahrhunderts
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Hanno Egger
Das Nachleben der Babenberger in der bildenden Kunst
Gedanken zu einer Babenberger-lkonographie ..
Günter Düriegl
Wien im Mittelalter
Gedanken zu Konzept und Motiv einer Ausstellung ..
Georg Wacha
Walltahrerzeichen von St. Wolfgang .. 16
Gabriele Gubitzer
Brunnen und Wasseranlagen in Wien .. 20
Heidi Grundmann
Bemerkungen zur analytischen Malerei .. 30
Künstlerprotile
lngeborg Strobl von Thomas Zaunschirm .. 36
lnge Dick von Alois Vogel .. 37
Aktuelles Kunstgeschehen
Für den Kunstsammler V4 .. 44
Alte Uhren in Wien und Österreich
von Erika Hellich .. 43
Österreichisches Museum für angewandte Kunst ..
Bildnachweis .. 47
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historischen Museum, Maria-Theresien-Platz. Hans Schmidtgruber,
T890. Sandstein. Wien Park zwischen den Museen Ringstraßen-
Seite. S. Wolfgang". Walltahrerzeichen, Gitterguß. Ried im lnn-
kreis, Oberösterreich, Volkskundemuseum.
Hanna Egger
Das Nachleben der
Babenberger in der
bildenden Kunst
Gedanken zu einer
Babenberger-Ikonographie
ainem Vortrag, den er vor dem Verein für
deskunde von Niederösterreich im März 1954
definierte Alphons Lhotsky den Begriff
rnographie" in folgender Weise
inographie heißt an und für sich Beschrei-
der Bilder, und wenn man etwas weiter
rpretieren will, die Kunde von den vorhande-
bildlichen Denkmälern der Vergangenheit.
töherem Sinne aber bedeutet lkanographie
Disziplin die methodisch richtige Nutzung
licher Überlieferung zur Erzielung geschicht-
er Erkenntnisse'."
sich anhand authentischer Porträts oder
genössischer Szenen und Genrebilder die Er-
ntnis einer einzelnen historischen Persönlich-
wesentlich vertiefen, so können die der ty-
prögenden Phantasie des Künstlers entsprun-
en Bilder, so auch iene, die Themen aus dem
ise Babenberg aufgreifen, vor allem kulturge-
chtlich van oußerordentlichem Interesse sein.
an in der ältesten Serie von Babenberger-
stellungen, den Glasfenstern im Brunnen-
se des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz", aus
Zeit des ausgehenden 13. Jahrhunderts, wird
und charakteristisch typisiert. Die Reihe der
trätscheiben beginnt mit Leopold lll., dem
inder von Heiligenkreuz, der en face wieder-
eben wird, mit langen Locken und Bart,
gekleidet, mit pelzgefüttertem Mantel und
'kgrafenhut. Der sehr iugendliche Heinrich ll.
sonderbar tönzerischer Schreitstellung dar-
tellt, bartlos, in der Rechten das Schwert.
von Freising ist börtig als reifer Mann cha-
terisiert, bekleidet mit der weißen Kutte der
erzienser, mit Mitra und Stab. Besonders
rargehoben in diesem Zyklus sind die beiden
ßen Klosterstiftungen Leopolds lll., die Grün-
von Klosterneuburg und Heiligenkreuz.
ene Scheiben sind der Darstellung dieser bei-
Kirchen gewidmet und weisen auf eine der
entlichen Voraussetzungen hin, die ein so
'kes Nachleben babenbergischer Herrscher
Bild möglich macht. Nicht das Bild der er-
österreichischen Landesfürsten wird primär
tertradiert, sondern es wird ihr Gedächtnis
Zusammenhang mit frommen Stiftungen auf-
iterhalten.
setzte sich auch zuallererst die Verehrung
Pius marchio" durch, des Markgrafen Leo-
der schon früh im Chronicon pii marchio-
ein biographisches Denkmal erhalten hatte,
von den Heiligenkreuzer Scheiben an das
des Markgrafen wesentlich prägte. Der Ty-
des milden, gütigen, weißbärtigen Landes-
ers blieb für Jahrhunderte bestimmend. Zu-
hst wird, sicherlich aufgrund des Vorbildes
Heiligenkreuz, in den Glasgemälden des
10
Ruelond Frueauf d. .l., Der AusrithMi
Leopolds lll., 1505. Tempero auf Ficht-
76x39 cm. Stift KlosterneuburglNiederösl
Leopold lll., Rundbild aus dem Stammboi
Babenberger, Kloslerneuburg Hans Part
1492. TemperalHolzlLeinwand. Stift Klos
burgfNiederösterreich
Die Erbauung von Klosterneuburg, um
auf Holz, 58,9x4l,2 cm. Wien, Niederö
chisches Landesmuseum
Heiliger Leopold, Niederösterreich, zu
1510 und 1530. Lindenholz, 93 cm.
Historisches Museum
Heiliger Leopold, GiulionivWerkstatt, 169
Holz, vergoldet, 200 cm, Privatbesitz
Martin Altomonte, Apotheose auf den
pold über dem Stift Klosterneuburg, urr
1730. ÖllPapier, l3l,5x77,5 cm. Wien,
besitz
Martin Altomante, Der heilige Leopold
bitter für Kranke und Gefangene sov
Patron des Stiftes Heiligenkreuz, 1729.
wand, 375x225 cm, Stiftskirche, Stift
kreuzlNiederösterreich
Georg Andreas Waßhuber, Heinrich der
von Mödling, vor 1732. OllLeinwand, 290
cm. Zisterzienserstift HeiligenkreuzlN iedt
reich
Martin Johann Schmidt, Bildnis Herzog
polds Vl., 1785. Auf der Basis des Sockels
tur Mar. Joh. Schmid. ÜllLeinwand, 222
Zisterzienserstift LilienfeldlNiederösterrei
Theodor Fetter, Leopold der Glorreiche
ClllLeinwand, 243x164 cm. Stift Lilienfe
derösterreich
Anmerkungen
'Lhoisky Alphons, Aufsätze und Voriräge Bd. IX
1974, S. 112. DuB lkonogmphio uine Hilfswiss
der Geschichte 151, wurde ersf in den letzten Jahn
kannl. In Deutschland wnr es Prof. Fercy E.
der als Vorkämpfer der lkonographie uufiruf,
reid Prof. Alphons Lholsky.
Frcdl-Kruf! Eva, Glasmalerei, in Kai. 1000 Jahre
bergar in Österreich, Lilienfeld 1976, S. 253 ff.
rganges von Klosterneuburg aus dem be-
mden 14. Jahrhundert das Bildnis Leopolds
er faßbar. Leopold ist auch hier bärtig mit
iie Schultern fallenden Locken dargestellt,
tldET mit einem pelzgefütterten Mantel und
mit Pelzkrempe versehenen Markgrafen-
Zur Zeit aber, als diese Fenster von Propst
ian von Sierndarf kurz nach 1330 in Auftrag
ben worden waren, führte man im Stift
ts ein Verzeichnis der Wunder, die sich am
ie Leopolds lll. ereignet hatten. Die Ver-
wg des Landesfürsten als heiligmößigen Man-
rar bereits in breiteste Schichten durchge-
gen.
an Leopold aber war es offenbar vor allem
rich ll. gewesen, der zu dieser Zeit hohes
hen genoß. Zunächst wohl wesentlich aus
"atsache heraus, daß er der Sohn und Nach-
er Leopolds gewesen war. Dann als Grün-
des Schottenstiftes in Wien und schließlich
sicher als derienige bevorzugt, zu dessen
erung Österreich zum Herzogtum erhoben
len war. Diesem strahlenden Regenten ge-
te es daher, bartlas, iugendlich in elegan-
leichten Bewegungen gezeigt zu werden.
der Zeit um 1300 stammt das wiederum
Typus prägende Glasfenster aus der Pfarr-
in Steyr, mit der Darstellung Leopolds Vl.
.11.
ursprüngliche Anbringungsort der Scheibe
mstritten, das Kirchenmodell zu Füßen des
ogs sowie stilistische Merkmale weisen auf
tfeld hina. Der Stifter von Lilienfeld, der
rreiche" Leopold, ist in prächtiger Gewan-
in strenger Frontalansicht wiedergegeben.
ritterliches, aber mildes Gesicht ist von
en und einem kurzen Bart umrahmt. Den
znberger-Bildern von Heiligenkreuz, Lilien-
und Steyrt gemeinsam ist, daß sie alle um
Oberhaupt" der babenbergischen Familie,
kgraf Leopold lll., und seine Gemahlin, die
che Kaisertochter Agnes, gruppiert sind. Die
tschätzung dieser beiden, iene von Leopold
felsohne von Anfang an ob seiner Frömmig-
die der Agnes wohl aber ob ihrer dyna-
so wesentlichen Stellungs, war ausschlag-
znd für das Aufrechterhalten des Gedächt-
as der ganzen Familie im Bilde. Die Bildnisse
er sind zwar ldealbilder, so wie es dem
der Zeit entspricht, weisen aber deutliche
znprägungen auf, zu denen zweifelsohne
lrund literarischer Berichte gefunden worden
habsburgische Herrscher Rudolf lV. schloß
nur in der berühmten Urkundenfälschung
Privilegium maius an die babenbergische
he an, sondern betrieb auch mit aller Ener-
die Heiligsprechung Leopolds, um seinem
se erhöhten Glanz zu verschaffen. Bildliche
illen, die von dieser starken Auseinanderset-
mit dem Hause Babenberg zeugen, sind
'dings aus dem 14. Jahrhundert nicht er-
en.
nachdem unter Kaiser Friedrich lll. aufgrund
is mit Eifer betriebenen Nachvallziehens der
lankengänge Rudolfs lV. wiederum stark an
babenbergische Zeit angeschlossen wurde,
es zu einer Reihe bildlicher Darstellungen.
um 1460 entstanden zwei Stifterfiguren
aolds lll. und der Markgräfin Agnes für die
skirche von Klosterneuburg. Der Markgraf,
dem Erzherzoghut gekrönt und einem Kir-
xmodell in der Hand, ist so dargestellt, wie
lem bis heute gültigen Typus des österreichi-
in Landespatrons entspricht. Im Zusammen-
mit dem Heiligsprechungsprozeß schließ-
der 1485 sein Ende gefunden hatte, wallte
den babenbergischen Heiligen und seine
iilie dem habsburgisch regierten Volk nahe-
bringen. Ein riesiges Triptychan entstand, dc
historische Grundlage des Ladislaus Suntl
das Der läblichen Fürsten und des Landes
reich Altherkommen und Regieren" betitelte
des dem Hofe verbundenen Genealogen,
monumentales Bild umsetztl.
In seinem mittleren Teil werden in RUfldbl
Szenen aus dem Leben der männlichen Bi
berger im Genre und Kostüm des 15. Jah
derts gezeigt. Den weiblichen Mitgliedern
die Seitenflügel des Triptychons Vorbehalte
len Babenbergern, bis auf Leopold V., is
dem Stammbaum das Fünf-Adler-Wappen
heutige Landeswappen von Niederösterreicl
gegeben. In rechtlicher Funktion trat das
pen zwar erst 1350 im Siegel Rudolfs lV
war aber auch schon auf den Klosterneul
Scheiben der Zeit um 1330 abgebildet
Wie Floridus Röhrig nachweistf, dürfte das
pen auf einen in Klosterneuburg aufbewr
Stoffrest", der der Überlieferung nach von
wande des hl. Leopold stammen soll, zi
gehen. Folgt man der Annahme, daß der
rest tatsächlich vom Waffenrock des He
stammt, so müßte sein Wappen ein blaue
goldenen Adlern bestreuter Schild geweser
Das Rundbild mit der Darstellung Leopolc
dem Babenberger-Stammbaum zeigt den
grafen, der unter dem hermelingefütterten
Mantel einen blauen Rock mit goldenen
trägt. Das gleiche Adlermuster tragen auch
Fahne und sein Wappen.
Der kaiserliche Ratgeber Dr. Johannes Fuc
gen ließ zwischen 1500 und 1510 einen
teppich anfertigen, dem Gedächtnis des
Heiligen gewidmet, ienen selbst bärtig, mit
grafenkrane, Hermelinmantel, Fahne um
chenmodell darstellend. Aus Anlaß der ÜL
gung der Reliquien des Heiligen malte RL
Frueauf 1505 einen Altar für das Stift
neuburg mit Szenen aus dem Leben Leo
den bereits fixierten Typus des Heiligen mi
ßem Bart, Hermelinmantel und Markgrafer
an der Seite von Agnes, die blond, iuge
die Kaiserkrone trägt, aufrechterhaltend
tont weitertradierendw Abb. 1.
Diesem Typus folgt eine Reihe weiterer
und Skulpturen des frühen 16. Jahrhunder
derb und von minderer Qualität, aber
für die sich immer stärker durchsetzende
polds-Verehrung, für die man ein sterei
Bild gefunden hat, das nur mitunter Steil
gen erfährt, um Wertschätzung und Zeitbe
heit zu betonen. So kann der Heilige die
kette vorn Goldenen Vlies tragen, und de
'melinmantel weicht mitunter einer dem
schen Geschmack des frühen 16. Jahrhu
entsprechenden Pelzschaube Abb. unt
aber doch der als babenbergisch" char
stische Adlerstoff in irgendeiner Weise si
wird".
Im weiteren Wandel künstlerischer Entw
gen erfährt dieser fest geprägte Typus de
ligen nur stilistische Veränderungen, ok
schon Kaiser Friedrich lll. mit den Bildet
gütigen, weißbärtigen Landesvaters nicht
standen gewesen war und viel lieber ein
gendlich wirkenden, bartlosen, kräftig edle
stentypus gesehen hätte".
Der in maximilianischer Zeit zu erster Hoi
gekommene Leopolds-Kult fand zwar duri
Einbruch der Reformation ein iähes Ende
wurde Leopold kurz darairf zum Banner
der Gegenreformationm, und mit Leo;
schließlich, immerhin trug nun ein hab
scher Kaiser den Nomen des bobenberg
Markgrafen, kam es zu einem neuen Höh
der Leopolds-Verehrung. Damit aber auch
zu einer Reihe, eigentlich einer Flut bil
cm, 54 crn. Stodtpforrkirche SteyrlOO.
iliger Leopold, um 1700. Lindenholz, Original-
sung. 157 cm. Privatbesitz
ef Mathias Trenkwald, Der Einzug Leo-
ds Vl. in Wien, 1872. UllLeinwond, 30x84
Wien, Kunsthistorisches Museum
UHQEH 3-17
000 Jahre Babenberger, a. a. 0., S. 348, Nr. 468.
iligenkreuz existieren heute noch die Bildnisse von
1d lll. und Agnes sowie Adalbert, Leopolds Sohn
'ster Ehe, und Heinrich Josamirgott, Otto von Frei-
Erzbischof Konrad von Salzburg, Leopold IV. und
Zum früheren Bestand sollen noch Bilder Leo-
V., Friedrichs l., Leopolds Vl. und seines gleich-
en Sohnes sowie zweier Herzoge von Mödling
haben. ln Klasterrieuburg sind neben Leopold
ignes Adolbert und Heinrich 11. wiedergegeben, in
ist neben Leopold Vl. Agnes dargestellt.
war die Tochter Kaiser Heinrichs lV. und Schwe-
leinrichs V., in erster Ehe verheiratet mit Friedrich
itaufen, dem sie die Sohne Friedrich und Konrad,
achmaligen König Konrad 111., geboren hatte. Fried-
seirierseits heiratete die Weltin Judith. Schwester
ichs des Stolzen. Sohn aus dieser Ehe war Kaiser
-ich I. Barbarossa. Somit wor Agnes die Mutter des
schen Königs Konrad lll. und Großmutter Kaiser
ich Borborassos. Ihrem zweiten Manne Leopold,
Babenberger, gebar sie 18 Kinder, darunter Otto,
xf van FYZtSiHQ, Leopold IV. und Heinrich ll. Jaso-
itt, der in erster Ehe Gertrud, die Tochter Kaiser
rs VOR Supplirtburg, geheiratet hatte, die ihrerseits
irurn in erster Ehe mit dem Welten Heinrich dem
dem Bruder der Judith, verbunden war und
Heinrichs des Löwen gewesen ist, der durch die
eheliche Verbindung seiner Mutter Stiefsohn Hein-
asomirgotts wurde.
000 Jahre Babenberger, s. 25a, Nr. 196 und 297.
Floridus, Der Babenberger-Stammboum in Klo-
uburg, Wien 1975, S. ff.
Nappen vgl. Rötirig, siehe oben, S. 2B f.
1000 Jahre Bobenberger, S. 270, Nr. 322.
Alfred, Ruelond Frueauf, Salzburg 1971, Tafel 3B
5. 152. Die Tafeln für einen Leapaldsaltar wurden
irueauf wohl aus Anlaß der Erhebung der Gebeine
tl. Leopold und ihrer Übertragung in einen kost-
Schrein gemolt. Dies bestätigt auch die Jahres-
1505, die eine lnfrarotautnohme auf dem Bild, den
ler Stiftskirche darstellend, erkennen ließ.
1000 Jahre Babenberger, 622, Nr. 1117.
Georg, Das Nochleben Leopolds lll., in; Kot.
Jahre Bcibenberger, 619.
lbe siehe oben, S. 621.
1000 Jahre Bobenberger, S. 677, Nr. 1141.
1000 Jahre Bobenber er, s. 677, Nr. 1140.
Wolfgang, Haben erger-Darstellurigen der
in Kot. Babenberger. S. 627.
11100 Johre Bobenberger, S. 701, Nr. 1184.
Neu-
ken und Skulpturen bringen das Bild des from-
men Landesfürsten und Schutzpatrons von Oster-
reich, die althergebrachte Form mit Bart, Mark-
grafenkrone, Hermelinmantel und Kirchenmo-
dell zumeist um eine dem Streiter Gottes ge-
ziemende barocke Rüstung erweiternd. Aber nicht
nur isoliert als Andachtsbild oder im Zusammen-
hang mit der szenischen Gestaltung seiner Le-
gende wird der Heilige dargestellt. Barockem
Gedankengut folgend, kommt es zu neuen Gla-
rifizierungen, die Apotheose Leopolds wird in
monumentalen Malereien gebracht.
In Martina Altomontes Apotheose" Abb.
wird der in eine Rüstung gekleidete, auf Wolken
kniende Heilige von Putten in den Himmel ge-
tragen, Putten tragen die babenbergische Adler-
fahne, halten das Zepter und erheben die Krone
Leopolds. Links unten an einer Säule kniet die
Austria, einen hermelingefütterten Mantel wie
Leopold tragend, mit seiner Herrschaftsinsignie
bekrönt; den Blick erhebt sie zum entschwe-
benden Heiligen, mit ihrer Linken weist sie zu
dem zu ihren Füßen von Putten gehaltenen
österreichischen Bindenschild, der bekrönt ist
mit dem Herzogshut. Die Fahne mit dem Kai-
serodler daneben schafft Zeitbezug.
In ganz ähnlicher Form auf Wolken von Engeln
und Putten umschwebt erscheint Leopold in einem
anderen Bild Altomontes als Fürbitter für Kranke
und Gefangene sowie als Patron des Stifters
Heiligenkreuzß Abb.
Neben der Vielzahl von barocken Leopolds-Bil-
dern stehen die anderen babenibergischen Fami-
lienmitglieder weit zurück. Leopold wor eben
anderen primär darstellungswürdig. In den mei-
sten Fällen werden Mitglieder der babenbergi-
schen Familie, wenn sie gemalt werden, nur in
ihrer Eigenschaft als Stifter von Klöstern ge-
zeigt. Bilderzyklen der Familie sind selten.
Neben Melk und Schloß Leesdorf bei Baden
finden sich die meisten Bobenberger-Serien in
Stift Heiligenkreuz".
Zu einer solchen Heiligenkreuzer Serie gehört
das Bild Heinrich des Älteren, Herzog" von
Mödling, van Georg A. Waßhuber" Abb. B.
Haltung und Ausdruck des Herzogs, er führte
13
diesen Titel als Mitglied der landesfürstlichen
Familie und jüngerer Bruder Leopolds V., ohne
daß natürlich Mödling ein Herzogtum gewesen
wäre, entsprechen barockem Repräsentations-
denken. Wohlhabenheit und Kunstsinn, er war
ein Förderer Walthers von der Vogelweide ge-
wesen, zeichnen den Herzog ebenso aus wie"
seine im Kreuzzug und mancher Schlacht er-
wiesene Tapferkeit Charakteristika eines Men-
schen, die im barocken Phantasieportröt nur
schwer, nur in Andeutungen zum Ausdruck ge-
bracht werden können.
In ähnlicher Pose wie Heinrich wird Leopold Vl.
als Feldherr mit Schwert und Herzogshut vor
einer Draperie auf einem der künstlerischen
Qualität nach weit über dem Bild Waßhubers
stehenden Ölbild von Martin Johann Schmidt
gezeigt Abb. 9. Bart und Haartracht sowie die
väterlich-verständnisvollen Züge sind Leopold
seit dem für ihn im Mittelalter geprägten Typus
geblieben. Ansonsten aber ist er durch nichts
vom normal üblichen repräsentativen Porträt
des Baracks unterschieden. Nimmt der barocke
Künstler die Person vergangener Zeit voll in
seine eigene auf, gewandet sie im Kostüm sei-
ner Tage und stellt sie in iene Pose, wie es her-
vorrogenden Persönlichkeiten des 18. Jahrhun-
derts geziemt, so versucht sich der Porträtist des
19. Jahrhunderts unter Autbringung all seiner
Phantasie in die Zeit, zu der die von ihm ge-
malte Person gelebt hatte, zurückzuversetzen.
1785 entstand das Porträt Leopolds, das der
Kremser Schmidt" gemalt hatte, 1847 das des
Theodor Petter Abb. 10. Nur diese 60 Jahre
trennen die beiden Reprösentationsbilder des
Gründers von Lilienfeld, und doch ist eine Kluft
zwischen ihnen, so tief, daß das barocke Bild
enem der gotischen Glasfenster der Pfarrkirche
von Steyr näher ist als dem des 19. Jahrhun-
derts. War bisher im Vordergrund der postumen
Partratmalerei der Wunsch nach dem Lebendig-
halten des Gedächtnisses einer Person gestan-
den, so ist es nun das Verlangen nach ihrer
Wiederbelebung in der Art, wie man sich im
19. Jahrhundert das ideale Mittelalter erträumte.
Sa wird die einzelne Figur nicht zum Inhalt und
der Mitte eines Reprösentationsbildes, sondern
ist Zentrum eines Bühnenbildes. Vor einer knor-
rigen Eiche steht daher Leopold auf Petters Bild,
seinen Hermelinmantel an ihren Stamm gewor-
fen, er selbst im Harnisch und blauen babenber-
gischen Adler-Wapperirock obwohl man zu
seiner Zeit doch schon das Wappen von Neu-
14
Osismi dem ßiideneiid im Das ä?""de'R"-ß'Lä1"-3'd ri-öaf"s'nds"otssz' iißiaiäää.Bei"eiräriäiciieizde.iicßmi"
seine C1 Z8 ZUF 01' EFU
bmune HSW "mrähwt P09?"SCh"'"d'ß Smne- dälEiJirg Gewerbe, was. UllLeinwand?69x85 cm. 16 Carl Rahl, Karl der Große befreit Österreich
der Bart ist martialisch. lm Hintergrund die ro- Wien, Österreichische Galerie von den Awaren, 1853XVl3leistOittzeichn;i'rig,h Fegei
mcnnsche Landschaft von Liliemreldy 15 Carl Rahl, Friedrich ll. besiegt die Mongolen, ilrgriBeraun, 611x119 cm. ien, sterreic ISC
Man war in Österreich rasch zu einer nationalen l5
Kunst gekommen, wofür sicherlich die 1804 voll-
zogene Umwandlung des Staates zu einem rela-
tiv eigenständigen österreichischen Kaiserreich
von Bedeutung gewesen ist. Zumindest hat man
sich nun auch auf die Anfänge eines österreichi-
schen Staatsgefüges besinnen müssen und kam
auf die Zeit der babenbergischen Herrschaft".
Dem politischen Programm und der politischen
Verantwortung des 19. Jahrhunderts aber ent-
sprach die bildliche Wiedergabe der historischen
Szene. ldealportröts entstanden nur vereinzelt,
und wenn, so im Zusammenhang mit einer Lokal-
traditian. Um so mehr aber pflog man das Bild
des Herrschers, verbunden mit dem Aufzeigen
einer von seinen Taten, die dem Vaterländischen
Wohle dienlich waren. Aufgabe dieser histori-
schen Szenen war es, der politischen Propaganda
zu dienen, eine enge und vertraute Beziehung
zwischen dem Monarchen und dem Bürger her-
zustellen, da doch die Monarchie des 19. Jahr-
hunderts gezwungen gewesen war, des Bürger-
tumes als der neu heraufkammenden Macht
sicher zu sein. Ein ldealbeispiel für diese Form
der propagandistischen vaterländischen Kunst ist
das Bild des Leander Ruß von 1836, Leopold VI.
Öffnet den Wiener Bürgern seine Schätze zur
Förderung van Handel und Gewerbe" Abbil-
dung 14. Unmittelbar nach der ersten
großen Revolution in Frankreich will es durch
das Thema einer eventuell in Wien aufkommen-
den revolutionären ldee den Wind aus den
Segeln nehmen. Der Herrscher wird als Wohl-
täter der Bürger gezeigt, wodurch diese nicht
mehr die Notwendigkeit haben, sich gegen den
Fürsten einzustellen. Insgesamt ist die Komposi-
tion des Bildes aus der deutschen Romantik be-
zogen, die räumlichen Mittel und architektoni-
schen Details aus dem Klassizismus, Kostüme
und Physiognomien aus dem Altdeutsch-Bürger-
lichen und dem Raffaelitischen, die Art der Mi-
lieuschilderung aber ergibt ein bürgerliches Bild
mit Situationen wie bei Feridi oder Danhauser.
Die Details sind ebenso wahllos aus verschiede-
pochen zusammengestellt Die Szene, die
Zeit um 1200 spielt, ist in einen Raum
t. Jahrhunderts verlegt. Die Bürger, die um
lerzog gruppiert sind, tragen Gewänder
S. Jahrhunderts, der Herzog ist als Ritter
eidet" in der Art, wie es im Theater des
thrhunderts üblich war. Im Hintergrund
ein spätgotischer Luster Van Eyckscher
wg über einem Tisch mit Tafelgeschirr des
hrhunderts. Im Vordergrund ist eine Geld-
zu sehen, wie sie zur Zeit der Napoleo-
Kriege in Gebrauch war. Blicke und
der beteiligten Personen sind von der
alischen Lieblichkeit der Wiener Bieder-
ailder geprägt".
lben Tendenzen entspricht das überaus
und detailreich gemalte Historienbild Jo-
enkwalds von 1872, den Einzug Leopolds
rlorreichen in Wien darstellend Abb. 13,
seines starken Realismus zu einer der
testen Illustrationen in historischen Reprä-
ionsbüchern geworden ist. Kein anderes
ann so deutlich die Krise der Historien-
ai erweisen wie dieses, war doch die Hi-
imalerei während der 2. Hälfte des 19.
JhdEflS aus dem Verlangen nach getreuer
zrgobe großer und für die Vaterländische
ichte bestimmender Ereignisse immer mehr
ner Geschichtsillustration geworden, die
amit begnügte, geschichtliche Einzelereig-
znschaulich wiederzugeben.
fahl war der letzte der Historienmaler ge-
der in seinen Entwürfen für die Fresken-
ttung der Ruhmeshalle im Arsenal den
unternommen hatte, im Rahmen eines
sch-allegorischen Programms Allgemein-
es aufzuzeigen. Der Babenberger Fried-
l., der die Mongolen besiegt Abb. 15,
neben Karl dem Großen, der die Awaren
16 vernichtet, nicht als Einzelperson ein
nal erhalten, sondern Aufgaben und Tu-
eines christlichen Heerführers der Nach-
ünden. Kaiser Franz Joseph lehnte die
rfe ab und beauftragte Carl Blaas mit
resken. Seine Bilder Abb. 17-20 zeichnet
'eude am Schildern von Details und der
zum episodenhatten Erzählen aus. Es sind
ichtsbuchillustrationen, die iene Figuren
ane historischen Momente aus der Baben-
r-Zeit aufgreifen, die dem 19. Jahrhundert
dhaft erschienen, die aktualisiert werden
um sentimentale Gefühle im Betrachter
'zurufen, die sein nationales, Vaterländi-
Bewußtsein stärken sollten. Leopold lll.
ticht als Heiliger gezeigt, sondern im Mo-
als er die ihm angebotene Reichskrone
zweist, Leopold Vl. nicht als frommer Stif-
Lilienfeld, sondern als idealer romanti-
Ritter, der Schlacht und Kunst gleicher-
zu schätzen weiß und durch und durch
ist, Heinrich ll. nicht als Gründer der
enkirche, sondern als derienige, der Öster-
zum Herzogtum führte, und schließlich
ld l. der Erlauchte, dem die Erstürmung
telk gelang und der von Kaiser Otto mit
lsterreichischen Mark belehnt wurde, als
wifizierte Tapferkeit.
eligiöse Lebensgrund, der dem Zeitalter
arocks seine metaphysische Einheit verlie-
iatte, ist für das 19. Jahrhundert ohne
tliche Bedeutung. Die barocke Allegorie
Heiligen mußte ebenso wie sein Repräsen-
sbild lehrhaft sentimentalen Geschichtsbil-
weichen, deren Aufgabe es war, gesell-
sbildend zu wirken. Dementsprechend wan-
ist der Typus des ldealporträts des ein-
Herrschers, der nun ie nach Zusammen-
der Szene bartlos oder mit Bart, jugendlich
gereift wiedergegeben wird.
17
18
19
20
Carl Blaos, Die Erstürmung von Melk durch
Leopold den Erlouchten, um 1358. ÜllLeinwand,
37x85,8 cm. Wien, Historisches Museum der
Stadt Wien
Carl Blaos, Leopold der Heilige weist die ihm
angebotene Königskrone zurück, um 1360. Öl!
Leinwand, 365x813 cm. Wien, Historisches
Museum der Stadt Wien
Carl Blaos, Friedrich I. Barbarossa belehnt Hein-
rich ll. Jasomirgott und Heinrich den Löwen,
um 1860. UllLeinwand, 36,4x 88,6 cm. Wien,
Historisches Museum der Stadt Wien
Carl Blaos, Leopold der Glorreiche als Förderer
von Kunst und Wissenschaft, um 1860, Öllein-
wand, 36,4 88,6 cm. Wien, Historisches Museum
der Stadt Wien
Es sind künstliche Versuche, Themen und Perso-
nen, die der Tagespolitik wichtig erscheinen, in
fernen Zeiten darzustellen. Die geschichtliche Er-
kenntnis, die aus diesen Bildern zu gewinnen ist,
ist nicht dazu angetan, die babenbergische Epo-
che zu erhellen, sehr viel mehr aber die histo-
rische Stellung Österreichs im 19. Jahrhundert
weiter zu erfassen.
Anmerkungen 18,19
Egger Hanna, Das Nochleben der habenbergischen
Epoche in der bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts in
Kot. 1000 Jahre Babenberger, S. 639 tt.
Vgl. ebendort, S. 641.
Unser Autor
Dr. Hanna Egger
Bibliothek des Österreichischen Museums
für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring
Günter Düriegl
Wien im Mittelalter-
Gedanken zu Konzept und
Motiv einer Ausstellung
ln der Zeit vom 18. Dezember 1975 bis zum
19. April 1976 realisierte das Historische Museum
der Stadt Wien in seiner 41, Sonderausstellung
einen schon immer gehegten und einige Male
als Wunsch formulierten Plan, wohl einer der
reizvollsten lokalgeschichtlichen Aufgaben nach-
zukommen, das Thema Wien im Mittelalter" in
einer möglichst umfassenden Weise darzustel-
lenl. Gelingt es, spätere Epochen in einem
hohen Maße mit Objekten, die dem Historischen
Museum als Eigentum angehören, zu illustrieren,
so ist die Sammlung an Gegenständen vor allem
des frühen und des hohen Mittelalters, die zur
Geschichte Wiens in Beziehung zu bringen sind,
klein, wie überhaupt gesagt werden muß, daß es
nicht allzu viele Zeugnisse gibt, die auf das mit-
telalterliche Wien Bezug nehmen. Der gestellten
Aufgabe nachzukommen gelang nur, indem man
großzügig Leihgaben herbeiholte, Leihgaben, die
sich im Besitz namhafter in- und ausländischer
Sammlungen befinden und von diesen in selbst-
loser Weise zur Verfügung gestellt wurden. So
konnte erstmals, unter Einbeziehung des eigenen
Bestandes an mittelalterlichen Realien die Pla-
stiken, Glasgemälde und Fresken von St. Ste-
phan, die Waffen und Funeralia sind Höhe-
punkte europäischen gotischen Kunstschaf-
fens ein weitgehend umfassendes Gesamtbild
des mittelalterlichen Wien entworfen werden. Die
Realie, das mittelalterliche Original, zumeist ein
Kunstwerk hervorragender Erlesenheit, sollte in
seinem vielschichtigen, überaus komplexen Aus-
sagewert zum Träger der Darstellung des The-
mas werden, die Rekonstruktion, ein durchaus
legitimes Mittel, wurde weitgehend ausgeklam-
mert. Nur ein einziges Mal verwendetz, störte
sie daher den Zauber des Kontakts mit den Lei-
stungsergebnissen vergangener Kulturepochen,
der stets auf der instinktiven Überzeugung von
der Wesensverwondtschaft und dem genetischen
Zusammenhang mit denen, die sie trugen, be-
ruhta, in keiner Weise. In der Verdichtung der
angedeuteten Maxime Entwurf eines umfas-
senden Gesamtbildes aus dem Bekenntnis zur
Der Stammbaum der Babenberger, Klo;
burg, 1489-1492, Triptychon, von Holz
wand übertragen, Ausschnitt Rundbild
ll., Stiftsmuseum Klosterneuburg, lnv.-Nr
Katalog, Kot-Nr. 293b.
Zweiter König der Epiphanie vom Adlerti
St. Stephan, um 1430, Sandstein, teilw. pi
miert, Höhe 142, Historisches Museum dt
Wien, lnv.-Nr. 117.031; Katalog, Kot-Nr.
Männerkopf Baumeisterbildnis in prot
Steinstück von der Siidseite des hohen
von St. Stephan, 3. Jahrzehnt 15. Jahrl
Sandstein, Höhe 19, Länge 62, Hist-
Museum der Stadt Wien, lnv.-Nr. 639;
Kot-Nr. 233.
Apostel von einem Passionsaltar aus
phan, um 1330-1340, Eichenholz, Reste al
sung und Vergoldung, Höhe 43, Histi
Museum der Stadt Wien, lnv-Nr. 614;
Kot-Nr. 198a.
Anmerkungen 1-23 Anm. 20-23 s. Text S. 10
'Wien im Mittelalter, Katalog der 41. Sonderau
des Historischen Museums der Stadt Wien, Wien
zitiert als- Katalog,
Katalog, Rekonstruktion der räumlichen Entwicklun
im Mittelalter Plan.
"Vgl. Gatik in Österreich, Krems d. Donau 15
stellungskatalag Alphons Lhotsky, Zur Einführung
R325 n. Chr. oder 476 n. Chr,
Katalog. Kot-Nr. 11711
Robert Wa" senberger, Wiens europäische Bedei
Mittelalter; in Katalog, 7.
'Karl Oettinger, Das Werden Wiens, Wien 195"
Harl, Die dunklen Jahrhunderte; in- Katalog, 12-'
"Vgl. Katalog, KatßNr. 11712
'Tauschvertrag von Mautern Markgraf Leopold IV
einen Tauschvertrag mit Bischof Reginmar von
1137 Mautern München, Bayerisches Hauptstai
Hachstilt Passau, Urk.-Nr. 39, Katalog, Kot-Nr.
Robert Waissenberger, a. a. O. und Peter
Straßen und Plätze Wiens im Mittelalter; in Kal
Heinrichll. Theodora Kamnena, LeopoldVl.
ddrd, Friedrich ll. rsdpriiszi Loskaris.
1237-1239, Kaiser Friedrich ll.; 1278-1288, König
Nach einer 1288 vorzeitig aufgedeckten Versc
deren Träger in idndn Kreisen lU siirridn Würert,
bereits 1278-1231 an der Verschwörung des Pol
dem Freihof beteiligt hatten, entzogen die Ha
dem Wiener Bürgertum seine eben erst erworbe
rechte und maßen ihm die Grenzen politischer
zunächst sehr eng zu.
1330-1358.
15 Die Herzöge Rudolf lV., Albrecht lll. und Lea
stiften zu Wien eine Universität, 1365 März
Archiv der Universität Wien, lriv.-Nr. A. U. A.
10g, Kat-Nr. 127.
"Als ieweils Prominenteste wurden drei Wiener
meister hingerichtet 1403 Konrad Vorlauf, 1463
Holzer, 1522 Dr. Martin Siebenbiirger.
"1428 drangen die HUSSllEVI UhlEV FÜltrUhg Pfükbi
die Umgebung Wiens VOr iind wurden nur dlli
gische Verleidigungsmaßnaltmeri gehindert, in
einzudringen.
lm Leapoldinum", dem von Herzog Leopold
Wiener Bürgern verliehenen Stadtrecht 1221 Ok
Wien; nur mehr in einer Abschrift des 13. Jah
erholten München, Bayerische Staatsbibliothek,
16083, stellt das Stapelrecht einen der wese
der insgesamt 29 Artikel des Privilegiums dar,
KaL-Nr. 121.
WKdtOlOg, Kot-Nr. 146 lwlefier Stadt- iind idnr
Privileg 57 und Kot-Nr. 345 Der Stat Wienn
und Frevhaiten", Wien, 1526 März 12, Buchdruck
Stadthihliothek, 3997.
"1515 Wiener Kürlgreß Mild Ücppelltütlileil im
ÖOWP Der spätere König Ludwig II von ultgCli
mit der österreichischen Prinzessin Mdrid und
rissii-böiirnisriisi Prinzessin Annd rnii Maximilicr
mit Ferdinand, seinem Enkel, verheiratet.
Kdtdlcg, Kat.-Nr.117-146.
Katalog, Kat-Nr.147-152,
11 Siegel dn der Urkunde Mdiirgrdr Leüpold lll. er
Domkapitet van Salzburg Abgaben von eiriei
galten bei Krems, vor 1136 November 13,
Haus-, Hat-undStoatsarchivWien, Katalog, Kai
Realie sollte das Thema dargestellt werden,
schon im Ansatz barg jede der beiden Kompo-
nenten für sich die Gewißheit der Unvollständig-
keit, diese weitgehend zu entschärfen war das
anzustrebende Ziel.
Die von sachlich-historischen Erwägungen dik-
tierte Grundhaltung bei der Diskussion des The-
mas brachte zudem schon im Ansatz des dar-
zustellenden Zeitraumes eine Verschiebung zur
zweiten Hälfte des frühen Mittelalters. Mag auch
im allgemeinen und durchaus im besonderen der
Beginn des Mittelalters früher anzusetzen sein',
für diese Ausstellung konnte erst das Jahr 881,
die erste gesicherte nachvölkerwanderungs-
zeitliche Nennung Wiens in den Salzburger An-
naleniden Anfang der Darstellung bedeuten. Die
Frage noch der Kontinuität der Besiedlung an
sich, bis heute nicht eindeutig und stichhältig be-
ontwortett, stellte sich nicht, sie durfte als Hypo-
these mit hohem Wahrscheinlichkeitsgehalt vor-
ausgesetzt werden. Wie sehr diese Annahme auf
archäologischen Ergebnissen basiert, veranschau-
lichte das Kapitel mittelalterliche Archäologie.
Jene Disziplin vermag durchaus unsere Vorstel-
lungen vom Mittelalter zu ergänzen, sogar
fallweise in ein anderes Licht zu rücken. Wie
auch immer, entstanden aus den Restsiedlungen
des zerstörten römischen Legionslagers Vindo-
bona, kaum genannt in frühmittelalterlichen
Quellen", steht Wien 1137" als voll entwickelte
Stadt des Hochmittelalters vor uns. Wien war die
bedeutendste Stadt am Fernhandelsweg der
Donau geworden, im Wiener Raum lag ein
Schnittpunkt der traditionellen europäischen
transkontinentalen Verbindungen vom Westen
nach dem Osten und vom Süden nach dem Nor-
den". Der glänzende Hof der Babenberger,
eine bedeutsame Pflegestätte des Minnesanges,
zeigt Wien als Treffpunkt verschiedener Kulturen.
Hier begegneten einander die ideale des ver-
feinerten westeuropäischen Rittertums, die Ein-
flüsse des hochzivilisierten islamischen Orients,
den die Herzöge auf den Kreuzzügen kennen-
lernten, und die prunkvolle mythische Welt Ost-
roms, der die Babenberger durch ihre Heiraten
mit byzantinischen Prinzessinnen verbunden wa-
ren". Die horten Auseinandersetzungen wäh-
rend der Periode des lnterregnums brachten
Wien einerseits kurze Phasen der Reichsunmittel-
barkeit", andererseits Stadtherren, die die
neuen Möglichkeiten des Landesfürstentumsyoll
ausschöpften. Auf das kurze Zwischenspiel
1251-1276 Känig Ottokars II. Pizemysl von
Böhmen folgten mit Rudolf l. beziehungsweise
dessen Sohn Albrecht I. die Habsburger. Begeg-
nete die Stadt dem neuen schwäbischen Regi-
ment zunächst mit großer Zurückhaltung, ia Ab-
lehnung", so konnte bereits Albrecht ll."', der
erste seines Hauses, der nach 1330 vorzugs-
weise in Wien residierte, das Fundament berei-
ten, auf dem Rudolf lV., der Stifter, jenes Wien
erstehen lassen wollte, das hinter der damaligen
Hauptstadt des Reiches, dem goldenen Prag",
nicht zurückstehen sollte. Die großzügige Fort-
setzung des Baues von St. Stephan, die Grün-
dung der Wiener Universität" vermehrten die
Bedeutung der reichen Handelsstadt an der
Donau. Die geordnete Entwicklung dieses städti-
schen Gemeinwesens fand jedoch ein schmerz-
liches Ende, ols die Macht der Habsburger vor-
übergehend erschüttert wurde. In die aus den
Teilungen des habsburgischen Besitzes entstan-
denen Streitigkeiten über Erbschaften und Vor-
mundschaftsangelegenheiten schaltete sich Wien
nun dreimal ein. Seine dabei verfolgte Schaukel-
politik endete iedoch erfolglos für die Stadt und
tödlich für die Hauptbeteiligten". Zu den dyna-
stischen Wirren des 15.Jahrhunderts gesellte sich
zunächst auch die für Wien bedrohliche revolu-
tionäre Erhebung der Hussiten", sodann die
Auseinandersetzung mit den Ungarn und die
Übergabe der Stadt an deren König Matthias
Corvinus 1485-1490. Gleichzeitig verschärfte sich
die Lage durch die stetig zunehmenden schweren
wirtschaftlichen Rückschläge. Das Stapelrecht",
ehemals Halt des Wiener Kautmannes, geschützt
durch den Stadtherrn, wurde nun zusehends von
den oberdeutschen kapitalkräftigen Kaufleuten
mißachtet. Zudem änderten sich auch die geo-
politischen Voraussetzungen Mit dem Fall Kon-
stantinopels 1453 drangen die Osmanen auf
dem Balkan und im Mittelmeer nach Westen vor,
mit den Entdeckungen der westeuropäischen See-
fahrer verlagerte sich das Schwergewicht des
europäischen Handels an die Länder am Atlan-
tik, das Handelszentrum Wien erstarb. Verlor die
Stadt auf diese Weise ihre mittelalterliche Funk-
tion und besiegelte die Stadtordnung Ferdi-
nands I. vom 12. März 1526" das Ende ihrer
städtischen Freiheiten, so wurde ihr am Beginn
der Neuzeit eine Rolle zugeordnet, die europä-
isches Format erforderte, Am 29. April 1526 fiel
König Ludwig von Böhmen und Ungarn im Kampf
gegen die Türken bei Mohacs. Durch die Erbver-
träge der Habsburger mit den Jagellonen"
wurde nun der österreichische Zweig des Hauses
Habsburg unmittelbar zum Rivalen der Türken in
Ungarn, Wien war schlagartig zum militärisch-
politischen Angelpunkt im Grenzraum des Abend-
landes geworden.
Diese knapp erwähnten Fakten, mehr Skizze als
Abriß, sind Wiens politische mittelalterliche Ver-
gangenheit, ihre Darstellung erfolgte wohl in der
dafür traditianellsten Weise Eine Urkunden-
reihe", tast ausschließlich Originale, von denen
manche erstmals in Wien zu sehen waren, und in
Ergänzung dazu eine Präsentation von Siegeln"
bemerkenswerter Persönlichkeiten informierten
über wesentliche Momente der Wiener Stadt-
10
geschichte. Ohne es angestrebt zu haben, er-
wuchsen aus diesem Abschnitt der Ausstellung
zwei Aspekte mittelalterlicher Kunst, die nicht un-
erwähnt bleiben sollen. Beginnend mit dem Sie-
gel für Markgraf Leopold lll." und endend mit
der Stadtordnung Ferdinands l." ließ sich eine
bemerkenswerte Reihe von Siegeln präsentieren.
Ohne den kunsthandwerklichen Aspekt der Sie-
gel außer acht lassen zu wollen immerhin
reichte das Gezeigte vom einfachen, ungefärb-
ten Wachssiegel bis hin zur wohl aufwendigsten
Form, zur Golclbulle" wurde doch der lnter-
pretation des Siegelbildes der Vorzug gegeben
So zeigen die Reitersiegel den Ritter des Hoch-
mittelalters in durchaus authentischer Weise",
von a1, btepttdn, um IJYU, FFBSKO, zzux
storisches Museum der Stadt Wien,
13.924; Katalog, Kat.-Nr. 251.
Rechter Flügel Rückseite des Wiener
altars", um 1440, Tatelbild, 216x124;
chische Galerie, lnv. 4847; Katalog, Kat.-l
Meister des Albrechtsaltars, Begegnung zi
Joachim und Anna, Wien 143ß1440, Tc
125,7x112,6; Stittsmuseum Klosterneubur
Nr. 25; Katalog, Kat.-Nr. 2B2f2.
Meister von Maria am Gestade, Verkün
Wien, um 1460, Tafelbild, 202x161; Koi
tian der Redemptoristen, 1010 Wien, S1
gasse 12; Katalog, KaL-Nr. 286.
Meister des Wiener Schottenaltors, Heim
Mariens, Wien, um 1470-1480, Tatelbild,
Benediktinerabtei Unserer Lieben Frau
Schotten in Wien, Katalog, KaL-Nr. 28711
10 Meister des St, Florianer Triptychons,
gung Kreuzigungsaltürchen aus St.
Wien 1475-1480, Tatelbild, 67x41,
65,5 15,5; Augustinerchorherrenstitt St,
lnv.-Nr. HK 4121; Katalog, Kot-Nr. 291f1
11 Wiener Maler Meister der Anbetung
Bindenschild", Anbetung der Heiligen
nige, um 1490, Tatelbild, 69,5x54,5;
chische Galerie, lnv. 4872; Katalog, Kot,-
Anmerkungen 24-51 Anm. 20-23 s. S.
Vgl. Anm. 19.
15 Goldbulle an violetter Seidenscttnur zur Pancai
ser Friedrichs lll., 1460 Juli Wien Wiener St
Landesarchiv, Privileg 45, Katalog, Kot-Nr. 137.
Das hier wohl schönste Beispie Keitersiegel Köl
kars ll. an der Urkunde König Ottokar ll. von
giidt Ulrich VDn Kappling zwei Höfe lU oditrd
1273 Juli 17, bei Preßburg Haus-, Hot- und Sta
Wien, Katalog, KoL-Nr. 150.
Siegel der Herzogin Theodora an der Urkunde
Leopold VI und Herzogin Theodore besiegeln
kunde uber ihre Stiftung eines Seel eräts zu
neuburq für ihren dort bestotteten ahn, 122i
archiv Klosterneuburgi, Katalog, Kat -Nr. 149.
"Vgl. Anni. 25, terner Portrdtsiegel Münzsiegel
Sekretsiegel in ungefürbtem wdctisi zur Ufkuttdi
Friedrich lll. verleiht der Stadt Wien das R5
Doppeladler im Wappen zu führen, 1461 Septe
Leaben Wiener Stadt- und Landesarchiv, Priv
Katalog, Kat.-Nr. 139.
vgi, Anm.
"Maximilian 1. erlaßt eine Fischereiordnung,
bruar 24, Wien Wiener Stadt- und Landesarchi
Urkunde 58251, Katalog, KaL-Nr. 145.
vgi. Sabine Felgenhauer, Mittelalterliche Kerl
Wien; tn Katalog, 68-71.
37 Äquamanile ,13l14. Jahrhundert Historisches Mu
stddt wien, lnv.-Nr. mv 8919i, KatalOg, KClÄ-Nf.
Katalog, 98-111 Katalog, Kat.-Nr. 197-252.
Vgl, Dehio-Wien, Aufl Wien-München 1973, 41
15Vgl. Flortdus Röhrig, Das kirchliche Leben ir
Cllterlicben Wien, ini Katalog, 45449.
2. Stittsbriet für das Wiener Domkapitel, 1365
Wien Diözesanarchiv Wien, Bestand Domkopit
Katalog, Kot-Nr. 129.
Rudolf lV. hatte mit seinen Brüdern beschlos
Stephanskirche zu einer Allerheiligen-Domkirche
stalten.
"1469 Jänner 18, Rom Diozesanarcliiv Wien,
Kat,-Nr. 141.
Die Anteilnahme Rudeits IV, en der gotischer
staltung von st. stepiidn Erweiterung und uin
des Lengnduses, Grundsteinlegung ZUm siidtiirin
Streben dutgetnßt werden, dds srnen von der
bergern gehegte Verlangen zu realisieren,
einem eisturri zu erheben, Insbesondere in di
iangen treten sidn idndestierr und trdrnrnes iai
Schon der Albertinische Chor 11304-1340 verdan
Entstetrung zu einern guten teii der Finanzlt
Wiener Bürgertums. Als unter den Nachfalgerr
wdiiiend der Wirren ini Herrsetiertidiis gegen
14. Jahrhunderts dds Interesse 0m sdu der
kirche idh eridiinite, übernahmen die wiener Büi
der schwierigen Lage, in die sie mit Beginn des
hunderts gerieten, die finanzielle und künstleri
antwortung tur den Weiterbau.
"Vgl. Leopold sdirnidt, wiener Volkströmmigkeit
telalter; in Katalog, 50-57.
"sdndsteinnidstitr Historisches MUSEUM der stdi
lnv.rNr. 594i, Katalog, KaL-Nr. 20113.
41 Sandsteinplastik Historisches Museum der stdi
lnv.-Nr. 500i, Katalog, KaL-Nr. 20114.
41 Sundsteinplastik Historisches Miiseiirn der stdi
lnv.-Nr. 567i Kdtdlög, Kot-Nr. 20171.
"sdndsteinididstiir Historisches Museiirn der Stai
lnv.-Nr. 579i, KOtGlOg, KGL-Nf. 20172.
"Sandsteiriplastik Historisches Museum der stdi
lnv.-Nr. 5517i, Katalog, KaL-Nr, 20175.
"Sandsteinplastik Historisches Museum der stdi
lnv.-Nr. 560i, Katalog, KGL-NV. 201m.
"Vgl. Kdtdieg, Kuh-Nr. 201.
Geb, 11. 1339, gest. 27. 7. 1365.
Er ngiiiii die babenbergische PUlltlk wieder dut
1362 vorübergehend Frieiii, 1363 durch vertrdg
gdretiie MCJIJitGSCh Tirol, grundete 1365 die
wien und trieb den BGH des stepiidnsdeines ent-
weiter, Auf inn geiit die Fälschung des Pi
Maius iasiti zurück. iiin sirin seiner aktiven
und Sozialpolitik begünstigte er die Entwick
Städte, beseitigte den Zurittzwang VON oewi
Handwerk, forderte den freien Wettbewerb U0
idstite dds oertdiiswesen. 1364 schloß er rnit
IV. einen wechselseitigen Erbvertrog, in dem die
Vereinigung der Österreichischen und böhmisch
ClUCh setidn der iingdrisetien Landet in Erwägung
wurde. 1364 vereinbarte er mit seinen Brüdern
und Leopold einen Erb- und Hausvertrag Rud
t-idiiserdiiiirigi.
Katalog, kdt-Nr. 204i Zweiter König der Epiph
Adiertiiinr, Sandstein, Historisches Miiseiirri
Wien, lnv,-Nr.117.031.
Akad. Bildhauer Oskar Battoli.
anfangs nach typisierenden Portrötsiegelzl
en im Laut der Entwicklung wesentliche
len zur lkonagraphie von Einzelpersönlich-
n". Der andere, hier keineswegs ange-
te Aspekt betraf die Kalligraphie eines
ZCHÖHSlEH Beispiele dafür ist der Stittsbrief
ie Wiener Universität" und eine Vorweg-
ie der in jeweils späteren Abschnitten disku-
Themen Buchmalerei und Zeichnung. Letz-
ist am schönsten und wohl auch am bekann-
in der Fischereiordnung Maximilians I."
zntiert. Mußten die Urkunden also nichtallein
ihrer ieweils spezifischen Aussage gewertet
en, ermöglichten sie vielmehr auch durch
und Ausstattung eine zusätzliche Interpre-
mittelalterlichen Lebens, sa wurden ihnen
znstönde bewußt gegenübergestellt, die
seits durchaus ganze Sparten des täglichen
ns illustrieren konnten, andererseits erstmals
ieser Geschlossenheit präsentiert wurden
reiche Auswahl mittelalterlicher Keramik
gezeigt werden, um dem gerecht zu wer-
was man die Bedeutung Wiens bei der Ent-
ung dieser Art des Gewerbes für Österreich
ichnen kann. In Wien lag die Hauptzeche
ganz Niederösterreich, van hier aus nahm
Töpferei als organisiertes Handwerk im
13. Jahrhundert ihren Ausgang, lmportfunde von
Wiener Keramik im Burgpalast von Buda machen
die Bedeutung, die die Wiener Töpfer schon am
Beginn ihrer Tätigkeit erreicht hatten, deutlich".
Auch dieser Abschnitt der Ausstellung sprach vor
allem im Hinblick auf die Realieninterpretotion
für sich, hier trat eher das kunstgeschichtliche
Moment in den Hintergrund und konnte kaum
besonders betont werden; Das Aquamanile" mit
Tierkörper und bärtigem Mönnerkopt ist sicher-
lich ein bemerkenswertes Beispiel der Kleinkunst
der Töpferei, seine kunstgeschichtliche Wertung
mußhinterderkulturgeschichtlich-volkskundlichen
zurücktreten. Ganz anders verhielt es sich mit
einem der wesentlichsten Teile der Ausstellung;
Der Diskussion von St. Stephan", des spatmittel-
alterlichen Landesmuseums Wiens Lhotsky.
Wohl zum stolzesten Besitz des Historischen Mu-
seums der Stadt Wien zählend und samit auch
wesentlicher Bestandteil der ständigen Schau-
sammlung brachte die spezielle Darbietung der
Plastiken, der Architekturteile, der Glasmalerei
und der Fresken im Rahmen der Ausstellung ohne
Zweitel einen Höhepunkt der unmittelbaren Kon-
taktnahme mit mittelalterlicher Art. St. Stephan
in diesem Rahmen gesondert zu würdigen, er-
scheint müßig Allzu bekannt ist die Bedeutung
dieses wichtigsten hoch- und spätgotischen Baues
Österreichs, dieser monumentalsten Lösung der
süddeutschösterreichischen Staffelkapellen".
Aber eben St. Stephan, insbesondere seine mit-
telalterliche Phase, zeigt geradezu paradigma-
tisch die bedingungslose Eingefügtheit mensch-
licher Existenz des Mittelalters in den kirchlich-
religiösen Rahmen. Im Religiösen ruhte das Fun-
dament menschlichen Daseins, im und am Reli-
giösen hatte das Leben sich zu formulieren, das
Profane wurde vom Kirchlichen nicht getrennt".
Diese kirchliche Einheit, das wesentlichste Ele-
ment der mittelalterlichen Weltanschauung, ver-
mag auch den Reichtum der aus den verschie-
densten Bereichen des Lebens sich hier treffenden
Bezüge zu erklären, die sich an St. Stephan er-
kennen lassen. Der zentrale Sakralbau Wiens,
das sichtbarste Zeichen selbstverständlicher Reli-
giosität, mußte Brennpunkt aller menschlichen
Regungen werden. Hier erfuhr das fast an Hoch-
mut grenzende Landesfürstentum in gleicher
Weise Ausdruck und Form, wie das bescheiden,
fast unscheinbar existierende Volkstümliche. Spä-
testens mit Herzog Rudolf lV., der das von ihm
in der Hofburg gestiftete, vom Possauer Bistum
unabhängige Kollegiatkapitel nach St. Stephan
verlegte und dem Propst den Fürstenrang ver-
lieh", war iener Schritt getan, der die lokale
Bedeutung der Kirche durch die in großem Maß-
stab überregionale der Domkirche"" ablöste.
Die Bistumserrichtungsbulle In supremae digni-
tatis specula"" war dann nur mehr die kirchen-
rechtliche Fixierung, eine Fixierung, die zu einem
Zeitpunkt erfolgte, da das politische Programm,
das die Habsburger an St. Stephan darstellten,
bereits zum selbstverständlichen Moment der
Reichspolitik geworden war, Wille und Möglich-
keiten der Habsburger aber, den Kirchenbau wei-
ter zu gestalten, schon erlahmt waren".
Der plastische Schmuck von St. Stephan ist be-
eindruckend. Programm und lkonologie seiner
Heiligenfiguren jedoch durchaus im Rahmen der
üblichen Heiligenverehrung, deren laufende Ver-
änderungen iederzeit feststellbar sind". Die be-
deutsamsten Plastiken sind aber nicht im Rahmen
des eben Skizzierten zu finden. Sie umfassen
zwei Gruppen, von denen zumindest die früher
zu datierende nicht zum Thema der HeiIigenver-
ehrung gezählt werden kann, es ist dies die um
1360-1365 aufgestellte Gruppe der Fürstenfigu-
ren von St. Stephan Herzog Rudolf IV." mit sei-
ner Gemahlin Katharina von Böhmen Luxem-
burg", Kaiser Karl IV." mit seiner Gemahlin
Blanche von Valois", Herzog Albrecht ll." mit
seiner Gemahlin Johanna von Pfirt". Die Stel-
lung dieser Plastiken im Rahmen der Wiener
Kunst des Mittelalters darf als bekannt angenom-
men werden", eine knappe Würdigung scheint
ausreichend Die außerordentliche Qualität der
Fürstenfiguren hat wenig mitder bodenständigen
Bauhütte von St. Stephan zu tun, die realisti-
schen Elemente man darf zumindest bei Rudolf
lV. und Karl IV. von großer Parträtähnlichkeit
sprechen und das höfische Erscheinungsbild
der Plastiken mit ihrer sensiblen Gesichts- und
Gewandbildung stammen aus der Verbindung
mit den Schöpfungen der Prager Parler-Werk-
statt unter Karl IV. Die Wiener Bildhauer sind
iedoch nicht von den Hauptwerken der Prager
Dombouhütte der siebziger und achtziger Jahre
ausgegangen, stilistisch weisen sie eine enge
Verwandtschaft mit früheren Werken der Parler-
Schule der Nürnberger Frauenkirche auf. Hieraus
ergibt sich die Einordnung der Fürstenfiguren in
den Gesamtbestand der Parler-Plastik. Die künst-
lerische Erlesenheit der Plastiken, bedeutsame
Beispiele gotischer Kunst im deutschen Sprach-
raum, ist iedoch nur das Korrelat zum politischen
Zweck ihrer Entstehung. Initiator der Fürsten-
12
12
12 Meister der Heiligenmartyrien, Erbauung von
Klosterneuburg, Wien, um 1495-1500, Tafelbild,
52 x29,5; Österreichische Galerie, lnv. 4875; Ka-
talog, Kot.-Nr. 295.
13 Hugo von St. Victor, Tractatus de sacramentis
Pergamenthandschrift, Klosterneuburg, 2. Hälfte
12. Jahrhundert, fol. 83 r.; Stiftsbibliothek Klo-
sterneuburg, cod. 311; Katalog, Kot.-Nr. 299.
14 Beda Venerabilis, De natura rerum, und Higi-
nus, De signis coelestibus, Pergamenthandschrift,
Klosterneuburg, 2. Hälfte 12. Jahrhundert, fol.
74r, Stiftsbibliothek Klosterneuburg, cod. 685;
Katalog, Kot.-Nr. 300.
Anmerkungen 52-71 Anm, 34-51 s. S. 101
R. K. Donin, Der Wiener Stephansdom und seine Go-
schichte. 2. Aufl., Wien 1952.
Kodex 5er. Nr. B9, Österreichische Nationalbibliothek.
Hans Tietze, Geschichte und Beschreibung des SL-Ste-
gshzarfiis-Domes in Wien, Bd. XXIII. d. U. K. T., Wien 1931,
55 Um 1170-1180, Holz, alte Fassung Wien, Melker Hofka-
pelle, Benediktinerstift Melk, Katalog, Kam-Nr, 265.
Katalog, Kot-Nr. 246a-246k, 247a-247d.
Katalog, Kot-Nr. 248l1-24Bl5d.
Erstes Habsburger-Fenster, zweites Habsburger-Fenster,
Anbetung der Heiligen Drei Könige, Steinigung des hl.
Stephanus, Midlaelsfenster; drei religiösen Darstellungen
stand der Stammbaum der fürstlichen Stifter der Glos-
gemälde als weltliches Thema gegenüber. Künstlerischer
Mittelpunkt sind die beiden Habsburger-Fenster. Das
Michaelsfenster ist hinsichtlich des Figurenstlls und der
Architekturbekränung das älteste Werk der Kapelle,
während die Steinigung des hl. Stephanus" bereits zum
Weichen Stil überleitet.
Die Reihe beginnt mit Rudolf I. als Stammvater, gefolgt
von Albredvt I. und vier seiner Söhne. Im zweiten Fenster
befinden sich zwei weitere Söhne Albrechts I. und die
vier Söhne Albrechts ll., wobei die Scheiben mit Al-
brecht III. und Leopold III. verlorengingen. Der Auftrag
zu den Glasgemälden muß zu einem Zeitpunkt erfolgt
sein, als die nächste Generation, die Söhne Leopolds lll.
und Albrechts lll., noch nidit regierten.
Historisches Museum der Stadt Wien, lnv.-Nr. 13.924. Ka-
talog, Kot-Nr. 2st.
Er läßt sich seit 1394 an der Universität nachweisen und
verblieb bis 14U5f06 als Leibarzt der Habsburger in der
Residenzstodt. Zu den Ärzten im mittelalterlichen Wien
vgl.; Harry Kühnel, Die materielle Kultur Wiens im Mit-
telalter-, in Katalog, 43 f.
Vgl. Katalog, Kat.-Nr. 259.
"Sandstein Historisches Museum der Stadt Wien, lnv.-Nr.
6391, Katalog, Kot.-Nr. 233.
Dombaumeister 1404-1429.
Dombaumeister 1429-1439.
Vgl. Anm. 55.
Katalog, Kat.-Nr. 265-376.
Holz, polychromiert Erzbischöfliches Dam- und Diözesan-
rnuseum Wien, Leihgabe der Pfarre Hörersdorf, Katalog,
KaL-Nr. 276.
Lindenhalz, Wien, um 1440 Österreichische Galerie, lnv.
4347i, Katalog, Kot -Nr. 270.
"Heiliger Sigismund, Stüfue Lindenholzl vom ehemaligen
Hochaltar des Domes von Freising, Wien, gegen 1443
Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, lnv.-Nr.
13.355, Katalog, Kot-Nr. 271f1. Thranender heiliger
Petrus als Papst, Lindenholz, Wien, um 1445 Österrei-
chische Galerie, lnv. 4916, Katalaa. Kot-Nr. 27117
Bürgerfahne aus dem Jahre 1465, beidseitig bemalte
Seide Historisches Museum der Stadt Wien, lnv.-Nr.
128.000, Katalog, KaL-Nr. 394.
Katalog, Kot-Nr. 277-298.
figuren war Rudolf lV.", ein selbstbewußt
hochmütiger Herrscher, dessen Bedeutung,
aber auch dessen sprunghafte Politik und
Gefahren, schon die Geschichsschreibur
österreichischen Spätmittelalters würdigte.
ihn wurde die in den letzten Regierung
Friedrichs des Schönen deutlicher werdenr
wurzelung der Habsburger in Österreich
gelt. Rudolf IV. fühlte zeitlebens als Oster
und Wiener und verlieh seiner Einstell
pathetischen Worten und Aktionen Ausi
Rudolfinisches Pathos war die Präsentati
Standbilder des Herzogpaares an der pro
testen Stelle der Kirche, an der Westfass-
selbst ließ sich zudem mit einem der Vt
1359 geforderten Vorrechte, mit der Zinkel
darstellen. Ferner präsentierte er auch
Aufstellung des Kaiserpaares am Südturr
Vorstellung von Würde und Ansehen der
burger, sie waren allen anderen Dynast
mindest ebenbürtig. Es war daher nur zu
richtig, wenn er auch seine Eltern, Albr
und Johanna von Pfirt, in den Kreis der
figuren aufnahm. Zu verweisen wäre hier
sandere, daß Albrecht II. mit seiner Eheschl
mit Johanna, der Erbtochter des Grafen
von Pfirt, diese elsässische Grafschaft dl
ländischen Besitzungen der Habsburger al
ßen konnte und damit erstmals recht deutl
habsburgische Interesse an Burgund er
ließ. Liegt die Bedeutung dieser Gruppe
stiken neben dem Künstlerischen vor
ihrem politisch-historischen Aussagewert,
weist die zweite Gruppe neben ihrer au
erregenden künstlerischen Qualität auf
auf die mittelalterliche Kultur Wiens,
lediglich angedeutet, nicht aber ausdi
werden können. Diese Gruppe, im Grund
Heiligen, wenngleich aus der Heiligenvel
nicht wegzudenken, umfaßt die Plastiken
phonie vom Adlerturms", 1476 wurden
Statuen der Epiphanie über den vier Stre
seiten der Eingangstore an der Stirnse
Turmes aufgestellt, wo sie 1911 aufgru
zutage getretenen Witterungsschäden du
pien ersetzt wurden. Stilistisch sind die
um 1430 zu datieren. Über die Zeitsponr
Entstehung und ihrer Anbringung übe
Adlertor fehlt das Quellenmaterial. Al
sorgfältiger Restaurierungen 1975176"
festgestellt, daß die Figuren mit Kreic
überzogen, reichlich mit Ornamenten
und vollständig bemalt waren. Ein solc
fund erhärtet die bereits früher in der Lit
vertretene Meinung, daß die Figuren gl
für diesen Aufstellungsart bestimmt warel
Iicherweise sollte die Gruppe im Innenra
Kirche Platz finden. Auch wenn sich sti
Bezüge zu den Glasmalereien in Tomsw
1430 und der Miniatur des vor der
knienden Herzogs Ernst" herstellen las
hebt sich die Frage, ob hier an Schöpfunr
bodenständigen Tradition zu denken ist.
besonders für den zweiten König, der ql
die übrigen Figuren zu überragen scheint
die Wahl des Materials, Savonnieres-Kc
stein, Iäßt das Streben nach feinsten
rungen erkennen. Die ungewöhnliche kör
Freiheit ist weder in der unmittelbar vo
gangenen Stufe der lokalen Produktion
reitet noch bildet der Stil Kaschauers eine
Iiche Fortsetzung". Es wurde an den Einf
telrheinischer Werke gedacht. Ob hier die
fung eines Wiener Künstlers vorliegt,
Iiche Anregungen verarbeitete, die viells
Burgund reichen, ob an einen auslär
Künstler zu denken ist oder die Skulptl.
tuell importiert wurde, kann vorläufig
klärt werden.
eculum humanoe Salvatianis, Fergomenthand-
irift, Wien um 1430, fal. 31V und 32r,
xdrid, Biblioteca Nacional, Ms. B. 19; Kata-
Kot-Nr. 315.
ammatik für Ladislaus Postumus, llluminatar
chael, Pergamenthandschritt, Melk und Wien,
1445-1450, fol. 1r, Österreichische National-
nqtrj 1.4.
...
zum
15
bibliothek, Cod. 23; Katalog, KaL-Nr. 318.
Giovanni Francesco de Pavini, Defensorium Ca-
nonizationis Leopoldi Marchionis, lnkunabel, ge-
druckt in Rom um 1483, illuminiert in Kloster-
neuburg oder Wien, Papier, Titelblatt Stifts-
bibliothek Klosterneuburg, Cod. typ. 814,- Kata-
log, KaL-Nr. 331 l.
zu übersehen. Politisch gegeben, künstlerisch
zogen, zeigt sich auch hier dieses europö
Phänomen, das schon im Kruzifix aus der
prechtskirchess, dem öltesten in Wien erholt
Bildwerk, onklingt. Form und Durchbildung
den nach westlichen Vorbildern geschaffen.
An eine Ausschließlichkeit des Einflusses aus
Westen ist iedoch nicht zu denken, auch ar
Zentren europäischen Kunstschaffens haben
Einfluß geltend gemacht. Wie sehr es dab
manchen Bereichen zu Überschneidungen
Übernahmen verschiedenster Auffassungen
zeigen die Glasmalereien aus dem Chor"
der Bortholomöus- Herzagenkapelle" va
Stephan. Die aus dem Chor stammenden,
ren, zumeist um 1340-1350 zu datierenden
ben zeigen einerseits enge formale Beziehu
zum gleichzeitigen Stil in Malerei, Plastik
Architektur. Für die Verknüpfung in Motivik
Darstellungsweise war bei den figuralen
gemölden wie auch bei den Architekturschi
der enge Kontakt des Glasmalerateliers
Werktradition und Vorlagenmaterial der
hütte von St. Stephan maßgeblich. Andere
geht die schon bald einsetzende Verröumlic
der architektonischen Motive auf die Verc
tung italienischer Einflüsse zurück. Ist im
zweifellos nur religiös-künstlerisches Wollen
stellbar, so sind die Scheiben der Bartholorr
Herzogenkapelle um 1390" zusätzlich von
litisch-dynastischen Standpunkt motiviert.
Programm der Fürstenscheiben setzt die bt
in der Plastik begonnene Selbstdarstellung
Dynastie fort. Dieses ist typisch für die Vei
lichung einer Kunst, die bis dahin fast ausscl
lich sakralen Zwecken zu dienen hatte. At
als bei den um 1280 entstandenen Babenbe
Fenstern in der Brunnenkopelle von Stift
genkreuz, die dem Andenken des erlosct
herzoglichen Hauses gewidmet waren, ha
es sich hier um eine Selbstverherrlichung
gierenden Geschlechtes". Die Idee zu eine
numentalen Habsburger-Reihe wurde vom Lt
burger Stammbaum, einem der Hauptwerkt
Prager Hofkunst unter Kaiser Karl lV., ent"
Nicht nur die Gesamtkanzeption, sondern
Typen, Sitz- und Gewandmative wurden
nommen. Ebenfalls auf böhmische Vorbild
die Einbindung der Figuren in architektar
Rahmen zurückzuführen. Der besondere Ph
siereichtum der architektonischen Formen Wt
andererseits in der Wiener Glasmalerei um
und in direkt verarbeiteten Anregungen au
oberitalienischen Buchmalerei. Die präzise,
viduelle Charakterisierung der Figuren, ihr
stokratische Haltung, schließt dennoch böhrr
Glasmaler als Schöpfer der Habsburger-Fs
aus. Die gleichzeitige Glasmalerei in Böhme
jedenfalls keine gleichwertigen Werke vorz
sen. Die unmittelbaren künstlerischen Vorat
Zungen liegen vielmehr in der Graßplastil
Wiener HerzogenwerkstatV unter Rudolf
Stifter. Fürstenfiguren und Habsburger-Fe
entstammen demselben verfeinerten Milieu
Hofes. Die Glasgemälde sind Arbeiten
Meisters, der als Hofkünstler" von seinen
traggebern mit den künstlerischen Produkt
des Prager Hofes vertraut gemacht wurde
dem eine leistungsfähige Werkstatt zur
stand.
Die an den Glasgemölden sichtbare Übern
italienischer Einflüsse ist nicht das einzige
spiel mittelalterlichen italienischen Kunstschc
in Wien. Wahl die bemerkenswerteste vor
den stammende Schöpfung, und eindeutig
zuzuordnen, ist das um 1390 am Singertoi
stondene Fresko einer thronenden Mutterg
mit Kind". Auffallendstes Merkmal daran
auf Giotto zurückgehende und im Norden noch
nicht geläufige Dreidimensionalität von Körper
und Architektur. Dieses wohl italienischste Kunst-
werk Wiens vom Ende des 14. Jahrhunderts ist
keine Wiener Arbeit Jeweils gestiftet und ge-
malt von einem Italiener, stellt es die eindeu-
tigste Übernahme der Veroneser Schule des Tre-
cento nach Wien dar. Der Stifter des Freskas
war der aus Padua zugewanderte Magister
Galeazza di Santa Sofia, einer der namhaftesten
Ärzte in Wien", als Maler nimmt man Altichiera
da Zevio an.
Im Rahmen der vorliegenden Stellungnahme zum
mittelalterlichen Wien ist nicht Raum genug, um
allen Bezügen mittelalterlicher Geisteshaltung
am Stephansdom nachgehen zu können. Zwei
Hinweise seien iedoch noch gegeben Von kunst-
historischen, stilkritischen Vergleichen ausgehend,
sollte versucht werden, der Problematik der
Funktion des Riesentores" historisch-Volkskund-
liche Aspekte abzugewinnen. Die These, daß die
lkonologie des Tympanan in Verbindung mit ent-
sprechender Deutung der Vallplastiken und Hoch-
reliefs an der Außenwand des Riesentores auf
die Funktion desselben als Gerichtsstötte hinwei-
sen könnte, hat zumindest einiges Bestechendes
für sich. lst das Riesentor mit seinen an Schnitz-
werk erinnernden, aus dem Holz geborenen Or-
namenten an den Bogen des Tortrichters, die
narmannischer Herkunft sind und aus dem nord-
französischen Ursprungsland weit über den Kon-
tinent mit vielen Zwischenstationen zu uns ge-
bracht worden sind, und seiner Plastik, die so-
wohl Franken Bamberg als auch Bayern ver-
pflichtet ist, Ausdruck der in Wien im zweiten
Jahrzehnt des "I3. Jahrhunderts einsetzenden
Neuorientierung im Sinne der Gotik, so könnte
ein Architekturteil bereits das schon von humani-
Muss.-- w.-Ä....-i..,.. VQIQFL n.......i;-i.. naiven",
konnte der Weg bis hin zu Rueland Frue-
auf d. dem Wegbereiter der Donauschule,
verfolgt werden. Der Neue Realismus" bemühte
sich, seine Umwelt, die er mit eigenen Augen be-
obachtete, wiederzugeben. Nachdem man die
Szenen der Heilserzählung in die eigene Umwelt
verlegt hatte, waren die künstlerischen Voraus-
setzungen zur Aktualisierung der religiösen Bot-
schaft geschaffen. Eben diese Gestaltungsformel,
um die nahezu auf sich allein gestellt und ohne
ausreichende Auskunftsmöglichkeit bei tauglichen
Vorbildern der Albrechtsmeister gerungen hatte,
wurde nun zum selbstverständlichen Allgemein-
gut, weil sie von den Niederlanden aus ihren
Siegeszug durch das gesamte nördlich der Alpen
gelegene Europa angetreten hatte. Wobei der
Schottenmeister" die Vorstellung von der eige-
nen Umwelt weit konkreter faßte als seine gro-
ßen Vorbilder, indem er die Weltlandschaft" der
Niederländer zu jedermann bekannten Ansichten
seiner Vaterstadt verwandelte. Mit sicherem In-
stinkt zog er die Schaulust und Freude an sinnes-
frohem Gepränge seiner Mitbürger in Rechnung,
die sich im Bilde ihrer eigenen Stadt gleichsam
auf Umwegen in die religiöse Bildaussage mit
einbezogen fühlen mußten". Mit diesem Bemü-
hen der Tafelmalerei, die eigene Umwelt wieder-
zugeben, war auch das zweite Motiv ihrer Prä-
sentation im Rahmen der Ausstellung gegeben.
Gerade hier vermochte die Realieninterpretation
in überzeugendster Weise einzusetzen. Mag die
eminente Bedeutung, die der Interpretation des
Inhaltes bildlicher Darstellungen im weitesten
Sinne sowie der Erklärung der wiedergegebenen
Sachgüter zukommen", von der Fachwelt nicht
mehr bestritten werden, so erscheint diese Auf-
gabe nirgends so augenfällig und selbstverständ-
lich, wie bei den frühen Stadtansichten Der
Albrechtsmeister ließ um 1438-1440 im Hinter-
grund seiner Tafel Begegnung zwischen Joachim
und Anna"" über den Hügelrücken silhouetten-
haft die früheste Ansicht Wiens emporwachsen,
der Schottenmeister stellte einerseits eine Wiener
Gosse Heimsuchung Moriens", andererseits
eine Gesamtansicht Flucht nach Ägypten" dar,
der Meister des St. Florianer Triptychons schuf
1475-1480 eine eigenwillige Wiedergabe der
Stadt", im Babenberger-Stammbaum 1489-1492
erkennen wir in der Darstellung des Todes Fried-
richs ll., des Streitbaren, einen Blick auf Wien
von Norden". Welch detaillierte Kenntnis des
Alltagslebens wir aus den Einzelheiten der Tafel-
bilder erlangen können, zeigt der Meister von
Maria am Gestade", da er mit seiner Verkündi-
gung um 1460 eine Wiener Bürgerstube malt,
oder der Meister der Heiligenmartyrien, wenn er
um 1495-1500 bei seiner Erbauung von Kloster-
neuburg"" mit akribischer Genauigkeit das Trei-
ben auf einer Baustelle festhält. Daß insbeson-
dere zu Kleidung und Made wesentliche Aussa-
gen von der Tafelmalerei des 15. Jahrhunderts
abgeleitet werden können", muß nicht gesondert
betont werden.
Ähnliche lnterpretationsmöglichkeiten bietet die
Buchkunst". Beginnend mit frühesten Werken
aus der Tätigkeit der niederösterreichischen Klä-
ster. unter denen Klosterneubura eine hervor-
19
18 Wolf Huber, Ansicht von Wien 1530, Feder in
Graubraun, 1126x131; Graphische Sammlung
Albertino, lnv.-Nr. 26.159.
19 Meßkelch, Wien, 1337, Silber, vergoldet, mit
Edelsteinen, Perlen und transluziden Emailbil-
dem geschmückt, Höhe 20, Stiftsmuseum Klo-
ätgialrneuburg, lnv.-Nr. KG 69; Katalog, Kot.-Nr.
20 Spätgotischer Küriß Reiterharnisch, Augsburg,
1485-1490, Historisches Museum der Stadt Wien,
lnv.-Nr. 127.010-l27.023; Katalog, KaL-Nr. 456.
als die Welt noch ein halbes Jahrtausend iünger
war, alle Geschehnisse im Leben der Menschen
viel schärfer umrissene äußere Formen hatten
als heute. Zwischen Leid und Freude, zwischen
Unheil und Glück schien der Abstand größer als
für uns; alles, was man erlebte, hatte noch ienen
Grad von Unmittelbarkeit und Ausschließlichkeit,
den die Freude und das Leid im Gemüt der Kin-
der heute noch besitzen. Jede Begebenheit, iede
Tat war umringt von geprägten und ausdrucks-
vollen Formen, war eingestellt auf die Erhoben-
heit eines strengen, festen Lebensstils".
Eine der denkwürdigsten Spielarten von Form
und festem Lebensstil zeigen die erhaltenen Fune-
ralwaffen von den Begräbnisfeierlichkeiten für
Albrecht Vl. und Friedrich lll.". Keine Zeit hat
mit solcher Eindringlichkeit jedermann fort und
fort den Todesgedanken eingeprägt wie das
15. Jahrhundert. Unaufhörlich hallt durch das
Leben der Ruf des Memento mori". Der kirch-
liche Gedanke des späten Mittelalters kennt nur
die beiden Extreme die Klage über die Ver-
gänglichkeit, über das Ende von Macht, Ehre und
Genuß, über den Verfall der Schönheit; und den
Jubel über die gerettete Seele in ihrer Seligkeit.
Alles, was dazwischen liegt, bleibt unausgespro-
chen". Vielleicht waren diese Herrschaftssym-
bole auch dafür bestimmt, etwas von dem zu be-
wahren, was als dazwischenliegend galt.
Reichtum und Besonderheit Wiens als mittelalter-
liches Hondelszentrum zeigen die erhaltenen
kunsthandwerklichen Gegenständeya und Waf-
fen". Edelmetallgerät, Textilien und Beleuch-
tungsgerät waren oft lmportwaren, Waffen wur-
den fast ausschließlich eingeführt. Wohl als über-
aus bemerkenswert muß ein aus Kupfer verfer-
tigter, mit Emailplaketten versehener Behälter
für heilige Öle aus dem 14. Jahrhundert" ange-
sehen werden. Wird zu mittelalterlichen Email-
arbeiten zumeist Limöges als Entstehungsort an-
gegeben, so ist durch die Restaurierung des Ver-
duner Altars, die 1331 nachweislich in einer Wie-
ner Werkstätte erfolgte, belegt, daß die Wiener
Edelschmiede die Grubenschmelztechnik kannten
und anzuwenden wußten. Der bezeichnete Behäl-
ter mag also durchaus in Wien entstanden sein.
Die erhaltenen Waffen aus dem an Kämpfen rei-
chen ausgehenden Mittelalter frühere Waffen
sind in der städtischen Waffensammlung nicht
belegbar stellen einen einzigartigen und über-
zeugenden Beleg wehrhafter städtischer Vergan-
genheit dar. Hervorzuheben sind vor allem zwei
Harnische Die aus Süddeutschland stammenden,
um 1450 hergestellten Teile eines spätgotischen
Küriß", des ältesten bekannten deutschen Plat-
tenharnisches, und der von Kolman Helmschmid
um 1522 in Augsburg hergestellte geriefelte Küriß
für Ferdinand 1.". Diese Rüstungen dürfte man
wegen ihrer Kostbarkeit nicht im Besitz eines
städtischen Zeughauses erwarten, sie sind höfi-
sche Waffen. Es darf mit großer Sicherheit ange-
nommenwerdemdaß sie dem Bürgerlichen Zeug-
haus sehr bald noch dem Tod ihrer Besitzer- ge-
sichert ist einstweilen nur Ferdinand I. zur Er-
innerung übergeben wurden. Das Zeughaus war
von allem Anfang an nicht bloß Waffenkammer,
sondern auch Museum heimischer Geschichte.
Georg Wacha
Wallfahrerzeichen von
Sankt Wolfgang
ln einer Art Familienmuseum, dem Praunschen
Kabinett", verwahrte die Familie von Praun ver-
schiedene Kleidungsstücke des Nürnberger Pa-
triziers Stephan lll. Praun 1544-1591 von dessen
Reisen und Wallfahrten. Ein Doppeltäschchen
aus grauem Wildleder mit autgenähten raten
Arabesken orientalische Arbeit gehörte wahr-
scheinlich zur Ausstattung des Reisenden auf
dem Weg nach Konstantinopel 1569, andere
Stücke trug er 1571 auf seiner Pilgertahrt nach
Santiago Einen blauen Tuchmantel mit aus-
knöptbaren Seitenteilen, einen gelben Tuchman-
tel mit Seidenstickereien und dazugehöriger
Kapuze, gefüttert mit grünem Samt, einen leder-
nen Pilgermantel, mit Muscheln verziert, eine
Ledertasche, Lederschuhe sowie Sandalen aus
getlochtenem Hanf, endlich einen Pilgerhut aus
schwarzem Filz, mit Muscheln verziert'. Der
Jakobs-Pilger des späten Mittelalters ist zum
bildlichen Topas für einen Pilger überhaupt, die
Muschel als Abzeichen der Compostelatahrer ist
Signum aller Pilger geworden. Pilgerdarstellun-
ser Pilgerzeichen die Herstellung mittels
alten Form erst wesentlich später ertalgt
kann'.
Eine Menge Pilgerzeichen und andere Plal
hat man bei Baggerarbeiten unterhalb des
neut in Paris aus der Seine zutage getördr
die man sie geworfen hatte, als unter der
rung Franz I. die Wechslerbrücke abge
wurde und die auf der Brücke stehenden
kaufsstände geräumt werden mußten. Die kl
Signes de Pelerinage", die Pilgerabzeiche
13. und 14. Jahrhunderts, bilden einen uns
baren, aber interessanten Bestand des
de Cluny in Paris, handelt es sich dabei do
die ersten greifbaren Massenartikel des
altersä. Der Abguß erfolgte in Blei oder in
Zinnlegierung, nur für besser situierte
gab es auch Silberstücke. ln Ram hatten sie
Päpste das Monopol zur Herstellung der
Zeichen vorbehalten; seit etwa 1200 übert
sie dieses Recht der Kirche St. Peter. Im
1451 wird in Einsiedeln ein eigenes Zeichen
Anmerkungen 1-7
'Aufgang der Neuzeit, Deutsche Kunst und Kultur von
Dürers Tod bis zum Dreißigiährigen Krieg 1530-1650, Aus-
stellung des Germanischen Natianalmuseums Nürnberg
1953, Katalog S. 59, Nr. 74-1 B1.
Lpejiika? der christlichen lkonagraphie 1971, Sp. 439 tt.
ger
'Alltag und Fest im Mittelalter, Gotische Kunstwerke als
Bilddakumente, Katalog der Usterreidiisdwen Galerie
Wien, 1970, S. 87, Nr. 53.
'Erwin Ortmann, Zinntiguren einst und ietzt, Zürich 1973,
S. 16 tt. und Abb. 13.
In Österreich befanden sich ausgewählte Beispiele in der
Sammlung Figdor Katalog Die Sammlung Dr. Albert
Figdor, Wien", 1. Teil, 1930, Nr. 211 fi, einiges ge-
langte von dort nach Eisenstadt in die ammlung von
Alexander Sünder Wolf und wurde in Band Z4 der
Üsterreichischen Kunsttopographie Eisenstadt und mm,
1932, S. 143, beschrieben.
tHanns-Ulridi Haedeke, Zinn, Zentren der Zinn ießkunst
von der Antike bis zum Jugendstil, Leipzi 197 S. 46.
Max Bernhart, Medaillen und Plaketten, ibliathek für
Kunst- und Antiauitätensammler, Band 2. AutL, Berlin
WQO, 101,
Haedeke, S. 46 und Abb. 3.
16
gen ieglicher Art und Pilgerpatrone sehen ein-
ander darin gleich Koloman, Rochus, Sebald
usw., selbstverständlich St. JakobF. Ein wichti-
ges Attribut war der Pilgerhut, an dessen vorn
oder seitlich umgeschlagener Krempe die Pilger-
zeichen in Gitterguß mit Ösen festgenäht waren.
Wahrscheinlich wiederholte man damit die reiche
Agraffe als Schmuck vornehmer Leute, wie sie
seit dem Spötmittelalter die Kopfbedeckungen
der Männer schmückte. Die bildlichen Darstel-
lungen konnten einen Hinweis auf das Pilgerziel
oder die bereits absolvierte Wallfahrt beinhal-
ten. Ein Gemälde des hl. Cantius vom Meister
des Krainburger Altars um 1500 in der Öster-
reichischen Galerie zeigt auf dem Pilgerhut fol-
gende Applikationen gekreuzte Pilgerstöbe, ge-
kreuzte Schlüssel Rampilger, Veraikon Jeru-
salem, vielleicht Konstantinopelf. Das älteste
Stüd aus Mitteleuropa wurde in Magdeburg ge-
tunden, es zeigt ein Silberplättchen mit der An-
betung der Könige, als oberer Abschluß eine
Architekturdarstellung, wobei rechts und links
von einem Engelkopf im Mittelgebiet ie drei
Fenster durchbrochen sind. Zwei Ösen an ieder
Seite ermöglichen die Befestigung. Wenn auch
die Dotierung aus stilistischen Gründen ins 12.
Jahrhundert gerechtfertigt ist, so muß doch be-
tont werden, daß bei der langen Tradition die-
erwähnt, das die Herstellung und den Vs
der Pilgerzeichen zu besorgen hattet. Am
St. Michel in der Normandie verkaufte
Pilgerzeichen mit dem Bildnis des heilige
chael, aus dem nördlichen Frankreich sta
solche mit dem heiligen Dionysius, aus
solche mit dem heiligen Quirinus7.
Wie steht es nun mit den größten Wollt
auf dem Gebiet des heutigen Österreich
das späte Mittelalter waren der heilige Wal
und seine Kultstätte am Abersee ein Anziel
punkt von ungeheurer Zugkraft. Die große
der Wolfgangskirchen und Kapellen, me
den Wallfahrerwegen angelegt, gibt heute
davon Kunde. Als Unikat ist ein spötmitte
liches Wallfahrtszeichen des Heiligen anzui
das Günther Probszt 1942 in der Medaillen
lung des Stiftes Göttweig auffand. Es wc
Silber, 2,85 cm im Durchmesser, Vorder
Rückseite zeigen die gleiche Darstellung
TVS WOLFGANG in ganzer Figur sitzen
Mitra, den Krummstab in der Rechten, dc
chenmodell auf dem Schoß, das Beil
Linken. Durch die engen Beziehungen zw
dem Kloster Mondsee das die Wallfahrt
Wolfgang betreute und Salzburg ist wohl
nehmen, daß die Herstellung dieses Pilg
chens in Salzburg und nicht in dem weite
,S. Wolfgang", Wallfahrerzeichen, Gitterguß.
ied im lnnkreislOU, Volkskundemuseum
ußfarm Model für ein Wallfahrerzeichen des
S. Wolfgang". tadtmuseum LinzlOO
bguß des Wallfohrerzeichens des hl. Wolfgang
1ch dem Model Abb.
fernten Regensburg erfolgte". Bedauerlicher-
weise ist das Stück gegenwärtig nicht mehr auf-
findbar, auch ein reproduktiansföhiges Foto
dieses wichtigen Objektes war nicht zu erhalten.
Zum Guß der Pilgerzeichen benützte man Model
Hohlformen, meist aus Schiefer oder Speck-
stein, selten aus Metall. Auf der großen Ausstel-
lung Van Rhein und Maas" konnte nur eine
mittelalterliche Gußform für ein Brüsseler Pilger-
zeichen gezeigt werden", ein deutliches Zeichen
für die Seltenheit derartiger Obiekte. Die Model
wurden von Goldschmieden oder Stempelschnei-
dern angefertigt. Sie hatten nur eine Schauseite;
das Gußmodel wurde mit einer flachen Platte
abgedeckt, die dann durch ein eingeritztes Dio-
gonallinienmuster oder durch einfache geometri-
sche Linien der Zeichenrückseite eine bescheidene
Verzierung gab. Daß früher auch eine große
Zahl von Gußformen vorhanden gewesen sein
muß, geht schon aus der Zahl von Hundert-
tausenden van Pilgerzeichen hervor, die oft
innerhalb weniger Wochen verkauft wurden.
lich war, sondern daß sie schon früher zu
Devotionalien des Wallfahrtsortes im Gel
gezählt haben". Bei der Übergabe des
fahrtsortes an Weltgeistliche im 16. Jahrhui
als die Zahl der Benediktiner in Mondsei
Betreuung nicht mehr ausreichte wird in
Verträgen auch ausdrücklich genannt, wom
sich zu versehen hätten; Servatius Niessl,
1568 die Seelsorge dort übernahm, sollte
wein, Oblaten, Sant Wolffgang Legennt-l
len", lateinisch und deutsch, auch vergol
silberne und pleyerne" Pilgerzeichen zur
haben". Bei den Druckwerken handelt es
sicher nicht mehr um die frühen Drucke von
oder 1496", sondern um die 1516 von Jol
Weißenburger in Landshut gedruckte Bes
bung der Wallfahrt". Aus Abrechnungen
Ende des Jahrhunderts erfährt man die
für die Wallfahrerzeichen Vergoldete kos'
159615 kr, 1599 und später 12 kr, silberne
kr, versilberte kr, es wird auch der lsi
Goldschmied Hans Merz als Hersteller genau
kungen 8-18
er Prabszt, Ein spätmittelalterlidies Walltahrerzei-
mr St. Wolfgang drrr Abersee, Berliner Numisma-
zensarrm 1952, Nr. 12, s. er. Herstellung in
sburßlr Georg Wuchü, so. Wolfgang und das Wall-
wesen im 16. und 17. Jahrhundert, Jahrbuch des
isterreichischen Musealvereins 11711, Linz 1972,
he1h und Maas, Kunst und Kultur 2100-1400, Katalog
Nr. vuvse, Beschreibung und Abbildung s.1sa.
elterliche Pilgerzeichen und Wallfahrtsdevatianalien,
in Rhein und Maas, Katalo 1972, s. 150.
LiPP. Das Beil des hl. clfgan Jahrbuch des
rsterr. Musealvereines 117, 1972, .174 Sonder-
Der hl. Wolfgang und aberasierrereh, Schritten-
des Oberösterr. Musealveremes 1972i.
Sydow, Ein Bruderschattsbuch der Regensburger
erigsbrudersdrdtierr, Ostbnirische Grenzmarken
s. 174 n. Die Walfgangihruderschatt Il1 St. Wolfgang
vom Mandseer Abt Johannes Christophorus Was-
97 wieder belebt.
so. Wolfgang, s. 13a.
die älteren Drucke VQI. w. L. Schreibers Hdhdbudr
au. und Metallschnitte des 15. Jahrhunderts.
wdehd, Der Wallfahrtsort so. Wolfgang und der
um Linz, Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 1961,
St. Wolfgang und das Walltahrtswesen, S. 138.
in Österreich, Katalog Krems an der Donau W67,
Nr. 167 und S. 290.
sche Frömmigkeit, Katalog Stadtmuseum München
i. 324, Nr. 1049.
In Einsiedeln waren es beispielsweise 1466 in
vierzehn Tagen 130.000 Stück! In Aachen wurden
für die Zeit des stärksten Andrangs zwischen
Ostern und St. Remigius I. Oktober Herstellung
und Vertrieb aller Devationalien grundsätzlich
iedem, auch Fremden, freigestellt. Jahannes Gu-
tenberg kannte 1438 in Straßburg mit mehreren
Genossen eine Geschöftsgemeinschaft gründen,
die die Anfertigung van Aachener Wallfahrts-
devotionalien Spiegel" für das kommende
große Heiltumsiahr 1440 zum Ziel hattel". Daß
von Aachen, von Neuß, aus dem beIgisch-nieder-
löndischen Raum keine mittelalterlichen Model
erhalten blieben, daß man das Aussehen vieler
Wallfahrerzeichen aus Abgüssen auf Kirchen-
glocken, aus der Wiedergabe auf Gemälden und
Miniaturen erschließen muß, zeugt von der Sel-
tenheit dieser ersten typischen Massenartikel
heute.
Bei St. Wolfgang am Abersee wissen wir nichts
von Herstellung und Verbrauch der Pilgerzeichen
im Mittelalter. Es ist anzunehmen, daß schon
früher die Walfgangi-Hackln" üblich waren, die
man später durch Berührung mit dem Kelch des
Heiligen erst weihte"" und daß die Verwendung
dieser kleinen Beile oder Äxte als Abzeichen
nicht erst in der Gegenreformationszeit unter
den Mitgliedern der Woltgangsbruderschatt üb-
ln der Sammlung von Dr. Karl Ruhmann
befand sich eine Gußfarm aus Kehlheimer
für die Herstellung eines Pilgerzeichens, wo
die Darstellung Regensburg als Pravenienz
gewiesen ist. Es sind die Heiligen WOIfQt
Emmeram und Dionysius zu erkennen, am Ob!
Rand zweimal das Wappen mit den gekreu
Schlüsseln Regensburg". Auch auf spät
Wallfahrermedaillen der Benediktinerabtei
Emmeram bei Regensburg aus dem "I8. 11
hundert erscheinen auf der Vorderseite St.
gang, auf der Rückseite St. Dianysius".
Stadtmuseum Linz konnte vor kurzem eine
torm erwerben, der im Zusammenhang mit
Wolfgangsverehrung besondere Bedeutung
kommt. Es handelt sich um eine rechtwinke
Messingform Inv.-Nr. T95, Größe 8,7
cm, die durch Abknappung der vier Ecken
Achteck bildet. Das Model ist etwa 0,8 cm
und zeigt auf der sonst glatten Rückseite
Ansatz eines Stiftes von 1,3 cm Durchmes
Oben ist eine trichterförmige Eingußöffnung
handen, die Zeichnung nimmt Rücksicht auf
Verteilung der Gußmasse wohl einer Zinn-E
Legierung von den Ornamenten oben bis
Schriftplatte unten. Ganz unten ist ein dün
Kanal angebracht, der das Ausströmen der
beim Gießen ermöglicht. In der Mitte steht
einem Oval Höhe 3,2 cm, Breite 2,1 cm, gebil-
det von einer blütenbesteckten Ranke, der heilige
Wolfgang im bischöflichen Talar mit der Mitra
auf dem Haupte, er hält in der Rechten Stab
und Hacke, in der Linken das Kirchenmodell.
Seitlich stehen auf kräftigen Basen zwei Säulen
mit vegetabilen Kapitellen, darüber schwebt ein
Puttenkopf mit Flügeln, im Rankenwerk oben
durch zwei Blumensträuße mit den Säulen ver-
bunden ist im Dreipaß ein Kreuz zu erkennen.
Den unteren Abschluß bildet ein Schriftblock mit
der Aufschrift S. WOLFGANGus, rechts und
links davon sind zwei halbkreisförmige Ösen be-
festigt. Zwei ebensolche Schlaufen ergeben sich
durch Bögen bei den Kapitellen der Säulen. Das
gegossene Zeichen, das ein Ausmaß von 6,8x4
crn hatte", konnte daher sowohl an ein Klei-
dungsstück genäht werden, es konnte auch wie
es vielfach die volksmedizinischen Praktiken er-
forderten im oder am Hause befestigt, an der
Stalltür angenagelt oder bei der Viehtränke auf-
gehöngtwerdemSalche Pilgerzeichen sollten auch
auf dem Felde gegen Unkraut, Ungeziefer und
Mißwuchs helfen". Aufgrund der umfangreichen
Sammlung von Wallfahrtsandenken aus St. Wolf-
gang im Rieder Volkskundehaus" läßt sich eine
über die älteren Arbeiten von Anton Maria
Anmerkungen 19-22
"Wacha, st. Wolfgang und das Wallfahrtswesen, s. 155 t.
und Abb. auf Tafel Xll.
Van Rhein und Maas, Katalog S. 152. Ausdrücklich als
Stallsegen bezeichnete Gittergüsse mit Walfgangsdarstel-
llthgelt waren in der Ausstellung Bayerische Frömmigkeit,
1400 Jahre christliches Bayern, zu sehen Katalog 1960,
S. 343, Nr. 1290, aus der Sammlung Kris im Bayerischen
Nationalmuseum.
Ein Gang durch das Rieder Volkskundehaus Sonderab-
grlääs aus der Rieder Valkszeitung", ahne Jahr, Abb.
Anton Maria Pachinger, Wallfahrts- und Weihemünzen
des Erzherzagtums Usterreich ob der Enns, Enns 1904
vgl. speziell S. 30, Nr. 100..
18
Pachinger" hinausgehende Reihe der Pilgerzei-
chen zusammenstellen
Wenn hier von den ältesten Zeichen gesprochen
wird, so soll dabei nicht verhehlt werden, daß
eine chronologische Einordnung sehr schwierig
ist. K. Köster sagte, auf den ersten Blick sehr
altertümlich wirkende Stücke erweisen sich oft als
jüngere Varianten von sanktionierten älteren
GrundtypenWÄAusdem hier im Bild vorgelegten
Material" läßt sich aber die einzelne stehende,
etwas plump wirkende Darstellung des Heiligen
als älteste bezeichnen. Sie wird dem gotischen
Typus der Wallfahrerzeichen noch am ehesten
entsprechen Abb. und 2. In beiden Fällen ist
die Gestalt des Bischofs in weitem Gewand unter
den graben Falten nicht zu erkennen, aus der
blockhaften Form ragen nur Kopf und Attribute
heraus. ln der Linken hält der Heilige ieweils
den Bischofsstab und das Hackl" an seinen
Beilwurf vom Falkenstein erinnernd in der
Rechten die Kirche, die aber keineswegs gotische,
sondern eher frühbarocke Züge aufweist rund-
bogiges Portal und ähnliche Fenster, Turm. Die
Schrift auf dem Band unten S. WOLFGANG
und die seitlichen Abschlüsse sawie der Kiel-
bogen oben erinnern an gotische Ornamentik,
die Ösen zur Befestigung sind nicht immer erhal-
6-8 S. Wolfgang", Wallfahrerzeichen, Gitterguß.
Ried im lnnkreislOO, Volkskundemuseum
Gußfarm Model für ein Wallfahrerzeichen des
hl. Wolfgang, der als Benediktiner dargestellt
ist. Privatbesitz, FrankenmarktlOU
ten geblieben bzw. sind nicht praktikabel.
Abb. stellt die Überleitung zu dem obet
schriebenen Model dar. Hier steht der H4
schon in einem ovalen Mittelfeld, hält abe
Attribute noch in gleicher Weise wie auf
und 2. Die Schrift ist ähnlich den früheren
ken, an den Seiten erkennt man taskanische
len und oben eine zarte, aber reiche Ornc
tik,dieviele vegetabile Elemente enthältDit
Osen sind hier deutlich ausgeführt.
Das Model und der daraus erfolgte Abguf
gen denselben Typus massiger, um nicf
sagen plumper Abb. und der Bischol
ietzt Hacke und Stab in der Rechten, das
chenmodell in der Linken, die Buchstaber
hat sich gewandelt, die Kürzung für das la
sche -us am Namensende ist hinzugefüg
Ornament oben ist ein Puttenkopf mit Fli
hinzugekommen. Vielleicht wird man mit
Dotierung um 1630" nicht fehlgehen.
an das Ende der Reihe dieses Typus ist
zu setzen, wo auf die ovale Rahmung zugu
massiger Säulen zu beiden Seiten verz
wurde, die Schrift diesmal S. WOLFGANG
die Verteilung der Attribute auf die
Hände den früheren Beispielen Abb. 1-3
spricht. Den Abschluß der Reihe bilden reic
Anmerkungen 23-27
K. Mittelatterltche Pllgerleichert
Maus, Katalog s. 152.
lt Für die Anfertigung der Fotos habe ich Herrn AR
vom Rieder Volkskundehaus zu danken.
15 Wacha, St. Wolfgang, S. 158 und Abb. auf Taft
Erstmals veröffentlicht ebenda S. 156 ff. und Abb.
Tafel Xll.
"lgnaz Zibermayr, St. Wolfgang am Abersee. Sei
gende und ihr Eintluß auf die österreichische Ku
verbesserte Auflage 1961. Rudolf Zinnhobler,
ben des hl. Wolfgang, Jahrbudt des Oberöstcrr.
vereine 11711 Sonderdruck. Der hl. Wolf ani
Oberösterreich, Sdtriftenveihe des Oherösterr. us
eines, Band 5,1972, S. 12 f.
Erst nach Ablieferung dieses Aufsatzes erschien dei
lag Der hl Wolfgang ih Geschichte, Kuhst uhd
zur Ausstellung im ehemaligen Priorat des Klosters
See in St. Wolfgang im Salzkammergut, 1976,
Nr. 163 und 165 auch Gittergüsse von Wallfahrer
beschrieben und auf Abb. 32 und 34 wiedergegebe
usw., Rhei
uaiuckmeaaino... w...
einen gänzlich anderen Charakter haben.
am Besitz von Direktionsrat Arch. Wilhelm,
znmarkt, stammt schließlich eine Gußfarm
ne Wallfahrtsmünze des hl. Wolfgang
wo dieser als Benediktiner mit Heiligen-
wiedergegeben ist, die Mitra vor sich auf
Tischchen, Hacke, Stab und Kirche in der
an der Wand die Tafel mit der Weissa-
für Kaiser Heinrich POST SEX und im Hin-
nd nochmals eine Abbildung der Kirche,
er einen Teufel, der den Wolf als ersten
ner der mit des Teufels Hilfe erbauten
iam Abersee in die Lüfte entführt".
yanz andere Gruppe zeigt unter Baldachi-
rei auf Postamenten stehende Heilige mit
JS, nämlich laut Beschriftung S. BENEDIKT,
LFGANG und S. MICHAEL. Dem hl. Wolf-
als Zentralfigur mit Mitra und Stab, Kir-
iodell und Hacke in der Linken stehen also
rdenspatron St. Benedikt mit Stab und
scher und der Klosterpatron St. Michael
er Seelenwaage von Mondsee zur Seite.
ht man wieder eine chronologische Rei-
so steht an der Spitze eine Gußform. Auf
stieß ich bei den Nachforschungen nach
aichsbeispielen zu der oben erwähnten
im Stadtmuseum Linz und danke dem Be-
dem Sammler F. H. K. in Gmunden, noch-
für die Erlaubnis zur Veröffentlichung".
tlodel entspricht in Größe 8,8 cm, Stärke
und Form obere Ecken stark abge-
gt, unten abgestumpft, dachförmig abge-
er Zapfen auf der Rückseite sowie Technik
große Einfließöffnungen aus dem oberen
er, Luftlach unten dem bereits beschriebe-
tück. Zwei Kerben, die dort rechts und links
an Längsseiten zu bemerken sind, fanden
esem Model ihre Erklärung. Diese Gußform
noch in einem hölzernen Behälter 10x7,5
tärke 1,7 cm, der genau die Ausnehmung
und das Loch für den Zapfen der Rück-
aufweist. ln diesem Behälter wird die Form
zwei Nägel gehalten von denen nur einer
inden ist, die man sich ähnlich auch bei
orm des Stadtmuseums Linz vorstellen muß.
ähnliche heute nicht mehr vorhandene
hat es alsa auch bei der anderen Gußform
gegeben, sie diente sicher zur Lagerung
weder in der Münzstötte, beim Zinngießer
aber beim Auftraggeber, alsa dem Stift
lsee.
zeitliche Einordnung macht hier wiederum
ierigkeiten. Zu den gotischen Motiven der
vuv .. e..-
10
11
Gußfarm Modell für ein Wallfahrerzeichen mit
den Hll.Benedikt,Wolfgang und MichaeLGmun-
den, Privatbesitz
Ab uß des Wallfahrerzeichens mit den Hll. Be-
ne ikt, Wolfgang und Michael nach dem Mo-
del Abb. 10, Privatbesitz, Gmunden
12-14 Wallfahrerzeichen mit den Hll. Benedikt, Wolf-
gang und Michael, Gitterguß. Ried im Inn-
kreisiOU, Volkskundemuseum
die eingerollten Enden der zusammenfasse
Abdeckung oben, wollen die Formen der
mente, die streng parallelen Falten der br
Heiligenfiguren und die Buchstabenformer
dem Schriftband unten nicht passen. Am
sten kann die Entstehung an der Wende
16. zum 17. Jahrhundert angenommen we
Den Trägern der Gegenreformation erschie
der gotische Stil als der katholische, man kn
im Kirchenbau ebenso wie bei der Plastik,
Altarbau, beim Kunstgewerbe an die reiche
dition der Spätgotik an. Wenn man die
stehungszeit der beiden beschriebenen, in
Art so ähnlichen Gußformen Abb. uni
noch näher zusammenrücken will, so wärt
eine in traditioneller Art gehalten Abb. 11
andere aber für den modern eingestellten
sumptiven Käufer bestimmt gewesen Abi
Das Rieder Volkskundehaus besitzt auch zi
Wallfahrerzeichen mit den drei Heiligen
gleichsobiekte, wenn auch kein gleiches
d. h. also kein Stück aus den vorhanc
Modeln, nachweisbar war. Am nächsten
dabei Abb. 12, wo zu den wesentlich zarte
kenden Figuren ein dünnes Ornamentge
hinzugekommen ist, das aber in seinen
Voluten doch eher barocke als spötgotische
ausweist. Auf den folgenden Beispielen Al
und 14 entwickeln diese Bogen, Flamme
Voluten im oberen Drittel ein Eigenleben,w
massiger und wuchtiger, die Beschriftung
gibt nicht nur die Anfangsbuchstaben, so
die ganzen Namen wieder. Wenn es 197t
send Jahre sind, daß Bischof Wolfgang vc
gensburg sich aus dem politischen Gezön
ner Zeit in die Einsamkeit im Gebirge zurüz
wenn man also in die Jahre 976f77 seiner
enthalt im Mondseeland versetzt", dann
man bei der Millenniumsfeier auch an di
scheinbaren Pilger- und Wallfahrerzeichen
ken, die von der großen Bedeutung dieser
fahrt Kunde ablegen. Daß noch drei Gußft
aus verschiedenen Zeiten vorhanden sind,
bei der Seltenheit derartiger Stücke ff
ehemals existenten Reichtum, von dem uns
nur ein kleiner Teil faßbar wird.
Unser Autor
Dr. Georg Wacha
Direktor des Stadtmuseums LinzlOÜ
Bethlehemstraße
4020 Linz
Schl bäude. Stich von Malihäus
anale Gubltzer in dgr Togidgiaphia Austriae des Martin
1649. Wien, Simmering
unnen und Vvassef- Der ersle Enlwurf für SChlCzß Schönbrunn,
rung von Johann Anfon Delsenbach na
In VVen honn Bernhard Fischer von Erluch aus
sche Architektur", IV. Buch, Taf. 2. "l. Häli
90er Jahre des I7. Jahrhunderts
IhQIflßnn-i ußoiuniun-vr i-u
WÄÜVC?
x,.
.-.
51'133"? i".
..
Schlcß Belvedere. Brunnen vor dem un
Schlaf, heuiiges Barockmuseum. Ab 1717.
lll., Rennweg
Schlaß Belvedere. Hauprkaskude im ok
Park. Siich von Salomon Kleiner in Wur
würdiges Kriegs- und Siegeslager" ein,
burg T731 ff.
Schloß Belvedere, Nepfun- und Theiisbrur
Slich von Salomon Kleiner in Wunderw
Igäeas äriegs- und Siegesluger" etc, Augs
Brunnen der großen Parkanlagen
Sartenarchitektur sieht in der künstlerischen
estaltung einer Parkanlage eine Aufgabe,
ein einheitliches Konzept zugrunde liegen
So sind auch die Parkbrunnen nicht isoliert
etrachten, sondern aus ihrer Eingliederung
größeres Ensemble heraus zu verstehen.
ler Gestaltung einer Gartenanlage werden
hiedenste, in der Natur vorkommende Ele-
verwendet, aber dabei einer rationellen
ing und Umformung unterworfen. Ein Park
ein umzäuntes Stück Natur, sondern eine
durchdachte künstlerische Schöpfung. In
nimmt das in Form von Brunnen und
ieranlagen gestaltete Wasser eine be-
ende Stellung ein.
ien läßt sich die Tradition der großen Park-
ien weit zurückverfolgenl. Eine erste Hoch-
erlebte die Gartenbaukunst im 16. Jahr-
hundert, dem Höhepunkt der Renaissance in
Österreich. In den Gartenanlagen des Kaiser-
hauses und des Adels werden Brunnen als wich-
tiges Gestaltungselement eingeführt. Da die ein-
heimische Tradition den Zierbrunnen als luxu-
riösen Mittelpunkt des Gartens nicht kennt, wird
vor allem Italien zum Vorbild für die neue Kunstz.
Ab dem Jahre 1569 lößt Kaiser Maximilian ll.
vor den Toren Wiens ein Lustschlaß, das soge-
nannte Neugeböude, errichten. Von diesem Bau-
werk sind heute nur mehr Reste erhalten, auch
die prächtigen Gartenanlagen sind untergegan-
gen, und nur die Umfassungsmauern mit den
mächtigen Ecktürmen zeugen von der einstigen
Ausdehnung. Ein Stich von M. Merian aus dem
Jahre 1649 gibt iedoch sehr gut den ehemaligen
Bestand wieder und macht deutlich, daß hier ein
sehr wesentlicher Ausgangspunkt für die Brun-
nenbaukunst in Wien gegeben isP. Der entwer-
Architekt ist nicht bekannt, es ist jedoch
iefert, daß Maximilian Baumeister und Bild-
aus Venedig berufen hat. Als künstlerische
er werden Veit von Dornberg, Gesandter
nedig, und Jacapo da Strada genannt. Es
aerliefert, daß Maximilian sich Ansichten
Architekturen, Statuen, Brunnen, Grotten
schicken ließ. Auch ist ein Brief des Kardi-
ppolito d'Este erhalten, in dem er sich be-
zrklört, dem Kaiser einen Plan der Villa
in Tivoli zu schickenf. Außer diesen Ab-
tgen wurden aber auch Statuen und ganze
angruppen, darunter auch Brunnenfiguren,
alien importiert.
iders die Gärten Venedigs haben nachhal-
an Charakter der Gartenanlage bestimmt.
Ider waren die vorpalladianischen Villen
erra ferma Venedigs, aber auch theoreti-
Nerke über Gartenarchitektur, so z. B. die
Regelbücher Serlios', die ab 1537 in
iig erschienenä. Diese Villen, meist in den
an Küstengebieten errichtet, haben in ihrer
ngestaltung einen eigenen Typus entwik-
Es wird aus dem gotischen Garten ein plan-
zusammenhängendes rechteckiges System
llplastischen und leeren, d. h. niedrig be-
zten Teilenw entwickelt. Der Garten wird
inteilige Kompartimente zerlegt, deren Or-
wte durch verschiedenartige Bepflanzung
let werden. In den Mittelpunkten dieser
artimente und an den Schnittpunkten der
befinden sich Fontänen und kleinere
en. Nicht ohne Grund wird diese Art der
ngliederung geometrisch genannt. Sie lebt
llem von dem reizvollen Gegensatz zwi-
hierin"-.- IKPHINVYIQIIÜINI rnlrrußrÖmlÖßÖnr
Römische Ruine im Schloßpark von Schönbrunn.
Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg, 1778
Anmerkungen 1-10
lVgl. dazu D. Hennebo A. Hoffmann Geschichte der
deutschen Gartenbaukunst, Bde., Hamburg 1965; mit
ausführlichen Literaturangaben lbesonders Bd. 2. H. Kaut
Wiener Gärten. VIBV Jahrhunderte Gclrtenkunst. Wien
1964. G. Schikala Wiener Plastik der Renaissance und
des Barock. In Geschichte der Stadt Wien. NR., Bd.
Vllll, Wien 1970, S. B5 ff E. Veik Baracke Garten-
anlagen Wiens. Diss., Wien 1931.
IH. Walfflin Die Kunst der Renaissance. Italien und das
deutsche Farmgetühl. München 193i.
fR. K. DOHIH Venedig und die Baukunst von Wien und
Niederösterreich. Wien 1963. R. Wagner-Rieger Das Wie-
ner Neugebäude. In. Mitt. d. Inst. f. Österr. Geschichts-
farschung. 59, Graz 1951, S. 136. Dies. Die Baukunst des
16. und 17. Jahrhunderts in Österreich. Ein Forschungs-
bericht, Ift Wr. Jahrbuch f. Kunstgeschichte, Bd. 20 124,
Wien 1965, S. 196 ff.
'Zu den Quellen A. llg, Das Neugebäude in Wien, in
Jahrb. der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöch-
sten Kaiserhauses, Bd. 16, Wien 1895. Zur Villa d'Este;
D. R. Coffin The Villa d'Este at Tivoli. In Princetan
Managraphles in Art and Architecture. 34x Princetan
1960.
5K. Donin Das Neugebüude in Wien und die vene1ia-
nische Villa suburbancl. Mitteil. d. Ges. f. vergleichende
Kunstfarschung in Wien, 11. Dez 1958, Na. S. 61 ff.
AFL u-..i.. i-i. .. e.,.i
frühere Beispiele aus den Musterbüchern Serlios'
erinnert, wa ebenfalls das Wasser nur in dün-
nem Strahl aus einzelnen Röhrchen lief. Ganz
anders wirken die Brunnen des nördlichen, unte-
ren Teiles. In ihrer kräftigen, plastischen Durch-
gestaltung erinnern sie an die gleichzeitigen,
schon barock anmutenden, mit großem Wasser-
aufwand gespeisten Fontänen in Rom. Sie setzen
kräftige, plastische Akzente und wirken gegen-
über den zierlichen, kleinteiligen Blumenparterres
pompös und übersteigert. Vielleicht sind gerade
sie die von Alexander Colin geschaffenen Brun-
nenwerke, die urkundlich erwähnt werden'.
Der besondere Reiz dieser Brunnen der Renais-
sance Iag speziell in ihrer unaufdringlichen Ein-
gliederung in den Garten. Sie wollten nicht
dominieren, sondern dienten zur Erfrischung und
Belebung der Pramenierenden. Das sanfte Rie-
seln des Wassers, das oft über mehrere zierliche
Schalen in ein Becken herunterplötscherte, wirkt
wohltuend beruhigend im Vergleich zu den mo-
numentalen Fontönen der Barockzeite.
Um 1690 entstand der erste Entwurf Fischer von
Erlachs für den Neubau des Schlosses Schön-
brunn für Kaiser Leopold I7. In diesem groß-
artigen Entwurf, der wegen Geldmangels nicht
ausgeführt werden konnte, werden neue Maß-
stäbe in der Brunnenbaukunst gesetzt. Während
für die Gesamtanlage immer wieder Schlaß
Versailles als Vorbild genannt wird, werden für
die Brunnen und Wasseranlagen Roms und die
Brunnen Berninis vorbildlich. Schon in Fischers
Entwurf für den Krautmarktbrunnen in Brünn
sind deutlich Reminiszenzen an Berninis Vier-
flüssebrunnen auf der Piazza Navone in Rom
.--.iiii m. L'J n. ....- i-i
Anmerkungen 11-21
Henneba Hoffmann, op. cit., S. 130.
"J. Derniac Zur Geschichte von Schönbrunn. Wien 1885.
O. Raschcluer, op. cit.
Zum Vergleich J. Corday Vaux-le-Vicomte, Paris 1924.
P. Frarlcastel La sculpture de Versailles. Paris 1930.
G. Schlkola ap. cit. weist in Anmerkung 221, S. 155, auf
die in Arbeit befindliche Habilitationsschrift von Gerold
Weber über den französischen Brunnen zur Zeit Ludwigs
XIV. hin.
lt Hennebo Hoffmann, S. 205.
lt B. Grirvlschitz Das Belvedere in Wien. Wien 1746. Über
den alten Bestand- S. Kleiner, Das Belvedere in Wien
Stichwerk, Hrsg. H. Aurenhclmmer. Graz. 1969. A. Trost
Canolettps Wiener Ansichten. Wolfrum-Bücher Nr. Wien
1947 Wien, vom Belvedere aus gesehen, mit Ansicht des
ehern. Belvederegurtens.
H. Aurenhammer lkonographie und lkonolagie des Wie-
ner Belvederegartens. Wr. Jahrbuch t. Kunstgeschichte,
XVll 71, 1956, mit ausführlichen Literaturangaben.
"Aurenhammer, op. cit., S. 94. Über die Grottenarchitek-
tur E. Kris, der Stil rustique". In Jahrb. d. Kunst-
historischen Sammlungen in Wien, NF, Bd. 1926,
S. 137 ff.
"J. Derniai, ap. cit.
Über Beyer und seine Mitarbeiter M. Pach-Kalous Wie-
ner Plastik im 19. Jahrhundert. 1h Geschidiie der Stadt
Wien, NR, Bd. vllll, Wien 1970. s. 165 rr. w. Fleisch-
hauer Zum Bildhauer Christian Friedrich Wilhelm Bayer.
In Mitteilungen der Usterr. Galerie, 1960, Nr. 46-48.
Von Eeyer selbst stammen einige theoretische Werke,
darunter Die neue Muse oder der Nationalgarten. Wien
1784; Statuen und Wasserspiele in dem Kaiserlich König-
lldien Lustgarten zu Schönbrunn aus Marmor gehauen
etc., Wien 1778.
"H. Burg Der Bildhauer Franz Anton Zauner und seine
Zeit. Wien 1'715.
22
nung des Gesamtkomplexes. Die Anlage ist in
ihrer Gestaltung ein Reprösentationsbau aller-
größten Stils", der die dominierende Stellung
des Kaiserhauses in überdimensionaler Form
zum Ausdruck bringen soll. Charakteristisch da-
für ist der Felsen in der Mitte der unteren Ter-
rassenwand, über den das Wasser in großen
Kaskaden in ein Becken herunterfließt. Er soll
das Urgestein" symbolisieren, aus dem der
Olymp des Herrschers emporsteigt. Diese kon-
sequente Gelöndegliederung mit architektoni-
schen Mitteln hat ihren Ursprung in der römi-
schen Villenbaukunst, in der die Überwindung
von Geländestufen durch Wasserkaskaden ein
durchgehendes Motiv von großer Ausdrucks-
kraft ist. Die Frascati-Villen verwandeln die
Stützmauer gegen den Berg zu einer wasser-
speienden Wand, zu einem Wassertheater von
höchst dramatischer Wirkung"".
Die stark italienische Komponente, die bei den
Brunnenanlagen des ersten Entwurfes überwiegt,
wird in dem zweiten, kleineren Entwurf für das
Schloß zugunsten französischer Elemente zurück-
gedrängt. Ausführender Gartenarchitekt war der
Franzose Jean Trehet, der ab 1695 an der Ge-
staltung des Gartens arbeitete". Wesentlich für
die weitere Entwicklung ist die Reise Trehets
nach Paris, die er 1698 im Auftrag des Römi-
schen Königs d. i. Josef II. durchführte. Die
französische Gartenkunst hatte mit den prächti-
gen Anlagen von Vaux-le-Vicomte und Versail-
les der italienischen den Rang abgelaufen". Die
Verschmelzung von Garten und Park und die
strenge, rationelle Gliederung der Anlagen in
Parterre, Bosquet, Grand parc hat auf das übrige
Europa größten Einfluß genommen. Die Brun-
nen und Wasseranlagen haben ihre theatralische
Ubersteigerung verloren und sind nun in ein klar
überschaubares Netz von geradlinig gezogenen
Achsen und sternförmigen Plätzen einge-
spannt. Es ist anzunehmen, daß Trehet sich im
wesentlichen an den Entwurf Fischers hielt. Die
beiden Brunnen im Ehrenhof sind nun als ein-
fache Bassins ohne Skulpturenschmuck konzi-
piert. Auch im rückwärtigen Teil des Gartens
sind die Becken nur spärlich mit figürlicher Pla-
stik ausgestattet. Einzige Reminiszenz an die
üppig gestalteten Wasseranlagen des ersten Ent-
wurfes ist ein in den Hang der Gloriette hinein-
gebautes Wassertheater. Von all diesen Brunnen
ist ietzt nur mehr die Einfassung der ursprüng-
lichen Mittelfontäne des Trehetschen Lustgartens
erhalten. Sie wurden anfangs der siebziger Jahre
des 18. Jahrhunderts versetzt und befindet sich
ietzt im Grand Rond" der Menagerie-Allee.
Schönbrunn ist eines der ersten Beispiele in Wien
für die Übernahme von Elementen der klassi-
schen französischen Gartenbaukunst. Schon in
Versailles findet sich z. B. nach dem Umbau
durch L. Leveau 1668 die Trennung des Schieß-
baues zum Garten hin durch eine mit Wasser-
spielen ausgestattete Grottenarchitektur, die
dann nach dem Umbau durch J. Hardouin-Man-
sart wieder aufgegeben wurde. Trotzdem finden
sich Ansätze zu einer durchaus eigenständigen,
österreichischen Version der Gesamtanlage. Mit
der Tal- Lage des Schlosses und der Errichtung
eines den Petit parc beschließenden, ia ihn von
seiner Höhe beherrschenden Belvedere der Glo-
riette ging man einen eigenen, bereits durch
Fischer von Erlach vorgezeichneten und für die
Gartenkunst Wiens bezeichnenden Wegl". Diese
typisch wienerische Entwicklung kulminiert in der
Gartenanlage des Lustschlosses für den Prinzen
Eugen von Savoyen vor den Toren Wiens, dem
Belvedereß. lm Jahre 1700 wurde die Terrassie-
rung des Gartens in Angriff genommen und das
obere vom unteren Parterre getrennt. Als Leiter
der Wasserkünste wurde Dominique Girard, ein
Schüler Le Nötres, bestellt, 1717 ist der erste
Brunnen im Niederösterreichischen Landhaus.
1570. Marmorbecken, schmledeelserner Aufsatz.
Wien, l., Herrengasse 10
Entwurf zum Krautmarktbrunnen in Brünn. Fe-
derzeichnung von Johann Bernhard Fischer von
Erlach, nach 1690. Wien, Graphische Sammlung
Albertina
Aufenthalt des Franzosen erwähnt. Durch
richtung eines neuen Hauptschlosses auf
öhe des Hügels, des Oberen Belvederes,
der Plan der Gartenanlage vollständig
ert werden. Es erfolgt quasi eine Rich-
nderung der Bewegungsabläufe während
nglich die Gartenanlage aufsteigend vorn
Schloßgebäude geplant war, breitet sich
er Park in großen Terrainstufen vom be-
iden Schloßbau in die Tiefe hinunter aus.
Überwindung dieser Gelöndestufen spie-
Wasser- und Brunnenanlagen eine be-
ide, wenn nicht dominierende Rolle; aber
iur im Formalen, auch in den thematischen
immen der Brunnenanlagen wird eine voll-
ene gedankliche Einheit erreicht, die heute
den Verlust einiger Brunnengruppen nur
invollständig erhalten ist".
vesentlich ist die Zweiteilung der Anlage
en oberen und einen unteren Teil. Die
ing erfolgt durch die untere Kaskade, die
er figürlichen Ausstattung den niederen
öttern gewidmet ist. Diesem Bereich des
an Elements entspricht auch der grotten-
Charakter der Architektur mit den berie-
moosbedecktes Tuffgestein imitierenden
Verkleidungen. Der Anlage dieser Grotte,
die französische Gartenarchitektur in der
Hälfte des 17. Jahrhunderts typisch ist,
icht die aus der Naturalistik des 16. Jahr-
rts stammende Verwendung realistischer
Verbindung mit allegorischen Figuren"".
lie zwei unteren Bassins ursprünglich vier
H1 diese Thematik auf. Der obere Teil, in
Mitte sich die große Hauptfontöne be-
ist in ihrem Programm auf die Person des
ggebers bezogen Apollo- und Herakles-
s. Aus dern oberen großen Becken rauscht
lasser in stufenförmigen Kaskaden hinab
Anspielung auf den Berg Parnaß, auf dem
Jsse entspringen. Girard knüpft hier in der
itik an die Gartenarchitekten der Le-Nötre-
n. ln der Komposition lassen sich Paralle-
Vaux-le-Vicomte ziehen, während für den
tchen Schmuck und die Themenauswahl die
Ausstattung von Versailles zum Vorbild
vor allem die Trennung in erdverbunde-
ind olympischen" Bereich und die Ver-
ing des Apollomythos als Allegorie auf die
des Prinzen. Es lassen sich aber auch
tliche Unterschiede feststellen. So wird an
des typisch französischen Bassins ein zwei-
hloßbau gesetzt, und außerdem kommt in
Parkanlage dem Wasser als verbindendes
nt eine entscheidende Bedeutung zu, die
der französischen Gartenbaukunst nicht
Der eher statischen, rationell durchdach-
anzösischen steht hier eine dynamische
10
Vermöhlungsbrunnen. Johann Emmanuel Fischer
von Erlach, unter Mitarbeit Antania Corradinis,
1732. Stich von Salomon Kleiner. Wien, l., Hoher
Markt
Pravidentiabrunnen. Georg Raphael Donner,
1739. Zeichnung von Richter, 19. Jahrhundert.
Wien, l., Neuer Markt
10
Gartenanlage wienerischer Ausprägung sie
digt sich schon im ersten Entwurf Fischer
Erluchs für Schönbrunn an gegenüber.
Die Gartenanlage von Schönbrunn, wie sie
heute dem Beschauer bietet, geht im wesentii
auf Fischer von Erlach und Trehet zurück.
noch zeigt sie infolge der wesentlichen Verä
rungen vom Ende des 18. Jahrhunderts, wie
sich die künstlerische Auffassung eines
im Klassizismus geändert hat. Man gibt ein
durchorganisiertes Ganzes zugunsten einer
teiligkeit auf, die teils klassizistisch strenge,
romantische und auch sentimentale Züge
Besonders die Brunnenanlagen tragen di
neuen Einstellung Rechnung. Seit 1765 wird
Gesamtönderung des Gartens nach Entwi
Ferdinand Hetzendorfs von Hohenberg, de
bauers der Glariette, vorgenommen". Von
stammt auch der Entwurf der sogenannten
schen Ruine, ein in einem Teich aufgeste
Bauwerk, welches eigentlich Reste eines
phciums darstellen soll. Diese elegisch-sentii
tale Grundhaltung war im 18. Jahrhundertdi
aus verbreitet. Die Nymphäen waren in
Antike die Wohnstötten der Nymphen,
Felsquellen, die zu architektonisch gefa
Schmuckbrunnen oder zu Quellhäusern an
stattet wurden. Das etwas künstlich Wll'l4
Naturgefühl des Klassizismus dokumentiert
allerdings wie bei der römischen Ruine
bloßer Nachahmung solcher Heiligtümer un
der Verwendung eines einschlägigen Stat
pragramms.
1773 erhält Wilhelm Beyer die Oberleitung
die plastische Ausgestaltung der Parkanla
Von ihm stammt die Quellfigur des Schi
Brunnens, die Nymphe Egeria, bei der vor
französische Einflüsse verarbeitet wurden"
Mitarbeiter Beyers, Johann Baptist HOQSTN
schuf die Figurengruppen der zwei Naia
brunnen und unterzeichnete 1777 einen eigt
Kontrakt für einen Brunnen, der ursprünglic
Parterre aufgestellt war und sich nun im El
haf befindet. Das Gegenstück dazu wurde
von Franz Anton Zauner geschaffen, der gai
der Tradition G. R. Donners arbeitet". Von
stammt auch der plastische Schmuck der Nei
fontäne 1780 vollendet, bei der noch Ren
zenzen an das mächtige Wassertheater
Fischerschen Entwurfs anklingen.
Diese Aufzählung macht deutlich, daß im Kl
zismus die verschiedensten Strömungen ne
einander existieren konnten, ohne ie die
artige Einheitlichkeit des Barocks zu erreii
Trotzdem haben die vielen verschiedenart
Brunnen, die wie zufällig in der Parkanlage
teilt sind, einen eigenen Reiz und weisen be
auf den sogenannten Englischen Park de
Jahrhunderts hin, in dem künstlerisch gestaltete
Brunnen keinen Platz mehr haben und den völlig
der Natur angeglichenen Teichen und Wasser-
läufen weichen müssen.
ll. Brunnen in architektonischen Ensembles
Ein Brunnen als Mittelpunkt eines Platzes oder
Hofes wird immer die Aufmerksamkeit auf sich
ziehen. Er übernimmt von der umgebenden Ar-
chitektur ihre Kraftlinien, ihren Rhythmus und
bildet einen Kulminationspunkt, in dem die Statik
des Gebauten in die Dynamik des Wassers
übergeht. Die Künstler, die mit dem Brunnenbau
beschäftigt waren, haben dieser Bedeutung auch
Rechnung getragen; die Integration des Brun-
nens in seine Umgebung ist immer ein zentrales
Anliegen gewesen. Gleichzeitig ergibt sich die
Notwendigkeit, den Brunnen als Einzelkunstwerk
zu sehen und ihn auch nach diesen Kriterien zu
gestalten. Diese Zweipoligkeit schafft für die
Beurteilung von Stadtbrunnen einen anderen
Blickwinkel als für Parkbrunnen".
Relativ spät tauchen in Wien Brunnen dieser
Gattung auf. Aus dem 16. Jahrhundert haben
sich Hafbrunnen in der Staltburg, im Nieder-
österreichischen Landhaus und im Schweizerhof
der Wiener Hofburg erhalten. Sie sind von ihrem
Aufbau her reine Nutzbrunnen mit Einfassungs-
platten und haubenartigen Überdachungen zur
Reinhaltung des Wassers. In der Gestaltung die-
ser zweckentsprechenden Ausstattung sind je-
doch bereits Künstler am Werk, die den Brunnen-
anlagen einen luxuriösen Anstrich verleihen. Ein
besonders schönes Exemplar dieser Gattung ist
der Brunnen im Niederösterreichischen Landhaus,
der erst seit 1950 in seiner jetzigen Form aufge-
stellt ist". Die drei Einfassungsplatten der
Brunnen stand immer schon an der Wand
zeigen jede eine andere Musterung. Die ge-
schmiedeten Stäbe werden durch getriebene und
ziselierte Blätter ergänzt und bilden ein spitzen-
artiges Gitterwerk. Ebenso reich ist die von der
Wand gelöste, vierteilige Brunnenhaube ver-
ziert. Über dem mittleren Gitter befindet sich die
Dotierung von 1570. Hier wird zum erstenmal
die rein dekorative Ausschmückung, die künst-
lerische Verzierung in den Vordergrund gestellt.
Erst im Barock werden im Bereich der Brunnen-
baukunst wieder neue Maßstäbe gesetzt. Ver-
schiedene Komponenten spielen zusammen und
schaffen einen neuen Typus. Der Nutzwert der
Wasseranlagen tritt in den Hintergrund und
macht dem repräsentativ-künstlerischen Aspekt
Platz. Die Brunnenbaukunst von Rom mit ihrem
Hauptvertreter Bernini regt die Künstler zu einer
intensiven Auseinandersetzung mit diesem Thema
an und wird nicht so sehr vom Stil her als viel-
mehr durch ihre neue Konzeption vorbildlich.
Entscheidend ist das Programm der Plastik,
welches oft in komplizierten Allegorien ausge-
drückt wird. So ist es natürlich, daß die plasti-
sche Ausgestaltung beim Brunnenbau in den
Vordergrund rückt.
Ein Beispiel für den Einfluß Berninis ist der Ent-
wurf Fischer von Erlachs für den Brunnen auf
dem Krautmarkt in Brünn". Die 1690 datierte
Zeichnung zeigt einen Felsenaufbau, der von
Figurengruppen bevölkert wird. Das Einzelmo-
ment wird zur Szenerie erweitert, wobei das
Wasser thematisch einbezogen wird. Dadurch
gewinnt die Brunnenbaukunst eine neue Dimen-
sion. Das unmittelbare Vorbild für diesen Ent-
wurf dürfte wohl der Vierflüssebrunnen von Ber-
nini in Rom gewesen sein.
Der theatralische Effekt, die Szenerie", ist be-
sanders stark bei der Brunnenanlage auf dem
Hohen Markt betontß. Ursprünglich stand auf
diesem Platze die vom älteren Fischer von Erlach
entworfene, in Holz ausgeführte Josephssäule.
Diese wurde 1725 wegen Baufälligkeit abgetra-
gen, und an ihre Stelle trat der vom jüngeren
Fischer entworfene Vermählungsbrunnen. J. Em-
manuel Fischer von Erlach löst die Grundform
des Tempietto auf und erweitert die Szene zu
einem Prospekt". Dieser Zug wird durch die
Einbeziehung der beiden seitlichen Brunnen be-
tont. Durch die Verbreiterung der Standflöche
gewinnt die Szene an Lebendigkeit und erinnert
an Theaterinszenierungen ein Einzelmonument
wird zur Szenerie erweitert.
1737 erhält Georg Raphael Donner den Auftrag
für den Brunnen auf dem Mehlmarkt in Wien,
dem jetzigen Neuen Markt. Dieses Kunstwerk
bedeutet einen Wendepunkt in der Geschichte
der Brunnenbaukunst". Während früher Hof und
Adel als Auftraggeber fungierten, ist es hier der
Magistrat der Stadt Wien. Und in Donner fand
man eine Künstlerpersönlichkeit, die imstande
war, sowohl formal als auch inhaltlich neue
Wege zu gehen. Das steinerne Becken war schon
1737 vorhanden. Die ursprüngliche Planung sah
nur die Mittelfigur vor, 1739 wurde der Aufbau
um die vier Randfiguren erweitert. Donner ver-
wendet ein manieristisches Schema, wie es z. B.
der Augustusbrunnen in Augsburg repräsentiert.
Um die zentrale Mittelfigur gruppiert er am
Beckenrand die radial angeordneten Neben-
figuren; durch diese Anordnung vermeidet er die
Ausbildung einer Schauseite, wie sie so gerne in
den barocken Szenarien verwendet wird. Die
Rundansichtigkeit wird auch in jeder einzelnen
Plastik betont. Die Zentralfigur der Providentia
schraubt sich in manieristischer Drehung in den
Raum. Die Randfiguren es sind dies die Fluß-
11 Providentiabrunnen. Fi ur der Traun. Ge
phael Donner, 1739. leiguß. Original
Österreichischen Galerie im Unteren Bel
Barockmuseum
12 Mosesbrunnen. Johann Martin Fischer, 17
tallguß, Marmarsockel mit Relief. Wien,
ziskanerplatz
13 Josefsbrunnen. Johann Martin Fischer, 1B
tallguß, Marmorsockel mit Relief und
köpfen. Wien, l., Graben
14 Donauweibchenbrunnen. Architektonischi
bau von Heinrich Ferstl, Bronzeplastik
Anton Dominik Fernkorn, 1860161. lm lr
der ehem. Österreich-Ungarischen Bank.
l., Freyung
Anmerkungen 22-30
11 Zur atlgerneinen Einführung A. Rautenberg, Mi
liche Brunnen in Deutschland. Diss., Freiburg i.
1965. Bestandsaufnahmen Wien am Anfang des
hunderts. Hrsg.. Usterr. lng.- u. Arctiiiekrenw
Bd. Hochbauterl, Architektur und Plastik. Wii
G. Kapner- Freiplastik in Wien. Wiener Schriften,
Wien-München 1970. Dehio-Handbuch Die Kunst
ler UsterreichsfWien. Wien 1954. Üsterreichischi
fapagraphie Hans TietzelWien. Bde, Wie
Alte Ansichten H. Tietze Alt-Wien in Wort
Wien 1926. Ders. Das Vormarzliche Wien in
Bild. Wien 1925.
R. Feuchtmüller Das niederösterreichische Landh
Kunsthistorisches Denkmal. 151371850. Wien
naissance in Usterreich. Katalog der Aussteil
Schloß Schallaburg 1974, Kat-Nr. 740. O.
Österreichische Großgitter. ln Alte und modern
Nr. 49, Wien 1961.
Vgl. Aurenhammer, Fischer von Erlach, op. cit.
73 Th. Zacharias Josef Emrnanuel Fischer von Erlar
1960. J. Schmidt Fischer von Erlach der Jüni
Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stal
Bd.14, Wren1933.
71' K. Blauensteiner G. R. Donner. Wien 1944.
mayer G. R. Donner, in Epochen und Werk
1960. M. Schwarz G. R. Donner, Kategorien der
München 196a iniii Angabe der neueren Liter
Grimschitz G. R. Donner Der Brunnen auf der
Markt in Wien. Stuttgart 1959. G. Künstler
Donner-Brunnen in Wien, in Alte und modern
Jg. W1en195Q, 99 ff.
Lt freundlichem Hinweis von Dr. R. Milesi, K14
gleichzeitig Allegorien der vier Jahreszeiten.
M. Poch-Kalous Johann Martin Fischer. Wien 19
in Geschichte der Stadt Wien, op. cit.
M. Poch-Kalous in Geschichte der Stadt Wien, op.
F. Otten Ludwig Michael Schwanthaler, 180271
Bildhauer unter König Ludwigt von Bayern.
1970. K. Eidlinger Ludwig Michael von Schwi
1802-1548. ln Die Bildhauerfamilie Schwanthaler.
der Ausstellung in Reichersbergllnn, 1974.
gätter Enns, Traun, March und YbbsV- sprengen
in ihrer vollplastischen Körperlichkeit den durch
das Kunstwerk gegebenen Raum. Um diesen
Eindruck zu verstärken, läßt Donner die Perso-
nifikation der Traun über den Beckenrand treten.
Es kommt zu einer Vermischung der Realitäts-
sphären, die Götter gehören teils der diesseiti-
gen Welt des lebhaften Marktplatzes, teils der
allegarisch-überhöhten Sphäre der Providentia
an. Bei dieser neuen Konzeption spielen auch
zum erstenmal städtebauliche Überlegungen mit.
Donner folgt in seinem längsovalen Grundriß
der Platzform und konzipiert die Proportionen
des Brunnens nach der umgebenden Architektur.
Gleichzeitig bezieht er den Beschauer in das
Kunstwerk mit ein. Die Distanz zum Kunstwerk
wird aufgehoben und in ein Zusammenspiel zwi-
schen Realität und künstlerischer Imagination
umgewandelt. Dieser Eindruck verstärkt sich
noch durch die Verwendung eines neuen Mate-
rials; Blei. lm Gegensatz zum Stein sind die Blei-
figuren malerischer, lebendiger. Ihre weichen,
stofflichen Umrisse und der diffuse Schimmer der
Oberfläche stehen in eklatantem Gegensatz zu
den harten, spröden Formen früherer Marmor-
skulpturen. In dem Meisterwerk G. R. Donners
ist wohl einer der Höhepunkte der Brunnenbau-
kunst Wiens zu sehen. Eine ähnliche perfekte
Synthese zwischen geistiger Konzeption und
äußerer Form ist in der Folgezeit nicht mehr
erreicht worden.
Unter Johann Martin Fischer, dem Hauptmeister
des Klassizismus in Wien, erfährt die Brunnen-
boukunst einen neuen Höhepunkt". Van ihm
stammen die meisten noch erhaltenen Brunnen
der Stadt; bei ihm zeigt sich auch, wie die Kunst
Donners umgestaltet und in neue Bahnen ge-
lenkt wurde. Man kann Fischer nicht eigentlich
als Schüler Donners bezeichnen, obwohl zwi-
schen den beiden eine gewisse Affinität herrscht.
So war es z. B. Fischer, der auf eine Restaurie-
rung der bereits schwer beschädigten Figuren
vom Mehlmarktbrunnen drängte und diese 1801
eigenhändig durchführte, wobei er sich gewiß
mit den Gestaltungsprinzipien Donners vertraut
machte. Trotzdem herrscht bei seinen Brunnen
ein Nebeneinander von Plastik und Architektur,
und das Wasser ist eher schmückendes Beiwerk
als Träger der Ausdruckskraft. Die Figuren sind
ruhige, in sich geschlossene Gestalten, die oft
nur auf Einansichtigkeit hin konzipiert sind. Die
Brunnenanlagen sind nicht in das sie umgebende
architektonische Ensemble miteinbezogen, doch
vielleicht bewirkte gerade der Umstand, daß sie
relativ problemlos an einen anderen Platz über-
tragen werden konnten, ihren guten Erhaltungs-
zustand. Aus der Frühzeit Fischers sind der Hy-
16
15
16
17
18
Gänsemädchenbrunnen. Paul Anton Wagner,
1865. Metallguß, Marmorsackel. Wien, Vl., Ma-
riahilfer Straße, an der Rahlstiege
Forellenbrunnen. Josef Müllner, 1910. Marmor.
Wien, lX., Nußdorfer Straße Schuberthaus
Mozart-Brunnen. Karl Wollek, 1905. Metallguß,
Marmorbecken. Wien, lV., Mozartplatz
Magna-Mater-Brunnen. Anton Hanok, 1927, Mar-
um. Wien, XXlll., Park der Pfarrkirche von
UUEY
gieabrunnen vor demJosefinum von 1786,der Mo-
sesbrunnen von 1798 und der Wachsamkeitsbrun-
nen von 1799 erhalten. Das Schema des Aufbaus
ist bei diesen Brunnen im wesentlichen dasselbe
auf hohem Sockel stehen die Figuren im klassi-
schen Kontrapost. Die Standsöule des Moses
erhebt sich aus einem achteckigen Becken mit
hohen Einfassungsplatten und ist an der Stirn-
seite mit szenischen Reliefs und an der Rückseite
mit einem wasserspeienden Löwenkopf ge-
schmückt. Dieses Schema soll für die nachfolgen-
den Brunnenanlagen Fischers vorbildlich werden.
Der ursprüngliche architektonische Unterbau der
Wachsamkeit ist nicht mehr vorhanden, doch
muß man sich ihn ähnlich wie beim Mosesbrun-
nen vorstellen. Eine Wende in diesem starren
Schema bringt die Beschäftigung mit dem Don-
ner-Brunnen. Sie zeigt sich vor allem in den zwei
Brunnen am Graben, die 1804 entstanden. Die
einzelnen Elemente der früheren Brunnen sind
wieder vorhanden. Fischer durchbricht iedoch
die Einansichtigkeit, indem er die Figuren des
hl. Leopold und des hl. Josef sich in freier Be-
wegung im Raum entfalten läßt. Gleichzeitig
werden ihnen Putten beigegeben, die die raum-
greifende Bewegung der Gruppen betonen und
das Bewegungsmotiv durchbrechen. Auch die
Sockelreliefs sind weicher, malerischer gestaltet.
In konsequenter Folge dieser Entwicklung ent-
stehen die zwei Brunnen für den Platz Am Hof.
Hier werden ganze Figurengruppen dargestellt
Allegorien auf die Treue der österreichischen
Nation und auf den Ackerbau. Besonders bei
der Gruppe des Ackerbaus sind die starke Bewe-
gung der Figuren und die vielfältigen Über-
schneidungen in der Komposition auf die Be-
schäftigung mit der Kunst Donners zurückzu-
führen. Tratzdem kann sich Fischer nicht von
seinem akademischen Klassizismus lösen, und
auch eine gewisse romantische ldealisierung
täuscht nicht über den Mangel an Ausdrucks-
kraft hinweg.
Die romantische Stimmung, die sich in den spä-
teren Werken Fischers ankündigt, findet ihre
Fortsetzung im Brunnen der hl. Margarete von
Johann Nepomuk Schaller". Der 1836 entstan-
dene Brunnen ist in Eisenguß ausgeführt und
durch weiche, fließende Umrisse bestimmt. Damit
bildet er einen Gegensatz zu den harten Formen
des Klassizismus. Eine malerische, diffuse Form-
gebung fällt auch beim Austriabrunnen von Lud-
wig Schwanthaler aus dem Jahre 1846 auf".
Dieser von der Schulung her klassizistische Bild-
hauer er lernt bei Thorwaldsen in Rom kann
seine romantische Grundstimmung nicht verleug-
nen. Trotzdem fehlt es dem Austriabrunnen an
jener inneren Monumentalitöt, die eine harmoni-
Aus-wan-
19 Opernbrunnen. Architektonischer Aufbau von
August Siccard von Siccardsburg und Eduard
van der Nüll, Marmarplastiken von Hans Gas-
ser, 1866. Wien, l., rechts neben der Oper
Kärntnerstraßenseite
Anmerkungen 31-37
H. Aurenhummer Äntan Dominik Fernkorn. Wien 1959,
mit weiterer Literatur und ausführlichen Quellenangaben.
Pach-Kalous, op. cit.
Poch-Kalous, Op. s. 205.
L. Hevesi; v. Tilgner, ausgewählte Werke. Wien m97.
Viktor Tilgner, Katalog der Ausstellung seiner Werke in
Preßburg. Dezember 1964.
Q. Mutulla Die Wiener Secession. Gründung und Ent-
2D
sche Verbindung mit dem Platzensemble herstel-
len würde. Die Allegorien der Austria und der
Flüsse Donau, Po, Weichsel und Elbe tragen
stilisierte mittelalterliche Gewänder, während
Fischer seine Figuren noch in klassische Drape-
rien kleidet. Dieses Spätwerk Schwanthalers
wirkt kunstgewerblich und atmet denselben Geist
wie z. B. die märchenhaften Gemälde Moritz
von Schwinds.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts beginnen sich
neue Stiltendenzen gegen die Romantik durch-
zusetzen. ln der Brunnenbaukunst hat vor allem
Anton Dominik Fernkorn die weitere Entwicklung
bestimmt". Fernkorn lernt in München die Erz-
gießerei und trifft dort mit Schwanthaler und
Thorwaldsen zusammen. Seine Mitarbeit am
Schutzengelbrunnen in Wien, der 1843-1846 nach
Entwürfen Siccardsburgs und van der Nülls ent-
stand, beschrönkt sich auf den Erzguß. Fern-
korns wesentlicher Beitrag zur Wiener Brunnen-
baukunst ist iedoch der Danauweibchenbrunnen
in der ehemaligen Osterreichisch-Ungarischen
Bank in der Herrengasse. Schon im architektoni-
schen Aufbau wird deutlich, daß der Kreislauf
des Wassers eines der wesentlichen Komposi-
tionselemente in der Gesamtanlage ist. Es wird
hier das Prinzip des Schwanthaler-Brunnens wie-
der aufgegriffen, gleichzeitig schwingen iedoch
ter, fast barock anmutender Pathos zu erkennen
der das CEuvre des A. D. Fernkorn kennzeichnet
Eher als Einzelgänger ist Paul Anton Wagner ZL
bezeichnen, dessen Brunnen in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts noch immer den romani-
sierenden Tendenzen verbunden waren". Seir
Frühwerk von 1865, der Gönsemädchenbrunnen
befand sich ursprünglich auf der Brandstötte
Diese Freiplastik ist nicht für einen bestimmter
Ort gegossen und hat auch die Übertragung au'
die Rahlstiege ohne wesentlichen Substanzver
lust überstanden. Noch einmal, 1891-1893, be
schäftigt er sich mit dem Thema Brunnen. lr
dieser Zeit entstand der Engelbrunnen, der die
Sage von der Teufelsmühle aufgreift. Ein Hauct
von Schwindscher Romantik liegt über den Ar-
beiten dieses Bildhauers, der eine Komponente
des Schaffens Fernkarns, seinen Naturalismus
weitergeführt hat's." Die barocke Komponente
wird auch von Viktar Tilgner aufgegriffen, de
vor allem durch seine Denkmäler Makart, Mo
zart bekannt ist". Er schuf aber auch viele
Brunnen, die durch ihre zarte, spielerische Note
zum Nachhall des Barocks wurden. So erinner
z. B. der Brunnen im Volksgarten aus den achtzi-
ger Jahren an die barocken Parkbrunnen. Aucl
aus seiner Mitarbeit an der Hermesvilla irr
Lainzer Tiergarten ebenfalls in den achtziger
20
21
22
23
Aihencbrunnen. Karl Kundmann und Miiurbei-
1er, 1898, Marmor. Wien, l., vor dem Parlament
Elisabeth-Brunnen. Anlage von Ferdinand Oh-
meyer, 1907, Marmorbecken. Wien, l., Volks-
gurien
Kusiuliabrunnen. Eduard Hellmer, 1904. Mur-
mor. Wien Hof der Universität
Brunnen zwischen dem Noiurhisiorischen und
dem Kunsihisiorischen Museum, Maria-Theresien-
Plaiz. Hans Schmidfgruber, 1890. Sandstein.
Wien, l., Park zwischen den Museen Ring-
sirußenseife
Brunnen, die aus der Zeit des Jugendstils
men, zeigen einen ganz anderen Charakter.
iso wie die Monumentalplastik dieser Zeit
ist, wirken auch die Brunnen klein, kunst-
arblich und machen den Verlust an Monu-
'alitä'r deutlich". Beliebt ist die Kombina-
verschiedener Materialien, um einen male-
en, buntfarbigen Eindruck zu erreichen. Der
itekt l. Pleönik schuf 1905-1909 den Karl-
omäus-Brunnen im 3. Bezirk, wobei der Bild-
er Josef Engelhart den Skulpturenschmuck
euerte. Die vom Stil her nicht ausgesprochen
ssionistische Arbeit ist doch in ihrer Konzep-
zierlich, ia verspielt zu nennen. Die Führung
Wassers wird wieder aufgewertet und trägt
er malerischen Gesarntwirkung bei. Aus der-
an Zeit stammt der Forellenbrunnen an
berts Geburtshaus von Josef Müllner. Dieses
ie Kunstwerk aus dem Jahre 1910 zeichnet
vor allem durch seine sensible Oberflächen-
xndlung aus. In einem Atemzug mit diesen
ken muß man auch den besonders zierlichen
art-Brunnen von Karl Wollek von 1905
ien.
Bruch mit allen vorangehenden Traditio-
bedeutet die Gruppe der Mogna Mater, die
4927 vom Bildhauer Anton Hanak für den
enhof der Kinderübernahmestelle im 9. Be-
geschaffen wurde". Die fünffigurige Gruppe,
wird iedoch diese Labilität durch die Spieg
der Gruppe in dem flachen Wasserbassin
hoben. Durch diese gleichrangige Wertung
Natur und Kunst und durch ihre Verknii
und Durchdringung zeichnet sich ein neuer
in der Brunnenbaukunst ab.
lll. Die Brunnen der Wiener Ringstraße
Im Jönner 1858 kam es zur öffentlichen
schreibung, die ein Grundkonzept zur
tung der Wiener Ringstraße verlangte.
war der Startschuß zum Bau eines wohl
artigen städtebaulichen Ensembles gegeben
sen Brunnenonlagen sowohl formal als
inhaltlich nur im Rahmen dieses einheit
Programms zu sehen sind".
Für den Brunnenbau werden völlig neue
rien bestimmend. Die Anlagen bekommen
rativen Charakter. Sie dienen in erster Lin
Ergänzung und Hervorhebung von Gebt
oder der Akzentuierung von Parkanlagen
Plätzen. Aus diesem Grund verlieren si
Eigenleben und kommen oft nur in Verbii
mit ihrer Umgebung zur Geltung. Eine
Gruppe von Brunnen wieder besitzt den
haften Charakter. Das Wasser wird zu
unbedeutenden Beiwerk des Monuments,
also weder formal noch ideell in das Kunz
miteinbezogen. Auch in der Brunnenplastik
tzdem bekommt sie vorn inhaltlichen her neue
leutung. Die literarische Komponente des
torismus wurde vielfach erkannt", und auch
der Brunnenplastik tritt sie stark hervor. Ihre
"gabe ist die Verherrlichung des Kaiserhau-
der Hauptstadt Wien, der eigenen glor-
hen Vergangenheit. Der Stil fällt diesem
oischen Programm zum Opfer. Man entlehnt
eils den passenden stilistischen Habitus aus
Vergangenheit und führt diese Vielfalt hin
einem neuen Stil, dem Historismus".
wurden die beiden Brunnen vor der Oper
Entwürfen der Architekten Siccardsburg
van der Nüll aufgestellt. In den hochaufra-
den, übereinandergestellten Schalen klingen
Renaissanceelemente der Wiener Oper wie-
an und bilden so die Ergänzung und Beto-
des Bauwerkes. Im plastischen Schmuck,
von Hans Gosser stammt, wird thematisch
ug auf das Opernhaus genommen. Die Alle-
ien von Musik, Tanz, Freude und Leichtsinn
der Operngassenseite werden durch die Lo-
Trauer, Liebe und Rache auf der Seite der
tnerstraße ergänzt. Eine andere Stilstufe
Vergangenheit wurde für die Brunnengrup-
zwischen den Museen herangezogen. Die
men- und Naiadengruppen erinnen stark an
barocken Porkbrunnen von Schönbrunn oder
Belvederegartens. Den Künstlern die zwei
seitigen Gruppen schuf A. Schmidgruber, die
an die ehemaligen Hofstallungen gelegenen
Iaerdtl und E. Hoffmann erschien dies der
Parkanlage adäquate Stil".
Karl Kundmonn lassen sich in seinem Athe-
'unnen vor dem Parlament Einflüsse seines
-Aufenthalts spüren. In diesem 1898 errich-
Monument werden Elemente der klassischen
chischen und römischen Kunst vermengt und
einem neuen Inhalt versehen. Die griechi-
Formen des Parlaments finden in der or-
entalen Ausgestaltung des Brunnens ihren
erhall und binden ihn so in das gesamte
znsemble ein.
Anlage des Elisabeth-Denkmales im Volks-
en läßt eine neue Auseinandersetzung mit
Thema Brunnen erkennen. Die strenge ar-
-ktonische Durchgliederung der Anlage un-
heidet sich von den neubarocken Porkbrun-
zwischen den Museen. Die Plastik der Kai-
von Hans Bitterlich 1907 ist klar von den
ien Brunnenbecken abgesetzt, trotzdem wird
rum Kulminationspunkf der vom Architekten
ieyer geschaffenen Anlage. Die klare Stili-
sierung und die zarte, malerische Oberflächen-
behondlung weisen bereits auf die Zeit der Se-
zession hin. Eine neue Facette der Ringstraßen-
kunst zeigt sich in den beiden Wandbrunnen am
Michaelertrakt der Hofburg. Die Macht zu Lande,
1857 von E. Hellmer geschaffen, löst sich von den
neubarocken Formen ihrer Vorläufer und greift
wieder Zum klassischen Stilrepertoire". Trotzdem
ist die Gesamtwirkung eine malerische, was vor
allem durch die Kombination verschiedener Ma-
terialien bewirkt wird. eine gewisse geistige Grö-
ße ist in der Konzeption spürbar, obwohl auch
hier wieder der Künstler an ein heroisch-literari-
sches Programm gebunden ist. Jedenfalls setzt
sich dieser Brunnen im Ausdruck etwas von den
beschwingten Formen seines Pendants von R.
Weyer ab, welches die Macht zur See zum li-
terarischen Vorwurf hat. Trotzdem ist die Wir-
kung einheitlich eben Ringstraßenslil.
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß
die von E. Hellmer stammende Brunnenfigur
der Kastalio im Hof der Universität aus dem
Jahre 1904 bereits ganz andere Züge zeigt. Die
Skulptur ist vereinfacht, auf ihre wesentlichen
Werte reduziert und zeigt nichts mehr vom
Pathos des Michaelertraktbrunnens. Sie kann mit
ihren sezessionistischen Zügen neben die Elisa-
beth im Volksgarten gestellt werden.
Fest in der neubarocken Tradition verwurzelt ist
iedoch der Danubiusbrunnen an der Albrechts-
rampe von J. Meixner aus dem Jahre 1869. In
seinem Pathos, in seinem patriotischen Programm
und in seinen dekorativen Effekten kann er als
ein Paradebeispiel der Brunnenbaukunst der
Wiener Ringstraßenzeit gelten.
IV. Wandbrunnen
Die formale Gestaltung der Wandbrunnen hat
ihre eigene Genetik. Während die im vorher-
gehenden behandelten Brunnen reine Kunstge-
bilde sind und noch ihrer eigenen Gesetzmäßig-
keit gestaltet werden, kann man bei einigen
Typen von Wandbrunnen noch die ursprüngliche
Naturform herausspüren, ia oft wird sie sogar
künstlich erzeugt. Letztlich sind es die Quell-
heiligtümer der Antike, also in Grotten oder aus
Felswänden entsprin-gende Wasserläufe, die spä-
ter gefaßt und künstlerisch verziert werden und
so zum Vorbild für die spätere Kunstform des
Wandbrunnens werden. Diese antiken Vorstel-
lungen wurden in der Renaissance ,poetisch er-
neuert', und folgerichtig entstanden in Italien,
im Bannkreis der Antike, die ersten Anregungen
26
24 Andromedabrunnen. Georg Raphael Do
1741. Metallguß. Wien, l., Wipplingerstraße
des Alten Rathauses
25 Die Witwe von Sarepta. Franz Xaver Me
schmidt, 70er Jahre des 18. Jahrhunderts.
stein. Wien, l., Johannesgasse 15
26 SL-Georgs-Brunnen. Anton Dominik Fern
1853. Metallguß. Wien, l., Strauchgasse
Anmerkungen 38-49
Vgl. Poch-Kalous, op. cit. S. 224.
Für die folgende Zusammenfassung sind als Literatur
allem die schon zitierten Ubersichtswerke hEYOHZUZIE
K. Scheffler Verwandlu gen des Baracks in der II
des 19. Jahrhunderts. Wi W47.
E. Hellmer ir. Ein Monumentalbrunnen und seine
stehung. Wien 1900.
Henneba Hoffmann, op. cit., Bd. ll, S. 71.
ff E. Herget Die Sala Terrena im deutschen Barodc
besonderer Berücksichtigung ihrer Entwicklung aus
abendländischen Grottenarchitektur. Phil. Diss., Front
Main 1954.
Vgl. Anm. 25.
"A. Ilg F. X. Messerschmidt. Leben und Werke. Lei
1335. M. Malikova Die Porträtplastik des F. X. Me
schmidt. In Mitteilungen der Österreichischen Gal
Jg. m. sa, was.
Vgl. H. AurenhammerlFernkarn, op. cit.
Feuchtmüller Mrazek, 0D- cit.
A. Rautenberg, op. cit., S. 75.
"Renaissance in Österreich, Katalog, op. cit., Kat
493-494.
Grottenbautenm". Künstlich hergestellte
ittenbauten die auf diese Weise eine Natur-
zu imitieren suchen tauchen im Laufe der
bei Brunnenanlagen immer wieder auf, und
deutet nur ein Sockel mit Rustikaquaderung
Herkunft an".
frühes Beispiel hat sich in Wien im Vestibül
Palais Dietrichstein-Lobkowitz erhalten. Der
der Bauzeit um 1685 stammende Herkules-
inen imitiert eine Felsengratte, in der die der
chischen Mythologie entlehnte Hauptfigur
t. Das Wasser strömt aus einer sich unter
Sockel befindlichen Maske in ein muschel-
iiges Becken. Die antike" Grundhaltung
solchen Anlage läßt auf italienische Ein-
te schließen, die sicher auch durch den ita-
schen Baumeister des Palais, Giovonni Pietro
ala, begünstigt wurden.
die plastische Ausschmückung von Wand-
tnen ergeben sich ebenfalls ganz andere
chtspunkte. Während bei den im Stadtbild
efügten Brunnenanlagen die Freiplastik do-
ert, muß beim Wandbrunnen die flache
he oder die ebene Wand gestaltet werden.
er Aspekt wird oft von den Künstlern noch
nt. Die Plastik wird in die Fläche geklappt,
die Szenen entwickeln sich bildparallel;
afs ersetzen oft die Vollplastik. In den sze-
ten Zusammenhang wird das Wasser mit-
ezogen. Auf diese Weise entstehen Kunst-
mit bildhafter Wirkung. Wie lebende
zr erscheinen sie an der Wand, wobei oft
Wasser die entscheidenden malerischen
ente setzt. Der barocke lllusionismus wird
auf die Spitze getrieben, und es sind auch
allem die Künstler der Barockzeit, die diese
lichkeiten bei der Gestaltung von Wand-
nen voll ausschöpfen.
rster Stelle ist hier G. R. Donner zu nennen,
im Auftrag der Stadtverwaltung 1740-1741
Andromedabrunnen im Alten Rathaus
Die fast vollplastischen Gestalten sind in
ommener Harmonie in das Bogenfeld der
te eingebunden. Ein von der Aktion her be-
ntes Moment wird zur allgemein gültigen
iel. Auch das Wasser nimmt die Kraftlinien
ompositian auf und setzt auf diese Weise
artistische Akzente. Von Franz X. Messer-
id stammt die Brunnenfigur der Witwe von
ota im Hof des ehemaligen Palais Liechten-
in der Johannesgasse". Die in den siebzi-
Jahren des 1B. Jahrhunderts entstandene
stammt aus der Spätzeit des Meisters und
bereits stark klassizistische Züge auf. Hier
is Wasser Bestandteil der biblischen Szene
Prophet Elias bittet die Witwe um Wasser
wird thematisch mit in die Komposition
azogen. Die anmutige Figur der Frau, die
iinem Krug Wasser gießt, ist ein Höhepunkt
llusionismus.
Dominik Fernkorn war der Schöpfer des
gsbrunnens im Hof des Palais Montenuovo
er Strauchgasse". 1851 erfolgte die Auf-
erteilung, 1853 war der Brunnen vollendet.
Kampf Mensch gegen Tier, eigentlich ein
ntisches Motiv, wird in barocker Vitalität
ztrogen. Kennzeichnend sind gesteigerte,
iische Bewegungen, aber auch hier füllt die
pe die Nische aus, ohne sie zu sprengen,
zs ganz ähnlich bei Donner zu sehen ist.
so wird in der Gesamtanlage und in der
'ischen Gestaltung der Figuren ein Nach-
Donners spürbar.
heutige Aufstellung verfälscht etwas den
kter des Werkes, es fehlen vor allem der
Jngliche Rustikosackel und der steinerne
tentrag. Abschließend ist noch zu bemer-
daß aufgrund dieser Arbeit die endgültige
agserteilung für den Guß des Reitermonu-
27 Wandbrunnen. Valentin Teirich, 1873. Buntgla-
sierte Maiolika. Wien, I., Österreichisches Mu-
seum für angewandte Kunst, Süulenhat
2B Zimmerbrunnen. Hans Muhr, 1976. Marmor. Pri-
vatbesitz
ments für Erzherzog Karl auf dem Wiener
Heldenplatz erfolgte.
Eine kleinere Gruppe von Wandbrunnen be-
schränkt sich auf rein ornamentale Ausgestal-
tung. Die dekorative Verkleidung der Brunnen-
nischen besteht aus grotesken, phantastischen
vegetabilen und tierischen Formen, wobei oft
eine männliche oder weibliche Maske als Was-
serspeier fungiert. Diese Art der Dekoration, die
in der italienischen Renaissance ausgebildet
wurde und sich auf antike Quellen stützt, findet
man vor allem bei kleineren Wandbrunnen, die
der Ausschmückung eines größeren baulichen
Ensembles dienen.
Als Beispiel hiefür seien die zwei Wandbrunnen
an der Akademie der Wissenschaften genannt.
Die um 1755 entstandenen Brunnen verquicken
tierische und pflanzliche Elemente zu einem dem
baulichen Ensemble untergeordneten Ornament.
Eine besondere Ausprägung dieser Dekorations-
kunst findet man im 19. Jahrhundert bei dem
Maiolikabrunnen des Österreichischen Museums
für angewandte Kunst". Die von V. Teirich 1873
geschaffenen Brunnen lehnen sich bewußt an
Formen der italienischen Frührenaissance an.
Die buntglasierten Ziegel, die wasserspeiende
Maske, die phantastischen Tierformen und die
Groteskornamentik der Seitenpfeiler erinnern an
florentinische Werke des 15. Jahrhunderts und
unterstreichen so den Gesamtcharakter des Ge-
bäudes. ln diesen Brunnenanlagen hat der Hi-
storismus einen seiner Höhepunkte erreicht.
V. Tischbrunnen
Von den an den Fürstenhöfen so beliebten Tisch-
brunnen sind leider nur mehr fragmentarische
Beispiele erhalten. Tischbrunnen gehören zu
den im Mittelalter sehr beliebten ,Mirabilien',
kostbaren Spielzeugen, die um ihrer zierlichen
und kunstreichen Form und ihrer sinnvollen Me-
chanismen bewundert wurden. Sie standen viel-
fach inmitten der Tafeldekoration und dienten
zum Vergießen von Parfüm oder Wein"".
Als Beispiel für diese Art von Brunnen kann der
silberne Lustbrunnen gelten, den Wenzel Jam-
nitzer 1581-1585 für Kaiser Rudolf II. anfertigte".
Von diesem Kunstwerk sind heute nur mehr die
vier Trögerfiguren, die die vier Jahreszeiten
personifizieren, erhalten, der Rest wurde im 18.
Jahrhundert eingeschmolzen ein Schicksal, dem
die meisten dieser kostbaren Tischdekorationen
zum Opfer fielen. Nach einer Beschreibung
eines anonymen Studenten befand sich innerhalb
eines kronenförmigen Aufbaus ein ganzer Kos-
mos, dessen einzelne Teile durch die Wasser-
kraft bewegt wurden.
Allerdings sind diese Tischbrunnen Randerschei-
nungen, kostbare Spielereien, die in keiner Weise
auf die Entwicklung der Monumentalbrunnen
entscheidenden Einfluß nehmen konnten.
In neuerer Zeit hat sich vor allem die Kitsch-
industrie der Gattung der Tisch- und Zimmer-
brunnen angenommen. Von einer kontinuier-
Iichen Entwicklung kann also nicht gesprochen
werden, trotzdem versuchen Künstler vereinzelt,
diese alte Kunstgattung wieder aufleben zu las-
sen. Ein Beispiel des Körntners Hans Muhr soll
am Ende dieser Abhandlung gezeigt werden
und so die Verbindung zur Moderne herstellen.
Unser Autor
Dr. Gabriele Gubitzer
Kunslhistorikerin
Vorgortenstraße B7
1200 Wien
29
Heidi Grundmann
Bemerkungen
zur analytischen Malerei
30
Kasimir Malewitsch, suprematistische Komposi-
tion Weiß auf Weiß, 1918
Robert Ryman; Atelierwand, 1970
Brice Marden, Tour lll, 1972
1974 veranstaltete der Westfälische Kunstverein
eine Ausstellung Geplante Malerei". Die Idee
zu der Ausstellung kam aus ltalien, wo es be-
reits ähnliche Versuche gegeben hatte, in Grup-
penausstellungen aber auch in Kunstzeitschrif-
ten auf eine sich durch Einzelausstellungen ver-
schiedener Künstler in den späten 60er und den
ersten 70er Jahren ganz unspektakulär als Ten-
denz bemerkbar machende neue Art der Male-
rei hinzuweisen. ln den Besprechungen einzelner
Ausstellungen, in den ersten Versuchen von Kri-
tikern, diese Tendenz als solche einzugrenzen,
und in Texten von Künstlern tauchten versuchs-
weise die verschiedensten Benennungen auf
post-minimal painting, painting-painting, con-
ceptual painting, nouvelle peinture, nuova pittu-
ra und eben als Titel der Ausstellung im West-
fälischen Kunstverein im Katalog der Ausstel-
lung von Klaus Honnef gleich wieder in Frage
gestellt geplante Malerei. Im vergangenen
Jahr unternahm Klaus Honnef einen neuerlichen
Versuch, die neue Malerei zu kategorisieren,
diesmal unter dem Terminus Analytisdwe Male-
rei"'. ln diesem Versuch einer Begriffsbestim-
Anmerkungen 1-5
lKlaus Honnef, Catherine Millet Analytiscl
Edizioni Masnata 1975, La Bertesca, Geno
Düsseldorf.
"Honnefs Auswahl der überzeugendsten Vi
Analytischen Malerei" ist, wie man aus V4
schon vor 1975 publizierten Texten ablesen
Konsequenz aus seiner Begriffsbestimmung
lytischen Malerei". Das Interesse für die
Maler dürfte umgekehrt diese Begrifisbesti
eintlußt haben. Zu Ryman und Marden schr
w. Maler wie Robert Ryman und
schufen die Basis für die elementare Ana
sie die malerischen Mittel isoliert unc
zueinander ei enständige Ausdruck
monstrierten." Dieser atz muß als pragm
kürzung innerhalb von Honnefs Argumel
standen werden, da er sachlich weder de
keit mans noch der Arbeit Mardens gerec
das Bi als cultural obiect" untersucht.
'Robert Adrian Modern Art Galerie,
kunst 1976. Rolf Rose Galerie Ulysses,
'ln74Uber Kunst On Art", DuMant-Sdnai
19
Honnet, ap. m.
.g ge.u..g .......e...... a....u..e.....gswe.se ....e
grenzung einer Richtung innerhalb der neuen
lerei und damit zugleich der Nachweis, daß
ich bei der neuen Malerei nicht um eine ein-
liche Tendenz handelt.
den überzeugendsten Vertretern der analyti-
zn Malerei zählt Honnef Jaap Berghuis, En-
Cacciola, Noäl Dolla, Winfred Gaul, Rai-
id Girke, Giorgio Griffa, Carmen-Gloria
rales, Rudi van de Wint, Gianfranco Zappet-
und Jerry Zeniuk. Als Vorläufer der analy-
18h Malerei erwähnt Honnef Robert Ryman
Brice Mardenz.
Österreich hat man in iüngster Zeit als Bei-
ele der neuen und wahrscheinlich der analy-
ien Malerei in Honnefs Sinn Arbeiten von
iert Adrian und Rolf Rose gesehen".
inef beruft sich bei seinem Terminus Analy-
ie Malerei" auf Joseph Kosuths Essay Kunst
der Philosophie". Dort heißt es. Wie
I. Ayer Kants Unterscheidung zwischen dem
IIYIISCIIBH und dem Synthetischen beurteilt,
JftS hier van Nutzen ,Eine Setzung Propo-
rn ist analytisch, wenn ihre Gültigkeit allein
den Definitionen der in ihr enthaltenen Sym-
abhängt, und synthetisch, wenn ihre Gültig-
von den Erfahrungstatsachen bestimmt wird.'
Analogie, die ich herzustellen versuche, ist
zwischen der Beschaffenheit von Kunst und
Verfassung der analytischen Aussage. Inso-
sie nicht wie irgend etwas sonst glaubhaft
heinen oder von irgend etwas anderem als
st zu handeln scheinen, sind letzten Endes
eindeutigsten Formen solche, die analyti-
ttt Aussagen am nächsten stehen." Honnef
hinzu; Die bildnerischen Ergebnisse der
xlytischen Malerei' sind analytische Setzun-
die Gültigkeit ihrer Aussagen hängt allein
den in ihnen vargeführten Malmitteln und
spezifischen Verwendung ab?"
se Malmittel sind nach Honnef der Bildträger,
Farbe und das Instrument, mit dessen Hilfe
Farbe auf den Bildträger gebradit wird.
inef weicht damit bewußt von den seit lan-
eingebürgerten Ausdrücken support und
ace Bildtröger und Oberflädwe ab, die als
nini technici besonders in der amerikani-
Kunstkritik eine große Rolle spielen, aber
von einer der neuen, wenn vielleicht auch
der analytischen Malerei zuzurechnenden
izösischen Malergruppe als programmati-
er Namen verwendet werden. Es mag auf
ersten Blick müßig erscheinen, darüber zu
an, ob man bei dem Versuch der Definition
er Tendenz in der Kunst von den elementaren
mitteln ausgeht oder von den Grundelemen-
aus denen sich ein Bild zusammensetzt; doch
kleinen Unterschiede im Ausgangspunkt
kritischen Auseinandersetzung signalisieren
ohl die Schwierigkeiten wie auch die Mög-
eiten einer Abgrenzung einer Richtung der
en Malerei von anderen Bestrebungen der
gangenheit und Gegenwart.
erinnern die Termini suppart" und surface"
l. daran, daß sich eine ganze Reihe von
arikanischen Malern mit der Spannung zwi-
in der Form des Bildträgers und dem, was
der Oberfläche des Bildes passiert, ausein-
ergesetzt hat wobei nicht nur den Aus-
len und Winkeln, sondern auch der Dicke
der Zahl der Keilrahmen Bedeutung zu-
genauso wie der Art der Leinwand, ihrer
ndierung bzw. Nichtgrundierung oder dar-
welche Rolle die flatness" Flachheit der
zrfläche oder ihre malerische painterly Be-
dlung in der Malerei gespielt haben und
ilen.
der französischen Gruppe SupportlSurface
nit der Erhebung dieser aus der amerikani-
schen Malerei bezogenen Termini zum Namen
der Gruppe ein reduktionistisches Programm der
neuen Malerei gemeint, das diese in die Nähe
der minimal art bringt. In seinem Mittelpunkt
steht die Reduktion des Bildes auf seine beiden
elementaren Bestandteile Bildtrüger und Ober-
fläche, wobei diese unter Weglassung des
Keilrahmens in eins verschmelzen können z. B.
bei Louis Cane.
Wenn Klaus Honnef also von den elementaren
Malmitteln ausgeht, dann offensiditlich deshalb,
weil er in seiner Begriffsbestimmung der AnaIy-
tischen MaIerei" von vorneherein die Bedeutung
unterstreiduen will, die dem Herstellungsprozeß,
der zugleich audi der Prozeß der Analyse ist,
in dieser Malerei zukommt. Die analytischen
Maler untersuchen die sprachlichen Strukturen
der Gattung Malerei im Medium Kunst, wobei
die Sondierung der sprachlichen Strukturen sie
priori zur Beschränkung auf die malerischen
Mittel zwingt. Demzufolge wird ein künstleri-
scher Arbeitsprozeß möglich, der nicht auf
außermediale Kategorien zurückzugreifen
braucht. In diesem Arbeitsprozeß bleiben Ge-
genstand und Mittel der Analyse stets identisch;
was analysiert wird, ist zugleich auch das In-
strument der Analyse. Die Analyse erfolgt nid-it
im theoretischen Überbau, sondern allein durch
Rolf Rose, 197319
Robert Adrian, Rot-Blau, 1973
Winfred Gaul, Markierungen N. 86, 1974
wn..
Kr-vV-hfwp?
den Herstellungsprozeß der Bilder. lm
punkt der Untersuchung steht die künstle
Praxis, während die theoretische Reflexic
ausschließlich durch die künstlerische Prax
auskristallisierte, übergreifende System
rungsversuch ist. Die Analyse erkundet di
hängigkeit eines malerischen Ergebnisses,
Bildes also, von der spezifischen Art und
mensetzung der Mittel, die zu seiner Ar
tion benötigt werden.
Das Kunstwerk verwirklicht sich als ein
Geschehen, dessen einzelne Kamponenter
des Herstellungsprozesses im bildnerischi
sultat sichtbar werden. Durch eine streng
tische Methode wird die komplexe Erschi
Kunstwerk in Einzelphänomene zerlegt,
deren ursächliche Beziehungen in den elen
sten Formen ihres Zusammenwirkens zu
schauung gelangent."
Hannef leitet diese Beschreibung der
schen Malerei offensichtlich aus Texten vc
lern wie Gianfranca Zappettini abi. Die
van Malern unterscheiden sich von dem
Theoretikers aber dadurch, daß sie auf
lerische Praxis bezogen bleiben und in
deshalb niemals wie in dem oben
Text des Theoretikers Honnef die Mal
Richtung auf die behavioural art oder
einfach in Richtung auf die didaktischen
hungen der Kunstpödagagik hin entgleitr
rade die von Honnef selbst postulierte lc
von Gegenstand und Mittel der male
Analyse kann sich und dieser Aspekt ko
Honnefs Beschreibung zu kurz nur au
von vorneherein auf das Objekt Bild ge
ten Intention ableiten.
Unter der Voraussetzung der Identität
genstand und Mittel der Analyse der
chen Struktur des Bildes ist es ausgesch
daß nur eine Eigenschaft der Oberflöcl
2. B. flatness", oder die Eigenschafter
Farbe oder des Farbauftrags zum Then
Bildes werden, genausowenig wie ein
planter Raster, die räumliche Beziehung
Bildes zum Raum außerhalb des Bilde
auch Oberfläche und Bildtrüger als
Grundelemente des Bildes thematisiert
können, ohne daß iener winzige Ruck lt
tung auf einen Inhalt stattfindet, der nich
deckungsgleich mit dem Gegenstand
malytische Malerei erstellt also Bilder ohne
ges". lmage" und Bild sind identisch.
der ausschließlich auf das Objekt Bild ge-
eten Intention ergibt sich implizit und
zit in den Begleittexten der Künstler eine
enz zur Entmythologisierung der Malerei.
ird z. B. durch das in der analytischen Ma-
vorherrschende Prinzip der Bilderserie die
nkbarkeit eines Meisterwerkes" sowohl
nne der Realisierung des Bildes an sich"
iuch im Sinne der Beurteilung durch eine als
vant zurückgewiesene Ästhetik akzentuiert.
nmen mit der ausdrücklich betonten Nach-
ehbarkeit der Herstellung der einzelnen Bil-
iiner Serie unterminiert der Rückzug in die
ymität der Serie auch den traditionellen
ff vam genialen Künstler". Die Serie kom-
ert zudem gerade durch die Bedeutung, die
gsten Unterschieden zwischen den nach
ien Prinzipien hergestellten Bildern zu-
II, die Unmöglichkeit der Identität eines
nstandes Bild mit einem anderen.
Entscheidung für die in der analytischen
"ei häufigen neuen Materialien und Pro-
die folgerichtig nie als solche zum Ge-
and der malerischen Untersuchung werden
an findet ihr Motiv in der Möglichkeit
istanzierung von Assoziationen an die tra-
elle Aura der Malerei. Mit der Wahl der
'ialien fölle ich sozusagen eine politische
ieidung; indem ich mich für gewisse ,arme'
"ialien entscheide, entscheide ich mich
gslöufig gegen iene Materialien, die qua
ionem mit ,peinture' und den ,Schönen
en' verbunden sind." Winfred Gaulß.
das Instrument, mit dessen Hilfe Farbe auf
tildtröger gebracht wird, entspricht häufig
den traditionellen Vorstellungen vom Ma-
Enzo Cacciola trägt mit der Hand eine
nt-Farb-Mischung auf Baumwallrohleinen
Noäl Dolla und Diego Esposito tauchen
Sildträger in ein Farbbad, um sie dann
Keilrahmen an die Wand zu heften.
ranco Zappettini verwendet eine Anstrei-
lI8. ln einer Operation, die sich auf ma-
ie Praxis gründet, ist die Wahl der Mate-
von größter Bedeutung, insofern als sie
niniert ist und ihrerseits bestimmte Ent-
lungen determiniert. Ich habe daher ,arme'
Enzo Cacciola, at the studio
Diego Esposito, Pelle di prato, 1972
Anmerkungen 6-9
Honnef, ap. m.
75. z. B. Gianfronca Zappettini in Kunstfarum, Bd. II,
Okt-Nov. 74,
"Winfred Gaul T974, zitiert nach Klaus Honnef, Cathe-
rine Millet; Analytische Malerei.
'ln Katalog der Einzelausstellung Westfälischer Kunst-
verein, Münster, Oktober 1974,
Materialien gewählt und so von vorneherein die
traditionell ,edleren' ausgeschlossen, damit mein
Tun, frei von ieder möglichen Form von Privile-
gierung, den Charakter einer anonymen Arbeit
annimmt. Die Anstreicherrolle erfüllt diese Funk-
tion und wird das spezifische Instrument dieses
Tuns; während nämlich der ,Pinselduktus' immer
zur ,Gestik', zur autobiagraphischen Aussage
tendiert, produziert die Anstreicherrolle keine
,Geste', sondern eine unpersönliche, uniforme
Bewegung, die hinterher nicht mehr erkennbar
ist. Der ,Geste' entsprechen Expressivität, Emoti-
vität, existentielle Aussage über den Autor, der
,Bewegung' dagegen entsprechen Ausdruckslo-
sigkeit, Anonymität, so daß der Informationsge-
halt sich nicht mehr auf den Autor, sondern auf
die Arbeit bezieht." Gianfranco Zappettinii.
Genauso wie sie ihre Malmittel nicht mit einer
geheimnisvollen, besonderen oder gar schönen"
Aura umgeben wissen wollen, legen die Vertreter
der analytischen Malerei Wert darauf, die Frage
nach dem Wie?" der Anwendung dieser Mate-
rialien von iedem Geheimnis zu entkleiden.
Häufig wird daher der Herstellungsprozeß im
Katalog genau erläutert. Die Arbeitsmethode
versucht, die Materialien so einzusetzen, daß
jedes Material seine Identität bewahrt und zu-
gleich dem Kontext des Bildes entsprechend
funktioniert. Mein Arbeitsprozeß beginnt nicht
auf dem Untergrund, sondern an der Oberflä-
che, so daß schließlich ieder Arbeitsschritt in der
Reihenfolge des Auftragens betrachtet werden
kann. Eine Schicht von Polyvinylacetat PVAC
wird auf eine auf einen hölzernen Rahmen ge-
spannte Polyäthylenfolie gesprayt. Baumwoll-
garn wird in einem Raster auf das PVAC auf-
gelegt, eine neue Schicht von PVAC fixiert das
Garn. Mit dem Pinsel wird Acrylfarbe aufge-
tragen. Ungebleichter Baumwollstoff wird mit
PVAC-Binder an die gesamte Oberfläche gebun-
den. Sobald es trocken ist, wird das ganze Bild
von der Polyöthylenfolie abgelöst, die als
33
Gußform wirkend die Spuren ihrer Unvoll-
kommenheit auf der Oberfläche des Bildes hin-
terläßt." Robert Adrian"
Die Erläuterung der Arbeitsmethade dient nicht
nur der Entmystifizierung künstlerischer Arbeit,
sondern im Hinblick auf die Identität von Her-
stellungsprozeß, Analyse und Resultat Obiekt
Bild auch der Betonung der Tatsache, daß das
Bild von nichts anderem handelt als sich selbst.
Die Überbetonung, die dem Herstellungsprozeß
abgelöst von Intention und Gegenstand Bild
in manchen Passagen von Klaus Honnefs Ver-
such einer Begriffsbestimmung der Analyti-
schen Malerei" zuteil wird, führt übrigens ein
zeitliches Moment in die Malerei ein, um das
es den Vertretern der analytischen Malerei bei
ihrer Analyse der Strukturen des Objektes Bild
sicher nicht zu tun ist. Ist es doch gerade die
aus der Identität des Obiektes Bild mit sich
selbst folgende Atemporalität des Bildes, die
die malerische Aussage von Aussagen in ande-
ren Medien der Kunst abgrenzt. Anders als z. B.
Film, Video oder Aktion ist der Gegenstand Bild
auch nicht wiederholbar.
In der Unterstreichung dieses Aspektes der Un-
Wiederholbarkeit lehnt sich die neue Malerei aus-
drücklich gegen die Konzeptkunst auf, der sie
theoretisch und methodisch sehr viel verdankt.
Auch der Umstand, daß die Erläuterungen von
Materialien und Herstellungsprozeß in der neuen
Malerei einer Beschreibung des Bildes gleich-
kommen bzw. umgekehrt die Beschreibung des
Bildes auch schon seine Machart aufzeigt, sollte
nicht darüber hinwegtäuschen, daß der manch-
mal verwendete Terminus konzeptuelle Male-
rei" sowohl von der Konzeptkunst als auch von
der Malerei her betrachtet ein Unsinn ist die
Erläuterung der Malrnittel und des Herstellungs-
prozesses in der analytischen Malerei hat prag-
Giorgio Griffa, Linee orizzontali, 1973
10 Giantranca Zappettini ohne Titel
Anmerkungen 10-15
"'ln Katalog der Einzelausstellung Modern Art Galerie,
Wien, 1976.
"In Presseausseridung zur Ausstellung Galerie Ulysses,
Wien, 1976.
Honnef, op. n.
"In Data", Milano, 1974, Nr. 10.
Malewitschs Tafeln zur Theorie der Malerei ll.
Analyse der Empfindungen, um Nr. 9.
zitiert nach Antie von Graevenitl Malewitschs Ant-
wort auf Sdlapenhauer". Süddeutsche Zeitung Nr. 61,
13114. März 1976,
34
matischen Charakter. Sie ist nicht wie in der
Konzeptkunst gefordert linguistische Korrelat
des Werkes.
Das Prinzip des Vorgehens ist dialektisch; The-
se-Antithese-Synthese, d. h. Farbe Graphit An-
tifarbe neue Oberfläche. Die zuerst aufge-
tragene meist stark Ieuchtende Farbe wird dabei
einer Belastungsprobe auf ihr Durchsetzungs-
vermögen unterworfen, indem Graphitstaub mit
einem Schaumstaffkissen von unten nach oben
aufgetragen und anschließend mit einem Fön
weggeblasen wird. Die neu entstandene Farb-
oberfläche wird überprüft. Dieser Vorgang wird
so oft wiederholt, bis ein leicht farbig leuchten-
des, monochrames Graufeld erreicht ist. Da der
Abdruck des Spachtel beim Farbauftrag Spuren
hinterläßt, zumal der Graphitstaub iede klein-
ste Strukturunebenheit immens betont, bin ich
davon abgegangen, die Bilder horizontal auf-
zubauen, weil das bestimmten Analogien Var-
schub leistete. Jede Assoziation an eine Land-
schaft oder an Reflexionen von Licht auf einer
Wasserfläche sollte vermieden werden. Der
senkrechte Aufbau läßt das nicht zu. Die Bild-
oberfläche wird durch das ständige Auftragen
und wieder Abreiben der Graphitschicht stark
diffus, es entsteht dadurch der Eindruck von
räumlicher Tiefe. Durch Veränderung des Be-
trachtungspunktes nach hinten, wenn das Auge
nidlt mehr fähig ist, die Binnenstruktur der Ober-
fläche zu unterscheiden, wird der Obiektcha-
rakter des Bildes erfahrbar." Rolf Rose"
Erfahrbar wird der Obiektcharakter des Bildes
das Bild selbst also nur in der Konfronta-
tion mit dem Gegenstand Bild. Folgerichtig las-
sen sich die Bilder der analytischen Malerei,
die keinen anderen Inhalt haben als sich selbst,
je konsequenter sie sind, desto schwerer re-
produzieren. ln der Rezeption dieser Bilder er-
I0
hebt sich neuerlich eine Problematik
Honnef listet als eines seiner Kriterien
analytische Malerei folgenden Paragraph
Das bildnerische Resultat bedarf iedocl
aktiven Betrachters. Es provoziert überdi
Betrachtungsweise, welche die Reflexio
Denken darüber, was wahrgenommen wir
vom Akt der Wahrnehmung abspaltet.
perzeptionsvermögen des Betrachters wi
ciert; durch die Forcierung des Apperzc
Vermögens stellt sich Zug um Zug eine
renzierung des Rezeptionsvorganges ei
durch die Differenzierung des Rezepti
ganges wird am Ende der Reflexionsproz
geleitet. Dieser Vollzug geschieht nicht
zelnen voneinander abgetrennten Stad
geschieht als integrierter Prozeß und is
sichts der bildnerischen Ergebnisse zwang
Die Bilder sind in dieser Hinsicht ,primöl
pettini. Sie thematisieren gewissermaff
Erkenntnisse des Kunstwissenschafters
Arnheim, der in seinem Buch Anschaulich
ken' nachgewiesen hat, daß Wahrnehml.
Denken nicht voneinander geschieden
können"? Arnheims Begriff des an
chen Denkens" hat zwar dem ebenfalls
in Zusammenhang mit der neuen Male
brauchten Ausdruck meditativ" vora
er alle Assoziationen mit etwas Mystisch
meidet, andererseits darf nicht ÜbBTSEIV
den, daß gerade Arnheim postuliert, daf
Wahrnehmung eine Anwendung per
Kategorien auf das Reizmaterial" stattfi
die Wahrnehmung durch den Betrachte
ten sich also in Form von etablierten
mungskategorien Inhalte einschleichen,
die die Identität des Gegenstandes Bild
selbst wieder gestört wird. Giulio Carlc
hat in einem Essay unter dem Titel Re
DIE neue Kumsl 1st am Am
einer selbslündiqnn Kunslbex
wlyung. uugumtnasen von an
deren egnßslchren Hnlegil
Dir Sinn um neuen Können
am Anaerer atsTjrüher. Die
Kvnsl nur nur am uiluten Mild
in einem qeqendinalidmn
dvßrncllen und rrulerlellenShw
Alu. Die neue Kunz! ist dadurch
Mv du ein nlbdindiga Bez
qrnjjslehre dsrtiellhvhne ande-
ren Inhalt und anderer Jdeolo-
ruühsrs Ratte der Kunst Farznb-laen Ihre nlus Kunst igü nina xelbülndige Stellung
ar relnguoaßu und sinnlichen Jdcologue ein enommend9leuxh er Zivil-und-Rehguonabo
gruislehreß eolugl
rcezione non percepita" darauf hingewie-
iaß Ad Reinhardt in seiner Gleichsetzung
legriffes der Malerei mit dem Bild, das
iegensland ist, versucht hat, das Bild sa-
von der Vorstellung die Malerei ist nicht-
stellte Vorstellung" als auch von der psy-
iysischen Wahrnehmung zu trennen, Das
wird in einem van ihm selbst bestimmten
wblick der Pause aufgenommen, und es
ht das Bewußtsein somit nicht als Form
als Vorstellung, sondern eben als Bild, als
arbe bedeckte Oberfläche, die weder an-
wd. noch abstoßend nach interessant sein
nalytische Malerei ist wahrscheinlich, auch
sie den Sehgewohnheiten eines breiteren
IUTTIS widerspricht und daher im Kunstbe-
und auf dem Kunstrnarkt als Avantgarde
ert, nicht der Avantgarde zuzuzählen. Viel-
baut sie auf den Formulierungen und Er-
wissen der Avantgarde unseres Jahrhun-
auf und zieht aus diesen zeitgemäße Kon-
nZeH.
Honnef weist auf die Bedeutung der Er-
ig der Fotografie hin; als Entlastung
Aalerei, Instrument für außerkünstlerische
wie Wirklichkeitsillusionierung, religiö-
politische Propaganda oder pure Deko-
zu sein. Eine größere und in ihren ver-
lenen historischen Ausformungen komplexe-
deutung für die analytische Malerei, die
als isoliertes ahistorisches Phänomen be-
et werden darf, hat wahrscheinlich Male-
ts Postulat von der Kunst als einem gleich-
itigt neben und nicht im Dienste von ande-
nenschlichen Erkenntnisweisen existieren-
Bereich". Es ist wohl auch kein Zufall,
nit der zur Zeit stattfindenden Konsolidie-
rung und Neuauswertung malerischer Theoreme
ein neues Interesse für Malewitsch einhergeht.
Eine andere wichtige Voraussetzung auch für
die analytische Malerei ist Duchamps außer-
malerische Gleichsetzung von Bild und Ge-
genstand, die von Jasper Johns in die Malerei
eingebracht worden ist. Bei Ad Reinhardt kri-
stallisierten sich Malewitschs und Duchamps Var-
stellungen zum art as art" das mit l'art pour
l'art nicht gleichzusetzen ist und der letzten
Endes romantischen Vorstellung von der Not-
wendigkeit, der Kunst als Kunst" auch ihr Ende,
die Nicht-Kunst", anzufügen. Ad Reinhardts
Einfluß in Theorie und Praxis wird durch die
letzten Endes resignative heutige Auffassung,
daß Kunst durch Kunst nicht zu ihrem Ende ge-
11 Kasirnir Molewitsch,Tofel Nr.9
12 Ad Reinhardt, Painting Nr. 13, 1960
12
führt werden kann, kein Abbruch getan.
halb der Malerei wären sicherlich noch za
che wichtige Vorläufer für die neue Malere
im besonderen die analytische Malerei zu
nen man denke z. B. an Frank Stellas
Series" oder an Giulio Paalinis Arbeiten au
60er Jahren.
Von großer Bedeutung für die Einordnung
analytischen Malerei ist der Umstand, daf
meisten der malerischen und theoretischen
mulierungen, auf denen sie aufbaut, erst
die Konzeptkunst gefiltert wieder Eingan
die Malerei gefunden haben.
Es wäre im übrigen durchaus denkbar, daE
in der neuen Malerei der Gegensatz zwi
Kandinsky und Malewitsch von neuem mc
siert, ein Gegensatz, der die Geschichte
Malerei unsereslahrhunderts durchzieht,und
die analytische Malerei iene Tendenz innei
der neuen Malerei darstellt, die sich auf die
te Malewitschs und Reinhardts schlägt
Kandinsky und Mondrian. ln diesem Zusam
hang hat ein Satz von Malewitsch, in de
1923 sein Supremat der reinen Erfahrung
1919 modifiziert hat, für die analytische Mc
geradezu illuminierenden Charakter Die
Ziele sind rational... weil sie von einem
tiven Studium der Gegenstände ausgehen,
heißt van einer Erklärung Über ihren Prczef
Formwerdung, die keinesfalls das Resultat
res Willens ist, sondern im Gegenteil uns
Willen befiehlt und ihn unterwirftß."
Unser Autor
Heidi Grundmann,
Kulturredakteurin des ORF,
Wiedner Hauptstraße 37l69,
1040 Wien
36
beautifu
magen, DDEF Im irmanunseiemenr des onnuppens
beim Betrachten gleichbleiben. Blickt man auf die
lkone" und folgt dem verweisenden Gestus der
Finger, liest man im aufgeschlagenen Buch Plate
und wird überrascht den tellerartigen
Nimbus entdecken. Aber er meint keinen Heiligen-
schein, sondern ist ein vor den farbig
durchgezeichneten Körper geblendeter Teller, auf
dem in Grisaille der Kopf erscheint. Der Teller
wirft seinen Schatten auf den Blattgrund, ist diesem
räumlich nahe gedacht. Strobl zeichnet keinen
Pantocrator, sondern sein Bild geht von der
Wirklichkeit auch der Ikone ab und kommt zur
Zeichnung eines wirklichen" Tellers mit der
Abbildung des Kopfes, Strobl ist nicht an
Problemen interessiert. Sie ist ständig auf der
Suche nach Dissonanzen, noch widersprüchlichen
Konfrontationen und ästhetisiert sie der Stille
mancher Bilder ist nicht zu trauen. Anstelle
ohnmächtigen Wehklagens setzt sie ihren Zynismus.
Ihre manchmal unbequemen Themen und bösen
Spielereien haben oft am schlechten Gewissen der
Kritiker gerüttelt, die nicht zurück auf die Bäume"
wollten oder sich von Nerzpfoten angeklagt
fühlten". In der lkane" scheint gedämpft ihre
Doppelbegabung auf.
Die 1949 in Schladming geborene Künstlerin hat
T972 an der Hochschule für angewandte Kunst in
Wien das Diplom für Graphik und nach nur zwei
Jahren Studium am Royal College of Art in London
1974 den Master of Arts in Keramik erworben.
Gleich die erste Ausstellungsbeteiligung
brachte ihr den 2. Preis des Forum Stadtpark Graz.
Kunsthandwerk ist für Strobl Medium der Distanz.
Wenn man mit Viktar Schklovski als eine
wesentliche Eigenheit des modernen Künstlers das
Sanderbarrnachen der Dinge" ansieht, bezeichnet
man Anliegen dieser Künstlerin. Sie
verfremdet scheinbar Bewußtes und macht Fremdes
scheinbar bewußt. In ihren Zeichnungen setzt sie
menschliche Kultur und Unkultur gegen Natur.
So knabbert im stillen Winkel eine Maus ein
paar Krumen, unberührt van der Epiphanie zweier
schwebender Messer einer unbekannten,
erloschenen Kultur, oder verirrt sich ein Steinbock
im Gebirge aufgetürmter, abstrakt linearer
Quader. In die graue Kälte historischer Distanz
setzt sie buntes Leben. Ihre kühlen Witze einen
Zeitlichkeit und Vergänglichkeit menschlichen Tuns
mit dem dagegen anbrandenden Leben der
Evolution, das durch den Menschen gefährdet ist.
Wenn ein winziges Rhinozeros von einem
riesenhaften Knochen derselben Spezies
zerquetscht wird, konfrontiert sie wissenschaftliches
Interesse mit dem Spiel. Verspricht die geschlossene
Chicken-Box, an viktorianische Confiseriedosen
erinnernd, ein Dessert, zeigt sie geöffnete
Hühnerklauen. Ist der Appetit verdorben, tröstet die
handwerkliche Perfektion über die enttäuschten
Erwartungen hinweg. Strabl setzt ihre überragende
Virtuosität gegen die Vorurteile des Betrachters ein,
spielt mit den Materialempfindungen den Tastsinn
gegen Augenreize aus ob sie auf einem Teller
neben einem bunt gemalten Tisch plastisch
ausgeführte, glasierte oder gefiederte Fische ohne
Farbigkeit setzt oder ob sie auf einem Foto mit
einer sie umwindenden Riesenschlange posiert, die
sich dann als Horn einer seltenen Tierart erweist,
oder auch lediglich zwei halbe Teller aneinander-
kettet. Die surrealistische Tendenz zur Verfremdung
führt nie in ein Reich des Traumhaften, die
analytische Begabung resultiert in einem
klärenden Lernprozeß, Geheimnisvoll bleibt nur, daß
auch nach dem Verstehen der Effekte sich keine
Langeweile einstellt. Gerade weil sie sich den
Luxus erlaubt, auf Gefälligkeiten zu verzichten, und
dem Geschmack keine Konzessionen macht,
tauchen inmitten ihres Gruselkabinetts von
gerupften Hühnermenschen und gequälten
Zwitterwesen meisterhafte Kabinettstücke auf, die
originell und unauslotbar zugleich sind.
Thomas Zaunschirm
Inge Dick
Nach dem erfolgreichen Abschluß der Modeschule
Hetzendorf Ledergalanterie studierte die 1941
geborene Wienerin lnge Dick auf der Hochschule
für angewandte Kunst bei Praf. Herberth
Gebrauchsgraphik. Mit der Malerei beschäftigt sie
sich freilich schon seit ihrer Kindheit in immer neuen
Ansätzen.
Das Blumenstilleben war einer der Ausgangspunkte
ihres Schaffens, und zu Blumen findet sie heute in
ihrer graphischen Gestaltung auch immer wieder
zurück. Wie sehr hat sich aber ihre Diktion seit
ienen frühen Blumenbildern, wie sie die Malerin
nach auf der Akademie schuf, geändert! Zwei
Ereignisse scheinen zu einer prinzipiellen
Entscheidung in ihrer Gestaltungsweise beigetragen
zu haben eine Reise nach Griechenland und in die
Türkei und die Berührung mit der Lehre des Zen.
Schon 1963 entsteht ein Bild, offenbar stark von
Paul Klee beeinflußt, eine menschliche Siedlung
darstellend, das mosaikartige kleine Flächen zeigt.
Die Hauswände, die Dächer, der Kirchturm, alles
wird flächig nebeneinandergesetzt. Einzelheiten
verschwinden, die Struktur, der Kern wird sichtbar,
eine Zellenreihung. Orange bis dunkelrote Farben
geben dem Bild einen sehr warmen Tan.
Als Frucht der genannten Reise entstanden dann
etliche Ulbilder, Landschaften, die einen gewaltigen
Lichteinbruch in das Gefüge der Farbstriche
zeigten. Vielleicht könnte man sie am ehesten mit
fotografischen Gegenlichtaufnohmen vergleichen.
Hier schlägt sich also das mediterrane Erlebnis
nieder. In diesen 1967MB gemalten Arbeiten
beginnen sich die Farmen auch bereits aufzulösen,
und das Erlebnis des Lichtes wird dominierend.
Noch ist der Horizont deutlich gegeben, ein
Bauwerk Kapelle steht silhouettengleich auf einem
Berg, das Meer und der Himmel vermählen sich in
einem gleißenden Licht. Wir müssen an das Licht-
Erlebnis des großen Vers-Epikers Theodor Däubler
denken, an seinen Glauben an die Lichtwerdung
des Planeten Erde. Hier, in diesen die Landschaft in
Licht auflösenden Bildern, anders auflösend als
seinerzeit die lmpressionisten, wird uns schon
bewußt, daß es sich um anderes als Wiedergabe
handelt. Es ist nicht so sehr das Licht der Sonne,
es ist ein Licht aus der Fläche des Bildes heraus,
das hier zu flimmern und zu strahlen beginnt.
Aus der Flüche heraus? Wie kommt es dort hin?
Vielleicht aus der Gelassenheit dessen, der dieses
Bild gemalt hat. Die Berührung mit dem Gedanken-
gut des Zen, das Erlebnis eines in Wien
gastierenden No-Theaters, ließ die schon
vorhandene Technik des flutenden Lichtes in eine
neue Gerichtetheit münden. In einer Scheibe, in
einem Lichtbündel, in einem abklingenden oder
ansteigenden Akkord wird ein Akzent in eine
nahezu monochrome Fläche gesetzt. Die letzten
abbildhaften Andeutungen fallen weg. Hier ist
Konzentration. In einer Welt, die von Reizen
ieglicher Art überschwemmt wird, ist hier eine
Zurücknahme dieser Flut. Stille. Einkehr.
Vorerst sind die Bilder noch in Gelbtönen
gehalten. Ab 1970 gehen sie siehe quadratische
Abbildungen bis 1976 letzte Abb. in Blautöne über.
Trotz der wenigen Nuancierungen gelingt es der
Malerin immer, die Fläche zu verlebendigen, neue
Lichtblicke" zu schaffen. Die kühlen Farben
distanzieren den Betrachter nach mehr von der
Um-Welt als die warmen rotgelben Töne. Bilder als
Lebenshilfen? Für den, der sie zu gebrauchen"
versteht. Alais Vogel
Aktuelles Kunstgeschehenl Österreich
Wien
Secession
Budapester Bilder, Straßen und Menschen
1700-1945
Die vom Budopester historischen Museum ge-
staltete Schau brachte einen Überblick mit dem
Schwerpunkt im 19. und 20. Jahrhundert. Die
Qualität der Bilder war im Durchschnitt sehr
beachtlich. Sicher als bestes Werk der Ausstellung
konnte das Porträt des Violinkiinstlers Ede
Remenyi" 1875-1878 bezeichnet werden. Ein
kleines Ölbild von Mihaly Munkäcsy. Aber
auch eine ganze Anzahl Maler aus der Zeit um
die Jahrhundertwende wäre nennenswert, etwa
Jozsef Rippl-Rönai, der wohl von Klimt und
Sd1iele beeinflußt ist. Von Jenä Gadanyi war
eine qualitätvolle Landschaft mit Stuhl" zu
sehen, die an Matisse erinnerte, von Jozsef Egry
drei schöne Pastelle mit impressionistischen
Farbauflösungen, besonders Die Generalwiese
zu Buda" muß in diesem Zusammenhang genannt
werden. lmre Amos und Gyula Derkovits,
letzterer besonders mit seinem Stilleben mit
Palmkätzchen", scheinen uns wichtig in der
Entwicklung der ungarischen Kunst der Zeit um
die Wende zur modernen Malerei zu sein.
2.49. 4. 1976 Abb.
Künstlerhaus
Boris Mardesic Werke 1963-1976
Der Künstler wurde als einer der größten
zeitgenössischen Maler Jugoslawiens bezeichnet.
Die Schau füllte einige Räume des Hauses, es
waren Graphiken, sehr viele große Olbilder
und auch einige sehr große Wandbehänge zu
sehen. Nach Aussage von Prof. Hans Mayr war
das aber nur einTeil des vorhandenen Aus-
stellungsgutes. Mardesic geht in seinen Arbeiten
von Eindrücken in der Natur aus. Und hier ist es
hauptsächlich die Landschaft seiner Heimat,
der Karst, die ihn inspiriert. Er rückt mit seiner
Optik nahe an den Gegenstand heran, und so
entstehen Formen, die ihre Entsprechungen in den
Formationen der vom Wasser zerfressenen Steine
der Meereskiisten oder von Bachläufen ausge-
waschenen Felsstrukturen haben. Sehr deutlich
wird das in dem vom Künstlerhaus herausgege-
benen aufwendigen Buch dokumentiert, dessen
Text leider von so vielen unsinnigen Fehlern
entstellt ist, daß man sie nicht einzeln auf-
zählen kann.
Von den Arbeiten sind bestimmt die Graphiken am
besten. Hier findet Mardesic oft einwandfreie
Lösungen. Bei den Ulbiidern zerflattert viel
in der großen Pose. Ein Detail aus diesem und
ienem Werk mag reizvoll sein, das Ganze ist
sehr zufällig und eher modisch.
6.-28. 4. 1976
Alte Schmiede
Hans Muhr
Der Wiener Bildhauer beschäftigt sich schon
einige Zeit sehr ausgiebig mit Brunnengestaltungen.
Neben zwei Reliefs und einigen reinen Bild-
hauerarbeiten, so etwa zwei Holzskulpturen, bei
denen sich Muhr allein mit der menschlichen
Kopfform auseinandersetzt, waren hauptsächlich
Zimmerbrunnen zu sehen. Dabei muß festgestellt
werden, daß die einfachen Formen am über-
zeugendsten wirken. Hier sind allein die Materialien
und die richtigen, also abgewogenen Maße
ausschlaggebend. ln treppen- und leiterartigen
sowie spiralförmigen Anordnungen bearbeitete
der Künstler schäne Steine, die mit einem Wasser-
becken in Kommunikation stehen, zu quellartig
sprudelnden Obiekten, die neben ästhetischen
auch hygienische und psychologische Werte haben;
regelt doch das stets fließende Wasser die
Luftfeuchtigkeit, und das ständige Plätschern
beruhigt die Nerven.
24. 3.-30. 4. 1976 Abb.
lsolde Jurina
Aus Kindheitsland" nennt die Künstlerin die
neue Serie von Ulkreidebildern und Collagen.
38
Nach den phantastisch geballten Zauberbildern
ihrer Bösen Märchen" wird die Jurina in dieser
Folge konkreter. Wieder sind die Akteure in
einen Rahmen zusammengesperrt, eingespannt
oder eingestrichelt. Die Figuren sind iedoch
persönlichkeitsnahe geworden. Offenbar
eine sehr durchdachte Vergangenheitsbewöltigung.
9. 3.-2. 4. 1976 Abb.
Galerie Papst
Carry Hauser
Eine sehr schöne und geordnete Schau von Bildern
und Graphiken Carry Hausers aus den zwanziger
Jahren. Erfreulich besonders, weil gerade aus
dieser Zeit so selten Werke von Wiener Expres-
sionisten in dieser Qualität zu sehen sind. Aus
der Distanz von mehr als 50 Jahren kann man
sehr wohl von einem bleibenden Wert dieser
wohl kleinformatigen, aber vom Ausdruck großen
Bilder sprechen! Eine Verwandtschaft zum
magischen Realismus, wie im Katalog behauptet,
auch bei manchen, eigentlich nur sehr äußerlichen,
Anklängen zu Gütersloh, ist nicht gegeben.
3.-31. 3. 1976 Abb.
Galerie Basilisk
Edda Seidl-Reiter Tapisserien 1975176
Die Künstlerin verfolgt weiter die von ihr
eingeschlagene Tendenz, die geschlossene Fläche
aufzulösen und mit textilen Materialien relief-
oder obiektartige Wirkungen zu erzielen. Sie
verläßt dabei auch die Zweidimensionalität und
findet dabei auch oft zu heiteren Kreationen.
9.-30. 3. 1976 Abb.
Michael Smidt
Die außerordentlich exakt gemalten Bilder Smidts
aus der Garnitur der Streichhölzer sind schon
lange im Kunsthandel ein Begriff, nun hat
der Maler sein Iuvre um einige neue phantasie-
volle Varianten erweitert. Es gibt da Kreuzungen
von den verschiedensten Erscheinungsformen,
wie etwa eines Kruges mit einem Apfel und
einem getischlerten Henkel, alles auf kühle
Bildflächen gesetzt. Auch Smidt ist dabei ein
gewisser Humor nicht abzusprechen.
2.-2l. 4. 1976 Abb.
galerie am graben
obiekte und gebrauchs egenstände
aus keramik und porze lan, 1975176
Noch auf Betreiben des verstorbenen Prof. Heinz
Leinfellner hat nun die Meisterklasse für
keramisdwe Plastik und Gefäßkeramik einen
Hochtemperatur-Gasbrennofen bekommen. Die
ersten tauglichen Porzellane aus dieser Klasse
wurden hier gezeigt. Es ist ein sehr erfreuliches
und ermunterndes Ergebnis. Das größte Stück
war ein Toilettentischensemble mit
Spiegeln, verschiedenen Töpfen, Bürsten, Sitz-
gelegenheit und Etageren, alles von Ulla Bochen
sehr luxuriös und doch in sehr klaren Formen
gestaltet. Zartgliedrige aufgeblätterle Formen
hatten die feingetönten Reliefs der Liselolte
Schrommel. Von Rosemarie Benedikt waren
zweckfreie, schöngeformte Obiekte, ähnlich auch
iene der Else Haraldsdottier. Es gab aber auch
sehr einfache Gebrauchsgegenstände, wie Teller,
Schalen und Salz-und-Pfefferstreuer. Im Tief-
geschoß waren die keramischen Arbeiten. Hier
dominierte eine Fonduegarnitur mit Tisdr, Hodzer
und Gefäßen, alles aus Keramik.
29. 3.-24. 4. 1976 Abb. 10
galerie modern ort
Hildegard Joos
Die zum Teil in Wien, zum Teil in Paris schaffende
Künstlerin überraschte mit diesen konstruktiven
Bildern, nachdem sie einige Zeit sehr monochrom
gearbeitet hat. Die in Schwarz-Weiß oder
Schwarz-Rot gehaltenen Obiekte sind, auch wenn
die Malerin und ihr Interpret es anders wollen,
der Op-art verwandt. Sicher haben sie dynamische
Ordnungen und überraschende Tiefenwirkungen,
die ganz offenbar auf die innere Bewegung derJoos
zurückzuführen sind.
31. 3.-17.4.1976-Abb.11
Galerie Austerlitz
Karl Anton Fleck, Karl Sandner,
Ernst Zdrahal
Unter dem gemeinsamen Titel lsolationen"
zeigten die drei Maler hauptsächlich Graphiken.
K. A. Fleck steuerte zum Thema großformatige
Zeichnungen, zum Teil auch farbige, bei, die
die Isolationen der Dinge an sich immer wieder
umreißen. Karl Sandner brachte eine große
Anzahl sehr erschiitternder Blätter mit politischen
und sozialkritischen Inhalten. E. Zdrahal stellte
den Menschen den iibermächtig gewordenen,
vom Menschen geschaffenen materiellen Ein-
heiten gegenüber. Alle drei Künstler konnten an-
sehnliche Leistungen vorweisen.
Der Galerie ist mit solchen Teams zu gratulieren.
18. 2.-17. 3. 1976 -Abb. 12, 13, 14
Alois Vogel
Haus GordislTrattnerhof
Das Beste aus Schweden"
Zur gegenseitigen verstärkten Intensivierung des
kulturellen Austausches und der Beziehungen
Österreichs und Schwedens, wie sie vom
österreichischen Bundespräsidenten, Dr. Rudolf
Kirchschläger, beim seinerzeitigen Staatsbesuch
in Schweden in der zweiten Maihälfte propagiert
wurde, trug hier bei Gordis auch die Schau
modernen schwedischen Kunstgewerbes bei.
Was an die 25 schwedischen Firmen mit ihren
Künstlern, Designern und Herstellern präsen-
tierten, bestätigte den Ruf des traditionell hohen
Standards der beispielgebenden Möbel-, Glas-
und Keramikprodukte, Textilkunst und Beleuchtungs-
körper der Skandinavier. Was nicht unwesentlich
in diesem Zusammenhang scheint, ist die
landesweite Heimatwerkbewegung Schwedisches
Heimatwerk", die den Bürger Schwedens mit-
einbezieht, teilzunehmen an einem gesamt-
völkischen Kunstgewerbeschaffen, das neben der
Freude am eigenen Mitgestalten die Verwendung
selbstgefertigten künstlerischen Gebrauchsgutes
und Gerätes in Haus, Heim-und Garten er-
möglicht. So kann man, was in der Schau bei
Gordis deutlich zu spüren war, von einer breiten,
alle Volksschichten durchdringenden Bewegung in
Schweden sprechen, die im Künstlerischen wie
Kunstgewerblichen in starker Bindung an die
Volkskunst einerseits an die Tradition anknüpft,
andererseits in ihrer Entwicklung iedorh von einer
Erneuerung der inneren Auffassung und von
neuerwachtem Selbstgefühl getragen wird.
5.40. 4. 1976 Abb. 15, 16
l. netopi
Salzburg
Ateliergalerie Pointner
Hans Pötscher
Die Aquarelle des in Salzburg lebenden Malers
sind nicht nur wegen ihrer differenzierten
Farbgebung von hohem künstlerischem Reiz
Ein Clown", aus erdenen Braunlönen erschreckt
aufblickend, die Schergen" in ihrer unver-
hohlenen Brutalität, die in der Burg" brüchig
gewordene tyrannische Macht, die Zeit" mit
ihrem raffgierigen blutigen Gebiß, sie alle sind
Masken vor den Eigenschaften der Menschen,
die aber, wie alle Masken, Absichten und innere
Zustände dieser Eigenschaften erweisen.
April 1976
Museumspavillon beim Zwerglgarten
Luigi Salvi
ln großen klaren Flächen, in Natürlichen Geo-
metrien" so ein Bildtitel, baut der Bergamaske
seine meist großformatigen Ülbilder, so etwa,
wie manche mit Buntpapier zu gestalten pflegen.
Das Material wird dick aufgetragen, die Struktur
des feslgewordenen Uls entmateri 'siert Akt
wie Landschaft zum stilisierten, flächigen Ornament
blge 1-12
lief Rippx-Renez, Meine Brüder 1912. Jözsei Egry, Aussidn aus meinem Ofner Fenster, Hans Muhr, Kopf, 1975, Holz
lKorlon, 7a 105 cm PoslellfPapier, 71 9a cm
lsulde Jurina, Aus der Zen der hozhrassigen Ge- Curry Mauser, Begegnung,1920. Federxeichnung
bürerinnen",1976. Farbzeichnung und Coilage
.e....e.
du Smdl-Rener, Tcpxsserle, 1975176 Michael SmidY, Krug Apfeßorm Else Huruldsdofiir, Salz-und-Pfeffer-Sheuer
"am. Lorenz, Fonduegurniluv man, Hocker und HlldegardJoos,Gruphnk
geV
12 mm Amen Fleck, Thonet Selbsl Slilleben", 1974
39
Aktuelles Kunstgeschehen Österreich
lrma Rafaela Toledo
Mögen viele Werke der Salzburger Malerin
prima vista" an Absichten der informellen
Malerei und des Tachismus erinnern, so haben
sie doch damit kaum etwas gemeinsam. Denn
der wahlüberlegte Forbaufbou in den Gemälden
wie in den bezaubernd schönen Aquarellen
hat durchaus nichts Automatisches", wohl aber
vielleicht Unbewußtes an sich. Die goldschmied-
haft leuchtenden, an die Strahlkraft mittelalterlicher
Glasgemälde erinnernden Farben machen, auch
in ihren Hell-Dunkel-Spannungen, die große
malerische Kraft Frau Toledos deutlich.
7.-60. 5. 1976 Abb. 17
Galerie Academia
John Foster MacFarlane
Der 2Biöhrige, in Cardiff, Wales, lebende Maler
zeichnet mit feinsten Farbvaleurs und radiert
in überzeugenden Schwarzweißwirkungen. Die
hingehauchten Farbkoloraturen sind ihrem Inhalt
nach einem Phantastischen Realismus jedoch
nicht dem der Wiener Ausprägung entnommen.
Ein Small obiect wrapped in cloth", eine
Londscape with two bound obiects" oder die
radierte Vogelfalle" sind Charakteristika für
das Leitmotiv der Arbeiten MacFarlanes In
undefinierbaren Landschaften werden in Ver-
wesung befindliche, oft gar nicht zu identifizie-
rende Körper umwickelt, ummantelt, wie mit
Fadenknöuel oder Mumienbinden umgeben
dargestellt. Sind es Sinnbilder der Nichtigkeit
irdischen Lebens, sind es legitime Nachfolger der
alten Vanitas-Darstellungen"?
Bw-SO 4. 1976 Abb. 13
Residenzgalerie
Oskar Kokoschka, Druckgraphik
Bei den gezeigten, besonders sorgfältig gehängten
Blättern handelt es sich etwa um ein Drittel iener
vollständigen Sammlung der gesamten
Druckgraphik Kokaschkas, die wie schon im
Heft 144 ausführlich berichtet Professor Friedrich
Welz zum Gründungsbestand der neuen landes-
eigenen Graphischen Sammlung Rupertinum"
in Salzburg gestiftet hat.
1. 1-30. 4. 1976
Max-Reinhordt-Forschungsstötte
im Schloß Arenberg
Clemens Holzmeister Theaterbauten
und Bühnenbilder für Salzburg"
175 Skizzen, Pläne, Modelle, Bühnenbild- und
Szenenfotos aller Theaterbauten und aller
Bühnenbilder, die Clemens Holzmeister seit 1926,
seit ihm der damalige Landeshauptmann Rehrl
den Auftrag zum Umbau des schon von Eduard
Hütter als Provisorium empfundenen ersten
Festspielhauses erteilt hatte, für Salzburg
proiektiert oder ausgeführt hat, waren hier zu
einer glanzvollen Ausstellung vereinigt.
9. 4.-5. 5. 1976
Franz Wagner
Kärnten
Villach Galerie im Tomschehof
Karl Anton Fleck
Der Wiener Maler und Graphiker zeigte große
Aktzeichnungen. Die meisten Arbeiten, um das
Jahr 1974 entstanden, bewiesen sehr schön,
daß Fleck seinen Strich beherrscht. Da gibt
es keine hübschen Schummerungen und Schattie-
rungen, die Plastizität vorspiegeln. Hier sind
allein die Linien, die in kühner und sicherer
Führung dorthin gesetzt sind, wo sie hingehören,
dominant. Aber auch die Ebene des Zeichen-
blattes ist mit diesen in nicht alltäglichen
Haltungen abgebildeten Akten graphisch gut
beherrscht. Fleck weiß anscheinend genau, wo er
aufhören muß, und oft ist bei ihm ein Strich
weniger ein Mehr an Wirkung.
23. 4.-3. 5. 1976 Abb. 12
Steiermark
Graz Johanneum
40
Magda Paszthy
Im Haus Neutorgasse 45 war eine Gastousstellung
der Budapester Texlilkiinstlerin zu sehen. Es
war eine höchst erfreuliche, farbige und formale
Belebung der üblichen Textilarbeiten festzustellen.
Man konnte sehen, daß gewisse Tendenzen der
Lockerung des Geflechtes, der Betonung iener
mit dem Arbeitsvorgang zusammenhängenden
Strukturen heute allgemein verfolgt werden
und weit über alle Grenzen Eingang in die
Gestaltung dieses Materials gefunden haben.
14. 4.-9. 5. 1976 Abb. 19
Neue Galerie
Godwin Ekhard
Der 1932 in Kalwang geborene und seit vielen
Jahren in Rom lebende Künstler, der lange zu
den Malern eines Neo-Manierismus gerechnet
wurde, zeigte 88 Arbeiten. Es sind aus verschie-
denen Materialien, zum Teil auch aus vorgeformten
Gegenständen montierte Obiekte, auch einige
Zeichnungen waren vertreten. Wer Ekhards
künstlerischen Weg verfolgt, wird feststellen
müssen, daß der Maler schon weit bessere Phasen
hatte. Manche der in Graz ausgestellten Obiekte
waren peinlich simpel. Vielleicht macht Ekhard
ganz einfach zuviel. Schade, daß er gerade
ietzt zu einer soldi repräsentativen Schau kommt.
9. 4.-2. 5. 1976 Abb. 20
Ferdinand Penker
1950 in Klagenfurt geboren, zeigte Penker 73
Obiekte, zum Teil Ul auf Leinwand, zum Teil
Bleistift oder Farbstift auf Papier, dabei handelt
es sich fast ausschließlich um eine konstruktive
Flächenteilung, die ab und zu, besonders bei den
Ulbildern, etwas lockerer wird und damit,
auch den ihr eigenen Charakter verlierend,
einen verwaschenen Eindruck macht. Bei diesen
Obiekten wird die kunst der sprache", wie
W. Skreiner im Vorwort des Kataloges die
Kreationen kommentiert, zu einem unartikulierten
Stammeln.
9. 4.-2. 5. 1976 Abb. 21
Oberösterreich
Linz Neue Galerie
Hommage O. K.
Zur Würdigung von Oskar Kokaschkas 90. Geburts-
tag waren alle im Besitz der Galerie befindlichen
Werke des Meisters und Wegbereiters des
Expressionismus zu sehen. Es handelte sich um
die sehr beachtliche Zahl von fünf Ulbildern,
darunter die bekannten Die Freunde", 19l7l1B,
und Bildnis des Bundespräsidenten Dr. h. c.
Theodor Körner", 1948, und 60 graphische
Arbeiten. Fast alle Schaffensperioden konnten in
der Schau eingesehen werden.
19. 2.-27. 3. 1976
Der Himmel Elleno
Zeichnungen und Malereien aus dem nieder-
österreichischen Landeskrankenhaus für Psychiatrie
und Neurologie Klosterneuburg gaben Einblick
in ein Gebiet, das unter den Namen zustands-
gebundene Kunst zu manchen Vergleichen, zu
falschen Schlüssen und doch auch zu wichtigen
Erkenntnissen verhalf.
26. 1-20. 3. 1976
Walter Gropius
Die Schau war als umfassende Information über
die Bauten und Projekte des großen, 1883 in
Berlin geborenen und 1969 in Boston verstorbenen
Architekten gedacht. Sie illustrierte die Arbeiten
der Zeit von 1906-1969. 217 Fototafeln, zwei Filme
und 80 Farbdiapositive.
18. 11.-10. 4. 1976
Arnulf Rainer
Etwa B0 Exponate geben einen Überblick über
die von Rainer in den letzten Jahren geübte
expressive Körpersprache". Beginnend mit der
Wiedergabe der einfachen Gesichtsbemalungen,
die in den sechziger Jahren entstanden sind und am
ehesten mit den Tätowierungen primitiver Völker
verglichen werden können, bis zu den kompli-
zierten Verdeckungen" und Grimassenbildern"
wurde ein einmaliger Weg der Gestaltung
dokumentiert. Rainer bezeichnet in einem
erstmals in deutscher Sprache veröffentlichten
Begleitwort seine tragikomischen Posen" als
eine Suche nach den vielen möglichen und un-
möglichen Menschen, die in uns allen stecken".
Mit der zusätzlichen Überarbeitung der Fotos
wird eine Vereinigung des schauspielerischen
und grafischen Ausdrucksmediums zu einer einzigen
Kunstform" erreicht. Mag man nun wie immer
zu dieser Aussage stehen, es wird einem bei
dieser umfassenden Übersicht bewußt geworden
sein, daß der Einsatz des ganzen Menschen
Rainer hinter allen diesen Äußerungen steht.
31. 31.-30. 4. 1976 Abb. 22
Niederösterreich
Perchtoldsdorf Galerie Romanum
Winnie Jakob
Die bekannte Zeichnerin, die sehr viel für
Zeitungen arbeitet, durch Buchillustrationen und
besonders durch ihre sehr flotten, pfiffigen
Künstlerporträts bekannt ist, zeigte hier ein
Satierisches Kabinett" beim Wort genommene
Fabeltiere, mit viel Humor und Witz gestaltet.
17.-31. 3. 1976 Abb. 23
Hans Essinger
Der 1900 in Mödling geborene Künstler stellte
Zeichnungen und Druckgraphiken nach Motiven
nach der Natur aus, wobei es sich um brave
Studien handelte, die wenig anspruchsvoll
waren.
Überhaupt kann man feststellen, daß die Galerie,
die einst mit recht großen Ambitionen begonnen
hatte, in den letzten Monaten nur wenige
Höhepunkte in ihrem Ausstellungsprogramm zu
verzeichnen hatte.
21. 11.-12. 5. 1976 Abb. 24
Alois Voge
Ifolge 13-24
arl Sandner, Verhör, W75 14 Ernst Zdrahul, Zeichnung, 1975 15 Hans KrondnhlfDesign, Ming Johan".
TexvildrucklCotton
1rlin HäggsvamlDesi Schrank Rurik", Kiefern- 17 I. Rafaela Tolado, Zwiebelfrüliling,1974
olz, massiv. AB Stecker ys Stolfubrik
igda Pasyihy, lnteruciionT Texiile Plastik, 20 Gcdwin Ekhurd, Holzrelief, 1975. UllLeinwand, und 21 Penker Ferdinand, OhneTi9el,1976.
10 260 cm Skulptur auf neupolilanischem Möbelfragmem TuschelPapier, 705 1000 mm
rnulf Rainer, Beugung. UllFololPluNe, 110x122 cm wiiiiiie Jakob, EUSebiU5", der Weh einziger ezhier 24 Hans Essinger, Figurale siiiui.
Apfelschimmel, 1972. Fedar, Iavierl
41
lotizen
unstbibliothekare tagten
as Victoria Albert Museum London
eranstaltete zusammen mit der University
Sussex einen ersten internationalen Kongreß der
unstbibliotheken in London und Brighton vom
bis 11. April. Den Anstoß hierzu gab die
100 Mitglieder zählende Vereinigung der
unstbibliothekare in den USA und Kanada
iRLlS, daher war das Programm, das den
unstzeitschriften gewidmet war, von einem
wderen Verständnis dessen ausgegangen, als was
an im deutschen Sprachgebiet allgemein unter
unstbibliotheken versteht. Diesen uns vertrauten
aditionellen Teil vertrat Professor Dr. Wolfgang
"eitog von der Harvard University und dem Fogg
rt Museum in Boston. Er gab in seinem Grundsatz-
eferat einen gestrafften Überblick über die
ieschichte der Kunstzeitschrift und der Kunst-
issenschaft überhaupt, damit folgerichtig den
eutschen Anteil und den der Wiener Schule im
esonderen an dieser Disziplin. Sein Bericht über
großen Zeitschriftenbestände 5600 Kunst-
zitschriften, die sachliche Erschließung und die
iformationsmöglichkeiten über verstreut
'schienene Bibliographien und Literatur-
Jsammenstellungen, gab einen imponierenden
lHbliCk in die Arbeitsmöglichkeiten in den USA.
uch Randgebiete der Kunst, wie einige Sparten
es Kunsthandwerks, Bühnenbild und die Foto-
rafie, sind selbstverständlich integriert; iede
iskussion, ob diese als Kunst zu werten seien,
"ürden in den USA kein Verständnis finden, weil
ies alles vom Bibliotheksbenutzer verlangt wird.
ie andere, in der Alten Welt immer noch etwas
Jspekte Seite der Kunstzeitschriften oder Magazine
urde von der Kunstkritikerin Jasia Reichardt
JSA vertreten, die ein in der Diktion geistreiches
eferat über die Bedeutung der Zeitschriften für
unst und Künstler unserer Zeit hielt. Sie verlangte
am Journalisten eine lnterviewtechnik, die dem
ünstler Aussagen entlockt, die die Kunst-
eitschriften zu einer wichtigen Quelle für die
ieschichtsschreibung späterer Jahre werden läßt.
iie sehr angeregten Diskussionen, teilweise auch in
leinen Arbeitskreisen geführt, drehten sich um die
robleme der bibliographischen Berichterstattung
nd Fragen der Begrenzung dessen, was man noch
Jmmeln kann und was über die Kapazität einer
ibliothek hinausgeht, eine aktuelle Problematik, die
ieltweit die gleiche ist.
der großen Schlußdiskussion, die die Frage einer
iternationalen Vereinigung der Kunstbibliotheken
ehandelte, machte Mme Viaux, Direktorin der
ibliotheque Forney in Paris, den Vorschlag, eine
tternationale Ausweitung von ARLIS in der Sektion
Special Librories" der IFLA international
ederation of Librarion Associations anzusiedeln,
diese seit 1926 bestehende Dachorganisation
Jnktioniere und iährlich tagt. Der Gesamteindruck
ieses Treffens fachlich spezialisierter Bibliothekare
rachte auch am Rande der Tagung nicht nur eine
ute Ausstellung des Victaria St Albert Museums
um Tagungsthema mit hierzu erschienenem
atalog, sondern eine Fülle nützlicher Gespräche
nter Kollegen. Es waren ca. 150 Teilnehmer aus
Ländern anwesend, natürlich mit einem
lbergewicht Großbritanniens und der USA. Sehr
hwach vertreten waren die deutschsprachigen
änder Schweiz zwei, Bundesrepublik zwei und
sterreich gar kein Vertreter! so daß an den
ibliotheken sichtbar wurde, wie das Gewicht der
unsthistorischen Forschung, einst in Österreich und
teutschland in seinen besten Kräften beheimatet,
ich nun nach den USA und Großbritannien verlagert
at. Elisabeth Rücker
Cleveland Museum of Art
Eine importante Neuerwerbung bereichert seit
April 1976 die Barockgalerie des Cleveland
Museum of Art, dem Director Sherman E. Lee
vorsieht. Es handelt sich um den Ankauf von
Caravaggios Das Martyrium des hl. Apostels
Andreas". Das Werk, das in den letzten drei
Lebensiahren des Michelangelo Merisi da
Caravaggia 1571-1610 entstanden ist, packt
durch stärkste Intensität in der Wiedergabe
einer der dramatischesten Phasen des Todes von
Christus erstem Jünger, dem hl. Apostel Andreas.
Caravaggio, der stärkste, originellste und ein-
flußreichste italienische Maler seiner Zeit, hat,
nach Dr. Lee, die hohe psychologische Ein-
fühlungskraft und Spannungsdichte sowie den
kompositorischen Erfindungsreichtum, die sein
Spätwerk charakterisieren, in diesem Bild voll
zur Wirkung bringen können. Dr. Lee schätzt
sich glücklich, zu den schon in der Kollektion
befindlichen italienischen Meisterwerken des
17. Jahrhunderts von Guido Reni und Orazio
Gentileschi, Caravaggias Martyrium des hl.
Andreas" als historischen Srhlußstein hinzube-
kommen zu haben, als tietbewegendes Werk
eines kreativen Genies. Durch Ankauf von den
Londoner Kunsthändlern Leggatt Brothers hat das
Cleveland Museum of Art nun seinen ersten
Caravoggio, als eines von überhaupt nur fünf
Werken dieses Meisters, die sich in den USA
befinden. Über Ohio hinaus wird dieses Werk
sicher Kenner und Liebhaber großer Malerei
anziehen. Abb.
Düsseldorf Hetiensmuseum
Mit der von 9. 5. bis 8. 6. 1976 veranstalteten
Ausstellung Keramik aus Südostasien" unternahm
das Deutsche Keramikmuseum den Versuch, die
südostasiatische Keramik mittels Musealobiekte
aus Thailand, Annam und Südchina in Europa
erstmals in Deutschland bekanntzumachen.
Fachleute und Keramikfreunde hatten somit
Gelegenheit, deren exotischen Reiz und Eigen-
ständigkeit zu erleben. Neben der einbegleitend
präsentierten vorgeschichtlichen Keramik aus
Thailand lag deren Hauptgewicht aber auf
Objekten des 13. bis 15. Jahrhunderts. Stark
vertreten Annam als Nachbar und Mittler zwischen
Thailand und China, wie südchinesische Keramik,
die als gängiges Exportgut in Südostasien immer
wieder aufscheint
Vorn 10. 10. bis 21. 11. 1976 zeigt man im Hetiens-
museum Keramik aus dem Mittelmeerraum"
und derzeit noch bis 29. B. 1976 in der Reihe zur
Keramik der Gegenwart den deutschen Keramiker
Walter Popp.
Esslingen Die Künstlergilde e. V.
Mit einer sehr gut aufgenommenen Ausstellung
Jugendstil und Secession" in der Villa Merkel,
die am 9. 5. 1976 zu Ende ging, konnte auch
hier die Geschlossenheit eines Stils als eines der
markantesten Kriterien neuerer Kunstgeschichte
unter Beweis gestellt werden. Getragen von
einem reichen Wiener Anteil, zeigte man
Zeichnungen, Graphik, Buchkunst und Plakate
vorwiegend auch noch aus Marbach.
Mac Zimmermann, Professor an der Akademie
der bildenden Künste München, führender
Repräsentant des Surrealismus, präsentierte vom
14. 5. bis 13. 6. 1976 aus seinem Werk Gemälde,
Graphik und Handzeichnungen.
Florenz Forti di Belvedere
Eine wider Erwarten selten glückhafte Symbiose
auf Zeit erlebte man im heurigen Frühiahr mit
der Präsentation des Werkes von Fritz Wotruba
in der unvergleichlichen toskanischen Metropole.
Wer insgeheim befürchtete, daß gerade hier in
schroffster Konfrontation zwei Kunstwelten
aufeinanderprallen würden, sah sich vom Gegen-
teil überzeugt. Wotrubas hehre Figuratianen
vollzogen sich alles andere denn antagonistisch
im Kontinuum des Ablaufes der Kunstepochen.
Sehenswert der optimale Wirkungsgrad und
Einklang der rauh-materiolischen Wotruba-
Korpora mit den Fortifikationen des Florentiner
Belvedere.
Frankfurt Museum für Kunsthandwerk
lm Rahmen der von uns bereits angekündigten
Ausstellung Modernes Glas aus Amerika, Europa
und Japan", die am 27. 6. 1976 zu Ende ging,
fand im Anschluß daran eine Tagung statt.
Deren Zweck Künstler und Publikum, alle
Schulen, Fachschulen sowie Museen und Galerien
in Sache Glas enger zusammenzubringen.
Sowohl eine Reihe von Künstlern, wie Littleton
und MyerslUSA, EischlDeutschland, HlavalPrag,
ValkemalAmsterdam, wie auch namhafte
Experten aus dem Museal- und Galerienbereich,
so Paul SmithlNew York, Caroline Pearce-
HigginslLondan, Dr. RickelDüsseldorf und Carola
van Hom-EisenbeislKöln, referierten und disku-
tierten unter dem Thema Wie sammelt man
Glas?" anhängige Komplexe und Aspekte.
Karlsruhe Badisches Landesmuseum
und Staatliche Kunsthalle
Textile Obiekte" der Gegenwart. Eine Aus-
stellung im Badischen, mit instruktivem Einblick
in die neuen Tendenzen der internationalen
Textilkunst. Mit einem Blick auf die in Wien zur
gleichen Zeit gelaufene Ausstellung der
Meisterklasse für Textil der Hochschule für ange-
wandte Kunst Wien kann festgestellt werden,
daß sich die moderne Tapisserie" längst ihrer
traditionellen Fesseln entledigt hat. Ihre Form
weist mehr und mehr Reliefcharakter wie
Dreidimensionalität auf, hängt längst nicht mehr
an allen Wänden und ist oftmals Medium bei
Aktionen und Happenings. Textile Obiekte,
environmentartige, treten stärker und stärker in
Erscheinung. Im Badischen waren es vor allem
renommierte Textilkünstler, wie Magdalena
AbakanowiczlPolen, Hamdi el HattarlÄgypten,
Ritzi und Peter Jacobi Rumänien, Sheila HickslAme-
rika und lnge VahlelDeutschland, die den be-
deutenden Spielraum markieren, den sich die
kontemporäre Textilkunst erschlossen hat.
Anselm Feuerbach" ist derzeit noch wenn nicht
verlängert wird in der Staatlichen Kunsthalle
seit 1929! übrigens nicht mehr in der Öffentlichkeit
gezeigt mit hauptsächlichen Werken bis 15. 8. 1976
zu sehen. Karlsruhe, selbst reich an Werken des
Meisters, der wie kein anderer die ideal-
pathetische Malerei in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts führend kreierte, partizipiert
sicher an der neuerwachten Neigung für dieses
lange im Wert herabgedrückte Jahrhundert im
Sog Makarts und Bäcklins.
Abb.
Köln Kunstgewerbemuseum
Im Overstolzenhaus hat seit 19. 3. und noch bis
in den Januar 1977 hinein das Kunstgewerbe-
museum der Stadt Köln eine sehenswerte Schau
über die ltalienische Kunst des 15. bis 1B. Jahr-
hunderts" aufgebaut. Eine erlesene Auswahl
italienischer Obiekte allein aus eigenen
Sammlungsbeständen. Hervorstechend die Maiolika
wie die Seidenstoffe. Etliches ist seit 1945 erstmals
wieder zu sehen, u. a. aus den Teilbereichen
des Kunstgewerbes, wie Glas, Medaillen, Plaketten,
Kleinbronzen, Waffen, Elfenbein, Porzellan. Ur-
sprünge und Zentren, wie Venedig, Lucea, Florenz,
Faenza, Urbino, und die das Kunstgewerbe sti-
mulierende Dominanz der italienischen Renaissance
lassen den Zauber und die bilderreiche Sprache
dieser besonderen Epochen vor dem Beschauer
neu aufleben. Abb.
London electrum gallery
Der iunge Paduaner Giampolo Babetto, Gold-
schmiedlehrling unter Pietro Salvatico und später
Absolvent der Akademie der schönen Künste
in Venedig, machte hier in England seine erste
One man show. Babetto gehört zu ienen Obiekt-
künstlern, die wohl aus der Tradition heraus,
Bildfolge 1-8
nit zeitgemäßen Materialien neue Standorte
en. Vom Etruskischen und Romischen
hend, wurzelt sein Werk total in der Gegen-
ist er pur und klassisch in seinem Konzept.
des Herbert-Hoffmann-PreiseslMünchen
isher vertreten auf allen bedeutenden
ationalen Exhibitionen, demonstrierte er
don vom 4. bis 29. 5. 1976 die längst
gene Neuprofilierung zeitgenössischer
ckkunst. Abb. Öl
hen Die Neue Sammlung
er Veranstaltung der Ausstellung Obiekte
wanziger Jahre" feierte die Neue Sammlung
aatlichen Museums für angewandte Kunst
ifzigiähriges Bestehen, Mit Obiekten der
1920 bis 1930 aus dem Besitz des Museums
die Neue Sammlung die Öffentlichkeit
Gründlmää eünnem- l9- 443- 19761 Ccravcggta ti573ei6i0l, Martyrium des m. Andreas", Ausschnitt aus Coravaggio, Martyrium des m. At
läOiiwlälO. Ol Leinwand drecs" s. Abb.
finningfWien Treffpunkt L"fLobmeyr
dings holten sich Lobmeyrs eine iunge
Jnstlerin zu einer Schau im Treffpunkt
ngst Begriff ist in Fachkreisen. Karin Stöckle-
iein, geboren in HolzmindenlWeser,
ihule Zwiesel, Akademie für bildende
iMünchenfPraf. Kirchner, Taschengeldauf-
Lckonisch ein Werdegang, der auf Anraten,
en und experimentellen Versuchen bei
Jnd Jack lnk direkt zur Glaskunst führte.
lle, die zum Glase fanden, faszinieren
gkeit und Fragilitöt der Materie die
erin, deren heikelste Kriterien zu bestehen
tz ihrer Liebe zum Medium schwerfallen,
ab ihres ungeduldigen Wesens, wie sie es
Herisiert. Abb.
Kunstindustrimuseet
zgen besitzt neben dem ältesten Kunst-
bemuseum auf dem Kontinent, dem
eichlschen Museum für angewandte Kunst,
Wien gegründet, mit seinem Oslaer
wdustrimuseet sicher eines der ältesten
Gattung mit in Europa. Am 26.3.1976
man in Oslo mit Kunst- und Museums-
len aus aller Welt das stolze Jubilöumstest
tindustri Museet Oslo Hundre ör"
976. Wir beglückwünschen das Kunstinstitut
JOer.
Galerien Sven und Michaela Frey
7. 4. bis 4. 6. 1976 lief in der Galerie Sven
iteressante Exposition Biioux-Sculpture
dÄndre Derain, Max Ernst, Picasso".
'iener Emailrnanufaktur Michaela Aichen-
'-Frey eröffnete Ende April ln Paris
du Dragan, die Galerie Michaela Frey".
liose Eröffnungsschau 150 Jahre Glas-
aus Österreich". Einmal mehr hatte das
mierte Wiener Glasunternehmen Lobmeyr
re, mit hochwertigen Produkten Österreich
nkreich zu vertreten. Uber Empfehlung des
eichischen Kulturinstitutes in Paris hat
lyr eine große Anzahl iener Original-
zerke in Glas präsentiert, die l925 Österreich
rand Prix erringen halfen. Daß die Wahl
brneyr fiel, hier bei der Eröffnung der
Michaela Frey seine Produkte zu zeigen,
stündlich. Auf allen Weltausstellungen
isterreich durch Lobmeyr stets gut vertreten,
aden gerühmten französischen Kristallerien
rat und Saint Louis, Lalique und Daum
bieten. Glanzstück dieser ersten Ausstellung
alerie Frey war das berühmte Prunkgeföß
Woge" nach Entwurf von Ena Rottenberg
im Jahre 1925. Sein Wiedererzeugungswert
eute etwa bei 180.000 Schilling, Wenigen
rn dürfte bis dato auch bekannt gewesen
laß Labrrleyr bei der ersten elektrischen
lllung 1883 auch seine ersten, in Zusammen-
mit Thomas A. Edison entwickelten
luster der Welt zur Schau stellte. Abb.
leapold netopil
Textile Obiekte" der Gegenwart im Badischen Lan-
desrnuseum
Karin StöekleaKrumbein, Das Schloß, ca. 15 cm.
Massives Kristallglas, Steine und Kuptergrau
Anselm Feuerbazh l829-iBBO, Jugendliclies Selbstbilc
nls und Blldnis Nanna Risl
Glumnaala Eabetto
Ena ROlltttlJtJfQ, Walle Woge", W25. Ausf. Lobmey
Pans, Weltausstellung 1925. Glas, gravlerl, a3 cr
41
Für den Kunstsammler F4
Antiquitätenmesse
Die Wiener Kunst- und Antiquitätenmesse 1976
schloß ihre Pforten am 13. Mai mit dem erwarteten
Erfolg. Das Niveau dieser Leistungsschau war
wieder beachtlich, und man sah aus ieder Sparte
Obiekte von höchster Qualität. Bereits in den ersten
beiden Tagen konnten viele der interessantesten
Exponate verkauft werden. Pessimistische
Prognosen, daß die allgemeine wirtschaftliche Lage
zu stark spürbar werden könnte, haben sich nicht
bewahrheitet. Daran hat die fortschreitende
lnflationsgefohr einen nicht zu unterschätzenden
Anteil. Einzelne Firmen mit zuwenig qualitätvoller
Auswahl oder teilweise überhöhter
Preisgestaltung sind wie bei allen diesen
Veranstaltungen wieder etwas enttäuscht worden,
doch stellte sich heraus, daß die Kenner des
Marktes, im Prinzip also die führenden Firmen der
Ausstellung, voll auf ihre Rechnung kamen.
Trotz des traumhaften Frühlingswetters fehlten von
dem gewohnten Kundenkreis nur dieienigen, die
wirklich verhindert waren. Der Anteil ausländischer
Käufer blieb etwas unter den Erwartungen, was auf
Grund der vielen landeseigenen Messen eine
allgemeine Entwicklung zu werden scheint.
Verkaufsabschlüsse kamen vor allem bei
hochqualitativen Gemälden, Mobiliar,
Kunstgewerbe des 18. Jahrhunderts, Teppichen,
Graphiken und Volkskunst zustande, klassisches
Kunstgewerbe Bronze, Fayencen, Waffen etc. war
etwas wenig vertreten, weshalb die Nachfrage nicht
befriedigt werden konnte.
Die allgemeine Tendenz ging wie schon in den
letzten Jahren in Richtung Qualität beim
Einzelobiekt und in Richtung Wohnraumgestaltung,
also antiker Einrichtung.
Besonders große Beachtung fand die Sonderschau
Christliche Kunst", deren hohes Niveau ebenfalls
zu Käufen onregte. W. H.
Gesehen im Kunsthandel
Antike Statue, Römisch-Hellenistisch
Weißer kristalliner Stein
Höhe mit Sockel 124 cm, ohne Sockel 117 cm
Reinhold Hofstätter, Kunst und Kunstgewerbe,
Wien Doratheergasse 15 und Bräunerstraße 12
Elias van den Braeck Amsterdam, um 1650-1708
Stilleben, voll signiert
OllLeinwand, 40 34 cm
Galerie alter Meister Josef Winkler
Wien Seilergasse 14
Jan Weenix Amsterdam 1640-1719
Szene am Hafen, sign. und datiert 1671
ÜllLeinwand, 84 70 crn
Kunstgalerie Tomasz Metlewicz
Wien Seilergasse 14
Süddeutsche Zunfttruhe, dat. 1675
Verschiedene Harthölzer
Hofgalerie Dr. Wolfgang Hofstätter,
Wien Spiegelgasse 14
Zwei von vier Jahreszeiten, Frankreich, 1720-1740
Buche und Palisander, Höhe 29 crn
Wolfgang A. Siedler, Skulpturen und Kleinkunst,
Wien Spiegelgasse
Ein Paar Wandarme, 1. Hälfte 17. Jahrhundert
Bronzeguß, Länge 62 cm
Friedrich Kratschmann, Antiquitäten,
Wien Spiegelgasse 15
Scaramauche, Höchst 1750-1753. Höhe.21 cm
Czeslaw Bednarczyk, Kunst und Antiquitäten
Wien Darotheergasse 12
Dose und Vase, MessinglLindenholz; Messing
Entwurf Josef Hoffmann, 1930-1935
Ausführung L. Kyral, Wien 1976
Galerie am Graben lnge Asenbaum
Wien Graben
Anton Hlavacek Wien 1842-1926
Mandsee", signiert. UllLeinwand, 40,5 x54 cm
Galerie Krugerstraße 12
Wien Krugerstraße 12
44
Auktionen
Dorotheum Wien
611. Kunstauktion, 16.-19. März 1976
10 Jan van Goyen Leiden 1596-1656 Den Haag
Flußlandschaft mit Windmühle am Stodtwall"
Sign. und dat. Goyen 1641"
UllHolz, 33,5 44,5 crn Kot-Nr. 64
Leihgabe im Centraal Museum Utrecht
Taxe- öS 250.000.-
Erlös o5 550.000.-
11 Gustav Klimt Wien 1862-1918
Bildnis Primavesi", um 1913
Tuschfederzeichnung in Braun, 66,6 47 cm
KaL-Nr. 478
Toxe 30.000.-
Erlös äS 80.000.-
Kunsthaus am Museum, Köln
Auktion 68, 23.-26. Juni 1976
12 Tabernakel Schreibschrank
Mitteldeutsch, um 1760
210, 125, 80 cm
Kunsthaus Lempertz, Köln
550. Auktion, Moderne Kunst, 21. Mai 1976
13 Georg Kolbe WaldheimlSachsen 1877-1947
Berlin
Sitzende, 1926. Bronze.
Monogr. G. K.", Gießerstempel H. Noack,
Berlin-Friedenau
28 cm Kot-Nr. 335
Taxe DM 20.000.-
Galerie Koller, Zürich
Auktion 3512, 28.729. Mai 1976
14 Pierre Bonnard Fantenay-aux-Roses 1847-1947
Le Cannet
Les pins, bords de mer", um 1923
OllLeinwand, unten links Stempelsignatur
72 53 cm Kot-Nr. 5035
Taxe sfr 190.000.-
Galerie Jürg Stuker, Bern
Auktionen 138-146, 19. November-i. Dezember 1975
15 Pferd mit Reiter, China, T'ung 618-907
Rötlicher Ton, selodonfarbene Strohglosierung
34,5 crn KaL-Nr. 4276
Taxe sfr 15.000.-
16 Tapisserie, Aubusson, Verdüre, 18. Jahrhundert
Sign. Aubusson. I. Maronet."
244 236 cm KaL-Nr. 5062
Taxe sfr 28.000.-
lnternationale Auktionsvorschau
Auszug 11111976
14.-17. Sept. Wien Doratheum
613. Kunstauktion Gemälde,
Graphik, Skulpturen, Mobiliar,
Antiquitäten, Asiatica, Waffen,
Jugendstil
München Neumeister KG
Antiquitäten, Möbel, Teppiche,
Gemälde, Graphik, Skulpturen
Teppiche
Hannover R. A. Exner
Gemälde, Möbel u. a. m.
Berlin Leo Spik
Antiquitäten, Gemälde, Möbel
Wien Dorotheum
Münzen-Auktion
22.-23. Sept.
2. Oktober
14.f15. Qkt.
19.-22. Okt.
Bildfolge 1-16
13
b. 3... !srlui..vwulwnza.vxawsl.tü.culläawn
... H. ..
K45
Varia
Wiedereröffnung der neugestalteten
Antikenabteilung im Salzburger Museum
Carolino Augusteum
Durch die umfangreiche Grabungstätigkeit der
archäologischen Abteilung des Museums ist der
Bestand an römischen Funden in den letzten Jahren
wesentlich vermehrt worden. Denn diese Abteilung
Leiter Kustos Dn-lng. Fritz Moosleitner erfüllt seit
1970 praktisch die Aufgaben der
Bodendenkmalpflege in Salzburg und greift überall
dort ein, wo Baumaßnahmen im Boden verborgenes
Fundgut früherer Epochen zu zerstören drohen.
Sa sei an die Grabungen im Hof der Alten
Universität erinnert, die durch den Bau des
unterirdischen Bücherspeichers notwendig gewesen
waren. Weitere Untersuchungen konnten im Zuge
des Umbaues des Hauses Waagplatz sowie bei
der Neugestaltung des Furtwönglerparks
SIGIS reiche AUSWShl durchgeführt werden. ln diesem Zusammenhang ist
an reizvollen Antiquitäten zu erwähnen, daß das Museum Carolina Augusteum
eine der modernsten Restaurierungswerkstötten für
Bdfd'Üt 'hb'tt.F"d
SALZBURG, Giselakal 15, Tel. 06222172272
erarbeitete Führungskonzept war der Gedanke
maßgebend, möglichst viele Aspekte des Lebens im
römischen Salzburg darzustellen. Der zur Verfügung
stehende Raum wurde durch den Einbau von
Trennelementen in einzelne Kaien unterteilt.
Dadurch ergab sich nicht nur eine Vergrößerung der
Stellflächen, sondern auch die Möglichkeit,
gesucht Keim Chinesische" oder einzelne Themenkreise öffentliches Leben,
ßmißrß" Orientalischen Bevölkerung, Religion, Tatenkult und Grab-
SELTHNE ANTIKE SCHACHSPIELE, gferligwi- ausstattlung, HausF und Ztof, wirlrsenngr und Handel-
SPIELBRETTER UND SCHACHFIGUREN, miiretiiief jriocitöghdß, Siiiiiltäiäici; SQTLUSLZIZE, Eneuaiiifstellung
VON R1 iXILER darsteliend Seim besorgte Dr. Norbert Heger, Assistent am Institut
für Alte Geschichte der Universität Salzburg,
dessen ausführliches, als Band l9ll973 der
ZUSCHRIFTEN, wenn möglich mit Angaben über Geschichte des Schachspieles, Jahresschrift dieses Museums erschienenes Werk
Foto, Material der Figuren, Höhe in cm des Königs sowie gewünschten Verkaufs- Salzburg in römischer Zeit" nach Rudolf Noll auf
preis, erbitten wir an MEDIA-WERBEAGENTUR GES. m. b. H. Nfg. KG. lange Zeit die Gediegene GFVFIdiCIQS iiir lade
Beschäftigung mit der Römerzeit Salzburgs sein
1070 Wien, Mariahilfer Straße 62 wird".
Salzburg in römischer Zeit", Kopf der Magna Mater,
gefunden in Salzburg, Kaigasse
Seit über 425 Jahren
Tradition 1976 Fortschritt
Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung
Besucherstatistik der staatlichen
Museen und Kunstsammlungen
1976
Das Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung gibt bekannt, daß in den ihm
unterstehenden staatlichen Museen und
Wagnefsche Univ-Buchdruckerei Buchroithner 8r Co., iäugsisßgrgiiziägge" de" MQWE"
FUGF
Innsbruck, Erlerstraße 5-7 Telefon O52 22129761 März 1mm
April 1mm
Besucher gezählt wurden.
DURUTIPMEUM
KUNSTABTEILUNG, WIEN, l., DOROTH EERGASSE 11,
Telefon 52 3129
613. Kunstauktion
14,15., 16. und 17. September 1976,
14 Uhr
Gemälde, Graphik,
Skulpturen. antikes Mobiliar. Antiquitäten,
Waffen. Asiatika,
Jugendstil.
Besichtigung
9., 10.,11. und 13. September 1976 von 10 bis18 Uhr,
Sonntag, 12. September, von bis13 Uhr
Angelo Lipinsky Ora, Argento, Gemme
Smalti Tecnologia delle arti dalle origini alla
fine del Medioevo".
Verlag Leo S. Olschki, Florenz 1975, 514 Seiten,
zahlreiche Abbildungen und Kartenskizzen.
Als Band Vlll der Reihe Arte archeologia"
des Verlages. Preis; 48.000 Lire.
Der durch zahlreiche Aufsötze in internationalen
Zeitschriften als Spezialist mittelalterlicher Gold-
schmiedekunst bekannte Autor legt hier eine
zusammenfassende Publikation besonderer Art
vor. Die Goldschmiedekunst und die dazugehörige
Kunst der Gemmenschneider und der Emailleure
werden in diesem Werk erstmalig umfassend auf
technischer Grundlage behandelt.
Wir finden eine ausführliche Darstellung der Gold-
und Silberlagerstätten der Alten Welt rund um
das Mittelmeer der Aufbereitung des Rah-
materials der Goldschmiedewerkstötten der
Antike und des Mittelalters der staatlichen
Kontrollen schließlich der Techniken zur Formung
des Materials und seiner Oberflöchenbearbeitung.
Den Gemmen aus den verschiedenen Steinen, aus
Meeresprodukten und tierischen Knochen gilt
ein eigenes großes Kapitel, ebenso den ver-
schiedensten Gattungen des Emails.
Jedem Teilkapitel ist die zugehörige Bibliographie
angeschlossen. Ausführliche Register runden das
Werk zu einem hervorragend benützbaren Hand-
buch ab.
AMK-Prödikat; Technologisches Handbuch, das
allen wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht wird.
Kurt Rossacher
Rudolf Schwaiger, Werkstattmonographie.
Jugend und Volk, Wien-München, 1975,
96 Seiten, öS 650.-
Der vorliegende Band ist besonders schön aus-
gestattet, mit harten Umschlagdeckeln, die vorne die
farbige Wiedergabe einer Bronze nach dem Kopf
der Quellennymphe zeigen, mit Farbtafeln,
24 Schwarzweißtafeln und Originalholzschnitten,
alles in einem Schuber.
In dem einleitenden, etwas spröden, aber sehr
informativen Essay von Robert Weissenberger, der
den Titel Bildhauer aus Veranlagung" trögt,
wird rerht eingehend auf Schwaigers Entwicklung
eingegangen. Die Stellung des Bildhauers zu seinem
Lehrer Wotruba, die bewußte Kehrtwendung zu
diesem, das solide Handwerkliche, das Material-
verbundene werden erwähnt, ebenso die speziellen
Schwaigerschen Ballungen, die wieder besonders
in den weiblichen Figuren zum Ausdruck kommen,
das Kraftvolle und aus der Überlieferung Kommende.
Sicher geht gerade aus diesen Zeilen aber auch
hervor, wie sehr der öffentliche Auftraggeber
mitgewirkt hat, daß dieser Bildhauer eben dieser
Bildhauer geworden ist. Erst die Möglichkeit, im
Stein große Arbeiten ausführen zu können, haben
bei Schwaiger Kröfte freigesetzt, die diese immer
weiterwuchernden Formen entstehen ließen. Die
großen Fotografien der gut ausgeleuchteten
Skulpturen zeigen, welche Kräfte hier am Werk sind
und wie sehr sie mit der Natur verbunden sind.
Können wir doch eindeutig das fruchtbar Weibliche
als ein Zentrum dieses Gestaltens feststellen. Es
ist daher auch sicher kein Zufall, daß sich der in der
Mitte des Bandes gestellte Halzschnittzyklus mit
der Frau beschäftigt.
Ein ausführlicher und reich bebilderter Werkkatalog
sowie persönliche Daten mit Ausstellungslisten und
Literaturhinweise beschließen den Band.
AMK-Prödikat Künstlermonographie, sehr
informativ. Für Sammler. Alois Vogel
Bildnachweis Seitenangabe in Ziffern
Archiv AMK WienlSalzburg, 39, 41, 43-45 Ar-
chiv I. Dick, Wien, 37 Archiv Dr. G. Gubitzer
I. Schindler, Wien, 20-29 Archiv Arch. Grub
Partner, München, 51 Archiv Heidi Grundmann,
Wien, 30-35 Historisches Museum der Stadt Wien,
7-15, 23 Hochschule für angewandte Kunst, Wien,
Römer 51 J. Mader, Ried im lnnkreis, 17-19
Niederösterreichische Landesregierung Fasching,
Nechuta, Wien, 1-6 Österreichisches Museum
für angewandte Kunst GeymüIler-Schlößl, Wien,
48, 49 Stodtrnuseum Linz F. Michalek, Linz,
17-19 Archiv l. Strobl, Salzburg, 36.
47
Für den Kunstsammler
Erika Hellich
Alte Uhren in Wien und Österreich
Tardy, der bekannte Verfasser eines dreibändigen
Standardwerkes la pendule francaise des origines
nos iours", schrieb 1964 in seinem 3. Band
Horloges et pendule etrangeresl, daß der Wiener
Uhr noch immer nicht der ihr gebührende Platz
hinsichtlich Publizität in den europäischen Samm-
lungen eingeräumt sei. Und um dies quasi nach-
zuholen, hat er in diesem Band gleich 35 Abbil-
dungen von der damaligen Privatsammlung Sabek
in sein Werk aufgenommen.
Er muß wohl diese Erkenntnis aufgrund der
persönlichen Besichtigung gerade dieser Kollektion
gewonnen haben, denn von keiner anderen ist
auch nur eine annähernde Anzahl reproduziert.
Und wenn er dann weiter darüber referiert, doß
sie eine Präzisionsuhr sei, aber voll Charme und
romantischem Zauber und damit die Inkarnation
österreichischer Wesensart, kann für diese
öffentliche Anerkennung auch heute noch gedankt
werden. Sicher dachte der Verfasser damals daran,
daß im Gegensatz zu Österreich in England,
in Frankreich und in der Schweiz schon zu Beginn
des Jahrhunderts eine Reihe lokal ausgerichteter
Uhrensammlungen bekannt war, die eine Klar-
stellung der in den betreffenden Ländern statt-
gefundenen Entwicklung im Zusammenhang mit
der internationalen Situation ergaben.
Der ehemalige Generaldirektor der österreichischen
Staatsdruckerei Dr, Franz Sobek ist am "I0. Dezem-
ber v. J. gestorben, hat aber im Jahre 1965
seine, diese österreichischste aller Sammlungen
dem Staat als frühes Vermächtnis überantwartet,
die seitdem als Geymüller-Schlößl-Sammlung
Sobek" der Öffentlichkeit vorgestellt wurde,
und somit ist auch alles unternommen worden,
über Österreichs Uhren und deren Produktion
vor und nach lBOO zu berichten. lm altösterreichi-
schen Brünn in Mähren aufgewachsen, hatte
der Sammler aus Leidenschaft D. Sobek reichlich
Gelegenheit, österreichisches Kunsthandwerk
dieser Epoche mit ausländischen" Obiekten
derselben Epoche zu vergleichen. Und er kam,
wie er sich sehr oft persönlich äußerte, zu dem
Schluß, sich deshalb auf das Sammeln österreichi-
scher Uhren denen seine besondere Vorliebe
galt zu konzentrieren, weil ihrn diese sowohl
in technischer wie ästhetischer Hinsicht gegenüber
den so berühmten englischen und französischen
Uhren gleichwertig schienen.
Die 200 Uhren dieser umfassenden Sammlung
von Bodenstand-, Wand-, Karnin- und Barockuhren
sind zum großen Teil signiert, und diese Signaturen
stammen fast alle von Wiener Meistern. Schon
im ersten Vergleich, beispielsweise der Gehäuse
einzelner feuervergoldeter Kaminuhren mit
französischen Objekten, läßt sich erkennen, daß
erstere aus einem neuen, lebendigen und
differenzierten Geschmackszentrum kommen und
daß Frankreich für dieses sein Metier" damals
absolut nicht mehr die alleinseligmachende
Vorherrschaft in Wien ausübt, wie unsere
Beispiele hier beweisen. Edel, ausgewogen und
zurückhaltend sind ihre Ornamentik und Verzierung
der Gehäuse, resultierend aus der künstlerischen
Arbeit van Spezialisten; die Beschläge und
Verzierungen, feuervergoldet, sind von besonderer
Kaminuhr, sign., Brändl in Wien", Wien 1810. Gdhlet
Kalender und Weltzeitangabe. 4M Repetitionswerk auf
Tonfeldern, Zugfeder, Ankerhemmurlg. 53 Cm. omx,
lnvrNr. 1515
Kaminuhr, sigm, Brändl in Wien", wien 1800-1810.
Wachen- iind Monatstage, Hakengarl ,24-Stunden-Werk,
Viertelschlag auf Glocken. 56 cm. MK, lnv.-Nr. 1524
Kammodenstonduhr, sigm, Brändl in Wien", Wien
1800. Stundenzeiger für 12 und 24 Stunden. Gewichts-
antrieb, Grahamankerhemmung, usinnden-werir.
4B cm ahne Glasturzl. ÖMK, lnv.-Nr. 152D
Nachtuhv, sigm, Fertbauer in Wien", Wien 1800-1815.
24-Stunden-Werk, Im Sockel innen in der Mitte ein
Zifferblatt mit Mmuteneinteilung zum Einstellen.
a3 cm mit Sockel. OMK, lnv,-Nr. 1561
Wanduhr, sign., Glückstein in Wien", Wien 1800-1810.
Mondta und Phasen, Grdhnmgarlg, Schneidenaulhän-
gllhg, ette und Schnecke, Kompcnsatianspendel, wie.
ner Akt-Schlag der rdnieidern, lÄrTagerWerk. 138 cm.
UMK, lnv.-Nr.15l19
Kommadenstanduhr, sign., Bründl in Wien", Wien
iaoo-iazo. Scherengang mit Rostpendel, Kontrasperre,
Schneidenauthängung, Messingringe, Wachenwerk.
54 crn mit Glussturz. UMK, lnv.-Nr. 1521
Kommoden- bzw. Kdntinslanduhr, sign., Rettich in
Wien", Wien 12110-12120. Faderldulllärlgung, Stunden-
schlag mit der letzten Spielwerksauslösung, au-senldg
der rdnteidern, Hakengang, QÄ-Stunden-Werk, Spiel-
werk Melodien, 41,5 m. UMK, lnv.-Nr. 152a
Alle hier viroryestellren Uhren stammen aus dem Be-
sitz des Osterreichischen Museums für angewandte
Kunst und tragen die jeweilige lnv.-Nr. unter der
Kurzfarmel ÖMK. Sie sind Objekte der Sammlung
Sobek, die im Geymüller-Schlvpßl, einer Wiener Au-
ßenstelle des Museums, der Offentlichkeit zugäng-
lich ist.
Prägnanz. Jedes Stück dieser franziszeischen
Periode scheint ein Unikat, ungeachtet der
Tatsache, daß das Vorbild der französischen
Kupferstiche die sich damals schneller wie die
Werke selbst über Europa verbreiteten immerhin
vorlag. Die von einem Pteil und Bogen haltenden
Amor bekrönte kleine Kaminuhr Abb. von
Rettich z. B. wurde als Modell vielfach von
Uhrliebhabern gewünscht. Dann aber gibt es
auch Beispiele, wie die bronzevergoldete Laterndl-
uhr von Glückstein Abb. die für sich den
Passus Einzelmodell" beanspruchen können.
Nobelste Handarbeit, geprägt vom Willen, dem
Neaklassizismus die Erstarrung zu nehmen,
zeichnet die Uhren von Brändl Abb. 1-3 aus.
Die Tisch- und Reiseuhr von Brändl Abb.
als Skeletluhr gestaltet sie war zur Zeit des
Wiener Kongresses für den Zaren nach Rußland
bestimmt, doch kam es nicht zur Übergabe
verifiziert wie alle Gehäuse dieses Uhrenkünstlers
das Maßhalten in der Dekoration. Vier Marmor-
sockel, allseits mit stilisierter Blattornamentik in
Goldbronze geschmückt, stützen vier Delphine
im eleganten Hochschwung, die das eigentliche
Uhrwerk tragen. Ins Auge fallend ist die dezente
Verteilung des gesamten Kalenders ins Innere
des Zitfernringes bzw. auf die Hilfszeiger. Ein
zum Flug ansetzender Adler bekrönt das Werk,
Die runde, profilierte Marmorbasis steht auf
einem Holzsackel, der mit einem reich
ornamentierten Reif verkleidet ist, an dem vier
Löwenköpfe mit Klauentuß als Bodenstützen
haften. Diese Holzpostamente sind deshalb von
besonderer Wichtigkeit, weil sie sowohl den
Mechanismus des Uhrwerkes wie den des
Vvlw
lßullva IVIUDUU
Erholungsraum Stadt
Urbaner Planungsprozeß und Kunst
Ausstellung des Bayerischen Staatsministeriums
für Landesentwicklung und Umweltfragen und
Arch. Grub PartnerlMünchen
Altes Haus, Säulenhof, Saal
Wien Stubenring
9. 4.-30. 5. 1976
Dichtauf unter den fiktiven Gefahren, die die
Städte unserer Welt bedrohen, wie das Visionäre
Schreckgespenst vom nuklearen Tod mit Ruinen
und menschenleeren Geisterstädten im Gefolge
oder natürliches Verlöschen infolge völlig anderer
Lebens- und Verhaltensfarmen des Menschen
künftiger Jahrtausende durch Eroberung" des
Weltraums, wie sie utopische Science-fiction
Filme und -Romane vargaukeln, lauert und wächst
täglich eine viel realere, echte Gefahr, eine Art
Würgegriff, in den sogenannten Ballungsräumen,
mit Namen Megalopalis". Städte sind durch
Jahrhunderte gewachsene Organismen, deren
besseres Leben stets von besonderen
Voraussetzungen abhängig war und ist. Als
Existenzbasen Gegenpole zu den ländlichen
Siedlungsräumen wächst sich hier die potentielle
Problematik der Zukunft aus, hervorgerufen durch
die Wirtschaftsexpansion der Städte und deren
dadurch bedingte Anziehung. Im Sinne künftiger
Raumordnung solcher Entwicklung präventiv zu
begegnen, ist Sache einer höheren, koordinierenden
Politik. Ein heutiges, nahes Problem ist, das Leben
in Städten gesünder zu machen. Heute nach,
sozusagen auf Anhieb und ohne Zaudern, sofort
Anfänge zu setzen. Selbstredend kann man eine
Großstadt nicht von heute auf morgen total
umkrempeln. Aber man kann den mehr und mehr
versteinerten Organismus Stadt wohl in einem
langwierigen Prozeß aus sich selbst gesunden
lassen. Und da wären wir beim Münchner Projekt
Grub Partner. Simultan ein Blick auf alle
größeren Städte der Welt ließe Gleiches erkennen
über weite Strecken Betonschluchten ohne Grün,
bedroht vom Smog, so zubetoniert, daß nicht iener
Grashhalm selbst, der einem Wunder gleich aus
geborstener Mauer sprießt, einen Nährboden fände.
lm Vergleich mit alten Städteansichten und
-zeichnungen wie in der Exposition offenbart
sich in schärfstem Kontrast einstige urbane
ländliche" Gelackertheit gegenüber unverzeihbaren
Planungs- und Bausiinden mehrheitlich des
20. Jahrhunderts deren Hydra emsig wucherte
und weiterwuchert. Ausblicke aus dem eigenen
Fenster auf einen Hinterhof in München-Schwabing,
tagtäglich, dessen konstante Tristesse, trieben
Arch. Grub zur Initiative. Er plante die Stodtoase".
Häßliche, ungesunde Hinterhäfe, iene Seuchenstätten
an zufällig gewachsenen Gerümpel-, Abfall- und
Abstellterritorien, will er vitalisieren, funktionell
und ästhetisch neu formen. Stadtoosen sollen ein
Anfang sein, die steinerne Verschachtelung der
Stadt aufzureißen, sie zum Erhalungsraum"
umzuformen. Gewiß ein gesundes, ia ideales
Vorhaben, dem aber sicher egoistische Nutzungs-
und Gesetzeszwänge unzählige Barrieren
aufrichten werden.
Grubs Proiekt und deren Exposition bedient sich
aller, ia trivialster Mittel zum Verständlichmachen
mittels Computer- und EDV-Verfahren, mit Akribie
erstellter Pläne und Gestaltungsvorschläge
ebenso wie mit echten Flipper- und Lebensmittel-
automaten, dem chramglitzernden Feuerstuhl oder
dem Palmenstrand unter blauestem Südseehimmel
mit Wattewälkchen als Leitvision des permanent
fernwehbefallenen Großstädters. Unterstützt vom
Bayerischen Staatsministerium für Landesentwick-
lung und Umweltfragen und dessen Staatsminister
Max Streibl, gingen Grub Partner diesem
Mammutproiekt zu Leibe. Dadurch soll München
mit Stadtoosen, Kettenparks, Grünanlagen u. ö.
überzogen werden. Wien, im Vergleich eine
mit mehr Grün durchwachsene und gewordene Stadt,
ist da etwas besser daran, aber im wesentlichen
hat das Grubsche Proiekt für die österreichische
Bundeshauptstadt ebenso Geltung wie für seine
Landeshauptstädte
50
Die Schau, vom Ambiente her natürlich-trocken",
ein vielgliedriges Tafelnsystem, füllte Säulenhot und
Saal l. Was sie mit Kunst überhaupt zu tun hatte?
Nun, im interdisziplinären Team der Planer sind
neben den Architekten, Soziologen, Verkehrs-
planern, Kunsthistorikern u. a. die bildenden
Künstler mit Diagnosen und Vorschlägen beteiligt.
Grub bezieht die ästhetische Erlebnisfähigkeit des
Großstädters, dessen Sensibilisierung in sein
Gesamtkonzept Erholungsraum Stadt" mit ein.
Interessant das Auftreten der österreichischen
Gruppen. HAUS-RUCKER-CO. mit Die Stadt
gestalten". Der städtische Umraum ist, so meinen
sie, als persönlicher Lebensraum zu verstehen.
Eine Herausforderung also an den Bürger, über
seine vier Wände hinaus mitgestaltend zu sein,
die Straßen und Plätze als eine Folge van
differenzierten Wohnräumen zu betrachten"
sie wohnlicher und kommunikativer zu machen".
Und wie einschneidend wichtig, daß die Stadt und
ihre Sauberkeit vor der Haustür beginnt".
Oder die ebenfalls vertretenen COOP-
HIMMELBLAU Drive in Holiday Box, die sich
New York hernahmen, die Illusion eines
beschissenen Sonnenstrandes im Rücken, steht
der Städter an den Flippertischen Nun, wir
meinen, eine ganze Menge eher nicht. Zum Glück!
Ob aber die COOP-utopischen blasig-zeppelini-
schen Explorer, Enter-, Con- und Hometainer, auf
Bauten des 19. Jahrhunderts gepfropft, der Stadt
der Zukunft ihren Stempel aufprägen werden?
Realer erscheint uns da das Grub Partnersche
Gesamtproiekt. Und wenn dieses auch Friedhöfe
als Stadtoosen proiektiert, tut man sicher ein
übriges, das Verhältnis von Lebenden und Taten
auf eine neue Basis etwa dem skandinavischen
ähnlich zu stellen. Räumen wir auch hier alte
Vorurteile aus, sehen wir, bedingt durch Raum-
und Grünmangel, Friedhöfe künftighin nicht mehr
als unantastbare Allerheiligenterritorien an,
sondern eher als Parks der Toten", die auch Platz
dem Lebenden geben, in denen er in neuer
Pietät Ruhe, Erholung und frischere Luft finden
kann. Daß Grub den Städter an der motorisierten
Flucht aus der Stadt aufs freie Land hindern will,
durch eine grünere Stadt neu orientieren
will, ist ein packender Gedanke. Wer aber von
der motornärrischen Welt wird da zu folgen bereit
sein? Ein neues und starkes Faktum aber, das wir
hinzuerkennen Kindern und Alten, denen die Stadt
am Tage gehört, kann dieser proiektierte
Erholungsraum Stadt" ungleich gesündere
Lebensbedingungen schenken. Wien hinkt in
solchem Bemühen nicht nach. Das Voitlsche
TV-Planquadrat setzte auch hier eine längst fällige
Verbesserungs"-Aktion, die allerdings ihren ersten
Hammerschlag"-Effekt schon wiederum eingebüßt
hat. Wie verzwirJrt die Situation hier ist, beweist
in einem Lokalfall der politische? Kampf um
ein Stück Stadtareal im dichtverbauten Gebiet.
Park oder Neubau? Das ist hier die Frage. Wir
meinen Ja" zu iedem Park mehr, aber ein
Beserl-Park mit spielenden Kindern mitten im
Verkehrsstrom, im Mief der stinkenden Auto-
abgase? Hecken und Sträucher sind kein
hinreichender Schutz, und wie sollen große Raum-
planungs- und innerstädtische Konzepte
realisiert werden, wenn der Bürger, vatierend,
einseitig nur seine eigene, bessere Situierung
im Auge hat?
Vorn Material her statistisch-trocken, um so
trächtiger in ihrer konzipierenden Substanz, hat
diese etwas über die Schulter angeblickte
Exposition, eine Nichtkunst-Ausstellung", ihren
Zweck mehr als erfüllt. Der echt um seine Stadt
besorgte Bürger konnte sie mit der Gewißheit
verlassen, daß man allerorten eine gesündere
Stadt proiektiert. Er wird aber, und hier
angesprochen die maßgeblichen Kreise, mittun und
helfen müssen, im einzelnen und oft, zu oft,
Eigeninteressen hintanstellen müssen. Daß die
Künstler ein gewichtiges Wort beim Verbessern,
beim schöneren Bild einer Stadt" mitzureden
haben, ist klar. Wenn man sie iedoch in einem
guterstellten Gesamtkonzept, wohlgemerkt
läßt. Denn erst in einer lebenswerteren, gesünderen
Stadt kann der Kunst auch eine bessere Zukunft
prophezeit werden. Und hier geht es nicht nur um
rein ästhetische Fragen, wie die Ausstattung des
Stephansplatzes, ein Tauziehen um eine endgültige
Realisierung, das lange genug schon hingeht.-
Wir sagen ein unbedingtes Ja zu Grubs Münchner
Praiekt, es ist ein durchaus übernehmbares.
Wir gehen noch einen Schritt weiter und propagierer
für die Städte der Zukunft das Konzept einer
Wohnlandschaft Stadt".
Tapisserien
Meisterklasse für dekorative Gestaltung
und Textil Prof. Grete Rader-Soulek
Ausstellung der Hochschule
für angewandte Kunst, Wien
Neue HausfAusstellungshalle
Wien Weiskirchner Straße
30. 11.-20. 5. 1976
Wenn die Meisterklasse in dieser Ausstellung
Gobelins, Knüpfteppiche und textile Plastiken zeigt,
so wollen alle diese Arbeiten nicht nur als
autonome, das heißt ,überflüssige' künstlerische
Gebilde gesehen werden, sondern immer im
Hinblick auf ihre Nützlichkeit und ihre
Verwendbarkeit in solchen Räumen, wie sie heute
von modernen Architekten für den Wohn- und
Repräsentationsbereich geschaffen werden."
Mit diesen Worten öffnete Hofrat Prof. Dr.
Wilhelm Mrazek, Direktor des Österreichischen
Museums für angewandte Kunst, das Museum den
heranwachsenden iungen Textilkünstlern der
Hochschule, um ihr Werk der Öffentlichkeit
vorzuführen. lst es doch stets eines der
Hauptanliegen von Schule und Museum, die
Funktion des Künstlers, seine lntegrierung in die
Gesellschaft, darzulegen und sicherzustellen.
Gelingt dies über den festgezogenen, engeren
Fachkreis hinaus in der Regel nicht genug schwer?
Anstrengungen offizieller Stellen ähnlicher Art
finden längst nicht das erwartete Echo. Und es
sind beileibe nicht Alibi-Aktivitäten, wenn man
z. B. auf Kunstmärkten dem Bürger die Kunst aufs
Pflaster vor die Nase setzt, ihm Originale zur
Hand gibt. Er aber reagiert zögernd, als ob er
Scheu hätte, Kunst" in die Hand zu nehmen.
Neue Kulturzentren, Kultur-Container, ab sie eine
künftige Kunstpolitik prägen werden?
Hoffen wir das.
Wir schicken dies voraus, weil eine Reihe iunger
Absolventen der Hochschule für angewandte Kunst
mit dieser Werkschau immerhin Ergebnisse von
insgesamt acht Jahren Studienzeit präsentierte.
Geschlossen vor ihr erstes Publikum geführt und
geleitet von Prof. Grete Rader-Soulek.
Die Bildwirkkunst, die sie als dienende Kunst
apostrophiert, ist sie nur mehr eine
Frauenkunst? Bei zwanzig Damen und nur zwei
Herren in der Meisterklassel? Summarisch
gesehen ist vor den Tapisserien deutlich ein
Grundzug und die Hand einer vorzüglichen
Lehrerin zu spüren, die iedoch der Individualität
genügend Freiheit zu künstlerischer Eigenständig-
keit ließ. Wenn wir von den klassischen
Tapisserien von Tournai oder der derzeit auf
Schloß Halbthurn gezeigten Tapisserienschau
des Kunsthistorischen Museums oder einem
Aubussan" ausgehen, reichen Bildern" häfischen
Lebens, so offenbart im Gegensatz dazu die
gegenwärtige Tapisserie ihre zeitgemäße Bild-
sprache. Sie ist vereinzelt von Naturerlebnissen
inspiriert, wurzelt vorwiegend iedoch im
abstrakten, symbolistischen, surreal-imaginativen
Bereich, Zeigt sich gelegentlich als textile Freiplastik
Vorerst hier vereinzelt, im internationalen Bereich
iedoch siehe unsere Notiz über eine Textil-
ausstellung im Badischen Landesmuseum S. 42
weiter und weiter an Terrain gewinnend. Wenn wir
von Urform und Zweckbestimmung auch für die
Zukunft ausgehen wollen, scheint uns die Tapisserie
als angreifbares, schützendes und schmückendes
Element nutzbarster Kontrapost zur glatten und
kühlen Architektur des 20. und der noch kälteren"
Jahrhunderts. Womit sich ein Kreis schließt,
,Wenn sich das Publikum heute so
diesem Schmuck und diesem Bewußtsein
indfläche, was die Teppichwirkkunst
kt, zuwendet, bedeutet das, daß es aus
lotwendigkeit eine Tugend macht. Dieser
spricht wie auch die Architektur
nter Techniken und Materialien, sehr
und drängenden Forderungen der
nur", folgerte im grundsätzlichen Andre
Gar nicht so unmöglich, wie uns scheint,
aus diesen Zwängen heraus der modernen
rie stärkste Konkurrenztä igkeit gegen-
rr Nur-Malerei zu prophezeien. Als ein
ies künstlerisches Medium, das, mehr und
ach gleichen künstlerischkonzeptionellen
tionen ausgerichtet, obendrein seine
ende" Zweckdistinktion ins Spiel bringt.
leopold netopil
Tagung des International Committees for
af Applied Art
jährlich durchgeführte ICOM-Tagung des
ittees for Museum ot Applied Art" tand
in der Zeit vom 25. bis 28. Mai 1976 im
ichischen Museum für angewandte Kunst in
tatt.
ren von Kunstgewerbemuseen und Kunst-
er aus neun Ländern Belgien, Bundesrepublik
iland, Dänemark, Großbritannien, Jugo-
Niederlande, Portugal, Schweden und dem
1d Österreich besprachen Methoden der
ation von Ausstellungen, Probleme im
nenhang mit der Führung von Museums-
tellen und der Preisentwicklung auf dem
arkt. In Ergänzung der Vorträge und
hungen fanden neben einem Empfang der
steilnehmer im Geymüller-SchlößllSammlung
Außenstelle des Museums Exkursionsfahrten
chloß Grafenegg-Melk-Schallaburg sowie
PetronelllKunstgewerbemuseum Außenstelle
iseums, Schloß Rohrau Graf Harrachsche
nsammlung statt.
hte Besuchsprogramm enthielt ferner die
gung der Schausäle und Depots des
ns, den Besuch des Glasmuseums der Firma
weyr und der Galerie am Graben.
ngreß der lCOM-Generalkanferenz tindet
wsten Jahr in Moskau und Leningrad statt.
schlechten Beispiel München;
terhot, Abstell- und Gerümpelstätte
schlechten Beispiel Wien
erhot, Kantliktsituation la PlanquadraW
York, Betanschluchten ohne Grün
ltaase MünchenlFroiekt Nördlicher Friedhof. Zu-
id Ziel MittellArch. Grub Partner
stellung Erholungsraum Stadt", Söulenhof
'90 Persson, Tapisserie lll, 135 170 cm
trix Kaser, Textile Raumplastik, 80 40 350 cm
istine Knapp, zwei Teile einer Tapisserie Tnptychonl.
ilgewebetechnik
tührung einer Tapisserie in der Meisterklosse für
orftive Gestaltung und Textil, Prof. Grete Rader-
le
tlinde Brandstetter, Entwurf für eine Tapisserie
51
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durchbrochene tapisserie,
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teepot. 1976
keramik, länge 32 cm
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