I0
alte und moderne
200 kunsf
alte und moderne kunst 30. Jahrgang 1985i Heft 200
Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Ostasiatische Sammlung
Johannes Wieninger
Das Ende einer Epoche Kunst und
Kunsthandwerk Japans im 19. Jahrhundert
Florldus Röhrig
Darstellungen des hl. Leopold in der
österreichischen Buchmalerei
Franz Fuhrmann
Die Pflasterung der Kollegienkirche
in Salzburg
Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Sammlung von Textilien und Teppichen
Angela Völker
Spitzen des Barock
Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Sammlung von Möbeln und Holzarbeiten
Zu einer Neuerwerbung
Christian Witt-Dörring
Eine Sitzgruppe aus der
Danhausefschen Möbelfabrik
Roland L. Schachel
Wie ein gläsernes Meer, mit Feuer gemengt
Zu den Glaskunstwerken von Lydia Ftoppolt
Peter Weiermair
Zum Problem der inszenierten Fotografie
im 19. und 20. Jahrhundert
Wechselwirkung zwischen Kunst und Fotografie
Künstlerprofile
Christine Mayr
von Eva H. Plattner
Hellmut Bruch
von Heinz Gappmayr
Aktuelles KunstgeschehenlÖsterreich
Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Für den Kunstsammler
Das Krönungssilber für Karl X. von Frankreich
in einer Salzburger Ausstellung
von Franz Wagner
Kunst und Antiquitäten
Bildnachweis und lmpressum vor Seite
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46
48
Titelbilder
Steven Arnold, Ohne Titel, 1984. Inszenierte FOIOQIEÜB
Egon SchielelAntios Trcka. Porträt Egon Schiele. 1914
Herausgeber Kurt Ftossacher inVerbindung mit Gerhart Egger, Herbert Fux und Wil-
helm Mrazek. Redaktion FranzWagner, Leopold Netopil, AloisVogeI, Christian Witt-
Dörring. Kurt Rossacher Koordination. Anschrilt der Redaktion Wien Österreichi-
sches Museum tür angewandte Kunst, Stubenring A-t010 Wien 0222l725696l
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Hall i. T.. 39 -A. Brumaire. Ezy s. Eure. 46. 47-Caisse Natio-
nale des Monuments Histcriques et des Sites, Paris, 46. 47
Archiv O. Charlion, Wien. 45- B. Eder, Puchenau, ISS-Archiv
Prol. F. Fuhrmann, Salzburg, 13' 16 Galerie Krinzinger. Inns-
bruck, 35 rArchiv G. Hain, Kopenhagen. 45 -J. Hilliard, New
York, 28, 3G L. Hummelbrunner. Wien. 25 Stiflsmuseum
Klosterneuburgli. Kitlilschka. 12 St. Lmdener, Wien, 38
Archiv C. Mayr, Wien, 38 Meichar, Wien. 26. 27
Fl. L. Mol. Holland, 36 Arm der NÖ. Landesregierung. Kult.
Am. ßildstellelE. Nechuta, Wien Österreichisches Mu-
seumfürangewandte KunsilGAba G. Mayer, Wien. 17
bis 21, 22,23 Archiv L. Roppolt, Wien, 24, 25 Samaras,
NewYork,34GalerieS1ähli.Zürich,34-H0chschulefüran-
ewandte KunstlMeisierklasse Prof. C. Unger, Wien, 45
sierreichische NationalbiblimheklBildarchlv, Wien, 28
Archiv P. Weierrnair, Frankfurtllnnsbruck, 29 34, 36, 37
Whitney Museum cf American Arl, New York. 34
Gefördert durch das
Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung
Gefördert durch das
Bundesministerium für Unterricht und
Kunst
Österreichisches Museum für angewandte
Kunst Ostasiatische Sammlung
Johannes Wieninger
Das Ende einer Epoche
Kunst und Kunsthandwerk
Japans im 19. Jahrhundert
Die Wiederaufnahme historischen Formenguts zum
Ende einer Epoche, eine Art Historismus also, ist in den
verschiedensten Kulturen feststellbar. Der europäi-
sche Historismus als solches Phänomen ist uns ver-
traut; ähnliches läßt sich auch in Japan feststellen
fast zur gleichen Zeit. aber unabhängig. Das Ende der
Shogunherrschaftund weitreichende gesellschaftliche
Veränderungen gehen hinter einer Fassade kultureller
Vielfalt vor sich, in der das traditionelle Kunsthandwerk
seine letzte Hochblüte erreichte oder sollte man
sagen in der es stagnierte?
Als der letzte Shogun aus der Familie der Tokugawa
1868 abdankte und so den Weg zu einerÖffnung Japans
frei machte, hatte das künstlerische Schaffen in diesem
Lande eine über 250 Jahre dauernde ruhige Entwick-
lunghintersich.sehrlangeisoliertundohnefremdländi-
sche Einflüsse. Fördernd für diese Situation war dar-
über hinaus das ebenfalls überJahrhunderte hinweg
gleichbleibende Verhältnis zwischen Auftraggeber
undAuftragnehmer.AlsTokugawaleyasuoererstevon
15 Shogunen aus dieser Familie, 1603 die Herrschaft
übernahm. wurde sofort die gesellschaftliche Struktur
des Landes durch Gesetz festgelegt. Ein Militäradel
die Samurai bildeten die oberste, Kaufleute und
Handwerker die letzte, am wenigsten angesehene
Klasse.
Krieger ohne Krieg wer sich nicht großer Taten rüh-
rnen kann, sucht sich in Kunst und Prunk zu verwirkli-
chen, wird zum Forderer von Theater und Literatur. In
dieser Zeit enstehen Rüstungen und Waffen, die ihrer
Kostbarkeit wegen nurtür Fiepräsentationszwecke und
Paraden geeignet waren oder als wertvolle Geschenke
von Fürst zu Fürst weitergereicht wurden. Japanische
Schwertfeger verwendeten oft Monate zur Fertigung
einer Klinge und genossen hohes Ansehen. Schwert-
Utagawa Kuniyoshi, um 1855. Farpholzscnriittaus der Serie
uBerühmte Krieger Chinas und Japaner. OMAK, lnv. K. l.
1264412
Wilhelm Burger. Ein Daimyo in Kriegsausrüstung. Fotoauf-
nahmevonderosterreichisch-ungarischen Expedition nach
Siam, China und Japan, 1868-1871
Ausschnitt aus dem Rollbild von Tatesuke Abb 12; einer
der 16 Lehenslürslen der Tokugawa-Familie
stichblätter tsubas und Beimessergrlfte waren
verschiedensten Metallegierungen und reichen
gearbeiten so prezios gestaltet. daß sie selbst beg
Samrnelobjekte wurden.
Dosen, Schachteln. Truhen sowie kleine Büchser
Anhängen inroswurden von Lackkünstlern in der
niertesten Techniken reich verziert.
Gewänder kimonos hatten die einfachste Form,
waren die Stoffmuster umso reicher gestaltet.
Wiederum charakteristisch für eine Spatzeit ma
langsame Veränderung der i-Auftraggeberscl
sein. Ab dem späten 18. Jahrhundert sind es die
leute und das Stadtbürgertum, die zu Reichtum un
fluß kamen. Während der unproduktive Kriege
zunehmend verarmt und in finanzielle Abhäng
gerät. versuchen gerade jene der neue Geldar
sich mit solchen Kunstwerken zu umgeben. wiesi
her nur dem Erbadel vorbehalten waren, und
Lebensstil nachzuahmen.
Diese gesellschaftliche Veränderung macht sich
in allen Sparten des Kunsthandwerks bemei
Lackarbeiten, Keramiken, Schmuck sowie kos
Gewänder verraten uns nicht sofort den Besi
Schwerter, Rüstungen und Waffen hingegen wr
durch Metallobjekte ersetzt, in denen die ganze
der hochentwickelten Schwertfegerkunst zum Tr
kommt. Der Farbholzschnitt hingegen ist schon
rein bürgerliche Kunst und soll die wertvollen Flolll
und Stellschirrne aus den adeligen Hauer
ersetzen.
Der Begriff ukyo-e Bilder der vergänglichen
wird sowohl für die Malerei wie für Drucke verwe
auch die Themen sind die gleichen Heldengesc
ten, Schauspieler, "schöne Frauenii und Ansii
bekannter Landschaften. Gerade in letztgenan
AndoHiroshige,iiShibaderAtago-Bergxi721 Ansict
den iiHundert berühmten Ansichten von Edori, 1856-"
OMAK, lnv. K. l. 10522l7 Sammlung Exner
stungsmantel zimbaori. 2. Hälhe 19. Jahrhundert.
ide, graugrüner Grund mit gesticktem Reihern, die gol-
ne Zweige um Schnabel hallen. OMAK, lnvv Nr, Or 234
ngß und Kurzschwert daisho, 19. Jahrhundert. Zusam-
angehürendes Schwerterpaar mit emhenlichen Beschlä-
n. ÖMAK. lnv. Or 1281. Or 1261
hwertgestell. 19. Jahrhundert Hulzgesiell mit Schwarze
zkgrund und Goldrelref. geschmückt mitdem Wappen der
kugawa-Familie. OMAK, lnv. Or 3367
zine Büchse inro, 19. Jahrhundert. Holz mit Schwarz-
zkgrundund Darslellungeinesgroßen Heimes in "flachem
hohem Slreubildu, ÖMAK, lnv. La 131
hüssel. 3. Vrerlel 19. Jahrhunden. Porzellan mit blauer
lterglasmalerei. Aul der Bodenunlerseile Nachahr
mgen der chinesischen Periodenmarke Ch-eng hua
585-1487. In Malerei und Relief sind au! der Innenseite
rai Löwen in ainerPäonienblüle dargestellt, OMAK. lnv. Ke
03
Utagawa Kunisada, wMädchen mit zwei Dlenerlnnsna,
2. Viertel 19. Jahrhundert. Farbholzschnitt. ÖMAK, lnv. K. l.
7627160
10 Schale. Satsuma. 1. Hälfte 19. Jahrhundert. Stelnzeug mlt
craquelierter Glasur, Aulglasurmalerei mit Schmelzfarben
und Gold. Am Rande nBrokatdekorx mit vier Medaillons mit
dem Wappen der Tokugawa-Familie. OMAK. lnv. Ke 3137
11 Reirsattel, 19. Jahrhundert. Holzsartel. dessen Oberfläche
in den verschiedensten Lacktechniken verziert ist. ÖMAK,
lnv. La 257 Sammlung Exner
Thema entwickelte das iapanische Burgerturn eine
Eigenständigkeit. Hiroshige und HOkLlSEIl stellten Ch
außerhalb Jeder Schultradition und landen zu einem
neuen Stil der Landschatlsschilderting. Ihre sehr uni-
langreichen Farbnolzscnnittserien, ill reiten Bucner
und Ansicntswerke wurden als Reiseberichte und
Unterhaltungslekture vor allem vom stadtiscnen Bur-
gertum konsumiert Und iene rnit großer Ungeduld
erwartete ÖtlnungJapanszum Westen hin land am ehe-
sten im Holzschnitt seinen Niederschlag Zentralpera
spektive und buhnenartiger Aulbau ahmen sehr olt das
nach. was Holzschnittkunstler an den spailichen roa
paischen Kunstwerken im Lande studieren konnten
Daß das japanische Kunsthandwerk wer tens noch
für eine gewisse Zeit nach M368 in der Jahrhunderte
alten Tradition iortleben konnte. verdankt es vor allem
der Neugierde der Europaer und dem iolgenden regen
Wirtschaflskontakt mit dem Westen. Dort saßen nam-
lich neueAultraggeber, die von japanischen Kunstwer-
ken lasziniert waren. sich damit zu umgeben versuch-
ten und Anregungen lormal und inhaltlich
aufnahm Sucht man als Euro aer jenes FäSllllle
rende der Japanischen Kunst dieser Zeit zu ergründen,
soliegteswahrscheinlicn im Konlrasizwischen dSlEllT
fachheit der Form und der Viellalt und des Reichtums
der Obertlacherwgestaltung.
Dies mag fui Metallarbeiten genauso geilen wie für
Keramiken, Lacke und Korbwaren, auch ur Malerei und
Farbholzschnitt
12 lkajima Tatesuke, x16 Lehensfürsten der Tokugawa-
Familien. RollenbilcLdatien 1827. Malerei aulSeide, au1 Sei-
denbrokat momierl, der mit dem goldenen Wappen der
Tokugawa-Familie bedruckt ist. ÖMAK. lnv. Mal 143
Sammlung Exner
13 Deckeldose, 1. Hälfte 19. Jahrhundert. Metall mit goldenen
Streulackdekor und dem Wappen der Tokugawa-Familie.
ÖMAK, lnv. 367a
1a
Zu einer Ausstellung des Ösierreichischen Museums
Iül angewandte Kunst Vllien in der Ehemaligen Syna-
goge S1. Pölten Sradtmuseum sr. PöItenlNÖ 3. 5.
3. 1. 1985 mit Katalog.
Floridus Röhrig
Darstellungen des hl. Leopold
in der österreichischen
Buchmalerei
Markgraf Leopold IIl. wurde am 6. Januar 1485
heiliggesprochen. Dieses Ereignis jährte sich
heuerzum 500. Mai, und aus diesemAnlaß veran-
staltete das Land Niederösterreich im Stift Klo-
srerneuburg die Landesaussrellung vDer heilige
Leopold Landesfürst und Slaaisymbolir. Darin
nimm! die Darstellung des Landespatrons in der
Kunst breiten Raum ein. Hier soll nur auf ein Teil-
gebiet dieses Bereiches eingegangen werden,
auf die mittelalterliche Buchmalerei.
Miniatur aus einem Missale, um 450. HI. Leopold und Agnes
mit dem Stifter Propst Simon vom Thurm. Stiftsbibliothek Klo-
sterneuburg, CCI 609
Miniatur als Stifterbild, um 1460. Unter Maria mit dem Kinde
Leopold und Agnes mit dem Modell der Stiftskirche. Stiftsbi-
bliothek Klosterneuburg, CCI 53
Als Leopold lll. 1485 heiliggesprochen wurde, löstedie-
ses Ereignis eine wahre Flut künstlerischer Produktion
aus. Auf vielen spätgotischen Flügelaltären finden wir
den neuen Heiligen als Schreinfigur oder auf Altarflü-
geln. Er wird auf Wände gemalt und begegnet auch als
einzeln stehende Skulptur. Als Thema der Buchmalerei
tritt er jedoch bei weitem nicht so häufig auf. Das ist
leicht zu erklären. Die große Zeit der Buchmalerei war
vorbei. es wurden nicht mehr viele Handschriften
geschrieben. Zur Zeit der Heiligsprechung blühte
bereits der Buchdruck. Man hat wohl auch lnkunabeln
illuminiert, doch galten solche Miniaturen als besonde-
rer Luxus. Den üblichen Buchschmuck bildeten zujener
Zeit schon Holzschnitte. Obwohldie Buchmalerei nicht
mehr viel Gelegenheit hatte, sich der Darstellung des
hl. Leopold zu widmen, hat sie doch sehrwesentlich zur
Ausbildung seiner lkonographie beigetragen.
Darstellungen Markgraf Leopolds lll. gibt es im allge-
meinen erst seit seiner Heiligsprechung. Nur an zwei
Orten findet man schon früher Bilderdes Markgrafen in
den von ihm gegründeten Klöstern Klosterneuburg und
Heiligenkreuz. Hier haben sie die Funktion von Stifter-
bildern. Dabei ist zu bemerken. daü der Markgraf in Klo-
sterneuburg fast immer gemeinsam mit seiner Gattin
Agnes auftritt. denn sie hat an der Stiftung dieses Klo-
sters mitgewirkt. ln Heiligenkreuz erscheint Leopold in
der Regel allein. Seit der Heiligsprechung wird Agnes
merklich zurückgedrängt. selbst in Klosterneuburg,
denn sie wurde ja nicht offiziell zur Heiligen erklärt.
Die frühesten Darstellungen St. Leopolds in Büchern
kann man noch nicht als Buchmalerei bezeichnen, Sie
sind schlichte Federzeichnungen ohne künstlerische
Ambitionen. Das erste Bild dieserArtfindet sich in einer
sehr schlichten nStammbaum-r-Zeichnung des späten
13. Jh. im Codex des Albert von Waldkirchen in der
Österr. Nationalbibliothek.' In zwei Ftundmedaillons
sind hier Leopold und Agnes abgebildet, als bloße
Typen, ohne irgendwelche charakteristische Züge oder
Attribute. Ebenso schematisch ist ein Brustbild des
hl. Leopold inmitten einer schlichten Fleuronnee-lni-
tiale aus dem Jahre 1371 in Klosterneuburg? Bildmäßi-
ger sieht eine andere Zeichnung vom Ende des 14. Jh.s
aus. Mit schwarzer und roter Tinte sind Leopold und
Agnes primitiv gezeichnet, wie sie gemeinsam die sehr
schematisch dargestellte Stiftskirche halten. Interes-
santerweise tragen beide einen Heiligenschein Das
ist schon einrichtigesStifterbild,aberman kannes noch
kaum zur Buchmalerei rechnen.
Gegen die Mitte des 5. Jahrhunderts setzt eine richtig-
gehende Welle der Leopoldsverehrung ein. Im Zusam-
menhang damit wird der Markgraf in vielen Kunst-
werken dargestellt als Silberrelief am großen
Kreuzreliquiar, als lebensgroße Stifterfigur am Kirch-
turm, und nun auch als Miniatur in kostbaren Büchern.
Die älteste dieser Darstellungen findet sich in einem
Missale' aus der Zeit um 1450 Abb. 1. Die Miniatur ist
ohne Zweifel in Klosterneuburg entstanden. Der Stifter.
Propst Simon vorn Thurm 1442-1451, kniet neben sei-
nem Wappen andächtig vordem Klosterstitter und rezi-
tiert Verse aus dem Bußpsalm 51. Ihm zugewandt ste-
hen Leopold und Agnes, der erstere hält Christus ein
Modell der Stiftskirche entgegen. Hinter dem Propst
mrm 393 wu.m.äud 3h
ÜEÄxItte luccm tuam et ueritgtem tuagn orlninc 28.
I. mß-ßßvn. 913m fu N4?
cjplurima lcatiffunc patzt in ueram cö
mendadonö beatimdinis ßtßctitatis beaa
lcopoldi uixi udqgiufiißü lllußriffuni arq;
glorloü uondam Ihxflrie prindpis plane
in proce omibusduper eius Futur
lenni canonizadöc alebrads Canonicede
probata exifbum Venmmmm compödiofe dar 8c
in fumma-breuitatc omniaq; darius duddchmr fingula cun
ccß palam fadliusinnouefcaulllafülb deoim üüiafcripps preci
puisfunqlamends magifhnbbus conclqdveyc Juxtawordi"
nem meum compendiofum oonüleni. lubüdcnsnpxygnea om
nia emcndationi cenüxre qeflrc laue
rendifümog dfaog 8c pacni omitun quog quölibetütcreü 2B
Supplicans humiliter deuot acpießtßm hanqqquiclqln lufli
ffunam dignenffufdpere non Yulgariqcrdilmnglapzna.
lgiuuümdamenuipermeoplgüdmtüßgxotammefl
Multiplexßcfupahabundans Inllnpda f.
-Maxirnatemporummorafhldißßäfßßlliß fIQ-eßß
Solennis inquifnio gmexalk canoniacnömifß ßl
Diligentillinu fpedalisinquifiiiqßzbfqqlfltio rTiV
Pnclarifüma
.1.1'
N14. .. .1;
Anmerkungen
ÖNBK ÖSwVreiChiSGhe Nalionmblbliol
SIEKI sunsmbnmnek Klosterneuburg
SIBKICCI 782,10! 215 v.
SIBKI CO4 609, vol. 9.
um Cvp
CCJ 625
J1Vv
Titelblatt aus einem Widmungsexemplar, wohl nach 1485
entstanden, rnitder Umrahmung einesnalienischen llluminar
lors,Miniatu1 des hl. Leopold mit Heirigenscnein und Modell
der Klostevneuburger Stiitskirche. Sliltsbibliuthek Kloster-
neuburg, Cod. typ. 814
ys-u-vpvv.., vw vv..
aiä-ÄffßsonäääfiäzktviltvxtzzficnßpoßmujT'
"Tü qmma Wmacuvgxfßw Granat i.
Was'n.
1m
qulmhcict 131d
kmtt nmum
'mt
.1 Xiliitnamxtrltmßtsuwtißo-Emxtßfm mxßr otßarwiäxcx;
ms
Mm Pauolbäßmfn isfffmwfoexüilßc unfm; und
stehen der hl. Augustinus und zwei Chorherren als Assi-
stenz. Sehr interessant ist an diesem Bildchen die Dar-
stellung des hl. Leopold. Die Initiale leitet den ersten
Adventsonntag ein. den sehr häufig ein Bild König
Davids schmückt, der Gott seine Seele entgegenhebt.
welche durch ein kleines Figürchen symbolisiert ist.
DieMessedeserstenAdventsonntags beginnt nämlich
mit dem Psalmvers Zu Dir erhebe ich meine Seele. Ps.
25, 1. Markgraf Leopold tritt hier also an die Stelle des
Königs David, und seine Seele wird gewissermaßen
durch die Stiftskirche verkörpert ein sehr reizvoller
Einfall des Klosterneuburger Künstlers bzw. seines Auf-
traggebers. Aus einem zweiten Grund ist dieses Bild
wichtig. DerMarkgratträgteinen langen, blauen Mantel
mit goldenen Vögeln. Das ist die erste bildliche Doku-
mentation ienes Stoffes. der nach der Tradition vom
Gewand des hl. Leopold stammen soll, aber in Wirkliche
keit wohl ein sizilianischer Brokat aus dem 13. Jh. istf
Erspielt bei der Entstehungdesniederösterreichischen
Landeswappens eine wichtige Rolle. Dieser Stoff ist
noch in Resten erhalten. Schriftlich isterseit 371 doku-
mentiert, hier sieht man ihn zum ersten Mal im Bild.
Nicht viel später ist eine zweite Miniatur entstanden,
nun ein richtiges Stifterbild Abb. 2. In einer gotischen
Kapelle thront Maria mit dem Kind, darunter kniet das
Stifterpaar Leopold und Agnes mit der Stiftskirche in
den Händen. Die Wappen der beiden hängen an Ketten
vom Kirchenmodell herab. Dadurch. daßin derdarunter
angebrachten Miniatur neben dem oben genannten
Propst Simon vorn Thurm auch sein Nachfolger Simon
Haindl 1461-1465 dargestellt ist. kann man das Bild
um 1460 datierenf; Bei einer gewissen Naivität der
Zeichnung zeigt es lebhafte Farbenfrische. Während
Markgraf Leopold auf der vorigen Miniatur noch den
gewöhnlichen fürstlichen Pelzhut tragt, ist hier seine
Kopfbedeckung schon sehr stark dem Erzherzogshut
angenähert. Bei Agnes darf der Schleier nicht fehlen,
der in der Gründungslegende des Stiftes eine so große
Ftolle spielt.
Alle diese Aktivitäten der Leopoldsverehrung. verbun-
den mitdem seit 465 wiederaulgenommen Heiligspre-
chungsprozeß, führten schließlich dazu. daß der ßmilde
Markgratir 1485 in die Reihen der Heiligen aufgenom-
men wurde. Der Prozeß hatte sich lange hingezogen
unddrohte zeitweise zu scheitern. Umsogroßerwardie
Freude, als schließlich dank der Bemühungen des Kon-
sistorialadvokaten Francasco de Pavini die Kanonisa-
tion gelang. Die entscheidende Rede des Pavini wurde
in Flom gedruckt, vermutlich In der Offizin des Georg
Herholt. Und die Widmungsexemplare für die wichtig-
sten Persönlichkeiten erhielten reiche Aussta
Malerei. Drei dieser Exemplare sind erhalten
für den Kaiser'. für Kardinal Piccolominii Uni
Stift Klosterneuburg? Das Exemplar für Frie
hat ein reich ausgestattetes Titelblatt, seine
eher handwerksmäßig. Die Flandleiste folgt
Florenz und Rom üblichen Dekor. In den oben
sind die Wappen Papst Sixtus' IV. und Kaiser
lll. angebracht, beide in der italienischen
Form. Dazwischen erstreckt sich eine Miniati
Leopold vorweiter Landschaft. Erträgtden Erz
hut auch schon den Heiligenschein und de
Mantel mit den goldenen Adlern, vor ihm st
Wappen Aft- und Neu-Österreichs. Dieser
bewog Hermann Julius Hermann. die ganze
obwohl vor allem die Ftandleiste rein italienisc
rakter trägt. einem in Rom tätigen deutschen
ler zuzuschreiben" Dazu besteht aber keine
digkeit, denn es weilten während des Prozesse
Abgesandte aus Österreich in Rom, die den
Malern ikcnographische Hinweise geben konr
Exemplarfür Kardinal Piccolornini den spätei
Pius lll. unterscheidet sich vorn kaiserlir
dadurch. daß statt des Wappens Friedrichs
des Kardinals angebracht ist."
Pevgamentblanmwde IUHIGYGLJYWIIÜCYÜIE Lebensbeschrew-
Dung des hl Leopold beginnt, 1491 In Base! Druck
erschxenen Umrahmung emes wlnhemschcvw HIUIYTINEYOFS
Snftsmuseum Klosmvnuubuvg, Sunlhaymr Tafel Nr
Porgamerxtbmtt mrl der lnmam. IWGI Smnen mm Markgraf
Leopold und Agnes, M91 Stmsmuscum Kmslerneuburg.
Sunlrwayvnlale! Nr
Viflfßßtttt Tbtä 22i4a,1f 'i';".,.7.u;
bn'r-'rßttf,-Q1an 34.4.6. 915 sßßkg;
ÜCdßWöer ncßn-ämgzwwscitsmart" 25
"mflxi
Äwfmrßfw Scßwgjät- frag
"QLfutL-Ü
"T's
Anmerkungen 12
lnge Perrascheck-Heim, Die Klosterneuburger Leopolds-Stoffe. Jb des
Stiftes KIOSIEYHEUDUYQ, NF I3tm Druck Vgl auch FlondusRührig, DES
n.o. Landeswappen SCTIYIIIGDIBITIB .80. 57 St Polten 1980
sriski cci 53. fol. v.
ONB lnC. 26. E18 um 1484
Rom. Eibl. Aposl. Vaticana, Bibl. Rnsslana VII. 232.
StBKICod typ. au
Beschretbendes Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Oster-
reich, Bd B. Teil 6I3. bearb. v. H. J. Hermann Leipzig 1932 171 II.
BeschrelbendesVerzeichnis .Bd.5,bearb TleflefLeiplig 1911
145 i.
SIBKICCI 1195
Anders ist es mit dem Exemplar fürdas Stift Klosterneu-
burg Abb. 3. Auch hier stammt die Urnrahmung von
einem italienischen llluminator. in den Ecken sind vier
Wappen zu sehen oben Papst Sixtus IV. und Kaiser
Friedrich lll. beide in der italienischen Floßstlrn-Form,
unten Stift und Stadt Klosterneuburg als Halbrund-
schilde. Die Darstellung des hl. Leopold weicht völlig
von den beiden anderen Titelblättern ab. Der Markgraf
trägt ein originalgetreues Modell der Klosterneuburger
Stiftskirche in der Hand. Dahinter ist die Stadt Wien mit
dem ganz richtig wiedergegebenen Stephansdom zu
sehen. rechts steht der Holunderbaum mit dem
Schleier. Es kann gar kein Zweifel darüber bestehen,
daß dieses Bild erst in Klosierneuburg hinzugefügt
wurde. Hier entstand auch eine sehr bescheidene
Miniatur des hl. Leopold, auf der er schon den Heiligen-
schein trägt, die also wohl erst nach 1485 gemalt
wurde."
Große Mittel wandte das Stift für eine Geschichte der
Babenberger auf, mit deren Abfassung der gelehrte
Domherr Ladislaus Sunthaym beauftragt wurde. Sie
erschien 1491 in Basel in Basel im Druck und ist mit
Holzschnitten geschmückt. Im selben Jahraberließ das
Stift diesen deutschen Text auf große Pergamentblat-
ter schreiben und aufs reichste illuminieren. Wir sehen
hier wieder, daß die Buchmalerei nur noch für beson-
dere Prunkstücke dient. Der Maler ist unbekannt, es
scheinen enge Zusammenhänge mit dem berühmten
Missale im Stift Rein 1493 zu bestehen. Diese Perga-
mentblätterwaren am Grab des hl. Leopold aufgehängt
und solltendie Besucher überdas Leben unddie Familie
des neuen Patrons informieren. Durch Licht und Feuch-
tigkeit haben die Blätter gelitten. sind aber immer noch
Prachtstücke der Buchmalerei. Die großen Initialen
stellen ganze Bilderbogen dar. Sie wollen dem Besu-
cher, der nicht lesen kann, etwas erzählen. Die Initiale
L. mit der die Lebensbeschreibung des hl. Leopold
beginnt, vereinigt mehrere Szenen Abb. 4. Zunächst
ist die Gründungslegende des Stiftes dargestellt. Links
oben ist die Burg auf dem Leopoldsberg Kahlenberg,
Leopold und Agnes schauen zum Fenster heraus. eben
fliegt der Schleier der Markgräfin davon. Rechts vorne
findet der Markgraf Jahre später den Schleier auf der
Jagd. Er kniet vor dem Holunderbaum nieder, auf dem
derSchleierhängt, und darübererscheint ihm Maria mit
dem Auftrag. hierein Klosterzu bauen. Links steht Mark-
graf Leopold dann als Stifterfigur mit Fahne und Kir-
chenmodell zum Zeichen dafür, daß die Stiftung vollen-
det ist.
Eine zweite Initiale der Sunthaym-Tafeln ist nicht weni-
Atgl;
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alte 1491
rvevstorbenen Tochter des Le
seum Kmstemeuburg, SunmaymTare
lsmu-
ger gesprächig. Sie zeigt übereinander zwei Szenen
Abb. 5. Oben sehen wir das Hochzeitsmahl, das Mark-
gral Leopold mit seiner Gattin hält. Der Schleier der
Markgrätin hat sich schon bedenklich gelost. Unten
sind dann Leopold und Agnesals Stifterpaar mit Gefolge
abgebildet. Jeder der beiden trägt ein Kirchenmodell.
Jenesinden Händen derMarkgräfin bedeutet dasChor-
lrauenkloster in Klosterneuburg, an dessen Stiftung sie
großen Anteil gehabt haben dürlte.
Unterdieserlnitialeisteinevielkleinereundschlichtere
zu sehen Abb. die eine Miniaturvon großen Reiz ent-
halt. Es sind fünf Köpfe junger Mädchen darin einge-
schlossen. Sie sollen die fünl im Kindesalter verstorbe-
nen Töchter des hl. Leopold darstellen, die in Wirk-
lichkeit natürlich bedeutend jünger waren.
Als die Buchmalerei praktisch schon am Ende war, voll-
brachte sie in Klosterneuburg noch eine bemerkens-
werte Leistung. lm Jahre 1513 erlebte das Stift eine
Wirtschattsreform, in deren Zuge zum ersten Mal ein
Gesamt-Urbar aller Stiltsbesitzungen angelegt wurde.
Das war ein großes Unternehmen, das sich in zwei
ungeheuer dicken Bänden niederschlug. Da man die
Bedeutung und Wichtigkeit der Aulzeichnung zu schät-
zen wußte, wurden diese beiden Bände mit ganzseiti-
gen Miniaturen geschmückt, Im ersten Band ist ein
10
prachtvolles Stitterbild Abb. 7. Da das Urbarin Kloster-
neuburg angelegt wurde, ist es zweifellos auch hier illu-
miniert worden. Die meisterhaften Bilder stammen aus
dem Künstlerkreis Kaiser Maximilians l., der mit dem
Stift in engem Kontakt stand. Die prunkvolle Ftandleiste
weist auf Leonhard Beck hin. Er war zwischen 151 und
1518 für den Kaiser tätig. Sie ist durch spielende.
jagende und rautende Putten und mancherlei Vögel
belebt. In der Mitte erscheint Maria mit dem Kind in
himmlischer Glorie. Unter ihr halten Markgraf Leopold
und MarkgrälinAgnes gemeinsam das Modell derStifts-
kirche, und zwar eine authentische Wiedergabe, vor
einem grünen Brokatvorhang. Darunter wird von zwei
Engeln das Stiftswappen gehalten. Links davon kniet
Propst Georg Hausmanstetter 1509-1541 im Pontifi-
kalornat mit seinem Familienwappen, rechts die Chor-
herren des Stiftes Klosterneuburg in Pelz-Almutien. Die
Köpfe dürlten Porträts sein.
Der zweite Band des Urbars, ebenso dick und ebenso
prächtig, weicht mit seinem Titelbild von jenem des
ersten Bandes ab. Die Randleiste unterscheidet sich
erheblich Abb. B. An die Stelle der kunstvollen Ranken
sind einzeln angeordnete Blüten und Früchte getreten,
belebt durch Vögel und Insekten. Es ist anzunehmen,
daß zumindest die Randleiste von anderer Hand
Slifterbild aus einem Gesamt-Urban 1. Band, wohl
Künstlerkreis Kaiser Max iarlS l. Markgral LSD;
Markgräfin Agnes mit dem Modell der Slinskirche, ur
Stiflsarchiv Klnslemeuburg, Gb 1l1a
xs der
aldun
l51l
11
Titelblatt mit Stifterbild aus dem
Gesamt-Urban 2. Band, Darstel-
lung der Gründungslegende des
SlilteS, um 1513. Stiftsarchiv
Klosterneuburg, Gb 1I1b
stammt als jene im ersten Band, Das eigentliche Bild
zeigt größere Übereinstimmung, obgleich etwa in der
Gestalt der Gottesmutter im zweiten Band eine gröbere
Technik nicht zu übersehen ist. Dargestellt ist die Grün-
dungslegende des Stiftes. Links oben erblickt man.
topographisch getreu, die Burg auf dem Leopoldsberg.
Das Markgrafenpaar steht am Fenster. der Schleier
fliegt eben heraus. Im Vordergrund ist die Jagd des
12
Markgrafen zu sehen. eine Meute von Hunden und ein
hornbiasender Reiter. Markgraf Leopold ist vom Pferd
gestiegen und kniet vor dem kleinen Bäumchen nieder.
auf welchem der Schleier seiner Gattin hängt. Im Him-
mel erscheint wieder die Muttergottes mit dem Kind.
Obwohl dieses Bild an Feinheit der Technik das Titel-
blatt des ersten Bandes nicht erreicht. besticht es doch
durch die frische Naturauffassung.
Mit diesem Spätwerk endetdie gotische Buchmalerei in
Klosterneuburg. Bald endete wie in allen anderen
Klöstern Österreichs jegliche künstlerische Betäti-
gung. denn die religiösen Wirren der Retormationszeit
waren der Kunst nicht förderlich. Als dann in den Klo-
stern nach dem Sieg der Gegenreformation ein neuer
künstlerischer Aufschwung begann, geschah er unter
völlig neuen Voraussetzungen.
1z Fuhrmann
Pflasterung
Kollegienkirche
Salzburg
wird verstehen, daß ich diesen Beitrag, der zur
schritt für Erich Hubala vorgesehen war, nur mit
em Zögern darreiche, hat doch außer dem Biogra-
Fischers von Erlach. Hans Sedlmayr. gerade der
ar die Wesensstruktur dieses einzigartigen Kir-
baues von Fischer mit bewundernswerter Treffsi-
weit und sprachlicher Ausdruckskraft freigelegtf
ich den Schritt dennoch tue, so in dem Bewußt-
einer langjährigen Verbundenheit mit dem Jubilar,
ar dreißig Jahren mit dem gemeinsamen Bemühen
ahann Michael Rottmayr von Rosenbrunn begann.
rveil Hubala in seiner grundlegenden Studie über
'tis Langhaus von San Andrea in Mantua sich auch
Fragen der Proportionierung betaßte und ihnen
Iutung zumaß.'
ieiner Beschäftigung mit J. B. Fischer von Erlach
ichvorebentallsdreißigJahren imSalzburger Lan-
rchiv auf einen Grundriß. der den Plan der Boden-
terung der Kollegienkirche festhält. ohne bisher
auf ihn eingegangen zu sein. Sedlmayr hat den
in das vVerzeichnis der Zeichnungenri 109 sei-
ischer-Monographievon 1956ohneAbbildung auf-
mmenj" Im Zusammenhang mit Proportionsstu-
überdie Kollegienkirche, von denen ich hoffe, daß
ls obiektivierender Beitrag zur Strukturdurchdrin-
dieses Baues dienlich sind, rückte der Pflaste-
splan stärker in mein Blickfeldf Das Ergebnis der
rsuchungmöchteichIhnen.lieberHerrHubala,als
Ergänzung zur Gesamtgestalt dieses herrlichen
is widmen.
Ausgangslage
ist für eine Untersuchung günstig. Erstens hat
lie Pflasterung an Ort und Stelle erhalten, zweitens
zen wir den erwähnten Plan und drittens gibt es
valische Nachrichten,
Die Pflasferung in den Schiffsarmen und Kapellen
esteht aus quadratischen Platten im Wechsel zwi-
rotem Adneter und weißlichem Untersberger
wer. Diese Platten bilden diagonale Schachbrett-
und werden von roten Marmorstreifen unter-
idlicher Breite gerahmt. Die breitesten Streifen
in Mauer- bzw. Pilastersockelstärke trennen die
Aus terminlichen Gründen konnte mein Beitrag nicht
mehr in die Festschrift für Univ. -Prol. Dr. Erich Hubala
aufgenommen werden. Sa chlich hatte das insofern sein
Gutes, als inzwischen noch weitere, m. E. ziellührende
Uberlegungen berücksichtigt werden konnten. Umso
dankbarer bin ich dem Herausgeber und der Redaktion
Vierung von den Schiffsarmen und wiederholen sich im
Längsschiff; schmalere Sreifen säumen das Kreis-
rund in dervierung, die Ovaltelder der Kapellen und lau-
ten entlang der gestuften Wandsockel; die schmalsten
Streifen lassen die hellen Gruftplatten im Längs-
schitt und in den Kapellen ein.5 Diese Anordnung greift
die Raum- und Wandgliederung auf und rundet die
wGestaltri des Baues gewissermaßen auch nach unten
hin ab. Die Schrägführung der Schachbrettfelder inter-
pretiert das lebendig Verbundene mehr oder weniger
zentrierter Ftaumeinheiten. Dieses Fluidum des Leben-
digen kommt in der Vierung erst richtig zur Geltung.
1.2. Die Vierungspflasterung
Dieses Pflaster setzt sich ebenso wie die übrigen Flä-
chen im Wechsel aus roten und weißen Marmorplatten
zusammen. Da die einem Kreis eingeschriebene Figur
aus einem Bündel von sich kreuzenden Bögen gebildet
wird, entsteht eine vielblättrige Rosette, die in eine Viel-
zahl von zur Mitte hin immer kleiner werdenden kurvi-
gen vRhombenii zerlegt ist. Die Rosette scheint in eine
Drehbewegung versetzt, dereine Gegenbewegung ent-
gegenwirkt, wodurch das wirbelnde Ornament wieder
zum Stillstand kommt überdeckte, zu Ausgleich und
Ruhe gebrachte kreisende Bewegung von kaleidoskop-
artigem Charakter, Ausdruck des Kräftespiels im dreidi-
mensionalen Schnittpunkt der sich kreuzenden Schiffe
und der hochragenden Tambourkuppel mit Laterne.
Während die periphere Pflasterung mit ihren Schach-
brettfeldern einem gängigen Schema folgt, lohnt es, der
Rosettenfigur weiter nachzuspüren.
7. Analyse der Roseltenfigur
Eine genauere Beobachtung erkennt eine auf die Ach-
sen und Diagonalen des Vierungsquadrates bezogene
40blättrige Rosette. Sie setzt eine sorgfältige Konstruk-
tion voraus, weil die iirhombischenu Marmorplatten
unterschiedlicher Größe beim Verlegen des Pflasters
genau zusammenpassen müssen." Eine weitere Beob-
achtung ergibt, daß es sich bei den Bögen um Kreisbö-
gen handelt, wobei Anfang und Ende der Bögen durch
bestimmte aufdem äußeren und inneren Begrenzungs-
kreis liegende Eckpunkte eines regelmäßigen 40-Eckes
von iialte undmoderne Kunst-r, daß sie mir die Veröffent-
lichung in ihrerZeitschrift kurzfristig ermöglicht haben.
Das Forum ist besonders geeignet, da Erich Hubala
auch mit Prol. Dr. Kurt Hossacher seit Jahrzehnten
fachlich und persönlich freundschaftlich verbunden
ist.
bestimmt sind und die Symmetrieachsen der roten
ßRhomben-i mitden Radien des 40-Eckes zusammenfal-
len. Unklar bleibt vorerst, wo der Ortskreis der Mittel-
punkte dieser Kreisbögen liegt und in welchem Verhalt-
nis die Radien des äußeren und des inneren Be-
grenzungskreises stehen. Zur ErklärungdieserZusam-
menhänge ist eine Aufmessung der Figur Voraus-
setzung.
2.2. Die Aufmessung der Rosette
Sie ergibt, wie aus Fig. ersichtlich ist, folgende Haupt-
werte Fürden großen äußeren Begrenzungskreis einen
Radius AoM von 577 578 cm, für den kleinen
inneren einen Radius BM ra von 134 -134,5 cm,
die Kreisbogensehne AOB mißt 570 573 cm, die
Sehnen AOD, BD des halben Kreisbogens betragen
303 305 cm. Die Seite A5A35 des dem großen
Begrenzungskreis eingeschriebenen Quadrates
beträgt817 818 cm und bestätigt als Kcntrcllmaß den
Wert von mit 578 cm. Zu ergänzen ist noch, daß der
Zentriwinkel AÜMB in, auf Grund der Gegebenheiten
40-Eck, Lage der Endpunkte der Kreisbogen 81 mißt.
Weitere in Fig. noch angegebene Maße sind für die
konstruktive oder rechnerische Gewinnung des Kreis-
bogenmittelpunktes und damit des Ortskreises MS
rQ nicht notwendig, können aber als Kontrollmaße her-
angezogen werdenf
2. 3. Die Grundkonstruktion zur Ermittlung des rersbo-
gerrmittelpunktes
Die geometrisch exakte. auf den festgestellten Maßen
aufbauende Konstruktion ist einfach durchzuführen
und beruhtaufdem Satzdaßdie Normalenaufdie Mitte
jeder Kreisbogensehne durch den Kreismittelpunkt
gehen Fig. 2. Auf Grund dieser Konstruktion ergibt
sich, wenn AuMmit578cm und r3BMmit 134,5 an-
genommen werden und der Ausführung vermutlich
entsprechend gilt, daß die Normale auf AOB in
den Radius A3M Zentriwinkel AOMA3 27" in
schneidet, für r2DM 362.4 cm, für AOS
DS BS 456.7 cm,fürsAOB 572,6 cm,fürs,2
AGD, BD 303,5 cm. Nimmt man aber MS als
354 cm, so erzielt man konstruktiv und rechnerisch
einen wesentlich kleineren Wert Unterschied zu DM
rkungen1- Anm. s. Text 14
lutiala, Die Kirche 315 Universale Archllekrur, in' Renaissance und
der, Frankfurt a. 196a. 156Ep0chen derAidniielriiirrders, nie
lSldeS17,Jahrhundei'ls,iniPrUpyiäen-KunslgeschlcriieNeudruck
Bd. 106 l.
irnayr-Aussiellungskaialog, Salzburg 1954. E. Hubala, Albenis
ghaus von Sam Andrea in Marliua, in Fesischriri für K. Badl, Berlin
i1. B3 120
äedirvlayr, Jv B. Fischer v. E.. Wien 1956. 246, 197511110.
uhrrriann. Der Grundribder Kolleglenklrche und seine Maßvernäli-
;e. in Fßslscnrlil iillr K. Rossacher, Salzburg 1983, 57 758; ders.
Eniwickiung des Giundrisses der Salzburger Universiräiskircne
zners v. E. im Hinblick aui die Maßverhälinlsse, in' Fesiscnrlli liir
Franz ini Erscheinen. Einer seseliarligung rnil der vieiiings-
slening war vor allem hinderlich, daß sie bis zur Aiiislelliing des
rsaliares durch die Kirchenbanke verstellt war Vgi auch Anm
lroßen undganlenlsi der Sieinboden gui erhalten, wersl aberäliere
lgenz neue Ausbesserungen ein nie Farblgkeii des rbien Adneier
mors bei Hallein und deS welßllchen Unlersberger Marmors
wankl Fur das Pilasier wurde nur der relativ gleichmäßig Sliimpl-
iAdneier nicni der welßgesprenkelie oder der Adneier rrbni bzw.
weißlieli-geibe. leiehl ins Grau gehende Uniersberger Mnrrndr ver-
idei. Die breiien dunklen Felder unter den Käßellenarkaden und im
gsenili giier V0n Pilesler zu Pilasier gelegr Sind in Sich nochmals
Erieili in ein rui-grau-vluleiles Miiielield, das wie die anderen Felder
siumpiroien siieilen r2'l elngerahnli wird
der iiingslen Erneuerung eines Teiles der Planen diiren eine Salz-
ger sleinrneizlirrns geniigle es nielil, die einzelnen Planen nach
iablunen zuzuscnneiden, sondern sie rnußien anOri undSiellenocn
ngepaöi werden An eine lrPailnlerungr der neuen Planen ist
acht.
Maße können nicht aui den cm genau genommen werden, da die
ien mit ungleich großen Fugen anelnandersioßen seil Jahren ist
Vierung ganz gegen die Fiaumdlsposiiion Fischers durch
an zentralen irVolksaltar-i verstellt. Nur im Sommer während der
ispielzeli llegi die Rosette irei und konnien die Maläeygennmmen
den.AB17cmx0,707ii 577.7cm 0109711 I1?
den Mathematiker blelal die Berechnung dieser Welle gernaß der
lsirukilon kelneSchwierigkeiren der Nichi-Marhernarlkersoll damit
belaSlei werden. Unier der angenommenen Vorausseizung han-
es sich bei Fig. 2. i. Fall. um eine rnailnernaliscn elriwandlreie Kon-
IKÜDH. beider allerdings die Mlilelpirnkle der KreiSbÖQen nrcnl aiii
lRadien desauickesliegen was lßrdie Konsirukilon unverbindlich
577-578
1J4-134.5
360-361
467-470
SKJ-IOS
97-98
371-372
469-470
570-571
817-1118
270
215-216
60
30
13
Flg.2
tast cm, was vbedenklichri erscheint. Der Zentriwin-
kel ti" EMS beträgt in diesem Fall 52.2039"?
Vergleicht man diese errechneten Maße mit den am
Objekt gemessenen, so ergeben sich Unterschiede, die
auch unter Berücksichtigung von Toleranzen mit
der Ausführung nicht in Einklang stehen, Da aber von
einer praktikablen Ausführung der Konstruktion her
gesehen der Verdacht besteht, daß der Kreisbogenmit-
telpunkl ebenfalls auf dem Schnittpunkt der Normalen
auf mit einem Radius des 40-Eckes liegt 11 EMS'
54", wird die Konstruktion und Berechnung der
Figur erneut und zwar unter diesen Voraussetzungen
vorgenommen.
2. Konstruktion zur Ermittlung des Kreisbogemittel-
punktes unter der Voraussetzung 11' 54
Das rechnerische Ergebnis dieser Konstruktion ist fol.
Qertdes rz MS 363.4 cm; A09 BS' 468.2
cm bzw. DS' 471,3 cm. Aus dem Vergleich mit den
gemessenen Maßen ersieht man, daß die Übereinstime
mung viel besser ist, woraus doch geschlossen werden
darf, daß diese zweite Konstruktion der Ausführung
zugrundeliegen dürfte."
Übersetzt man die metrischen Maße dieser Konstruk-
tion in Fußmaße1SalzburgerFußoderSchuh 29.66
cm. so erhältman gerundet für 19,51 r2 12,2'.
ra 4,53', 15,8',s 19,3' und S112 10,2'. Im
Falle der ersten Konstruktion ergeben sich folgende
Werte 19,5', rz 11,9', ra 4.52'. 15,4'.
Sie sind, abgesehen von den konstanten Werten.
gegenüber der Ausführung 19.51 12.15'. ra
4.531 15.81 19.3' durchwegs schlech-
ter.'"
Bei diesen Überlegungen bleibt noch offen, warum für
und r3 die festen Maße 19.5" und 4,53' und gerade
dieses Verhältnis gewählt wurden. von denen im
Zusammenhang mit dem 40-Eck alle übrigen Maße
abhängen. läßt sich dadurch verstehen, daß die
lichte Breite der Schiffe 44' beträgt." Rückt man von
beiden Seiten um je einen halben Fuß herein und zieht
die Breite des ringförmigen Rahmens 2'ab. so kommt
man auf einen Durchmesser von 39' und somit einen
Radius von 19,52 Der Durchmesserderzentralen weiß-
lichen Marmorplatte einschließlich der roten Rahmung
'kann,wieauseinem Vergleich mitderiiHistorischen
Architekturu4. Buch.Taf. 10, lersichtlich ist,
jektionderKuppellaterneaufdenVierungsboden.
faßtwerdemwodurchsichallerdingsdasVerhältr
ra noch nicht erschließt. Möglicherweise führt
gende Konstruktionen zur Festlegung dieses Vl
nisses.
2.5. Konstruktion des Verhältnisses r,.'r3 üt
Fig. 3a
Nimmt man mit an, r2 mit 0.61803 iiGo
Schnitt" und r3 mit 0.61803X 0,375 3i
0,23176, was exakt konstruiert werden kann, so
man auf der Basis 19,5' für 12,05',fü
4.519'odergerundetr2 12,1'und ra 4,5211
die jenen der zweiten Konstruktion ausreichen
sprechen.
Einfacher und damit einleuchtender ist allerdin
gende Konstruktion, die sich bei nochmaligem
denken des Problems ergeben hat und die der
rung tatsächlich zugrundeliegen dürfte Fig. 3b.
man den Winkel BAQM mit 13.50 so efgl
Schnittpunkt von mit dem Radius von 81 M0!
mit 0,23417 1. Damit erschließen sich au
beiden übrigen Hauptwerte 0,62729 unc
0,80980. Setzt man 578cm,soerhält man ti
362cm, r3 135 cm und fürg 468cm in Fut
19,5 r2 12,2', r3 4.56', 15,8'Werte,
der Ausführung fast völlig übereinstimmen,
Konstruktion macht nicht nur das Verhältnis von
verständlich. sondern schmiegt sich auch best
gut den gemessenen Maßen an. Sie stimmt soga
fern mit derAusführung genauer überein als eine
retisch mögliche exakte Konstruktion. weil r3 rni
besser dem ermittelten Maß entspricht als
4,65!"
3. Der Grundriß mit dem Pfiasterungsplan Fig.
Dieser Grundriß befindet sich im Salzburger Lan
chiv unter iiKarten und Risse, 55a. Das Papiert
beträgt 566 407 mrn. Die Zeichnung ist in Tuscr
geführt, die schräggeschachte Pflaslerung in
Weiß Papierfarbe angelegt, wobei ein Teil der
Ovale und Mittelfelder des Langschiffes gest
aufgeklebt ist. Die Anzahl und Aufteilung der qu.
schen Platten stimmt weitgehend mit der Ausfi."
überein; das deutet darauf hin. daß ein richtigerA
riß für die Steinmetze vorliegt. Die geschachten
sind durch rahmende Streifen voneinander get
was von der Farbigkeit abgesehen ebenfa
Ausführung entspricht."
Von größerem Interesse für uns ist die Zeichnui
Vierungsrosette. Sie ist nicht farbig angelegt. vie
sind die Kreisbogen nur mit Tusche ausgezogen,
Anmerkungen 13 Anm. 8. s. S. 13
Eine rnainernaiisen exakte Kdnsirukiidn scneini demnach der Figur
nicht Zugrundeluiiegen Sie eriispricni edoch der Ausiuniung rnii aus-
reichender Genauigkeii. Und dieAri derAusiiinrung zu durchschauen,
daraui kommt es an Vgl Anm i2
Die Umrechnung aui die verwendeien aiien Maße ist vdrausseizung.
um die rieniigen Verhalinisse zu erkennen Der Sallburger Fuß wurde
irn 1B. Jahrhundert ini vernäiinis zum iranzösischen Kdriigsiuß
32,4839cmerrechriet LautHühner!BeschreibungderResidanzsiadi
SGIZDUIQZ Ed ,S3lZbUi'g 1793,424erilSpr1Chl PariserFuß 0.9132
Saizburgel Fuß
Fuhrmann,Rossacner-Feslschriii, Fig
hmofxu
cre-Oetey
19m5
Qovooooegg
ososooo 11.
"OOOOOQQ
oowoot
oovvoowääe
Orlvvär
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9000900-oovöfößäf
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-36 000604940
Aooooowß
00090990600
06406690060
äOOOÖOOIQA
IÖÖQQCQQI
ßßäOäßßüvvyQOßßOßß i.
Der Konstrukiiünsvelsucri rriii Hiliedes wGoidenen Schniiiesw kann aui
Grund der zweiien Korisirukiion ad acia geiegi werden, da iasi aiies
daiur spricht, daß diese angewendei wurde Eine Uberpriiiung ihrer
Siichrialligkeil niiiteis Computer 3m rrialrierrialistrieri lnsiiiui der Uni-
versiläi Saizbulg Prul. scnweigei, DOZ iiniiaii eesiaiigie sie als vor-
zugliche Närierurigskorisllukiicri Duzeni Dr Llrihari wies rriiCh auch
dankenswerterweise daraul nin, daßdic vcn niir nur rednneriscn errnii-
ieiien exaklen Verhällnisweneiwenn dann ,s1473,r
4,19394 und 3,39626 h1w umgekehrt wnnri
05234541 0,23544 und BOOBOiauCn eine riCrilige Kcrislruk-
iiun mil den kiassiscneri Miiiein Zirkel und Lineal erlauben, dOCh isi
inre Ausiunrung sd korripiilierl daß die Anwendung dieser exakten
Konstruktion iri unserem konkreien Fall wohl auszuschiießen ISL Unier
dieser wexakierw Konsirukiion wirdiene verstanden, die alle gesteiiien
Bedingungen eriuiii. cLh. der Kreisbogen A08 diese Punkte exakt
berunri, sein Mittelpunkt Saui Radius 54', sein iischeiieipunkin aui
Radius 27' liegt, und die Radien DM, SM bzw A05, DS, B5
SXEH gleich groß sind Diese Bedingungen werden nur dann eriiiiii.
wenn AQD eiwas größer ais an isi. woraus lulgt, daß die Winkel um
keine Rechten sind Die genauen werie sind. wenn r. sann
oszeessnißü 0.520384 90,24e2'.y' 39.7549" Die gleich-
Scherikeiigen Dreiecke A,ns und DES Sind sdrnii riieni kongrueril
Vgl Anm Dem niiiisiein Maßsiah beigsfugLbeidem 230cm wir
sind; dies enispricni einem Maßstab von rund 130.
15
die Zeichnung eine gewisse Unsicherheit verrät. S0
scheinen einige Bögen als Doppellinien auf, und ist der
Anschluß vor allem an den inneren Begrenzungskreis
recht ungenau. Hingegen erkennt man den Ortskreis
der Kreisbogenmittelpunkte recht gut und stellt dabei
fest. daß diese Mittelpunkte im Verein mit den Kreisbö-
gen und riRhombenri kein erkennbaresOrdnungsprinzip
ergeben. Das hängt wohl vor allem damit zusammen.
daß der Rosette des Planes ein 42-Eck nzugrundeliegt.
das konstruktiv nicht gewonnen werden kann. Hinge-
gen entspricht das Verhältnis der drei Radien mit
86,5 mm, 53 mm und r3 20 mm ziemlich genau
jenem Verhältnis, das im Absatz 2.5. behandelt wurde,
nämlich 120.61 0.232! Die 42spitzige Rosette und die
Unsicherheit der Kreisbogenziehung sowie der Einsti-
che der Kreisbogenmittelpunkte deuten jedoch darauf
hin. daß herumprobiert wurde, und die saubere Kon-
struktion derRosette noch ausstand. DaderRißauch im
übrigen eineunbeholfeneZeichenkunstverrät.istermit
großer Wahrscheinlichkeit in der Steinmetzwerkstätte
entstanden, die die Pllasterung austührte.
4. Die archivalischen Nachrichten
Da sich der Vertrag zwischen der hf. Hofbaumeisterei
und der von Sebastian Stumpfegger geführten Stein-
metzgruppe mit Hans Schwäbl und Gregor Götzinger
vom 5. April 1707 erhalten hat, sind wir auch von archi-
valischer Seite hergut über die Art der Ausführung und
Bezahlung der Pflasterung unterrichtet." Während
allerdings die Vertragsformulierung bezüglich der iirot-
grauenri Pflasterung in den Schiffsarmen und Ovalka-
pellen unvollständig und unklar ist. werden für das kom-
plizierte Pflasterunterder Kuppel pro Stück ohne Unter-
schied der Größe 20 Kreuzer vereinbart. Das ergibt bei
360 roten und 400 weißen Platten, also insgesamt 760
Platten einen Betrag von 15.200 Kreuzer oder 253 fl.
20 kr. Auf heutige Verhältnisse übertragen. würde das
Rosettenpflaster etwa dreimal so teuer sein."
5. Vergleichbare Pflasterurrgsbeispiele
Über die Pflasterung in Schachbrettform gerade oder
schräg ist kein Wort zu verlieren, sie ist gang und gäbe.
Bei näherem Zusehen stellt man allerdings fest, daß
auch die Kreisbogenbüschel-Rosette nicht so selten ist.
Bei aller Einheitlichkeit der Grundgestalt verfügt sie
über einen gewissen formalen Spielraum, der durch die
Anzahl derSpitzen, die Art der Bogenfiihrung und durch
die Farbgebung bestimmt wird. Wenn die mit Rhomben
zu belegende Fläche keinen Kreisring, sondern einen
Ovalring darstellt. wie aufdem Kapitolsplatz in Rom, wo
außerdem keine kontinuierlichen Kreisbogen, sondern
gebrocheneGeradendie Rnombenbildemwirddie Kon-
struktion komplizierter und scheidet aus unserer
Betrachtung aus." Diese beschränkt sich nur auf
einige kreisrunde und kurvige Beispiele, denen ich
begegnet bin und auf die ich hingewiesen wurde."
Das Motiv war bereits den Römern bekannt, wie ein
Mosaik im Thermenmuseum und eine Gewölbe des
Tempels der Venus und Roma in Rom beweisen. Die
Mosaikrosette ist mittels des 48-Ecks konstruiert und
erreicht durch die Querteilung der einzelnen Rhomben
in dunkle und helle Dreiecke geradezu einen Vasarely-
Effekt." ln der Kapelle des 1546 52 erbauten Schlos-
ses Anet von Philibert Delorme weist die Kuppel eine
Kreisbogenbüschelkassette auf, die auch auf den Fuß-
boden projiziert ist. Nach den mir zurVerfügung stehen-
den Unterlagen beruht die Konstruktion auf einem
regelmäßigen 1B-Eck.'i Eine ähnliche, aus dem 24-Eck
gewonnene Figur findet sich im Gewölbe der Matthäus-
kapelle in Santa Maria in Aracoeli zu Rom Stuckafbeit
nach 1582." Daß dieses Motiv auch im Historismus
auftaucht. beweist die Verwendung in einem Raum der
von Karl Hasenauer 1882 86 erbauten Hermesvilla in
Wien."
6. Der Planer des Vierungsprlasrers
Die verhältnismäßige Kompliziertheit der Konstruktion
der Rosette sowie die zeichnerische Unbeholfenheit
des Steinmetzplanes deuten mit großer Wahrschein-
lichkeit darauf hin, daß die Idee zu dieser Figur und die
Konstruktion dafür vom Architekten selbst, also von
Fischer von Erlach, stammen." Einmal auf das Pro-
blem der Pflasterung aufmerksam geworden. ergibt die
Durchsicht von Fischers Werken, daß er auch auf die-
sen Bereich der Raumgestaltung großen Wert gelegt
hat." Die Anregungen zum Rosettenmuster dürfte
Fischer während seines langen Aufenthaltes in Rom
empfangen haben, dem erja auch den Grundriß der Kol-
legienkirche verdankt."
Anmerkungen 14 2a
Salzburger Liandesarchlv. HtJfbauaktt-m IV in; Frtedr Ptrckmayer,
Notizsnziir aaii-und Kunstgeschichte Salzburgs. sl aus MGSL B143
1903 221 okr lXt912.238. Der Vertrag vom Aoril m1 fanif in
Sedlmayrs Fischer-Monographien von 1956 und rare.
1a Die Unklarheitbestehtdarln, daß im Vertrag eingangs von der Verferti-
gung roterundgrauerhigrabeniimsrrrlorsleinerner Friese gesprochen
wird und spater von zweischuhigen Friesen. für die je Schuh tu kr.
bezahlt werden. Sollten mit dem Pries die diagonalen Sctlaohbrettrel-
16
dergemelntsein Zedlers Unlversallexikorlkenrlt diese Begriffsbestim-
rnungnicht, sdsfahtdamentgegen. daßdladuadratlsctien Platten eine
Seltenlängevon 1.5 scnuii aufwoisan. eszisht man die zweischuhigen
Friese auf dIS rahmsnden Streiten, die tatsächlich messen, dann
werden die scriacnbrattor vertraglich nicht erfaßt Moglicherwelse
sind aber dOch diese gemeint, dann die Flache ainar Plattebeträgt2,25
Quadratschuh oder abgerundet ouadratschuh Der Stückpreis die-
sel Platten zu je tu lir stunde in einer verstandlichen Relation zu den
komplizierter herzustellenden rhombenförrnigen Platten 20 kr. der
Vierungsrosette. Diese Behauptung der Verteuerung stützt sich auf
7. Zusammenfassung und Schluß Fig.
Bei der Vollkommenheit. die die Gestalt der Kollegien-
kirche insgesamt auszeichnet, ist es nicht verwunder-
lich, daß Fischer auch den Fußboden miteinbezogen
hat. Die peripheren Flächen sind diagonal geschacht
dabei fällt auf, daß die Ovalkapellen, obwohl als Subzen-
tren mitbetontervertikalachse ausgeprägt, kein ausge-
sprochen zentrierendes Muster aufweisen; vielmehr
nehmen sie durch die Schrägschachtung an der Langs-
streckung des Grundrisses teil und unterstreichen den
Charakter der Seitenraume auch als eines Begleitwe-
ges. Zentriert ist allein das Pflaster der Vierung als des
iiAngelpunktesri der Grundrißkomposltion. Das iiFlie-
ßendeii der sie umgebenden diagonalen Schachbrett-
tlächen ist in kreisende Bewegung gebracht, die durch
eine gleichstarke Gegenbewegung zum Stillstand
kommt und dadurch zur Rosette wird. Das konstruier-
bare AO-Eck hangt mit dem iwGoldenen Schnittrr zusam-
men und fügt sich der strengen Durchproportionierung
des Baues vorzüglich ein. Ob der Figur außer formalen
lnhalten noch symbolische Bedeutung zukommt, lasse
ich offen? Das bereits den Römern bekannte Roset-
tenmotiv scheint im 16. Jahrhundert besonders beliebt
gewesen zu sein, Seine Verwendung durch Fischer
könnte als weiteres Indiz für Fischers starke Beziehung
zuriirömischen Klassikri gerade im Bau der Kollegienkir-
che angesehen werden." Da die Erzeugung dieses
Musters gewisse geometrische Kenntnisse voraus-
setzt, deutet es beispielhaft auch auf die enge Verbin-
dung von Geometrie und Architektur hin angewandte
Geometrie in dienender Funktion."
Schließlichwirdeinem beisolcher Betrachtung bewußl.
wie wenig Aufmerksamkeit die Kunstgeschichte im all-
gemeinen der Bodengestaltung von Räumen zuwendel;
was man sozusagen ständig nur iimit Füßen trittri,
scheint der Beachtung nicht wert zu sein. Auf diesen
Umstand weist auch Hiltrud Kier hin, die nach ihrervor-
Züglichen Arbeit über mittelalterliche Schmuckfußbö-
den erstmals sehr verdienstvoll auch eine zusammen-
fassende Darstellung über das reizvolle Thema der
Schmuckfußböden in Renaissance und Barock vorge-
legt hat."
folgende Umrechnung Nach Ausiiuhft jener Steinmetzflrma, die im
vergangenen Jahr Ausbesserungen vorgenommen hat. mußte heute
für eine Platte gleich welcher Grüße, Material und Arbeit rnlteinge-
SCHIOSSED. S600 veranschlagtwerden, alsobel insgesamt 760 Plat-
ten 455 ÜÜÜ Als Umrechnungsschlussel nehmen wir einen
Liter Bier. Er kostet zur Zelt rund 30.-. also bekommen wir 1ur
3456000- 15,200 Liter. Ausden Rechnungsbuchelndes Salzbufger
Burgerspltais um 1700 läßt Sich lul einen Liter Bier ein Preis von
3.125 kr erschließen Salzburger Viertel Bier bayerische Maß
3.2 Liter 10kr,vgl.Ht1lbner, Resfdenzstadt Salzburg, Bd 424
und Bralassavic. Unser neues Maß und Gewicht. Wien c. nach
1B72l, 5. Aufl. IV 57. Die 760 Platten kosteten seinerzeit 15 200 kr.
was 4854 Liter Bier entspricht. Da der Matellalprels lur die Platten
heute rund es 000 betragt, liegt die Teuerung im Arbeltspreis und
wohl auch in dsr Besteuerung begrundet
Sedlmayr, Die Area Capltolfna. In Epochen und Werke Wien 1959.
BU1,26611,ÄDD 43
Ich danke den Assistenten des lnstltuts für Kunstgeschichte der Unl-
VErSltät Salzburg Dr Aplelthaler und Dr. U. Nefzger, die mich hilfsbe-
reit unterstützt haben.
A. Blunt, Ph de L'Orme, London 1958. Tat 15721
Wie Anm. 1B, Tal 25a und 25b,
J.E Heidemanfhe cfnquecentoChapel Decoratlons in S. Maria in
Aracoalr In Rorrle, Amsterdam 1982 Utrechter Diss Abb 17
Fuhrer durch die Hermesvilla. Wien 1981, Abb. 36 Klrchensaall.
In verhältnismäßig vielen erhaltenen Archivallen Zur Baugeschichte
der Kullegrenklrche erscheint der Name Fischers wiederholt lrTt
Zusammenhang rnlt nSagrnaii oder Rissen auch von Details und In Ver-
bindung mit Steinrrtetzen. Es rSt daher rnit ziemlicher Sicherheit damit
zu rechnen, da! auch ftlr das komplizierte Rcsetterlmuster ein RIB
Fissliarstvialloicnt der im Vertrag erwähnte vorlag.
Vgl dleAbb lnsedlmayrs Flscherrrtbnograpnlel1976l'Abb.33Fraln,
Abb. 52 und 22t fsalzbtirg. Drellaltigkeitskirche, Abb. 9QWl6rl. Palast
Eatlhyänyl. Abb. tao Wien. Karlsklrche. Abb. 185 und 230 Breslau.
Kurfurstl, Kapelle. Abb. 197, 202 und 236 Wien. Holbibliothek
SanCarloaiCatinari. Vgl Sedlmayr, Die Kolleglenkirche linddie Kirche
der Sorbonne. in, MSLK Bd 120l121 t980lB1 371 398
Forstner, Die Welt derSymbole. lnnsbruck 1961, 75. m. Diedl Fen-
ster in der Kuppel der Hagia soprria setzen ebenfalls die Konstruktion
des 40-Ecks voraus,
Nach Hubnef, Beschreibung, Bd 102, rtließ Erzbischof Johann Ernst
in dieser Kirche sein Gehirn begraben-r. was Martin in seine Barock-
türsten ts, teflubernommen hat lrri Zuge der Vorbereitungsalbeiten
liir das Fischer-Jahr 1956 veranlaßte ich eine diesbezugllche Untersu-
criuhg. dl9 aber kein Ergebnis brachte. Damals wurde allerdings die
Krelsplatte im Zentrum der Flnsette nicht gehoben. Man sollte dies
nachholen. um sndgultig Klarheit zu gewinnen. Vlelleicht bekommt die
Rosette vom Aufbewahrungsort des Gehirns lrt einem wohlgeformten
Galari Zusätzlich einen sinh
II vgl Anm.24 passim
Vltruv, Zehn BücheruberArchttekturtübersetzt von c. Fensterbuschl.
Darmstadt fsea. Such, irVom Estrictw, 315 lr. e. Alberti, Zehn
Bücher Ltberdle Baukunstttibersetztvoh M. Trieuren. Darmstadt 1975.
7. Buch. 381.
Hlltrud Kier. Schmucklußböden in Renalssanceund Barock. Munchen-
Berlin 1975 Kunstwlss. Studien, Bd. 49. Klererwähnt auch den Boden
der Kolleglenkirche S. 24.
Österreichisches Museum für angewandte
Kunst Sammlung von Textilien und
Teppichen
Angela Völker
Spitzen des Barock'
Eine Ausstellung des Österreichischen Museums
lür angewandte Kunst, Wien in Schlaß Hlegersburg,
Niederösterreich
13. 5. bis 31. 10. 1985 mit Katalog.
Die Spitzensammlung des Österreichischen Museums
für angewandte Kunst in Wien ist eine der bedeutend-
sten und umfangreichsten der Welt, wobei Objekte des
16. bis 18. Jahrhunderts den Schwerpunkt bilden.
Neben kontinuierlichen Ankäufen seit der Museums-
gründung 1864 sowie kleineren aber bedeutenden
Legaten, bestimmen auch heute noch vor allen die Stil-
tungen der Bankiersgattin Emilie von Schnapper von
1897 und Berta Pappenheims, einer der ersten wFälletw
Sigmund Freuds. die 1935 erfolgte. den Charakter der
Bestände. Leider ist aus der schönen Sammlung im
Stammhaus am Stubenring nicht zuletzt auch aus kon-
servatorischen Gründen immer nur wenig zu sehen. so
daß die Präsentation im Barockschloß Riegersburg
1985 und 1986 im Museum selbst seit längerer Zeit wie-
der einmal Gelegenheitbietet, anhand von etwa siebzig
Beispielen wenigstens einen Überblick zu vermitteln.
Dem aktuellen Anlaß soll mit den hiervorgestellten her-
vorragenden Beispielen Rechnung getragen werden.
Großer Krage
spitze. sog.
ankrelch 1. Vierlel 17. Jahv
nenspi1ze.ÖMAK,lnv.T
l. Näh-
41
Damenpunräl In eir
17.Jahrhundert M0
Nähspitzenmusterr
delle nobili et virl
ÖMAKIBarockbiblk
lahmen aus Spi1ze. Deutsch
uck au! Leinen. OMAK, lnv.
sabena Calanea Parasola, T4
donne. Rom 1616 Seite
lnv. K. l. 39
vVl'iLnl'rnlk"vl"l
ff
Die wichtigsten und handwerklich anspruchsvo
Spilzentechniken sind Nähen und Klöppeln.
Modell- oder Musterbücher können dazu als besi
bende,aberauchanschaulicheQuellen betrachte
den. Vorallem in Italien hat man diese im späten lt
im 17. Jahrhundert publiziert. Eine repräsentative
wahl, sonst in der Barockbibliothek des Museum
wahrt. bildet. im Feslsaaides Schlosses ausgestel
Einführung zum Thema. Weil sie schon im 18. Jah
dertgearbeitetwurden und damit freilich nicht itba
sind, dennoch eine wichtige Vorstufe darstellen
auch zwei charakteristische italienische Nähs;
nur als lntroduktion zu verstehen.
Das eigentliche Thema aber-vSpitzen des Baroc
beginnt in dieser Ausstellung erst mit den aufweni
genähten Reliefspitzen aus Venedig, die in der zvi.
Hälfte des Jahrhunderts entstanden. Ihre Entwic
wird anhand anschaulicher Beispiele, großer Kr.
breiter Borten und weiterermodischerAccessoire
gezeigt.
Von üppig plastischen floralen Formen wandeln Sil
Muster venezianischer Spitzen zu immer kleinti
ren, verspielten und endlich ganz flach gearbei
Motiven, die den Veränderungen in Mode und S1
entsprechen, Spitzen waren aber nicht nur ein et
beliebterwie kostbarer Aufputz männlicher und
cher Kleidung, man verwendete sie ebenso für li
sche Textilien. In Ftiegersburg demonstriert dies ai
SpitzenkaseLVenedig.3.Vievlel17.Jahrhunder1.Nähspitze
auf rosa Seide. Leihgabe aus Frivatbesitz
Kragemvenw
hundert. När
ÖMAK. lnv.
Mlr
wtze
073
gpilze. ÖMAK. lnv 3734
Armelvulant, Brussexmtte 1B Jahrhunuen Kloppeßprtze
OMAK, lnv T4841
m.
.la
a.
fällig eine prächtige venezianische Spitzenkasel.
Weniger genau als die genähten Spitzen kann man in
Italien Klöppelspitzen dokumentieren. Es ist aber
bekannt, daß eines der Zentren im 17. Jahrhundert in
Mailand lag. Mailänder Klöppelspitzen haben den Cha-
rakter von Bändchenspitze, ihre floralen und figuralen
Motive sind aus im Leinenschlag gearbeiteten, bänd-
chenartigen Formen zusammengesetzt. Die Wiener
Sammlung besitzt aus dieser Gruppe besonders groß-
formatige. ausgewogen gezeichnete Objekte.
Die französische Spitzenproduktion im großen Stil hat
der Finanzberater Ludwigs XIV.. Colbert, 1665 in Form
von Manufakturen in Alencon und Argentan ins Leben
gerufen. Der in ganz Europa hochgeschatzte Luxusarti-
kelnSpitzelwareinfürmerkantilistischeIdeen prädesti-
niertes Produkt. Aus Venedig und Flandern holte man
Arbeiterinnen. die ihre Kunstfertigkeit französischen
Näherinnen vermittelten und damit zum erstaunlichen
Siegeszug des wpoint de Francerr beitrugen. derschließ-
lich der schweren, hochbarocken venezianischen
Spitze den Rang abliet.
Jean Berain 1637- 171 f. genialster Dekorateur sei-
ner Zeit, beeintlußte mit spriihender Phantasie den
gesamten Ausstattungsstil und war sicher auch für den
Umschwung in der Spitzenmode verantwortlich. Es
gelang den französischen Spitzenmanufakturen imwei-
leren Verlauf des 18. Jahrhunderts eine wichtige Rolle
zu spielen wie man in Riegersburg anhand der Bei-
spiele, dievom früheren bis zum Ende des Jahrhunderts
reichen. beobachten kann. wenngleich der eigentliche
Höhepunkt der Spitzen dieser Zeit die tlärnische Klöp-
pelspilze war.
Während man in der ersten Halftedes 18. Jahrhunderts
sehr feine. flache und möglichst dichte Spitzen bevor-
zugte. die man mit zartem flämischen Leinenfaden und
in Klöppeltechnik optimal herzustellen verstand, ergab
sich um die Mitte des Jahrhunderts ein Wandel zur offe-
neren,jetztmitgleichmäßigem Maschengrund gearbei-
teten Spitze,zu deren lnbegriffschließlichdieBrüsseler
Produktewurden. Krawatten. Haubendeckel und daran
herabhängenden Bänder. sog, Barben. zeigen in der
Ausstellung diese Entwicklung. Ein großes Fragment
einer breiten Borte oder eines geklöppelten Stoffes
steht als Beispiel für Kleider aus dem kostbaren Mate-
rial, wie man es auf dem Porträt Maria Theresias von
M. van Meytens in Schloß Schönbrunn bewundern
kann. Hier zeigt sich, daß es sich um eine wahre Kunst
handelte.
Barbe, Flandern, MHKE 18 Jahvhunderl Kloppeßpwtze
OMAK, lnv 5290
am. tßuruär
10 Wenzel HoHar uFHJhH m15 einer Jahreszewtensene
llnhn mm. mm man, llwirxf hßh MMM 4. mMv,v......,.h.m
Österreichisches Museum für angewandte
Kunst Sammlung von Möbeln
und Holzarbeiten zu einer Neuerwerbung
Christian Witt-Dörring
Eine Sitzgruppe aus der
Danhausefschen Möbelfabrik
t983konntedie MöbelsammlungdesÖsterreichischen
Museums für angewandte Kunst einen wichtigen
Ankauf für seine Möbelsammlung tätigen. Es handelt
sichdabei um eine BiedermeiersitzgruppederDanhau-
ser'schen Möbelfabrik, bestehendauseinem Kanapee,
fünf Sesseln und einem dazugehörigen Tisch, Dieser
Zuwachsistfürdas Museum in zweifacherHinsichtvon
Bedeutung. Erstens ergänzt es den während des Zwei-
ten Weltkrieges fast zurGanze vernichteten Bestand an
Biedermeiermöbeln, und zweitens kann nun der seit
den20erJahrenim BesitzdesMuseumsbefindlicheBe-
stand an Möbelzeichnungen der Danhausefschen
Möbelfabrik auch mit ausgeführten Objekten in Zusam-
menhang gebracht werden.
FerneristesvonlnteressedaßessichhierumeineSitz-
gruppenkorrrbination in ursprünglicherZusammenstel-
lung handelt. Eine Tatsache, die umso bedeutender ist,
alsvorallemseitdem EmpiredieSitzgruppezueinerder
wichtigsten Möbelgruppierungen im Wohnraum wird.
Gleichzeitig damit wird zum ersten Mal in unserem Kul-
turbereich die sogenannte Möbelgarnitur aktuell, die,
den einzelnen Zirrrmerfunktionen entsprechend. unter
einerdekorativen Einheit steht, Für die Zeitdes Bieder-
meiers ist im Gegensatzzum EmpiredieZusammenge-
hörigkeit einzelner Elemente zu einer Garnitur oder
Gruppe nicht immer augenscheinlich. Dies ergibt sich
allein schon aus dem oftmaligen Fehlen dekorativer
Oberilächenakzente, die eine solche Zusammengehö-
rigkeit evident erscheinen lassen konnten und dem
Hang der Zeit zu freier Kombination einzelner Stücke,
wie dies auch bei der hier vorgestellten Gruppe der Fall
ist. Dementsprechend ist auch der Firmenkatalog der
Danhauserschen Mobelfabrik nach Möbeltypen und
nicht nach Möbeigarnituren aufgebaut.
Die angekauften Möbel machen es nun auch möglich,
Vergleiche anzustellen zwischen den Zeichnungen im
Katalog der Danhauser'schen Mobelfabrik und den
eigentlichen, ausgeführten Stücken. Hier zeigen sich
nämlichimmerwiederUnterschiede,dieeineZuschrei-
bung an Danhauser zweifelhaft erscheinen lassen
könnten. Bei der näheren Untersuchung der tapezier-
22
tenTeiledesKanapeesunddesTisches kamen mitBlei-
stift auf das Blindhoiz geschriebene Nummern zutage,
die als Katalognummern der Danhauserschen Möbel-
fabrik identifizierbar sind Abb. 3. Am Sitzrahnren des
Kanapees konnte die Nummer 72 und am Rahmen des
Fußpolsters des Tisches die Bezeichnung iiThe Tisch
No 50ir gefunden werden, Stellt man nun den Möbel-
stücken die entsprechenden Danhauserschen Zeich-
nungengegenüberQiCanapetisch NoßttrundiiCanapee
N0 57", so ergeben sich nicht nur in der Numerierung,
sondern auch formal Unterschiede. Beim Tisch sind es
die Beine und die Gelenkstellen der Tischplatte Abb.
und beim Kanapee die Standplalte, die die Rücken-
lehne seitlich begrenzenden Holzstabe sowie die Form
der Armlehnen, die gegenüber den Zeichnungen for-
male Abweichungen aulweisen Abb. 1,5,
Auf den Danhauserschen Zeichnungen hat sich neben
der durchgehenden Katalognummerierung teilweise
auch die Nummerierung einer alleren Katalogzusam-
menstellung erhalten, die mit der Bezeichnung
riehmalsri versehen ist; im Fall des Tisches eben iiehmal
Theetisch No 50" und auf dem Blatt des Kanapees
iiehmal No72ir. Dies stimmtnun mitden aufgefundenen
Nummern und auch der anfanglich widersprüchlichen
Bezeichnung iiThe Tischri überein. Wir haben es daher
bei den jetzt im Besitz des Museums befindl
Stücken höchstwahrscheinlich mit der früherer
sion dieser Entwürfe zu tun, die vor der Umnumr
rung und Modernisierung des allen Firmensortir
entstanden sein müssen. Da die Firmenproduktii
gegen 1825 hauptsächlich von Formen des
geprägt war und die Bereinigung des alten Sorlir
kurz nach 1830 erfolgt sein muß, ergibt sich ii
Möbelstücke die MöglichkeiteinerDatierungin di
um 1825130.
Dasich nurwenige BeispielebiedermeierlicherPr
mobel erhalten haben, wurde der Wiederhersti
des ursprünglichen Aussehens des Kanapees
dere Bedeutung beigemessen. Nach einer ger
Untersuchung der Tapezrerung konnten vier st
sive Tapezierungen nachgewiesen werden. Di
sprüngliche erste Stoff war nur mehr an verein;
Stellen in winzigen Spuren vorgefunden worde
bildete die Grundlage für die heutige in einem
Fiotton gehaltene Fiipstapezierung. Die Bortenfü
ergab sich aus den erhaltenen Zeichnungen.
ursprüngliche Farbe der Borten und Quasten
keineAnhaltspunkteGemäß den Usancen derZe
Posamenterie in einer zum Bezugsstotf passt
Komplementarlarbezuwählen,wurdeGrünverwe
Kanapee, Krrschbaumholz massiv und ti
93 X182 68cm ErrlwuriurrdAusluhrung. Danhauss
Mobelfabrrk, Wien um i825i30
Zustand nach der Restaurierung rnrl rekonstruierterO
bespannung
OMAK-lnv, Nr 2726
Eckdivanmodeil Nr 25 aus der Darrlrauserschen
brik Ehemals irr Sclrloß Pcrkulu
Aus Folnesics; Innenräume und Hausrath der Emp
Bredermererzeir, Wien rsoa, Tll. 51
Modelirrurrrrrier der brmntiusrersciien Mobeifabrik
Bilzrahrnen des Kanapees
OMAK-lnv Nr 2726
Kanapee 2726i vor der Restaurierung und Wiedert
lung der originalen Farb- Proporlionsverhaitnlsse
Zatalogblan wCanapäe No 57- der Danhauserschen Möbel-
pbrik. Bleislifl und Feder, 21.5 26.2 cm
MAK-lnv. N1. K.l. 8971IXXVI624
Tisch; Kirschbaumholz massiv und fumien; 78.5x Katalügüla" WSTIEPQÜSC" N9 31' de? DSVWEUSFWSCTYQ"
142 63.5 cm Möbelfabvik. Bleistift und Feder, 21.7 27.2 cm
EnlwurfundAuslührung DanhausefscheMöbellabrihwien ÖMAK-lnv. Nr. K.I. 8971ILXXlVl1979
um 1825130
esse; Kirschbaumholz massiv und fumien; 88x43.5x
cm
ntwuri undAuslührung Danhausefsche Möbelfabrik. Wien
1825l3U
ustand vor der Restaurierung
rMAK-lnv. Nr. 2728
Katalogblattmi1SesselmodellNo122 der Danhausefschen
Möbeliabrik. Bleistii! und Feder 25.2 6B cm
ÖMAKßlnv. Nr. K.l. B971IXXXI952
Roland L. Schachel
Wie ein gläsernes Meer,
mit Feuer gemengt.
Zu den Glaskunstwerken
von Lydia Roppol?
nuu lau-Mai iiIl' 153g
Wll hlä! Iilll n.
äygß wein
DIA IIIXVR
Iil
V.
lllil
nmlä Ääßlfil
Unter den großen Visionen unseres Jahrhunderts sind
die von ehrlurchtigern Staunen uber die Schönheit der
Schöpfung getragenen Entwurfe lLir die Schmückung
unseres Planeten mit nie dagewesenen lichterfullten.
tarbstrahlenden, glasernan Architekturen die poesie-
vollsten
9A
Zu ienerZeit, alsAbt Sugervon Saint Denisdiegotische
KathedralealsirdischevorwegnahmeallerHerrlichkei-
ten des ReichesGottes konzipierte und damit ieneWun-
der an farbigem, mystischen Licht schuf, die alles über-
trafen, was Byzanz und Ravenna bis dahin an schim-
mernden Mosaiken geschaffen hatten, war das Glas
kostbarer als heute und das Wagnis ungeheuer Aber
der Glaube unseres Jahrhunderts war zu schwach, um
tatsächlich die hervorragendsten Punkte der Erde mit
brillanten Kristallen zu schmucken, die das Sonnenlicht
tunkelnd widerstrahlen, den nachtlichen Gestirnen
aber sich wie magische Ampeln zugesellen. Das
wenige, was auf dem Wege dahin tatsächlich geschaf-
fen werden konnte, sank im Krieg in Schutt und Scher-
ben
Um 1950 lebte die ldee zuerst in Frankreich wieder auf
In Österreich war es Lydia Fioppolt, die, auf der rast-
losen Suche nach der vollkommenen malerischen Ver-
wirklichung des Lichtes, das Gestalten mit durchleuch-
tetem farbigen Glas als eine ihrem künstlerischen
Streben gemaße Moglichkeit entdeckte. Nach einge-
hendem Studium des Lichtwunders von Chartreswagte
sieden ersten Versuch. der ihr sofort einen ehrenvollen
Auftrag nach Kanada und die Einladung zum Wettbe-
werb für die Glasfenster der sogenannten VÖEST-
Kirche in Linz-Bindermichl einbrachte. iiDa schwor ich,
dermodernen Kunstauchjene Mystikzugeben, ausder
die alten Kathedralen noch heute lebenir, erinnert sich
Lydia Roppolt.
Als der jüngsten Teilnehmerin wurde ihr mit Stim-
meneinhelligkeit der erste Preis zuerkannt und der Auf-
trag erteilt, dieses beispiellose Werk t956 1958 aus-
zuführen
In Linz-Bindermichl schuf Lydia Fioppolt das erste und
bedeutendste Werk sakraler Glaskunsl in Österreich
und einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung eines
Jahrhunderttraumes. Sie errang damit großte interna-
tionale Anerkennung und die Fiihrung in der Glasmale-
rei Österreichs, in der sie in ieder Hinsicht bahnbre-
chende Wirkung entlaltete.
Lydia Roppolt ist die erste. die dieses in Österreich bis
dahin nur gewerblich oder kunstgewerblich betriebene
Metier künstlerisch zahmte und den Ausdruck dessel-
ben sowie seine Attraktivität so bedeutend steigerte.
daß es mit der Zeit auch andere Kunstler zu interessie-
ren begann.Sieermöglichtedamiteinementwicklungs-
fahigen Zweig der österreichischen Wirtschaft einen
bedeutenden Aufschwung, und es waren ihre person-
lichen künstlerischen Erfolge, durch die sie ihm euro-
päische und uberseeische Wirkungsbereiche eröff-
nete.
Aber Lydia Roppolt ist heute die einzige Künstlerin
geblieben, die nicht einfach ihre erfolgreichen rn
schen Praktiken auf einen glasernen Bildträger
nimmt. sondern das Glas selbst als Materialisie
von Farbe und Licht gerriaß seiner Eigengeset;
keit kunstlerisch aussclidplt. Von Anfang an verwa
daher alle auf dem Prinzip des Auftragens oder
gens von Farbe beruhenden Praktiken, die dort ai
chend wirkungsvoll sind, wo nur reflektierendes
vorhanden ist, die aberdie Transparenzdes Glase
ben und daher dieser besonderen Materialeigens
nicht gerecht werden Die Malerei mit Schmelzla
oder mit Schwarzlot, besonders die vom Holzsc
oder vom Sgraffito übernommene Methode, dii
sarnte Glaslläche zunächst mit Schwarzlot zu ve
kein und sodann aus dieser Schicht Lichter herai
kratzen, sind dem Wesen des Glases voilig fremd
gilt auch für das Atzen, bei dem die Oberflachedes
ses autgerauht und seine Brillanz zerstort wird
Lydia Roboolt strebt bei ihren Glaskunstwerken
kommene Durchschienenheitir und brillante Gla
heit an. Das Glas rnuß funkeln, blitzen, feuerspri
die Farbe iiAusdruck einer strahlenden. überaus
tigen Explosionii sein. Daher konzentriert sict
Künstlerin auf die Weiterentwicklung der alten rni
schen Technik, bei der die eigentlich graphische
tion, Konturen und Binnenzeichnung zu bilden
Fugengestaltung zukommt.
Folgerichtig griff sie neben der traditionellen Echte
Verglasung mit verbleiten Fugen die in Frankreict
entwickelte Technik der rnit Beton vergessenen
glasfenster, als ihrem künstlerischen Wollen ent
chend, auf und wendete sie schon 1957 in Linz-Bit
michlerstrnalsinÖsterreich an. DieseTechnikver
vom Künstler, der seine Vorstellung genau verwirl
sehen will. eine starkere Prasenz am Werktiscr
sichtlich der Fugengestaltung und eine große ges
rische Sicherheit hinsichtlich der Farben, weil eir
hergestellte Scheibe erst nach dem Abbinden
Fugenbetons in der Durchsicht betrachtet we
kann. zu einem Zeitpunkt also, da Korrekturen
mehr möglich sind.
Ein absolutes Farbengedachtnis gehort zu den br
deren Begabungen von Lydia Fiopoolt Es ist dernz
luten Gehör vergleichbar und unter Malern ebensi
ten wie jenes unter Musikern In Verbindung mit
guten Zahlengedächtnisvermag Lydia Roppolt ied
liebige Farbe mit der zugehörigen Zahl des Glas
ments zu benennen. Infolgedessen kann sie auf la
Kartone verzichten, und ist sie nicht auf die individ
Farbinterpretaiion durch den ausfuhrenden Me
angewiesen.
Dies gestattet Lydia Fioppolt, direkt mit dem lart
Lydia Fiobpolt. llDU bist mlt Licrii urnhullt, wie mit elnem
Gewandi-Ps 104 Dickglas,ca AGOxBOOcm Autobahnkir-
che Haid, rechte Seitenwand, linkes Feld. 1975l77
Lydia Roppolt. iiDu bist mit Licht urrihullt. wie mit einem
ßewandirtPs 104 Dlckglasca 460x600cni Autobahnkir-
che Haid, rechte Seitenwand. Mittelfeld. l976l77
Lydia Roppolt, Poetische Gestalt "Blatt-t Lcriianiikglas.
350x 78cm ThalheirimSt Agyd.mittleiesChorleiistei,1976
Lydia Ftoppolt. iiFlarnmenzungen urid Wassertlussett Echt-
antlkglas. 268x630 cm, Linz-Uifahi. Chiistkciiigskirche.
Taulkapelle, rechts von Mitte. 198!
Licht zu gestalten und durch raffinierte gegenseitige
Steigerung der Farbwirkung jenes unnachahmliche
Funkeln und Glühen hervorzurufen, das so viel zum
Ruhm ihrer Glaskunstwerke beigetragen hat
Ihre stets eigenhändig und mit aller graphischen
Finessegezeichneten Kartcne beschranken sichdaher
in der Regel aufdas Liniennetz der Fugen und Konturen
unddie Farbglasnummern SiesindeinerOrchesterpar-
titurvergleichbar, dieden lnterprelalionsspielraum des
ausfuhrenden Meistersdurch prazisevorschreibungen
weitgehend einschrankt. Naturgemäß verlangt Lydia
Fibppclt die größte Genauigkeit bei der Umsetzung der
Kartone, bei der ia nicht nur der Glasschnitt endgültig
fixiert, sondern auch die Schattierung und Farbintensi-
tät der Glasstucke festgelegt wird
Da rnit der Fugenverbleiung allein eine ausreichend
lebendige Differenzierung der Konturen nicht erreicht
werden kann, wie sie die Kunstlerin als wichtigste
Gestaltungsmittel irn Karton festgelegt hat. muß Lydia
Roppolt die Konturen mit Schwarzlot nachziehen und
ihnen dadurch wieder die charakteristische l-land-
schrift zurückgeben.
Da die Schwarzlotlinien durch Brennen der Glaser
fixiert werden müssen. ist die absolute Farbbestandig-
keit der Gläser beim Brennen erforderlich Uberfang-
glaser, deren Brennverhalten weitgehend unberechen-
bar ist, scheiden daher aus. weil mit ihnen das der
künstlerischen Absicht entsprechende Ergebnis nicht
garantiert werden kann
Die Auswahl der Glaser nach Farbe, lntensitat und
Schattierung sowie hlnsichtlich der Farbbestandigkelt
beim Brennengehortzudenwichtigsten kunstlerlschen
Entscheidungen Lydia Rcppolt triftt daher die Auswahl
in der Glashiitte selbst. um die großtmogliche Authenti-
zitat bei der Umsetzung ihrer Absicht zu erreichen.
Obwohl Lydia Floppolts reiches Glaskunstschaften aus
demselben eigenwillig engagierten Geiste entspringt
wie ihre zwischen Kuhnheit und lnnigkeit virtuos balan-
cierenden Fresken, dieallzuoflzunachstdenwiderwar-
tigsten Anfeindungen ausgesetzt waren, ehe man ihre
wahre Bedeutung anerkannte, erlangten ihre Glasfen-
stersogargrößte Popularität Anvielen Orten kann man
ihre Schöpfungen bewundern. mit denen sie zur Ver-
mehrung der Schönheit in unserem Land ganz wesent-
lich beigetragen und beispielhaft gezeigt hat, wie man
anspruchsvolle Kunstwerkeunserem LGOENSFGUWWIG
grieren kann
Aus ihrem Schaffen der letzten zehn Jahre sollen nun
vier Werke von Lydia Roppolt vorgestellt werden.
Ein Hauptwerk österreichischer Glaskunst birgt die
sogenannte Autobahnkirche in Haid bei Traun. 1964
wurde Lydia Fioppolt mit der Errichtung einer Dickglas-
wand in derTaufkapelle an der Eingangseite der Kirche
beauftragt. Erst 1975 konnten auch anstelle der provi-
CVXYIlFIShIXhIISIIKHÜ1IHIHIRIÄrX PxAirtAn Qnrimn IIHA Da. w"...
Fur die Seitenwände des Kirchenraumes schuf Lydia
Ftcppclt je drei Dickglaswandlelder von ca rn Höhe
undcaöm Breite AlleFeldererhielteninsichgeschlos-
sehe, rhythmischstarkgegliederte,lntensivleuchtende
Farbflachenkompositionen.diezwaruntereinanderfor-
mal verwandt. aber doch deutlich individuell gestaltet
sind. Der Eindruck dieser Glaswände ist außerordent-
lich stark und festlich, Sle lassen sich heute uberhaupt
nicht mehr wegdenken. da diese Klrche ihren sakralen
Charakter ausschließlich von diesen Glaswänden er-
halt.
Lydia Floppolt notierte über die Fenster von Haid
liDEmWlTSlCh völlige Durchschienenheiterelgne, soll nur
sein schwereloses Glas, Feuer. ein Meer dahinstrc-
menden Lichtes. Glas, Feuer und Meer werden in der
Apokalypse als Symbol des Himmels und der Gegen-
wart Gottes verwendet" Ich sah etwaswieein gläsernes
Meer, rnit Feuer gemengt Abstrakte Bilder führen
uns zu Meditationen, die Formen laden uns zum Mit-
schreiten und Mitschwingen ein, Erst im Zusammen-
wirken aller ertullt sich die Kunst. Bel Grunewald arn
Ende versagen alle bildlichen Mittel Engel sind Flam-
rnenstöße im Feuerrneer der Gottheitll
Zur Ausstellung "Tausend Jahre europäische Glas-
kunstil schrieb Lydia Rcppolt uber die Glaswände von
Haid. wEs heißt. daß Gott in pnzuganglichem Lichte"
wohnt, Wenn Gott im unzuganglichen Lichte ist, so rnuß
dieses Licht dennoch seine Strahlen aussenden Die
Strahlen dieses Lichtes autzufangen und sie im Prisma
geisterfullter Materie aufleuchten zu lassen, das istdie
beste Deutung fur diesen monumentalen Glasfen-
Stertries ri
Andere Aussagen der Künstlerin welsen auf den rhyth-
misch fortschreitenden Duktus dieses gewaltigen Frie-
ses hin HLEUChtSChlllI" oderw Du bistmit Lichtumhüllt,
wie mit einem Gewand Ps 104V
Ganz anders wirken die Echtantikglasfenster der goti-
schen Kirche St Agyd in Thalheim bei Wels. Vier zwei-
teilige Maßwerkfenster im Chor und funl ungeteilte im
Schiff erhellen den kleinen Kirchenraum mit rnildem
Lichte. DietunfFensterimSchlffsindeindeutigtigiirlich
gestaltet li-Notheltenl. allerdings so stark vereinfacht,
daß ihre Ausdeutung die Phantasie der Betrachter an-
regt. Dagegen schweben in den Chorfenstern vier
unterschiedliche poetische Gestalten, die der Ausdeu-
tung im Zusammenhang mit dem Geschehen am Altar
keinerlei Grenzen setzen. Unubersehbar ist ihre fest-
liche Pracht, ihr Reichtum in Form und Farbe und die
lritnncilät ihrnvtltliriziinn als rnnarlnr Ixlnlhnlfarrilwnrlrilft
beiden mittleren in dunkel leuchtendem Grün und
ebenso sattem Rot erscheinen.
Lydia Roppolt notiertedazu i-Mrr gefiel die gotische Kir-
che sehr gut, und ich wollte etwas Kostbares schaffen.
ich glaube. ich habe das Wesen der Gotik erfaßt. In der
Glaskunstmußmanwirklich sehreinfachsein,damitdie
Wirkung umsogroßer ist. Das Licht der Sonne bringt die
Farben zum Leuchten und Klingen." Sie weist auf den
intensiven Widerschein dieser Gestalten auf das im
Chorhangende Kruzifix hin. insbesondere auf das inder
Glaskunst so seltene Grun liiHoffnungsschimmer. .i.
und nennt die grüne Gestalt beiläufig "Biantf. Ohne sol-
che spontane Äu ßeru ngen überzubewerten, bestätigen
siedoch die Beobachtung, daß selbst die abstraktesten
Schöpfungen von Lydia Roppolt nicht gegenstandslos
sind, sondern daß ihnen sehr reale Erfahrungen
zugrunde liegen.
Fur die elf Fenster der kreisrunden Taufkapelle der
Christkonigkirche in Linz-Urfahr schuf Lydia Roppolt
stark abstrahierte Bildfenster in Echtantikglas zum
Thema iiFlammenzungen und Wasserflusseri, einem
Thema, das bei vielen alten lnitiationsriten eine Rolle
spielt und auch der christlichen Taufe symbolisch Aus-
druck verleiht ln hellen, überaus duftigen Farben wer-
den die blauen Wasser, herabsturzend in Wasserfällen
und in Becken ruhend. und die darüber schwebenden
roten Feuerzungen dargestellt Von oben ragt die rote
Sonne in die seitlichen Fenster herein, wahrend sie in
den mittleren Fenstern, selbst nicht sichtbar, in den
Wassern rot widerscheint. Dieses Werk verströmt trotz
seinerLebendigkeit in FarbeundSlrich einegroße Ruhe
und atmet die Frische einer sommerlichen Mor-
genfruhe.
Wie kaum ein anderer Künstler der letzten Jahrzehnte
hat Lydia Roppolt durch ihr Werk Anteil an der grundle-
genden Erneuerung der christlichen Kunst. Wie ein
erratischer Block steht ihr Werk inmitten der durch die
ratlose Flucht der im Glauben wie in der Kunst Verunsi-
cherten. Ihr kompromißloses, auf den Wesenkern des
Glaubens direkt zugehendes Gestalten hat unzählige,
konventionelle Betrachter durch ihre Kühnheit befrem-
dende, oft erschreckende Werke hervorgebracht, die-
neben den großten Zeugnissen christlicher Kunst wür-
dig bestehen können. Niemals allerdings hatte sie
beabsichtigt, künstlerisch zu schockieren Die offen-
bareWahrheitaberistnieangenehnmuriddie Frohe Bot-
schaftverlangtvomChristen nichtwenigeratssotortige
Umkehr und Anderung seines Lebens.
Die großen Präsentationen religiöser Kunst, die rund
um den Katholikentag T983 in Wien, Linz, Salzburg und
26
anderswostatttanden,haben ein grellesSchlaglichtauf
diese allgemeine Verunsicherung und Ratlosigkeit ge-
worfen. Die Fragen nach der Wahrhaftigkeit der Kunst
und nach der Wahrhaftigkeit des Glaubenswurden dort
sowenig berührLalsobes nicht not tate,sieimmerwie-
derzu stellen und immervon neuem nach Antworten zu
suchen.
Erzbischof Dr. Jachym hat Lydia Roppolt den ehrenvol-
len Auftrag erteilt, die Fenster der neuen Ptarrkirche
zum Göttlichen Erlöser in Wlen-Brigittenau Burghart-
gassezugestalten undmitdiesem,seinemletzenWerk
als Baureferent der Wiener Erzdiözese dem Wunsch
der Künstlerin entsprochen, das zentrale Thema des
Glaubens nicht bloß symbolisch. sondern figürlich dar-
stellenzudürfen.Seinem persönlichen Mutundseinem
Vertrauen in die gestalterische Kraft Lydia Roppolts ist
diese überwältigende Verkörperung christlichen
Bekenntnisses zu verdanken.
Lydia Roppolt fand hier nicht einfach eine Fensterwand
vor, sondern sieben Raumoffnungen unterschiedlicher
Größe, Form und Höhenlage, die zudem in verschiede-
nen Ebenen mit einem kräftigen konstruktiven Raster
geschlossen wurden und den Kirchenraum hinten ab-
QTGHZGTT.
Die insgesamt 33 breite Bildkomposition zeigt den
geheimnisvoll geordneten Kosmos unter dem als Zei-
chen der Versöhnung alles überspannenden Regenbo-
gen und im hohen Mittelfeld den die Grenzen des
Raumes überschreitenden gottlichen Erlöser am
Kreuz.
Lydia Roppolt notierte zu ihrem Erlöserfenster wln der
Mitte ist der Erlöser, DieGeste des geneigten Kopfes ist
tief mystisch und bewegend, ist Hingabe. Er ist fürewig
als Erlöser erhoben. Für den Leib wählte ich Hellrot,
Selen;derKreuzesbalkenistinleuchtendem Rot. Damit
der Korpus richtig erstrahle. umkränzte ich ihn mithel-
len Liniendamiterumsomehr leuchte, und mitmeinen
Schwarzlotlinien brachte ich noch ern richtiges Vibrie-
ren und Glitzern hinein Ganz ruhig und herrlich schön
ist dieserChristus geworden. Unirdisch hebt er sich in
denHimmel.WasichamAnfangmeineskunstlerischen
Weges gewollt habe, ist nicht verforengegangen, im
Gegenteil. ich habe eine Steigerung erreicht. Es war ein
sehr lieber Pfarrer dort. der sagte, bei ihm würde das
eine Wallfahrtskirche werden
Lydia Roppolt ist begnadet mit dem unter den heute
schaffenden Künstlern überaus seltenen Charisma der
Bildverkündigung. Unter Verzicht aut alle äußeren
Zufälligkeiten,wie körperliche SchönheiLjaselbst ana-
tomische Richtigkeit, die von den Künstlern früherer
Zeiten oft nur unter dem Vorwand religiöser Thematik
ins Bild gebracht werden durtten und daher oft über die
thematische Notwendigkeit hinaus ausgekostet wur-
den, stoßt Lydia Roppolt abrupt zum eigentlichen
Thema vor. dem durch seine Bereitschaft zum Leiden
und zum Tod tur unsere Erlosung erniedrigten Aller-
hochsten Diese Ambivalenz Christi wahrer Mensch
und wahrer Gott, der mit aller Schuld beladene schuld-
los Reine, der durch den Tod zum ewigen Leben Aufer-
standene dieses unbegreitliche Paradox des neuen
Testaments ist in Lydia Roppolts Erloserfenster faszi-
nierend zum Ausdruck gebracht.
Lydia Roppolt schuf ein Christusbild, das gewaltig ist
und zugleich innig und zart. Ein Bild jedenfalls und kein
Foto. Ihre Schopfung kann daher weder naturalistisch
noch ungegenständlich sein. Sie will keine Sachver-
halte mitteilen. die Leidensgeschichte weder illustrie-
ren noch versinnlichen und Christus nicht porträtieren.
Ihr Gegenstand ist eigentlich die geistige Realität des
Glaubens. Ihre Gestalten entstammen zwar dem
Bereich unserer Erfahrungen. da sie verstandlich sein
mussen wie jede Verkundigung, und sind daher dem
Inhalt nach gegenständlich. der Form nach abstrakt.
das heißt. von den Zufälligkeiten der Erscheinungsviel-
falt befreit und auf das allgemein Gültige verdichtet.
Diegedrungenen Korperproportionen des Erlosers und
seine abgewinkelten Arme rufen die Erinnerung an das
Kind in der Krippe wach, das widerspruchsloser geliebt
wird als der Gekreuzigte. Zusammen mit den duftlgen
Farben des Körpers drücken sie Verfetzlichkeit und
Schutzbedürftigkeit aus. rufen unsere Muttergefuhle
wach, appellieren an unsere Ritterlichkeit und besänfti-
gen unsere Aggressionen gegen Größe und Herrlich-
keit. lndem uns Christus schwach erscheint. fuhlen wir
unsgestarktundzurVerantwortung aufgerufen.Gleich-
zeitig aber ist Christus über die Maßen groß und prach-
trg, laßt uns unsere Kleinheit und Begrenztheit erken-
nen. versetzt uns in die Rolle des Schutz suchenden
Kindes.des minderen Bruders, ruftunsautunsliebens-
würdig zu erweisen und erweckt unsere Sehnsucht. so
zu werden wie er
NichtdiebeklemmendeRealitätdesTodes,sondern die
Verheißung neuen Lebens darzustellen, war das
erklärte Ziel der Kunstlerin. Nicht Leichenblässe, son-
dern die Farben der untergehenden Sonne gab sie dem
Gekreuzigteri, unct das Bild erstrahlt umso feuriger. ie
weiter die Sonne westwärts sinkt
Wenn Lydia Roppolt die Wundmale Christi als Quellen
leuchtender.endlos sich ausbreitenderundindieande-
ren Teile der Gesamtkomposition hinüberfließende
idia FtoppcrlLErloserlerister iiRcgeribogeniiundiiKosmosri. Wleri-Biigrilteiiau. Etloserkirche. Mittetleld, 1983 Ströme darstellt. SO Wird das gewiß nicht als Aussage
IYiIE-IVHIKQIGS, 264x490 cm und 440x580 cm WlElTBfF Lydia Ftoppoll Erloserfenster "Kosmosittind egenbogenii
lleriau.Erloserkrrchetlinksr? tinas Feld.1983 Lchlarrlikql 338x47 und 191x410 cm WlSH ubweme" anammlsc Sdclvelhdllmlßvelstande"
iaia FioppolLErloserlensler Eclrlatirlikglas,SGSXSODCITI Bllgtllehäu, foselkitchetreehlil. W103 Feld. iosa werden. Sondern BIS Svrnbßl der alles ergreifenden
Liebe und Gnade erkannt werden, die durch den Opfer-
tod Christi in diese Welt gesetzt wurde.
Lydia Ftoppolt notiert uber ihre künstlerischen Pro-
bleme iiDynamik undSpannung mitdengeringsten MlIV
teln erreichen. Meine Neigung zur Entaußerungwachst
immer mehr, sowohl in den Farb als auch in der Dare
stellung des Eigurlichen.
Die Glasfenster sparsam tn der Farbe und sehr einfach
in der Form, das helßt aber nicht, daßdie Dynamik fehlt
im Gegenteil, diese nimmt zu,
Eine modellierte Form ist weniger überraschend als
eine nicht modellierte Ohne Modellierung nach Hell-
Dunkel kennt die Tiefe keine Grenzen. Die Bewegung
kann slch unendlich fortsetzen
Meine Formen, auch die gegenständlichen, haben eine
große Vereinfachung erfahren. Sehr vereinfacht sind
die figürlichen Darsteliungen menschlicher und leben-
diger, als wenn sie mit allen Einzelheiten dargestellt
warermdannwurdeihnenjenesimaginäre Lebenfehlen,
das alles verherrlicht.
Die Welt als Ganzes nehmen, jeden Gegenstand um
sich herum, sich bezaubern lassen, das Gras wachsen
hören und eine unerschnplliche Fahigkeit haben, zu
staunen.
Aus der Gegenstandswelt das geheimnisvolle LEBEN
herausziehen, das die meisten Menschen nicht wahre
nehmen, das der Kunstler als erster entdeckt
Die Formen auf den Bildern slnd beweglich und unbe-
weglich zugleich iwiestunime Musik unbeweglich
wegen derSauberkeitder Umrisse aufunbeweglichem
Grund aber gerade weil sie unbewegllch sind,
erwecken sie Bewegungen
Aulder Erde stehen und die Kraft furden Sprung finden.
Das ist das ganze Geheimnis Die Erde undden Himmel
sehen und die ununterbrochenen Stimmen der Schope
funghoren. DieSachenwachsen,reifenViele Prozesse
sind da. oft schweres LEID oder himmelsturmende
Freude. S0 reifen die Bilder in meiner Seele Kt
XII
15 fäläl
WienÄBriginenau, Erlöserkivche, Mittelleld, 1983
Lydia Roppolt, Erlöserfenster wKosmos und wRegenbogen-l.
Echtantlkglas. 338x470 cm und 191 X410 cm. Wienv
Brigitienau, Erlöserkirche rechts, und 3. Feld, 1983
Peter Weiermair
Zum Problem der inszenierten
Fotografie im 19. und 20. Jahr-
hundert
Wechselwirkung zwischen Kunst und Foto-
grafie
Den Anlaß für eine grundsätzliche Betrachtung dieses
Themas ergibt sowohl die Tatsache, daß jüngere Foto-
grafen als auch bildende Künstler. welche sich des
Mediums der Fotografie bedienen, sich mit iistaged
photo EVQHISu auseinandersetzen. welche ihre Vorge-
schichte eher in der Tradition der bildenden Künste seit
den sechziger Jahren besitzen wie auch der Umstand,
daß im späten 19. Jahrhundert in der Geschichte der
Fotografie eine deutliche Parallelität zwischen dem
lnszenierungsgedanken in der Malerei wie auch in der
Fotografie feststellbar ist. Fürdie. welche in den letzten
Jahren innerhalb der Fotografie einen Innovations-
schubvermißten. mußdiese iiinszenierte Fotografiea, in
den Vorstellungen derspälen Konzeptkunst, der Perfor-
mancebewegung, der Korperkunst und Selbstdarstel-
lung weiterentwickelt wurden, ein Phänomen darstel-
len, welches gleichermaßen von der Fotografie, in der
historische Vorläufer, freilich unter anderen Bedingun-
gen des Entstehens gefunden werden können wie von
den bildenden Künsten, im Hinbllckaufdie Erweiterung
der Medien reklamiert werden kann.
Seit Beginn der künstlerischen Fotografie besteht eine
Rivalität zwischen der iistraight photographyrr und den
verschiedenen pictorialistischen Vorstellungen. Erste-
re war immer vom Ideal der Klarheit und Objektivität.
der Registrierung der Wirklichkeit, wie wir, das heißt
besser die Kamera mit den ihr eigenen technischen
Bedingungen und Möglichkeiten sie aufzeichnet, gelei-
tet. letztere haben ihre oft symbolischen Bildkomposi-
tionen immer mit allen denkbaren Mitteln realisiert. In
erster Liniewaren es moralische Gründe, Gründe eines
wieimmergearteten Engagements, auch ästhetischen.
welche die Manipulation rechtfertigen. Die Anlehnung
an die Kompositionsweisen und lkonographischen Vor-
bilderder gleichzeitigen bildenden Künste wardeutlich,
Henry Peach Robinson schrieb 1895 iilt is hisdes Foto-
grafen imperative duty to avoid the mean. the bare and
the ugly and to aim to elevate his subject, to avoid
awkard forms and to correct the unpicturesoueß
Bis in die fünfziger Jahre unseres Jahrhunderts gibt es,
insbesondere in der bald nach der Jahrhundertwende
auftauchenden Werbe, Tanz- und Aklfotografie wie der
Modefotografie eine reiche Landschaft konstruierter.
fürdieAbbildung sorgfältig inszenierter Fotografie. Der
Begriff der Inszenierung, aus dem Theater entlehnt,
meint ja nichts anderes. als daß der Bildgegenstand für
dieAufnahmein räumlicher DisposiliomAusschnitlund
Beleuchtung sorgfältig gestellt wird, die Aufnahme nur
die Dokumentation dieses künstlerischen Akts der
iilnszenierungrr ist. Dabei liefertdie Fotografie nichtsel-
ten sprechende Bilder. welche ein Vor- und Nachher in
sich einschließen. Die Entwicklung begann mit Oscar
Rejländers iiThe two ways of Iifeir aus dem Jahre 1857.
einer Aufnahme welche in moralisierender Absicht das
Jedermannthema vorführt, akademisch belehrend und
ganz in der Bildtradition der akademischen Genrernale-
rei derZeit, und endet mit der surrealen Ding- und Kör-
permagie der Aufnahmen im surrealistischen Werk
Man Rays und George Platt-Lynes. Seit den siebziger
Jahren des XX. Jahrhunderts gibt es nun eine wesent-
Iiche Weiterentwicklung, deren Quellen im Surrealis-
mus Iiegen, aber auch aus der Pop-Art kommen, aus der
Konzeptkunst und dem Phänomen der Selbstdarstel-
lung imfotografischen Bilde. Möglichkeiten und Effekte
werden der Werbung, dem kommerziellen Film und
auch der kommerziellen Fotografie entnommen. Große
Formate. starke Farbigkeit. wenig Schwarzweißauf-
nahmen und eine direkte. oft sehr aggressive Präsenta-
tion sind Kennzeichen dieser oft lebensgroßen Arbei-
ten. Der grundsätzliche Zugang ist ähnlich wie in der
fotografischen Kunst der symbolistischen Fotografen
des 19. Jahrhunderts oder der inszenierten Fotografie
in der piktorialistischen Fotografie der Jahrhundert-
wende. Der Fotograf stellt die Szene. komponiert sie,
überläßt möglichst wenig dem Zufall. Es handelt sich
um eine Atelierfotografie reinsten Wassers. Jedes
Detail wird ernstgenommen. Das, was Element der
Inszenierung inderfrühen Fotografie ist. Teil der unfrei-
willigen Komik. der belehrende Ernst. die Imitation der
Malerei wird hingegen in der jüngsten Fotografie iro-
nischeingesetzt. Man spieltmitderWirkIichkeitssugge-
stion der Fotografie, der Tatsache, daß alles. was in die
Aufnahme eingeht und dem Betrachter vermittelt wird,
Paul Pichier, Bukolische Landschaft Hirtenszene bei San
Vigtlio Gerda, ca 1900 Abzug von der Glasplatte
John Hiliiard. Drawn, 1951. Crbachromes and alurriinium
Egon SchieIeIAntios Trcka, Portrait Egon Schiele, 1914
nicht nur für wirklich, sondern auch für wahr gehalten
wird. SowohlJ. B. Wellington mitderAulnahme iiDer
Tod des Sommersrt wiedererwahnte Rejländerillustrie-
ren symbolische, allegorische oder moralische The-
men. Eine Fotografin wie Julie Margret Cameron zeigt
in ihren Aufnahmen die deutliche Anlehnung an prä-
raffaelitische Vorbilder. Einflußreich nicht nur für die
antikisierende Kostümfotografie des späten 19. Jahr-
hunderts. sondern für die Malerei. welche Bildvor-
stellungen Gloedens tradierte Gloeden selbst bezog
sich ebenfalls auf Vorbilder, etwa den Akt Hypolyte
Flandrins, der später bei Maxlield Parish wieder auf-
taucht, war Wilhelm von Gloeden 1856- 1931. Er
arbeitete im Gegensatz zu den Piktoralisten auf Albu-
minpapier mit Platintönung und versuchte nicht durch
die Bearbeitung des Positivs den Eindruck druckgraphi-
scher Arbeiten zu erreichen. Im Freiraum der siziliani-
schen Landschaft urn den malerischen Ort Taormina,
vor Ruinen und romantischen Landschaftsprospekten,
mit antikisiertem Zubehör, Statuen. Draperien insze-
nierte von Gloeden rnit den sizilianischen Jugendlichen
eine traumhafte, homoerotisch orientierte antikische
Welt. Die Natur bleibtStaffage des Bildmittelpunkts, bei
dem es aber nicht um eine Exhibition von Ephebenkör-
pern geht, sondern um die photographische Realisation
eines alles beherrschenden Motivs die Wiederbele-
bung der Antike. Gloeden unterschied sich ganz deut-
lichvonderKunstfotografie.NurderAusflugin Mytholo-
gie und Geschichte erlaubte ihm die Präzision der
Körperdarstellung, die bis in subjektive körperliche
Details peinlich genau gegeben ist, Ein Fotograf wie
Fred Holland Day, wichtige Figur der kunstfotografi-
schen Bewegung des iiLinked Ringrr in England. setzte
die für den Pictorialismus charakteristischen Edel-
druckverfahren ein. Fred Holland Day ist wie Clarence
White der Fin-de-Siecle-Ästhetik des ausgehenden
19. Jahrhunderts verpflichtet. Wie in der christlichen
Malerei schafft Day mehrteilige Tableaus. deren lkono-
graphie sowohl der religiösen Thematik hl, Sebastian.
Christus am Kreuze wie auch antiken Vorstellungen
verpflichtet ist. Während die nackten Epheben des
BaronsvonGloedendieharten Konturen derspäten vik-
torianischen Malerei aufweisen, sind die Akte Days
erfüllt von schimmernden Lichtern und tiefen Schatten.
Day orientiert sich deutlich an überkommenden Dar-
stellungen. wobei er selbst nicht selten auch sein eige-
nes Modell ist. Fast alle kunstfotografischen Arbeiten
orientieren sich an der Gedankenmalerei. versuchen
etwa der Aktdarstellung ein mythologisches oder alle-
gorisches Mäntelchen umzuhängen. legitimieren den
Bildgegenstand durch Anlehnung. den Nachvollzug der
Vorbilder der bildenden Kunst. In diesen Bereich gehö-
ren auch die frühen Arbeiten des Wiener Fotografen
Paul Pichier, der norditalienische Landschaften von
Böcklinschem Reiz mit antiken Figuren bevölkert. Die
KunstwürdigkeitderFotografiewirddurchAnleihenaus
der Vorgangsweise der gleichzeitigen. noch mehr je-
doch der vorhergehenden Malerei, unter Beweis ge-
stellt. Auch dort. wo keineswegs literarische Themen
behandelt werden, muß die Fotografie iiinszenierenrr.
Die langen Belichtungszeiten auch in den Bildern Wil-
helm von Gloedens ergeben für uns heute den Reiz des
Posierens, des merkwürdig surreal Erstarrten.
Hat die iistraight photographyrr der Kunstfotografie dia-
lektisch geantwortet, indem die Fotografie sich auf die
ihr wesenseigenen Mittel besann. so hat sich das
Moment des lnszenierens in der Theater, Mode-. und
Tanzfotografie, aber auch der Aktfotografie erhalten.
29
Situationen werden gestellt, die Beleuchtung sorgfältig
gewählt und theatralische Themen werden inszeniert
Dieswirddeutlich, um nurbeispielhafteinigewenige zu
nennen, in den symbolistischen Tanzaufnahmen von
Rudolf Koppitz. welche, einmal losgelöst von ihrem
sachlichen Zusammenhang. nämlich der Dokumenta-
tion einer in Wien auftretenden Gruppe, ein suggestives
Eigenleben gewinnen, der Konfrontation von Akten mit
einem aus dem konstruktiven Flepertoire entlehnten
Bühneninventarium,eineVorgangsweise,die sich spä-
ter bei Robert Mapplethorpe wiederfindet, der hier die
Fotografiederdreißigertlahreintelligentzitiert,beidem
Art-Deco-Fotografen schlechthin, dem Tschechen
Frantisek Drtikol, sowie auch bei den Psychodrameri
des Amerikaners George Platt-Lynes. Bei ihm wie auch
bei Man Fiay,dem Meisterdersurrealistischen Fotogra-
fie, wird eine Welt vorgestellt, welche in ihrer rätselhaf-
ten Verschlüsselung traumhafte Obsessionen und Vor-
stellungen eben durch die Fotografie Wirklichkeit
werden läßt, da ia gerade die Fotografieden Authentizi-
tätscharakter besitzt, welchen auch die lotorealistisch-
ste Wiedergabe eines Salvador Dali nicht ersetzen
kann. Die surrealistische Fotografie mit ihren präzisen
Inszenierungsvorstellungen führt bis in die sechziger
und siebziger Jahre unseres Jahrhunderts, bis zu den
Arbeiten des Japaners Eikoh Hosoe oder von Arthur
Tress.
Platt-Lynes istein MeisterderStudienfotogralieund der
Lichtregie, Es gibt keine schnellen oder spontanen Bil-
der. Jede Aufnahme ist unabhängig vom Zufall insze-
niert und folgt einem Aufbau, dessen Grammatik archi-
tektonischen Flegeln gehorcht. Gesten und Posen sind
ausgesucht und entsprechen einer ausgeklügelten
Regie.MansiehtdenEinflußdes Films. MancheAufnah-
men erinnern an Stills. Durch das Einfügen von Bezugs-
personen und Gegenständen stellt Lynes Beziehungen
her,erfindetSzenen,derenverrätselterCharakternicht
sofort die Logik der jeweiligen Geschichte preisgibt.
Platt-Lynes fur lange Zeit verborgenes Werk hat vor
allem auf Robert Mapplethorpe gewirkt. der in seiner
Arbeit, einer reinen Studiofotografie, ebenfalls Bezie-
30
1r1v'
JKAX
hungen inszeniert, stellt. die wiederum auch vom
Modell hin zum Fotografen selbst bezogen sind.
Mapplethorpe steigert in seinem Werk die Posen thea-
tralisch. arbeitet wie Drtlkol und Platt-Lynes mit Studio-
Hintergründemdiedas ModelLmanchmal auch Körper-
details isolieren, fast stillebenhaft Vereinzeln. Das
Geschehen wird durch den Fotografen nicht gedeutet.
ist dadurch vieldeutig und nach verschiedenen Inter-
pretationsmöglichkeiten hin ollen.
Das MornentderSelbstdarstellung,derSelbstinszenie-
rung im Bilde, nicht in Hinblick auf das Selbstportrait
oderdiekommerzielleStudioaufnahme,hatphotohisto-
risch eine alte Tradition. Als Beispiel nenne ich hier die
Kooperation des Fotografen Trcka mit Egon Schiele,
der in ekstatischen Posen den Selbstausdruck im Bild
fixiert, Vorläufer der expressiven Kunst eines Arnulf
Rainer.
Der Aspekt der Selbstdarstellung, der Setbstinszenie-
runginderFotogratiealsein Entgrenzungsvorgang
eigenen Ich wird in der Kunst der siebziger Jahre
wesentlich. In seinen Selbstgesprächen verwende
aus Griechenland stammende, heute in New
lebende Künstler Lucas Samaras den eigenen Kt
und den privaten Lebensbereich als Material
Objekt. Selbstbeobachtung und untersuchung sin
Stichworte. Die Selbstinszenierung dient der Konti
derÜberprüfung. Dasfotogratische Bilderlaubtdie
wandlung in anderes, fremdes. lrri Bild werden stel
tretend die geforderten Transformationen durc
spielt, der Künstler wird zum iiPeeping Tomir, der
selbst beobachtetDiese Grahwanderungelemen
Traumbilder als expressiver Ausdruck privater Ko
erfahrung gelingt Samaras wie auch dem Schwi
Urs Lüthi auf eindrückliche Weise. Sie verlassen
Bereich des Selbstbildnisses in Richtung inszenii
Selbstdarstellung, entwerfen Bilder des Selbst
Wunsch und Traumvorstellungen, die sich in dersu
stiven Wirklichkeit der Fotografie bildhaft materia
ren, transformieren sich, schaffen Doppelexister
wechseln das Geschlecht, arbeiten mit den Mittelr
Verkleidung und Entblößung. Aufdem Hintergrundi
cher und westlicher Erfahrungen hat Eikoh Hosoi
YukioMishimademdurch Harakiri umgekommen
nischen Schriftsteller in iiKilled by Flosesii eine Trz
reise des Selbst inszeniert.
Gerade die verletzende Entbloßung ist eine Opferh
lung, die der Künstler in den späten sechziger unc
hen siebziger Jahren vollzogen hat. Sie soll zugl
unseren auf heile Kunst gerichteten Geschmacks
zont verletzen, Zum Teil sind dies "Akte der
masochistischen Selbstvergewisserung, mittels
die Künstler ihren Zweifel, ihre Verzweiflung an uns
Gesellschaft in aggressive Schutzbehauptui
umsetztenti Werner Hofmann. Die Freude an
schauspielerischen Metamorphose wird bis zu
men Formen getrieben, lrn inszenierten Bild wirr
Künstler zur historischen Figur. Der Italiener Salv-
detsichselbst inder Pose Flallaelsab, LuigiOntanii
historische Figuren oderantike Kunstwerke nach.
alm von Gloeden, Ohne Titel, Aufnahme der Jahrhun-
vende
Cameron, Too tale. too latel1868
ilf Koppitz, Bewegungsstudie, um 1930
rich Kuhri, Portrait Frau Ing Fiichter, 1913 Brornol-
tisek Drtikol, Portrait mit Hut, dreißiger Jahre
irt Maopiethorpe. Ohne Titel. 1981
OntaniistSubjektundObjektseinerKunst. Dielmperso-
nifikationen Ontanis haben nichts mitTheater zu tun. Er
verkörpert das Bild und den Mythos und schafft damit in
einem Maße ein neues Bild, daß dieses gleichsam alle
früheren. bisher geschaffenen, ersetzt. "Er ahmt das
Bild nicht nach. er ersetzt es in der totalen Stilisierung
von Ausdruck und Bewegungxi J. Ch. Ammann Die
KunstdersiebzigerJahremitihrerBetonungdesSelbstr
darstellerischen, der Untersuchung von Korpersprar
che und der medialen Entgrenzungstendenzen kennt
eine reiche fotografische Produktion als Möglichkeit
des Ausdrucks der angedeuteten ldentitatsproblemar
tik. Die Arbeit von Ftudolt Schwarzkogler nimmt dabei
tot0- und kunsthistorisch einen eigenen und wesentlir
chen Rang ein. Der fruhverstorbene Aklionist, dessen
künstlerischer Nachlaß im Wiener Museum moderner
Kunst liegt, hat in seinen Fotoaktionen die Fotografie
nicht als Dokumentationsmedium, also als sekundäres
Mittel eingesetzt, sondern stellt, iiinszeniertii die Aktion
eigens für das Medium, welches ihnen auch ihre Au-
thentizität verleiht. Wenn von der inszenierten Fotogra-
fie der siebziger Jahre gesprochen wird. muß auch der
Bezug zur Performance hergestellt werden. Eine Fleihe
von Performancekunstlern hat sich, wie der vorhin
erwähnte Ontani. auch mit dem Medium der iiPerfo-
manceri befaßt und sieht in der Abfolge von Bildern der
SequenzfotografiedieMoglichkeitBilderzuverdichten.
Für eine Reihe konzeptueiler Künstler ist die Fotografie
eine Möglichkeit, ironisch mitderWirklichkeitZuverfah-
ren, Gesetze der Logik auf den Kopf zu stellen. Dies gilt
voraliemfüreine ReiheangelsächsischerKunstIer,wie
Boyd Webb oder das Künstlerduo iiGilbert St George".
welche ironisch Wirklichkeitsteile in ihren Fotoskulptu-
ren vereinen. Der hollandische Künstler Pietei Laurens
Mol übersetzt zentrale Erlebnisse in Zwiesprache mit
realen Gegebenheiten, die iiunschuldigii aussehen, in
ihrer Statistik und Unscheinbarkeit Jedoch voll hinter-
gründigem Leben sind, Die Aulnahrnen bilden nicht
Wirklichkeit ab, fordern jedoch das Wirklichkeitsbe-
wußtsein des Betrachters heraus. Das Bild wird zur
gedanklichen Metapher, zum Erinnerungsstück einer
Momentaufnahme des lnnenlebens.
Boyd Webb konfrontiert in der Aulnahme selbst wie-
derum abgebildete Realität tFotog atie oder Malerei
mit realen Obiekten, welche alle in das zweidimensio-
nale Bild eingehen.
Dabei rnuß der Betrachter die auttretenden Widersprü-
chelesendievon ihmveränderte Dimension,die Nach-
bildung der Wirklichkeit in Form ungelenker Pappma-
chegegenstande. Anders als in der surrealistischen
Kunst arbeitet Webb mit Ironie. erzahlt absurde
Geschichten die voll hintergrundiger Poesie sind. Auch
bei Joel Peter Witkin spieltdiese Ironieeine Rolle. In der
Komposition seiner Bilder arbeitet er mit Zitaten von
bereits mit Zitaten operierenden Bildern So zitiert er
eine FotografievonJulie MargretCamerdn, deren Korn
positionwiedervon einem konventionellen Bild mit Dra-
perie. Vorhängen und Atelierrequisiten herrlthrt. Sym-
bolislisches. Rückverweise, Vertremdungseffekte
werden hier ganz massiv eingesetzt Der Fotograf ana-
lysiert in vielen Fällen den teilweise unbewußten
Mechanismus. der Bedeutung herstellt und Gesetzmä-
ßigkeiten ausbildet und der unsere Vorstellung von der
Welt pragt Viele der Aufnahmen auch der aktuellen
Kuristler scheinen eine kurze absurde Geschichte zu
erzahlen, viele sind Modelle der Doppeldeutigkeit, die
Jedoch weriigersurreale Inhalte vermitteln wollen denn
auf kategoriale Dimensionen abzielen, wieeben Bedeu-
tung selbst hergestellt wird, sind Untersuchungvon Bild
und Zeichen, Das Medium selbst wird dabei themati-
'29
siert. Wenn man diese Arbeiten studiert. erinnert man
sich an das prophetische Wort von Henry Peach Robin-
son iiPliotography gives us the means ol nearer imita-
tion of nature more than any other art yet has suflicient
elasticitytoshowthedirecting mindandtheretore isthe
mostpertectartofall. ltwe musthave paradoxes. Ietus
carry them to bitter efidnl Der Kunstler arbeitet mit
einem Medium, das ein beruchtigter Lugner ist. In den
Arbeiten wird nun gezielt gerade ie- Oualitat heraus-
gestellt. Die Verunsicherung des Betrachters dient
auch dazu. daBer uberdieGrenzen des Mediums orien-
tiert wird. Daß dies heute anders als in den strengen
Arbeiten der Konzeptkunst der sechziger Jahre narrati-
ver. sinnlicher ins Bild gesetzt wird. ta "chl nicht dar-
über hinweg. daß hierauch Konzeptktrn wieSurrealis-
mus Pate gestanden haben. Im Unte chied zu den
Kuhstlotogralen der Jahrhundertwende. die in ihren
Inszenierungen undTableausderMalerei nacheiferten,
interessiert die Zeitgenossen das Medium selbst. Eine
der wesentlichen Figuren. wa di se Untersuchungen
betrillt, ist der Brite John Hilliard. in dessen Werk auch
der WandeldesZeitgeistes sichtohnedaßersich selbst
und sein Anliegen verleugnet deutlich spiegelt Hil-
liardsArbeitbesetzteinen imaginativen und poetischen
Raum, der nicht von den Oualitaten der Obiekte der
Fotografie stammt. sondern von der Prazision. mit der
er die linguistischen Codes der Fotografie zerlegt und
darstellt. Durch die Analyse der eigenen Fiethorik legt
Hilliard die Fotografie als halluzinatorisches Spiel von
Fiktionen ollen. Hilliards Werk handelt wie manche der
inszenierten Arbeiten anderer Kunstler auch vom Vo-
yeurismus. Obrekte in seinen Bildern. Korper entziehen
sich uns, ihr logischer Zusammenhang ist unklar und
widersprüchlich. sie widerstehen unserem Wunsch
nach Erkenntnis. weigern sich, unseren Blick zu befrie-
digen Einederwesentlichsten Figuren der inszenierten
Fotografie ist die Amerikanerin Cindy Sherman. Sie
gehortzuderGenerationiungerkünstler,deren Inspira-
tion die verzerrte Ftealitat in den Bildern der Medien wie
Film. Illustrierte und Fernsehen ist Durch ihre massen-
hafte Verbreitung und ihren Vorbildcharakter hat diese
zweidimensionale Glaniourwelt eine nahezu mytho-
logische Dimension bekommen. Sie appetiert nicht nur
an unsere Phantasie sie liefert auch die entsprechen-
den stereotypen en FürSherman istdiese Bild-
material nicht Ziel, sondern Ausgangspunkt ihrer
Arbeit. Ihre ersten Schwarzweißaufnahmen. immer
sind die Bilder Selbstdarstellungen. sie selbst ihr eige-
ii
ÄQOFQQPYGII-LYIWS.MaHHHMFraLJalSMarmO lalue,1937
äamrnlung PPS Galene, C. Gundlach, "nburg
ieorge PWaIL-Lvn ,Nuvzlß, ca 1940 Courlesy Robert M11.
er GaHevy, New York
14 Eikoh HOSOB. AUS der Publikation wKilled by Rose
l0delli Yukio Mlshima
15 Lucas Samaras, Autopolarold, 1971
16 Lucas Samaras, FotorTransformanon. 1973
17 Urs Lulhw, Aus der Sene nThey have llved au newghbourr
hood fov rvvany yeals and mey are very mendly peopleu
Farbauinahmen 70x 70cm Couriesy GBIEHESlEiÜILZUHCH
18 Sawo. Poruan
19 Hudoll Schwarzkogler. Aus der Aknon. Wwen. Sommer
1965 Aus dem Portfolio Courtesy GEIIGVIG Knnzmger,
Innsbruck
34
nes Modell, zeigen stereotype Frauendie Karrierefrau,
die Sexbombe, die Hausfrau oder schüchterne junge
Frauen.DieHintergrundederen Kontext zurlnterpreta-
tion von Person und Flollebeiträgt, fallen inden spateren
Arbeiten, die lebensgroß sind und sich der Farbe bedie-
nen, weg. Nebeneinanderals eine Fteihevon Posen und
Darstellungen sind die Aufnahmen am eindrucksvoll-
stenCindySherman istunddiesistwesentlich immerzu
erinnern, keine Schauspielerin, die als Instrument für
eine Rolle eingesetzt wird iiSie erzeugt ein Spannungs-
feldzwischenihrerDarstellung undihreieigenen Identi-
tat,Siearbeitetnachdersogenannten,directorialmeth-
od', denkt die Bilder selbst aus, konzipiert, arrangiert
und fotografiert sie selbstwr Els Barents Das Werk ist
multimedial angelegt und konzentriert sich aufdas Feld
von Ab- und Einbildung. Sie experimentiert mit einer til-
mischen Typologie von Identität oder besser mit weibli-
chen ldentitätsmusternAuch hierwie bei Hilliard invol-
viert der Künstler den Betrachter als denjenigen, der
das Bild interpretieren muß Im extremen Falle wie bei
MacAdams schafftderKünstlerkriminalistische Bilder-
rätsel. Die Manipulation des Betrachters ist typisch für
die inszenierte Fotografie. Es ist Teil der Arbeitsme-
thode, die in gleicherweise total realistisch und zur sel-
ben Zeit total kunstlich ist. Hier begegnen sich die
Methoden des 19. Jahrhunderts, welches allerdings
vollkommen naiv das Medium handhabte und seiner
Magie verfiel, mit denen der jüngsten Zeit. Dem Foto-
grafen gehtes heute, sosehrerzu erzählen scheint, um
dieDarstellungvon Bedeutungsmechanismenim Bilde.
Joe Gantz etwa schafft in seinen Arbeiten, die den
Anschein von gruppentherapeutischen Sitzungen
haben, aber keineswegs als dokumentaristisch ver-
standen werden wollen, symbolische und allegorische
Situationen. Das Material der Rollenspiele, in denen
sich wahre, erlebte und durchlittene Haltung und expe-
rimentell herbeigeführte Situation begegnen, Szenen,
indenen betroffene Daistelleimit Requisiten und in ste-
rilen Schul- und Theaterräumen proben, werden rnit
doppel- und mehrdeutigen Titeln kombiniert Der
Betrachterversucht, wieauch im Werk von Boyd Webb.
Bildtitel und Darstellung zur Deckung zu bringen, dar-
überhinausauchinnerhalbdes Bildeseinedieseminne-
wohnende Logikzu fixieren. Erwird dabei in seinem Ver-
such Wahrheit- und Wirklichkeitsgrad derAutnahrne zu
ermitteln, standig verunsichert und abgelenkt Das Bild
erweist sich als offen, der Dopoelsinn der Titelgebung
setzt sich im Bilde fort, wo Theatralisches, übertragene
Bedeutung und Inszenierung mit Faktizität, durch die
hautnaheAufnahme und Beleuchtungsweiseverstärkt,
aufeinandertreffen. Die Rezeption läuft auf einer
sprachlichen, semantischen Ebene ab, jener, wo der
16
Betrachter, vom Titel ausgehend. das Bild zu deuten
versucht.AuchJoeGantzbeziehtseineQualitätausder
Verunsicherung des Betrachters, der diese Bildwelt
wie auch in den Arbeiten von Les Krims wie einen eis-
kalten Traum erfährt. Die Offenheit bedeutet, Wirklich-
keitalsProzeßundnichtalsleststehendenTextoderals
arretiertes Bild zu begreifen. Eine Fleihe anderer Künst-
leroperiertmitEinzelbildern, die allegorischen Charak-
ter besitzenZu ihnen wäre Don Ftodan oderauch Eldon
Garnetzu zählen. Auch die neuen Aufnahmen von Judy
Dater,welchemitsehrintensivenveristischen Portraits
in den siebzigerJahren in den USA bekannt wurde, ent-
sprechen der These des amerikanischen Photohistori-
keis van deren Coke, welcher sich besonders mit der
Beziehung von bildender Kunst und Fotografie ausein-
andergesetzt hatte, daß in einer Phase der achtziger
Jahre,einerPhasedererschöpftenöffentlichen Leiden-
schaffen, eines sozialen Engagements, private Vorstel-
lungen vorherrschen iiStage situations, that express an
idea or concern are by far the most popular method by
expressing social concerns. Women photographers in
particular have used these techniques to examine or
reveal personal concerns about male-female relation-
ships and role expectationsii schreibt er im Katalog der
Ausstellung iiPhotography in California San Fran-
cisco Museum of Art 1983m Sowohl Eleen Cowin wie
Ellen Brooks stellen inszenierte Momente des Alltags-
lebens vor, wie sie von den täglich gesendeten Soap-
Operas Hollywoods geschaffen werden Ellen Brooks,
Bernard Foucault und Laurie Simmons inszenieren
'20
20 Boyd Webb. Ratte, 1981
21 Boyd Webb. Kellner, 1981
22 Pieier Laufens Mol, Ohne Titel. 1978
23 John Hrlliard, Tvansvesl. 1981. Clbachromes on aluminin
24 John Hilliard. ldenmicanon. 1982. Cibachromes on
minium
25 Cindy Sherman. O. T., 1984
26 Thomas Simplendörfer. Ohne Titel, 1984
diese Situationen mit Puppen und Miniatur
anti,welcheinderFotografieWirklichkeitscharak-
wlnnen. Cindy Sherrnan nimmt in ihren Tableaus
lie FotowirklichkeitderWerbung mitauLdieauch
Kanadier Jeft Wall wichtig wird. In seinen von
durchleuchteten Großcibachromes wird die
"IIQIUHQ bis ins letzte Detail überwacht, Jeder Teil
ldeswird rnit Bedeutungsmöglichkeitaktiviert. Es
SINIIUSOHSCHQWQII, die in den gemeinsamen Fes-
'on konventionellen Chiffren, zu denen auch die
der Perspektive und iene ikonische der Porträt-
alie, der Physiognomie und der Gebärde gehört,
ndet ist.iilan WallaceMDas kritische unddestabi-
indeWirkvermögendesMediumsliegtauch insei-
"scheinungsmaßigen Dimension. Das bedeutet,
ie Spiegelwirkung des leuchtenden Diapositivs
'irkliche zu verdrängen scheint, obwohl wir seine
ität als Erleuchtung des illusorisch Wirklichen
verkennen, seine Tatsächlichkeit als ein Bild."
Diese Äußerung von Wallace deutet die Richtung
elche von der inszenierten Fotografie der zeitger
;chen Künstler eine Unterscheidung in Fotogra-
dbildende Künstlerfälltimrnerschwerengenom-
vird, die Untersuchung des Mediums und seines
xtesinderSlill-Fotogralie.derWerbungderkomA
allen Fotografie, Es ist ein konzeotuelles Anlie-
velches hinter der Redseligkeit verborgen liegt.
ialb der Fotografie eines jungen deutschen Foto-
i,des FrankfurtersSimpfendörler.derwie andere
Fotograten, die in eine ähnliche Richtung
von der Darmstadter Fachhochschule kommt,
man ein neues Moment, welches aul laszinie-
Weise die Rellexion des Mediums selbst mit
neuenlnhaltverbindeßdem VersuchAutobiogra-
ies nachzustellen. nachzuinszenieren, mit große
inauigkeit in Haltung, Beleuchtung und Körper-
1e Schlüsselerlebnisse und erfahrungen, aber
iersonale KonstellationeninsBildzubannen. Man
nt den Eindruck, daß die erstarrte Fotoszene
von der bildenden Kunst her zahlreiche Anre-
und Aktualisierungen erfahren hat.
27 Steven Arnold, O. 1984
2B Jell Wall lnstallation einer Arbeit. 1984
Kunstlerprofile Christine Mayr
Sie traut sich was, durlte so mancher sagen, die iunge Sa
ger Bildhauerin. die 1983 bei Protessor Wanoer Bertoni
Hochschule lur angewandte Kunst in Wien ihr Diplom m2
denn Ihre modellierten menschlichen Korper aus gebrar
Tori sind weder in Abwandlungen verlremctel noch fallt
sonst durch ausgeklugelte oder verspielte Gags aui ihre
malt proportionierten Leiber sind von kindhaiter Größe
kindhaltem Aussehen, iedoch ohne in lnlantilitat aulzug
Christine Mayrs Kinder zumeist sind es Kindergrupp
gehen ein dialektisches Verhältnis mit der Erwachsene
ein, eine heile Welt kennen sie nicht
Die Annahme. daß die Aneignung des KlndSuietS etwas
Biographie der Kunstlerin zu tun hat, durlte nicht so ab
sein. Von allem Antanggehorte sie nichtzu ienendenen F.
und Umwelt reichlich Geschenke mit aut den Weg gaben
imGegenteiLWasIhrnichtgegebenwurde, erarbeitete si
hart Der Ausbruch aus der vorgegebenen Sozietat war
bedeutend mit der Zuwendung zu kunstierischer Betati
zunachst die Lehre als Blumenbinderin, dann die Fachs
für Holz- und Steinbearbeitung. Und als sie Protessor
Bertoni 1977 bei der Salzburger Sommerakademie ke
lernte, ihm erottnete, daß sie an der Hochschule lur
wandte Kunst in Wien bei ihm Bildhauerei studieren wolt
diesersieauchin seineMeisterklasseautnahmvvardiekt
rische Laufbahn vorgezeichnet. 1980 Beteiligung am
sion iiSarnmeln und Gestaltenii in WindenlBurgenland,
Beteiligung am Steinsymposicn in LindabrunnlNO 1981
stellungsbeteiligung hLYlik und Form", Bunter Vogel,
1984 Einzelausstellung "Skulpturen. Meine KIFIÜEY" im
rnuseum Noidico, Linz, und ebenfalls t9811 i-Skuipiurei
Erwachsenwerdenri im Rahmen der Szene der Jugend
burg, und zuletzt, 1985. im Osterreichischen Tabakmuse
Wien lrBeZlehUngEÜll Skulpturen Skizzen
Christine Mayrs tonerne Kindersind von eigentumlichent
render Dualitat. sie sind tatsachlich Kinder, ganz ohne Zt
ihr Ausdrucks, Gebarden- und Verhaltensspektrum ist
gen jenes der Erwachsenenwelt, sie erscheinen beim
Blick in ihrer Kindhaltigkeit lieblich und liebenswurdig,
selben Augenblick lremde. Ja auch bose und erschrec
Zugeanzunehmen. Wer Kinderdieser erwachsenen Art;
tiert, akzeptiert die ungeteilte, unteilbare Personaliiat me
licher Existenz Wer Kinder dieser erwachsenen Art,
Kinder in Morrientaulnahmen erwachsener Gestik unt
haltenstorm akzeptiert. akzeptiert das vorgestellte lde
harmonisierten, miteinander versohnten, gleichberecr
Kinder- und Erwachsenenwelt, hebt das Kindhalte aus
und Sußlichkeit einerseits, Unterdrückung, Mißachtung,
ernst-nehmen andererseits heraus und gibt dem Kind
menschliche Wurde Kindliche Unschuld ist hingegen
Unkenntlichkeit verdeckt, doch nicht ganz verloren gege
Sotordern uns Christine Mayrs Figuren aul, das unheile VI
nis der gemeinhin als unterschiedlich eingestulten Wette
Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu uberdenken
Maßstabe der Wertigkeit menschlichen Tuns anzuwende
letztlich Kinder als erwachsene Menschen ernst. sehr er
nehmen So tordern uns Christine Mayrs von Lebenserla
gezeichneten alten Kopte auhaltere Menschen in ihrerKii
tigkeit ernst, sehr ernst zu nehmen und sie nicht vorschni
unbedacht als Utopisten, Phantasten, Realitatslremde
Narren der Lacherlichkeit preiszugeben Das Paradox
streng konzentrierten. weise-nachdenklichen, zutietst er
unbestimmbaren, manchmal auch in Annaherung lächs
Gesichtszügen und der zwergenhalten Kindergestalt bi
nurzumSchein,undzwardann,wenndie Existentiaiitatdt
anwachsenden Individuums in seiner angelegten Komp
und Potentialitat unerkannt bleibt, nicht anerkannt wird
stine Mayrs Kindergestalten tragen ganz ollen die
menschlicher Belindtichkeit zur Schau, sie vermitte
Unheimlichkeit der erkannten condicto humana
Christine Mayrs Figuren treten manchmal allein. rnit Vc
iedoch zu zweit oder in Gruppen in die Weit Das Herstelil
Beziehungen zwischen ihren Figuren hat bei ihr nahez
grammatischen Stellenwert. Nunkonnte man sagen, daß
nungen her-unddarzustellen jeder Kunst imrnanentisLSi
der Künstler Beziehungen in thematischer Hinsicht her,
Positionen ein, verlaßt alte um neue anzupeilen Jede,
nochsosubtileStellungnahmeistBezugnahmesteht iml
soruch zum teigen Jein. zum JaINein, aber, zum Vielieic
MoglicherweiseyderKunstlerstelitsich radikal, er hat
stellen, mit allen Geiahreri und Flisken. die damit verb
sind Das zeitgenossische Ubel der lassigen Distanz. der
Position, des Nicht-Bekennens ist dem Wesen kunstleri
Schattens fremd. degeneriert es, demaskiert es und tc
zuletzt ab
Der Kunsiier stellt Beziehungen auch im Bereich des For
her, zwischen Form und Formen, Linie und Linien, Flacr
Flachen, Punkt und Punkten, Farbe und Strukturen herar
gerier Materialien, Farbe und Form, Farbe und Linie
erzeugt damit Spannungen, Kontlikte. Provokationen, dr
sche Beziehungen langweilige, ode Beziehungen
decouvrierl Christine Mayrs lormale Losung der mei
chen, kindhatten Figur ist streng und einheitlich sie bleib
gehend der rotlich-braunen. gebrannten Tonerde treu
tritt nur sporadisch hinzu Sie vertraut sich ganz diesem
rial an, sie lielert sich ihm ganz aus lhi liguiales Darstel
kein neuer, reaktiver Realismus. eher ein realutopische
bolismus ihre Kindergruppen sind thematisch gezeichni
Anspruch ganzheitlichen Menschentums weist in eine
potentieller Existenztorrn, die verschüttet ist. aber umsi
neu zu suchen ware Eva Pi
Hinter dui Mauer, 1984, Terrakotta, 42 xllt tO cm
Im Regen, 1984, Terrakotta, 52 24 10 cm
Rosa. 1984, Terrakotta. Hohe 70 cm
Christine Mayr, Atelier Jurekgasse 25114, 1150 Wien
5. Einst des Lebens, 1984. Terrakotta. 48 40 28
38
lSllGlplOlllG
Hellmül ljfUCll
Die Plastiken von Hellmut Bruch sind keine reduzierten Darstel-
lungen von etwas Gegenstandlichem. sie verweisen nicht auf
etwas außerhalb ihrer selbst, sie sind nichts Mimetisches Auf
etwas verweisen wurde bedeuten. daß das r-Eigentlicheir woan-
ders ist. Das Objekt, das auf etwas verweist, ist in gewissem
Sinne nicht real; es hat nur die Funktion der Vermittlung. Die
Frage in der Kunst, was soll das bedeuten, zielt auf ein solches
Verhältnis vom Bild als Zeichen und etwas. das bezeichnet und
vermittelt wird. Ahnlich ist es mit dem Begriff nReduktioriii. Ver-
steht man unter i-Fteduktionii die verkürzte Wiedergabe eines
Gegenstandes, eine Stilisierung. ein Schema, eine Formel,
dann bezieht sich die Darstellung auf den Gegenstand und
erhaltvondo ihrenSinn.DerästhetischeReizoderdiekünstle-
rische Ouali liegt dann in der Differenz mischen Bild und
intentiertem Gegenstand Auch der Begriff irAbstraktion-i führt
manchmal zu Mißverständnissen Abstrakt ist nicht unbedingt
gleichzusetzen mit ungegenstandlich. ln der Wortbedeutung
ist, wie bei der nReduktion-i. noch immer ein Objekt vorausge-
setzt, von dem das Dargestellte riabgezogenw ist. Abstrakt ohne
diese Beziehungishwie Mondrian sagtekonkret. Unterkonkret
aber ist das unmittelbar Gegebene. Unabgeleitete. zu verste-
hen. Es ware also falsch. in den Arbeiten Hellmut Bruchs Hin-
weise auf Gegenstände zu suchen. auf die sie sich beziehen
DerBetrachtendersoetwas erwartet.wirdvonden hierausge-
stellten Plastiken enttäuscht sein.
Am Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit bildete Bruch aus
vorgefundenen Maschinenteilen Strukturen, in denen man die
ursprüngliche Verwendung der einzelnen Teile noch erkennen
oder vermuten konnte. die aber nur verfremdet in einem ande-
ren Zusammenhang standen Metall, vorallem Eisen und Stahl.
war seit je das bevorzugte Material Bruchs. Der Bearbeitung
setzt der Stahl dem Künstler einen ebenso harten Widerstand
entgegen wie der Stein. Beim Stein entsteht das Werk durch
Wegnehmen, bei Eisen undStahlauchdurch Hinzufügen. Damit
ist in der Metallplastik das Problem der Verbindung der Einzel-
teile gegeben. Sowohl beim Stein als auch beim Metall sind die
technischen Möglichkeiten und Grenzen nicht ohne Einlluß auf
die künstlerische Form. Man könnte sagen, das Material als
etwas Objektives behauptet sich und antwortet auf die Fragen
des Künstlers.
Eine große zweiteilige Plastik entstand aus mm starken Stahl-
pfatten. Zwei kongruente Dreiecke. diezusammen ein Quadrat
ergeben. wurden nach zwei verschiedenen Radien rundge-
walzt. Die Teile stehen zueinander in keinerbestimmten Anord-
nung. Man könnte sie auch anders aufstellen. Die Kräfte, die
notwendig waren. das schwere Metall in diese Form zu bringen,
sind noch erkennbar. Schwieriger ist es. die Kongruenz der
Dreiecke zu sehen. Sie öffnen sich in den Fiaum und deuten
einen Ubergang an. Der schweren Masse des Metalls, ihrer
Unbeweglichkeil. sieht die Labilität, ja die Willkür ihrer räumli-
chen Anordnung gegenüber. Alle diese Momente und ihre
Beziehungen zueinander bilden die plastische Gestalt. Form
und Inhalt sind identisch. Auf die Frage nach dem Besonderen
zeigt sich, daß es hier um elementare Phänomene geht, die
Wirklichkeit überhaupt erst ermöglichen, um Materialität. Rela-
tion. Kausalität. um Maßverhältnisse u.s.w. ln seinen neueren
Arbeiten setzt Hellmut Bruch Farbe in Kontrast zum Metall, ein
Konzept. das in der Plastik nicht oft anzutreffen ist. Hochpolier-
ter Stahl steht im Gegensatz zur Farbe. Das Licht wird vom
Metall anders reflektiert als von den farbigen, gekurvten Flä-
chen. Farbe hat etwas Ungreilbares. Die Diskussionen um ihre
Entstehung und Realität sind kein Zufall. Aber auch das spie-
gelnde Metall deutet auf immaterielles und Schwerelosigkeit.
Stattplastischer Räumlichkeit ist hierZweidimensionales, Kon-
struktivität, Farbigkeit. Licht. Die Farbe erscheint als Form
nicht als amorphe Zustandlichkeit. Auf den meist quadra
schen, blanken Slahltafeln sind Linien und Kurven eingeschlif-
fen. Den Kurven entsprichtein bestimmter Radius und ein Kreis,
dessen Mittelpunkt oft außerhalb der Plastik liegt. Die Geome-
trie spielt im gesamten Werk von Bruch eine wichtige Rolle.
Viele seiner Plastiken sind Verbindungen von Kreis, Quadrat
und Dreieck. Diese beziehen sich aufeinanderund bilden einen
größeren Zusammenhang. der aber erst aus den formalen Vor-
aussetzungen zu verstehen ist.
Die quadratische Stahlplatte am Boden setzt sich aus vier Drei-
ecken zusammen. die Teile eines Quadrates sind. Sie bilden
eine Ganzheit, doch sind sie austauschbar. Für den Betrachter
sichtbar istderGegensatzvonGanzheitundTeil.dievariabilitat
derTeileunddesGanzen,dieverschwindendeHöhederPlastik,
die sich aus der Teilung ergebenden Diagonalen, der Unter-
schiedzwischenQuadratundDreieck.undwieausderAdditicin
einer Form eine ihr völlig konträre hervorgeht.
Auf eine Arbeit Bruchs von großer Subtilität sollte noch hinge-
wiesen werden" Der an den zwei Enden mit einer Schnur bete-
stigte Rundstab aus Stahl ist eine Kurve der Gravitation, eine
Plastik unsichtbarer Kräfte. nichts Okkultes, sondern eine
umfassendephysikalische FlealitätWashieraufdasObjektein-
wirktundeineGeradeineine Kurveverwandelt.durchdringtden
Kosmos.
Ein Grundzug des kunstlerischen Konzepts von Hellmut Bruch
ist die offene Form. Das Kompakte, in sich Geschlossene,
Lastende wird man in seinen Arbeiten kaum finden. Die Linien
und Kurven sind Ausschnitte eines offenen, umfassenden Bau-
mes Zugleichbeziehen siesichaufdieZeit.Sichtbaiwirdinden
Werken von Hellmut Bruch das Unbegrenzte und Transrtori-
sche im Konstruktiven. Heinz Gappmayr
Offene Struktur. 1969. Federstahl. Dm 16 cm. 7.8 crn
Ohne Titel. 1976. Stahl. geschweißt, 15 10 cm
Offener Kreis, 1983. Stahl, gewalzt. ca. Dm 75 x10 cm
Plastik aus zwei rundgewalzten kongruenten Dreiecken,
1984. Stahl, mm stark
Quadratische Tafel, blankpolierter Stahl. bemalt. 1984
Offener Kreis, 1983. Stahl. Dm 183 cm. 57 10 CfTl
39
Aktuelles KunstgeschehenlÖsterreich
Wien
Graphische Sammlung Albertina- Adolph von Menzei
im Zuge des regen kulturellen Austausches zwischen der DDR
und der Republik Österreich gelang es. nach jahrelangen wis-
senschaftlichen Vorarbeiten. diese reichhaltige Zusammen-
stellung von Zeichnungen. Aquarellen und Gouachen aus den
Beständen der Nationalgalerie der staatlichen Museen zu Ber-
lin hier zu präsentieren. Den Wissenschaftlern ist es gelungen,
einen Einblick in alle Stationen von Menzels Schaffen zu geben.
Schon die Beispiele der frühen Jugend zeigten. besonders bei
den Landschaftszeichnungen i-Fähre am Ufer mit lesender
Dameiir. aber auch bei Personendarsteliungen. mit welch
genialemZeichnerwireszu tun haben. Ebensowurde schon mit
"Die Eisenbahnlinie Berlin-Potsdam jenes Thema seines Spät-
werkes angezeigt. mit dem der Künstler mit seinen grandiosen
Zeichnungen und Bildern von lndustriestätten und den verwun-
deten und gefallenen Soldaten des Krieges 1866 in die Pro-
bleme des neuen Jahrhunderts weist. Wie überhaupt von den in
Gruppen eingeteilten Werken die fünfte und die letzte Gruppe
wohl die uns heute am meisten ansprechenden Arbeiten ent-
hielten. lmmerwieder überraschte uns der Meister mit Blättern
einer Modernität und Kühnheit iiHochofen mit Rohrleitungrr,
iiWolkenhimmel-r, rrKurhausstraße in Kissingen nach dem
Regens daß wir darüber nur dankbar staunen konnten. Der
ausgezeichnete Katalog 211 Seiten brachte neben Briefstel-
len des Künstlers wissenschaftliche Abhandlungen und sehr
viele Abbildungen der ausgestellten Arbeiten und wird ein blei-
bendes Werk über den Berliner Maler sein. 28. 2. 8.4.1985
Museum des 20. Jahrhunderts Maria Lassnig
Ein großer und gelungener Überblick der das reiche Schaffen
der 1919 in Kärnten geborenen Künstlerin zeigt. Einige Bei-
spieleausdenKriegs-understenNacnkriegsjahrenzeigtendas
Herkommen aus einervom Expressionismus geprägten Maler-
landschaft. Das Familienbild von 1945 erinnert noch stark an
Van Gogh. Doch schon bei den Bildern der Jahre 1948149 wer-
den wir einen kubistischen Einfluß gewahr. In den frühen fünf-
ziger Jahren fanden surreale Formen. besonders im graphi-
schen Werk. das in dem ausführlichen, umfangreichen und gut
bebilderten Katalog 70 Seitenlerwahnt wird. in ihre Arbeiten.
Die gezeigten Bilder aus dieser Zeit sind informell, reine Farb-
verspannungen. Balken auf hellen Gründen; Ballungen mit
hohem ästhetischen Gehalt und sicher auch schon ein Aus-
druck eines persönlichen Befindens. Es folgen einige reine
Linienbilder. wobei die Spannung in der Raumaufteilung spür-
barist; mitden klobigen Farbformen findetdie Lassnig Mitte der
fünfziger Jahre zur Figur zurück. wobei sich aber trotzdem in
den großflächigen Bildgestaltungen wie "Küipeffeiillfigk oder
iiQuadratisches Korpergefühlii informelle Malweisen wieder
durchsetzen. Freilich, ab 1961 ist die Figur immer mehr greif-
bar. zuerst rein linear auf weißem oder blaßgetöntem Grund.
Starke surreale Anklänge sind ersichtlich. Eine heitere Stim-
mungwirdallmählichvon BedrohlicheremabgelöshdieGründe
werden kompakter. Zwei Bilder, iwMutter und Tochter-i und wTote
Muttern, scheinen eine gewisse Wende in der Farbskala der
Malerin anzuzeigen. Das Thema wird immer mehr auf ihre
eigene Person konzentriert. Ab nun sind immer mehrSelbstbild-
nisse in den verschiedensten Variationen und Kombinationen
zu sehen. wobei immer wieder mit wenigen Ausnahmen ein
wässrig blauer oder blaugrüner Grundton vorherrscht. Beson-
ders bezeichnend dafür ist rKaryatideir. 1976. in diesem, und in
vielen der folgenden Bildern. scheint uns eine Sehnsucht nach
dem vorgeburtlichenSeinzumAusdruck zu kommen zurück ins
Fruchtwasser. Die i-Last des Fleisches scheint dafür eine
Bestätigung. Einige Bilder der allerletzten Jahre nehmen nun
freilich.oftinmythischerodergleichnishafterArt,zuProblemen
von allgemeiner Natur Stellung. Sie sind in der Farbe kräftiger
und. wiebei i-Derverlorene Sohnir. überraschend hart. EineAus-
steliung die jeder. der die österreichische Kunst unserer Zeit
kennen will, unbedingt gesehen haben soll. Die Monographie
des Verlages Ritter. Klagenfurt, brachte fast alle ausgestellten
Bilder und sehr umfangreiche Essays. 17. i. 3. 3. 1985
1. Maria Lassnig. Die Last des Fleisches. ÖlILeinwand,
185 251
Wiener Künstlerhaus Adolf Frohner
Auch hier wurde ein Querschnitt durch das Schaffen des Fünf-
zigjährigen geboten. wobei das Schwergewicht auf die Objekte
zu liegen kam. Wir sahen. daß Frohner diese Gestaltungen in
allen Jahren weiterpflegte, beginnend mit seinen Matratzenbii-
dern der sechziger Jahre. bis hin zu den letzten Hommagen.
Denk-undGrabmalemwobei manches. etwa iiDas Grabmaides
Samsonii. 1982. dem Charakter des Vorgeschichtlichen. des
Artefakts mehr entspricht als im Entstehungsjahr. Allen diesen
Gegenständen ist ein memento mori eigen. ein Hinweis auf die
Anfälligkeit. an dieVergänglichkeit unddie Dürftigkeit auch aller
r-Heroenii. Daneben waren Frohners große Bilder. die vom Ein-
gespanntsein. von der Verschnürung des Menschen in sein
Schicksal sprechen. zu sehen. Überrascht haben die Land-
schartsbilder und die Landschaftsobjekte. letztere getrockne-
tes Herbstlaub. Auch hier wird aber schließlich auf Verfall und
Moder hingewiesen. 13. 1. 10. 2. 1985 2. Denkmal für
Alberto Giacometti, 1978. Holz, Zement, Fotocollage. Seegras.
Pergament. Leinen. Eisen, 223 24 37 cm
40
Erich Steininger
Der große Saal und die zwei Säle links und rechts waren mit den
Zeichnungen und Holzschnitten des Waldviertlers Steininger
übervoll. Der Künstler ist ein Besessener. diese Fülle. dieser
Reichtuman Motiven unddiese DichteanAusdruck isteinmalig.
Die Holzschnitte. übergroß, zu Bildwänden gruppiert. werden
alle Betrachter tief beeindrucken. Hier werden ohne Mätzchen
Tiefen menschlichen Seins aufgezeigt. Hiob. der biblische Dul-
der. steht unter anderen Gequttlten und Geschundenen. und
immer wieder ist es die Frau. die auf dem Opfertisch liegt. Da-
neben sind viele Blättendie diadüstere Waldviertler Landschaft
zeigen. Eine vom Nordsturm, von dem iiDunkel der Wäldern
Szabo bedrohte Landschaft. Hier wohnen noch urtümliche
Kräfte. schwer und fern jedes verspielten Farbenzaubers. Hier
ist das Schwarz-Weiß des Holzschnittes. das Lastende der
schmalen Himmelsstrelfen am Platz, hier hat oft der Bergwald
noch den letzten Rast von diesem verschluckt und drückt auf
den einsamen leeren Weg des Wanderers. Ebenso verhält es
sich mit den Landschaitszeichnungen. in denen das großflä-
chigeGrau desGraphitstiftaseine Bangigkeitvermittelt.dievon
keinem anderen Medium errelcht wird. Eine ganze Serie neuer
Zeichnungen widmet sich dem Menschen als Hampelmann.
Hier werden in den Fragmenten. in den gewissen Gliedmaßen
beraubten zappelndenTeiten.erschütterndeWirkungen erzielt.
Dieser, sich wie ein Hund ohne Kopf. mit den durch Stäben ver-
bundenenArmen und Beinen vorwärtsbewegende Körper etwa.
hat etwas unvergeßlich Beklemmendes an sich. Die falsch auf-
gehängte Marionette grinst uns mit einem Totenschädel an.
Letztlich seien noch die Radierungen erwähnt. Hart wird dern
Menschen zugesetzt, eingesperrt und bedroht ist er in dieser
Welt. Ein großiormatiges Buch mit einem Vorwort von O. Brei-
cha und vielen ausgezeichneten Wiedergaben der Zeichnun-
gen. eine bibliophile Kostbarkeit. begleitetdie Schau. bis
10. 2. 1985
Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung
Besucherstatistik der staatlichen
Museen und Kunstsammlungen
1985
Das Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung gibt bekannt, daß in den ihm
unterstehenden staatlichen Museen und
Kunstsammlungen in den Monaten
Jänner
Februar
März
Besucher gezählt wurden.
105.598
109.878
192.176
Russev Baev Jaranov
im ersten Stock waren die Werke dreier bulgarischer Künstler
zu sehen. Alle drei tragen den Titel i-Verdiente Künstler der VR
Bulgarien-i. Den stärksten Eindruck hinterließ der 1933 gebo-
reneSvetlin Russev. Viele seiner Bilder sindvon einersehrspar-
samen Farbmodulation geprägt. Es gibt eindrucksvolle Land-
schailsbilder fast in Weiß. nur mit wenigen Abschattierungen.
Aber auch die großen. eine oder mehrere Personen zeigenden
Gemälde sind in ihrer farblichen Verhaltenheit sehr schon und
eindrucksvoll. rrNikolaj Rajnovri oder lMEinE Muttern bezeugen
die qualitätsvolle Malerei Russevs. Da und dort setzt dann der
Künstler einen grellen Farbakkord, bewußt und gekonnt. und
man empfindet ihn durchaus nicht als dissonant. Die Farbe hat
Ihre symbolische Wirkung. Am schwächsten waren die beiden
zum Empfang beim Eingang gehängten großen. von literari-
schen Posen erfüllten Bilder.
Georgi Baev ist 1924 geboren. Er zeigte Öl- und Acrylbilder in
sehr grellen Farben. abstrahierte Figuren in öden. leeren
Gegenden. Sowohl die Komposition als auch die Farbgebung
wirkte überzogen. ja bei den meisten modisch. laut und falsch.
Sollte Baev keine DSOÜÜEYEUI Werke haben?
AtanasJaranov. derJüngste. i940geboren. kommtvon derPla-
stik. was man seinen Bildern auch anmarkt. Der Mensch steht
bei ihm immer im Zentrum. und dieser Mensch ist aus konstruk-
tiven Teilen. gleich einer metallenen Maschine. zusammenge-
setzt. Folkloristische Elemente spielen in der Themenwahl
ebenso eine Rolle. wieein realistische. Am besten scheinen uns
seine Pastelle. die Metamorphosen darstellen. zu sein. 16. 1.
bis 10. 2. 1985
Österreichhaus Palais Palffy Die spitze Feder
Es handelt sich um eine Zusammenstellung von politischen
Karikaturen aus drei Jahrhunderten. Hogarth. Goya. Daumier
bilden die Spitze der klassischen Karikatur. Auch J. Gillaray
bringt gepfefferte Kritik auf das satte Bürgertum. Mit einigen
Blättern aus derZeltschrlft iiDle Musketer- kommen wirunseren
Problemen näher. Von R. Beut waren politische Karikaturen aus
der Nazizeit vertreten. die in den iiLusttgen Blatternii die Kriegs-
gegner der Achsenmächte lächerlich machen sollten. Th.
ZascheslllustrationenzumpolitischenGeschehenindere
Republik lassen den unvoreingenommenen Betrachter
einmal die großen Schwierigkeiten ahnen. mit denen sic
Staatsmännerjener Zeit herumzuschiagen hatten. Etwa
Epoche wird auch für Frankreich und dessen Zuständr
J. Sennep geschildert. Mit E. Sokol und seinen Glossiert
dervon uns allen selbst miterlebten Ereignisse reichtdieS
bis in die Gegenwart. Die Qualität ist sehr unterschiedlich
schonausderNamensnennungderKünstlerhervorgehtf
bis 10.3. 1985 3. Sokol, Politische Karikatur
Neue Galerie Wien Josef Mikl
Der Farbauftrag des Künstlers ist intensiver, dichter gewo
der Pinselstrich kürzer aberschwungvoll, Kontrastewerde
gend. Da und dort sah man auch noch die röhrenförr
Gebilde,dieMiklseineganze Schaffensperiode begleiten.
vielfach gaben die Farben in Räume Einblick. zogen in
Dunkle Wischer stehen mit leicht drohender Figürlichke
brennendem Rot Einige sehr gegenstandlich gemalte Po
und Blumenbilder überraschten. Besonders letztere sch
unseines Mikl nichtgerechtzuwerden.Auchdiebemalten
iiguren sind durchaus noch keine ausgereiften Arbeiten.
sie auch eine gerade für diesen Künstler entsprechende
terung seiner Gestaltungsweise sein konnten. 28.
22. 12. 1984 4. Figur. 1984. Öl. 200 200 crri
Zbynek Sekal
Sekal. der sich schon seit Jahrzehnten mit Materialbildr
strengen. gepatterten Formen beschäftigt. findet in
scheinbar so leicht ausschöpfbaren Technik doch imme
der neue Variationen. immer wieder ist es das Quadrat in
seine i-Musterl- bannt. Das Quadrat ist die Form des lrdis
des Begrenzten,das mitder Naturverbundene. in ihm nag
seine Ordnungen. die dem Betrachter einen Weg auitur
verschließen, die kostbare Schreine oder einfache Zeige
können. Hat ermitseinen metallenen Fügungen oft eine
tinisch reiche Prachtentfaitung geschaffen. so zeichni
Holzreliefs eine meditative Schlichtheit aus. Die Unebenl
und Verletzungen des Materials tragen hier zu einer Verlel
gung viel bei. Den Untertitel iiVorletzte zusammengesetz
dern wollen wir doch nicht gern akzeptieren. sondern
noch viele Werke Sekals sehen zu können. 5. 1.- 9. 2.
Domeingang 2.1977. Holz, Eisen, Lack,168x16l
Galerie Hilger Gabriele Folz-Friedl
Die 1952 in Stuttgart geborene und in Wien lebende Kün
zeigte bei ihrer ersten Personale vier Ölbilder und viele
ken Besonders die feinen Zeichnungen menschlicher Fi
mitverdichteten Linienchne begleitende literarische Berr
gen lassen eine starke Ausdruckskraft erkennen. Oft er
die Künstlerin durch Freiraurne eine besondere Wirkung
unbestimmbaren Hintergründen tauchen diese Gestalte
werden in einem Geflecht von Strichen festgehalten und
diese Gebundenheit an den Betrachter weiter. 22. 1.
19B5-8.Gabriele Folz-Friedlbeim HängenihrerAusste
Galerie Yppen Ernst Zdrahal
DerMalerzeigtZeichnungen unterdem Mottoiicarnevale
zianoir. In unglaublich feiner und harter Strichführung Wl
gleich Negativbelichtungen in Weiß-Schwarz verschie
scheinbar harmlose. Menschengruppierungen in eini
Ensor erinnernden ätzenden Betrachtungsweise vor
gestellt. Zdrahal entwickelt sich immer mehr zum feinner
Zeichner. der ohne große Gesten kritische Sachverhalte
zulegen imstande ist. 5. f.i9.2.19B5-7.Zeichnun
dern ivcarnevale venezianorr, 1984
Galerie am Graben Skyline Straßline
Hier wurden Schmuckstücke aus Amerika gezeigt. Alle.
100 Exemplare. entstammten den Jahren 1920 71940.
alsoquasi ein historischer Rückblick aufeinesehrbewegti
und das Material Straß scheint uns. besonders für das
kunftsland. sehr bezeichnend. Es waren die Jahre. dieduri
riProsperityii-Periode. ab 1929 durch die große Wirtschaft
und darauf Rosevelts nNEW Dealii gekennzeichnet warei
Kreise in denen dieser Schmuck getragen wurde, zeich
sich wohl jederzeit durch einen eigenartigen Patriotismu
Gibt es doch sogar die Buchstaben USA. mit diesen fal
Brillanten geziert als Schmuckstück. 7. 1. 23. 2. 19!
8. Straßschmuck aus Amerika. 1920 1940
Galerie Würthle Linde Waber
Unter dern Titel "Mein Gartenir waren Kreide- und Bur
zeichnungen in großen Formaten zu sehen. Es sind. entg
dem heute üblichen Lamento über das Sterben der Natur
optimistische Bilder. Schon im Vordergrund wuchern die
zen und schließen zur Bildmitte. ja bis zum oberen Rand di
chen in einmaliger Üppigkeit. Es ist ein Dickicht von Str
und Farbhieben. Strukturell mit manchen Zeichnungen vo
ner verwandt. aber immer im Gegenständlichen verblei
20. 2. 16. 3. 1985 9. Mein Garten. 1984. Mischtei
Papier Ausschnitt
Anton Mahringer
Von dern dritten großen Maler der Ndtscher Schule. 19l
Stuttgart geboren und 1974 in Villach gestorben, wurde hi
guter Überblick seines Schaffens geboten. Man sah die ei
siven Ölbilder der dreißiger Jahre mit ihrem pastosen Fa
41
Aktuelles KunstgeschehenlÖsterreich
trag, eine gute Auswahl der für Mahringer so typischen. sich in
kristallinen Formen giiedernden Bilder der fünfziger Jahre, in
denen sich auch die Farben aufhellen, war im Hauptraum pia-
ciertundauchdielmmermehrstrukturiertenGemäldederSpät-
zeit waren vertreten. Deutlich der Einbruch des Lichts in den
Landschattsbildern. Ein wichtiger Meilenstein in der modernen
österreichischen Malerei. 26. 2. 23. 3. 1985 10. Des
Künstlers Sohn Olemens, 1941. ÖlILeinwand
Galerie auf der Stubenbastei Herwig Zens
Der Maler bot hier etwas über 50 Arbeiten; die meisten waren
um das Thema r-Vom Todi gruppiert. Mit vier großen Acryl-
Ölbildern setzte er einen Schwerpunkt. Für Zens außerordent-
lich kraftvolle schwere Farben und eine dem Thema entspre-
chende bedrückende Dichte. in einer Reihe von Zeichnungen
und Radierungen. ebenso in Buchillustrationen wird in des
Künstlers lockerem StricheinweiteresAufgabengebieLdasder
Illustration. abgesteckt. 14. 2. 3. 1985 Radierung
aus dem wPalermozyklusn, 1984 Alois Vogel
Salzburg
SalzburglGalerie Weiz Joachim Hämmerle
Joachim Hammerle stellt sich in der Galerie Weiz einer Stadt
vor, die zumindest an ihren Fassaden noch etwas von dem Geist
kündet, dem sich der in Saulgau in Württemberg geborene
Kiinstlerwahlverwandtfühlen dürfte. DieGedanken-und Bilder-
weltdes Barock hat durchaus EntsprechungenzurSituationder
Moderne meist aber sind sie nur dem absirahierenden Blick
des Wissenschaftlers einsichtig. Hier jedoch werden sie unge-
filtert, gleichsam am lebenden Objekt, vor Augen geführt. Die
Lust, die ivWeltii, Himmel und Erde, aufdie Bühne zu heben; der
weitgespannte literarische Horizont, aus dem Anregungen
geschöpft werden das Spiel mit Gegensatzpaaren um Liebe
und Tod; schließlich die hohe zeichnerische Kunst ail das
zielt keineswegs an unserer Zeit vorbei es hält ihr wirkungsvoll
den Spiegel vor. 9. 1.- 3. 2. 1985- 12, itABO Häm 78I49i-
wMit Hundenri
Salzburg Galerie Weiz Maria Moser
i-Relikte undVergängllchkeiti nennt sich diese Schau, dieArbei-
ten vornehmlich aus dem vergangenen Jahr versammelt. Es ist
nicht irgendein Titel, schnell angepropft an schon Vorhandenes
unddemgroßen VorratvageGefühtetransportierender Leerior-
mein entnommen er durchzieht vielmehr leitmotivrsch die
gesamte Ausstellung und kündet von dem künstlerischen Wil-
len, das, was sich aus unserem Bewußtsein so leicht in GfaUZO-
nen des Gedächtnisses abdrängen läßt, festzuhalten, dem
Unwiderruflichen Gehör zu verschaffen. Davon zeugen Werk-
unterschritten wie Neschnürungr, wAufiosungr, iwFteliktii.
Wersteinerungt, wBfliChit, wBruchstückrr, vLandschaftsreliktii,
"Versinkendesit. Die Bilder, Mischtechniken auf Papier und
Ölgemälde auf Leinwand, werden von der 1948 in Frankenburg
geborenen Maleri die nach ihrerAusbildung an derAkademie
in Wien 1974 ein Ägyptenstipendium absolvierte, im großen Auf-
bau, in der Detailarbeit und in der fein differenzierten Farbge-
bung überzeugend gestaitet. 6. 2. 3. 3. 19ß5-13, Relikt.
1985
Salzburg Galerie Ropac Alfred Klinkan
Die Galerie Ropac bemüht sich, Salzburg besonders die junge
gegenständlich-expressive Malerei zugänglich zu machen. So
führen auch die Werke Alfred Klinkans Ziele, Erreichtes und
Gefährdung vor Augen. Nicht allein einer als kopflastig empfun-
denen gegenstandslosen Moderne steht sie kritisch gegen-
über; auf dem Bild wDas Zelt des Kandinskyi wird wohl das Den-
ken in formalen kompositorischen Kategorien allgemein auf's
Korn genommen. Dem wird in den anderen, weniger program-
matisch anmutenden Gemälden entgegengehalten, daß die
bunte Weit auf der Bildfläche auf den ersten Blick zugänglich
sein muß. in der Tat wird der im Flaum weit entfernt stehende
Betrachter den Werken Farbigkeit undVielgestaltigkeit zuspre-
chen. Wer allerdings nähergeht, wird enttäuscht; für ein stum-
mes Gespräch Auge in Augesind diese Bilder nicht geschaffen.
sie lassen es nicht zu. Hoffentlichverhält essich in derZeit nicht
umgekehrt daß etwa, wer in einigen Jahren ihnen gegenüber-
tritt, venrvundert ist über die Hochschätzung, die sie heute, aus
geringem zeitlichen Abstand, allenthalben erfahren. Februar
1985
Salzburg Cafe Künstlerhaus Konrad Winter
Konrad Winter, dem Saizburger Publikum bereits aus Gemein-
schaftsausstellungen im Künstlerhaus bekannt, hat hier
erstmals einen ganzen Flaum zur Verfügung gestellt bekommen
undmit Rechtzlehendie Werkedie Blickeauf sich. Assozliert
man beim Cafe Künstlerhaus sicherlich zu Unrecht, doch
Salzburg bietet anderweitig reichlich Anschauungsmaterial
Kaffeehausambiente gewöhnlich damit, daß seichte und farb-
lose Aquarellchen sich breitmachen, so darf man sich hier an
knallbunten, iwzackigenir Holzschnitten erfreuen. Dabei ist nicht
an ästhetisierende Weltflucht zu denken, sondern daran, daß
mit eigenständigen, wirkungsvollen Mitteln ernste Themen wie
Bedrohung von. aberauch Bedrohung durch Mitmenschen und
Umwelt zum Ausdruck gebracht werden. Zugleich gemahnt der
leise durchschimmernde ironische Abstand daran, die inhaltli-
chen Vehikel nicht zu verabsoiutieren, sondern das Beiörderte,
die Kunst, in Empfang zu nehmen. Dezember 1984
Simon Wagner
42
Salzburg Romanischer Keller der Hypo-Bank
Wolfgang Eibl
Die hiergezeigten Farbfotografien des 1953 in Salzburg gebore-
nen Künstierssind technischwle künstlerischvon hervorragen-
der Qualität. Die Präsentation dieser Werke in der Schönheit
des Romanischen Kellers erwies einmal mehr die Wichtigkeit
des Mazenatentums derSalzburger Landesbank. 13. 3. 6.4.
1985 14, Dach mit Tauben, Farbfoto
Salzburg Galerie Salis Anton Faistauer
Ötgemälde, Aquarelle und Zeichnungen des durch seine Fres-
ken im Foyerdes Festspieihausesweitum bekannt gewordenen
Salzburger Malers 1887- 1930 waren der glanzvolle Inhalt
der schon gehängten Frühjahrsausstellung der Galerie Salis in
der Goldgasse. 22. 3. 30.4. 1985 15, nMannerbildnis-t.
Josef Feriuga, 1922, Kreide f. w.
Kärnten
Villach Galerie an der Stadtmauer Landeslörde-
rungspreis für Fotografie 1984
Alljährlich wird ein Landesfdrderungspreis für Fotografie aus-
geschrieben und die besten Arbeiten, eigeteiit nach den Kate-
gorien nSchwarz-Weiß-Fotografiet, nFarbbild-Fotografieit, und
i-Farbdiapositiveit in der Jahresaussiellung gezeigt. 19. 12.
1984 711.1. 1985
Junge Künstler aus Kärnten
Die von der Galerie als Gegenausstellung von 12 jungen slowe-
nischen Künstlern in Ljubijana gezeigte Schau hatte in Jugosla-
wien in Presse und Fernsehen großes Echo ausgelöst, sodaß
die Galerie sich entschloß, sie auch in Viliach zu zeigen. Es
waren die Arbeiten von R. Benetik, J. Boschitz, D. Druskovic, H.
Fian, St. Gyurko, W. Hofmeister, P. Hutter, P. Janach, A. Köchl,
P. Laminger, Motschnig. St. Nessmann, St. Passernig, J.
Puschl, B. Plecko, P. Putz, G. Reichmann, J.J. Taupe, J. Wüster,
J. Zechner vertreten. 5. 2. 22. 2. 1985
Hannes Mlenek
Der Villacher Maler zeigte Hautbilder und andere Aussagen. in
eigenwiltiger Weise versucht er die menschlichen Schwachen
aufzudecken, vKonfiikte und Leidenschaften sind Beweg-
gründe seines Schaffensu P. Müller. 26. 2. 15. 3. 1985
Oberösterreich
Linz Stadtmuseum Nordico Paul lkrath und seine
Meisterschüler
lkrath 1888-1970 hat Hunderte von Schülern der Kunst
nähergebrachnohneihnenseinekünstlerischeVorsteliungauf-
zuzwingen. in der Auswahl der sechs Meisterschüler Erich
Buchegger, Rudolf Ferch, Hans Keplinger, Auguste Kronheim,
Hans Schaumberger, Eifriede Trautner und ihren grundver-
schiedenen Arbeitsweisen wurde das in dieser Ausstellung
auch sehr deutlich. Daneben wurde durch den Überblick über
das Schaffen lkraths seine Entwicklung und seine Malkulturauf-
gezeigt. G. 12. 1984 1. 1985 -16a, Paul lkrath, Selbst-
bildnis, um 195a. o1
Thomas Pühringer Collagen
Pühringer hat bei Prof. Ritter studiert. seit 1982 beschäftigt er
sich neben seiner Efildhauerarbeit auch mit Collagen. Seine
Spezialität besteht darin, daßer auf dem Weg überden Kopierer
seineVortagen vergrößern oderverkleinern kann, daßer sie här-
teroderweicher, dunkleroderheller machen kann, daß sie also
nicht wie bei der gängigen Collage nur zu einer neuen Komposi-
tion in Originalgröße zusammengefügt wird, sondern neue Ele-
mente im Hinblick auf ein Zusammenfügen geschaffen werden.
Sicher wirdder Betrachter auch Mühe aufwenden müssen, hin-
ter alle Ideen des Dargestellten zu kommen, doch es lohnt sich.
31 24. 2. 1985 -16b, Neue Tendenzen, 1985. Collage
Etrusker Aspekte etruskischer Kunst
in Zusammenarbeit mit dem Kunsthistorischen Museum Wien
wurde diese umfassende Schau zusammengestellt. Sie glie-
derie sich in zwei Bereiche. deren erster Bilder, Modelle und
Objekte einer Privatsammlung umlaßte. Hier waren sehr
schöne und wichtige Funde zu sehen, die sonst der Öffentlich-
keit nicht zugänglich sind. Der zweite Abschnitt bestand aus 95
Objekten der Antikensammiung. iwAus Gräbern und Heiligtü-
mern Etruriens und Unteritalienst wurden kostbare etruski-
sche, unteritalienische und griechische Gefäße, Terrakotta-
figuren, Urnen, Bronzegegenstände, Statuetten, Teils der
Bewaffnung und Rüstungen eines Kriegers sowie Funde aus
Gold geboten. Alle Gegenstände kamen aus dem geistigen
Umfeld der Etrusker und illustrierten so ihre Weit. 17. 1. bis
15. 3. 1985
Neue Galerie Linz Eduard Angeiis
Ein charakteristischer Einblick in das neueste Schaffen des
Künstlers. Es handelt sich hauptsächlich um großformatige
Pastelle, die sich einem impressionistischen, poetischen Rea-
lismus zuordnen lassen. 10, 2. 2. 1985
Man Ray 1890 -1975
In einer Auswahl von 7B Exponaten wurde ein Einblick in alle
wesentlichen photographischen Schaffensepochen des Kunst-
lers gegeben. Man Ray hat wie kein zweiter die experimentelle
undavantgardistische Fotografiedieses Jahrhunderts geprägt.
Seine stilbildenden Arbeiten zeichnen sich ebenso durch ihre
formalen. technischen und bildnerischen Qualitäten wie durch
die Prominenz der Porträtierten und eine unverke
Distanziertheit mit Intimität verbindende Atmosphär
21. 1. 78. 4. 1985
Gustav Klimt 1862 1918
Die Auswahl vereinte 100 Zeichnungen aus amerikani
Privatbesitz undausden Beständen des Historischen Mt
der Stadt Wien; sie wurde noch durch 12 Zeichnunger
Ölgemalde der Linzer Sammlung ergänzt. Die Ausstelit
vom 7. Juni bis 16. September im Museum der Stadt
sehen, und wirberichteten im Heft Nr. 195 ausführlich
7. 2.7 8.4.1985
Wels Galerie der Stadt Peter Kubovsky
Ein interessanter und informativer Uberblick auf alle
lungsstufen des Zeichners von 1947 bis heute. Sehr
kam dabei zum Ausdruck, daß Kubovsky schon von
Anbeginn an außerordentliche Fähigkeiten für die grar
Gestaltung mitbrachte. Es ist erstaunlich, wie sehr er
festen Strichen, mit Verdichtungen und Lockerungen bs
den vierzigerJahren eine Atmosphäre schuf, die er erst
ter wieder in dieser Ausdrucksintensität erreichte. 23.
30. 12. 1984
Niederösterreich
StPolten NO. Dokumentationszentrum für
Kunst Friedrich Martin Seitz
Seitzwurde1925inSt.Pöitongeboren;derSchwerpunki
Schaffens liegtauf sakralem Gebiet. Viele Reliefs, aus Ei
anderen Metallen, nehmen in symbolhaften Abläufen zr
steilen Bezüge auf und wollen sie in unsere Zeit transpo
Ähnliches gilt auch von den Kleinplastiken. Freilich lä
Seitz zu oft sowohl von den Materialien als auch von de
beitungsmöglichkeiten unserer Zeit zu einer allzu glatte
umgekehrt unmotiviert verknitterten Technik verteile
Ergebnisse sind darin je nachdem hübsch oder verquäl
modisch leer. Die besten Ansätze zeigen die Radiei
16. 11.719. 12. 1984
Rudolf Buchner 1894 1962
Rund 150 Arbeiten, Ölbilder und Graphiken gaben eir
drucksvollen Einblick in das Werk dieses in Wernsdort
ren geborenen Künstlers. Er ging primär von der Farbe
schuf sich mit ihr immer neue Räume. Besonders seini
schaftsbilder wären zu beachten. 14. 12. 1984 6.
Stefan Haslmayer
Mit diesem Überblick wurde die Serie der in St. Pölten
Künstler fortgesetzt Haslmayer ist in erster Linie Lands
und Vedutenmaier. Gezeigt wurden auch Skizzen und
blätter, sodaß das Entstehen der späteren Pastelle, Aq
und Ölbilder nachvollzogen werden konnte. 3.
Peter Klitsch
Der 50jährige Künstler, der zu den Vertretern des Ph
schert Realismus gezahlt wird, zeigte etwa 150 Arbeiter
bedeutenden Platz nimmt die menschliche Figur in
Schaffen ein. Oft sind seine Themen aus der Mythotol
Phantasiewelt entnommen. Seine Figuren, denn soichel
sie bei aller angepeilten Perfektion, ist eine Melancholie
die an traumhafte Puppen erinnert 12. 1. 3.2. 198i
Wiener Neustadt Herwig Zens
Der 1943 in Himberg geborene Künstler ist einer der
sten österreichischen Zeichner. Er hat sich gerade in
ten Jahren zu Recht auch im Ausland einen Namen ge
Vom Expressionismus kommend, ist sein Strich sehr he
arbeitet er mit großen Freiräumen und komponiert mit vi.
feinen Linien ein Umfeld ein, das den Betrachter zu
Erweiterungen herausfordert. Er bot hier Architekturen
schalten undfiguraIeSzenen.Auch seineÖtbilderAcryl
eine aufgelockerte, Flächen einbeziehende Arbeit
Seine Farben sind in den letzten Jahren verhaltener gev
7. 12.7 30.12.1984
Burgenland
Eisenstadt Haus der Begegnung Walter Reiti
Unter dem Motto wLyrische Geometriei waren Zeichn
Objekibilder und Objekte aus den Jahren 1975 bis
sehen. Als Grundlage seiner Arbeiten hat er das Quad
den Kreis. Mit der Farbe gewinnt er Raum. Seriell entvi.
Anordnungen dieser geometrischen Formen schaffen
iige Raumerlebnisse. Hierversuchte Reitmayer1927.i
1956 in alierWelt ausstellt, eine iigemeinsame Darstellt
Intellekt und Gefühl durch die objektiven Symbole der
trie bzw. durch das spontane Seheriebnisri. 7.9. 31 1C
17, Symmetrische Grafik
Hans Staudacher
Der 1923 geborene Künstler zeigte 40 lyrische Gouachi
Blätter, alle in den letzten Jahren entstanden. hatten durc
einen frischen, offenen Charakter. Mit viel Schwung un
dem Künstler eigenen Sicherheit sind die Linien in Farb
und -ftecken gesetzt, sind Verbindungen gezogen und
oder Wortfragmente eingesetzt. die sich zu einem seh
schon Ganzen vereinen. Staudacher erfreut immer wie
seiner unkomplizierten, ursprünglichen Heiterkeit.
wird einem das Gestalten aus innen bewußt. 15. tt.
17. 1. 1985 18, Liebe den übernächsten wie dich
Aloi
14
17
15
43
Notizen
Basel Art 16' 85, iiPerspektive 851 Marianne
Maderna
Die Österreicherin Marianne Maderna zeigt in der Wiener Gale-
rie Lang unter dem Titel wSpielbeinlStandbeim Plastiken aus
den Jahren 1984185. Zukommender Wender Figur I.
Eisenchromstahl 210 crn.
Die Künstlerin zu ihren Werken
Das Stanttiein und Spielbein befindet sich im Zustand des vom
Körper Be und Entlasten.
Das Konkrete dieses Befindens wird durch die Wahrnehmung
einer Verschiebung des Lastens in Frage gestellt.
Das Spieibein ist im Begriff, die Funktion des Standbeines zu
übernehmen.
In derweiteren Folge konnte sich das in der Phase der Verände-
rung befindende Standbein undSpielbein verselbständigen und
so zum autonomen Körper werden.
Berlin Kunstgewertiemuseum
Der Generaldirektor der Staatlichen Museen Preußischer Kul-
turbesitz und der Direktor des Kunstgewerbemuseums konnten
mit 11. Mai 1985 den Neubau eröffnen. Zwischen Tiergarten
und Potsdamer Straße. nahe der Berliner Philharmonie, prägt
das neue Gebäude diese innerstädtische Region. Unmittelbar
daneben ist bereits ein neues Projekt im Entstehen. die
irMuseen europäischer Kunstu. Kunstgewerbemuseen erlebten
vor ca. einem Jahrhundert, mit dem Wiener Kunstgewerbemu-
seum als erstem. Hochkommen und Blüte. Während in der Bun-
desrepublik durch Neubauten in der Gegenwart siehe auch
Frankfurt und Düsseldorf die Institution des Kunstgewerbe-
rnuseums gefestigt wird. muß das älteste Kunstgewerbemu-
seumaufdem Kontinent,jenes inWien, das heutigeÖsterreichi-
sche Museum für angewandte Kunst. um seinen traditionellen
Bestand zittern. Sollte hier nicht von einem gesamteuropä-
ischen Standpunkt ausgegangen und überlegt werden?
Düsseldorf Kunstmuseum. Galerie Vömel
wReichtuminderVielfaIt-r.unterdiesemAspekterfoIgtedieWie-
dereröffnung des hiesigen Kunstmuseums Von Grund auf
umgestaltet und erweitert, stehen auf 7500 in drei Geschos-
sen die Sammlungsteile vom Mittelalter bis zur Gegenwert.
Hauptsächlich Malerei. Glaskunst. Textilien. Islamisches
Kunsthandwerk. Kunst des 20. Jahrhunderts. Ein erfreulicher
Akt nach sechs Jahren Schließung. der dem Publikum die
Sammlungen aus der bisherigen Enge und Veralterung durch
lockerere großzügigere Präsentation näherbringt.
OtmarAlt. 1940im Harzgeboren, lebte ab 1951 in Berlin. Erzeigt
uns ein Werk. das. in 20 Jahren gewachsen, von erfrischend
frbhlicherBuntheitist.Manchesden klasstschenAhnherrender
Moderne nahe. setzt er wagemutig flächige Kontraste. Verläßt
er die zweite Dimension. um in die dritte. plastische, zu gehen.
kann er dem neue Aspekte abgewinnen. Manches erinnert an
Niki St. Phalle. Tachistisohes mengt sich mit skurrilen Anklän-
gen von puzzlesker Expressivität. Farbe ist Trumpf, meist rein.
doch in gut abgestimmten Sequenzen.
Frankfurt Museum für Kunsthandwerk und Kunst-
V6f8ifl
lmZugevon Reformen müssen mitunter altgewachsene Institu-
tionen um ihre Existenz bangen. Frankfurt beschreitet seinen
eigenen Weg und errichtete ebenfalls siehe Berlin ein
neues Museum für Kunsthandwerk. Es wurde mit der Ausstel-
lung i-Türkische Kunst und Kultur aus osmanischer Zeitw feier-
lich eröffnet.
im Frankfurter Kunstverein nahm sich Peter Weiermair des
Werkes von Meret Oppenheim an. Eine Retrospektive. 1923 bis
1983, die ungewöhnliches im Gefolge hat. Zeigt sie doch das
Werk der M. Oppenheim, der, manglaubt es nicht, erst an ihrem
70. Geburtstag volle künstlerische Anerkennung gezollt wurde.
Berlin. Basel, später Paris ließen sie Umgang und Freundschaft
mit Giacometti und Tanguy pflegen. 1936 erwarb das Museum
ofModernArt,NewYork,ihri-Dejeunerenforrurer.Diesemvei-
danktsiejene einsame i-spitzerr Berühmtheit, die ihr ein ganzes
Leben anhängt. Ein künstlerisches Leben in Krisen, das niemals
modischen Strömungen unterworfen war. Daraus resultiert ein
Werk voll geheimnisvoller Poesie. die das Autonome ihres
Schaffens markiert, und dieses spät schätzen ließ.
Eine weitere wichtige Ausstellung vltalienische Kunst 19tObis
1950er. Hauptwerke der modernen italienischen Kunst aus dem
Besitz des Museo d'Arte Contemporanea, Milano. 86 Werke
einer Entwicklung vom Futurismus bis zur Gegenwart. Modi-
gliani. de Chirico. Guttuso, Marini u. a.
Karlsruhe Badisches Landesmuseum
Nicht selten sind Zufall oder persönlicher Einsatz auslösendes
Moment dafür. daß ein spezielles Teilgebiet von Kunst und
Kunsthandwerk an die Öffentlichkeit kommt. Die wAmerican
Oullts von 1870 i930r verdanken ihr neues Leben und inter-
esse niemand geringerem als Andywarhol. Quilts stehen heute
in Amerika. gerne gesammelt, fest neben Werken der Op- und
Pop Art. In prächtigen Farben sind es handgearbeitete Decken,
aus Flicken zu geometrischen Mustern gewebt. Sog. Patchwork
oder Piecet Quilt. Hervorragende Beispiele amerikanischer
Volkskunst. wie die hier gezeigten beweisen. Sie stammen aus
den Privatsammlungen von Verena KlüsterlMilnchen. Nelly
CurtiIZürich u. a.
44
North-CarolinalWien Lobmeyr
1982 wurde dem Österreichischen Museum für angewandte
Kunst eine Ausstellung neuerer amerikanischer Glaskunst
angeboten. Finanzielle und bürokratische Hemmnisse verhin-
dertenihiZustandekommen.Vorherschon,1975,wareineähn-
liche, i-Neues Glas Corningrr, geplant. Diese fiel der Unein-
sichtigkeit österreichischer Glaslndustriekrelse zum Opfer.
Daraus zog Lobmeyr kurzerhand die Konsequenzen und holte
jetzt eine geschlossene Gruppenausstellung amerikanischer
Glaskünstler nach Wien. Harvey Littieton. der unermüdliche
Pionier und Wegbereiter. führte sie an. Die von der Western
Caroiina University erstellte Präsentation vereint zu Gary Bee-
cham und John Littleton die bereits im Badnei Lobmeyr-
Studio Glas geblasen haben Mark Peiser, John Nygren, Ste-
phen Dee Eduard, Fritz Dreisbach. William Bernstein. insge-
samt 16 Künstler aus dem Zentrum neuerer amerikanischer
Giaskunst. North Carolina. Lobmeyrs Initiative ist einmal mehr
eine Würdigung wert, denn ohne solche würde Engstirnigkeit
gewisser heimischer Institutionen den fördernden Austausch
im künstlerischen Bereich der Giaskunst total verhindern.
Paris Musee d'Art Moderne de La Ville de Paris
Gustav Mahler1860-1911- i-Un hornme. une oeuvre, une
epoque-r
Mahlers Musik ist seit 20 Jahren in Frankreich geschätzt und
bekannt. Diese Ausstellung ist jedoch darauf angelegt. um
seine musikalische Autorität, das Bild des kulturellen Wien um
1900. zu beleuchten. Die ungeheure Vielfalt der k. k. österrei-
chisch-ungarlschen Monarchie und ihrer Reichs- und Residenz-
stadt Wien. die sich hier in einem breit erschöpfenden Zeitbild
aus Fotos, Affichen. Programmen u. ä. zusammensetzt. Die
kLlnstlerischeAvantgarde Wlener Secession tritt mit Moll. Klimt.
Kokoschka. Hoffmann. Moser, Olbrich auf. lmZusammenhang
steht die von Rodin geschaffene Büste Mahlers urn 1909110
s. AMK 1961197. S. 52. Die ungefähr 300 Fiecen der Mahler-
schau sind in Paris. d. h. für Gesamtfrankreich. erstmals prä-
seht.
Robert et Sonia Delaunay
BeiderGeburtstagjährt sich heuerzum 100. Mal. 1885. im glei-
chen Jahr geboren. war es eine schicksalhafte Begegnung. die
derSonie Terk. einer ukrainischen Weißrussin. mit dem Pariser
Robert Delaunay. Diese festlichwichtige Retrospektive verleiht
der profunden Markierung der zeitgenössischen Kunst durch
beide Künstler das rechte Licht. R. Delaunay ist in allen seinen
Perioden. der Impresslonistischen, Neoimpresslonlstischen,
Kubistischen und Orphistischen, von wSaint-Severim 1910 bis
1912 bis zu den vgrands rythmesr 1938 aufgezeigt. S. Delau-
nay, umfassend präsentiert, zeigt in Werken ihrer Jugend den
Einfluß von Cezanne und Van Gogh, den Fauves. wie übrigens
den der deutschen Expressionisten auf. Ihre Vielseitigkeit stellt
sich in jener langen Periode nach dem 1. Weltkrieg 1918 bis
1930, heraus. Tapisserien. Möbel. Objekte, Mode, Bühnenbild,
Kostüm- und Theaterdekorationen beschäftigen sie durch-
wegs. Ab 1930 kehrte sie zur Malerei zurück. f939zelgte sie im
Le premier saion d'art abstrail ihre Werke. Der Tod ihres Man-
nes R. Delaunay 1941 ließ Sonia Delaunay gemeinsam begon-
nene Werke. vorwiegend Tapisserien. Glasfenster und
Mosaike, beenden. Appoilinaire. mit ihnen sehr verbunden.
sagte 1912 ivOuand iis se räveilient. les Delaunay parient pein-
turem Die Delaunay-Retrospektive läuft noch bis 1B. September
1985 in Paris und kommt später, im Herbst, in die Staatsgemäi-
desammiungen nach München.
Regensburg Ostdeutsche Galerie
Lovis-Corinth-Freis der Künstiergilde 1984
Anton Lehmden, 1929 in NeutralSlow geboren, ist Hauptpreis-
träger. Unter den hiergezeigten 38 Werken sein frühestes. eine
i-Panzerschiachtr, 1954. Die Radierung wurde in Japan ausge-
zeichnet. Sein spätes rGolem und Ihr. 1984. Lehmdens Schaf-
fensbiid ist von Zerfall. dem Berstenden. Aufbrüchigen undAuf-
brechenden, dem Untergehen bestimmt. Seine so entstehende
Art von Weltlandschaft ist zeitlos. Der Donauschule geistig ver-
wandt. durchziehen Sintflut. Krieg und Schrecken dasWerk. Ein
abgeschlossener. in die Landschaft hinabverwachsener Pan-
zerturm signalisiert auch im Grasverwachsensein vom ewigen
Grauen und Entsetzen des lmmerwiederkehrens der Apo
kalypse.
Roland Ddrfler. 1925 im Erzgebirge geboren. erhielt eine Ehren-
gabe. Dem Werk des Einzelgängers sind Krieg, Gefangen-
schaft, Isolation und Bedrohung eingeschrieben. Zeichner
vgelebter Körper in hauptsächlich maskulinen Formen.
Joachim Lothar Gartner. 1945 SteinschönauIBöhmen geboren,
erhielt einen Forderungspreis. Seine aktionslosen Naturbiider
sind stille Bestandsaufnahmen vom Trümmerfeld bis zum ver-
meintlichen Paradies.
Hans Jürgen Gartner Zwillingsbruder d. 0., gleichfalls Förde-
rungspreisträger. gibt sich als Zeichner mit handschriftlichem
Strich in Form von Psychogrammen und Seismographischem.
nZeichnungen deutscher Meister-r. 1750 1900. bilden eine
Ausstellung aus den Sammlungen der Stiftung Pommer in Kiel.
Werke von C. Blechen, C. Friedrich, A. Menzel, P. O. Runge,
C. Spitzweg.
St. Gallen Erker-Galerie
Sophie Taeuber-Arp. Reliefs. Collagen, Gouachen und Zeich-
nungen.
Wie die Deiaunays. so bildeten die Arps eine schicksalsträch-
tige Lebens- und Künstlergemeinschaft. Sophie Taeuber-Arp,
1889 in Davos geboren. heiratete 1922 Hans Arp. Mitglied der
Bade-Bewegung. wird sie später als Vertreterin der konkreten
Malerei weithin anerkannt. Das Dualistische dringt auch im
Werk, wie z. B. in der Coquille 1937, durch. wReinheit der Linie
der sanften Kontraste des addierren graphischen WohIlautS.
Stunden der Stiller. wie Hans Arp es nannte.
Zürich Kunstgewerbemuseum der Stadt und
Museum für Gestaltung
Direktor Hansjörg Budiiger räumte der Schau rKritik am Autor
imSchulgebäudebesonders gerne Platz ein.OtlAioher,Allroun-
der und Mitbegriinderder Hochschule fürGestaltung. Ulm. kam
mit entsprechendem Konzept hierher. in seiner Designanalyse
packt er eines der heißesten Eisen der Zelt an. Ein hochwichti-
ger Versuch. das Auto vom technisch-formalen Podest herun-
terzuholen. Aichei erkennt neue Standpunkte. wobei er über
das Vehikel dem Verkehr als solchem, als gesellschaftlicher
Verschränkung. den notwendigen Stellenwert einzuräumen
versucht. Ein sicher mühseiiger Versuch und fast utopisch bei
den immerhöher angepeilten Hochstgeschwindigkeiten um die
300 kmlh. Von waldschützenden 100 krrilh auf Autobahnen und
30 kmlh im urbanen Bereich bleibt nichts übrig. Japaner und
Amerikaner respektieren längst umweltschützende Auflagen.
Aber die Europäer? Für sie scheint der Fetisch Auto tabu für
sozietär unabdingbare Forderungen. Immerhin, Sinn und
Zweck dieser Ausstellung ist ein begrüßenswerter und sollte
entsprechende Denkanstöße auslösen. I. netopil
Sonette über ein treibendes Jahr. herausgegeben von
Erich Rentow und Herwig Zens. Edition Maioii, Wien
1982, 95 Seiten
Sonette über ein treibendes Jahr ist der Titel der Gedichte von
Erich Rentow. Zu jedem Monat ein Sonett, dazu schuf der Gra-
phiker Herwig Zens Radierungen. Schuf er sie im Hinblick auf
den Text? Nein, er hatte ein anderes Jahr. Sein Erleben, jeden
Monat ein anderes. gab den Rahmen für Fientows Jahiestiei-
ben. Aus diesem Anfang entwickelte sich in Zusammenarbeit
mit dem Musiker Herbert Lauermann. dem Verleger PeterGrün-
auer, dem Designer Klaus Hehner und dem Fotografen Helmut
Bichler zuerst das Performance und als Dokumentation dar-
über das vorliegende großformatige Buch. dem auch als logi-
sche Ergänzung eine Langspielplatte. die Kiausjürgen Wussow
besprochen hat. beiliegt. Dokumentation für die iiAufführun-
genu in der Galerie Eichgraben, im Schloß zu Detrnold und im
Palais Liechtenstein in Wien, bei denen den Sängern. instru-
mentalisten und Sprechern ein wesentlicher Anteil an der Ver-
wirklichung zufiel. Dokumentation in minutiöser Schilderung
der Gegebenheiten. von der Entstehung der Graphiken bis zum
"Stromenu des Publikums und das Einnehmen der Plätze. Doku-
mentation aiso für eine ferne Zeit, in der vielleicht ein Jahr nicht
mehr treibt. Aiois Vogel
Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Günter Praschak Keramik
1940 in Wien geboren. Obsieger riet zu handwerklicher Lehre.
Diese erfolgte bei Hans EskalBRD Später Schüler Ohnsorgs
und Teilnehmer beim Josef-Hoffmann-Seminar. Von 1964 bis
1970 Designer in Dänemark. 1970 1972 Leiter, ab 1973 Pro-
fessor an der Linzer Hochschule für Kunst und industrielle
Gestaltung.
Günter Praschaks gesamtes reiches Werk ist sowohl Spiegel
seiner künstlerischen Vielfalt wie auch seiner Neigungen und
Interessen. Vor allem zur alten traditionellen Keramik. beson-
ders der ostasiatischen. Historisch gründliche Bezugslinien
führen zur Archäologie und Vorgeschichte.
Praschaks Keramikgefaße als Hauptwerk stehen unter einer
typischen ästhetischen Komponente, die alle seine Arbeiten
auszeichnet. Sogutwie dekorlos bestimmen sie die reine Form,
das noble Oraquele. Praschaks Skulpturen und Objekte, wie
iiVogelmenschii, DlkafUSlt oder i-Paerei, sind Beweise gelunge-
ner figuraler Gestaltung. aufgrund intensiver Zeichnungen als
Auseinandersetzung mit spontanen Vorstellungen zu neueren
Arbeiten.
Praschaks Baukeramik sind vorwiegend Schöpfungen für die
ÖffentlichkeiLwie Brunnen, Reliefs u. In ihrem Erscheinungs-
bild wirken traditionelle undhistorische Sentenzen und Struktu-
ren, resultierend aus handwerklicher Meisterschaft.
Praschaks Modelle und Rekonstruktionen sind ein Sonder-
kapitel technischen Vermogens und gründlicher historischer
Betrachtung. Sein etruskisches Dorf ist von erfrischender Au-
thentizität. Sein etruskischer Tempel kann als Paradebeispiel
für vollkommene und sinnvolle Anwendung technischer Prinzi-
pien wie auch künstlerisch ausgewogener Materialgerechtig-
keit gelten. Günter Praschak, Künstler und keramische Fach-
persönlichkeit. ist Lehrer und mitführend bei Symposien wie
Gmunden und Stoob. Eine sehr klare übersichtliche beispiel-
hafte Schau. iiVogeimensch-i. Detail, 1983. Terrakotta
21.2.-15.4 1985
Gabriele Hain Arbeiten in Porzellan für Bing 81
Grdndahl
1955inAigenIOÖ.geboren,Erzieherin.StudiumderPhilosophie
und Archäologie. Erwin Reiter s. Künstlerprofil AMK 1981199
unterweist sie Anfang 1973 in Arbeiten in Tori. 1975- 1980
AbsolventinderMeisterklassetürKeramikbei Günter Praschak
Hochschule für Kunst und industrielle Gestaltung in Linz. 1980
Aufbruch nach Skandinavien, Studium in Helsinki als Stipen-
diatin.
Gabriele Hain arbeitet vielfältig in Holz, Acrylglas, Papier und
Fotografie. Ab 1981 wird für sie ein mehrfach verlängerter Ver-
trag bei der Firma Bing GrondahliKopenhagen bestimmend.
Workshops in Linz bei Eschlbock und New York in iiContem-
porary porcellainr.
DieausgestelltenArbeitensindSerienprodukte. Vornehmlich in
Weißporzellan gibt sie röhren- und kubenartigen Formen den
Vorzug Riffelungen und Lineamente sowie Kragenaufbruche
mildern designerische Strenge und Kühle 2. Neuere Arbeiten
für Bing äi Grdndahl 1. 31 1985
Olivia Charlton Bilder aus Glas
1953 in Stuttgart geboren, ab 1972 freie Kunstschule in Stutt-
gart für Bildhauerei u. a. bei Hoflehner. Glasmalerei, Lehrsemi-
nare für Waldorfpädagogik und Kunsterzieherin. 1981 eröffnet
0. Charlton ein eigenes Atelier in Wien. Die Serie ihrer Glasbil-
der bestimmt das gewohnte Bild der Bleistege. Diese aber ste-
hen in völlig freier Funktion als zeichnerisches und bindendes
Element. Goethe und Rudolf Steiner wirken farbtheoretisch seit
den Anfangen der Künstlerin iiBilder aus Glasii, die hohe
Leuchtwerte im Sinne von lmaginationen freier Landschaften
erstehen lassen. O. Charlton iiFarbtone aus Licht entstehen im
Hinhören auf die den Farben innewohnende Musikx Bild aus
Glas 19. 19.5.1985
Meisterklasse für Malerei Prof. O. Unger
Rechenschaft und Emeritierung
Carl Unger übernahm 964 die Meisterklasse nach Eduard Bäu-
mer Seine Tatigkeitals Lehrender setztejedoch schon 1947 an
der seinerzeitigen Akademie für angewandte Kunst ein. Er
wurde Assistentbei Prof Kenner. Dem damaligen Professoren-
kollegium unter Präsident Max Fellerer gehdrten W. Wimmer-
Wisgrill, O. Haerdtl. F. Schuster, P. Kirnig, Ft. Obsieger und
O. Niedermoser an. Der junge Lehrer Unger stand erstmals
jenen Professoren gegenüber, die den Rufderwiener Kunstge-
werbeschule mitbegründeten. Mit ihnen in Diskussion und in
erschopfenden Gesprächen erfuhr er das Wesentliche um die
Aufgaben eines lehrenden Künstlers. Demzufolge bildete sich
die Erkenntnisin ihm aus. daß eine allgemein künstlerische Aus-
bildung beste und zweckmaßigste Voraussetzung und Forde-
rung ftir den Studenten sei Damit ware jedweder schopferi-
schert Begabung genugend Freiraum zur künstlerischen
Entfaltung geboten.
Carl Unger wirkte schon anfangs in seiner Klasse vorwiegend
mit dem Studium der menschlichen Gestalt. Ein Grundanliegen
war ihm, vor der Natur arbeiten zu lassen Beides waren ent-
scheidende Pfeiler seinergesamten Lehrtätigkeit. Ungers eige-
1185 Werk beweist arri siiiriraiiigsien diese Vorgartgsweise. Aus
demriaturriahenVorbildanalysierendflossen in Seine Komposi-
tionsübungen Stilmerkmale und Tendenzen des Konstruktiven.
Kubistischenf und Surrealistischen mit ein. Der Mensch und
seine Darstellung waren eines für ihn und zentralesThema. Wie
die Farbe, deren Lehren und Gesetzlichkeiten von Goethe bis
ltten ihn faszinierten, Besonders in Johannes ltten erlebte er
einen persönlichen Ansatz, der ihn geradlinig zur heutigen
malerischen Ausdrucksform führte. Experiment, phantasie-
volle Improvisationen stellte Unger bei aller gebotenen Zucht an
oberste Stelle seiner Lehrtätigkeit. Und zwar entscheidend.
denn nur so halt er dem jungen Künstler auf offenste Weise sein
eigenes Formen- und Farbengefühl entwickeln und wichtige
Erfahrungen sammeln.
Mit dieser Ausstellung gibt Unger Rechenschaft, ein überrei-
ches, vielschichtiges Bild der Meisterklasse für Malerei. wäh-
rend er sie führte. Auch i-altei Schüler bis in die Anfange der
50erJahre sind beteiligt, womit zwangsläufig ein Kapitel oster-
reichischer Malerei mitaufgerollt ist. dem der Lehrer Ungerden
Stempelautdrückte. Von Arbeiten dernochtastenden. unerfah-
renen Studenten. die unbefangen dem malerischen Abenteuer
huldigten, bis zu reiferen Werken hochbegabter Schulabgan-
ger. Figur und Akt sind sowohl in Zeichnung mit zum Teil post-
klimtischer Frivolität bis zum perfekt gebauten. gemalten Akt
Schwerpunkt. Die Namensreihe drückte die lnternationalitat
aus. Nicht in Erscheinung tritt von hauchdünnen Assozietä-
ten abgesehen die nUngerscher Malspracheri im Werk der
Schüler. Das sprichtfürdenwahren undguten Lehrer Unger. So
offeriert sich eine differenzierte Vielfalt als echter Spiegel freier
schulischer Entwicklung. Wie weit Unger seine Schüler gehen
läßt. beweisen die jahrgangsjüngsten Arbeiten. Zu diesen kann
man mitRechisagen. hieräußertsich rnalerischerZeitgeistvol-
lig unmodisch zum Teil als Versprechen für die Zukunft.
Carl Unger, in Emeritierung befindlich, verdient für alle an der
HochschuiegeübteTatigkeit hohe AnerkennungSeine zünden-
den Reden als Rektor, seine Mahnungen und Appelle zu würdi-
gem Studenten- und Künstlertum, zu Disziplin und Verantwor-
tung, sind noch im Ohr. Unger kann mit Recht als lebendigstes
Bindeglied eines Lehrkörpers gelten. das aus den schulischen
Traditionen der Jahrhundertwende direkt in die Gegenwart
führt. Wir meinen, das Feuer des initiativen Künstlers und Leh-
rers Carl Ungerwar stets mitentscheidend. Amt undAufgabe zu
nähren. Sein oft heftiger Zorn über mental-apparative Unmetho-
dikwarin Wahrheitein heilig-nützlicherZorn.derLuft reinigtund
alles weiterbringt. Somit unterstreichen wir ehrlichen Herzens.
was der amtierende Rektor Oswald Oberhuber von ihm sagt
iiUnger ist mehr für unser Haus er ist eine Institution das
Gewissen, die Verantwortung, der angenehme und unange-
nehme Mahner. Seine Verdienste als Lehrer sind unerlaßlich,
seine Leistung wird wurde hier in der Ausstellung gezeigt."
Jörg Gaisbauer. Schwarzweiß 84. Acryl und Molino, 100
140 crn, 5. Norbert Schröckenfuchs, Glaswand 80. Betonglas-
fensterSLJosefaufderHeide,Wien11-22.3. 21 4.1985
Literatur im März
Unter dem Titel i-Schönsein Wohlfühleni- antizelebrierte man
wochenlang eine Veranstaltung des Kunstvereins Wien in
Zusammenarbeit mit der Österreichischen Gesellschaft fur
Literatur mit Unterstützung des Kulturamtes derStadt Wien. Im
Programmdieser sog. Literaturwoche eine flankierende Schau
nAsthetik des Alltagsii. Triviales täglichen Gebrauchs veran-
schaulichte sinnbildhaft Aspekte des Themas. Wetters eine
i-SchreibwerkslattrqeineiiVideoii-Kunstiervideos aus derArbeit
der Hochschule für angewandte Kunst Dazu "Malaktionen",
vDfSkUSSlOnEfW, Lehrstück-Workshops. Spielversuche mit
einem Lehrstücktextvon Bert Brecht sowieeine Schminkstraße
der Selbstbeobachtung, Selbstbewunderung. Als weitere
Punkte von Lucius Burckhardt iiDie Wohlfahrt und die Schön-
fahrtii, das gewandelte Verhältnis zwischen Hochkultur und
Subkultur sowie iiStadtische Umwelt sichtbar machen eine
Stadtexpedition vori Schülern des BG ttii. Ferner iiTäuschun-
gen Ansprechenri iiDas Schone des Schrecklichen
Anfangfßk, rlDICklChf der Städten iiKein Schoner Landu. iiEin
Schöner Heimatabend-i iiFläume Traumei iiGewohntes
Lebentr iiDie schöne Hautii, iiWohl-Lust-i. weiters Malaktionen
und am Ende ein riesiges Fest iiSchön sein, sich wohl fuhlenrr.
Ausklang mit i-Erittauschungen-Aussprechenrr Literatur kuli-
narisch, in allem dazwischen eine Modeschau. 23. 2. 2.
1985 leopold netopil
Weitere laufende Ausstellungen
Sepp Schmölzer Schmuck, Objekte und Fotos noch bis
30 1985
12 Keramiker stellen vor BaumgartnerlEschlböckiFunderl
GeftkelHainlJansalLehmannlMiura-GriningerINußbaurnerI
ReisingerIStraußfWaltl noch bis 16. 6. 1985.
Mariano Fortuny Der Magier des textilen Design Gemein-
same Veranstaltung mitder Hochschuletür angewandte Kunst,
Wien noch bis 21. 7. 1985.
Gabriella Naiiaori TeXUlSChmlJCk ll'l der Reihe iiÖSteffEICTfI-
sches Kunsthandwerk der Gegenwart" noch bis 14 7. 1985
Meisterwerke des Historismus Glas. Keramik. Metall. Email
SchloB Grafenegg bei Krems 1. 5. 27. 10. 1985
45
Für den Kunstsammler
Das Krönungssilber für Karl X. von Frankreich in
einer Salzburger Ausstellung
DasDorrimuseurnzuSalzburgveranstaltetvorn l5 Maibiszum
15 Oktober 1985 eine Ausstellung mit wichtigen Obiekten aus
dem Kirchenschatz der Kathedrale von Reims Anlaßlich des
zwanzigiahrrgen Bestehens der Partnerschall der Stadte
Reims und Salzburg sind das lranzosische Kuiiurministerium
und das Salzburger Domkapitel uberein gekommen, die
Schätze der beiden Kathedralen lur diesen Sornrner ieweils am
anderen Ort zu zeigen Werden also die Prunkslucke des Salze
biirger Dornschatzes im Palais Tau bis l906 Amtssitz der
Reirnser Erzbrschole ausgestellt so werden aus der kro-
nungskirche der ÜSYMOSISCÜSH Konige eine Auswahl von tunte
zig bedeutenden Kunstwerken erstmals irn Ausland zu sehen
SOlll
Diese Werke spiegeln in einzigartiger Weise die geistige und
kulturelle Bedeutung eines zentralen Ortes europäischer
Geschichte Denn zurn einen wurde selbslverstandlich bei
ieder Kronung das Innere des Kirchenraurncs dem lestlichen
Charakter entsprechend im Geschmack der Zeit ausgestattet
So werden aus der Fulle von Gobelins und Tapisserien Meister-
werke in Salzburg zu sehen sein, beginnend mit einem von Erze
bischol Robert de Lennoncourt urn l53O in einer llamischen
Werkstatt bestellten Zyklus des Marienlebens uber die zu der
HochzerlLudwigsXlV milderHabsburgerlnlantin MariaTheree
sia 1660 in einer Pariser Mantilakturgetertigtenwandbehange
bis zu einer im 17 Jahrhundert in der seltenen Technik des
Stickens hergestellten Serie rnit Thernen des Hohenliedes
Den Haltepunkt aber bilden gewiß die Obtrzktc aus der Schatz
kamrner An der Spitze dieser Kostbarkeiten. die trotz ihrer
Wcltberuhrntheiterstrnals außerhalb Frankreichs in einer Aus?
stelliinggezeigtwerden.stehtder"TalismanKarlsdesGroßenir
Unter einernSaphir ist eine Rehquie des Kreuzes Christi einge-
schlossen. Perlen, Smaragde und Granaten zieren die umger
bondc kapselartige Goldlassung Im Jahre 1000 durch Kaiser
Otto lll irnAachener Grab Karls gelunden, gelanqtc das in der
Form einem orientalischen Pilgerllaschchen ahnliche Stuck
1804 in den Besitz von Joseohine Beauharnais. Kaiserin Euge-
nie schenkte es dann l919. ein Jahr vor ihrem Tode. Kardinal
Lucon von Reims Alter Besitz der Reirnser Kathedrale sind
etwa der mit lransluziden trnails. Edelsteinen und Perlen ge"
schrniickte Meßkelcti des hl Rernigius oder das Reliquiar rnlt
einem DOIHSUSÜSIKlOFlPChllS1l.WObBldle Fteliquiemiteinern.
um M50 mit einer Silbernrontierung versehenen laliniidischen
Bergkristall umschlossen ist lerner neben bedeutenden Ellen!
DDIlldyDllChEfl die Staluetlc des hl Andreas oder das Heliquiar
der Mutter Anna
LineinsichgeschlosseneGruppemnerhalbderAusstellung bil-
dctdieriindzweiDutzendOlaiekteurnlassendeGarnitundietur
dicam29 Mail825ertolgteSalbungundKrbrrurig KarlsX inder
Kathedrale von Reimszum Kcinig von Frankreich von dern zum
iiorlevre du rolii ernannten Pariser Goldschmied JeanrCharles
Cahiei angefertigt worden ist Als dritter Sohn des Dauphins
Ludwig, des einzigen Sohnes Ludwigs XV wurde Charles Phi!
tippe am Oktober l757 in Versarlles geboren iind war scmit
Bruder Ludwigs XVI und Ludwigs XViil Charles Pttiltppeerhtelt
drin Titel eines Gralen von Artois Das beruhrrtte. l762 vorn
Korrigstiaus an Franeois lliibert Drouais in Aultrag gegebene
und 1753 Vbliendett! Ktrirlizrlllld im Louvre lnv Nr fit 14 Zeigt
ilrrrrrlltsetrierSchwesterIlollldaderspateren koniginvonsai-
dirrion, einer landliclierr Szene aber angetan mit prachtrgen
Oewaridern nach dem Urteil des Hofes UIO liubschesterr Kin-
der. die man sich vorstellen konnte Das Bild. das durch Beau-
46
inivr-nrw...ri-r...ra.-.-.-.m
varlcts Stich sehr pobular wurde, erntete im Salon großen
Ertolg Dideiot bemerkte dazu iiDrouuis verstellt sich gut aul
die Darstellung kleiner Kinder. siescheineneinenanzusehen
und sogarausder Naheanzutachelndocti vor lauter Bemuhen,
ihre Haut recht weiß und milchig zu machen, hat er sie wie aus
Kreide gestaltetrr
Charles Philippe warzu Beginn der Revolution dte Flucht gelunr
geri Nach der Restauration lolgle er am 16 September 1824
seiiiuiil Bruder aut den Thron und ließ sich irn daraultolgenden
Mai unter riesigem Geprange in Reims kioncn und Salben, iile
sacreii die Zeremonie der feierlichen Krunuiig und Salbung
ist im Katalog der Ausstellung austuhrlich beschrieben Wah-
rend seiner ganzen Regierungszeit war die Wiederherstellung
der liuheren Privilegien lur Adel und Kirche sein rnaßgebliches
Ziel Um die Opposition zu unterdruckeri, erließ er am 25. JUll
1830 die beruchtigten iiJuli-Ordonnanzeriii Aufhebung der
Pressetieiheit, Wahlrechtsanderung, Autlosung der knapp vor-
her guwahlten Kammer, die zur i-Julirevolutionii, zur Erhebung
der Pariser Bevolkerung vom 27 bis 29 Juli lutirten Die Folge
davon war. daß Karl am August zu Gunsten seines Enkels,
des lerzogs Heinrich von Bordeaux, auf die Krone verzichtete.
erstaro amG November 1836 in Gorz Unterden 25 Meisterwer-
ken des JeanVCharIes Gahier von ihm stammen hervorra-
gende Medaillen aul die Prinzessin von Lamballe und aut die
Geburt des Duc de Bordeaux ist vor allem das iiFteliquaire de
la Sainle Ampouleir Abb 1izu nennen. es enthielt das Ol tur die
Konigssalbung Wieder erweist sich das hohe Konnen des
GoldschmiederMedatlleurs, Der Sockelrand wird durch die
Folge kreisrunder Protilportrats der ttaltZOStSCtlen Kdnige
geziert, an der Vorderseite sind lteinrich lV, Ludwig XII,
Franzl ,HEIFVICTYil.,Fl3l1Zll.,K3fllXHQlFillCl'llll ,LudwigXlll
Ludwig XlV Ludwig XV Karl und Ludwig XVll dargestellt. In
den vier Ecken des Sockels sitzen Pulten als Allegorien der Reli-
gion, der GcrechtigketLderStarko und der Ftittorlichkeit, In dem
Mittelteil der Vorderseite gibt ein zentrales Flelielleld die Szene
der Salbung Karls wieder, im Gegenstucksieht man dieTaule
Chlodwigs ln gravierten Feldern um das eigentliche Fteliquiar
gibtdieaustutirlichelnschriftgenaue NachiichtvonderStiftung
ini Zusammenhang mit der Kronung
Alle diese im Dommuseum zu Salzburg vom 15 Mai bis zum
15 Oktober 1985 sind im Katalog der Ausstellung beschrieben,
besonders austuhrlich auch in der 1861 erschienenen iiHistoire
et dcscription de la cathedrale Notrerbamc de RBITYIS" des Abbe
Jules Cert Franz Wagner
Relrquiar. Silber vergoldet, Bergkristalle, 46 32 cm, Hohe
35 cm Beschauzeichen Paris 181911838, Meistermarke des
JEZJYPCHGNSS Cahler
Kanne mit Standbecken Silber. vergoldet, Hohe der Kanne
68 cm, Becken große Achse 47 ern, kleine Achse 36 crn
Nach ntwurtvon Louis Latitte iipremierdessinateurdu cabi-
riet du roiii, ausgetuhrt von Jean-Charles Cahier, iibrievre du
roiii, tur die am 29. Mai 1825 erlolgte Salbung und Kronung
Karls zum Konig von Frankreich
Weihrauchtaß Silber, vergoldet. Hohe 37 cm Beschauzei-
chen Paris 181911838, Meisterrnarke des JeaneCharles
Cahier
Hostienrrionstranz Silber, vergoldet, llohe 135 cm.
Bescrlauzelchen Paris 181911838, Meislermarke des Jean!
Charles Cahter.
Detail aus der Monstranz in Abbildung
Detail des Puttos vom Henkel der Kanne in Abbildung
47
Kunst und Antiquitäten
Pieter de Neyn Leiden 1597- 1639
Signiert "Neynrr; ÖllHoIz. 17,5 27.5 cm
HERBERT ASENBÄUM, ÄNTIQUITÄTEN
A-101O WIEN KÄRNTNER STRASSE 28
VermeiI-Deckelpokal. Augsburg 1605 161
Sei. 28. Meister MaIhias Seutterl 1574 1632
Meister 1604. Sei. 1165. Höhe 38,5 crn
Gekehlter Glockentuß, die hohe konische Kuppa
mit Rollwerk und Fruchtbouquets getragen
von Balusterschatt mit Maskarons unter drei
gegossenen Spangen
KUNST ANTIQUITÄTEN
CZESLAW BEDNARCZYK
A-1010 WIEN DOROTHEERGASSE 12
Tintentaß. Paris. Mitte 18. Jahrhundert
Bronze, Ieuervergoldet, gestempelt nC couronnea
KUNST ANTIQUITÄTEN
CZESLAW BEDNARCZYK
PieIer Mulier gen. Cavalier Tempesta
Haarlem 1637 1701 Mailand
vNächtliche Meereslandschattrr. ÖlILeinwand
ANTIQUITÄTEN O. BUCHINGEH
INH. PÖHLMANN
A-4020 LINZ. BETHLEHEMSTRASSE
A'5020 SALZBURG, THEATERGASSE
Schnupitabakdose, Wien, 1807
MZ.AOlAnton Oberhauser. Silber, cm
HERBERT ASEN BAUM, ANTIQUITÄTEN
DOROTHEUM WIEN KUNSTPALAIS
A-1010 WIEN DOROTHEERGASSE 11
647. Kunstauktion 19. 27. 3. 1985
Kalenderikone Das Jahr, aIIe zwöII Monate,
mit Festen, und Tagesheiligen. Im Zentrum
Das Leben Christi au1 GoIdgrund gemalt.
um 1820. 72 57,5 cm Kat. Nr. 1062
Taxe öS 50.000.- Erlös öS 90.000.-
DOROTHEUM WIEN KUNSTPALAIS
gleiche Auktion
Franz von Delregger "Bauernpaar mit Kind".
ÖlskizzelLeinwand, 41,3 35 crn. Gutachten
Hans Peter Deiregger vorhanden Kat. Nr. 385
Taxe öS 70.000.- Erlös öS 250.000.-
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DOROTHEUM WlEN KUNSTPALAIS
gleiche Auktion
G. de Chirico 1888 1978 hDer Troubadurw
Bez, vG. de Chiricou. ÖlILeinwand
TaxeöS120.000.? Erlös öS 240.000.-
KUNSTHAUS LEMPERTZ INH. HANSTEIN
D-5000 KÖLN NEUMARKT
NEW YORK. 17 EAST 96TH STREET, N. Y. 10128
Aus der Lernpertz-Auktion 606 lAIte Kunst
20. 22. Mai 1985
Ferdinand Georg Waldmüller Wien 1793 bis
1865 HinterbrühllBaden. "Die Begegnungw.
Sign. u. dat. u. re. vF. G. Waldmüller 1860m
ÖlIHolz. 54,5 68,5 crn
Lit. Bruno Grimschitz, Ferdinand Georg Wald-
müller, Salzburg 1957, S. 362 Nr. 942
Taxe Erlös DM 300.000.-
10 KUNSTHAUS LEMPERTZ INH. HANSTEIN
Aus der Lernpertz-Auktlon 607 Moderne Kunst
28. Mai 3. JUTH 1985
Ernst Ludwig Kirchner Aschaffenburg 1880 bis
1938 FrauenkirchlDavos. Trabergespann, 1930
li. u. sign. und dat. wE.L.Kirchner 301i.
ÖllLeinwand, 81 90 cm.
Taxe DM 280000.
11 NEUMEISTER
MÜNCHENER KUNSTAUKTIONSHAUS KG
DBOOO MÜNCHEN 40, BAREH STRASSE 37
Aus der Auktion 227 8. Mai 1985
Edward Theodore Compton London 1849 bis
1921 Feldafing
In den Grajischen Alpen, Aquarell, weißgehöht.
Re. u. sign. vET Oomptonii. 30 45 cm.
Taxe DM 3000- Erlös DM 8500.-
12 NEUMEISTER
MÜNCHENER KUNSTAUKTIONSHAUS KG
gleiche Auktion
Aoostelkrug, Creussen, 1. Hälfte 17. Jahrhundert
Höhe 16,5 cm. Steinzeug. Fielieidekor und bunte
Emailmalerei mit Gold. Feuervergoldete Messing-
rnontierung. Deckel, graviert.
Taxe DM 10.000; Erlös DM 18.000.-
red.ll. n.
49
FERDINAND GEORG WALDMÜLLER
vDfCi Generationem, 1857
Links unten signiert vwaldmüllern
und datiert M857"
ÖllHQlz, 54 43 cm
C. BEDNARCZYK äääääiääläläääqäääääßiälfz
TELEFON 0222! 524445
speziell erlesenes Kunstgewerbe
des 18. Jahrhunderts
Fondation Pierre Gianadda
Martigny Schweiz
Gallisch-römisches Museum
Automobilmuseum
250 Kunstbilder
24. Mai -3. November 1985
Jeden Tag von 10 bis 19 Uhr
Die
Vielseitige
sämtliche
Bunkdiensdeislungen
Buchbesprechungen
Gerhart Egger Bürgerlicher Schmuck 15. bis 20
hundert. Aufnahmen von Helga Schmidt-Gier
Caliwey-Verlag. München 1984, 222 Seiten. 50
und 415 Schwarzweißabbiidungen. öS 996.-.
AufgrundderpoiitischenSituationemaberauchweilervi
reicher war. hat sich der bürgerliche Schmuck im Geg
zum höfischen in beträchtlichem Ausmaß bis in unse
erhalten. Seitjeherwurde der höfisch-aristokratischeSc
als nachahmenswertes Vorbild vom Bürgertum ange
wobei die äußere Form direkt übernommen. die Mate
jedoch hauptsächlich in billigeren Versionen Glas unr
paste statt Edelsteine. vergoldetes Silber statt massive
angeboten wurden.
Nach einer kurzen Einführung über die verschiz
Schmuckarten unddieBedeutung.diederSchmuckfürc
ger hatte, gibt der Autor eine kulturgeschichtliche. chro
sche Übersicht uberdie Entwicklung dieserGeschmeide
mentale Vorlageblätter verbreiteten die modischenTenr
relativ rasch und gaben dem Goldschmied die Mögli
diese direkt zu übernehmen oder die Modelle seine
schmack und Können gemäß abzuwandein. Eine sehr gu
auswahl ermöglicht es dem Leser. Einblick in die Vielfä
derSchmuckproduktion des 15. bis 19. Jahrhunderts zut
men. Die Objekte werden noch durch zeitgenössische
ergänzt. wodurch die Lebendigkeit des Anschauungsrnz
erst recht hervorgehoben wird. Da viele Schmuckstüc
Österreichischen Museums für angewandte Kuns
erstmals der Öffentlichkeit in breitem Rahmen vcrgeste
den.wirdmitdervorliegenden PublikationdieSammlung
sam aufgewertet. Der höchst umfangreiche Abbildungst
Buches bringt somit nicht nur dem Fachmann. sonder
dem interessierten Leser Gewinn.
Elisabeth Schmutte
Oskar Kokoschka, Briefe Claasen-Verlag. Düss
1984
Diese von der Frau des Künstlers. Oida Kokoschka, unc
Spielmann herausgegebenen Brieiesind aus demZeitrai
1905 bis 1919 und füllen mit 400 Seiten den stattlichen
Band einer vierbändigen Folge. Einen sehr breiten Rau
men in ihm die Briete an Alma Mahler ein. Sie zeigen SÜWI
Nahverhättnis der beiden als auch Kokoschkas express
schert Stil, der in den seine Gemütsbewegungen dokur
renden Zeilen besonders deutlich zum Ausdruck kommt
tig sindweiters die Schilderungen von seiner ihm unertrag
militärischen Ausbildung bei Ausbruch des Ersten Weltk
Sehr interessante Briefpartner in diesem Band sind die
soren der Akademie, weiters Albert Ehrenstein. Herwa
den. Kurt Woiii. Julius Meier-Graefe. Kokoschkas
Bohusiav. seine Schwester Berta und seine Mutter Ftc
Aus letzteren Briefen geht die starke Verbundenheit des
iers mit seiner Familie hervor. für deren Wohl er sich se
antwortiich fühlte. Da in dieser Zeit auch die ersten Ver
lichungen von K.s literarischen Arbeiten fallen. sind at
Briete an seine Verleger wie jene an die Gaterislen wich
alle von dem starken Selbstbewußtsein des Schreibers zr
Einige Graphikwiedergaben aus jenen Tagen und ori
Fotos des Meisters ergänzen den Text. Über 300 Anmerl
machen die Zusammenhänge deutlich. Kurz getaßte Hit
auf die Lebensläufe der Adressaten und eiri Namensri
schließen den Band. Eine Briefkompilation. die gleich eir
graphie gelesen werden kann, so daß man die tolgenden
schon mit Ungeduld erwartet. Aloi
Ernst Boesch Das Magische und das Schont
Symbolik von Objekten und Handlungen. Stuttgai
Cannstatt fromann-holzboog, 1983 problemata
ISBN 3-7728-0839-5
Magie und Kunst stellen, davon geht Boesch aus, zwei
gende Verhaltensneigungen des Menschen dar. Beide
Aufgaben. vor die sich der Mensch in seiner Auseinam
zung mit der Umwelt gestellt sieht. Sie sind Handlung
einer Umweltwillen, die das Ich bejahen können soll
je unterschiedliche Weise Magie mehr als Versuch, dil
wie sie sein soll, zu erschaffen. Aus diesem Blickwinkel
der Autor seine sorgfältige Analyse magischen und
schert Handelns vor. Als kulturpsychologlsch ins;
Anwendung einer Symboltheorie des Handelns spric
Buchzunächst kurz überdie Bedeutung von Objekten all;
und dann über das magische Objekt, über Ritual und
Was nun das ästhetische Objekt betrifft, so wird dargelei
an ihm das Ich zu zeigen versucht. daß es sich in einer ge
ten Umwelt befinden will. Das i-Zeigen- ist dabei die in dei
riefestgehaltene nHandlungsspura des lch, ein StückSell
wirklichung, mit deren Obiektivierung gleichzeitig ein Sti
angestrebten Umwelt entsteht.
u-.. am. llinlß?! Ilnnnilhnnrniillnrrw au. an... llnnnneianß