Zenfralblatt für Sammler, Oebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Horbert Ehrlich und 3. Hans Prosl.
2. Jahrgang. Wien, 15. Itlärz 1910. Hummer 6.
Ein kurioses Bilderrätsel.
Vom Kustos Dr. Hlais Karpf (frastanz in Vorarlberg).
n dem benachbarten Dorf unseres Aufenthalts -
ortes befand sich eine Wirtshauskegelbahn. Diese
roar das gemeinsame Ziel eines Ausfluges mit
einem jungen Botaniker, dessen Bekanntschaft
ich oar kurzem gemacht hatte. Wir ruaren früher,
aber nicht zu gleicher Zeit schon dort gecoesen.
An einer W 7 and der Kegelbahn roar eine Reihe
oon Bildern angebracht, meist Ausschnitte oon
illustrierten Zeitungen und Prospekten. Ein
Zettel am Schluß enthielt den Vermerk: „Es
dürfte sich roohl kaum Jemand finden, der dieser
Bilderreihe Beachtung schenkt; noch oiel roeniger ist zu
erroarten, dal) die Anordnung methodisch oerroertbar ge -
funden roird.“
Flach der FTlitteilung des Wirtes roaren diese Illus -
trationen mit seiner Zustimmung oon einem ihm nicht näher
bekannten Gast an der Wand befestigt morden.
Ohne es oon einander zu missen, hatten mein Begleiter
und ich zufälliger Weise jeder ein Verzeichnis jener Bilder
oerfafjt, doch roaren einige bis auf unkenntliche Spuren
mutwilliger Weise abgekrat^t. Den Weg zu unserem Ziel
kürzte ein anregendes Gespräch „über den Beginn des
Hebens.“ lllein junger Begleiter folgte der Ansicht, daf} der
Anfang des Hebens nur beim Anfang der funktionen der
materiellen Bestandteile eines kleinsten Organismus gesucht
roerden könne. Er meinte, es dauerte lange, bis aus ein -
facher gebauten FTlolekülen Eiroeiijmoleküle entstanden;
damit roar jedoch der Anfang der lebenden Substanz wahr -
scheinlich noch nicht gegeben, sondern es brauchte sicherlich
nochmals eines langen Zeitraumes, bis solche Gruppierungen
oon Eiroeiijmolekülen auftraten, roelche das „Heben“ der
Substanz auch nur in seiner einfachsten form zur folge
haben.
Wollte man in diesen Entroicklungsoorgang tiefer
eindringen, so käme es dabei, roie nahezu bei jeder wissen -
schaftlichen forschung auf die Beobachtung der Anordnung
oon Dingen, respektioe oon Teilen derselben mit ihren
Zugehörigen als Eigenschaften und Geschehnissen und dann
auf die Erkenntnis der Bildungsgesetje größerer oder klei -
nerer sich kreuzender Reihen und Reihenkombinationen an.
Bald waren wir auf die Bilderreihe der Kegelbahn
zu sprechen gekommen. Klein Begleiter hatte ein so treues
Gedächtnis, dalj er, wie ich bei gleichzeitiger Einsicht -
nahme in mein Verzeichnis ersah, die Bilder der Reihe nach
fast lückenlos aufzuzählen im Stande roar.
Die Reihe lautete: Ein Elefant (Prospekt oon Jansky
in Tabor). Castor und Pollux als Sternbild. Ein Zroeig oon
Acer monspessulanum. Ein Pferd. Eine menschliche Hand.
Eine Grille. Der Triumphzug über Israel mit der Beute aus
dem Tempel Jerusalems oom Titusbogen in Rom. Ab-
gekratjt. Eine Kegelspielszene. Abgekrafjt. Knabenkraut.
Die Bilder des Tierkreises. Passionsblume. Kaiser Tiberius.
Die Ansichten Josefstadt--Königinhof. — Da entfaltete mein
Begleiter eine Eisenbahnkarte, in die er dann oon Zeit
zu Zeit Einsicht nahm — FRödling. Höflein. Biedermanns -
dorf. Das Klaria Theresienmonument in Wien. Prefjbaum.
Der Jünger Thomas. Die Kantone der Schroeiz (allegorisch).
Don Carlos. Abgekrat^t. Eine silberne Hochzeit. Der unga -
rische Dichter Alexander Petöfi. Baden bei Wien. Der
heilige Romanus. Abgekra^t. Der heilige Hieronymus. Paul
flemming. Die Schachpartie: Wer gewinnt oon f. Jooer aus
Bazar 1. ITlärz 1883. Kottingbrunn. Tulln. Heobersdorf. Der
Historienmaler Gustao Kiel]. Der römische Kaiser Caligula,
ITlendelsohn Bartholdy. Die Ansichten Simbach—FKühldorf.
Das Tal oon Pinquente an der Bahnstrecke Dioacca—
Pola. Der römische Kaiser Claudius. Der ITlaler Antony
oan Dyck. ITlaria Stuart. Der wissenschaftliche Reisende
Heinrich Barth. Aden oom Kleere aus. Ober Idria. Eine
Ansicht oom Attersee. Der Schauspieler Hudroig Deurient.
Die Ansichten Kupferberg—Komotau. Die Kaiserin der
franzosen Josephine. Flapoleon 1. Hessing. Die Ansichten
Salzburg—Bischofshofen. Flero. Pettenbrunn bei St. Pölten.
Beethooen. Chamisso. Dickens. Die Ansichten Selztal—
Obertraun. Die Benediktinerabtei ITlelk. Galoani. ferdinand
Cortez. Das Riesenrad oon Venedig in Wien. Ein Schachbrett,
niilton. f. Z. Ul. oon Haynau. Der Hauptbegründer des
Eisenbahnwesens George Stephenson. Der römische Kaiser
Galba. Der römische Kaiser Vespasian. Heibnitj. König
Johann oon Sachsen. Prinz Eugen oon Saooyen. Charles
Darroin. friedrich der Grofje. Der Architekt Gottfried Semper.
Blücher. Der Tondichter Josef Haydn. Die Ansichten Krakau
—Tarnoro. Der römische Kaiser Titus Vespasian. Der
britische Staatsmann Palmerston. Der römische Kaiser
flaoius Domitianus. Goethe. Voltaire. Abgekratjf. Der
Bürger oon Kolberg Joachim Flettelbeck. Der österreichische
Staatsmann fürst Clemens Kletternich. Aspang. Payerbach.
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Internationale Sammler-Zeitung.
riummer 6
Friedrich Heinrich fllexander o. Humboldt. Fotterieschroestern
aon Karl Blaas. Arco. Die Ansichten non Olmüß—Jägerndorf
Die Ansichten Simbach—Schroaben bei ITlünchen. Pöchlarn.
Kostei bei Fundenburg. Der römische Kaiser Fiera. Die An -
sichten Brad—Pisek. Der römische Kaiser Trajan. Die
Votiokirche in Wien. Die Akropolis Don Athen.
Als mir am Ziel angekommen roaren, fanden mir
schon einige Teilnehmer der Honoratiorenkegelpartie aus
der nächst gelegenen Stadt. Vorsichtig betraten mir die
tadellos hergerichtete Bahn. Klein Begleiter beeilte sich
auf die Bilder: Acer monspessulanum, Knabenkraut und
Passionsblume, hinzudeuten, die, roie er sagte, eigentlich
ihn angingen. Diese Aneinanderreihung sei ihm leider
oollkommen unnerständlich.
(:in Wirtschaftsbeamter machte die Bemerkung, dat3
es schade um das oiele, die Wand oerschandelnde Papier
sei, eine FTleinung, die roohl non den Buben geteilt rourde,
die in unberoachten Augenblicken sich an dem Abkraßen
der Blätter aergnügten.
In Anknüpfung an die frühere Äußerung des Bota -
nikers erklärte ein Professor der Zoologie, daß er außer
Stand sei, in der oorliegenden Anordnung: Rüpeltier, Ein -
hufer, Insekt, einen Embryo für eine roeiter auszuspinnende
Reihe zu finden.
Ein Fehramtskanditat, roelchem die Vermattung der
Fehrmittelsammlung seiner Schule oblag meinte, dal] es
oielleicht zroeckmäßig märe, die Blätter, darunter über 40
Porträte und über 30 topographische Ansichten uon der
Wand abzulösen und in Klappen zu legen, mo sie dann
zu Unterrichtszroecken oerroendbar mären. Auch dem Pro -
fessor der Geschichte erschien die Zusammenstellung der
Bildnisse der historischen, der literarisch mie kunsthistori -
schen Persönlichkeiten ungereimt, bis auf die Reihe der
römischen Kaiser Tiberius, Galigula, Elaudius, Aero, Galba,
Vespasianus Titus. Domitian, lleroa und Trajan. Diese
Reihe erscheint aber roieder auf das rounderlichsfe durch
eingeschobene Bilder gestört. Eine roohl einroandfreie Rei -
henfolge, roobei jedoch die Beistellung non Bildnissen fast
oollständig ausgeschlossen ist, roürde sich ergeben, roenn
für die einzelnen Kalenderjahre ein Hinroeis auf Beispiele
der Erlangung oon Febensstellungen und Ämtern einzelner
Personen erfolgt märe. Z. B. Im Jahre 1 rourde A. Pro-
consul, im Jahre 2 rourde B. Praefectus annonae, im Jahre
3 rourde E. FFlagister equitum, im Jahre 4 rourde D. Cegat,
im Jahre 5 rourde E. Decurio, im Jahre 6 rourde f. Dapifer,
im Jahre 7 rourde G. Eorrector, im Jahre 8 rourde H.
Eompulsor, im Jahre 9 rourde J. Eommentariensis, im Jahre
10 rourde F. Eomes, im Jahre 11 rourde IK. Eensor, im
Jahre 12 rourde Fl. Agrimensor, im Jahre 13 rourde 0.
Ädil, im Jahre 14 endlich rourde Tiberius römischer Kaiser
usro. Da glaubte mein Begleiter, auch seine Entdeckung
zum Besten geben zu können. Es roäre ihm nämlich bei
der Projizierung der topographischen Ansichten auf die
Fandkarte aufgefallen, daß, einige oerblüffende Störungen
ausgenommen, die Wegstrecken oon Wien aus, der Reihe
nach roachsend erscheinen. JTlödling an der Südbahn, Höf -
lein an der franz Josephsbahn, Biedermannsdorf an der
Aspangbahn, Preßbaum an der Wesfbahn usro.
Hierauf beteiligte sich auch ein pensionierter Unioer-
sitätsprofessor der Physiologie an dem Gespräch. Er teilte
mit, dafj er seinerzeif einige Studien über die Regel der
erreichten Febensjahre oon oerschiedenen Persönlichkeiten
gemacht habe. In dieser Bilderreihe finde sich das Bildnis
des Anton oan Dyck an der 42. Stelle. Dieser berühmte
ITlaler ist roirklich nur 42 Jahre alt geroorden. Don Earlos
steht an der 23. Stelle; dieser Prinz dürfte roohl 23 Jahre
alt geroorden sein. Dasselbe gelte roohl auch oon Petäfi
an der 26., oon flemming an der 31., oom ITlaler FFletsu
an der 36., oon FFlendelssohn Bartholdy an der 38., oon
lllaria Stuart an der 43., oon Heinrich Barth an der 44.
Stelle usro.
Von nun an ging es roie ein Fauffeuer an die roeiteren
Erklärungen. Ein Herr machte darauf aufmerksam, dafj
die Tomasnacht oom 21. auf den 22. Dezember falle. Aus
einem herbeigebrachten Kalender rourde als Gedächtnistag
für den heiligen Romanus der 28. Februar, für den heiligen
Hieronymus der 30. September konstatiert.
Der Professor der Zoologie roar jetjt nun der Flleinung,
dafj das Bild eines Elefanten roohl deshalb an der ersten
Stelle stehe, roeil der herabhängende Rüssel einem Einser
ähnlich sehe. Das Pferd dürfte seiner oier füße halber auf
die oierte, die Grille im Besiß oon sechs füßen an die
sechste Stelle gesetjt morden sein.
Unser Botaniker machte darauf aufmerksam, dafj an
der dritten Stelle der Zroeig des dreilappigen Ahornbaunits
sei. Er roar jedoch untröstlich, keine Erklärung für die
Bilder Knabenkraut und Passionsblume* geben zu können.
Flach der Ansicht des Professors der Geschichte dürfte
die Abbildung der Beute aus Jerusalem roegen des auf -
fälligen siebenarmigen Feuchters an die siebente Stelle
gesetjt morden sein. Aus einem Eisenbahnkursbuch rourde
konstatiert, dafj die Strecke Josefstadt Königinhof 15 Kilo -
meter zähle. Der Professor der Erdkunde bemerkte, dafj
das Tal oon Pinquente 40 FFleter hoch gelegen sei. Aus
einem herbeigeholten geographischen Atlas rourde konstatiert,
dafj Aden 45 1 östlich oon Greenroich, Ober-Idria 46'* nörd -
licher Breite gelegen sei. Der Professor der Erdkunde glaubte
annehmen zu können, dafj der Aftersee 47^ km. messe.
Die Abtei ITlelk liege auf einem 60 FFleter hohen felsen.
Arco dürfte 91 FFleter über dem ITleere liegen, die Akropolis
oon Athen befinde sich auf einer 100 JÄeter hohen fels-
masse. Das Riesenrad in Wien mißt sicherlich 60 JTleter,
die Höhe der Votiokirchenfürme roäre 99 FFleter usro.
Schließlich fand mein Resume allgemeine Zustimmung.
FRit größter Wahrscheinlichkeit könne als Ergebnis der
Diskussion die Annahme betrachtet roerden, daß die Bilder,
falls die fehlenden durch geeignete interpoliert roerden,
eine regelrechte Reihe oon Bedeutungen für die Zahlen oon
1 — 100 darstellen.
Daran knüpfte ein Herr noch die Bemerkung, daß ihm
die Anzahl der Arten der den Zahlen zugrundeliegenden
FFlaßeinheiten dürftig erscheine. Diese geringe Abroechslung
dürfte roohl in der Schmierigkeit der Beschaffung entspre -
chender Bilder seinen Grund haben. Auf dem Rücktoeg
fand sich mein Begleiter oeranlaßt zu bemerken, daß in -
folge der Diskussion der erste Zroeifel des unbekannten
Rätselstellers gegenstandslos geroorden sei. Bezüglich des
roeiter angeführten liege uns durch das zufällige Zusammen -
treffen des anfänglich geführten Gespräches mit der folgen -
den Diskussion roohl nahe, den Begriff: Wissenschaftliches
Problem mit dem aufgestellten Rätsel in Beziehung zu bringen.
Darauf erroiderte ich, daß eine Rätsellösung roohl
niemals einen Typus für die Fösung eines eigentlichen
Problemes roird abgeben können, schon aus dem Grunde nicht,
roeil das sogenannte Unbekannte im Rätsel nur ein augen -
blicklich oerdecktes Bekanntes, das ist ein in Wirklichkeit
bereits Erkanntes ist, roas allerdings auch bei den meisten
Schulaufgaben der fall ist.
Die Erklärung für die methodische Verroertbarkeit
der besprochenen Bilder liegt roohl oiel näher. Der un -
bekannte Rätselsteller kann sicherlich als ein Anhänger der
Versinnbildlichung der Zahlen gelten. Diese geschieht be -
kanntlich für den Zahlenraum 1 bis 100 in der Weise,
für eine bestimmfe Zahl, zum Beispiel 47 je nach der
Art ihrer Entroicklung mit Zuhilfenahme oon gleich großer
* Anmerkung der Redaktion: Bei diesen beiden Wörtern
dürfte roohl die Anzahl der Buchstaben eine Rolle spielen.
Hummer 6
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Internationale Sammler-Zeitung.
rechteckiger Täfelchen bestimmte ebene geometrische (Zh. Gruppen non Bildern eine Beziehung auf die in der Wirk -
sechseckige) figuren dargestellt rnerden. 4x104-7=47; lichkeit sich oorfindenden Werte herzustellen.
6 5
5^9 4-2=47; 5 X8+ 7=47; 6 X 7 4- 5=47 usro. Die Ab -
sicht des Rätselstellers dürfte nun die sein, für solche
l 2
Gs dürfte roohl der Hintoeis auf das Bild oom flftersee
mit seinen 470 km. zur nollen Erhaltung dieses Gedankens
genügen.
Die Kupferstiche des Polytechnischen Uereines in UUürzburg.
Oie Kupferstichsammlung des Polytechnischen Zentraloereines
in Würzburg, die mitte April bei öilhofer und Ranschburg
in Wien zur Versteigerung gelangt, reicht in ihren Anfängen in den
Bestreben in der Person des damaligen Handesherrn, des Grofi-
herzogs Ferdinand (des Sohnes Kaiser Ceopolds J1.) einen begei -
sterten ?örderer. „Zu einer Kupferstich- und Gemäldesammlung
Sig. 1. „Le midi“.
Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Die auf Anregung des geist -
lichen Rats und Professors Dr. franz Oberthür 1806 gegründete
„Polytechnische Gesellschaft“ nahm in ihr Arbeitspragramm auch
das Sammeln oon graphischen Kunstmerken auf und fand in diesem
fig. 2. „La nuit“.
legten schon bald nach der Stiftung des Vereines mohlmollende
Schenkungen des Erzherzogs und Groljherzogs Ferdinand und
mehrerer der ersten ITlitglieder den Grund, in den 1820er Jahren
kam durch Ankauf um den Betrag uon 200 Gulden die Webersche
Seife 84
Internationale Sammler-Zeitunc)
Hummer 6
C(2 ( ()o L V.
Q,tycAsa Q/)<va>urÜJ rtir //c.ty?-A)ryr™ c ??S/3
Sig. 5. Descourtis.
S& M
1/.SCC,
J.L f.i -/'/_ y'W,.,/.?'*' rwth' tpnwM Afiyri j
Sig. 4. Descourtis.
Kupferstichsammlung dazu. Aber erst im Jahre 182h, als durch
ein Cegat des oerlebten Dr. J. Ph. Sartorius eine Serie oon
mehreren tausend zum Teil kostbaren Stichen dem Vereine zufielen,
konnte diese Sammlung einigermaßen bedeutend genannt merden,
1855 wurde eine größere Sammlung oan Stichen erroorben; in den
Jahren 1855 und 1856 wurde ein Katalog oon dem bekannten
Professor der Kupferstichkunst an der kgl. Unioersität Pleikard
Bitthäuser und dem kgl. Kreis- und Stadtgerichtsassessor Dr.
Kurz angelegt; nach dem Kataloge waren schon damals 7860
Kupferstiche norhanden.“ (?estgabe zur Jahrhundertfeier des Poly -
technischen Zentraluereines, Würzburg 1006, S. 27).
Weitere Bereicherungen erfuhr die Sammlung durch Zuwen -
dungen anderer Gönner, durch fegafe, Geschenke und Ankäufe, so
daß die Kollektion in ihren Gesamtbeständen als eine der umfang -
reichsten und uielseitigsten Kupferstichsammlungen angesehen
werden kann.
O .r /ir J&t/f/(üs4ryuc. t//l
?ig. 5. Debucourt. Alexander T. oon Rußland.
Aber nicht allein in quantitatioer Beziehung gehört die Würz -
burger Sammlung zu den bedeutendsten ihrer Art; sie zeichnet
sich mit ihren zahlreichen ikonographischen Seltenheiten aller
Schulen auch qualitatio besonders'aus. Die berühmten französischen
Porträtisten des 17. und 18. Jahrhunderts, wie die Dreoefs, Cdelinck,
niasson, Ftantcuil u. a., sind in ihr mit den schönsten Drucken
früher Etats oertreten lieben diesen meistermerken des Porträt-
stiches finden wir die heroorragendsten Repräsentanten der eng -
lischen und französischen Schule des 18. Jahrhunderts. Die als
Wandschmuck und Sammelobjekfe gleich geschaßten Arbeiten oon
Bartolozzi, Baudouin, Bannet, Boucher, Cosmay, Debucourt, Des -
courtis, fragonard, Gainsborough, Camrence, llloreau, Reynolds,
Smith, Ward, Watson, Watteau, um nur einige zu ermähnen, sind
j in der Sammlung in großer Reichhaltigkeit oorhanden.
Eine besondere Spezialität der Würzburger Sammlung bilden
die geschabten und farbigen Arbeiten der deutschen Schule des
I 18. Jahrhunderts. Die Schabkunst und Punktiermanier fand bekannt-
Rümmer 6
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 85
lieh im 18. Jahrhundert auch in Deutsch -
land zumeist durch Schüler der heruor-
ragehdsten englischen tlleister künst -
lerische Pflege, der mir Arbeiten non
staunenswerter Virtuosität oerdanken.
Reichhaltige Gruppen, roie Ameri-
cana, seltene französische und englische
Karikaturen, Itapoleanica, Porträts (ikono-
graphische Seltenheiten und dekoratioe
Blätter), Palonica, Russica, farbige Orts -
ansichten, zumeist Blätter uan großer
Schönheit und Seltenheit, ergänzen das
Auktionsmaterial in ganz besonderer
Weise.
Wie das bei einer Sammlung,
deren Entstehung im großen und ganzen
auf etma 100 Jahre zurückgeht, fast
natürlich ist, zeichnen sich ihre Bestände,
oon einigen wenigen Ausnahmen abge -
sehen, durch ihre tadellose Erhaltung aus.
Einige Illustrationsproben werden
unseren Cesern gewiß willkommen sein.
fig. I und 2 bieten zwei sehr schöne
Abdrücke der berühmten galanten Serie
oon P. A. Baudouin: fig. 1 betitelt
sich „Ce midi“, fig 2 „Ca nuit“. Original-
Größe der Stiche: 540:255 mm
öleichfalls einer berühmten Serie
gehören die beiden Stiche (fig. 5 und 4)
oon Descourtis an: das eine ist „faire
de Village“, das andere „Ca Rixe“ unter -
schrieben. Die Originalgröße der Stiche
ist 590 : 290 mm.
Von Debucourt reproduzieren
wir den hübschen Stich (fig. 5), der
Kaiser Alexander J. oon Rußland darstellt,
jenen Zaren, oon dem Klopstock sagte,
daß mit ihm „die reine ITlensrhlichkeit“
auf den Thron steige.
Ein reizendes Kosfümblatt präsen -
tiert fig. 6. Die oon Domenico Cunego
mit dem Stift festgehaltenen Persönlich -
keiten sind Kronprinz friedrich Wilhelm
oon Preußen, Prinz friedrich Cudmig
und Prinzessin friederike Couise Wilhel -
mine oon Preußen. Die Prinzessin, in
reicher Tracht, steht in der mitte zwischen
den beiden Prinzen, in den Händen hält
sie ein Blumenkörbchen (Orig.-Gr
750 : 440 mm.)
fig. 6. D. Cunego.
Aus der Romantik des Bilderhandels.
Die Geschichte des Bilderhandels meist heute riesige
Zahlen und erstaunliche Preissteigerungen auf, aber an
abenteuerlichen Vorgängen und merkwürdigen Gescheh -
nissen kann sie nicht mehr mit der Zeit vor 40 Jahren
rioalisieren. Die Existenz berühmter llleisterroerke Italiens
mar damals noch nicht so allgemein bekannt, so dafj sie
leichter oerschroinden konnten; die flusfuhroerbote wurden
noch nicht so streng gehandhabt und skrupelloser umgangen.
ln diese romantische Zeit des Bilderhandels in den
sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts führen uns die
interessanten Grinnerungen, die ein bekannter Bilderhändler
jener Gpoche Gmanuele Ponzone im „Strand Illagazine“
Seife 86
Plummer 6
Internationale Sammler-Zeitung.
veröffentlicht. Gr hat damals mehrere hundert Gemälde
non alten meistern ersten Ranges aus Italien in die grollen
europäischen Sammlungen gebracht; sieben der non ihm
aufgespürten und erroorbenen Bilder schmücken heute z. B.
die Condoner national Gallery. Sein erster Kauf mar
sogleich mit einem merkwürdigen Erlebnis nerbunden. Gs
handelte sich um ein seltenes Werk des Fra Angelico,
eine Darstellung des Jüngsten Gerichts, die non einem
unbekannten PRanne dem Bilderrestaurateur ITlatti ange-
bofen roar. ITlotfi hatte das sehr schmutjige Werk, dessen
Farbenpracht erst nach der Reinigung zum Vorschein kam,
für 400 Scudi ermorben und bot es nun, nachdem er sich
non der Gchtheit dieses mysteriösen Fundes überzeugt hafte,
der Condoner Galerie an, die damals noch kein Werk des
großen manches non Fiesoie besafj. Ponzone rourde nach
Gngland geschickt und sollte 5000 Scudi, d. h. 20.000 ITlk.
oerlangen. Der Preis erschien zu hoch, doch erregte das
Werk solches Interesse, daf; der Direktor Gastlake selbst
nach PRailand fuhr und es dort schließlich für 2500 Scudi
ercoarb. Als die Arbeit Fra Angelicos nun nach Condon
gebracht rourde, erlitt das Schiff, auf dem sie sich befand,
Schiffbruch und das so geheimnisooll aufgetauchte Werk
schien roieder auf immer in das Dunkel der Verschollenheit
zurückoersunken. Da ereignete sich zroei Jahre später ein
neues Wunder. Ponzone befand sich gerade in Genua,
als ihm ein Seemann zufällig ein Bild zeigte, das er bei
einem Schiffbruch aus den Wellen aufgefischt hatte und
das sich als der bei dem Schiffbruch mit untergangene Fra
Angelico erwies. Der Schiffer hatte den goldenen Rahmen
auf den Wellen hin- und herschaukeln sehen und ihn ans
Band gefischt. Gr hatte oon dem oerlorenen Fra Angelico,
der oiel Aufsehen machte, gehört und bot ihn nun für
1000 Scudi an. Obgleich das Bild stark beschädigt toar,
erwarb es Ponzone doch roieder und oerkaufte es für
20.000 Cire weiter; es befindet sich heute in Amerika.
Gine ganze Anzahl oon Botticellis kam damals
durch den rührigen Bilderhändler zum Verkauf. So erwarb
er oon einem anderen Gngländer Barker für den Spott -
preis oon 500 Scudi das berühmte Bild oon „Alars und
Venus“, das jeijt in der Condoner Rational Gallery hängt.
Gin anderes Bild Botticellis, eine Heiligendarstellung, ent-
[ deckte er bei einem Signor Barili, für dessen Vorfahren
der maler selbst das Bild geschaffen haben sollte. Aber
Barili wollte sich daoon nicht trennen; erst als zwei Gnkel
das Bild erbten, glaubte der Händler mehr Aussicht zu
haben. Doch die beiden Grben lagen, obwohl sie Zwillinge
waren, miteinander in heftigem Streit: der eine wollte den
Botticelli oerkaufen, der andere nicht, Ponzone bot ihnen
5000 Cire. Schließlich wurde der eine Zwilling so wütend,
daß er die eine, ihm gehörige Hälfte des Bildes durch
Reooloerschüsse oöllig zerstörte. Die andere Hälfte ging
dann in den Besits Ponzones über und wurde oon ihm
für 6000 Cire weiter oerkauft.
Gin aufregendes Abenteuer knüpfte sich an einen
herrlichen Tizian, den die manche einer oenetianischen
Kirche für 22.000 Cire oerkaufen wollten, um notwendige
Restaurationsarbeiten an dem Bauwerk oorzunehmen.
Ponzone besaf] zufällig eine gute Kopie des Werkes, die
an der Stelle des Originals aufgehängt werden sollte.
Alles mufjte auf die geheimste und oorsichtigste Weise
geschehen, denn es mar im Jahre 1878 und die Regierung
hatte bereits oon dem Plan etwas oerlauten hören. Als
die Priester und der Händler sich des Rachts in der Kirche
einfanden, um den Umtausch oorzunehmen, erwies sich die
Kopie als zu gro^ und es mußten drei Zoll der Ceinmand
abgeschnitten werden, damit sie den Plaß auch richtig
ausfülle. Das kostete oiel Zeit. Plößlich wird an der
Kirchentür gepocht und im Ramen des Gesekes Ginlaß ge -
fordert. Während die Priester die Zutritt Begehrenden
aufhalten, schneidet Ponzone resolut den Tizian oon dem
PRauerbalken, der ihn durch die Jahrhunderte getragen,
schneidet die kostbare Ceinwand aus und hängt die Kopie
an die Stelle. Gr rollt das echte Bild zusammen, oerbirgt
es und alles glückt. Am nächsten morgen ist er mit dem
Plleisterwerke schon unterwegs, um es einem Condoner
Ciebhaber zuzuführen.
Auch mit einer berühmten PRadonna Raffaels, die
ihm der JTtarquis Aresa für 50.000 Cire oerkaufte, mufjte
der Händler in Rächt und Rebel flüchten, weil die Familie
des JTlarquis während der Abnahme des Bildes hinzukam
und das Gerücht eines Diebstahls nun gewaltiges Auf -
sehen erregte.
Kunststickereien.
Die Künste und das Kunstgewerbe liefern so Vollendetes,
der gute Geschmack ist so nerfeinert, dafj es schwer hält, efroas
zu finden, das nicht auch heute überall und aufs beste
gearbeitet würde. Und doch gibt es unter den Kunstpradukfen
ein Stiefkind, das kaum gepflegt wird tuie uor Zeiten, ruo im
Kloster, im Schlofj und im Bürgerhaus die schönsten Zierden der
Interieurs entstanden.
Kunststickerei heifjf dieses Stiefkind. Cs ist nahe oerroandt
mit dem edelsten, dem unschäfjbaren Gobelin, ist zu müheuoll für
unsere kurze Zeit und roird oor allem oerdrängt oon sehr schätj-
baren dekoratiuen Techniken, roie Applikation, ITlaschinarbeit etc.,
welche Techniken aber alle unter dem Zeichen des die Augen er -
müdenden stehen, da es eben an der Jndioidualität und jener
Hingebung fehlt, die etwas besonderes und persönliches aus jedem
alten ITlusselinefuch, aus jedem Kelchdeckchen machen.
Unoergefjlich sind mir die Schäle, die llonnberg und
andere österreichische Klöster einst in Salzburg im Künstlerhaus
uereint hatten, oon denen nichts übertroffen wurde und nichts
erreicht wird, was ich seither gesehen habe.
eine kleine Kollektion oon etwa 25 Arbeiten, die sich ganz
an jene anlehnen und zum Teil oon ihnen inspiriert sind, wird
in den nächsten Tagen in den Räumen des Kunsfoereines (1.,
Weihburggasse 22) zur Ausstellung gelangen. Cs sind alle Sfil-
arten da oertreten, die Anspruch auf Wert in der Innendekoration
erheben können. Reproduktionen, die mit dem raffiniertesten Ge -
schmack und mit dem kostbarsten material, manche nach alten
und ältesten Vorbildern, uiele nach entwürfen der oornehmsten
Künstler geschaffen wurden. Kein Stück existiert im Duplikat bis
auf eines, welches heute im Besifje eines ITluseums ist. Da sind
Wandbespannungen, die sich in kühnen Cinien, Blumen und Früchte
oercinigend, auf weifjem, leicht goldig getontem Atlas ausnehmen,
als sähe man durch ein wunderoolles Glashaus in den kühlen
Abendhimmel. Kleine Panneaux im Stil Couis XV., wo auf hellem,
wie ziselierten Grunde, die Radel Buketts aufblühen läfjt, die jenen
Eindruck des Selbstoerständlichen heroorbringcn, den sonst nur
Bilder machen. Dossiers und Fauteuilbezüge in Flachstich, fest
gefügte Zeichnung und helle, freudige Farben, als habe man die
Stücke aus alten Schlössern entführt; allerdings entstammen manche
dieser Vorbilder einem ehemaligen Candsik des Grafen o. Cham -
bord. Da ist eine Klaoierdecke auf alt-rosa Grund, echtester
Couis XIV., ein kleiner Gobelin ebenso, eine winzige Kassette in
Burgundertechnik, bestimmt, irgend etwas Schönes zu beherbergen,
aber in der unübertrefflichen Feinheit der Ausführung, zarteste
Arabesken in Gold, in denen Flamingos stehen, und Blüten, welche
eine ITtadonna mit dem Jesuskind umrahmen, — selbst an Juwelen
gemahnend.
Eine meifje Tischdecke ist da, ganz bescheiden in mehreren
gelben Tönen gearbeitet, die ist gewif} nicht mehr zu übertreffen.
Doch ist nichts auf den Effekt gea. beitet, nichts, das die Aufmerk -
samkeit gewaltsam erregt und wer nicht an alter Kunst seine
Freude hat, wird seine Rechnung nicht finden.
Wien, im JTlärz. ' c. C.
i (ummer 6
Internationale 5 a m m 1 e r - Z e i t u n g.
Seite 87
(Döbelbeschläge.
6s ist schon oft beklagt morden, dafj die Beschläge
der lllöbel selten in harmonischem finklange zu den
möbeln selbst stehen. Ruch unsere teuersten lllöbel
entbehren noch zu oft eines gediegenen und zweckent -
sprechenden Beschlages. Wie aber ein gutes Buch in einen
seiner würdigen Cinband gehört, so ist für ein gutes
ITlöbel ein guter Beschlag fast unerläßlich. Ja, ein solcher
adelt selbst die einfachste Tischlerarbeit, was z. B. die
bürgerlichen iTlöbel der Kongrefjzeif beweisen.
so feiert nun unter seinem ITachfalger auch hier die Ratur
mit ihren zarten Blüten, fruchten und Täubchen, dann
unter llapoleon die Bewunderung des Altertums mit seinen
liebenden Göttern und Fabeltieren, Pallas Athenen, Adlern,
Pyramiden und Opferflammen in der noch immer eortreff-
lichen Goldbronze die schönsten Triumphe. Das Theater
leiht seine Alasken und lAusikinstrumente, der Krieg seine
Waffen. Denn lAöbelbeschläge dieser Zeit gehören durch
ihre mannigfaltigkeif in uorzüglich modellierten Gestalten
5ig. 7.
Ciebhabern schöner geschmacknoller Illöbelbeschläge,
wie nicht minder Sammlern zum frommen hat Julius
Teisching, der oorteilhaft bekannte Direktor des
Rainermuseums in Brünn, bei Anfon Schroll & Co. in
Wien ein Werk erscheinen lassen, das uns die ITlöbel-
beschläge aus einer künstlerisch hohen Cpoche, aus der
Zeit non 1770 bis 1840 in 26 Cichtdrucktafeln oar
Augen führt.
Der Verfasser oerbreitet sich in dem Vorwort in sehr
interessanter Weise über die ITlöbelbeschläge der non ihm
ins Auge gefaxten Periode. Cr schreibt: „Der ITlöbelbeschlag
hat seinen eigenen, Don seinem Stoff wie oam Holz des
möbels und dessen Behandlung abhängigen Cntmicklungs-
gang durchgemacht, so gut und so schlecht, wie irgend
ein anderes Arbeitsfeld in der weiten Welf der Kunst.
Auf den herben frühling des schweren mittelalterlichen
Beschlages kam das sommerliche Prangen der Rennaissance,
in welcher der eiserne Beschlag eben als das ITlöbel selbst
die gewaltigsten wie die zierlichsten Gestaltungen und
Techniken spielend annahm, und ihm folgte die köstliche
Herbstreife der barocken Goldbronze, die im achtzehnten
Jahrhundert technisch wie ornamental so oft zur Haupt -
sache des ganzen möbels wird.
Che dann die unfruchtbare Zeit des 19. Jahrhunderts
anbrach, in der sich der erstarrende Reif über alle Felder
der Kunst breitete, klang jene herrliche Fülle des künst -
lerisch wie kanstruktio Vollendeten in der Zopf- und Kuiser-
zeif noch einmal wie ein Schwanengesang des Abschied -
nehmens aus.
Hatte der ITlöbelbeschlag unter Cudwig XV. allen
Schnörkeln willig und geschmeidig Gefolgschaft ‘geleistet,
aller Art, zugleich durch ihre stilistisch noch ganze strenge
Durchbildung und feine Ziselierung durchaus zu dem Vor -
nehmsten, was um 1800 überhaupt geschaffen wurde.
Das Schlüsselbild dient wirklich noch der leichten Führung
des Schlüssels. Ziehring, Fensterreiber und Knopf bilden
bequeme Handhaben; über das einfachste lTußgerät, den
feuchter, den Griff, den schlechtesten Beschlag gleiten noch
die lebten uerschönenden Strahlen einer sinkenden Sonne.
Wie weit ist unsere Zeit dauon entfernt, jene Kulturhöhe
wieder erreicht zu haben.“
Da die Cichtdrucktafeln leider keine Reproduktionen
ermöglichen, so beschränken wir uns auf die Wiedergabe
der zwei Beschläge, die das Vorwort des schönen Werkes
zieren. (Fig. 7 und 8.)
Fig. 8.
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Internationale Sammler-Zeitung.
riummer 6
Uolksteöter Porzellan.
Dem Ceipziger nationalökcmcimen Professor Dr. Wilhelm
.Sticda, der uns schon ein instruktiues Buch über den Anfang der
Porzellanfabrikation aus dem Thüringer Walde geschenkt hat, danken
mir nun eine oerdienstliche Arbeit über die Volkstedter Parzellan-
fabrik, die im 18. Jahrhundert ihre Blütezeit erreichte und deren
Crzeugnisse noch heute beliebte Sammelobjekte sind.
An der Hand eines zum größten Teile ungedruckten und
bisher auch unoeröffentlichten Alaferials gibt der Gelehrte ein Bild
der für die thüringisch-deutsche Porzel'.anfabrikatian sehr ruichtig
gewordenen Anstalt. (Die Parzellanfabrik zu Volkstedt im 18. Jahr -
hundert oon Dr. Wilhelm Stieda, ard. Professor der national-
ökonomie an der Unioersität Ceipzig. mit drzi Bildern. Ceipzig.
Verlag oon S. Hirzel. 1910.) Über den Zroeck des Buches spricht
sich der Verfasser selbst in dem Vorworte aus, wo es unter anderem
heifjt: „6s beabsichtigt keine kunstgewerbliche Würdigung der
Teistungen des Volkstedter €tablissements und hat daher auf Ab -
bildungen heroorragender Stücke oerzichtet. Jn dieser Beziehung
sei auf das unter der Presse befindliche Werk oon Graul und
Kurzwelly über Altthüringer Porzellan oerwiesen. Vielmehr ist
der Gedanke maßgebend gewesen, für eine noch zu schreibende
Geschichte der deutschen Arbeit und des Aufkommens der Groß -
betriebe einen Beitrag zu liefern. Auf Grund der leider allerdings
auch jeßt noch unoollständig gebliebenen ITlaterialien sollte die
Entwicklung der Fabrik im achtzehnten Jahrhundert und namentlich
die mitwirkung der organisatorisch bei ihr tätigen ITlänncr ins
rechte llicht gerückt werden.“
Troß dieser bescheidenen Einschränkungen kommt der Ceser
auf seine Rechnung, da Professor Stieda in seinem Buche sehr oiel
mertoolles material zusammengetragen hat. Die Gründung und
Entwicklung der fabrik sind eingehend geschildert und in den
weiteren Kapiteln (Der fürst Johann Friedrich zu Schwarzburg
Rudolstadt und die Porzellanfabrik, das Personal der fabrik, die
Gebrüder Greiner und die Porzellanfabrik zu Gera etc.) wird man
des Wissenswerten oiel finden.
Das Interesse des Sammlers wird insbesondere das
Kapitel „Die fabrikatian und die marke“ erregen, dem wir fol -
gendes entnehmen:
Was in Volkstedt erzeugt wurde, erhellt aus den Aufzeich -
nungen, die gelegentlich der Übernahme der fabrik durch IJonne
im Jahre 1767 gemacht wurde. Es handelt sich uorzugsweise um
die Herstellung oon Gegenständen des täglichen Bedarfs, um Kaffee-,
Schokolade und Teegeschirr, um Bestandteile oon Tischseroicen
oder sonst im Hause zu gebrauchende Stücke. An größeren Stücken
werden namhaft gemacht: die Aufsäße, in der Regel aus 3—5
Stücken zusammengestellt, die Potpourrioasen, Waschschalen mit
Kanne, grabe Punschnäpfe, große bunte Teller (Assielten), große
bunte Schüsseln, Terrinen. Als Erzeugnisse, die dem feineren
Wohlleben oder dem Cuxus dienen, zeigen sich die Degengriffe und
Stöckknöpfe, Vasen und Blumenkrüge, Pfeifenköpfe und Tabak -
stopfer, Pomadenbüchsen und Tabatieren. Sie scheinen indes an
Zahl erheblich hinter die anderen Waren zurückgetreten zu sein.
Als besonders bemerkenswert hebt Stieda heroor, daß in Volkstedt
oon Anfang an figuren gemacht morden sind. Es werden genannt,
eine staffierte Statue der Venus zu einem Reichsfaler, 16 Groschen,
drei große Statuen zu 8 Groschen.
Alle diese Gegenstände wurden weiß, bunt, paille, blau und
oergoldet hergestellt. Einen weiteren Unterschied bedingte bei
Tassen, Kannen, Tellern und Schüsseln das „glatt“, „gerippt“ und
„graoiert“. Unter den farbigen Dekors ist der Purpur nicht selten.
Als lAuster des Dekors werden nachgewiesen: Candschaften, der
Palmenbaum, bunte Blumen, Kannen mit Gesichtern (Porträts?)
Kornähre.
Sehr oiel reichhaltiger erscheint die fabrikation 30 Jahre später,
nach einem Preiskurant oon 1795. Dieser unterscheidet „Kaffee-
guth“, Kaffee-Seroice, Tafelzeug, Pfeifenstummel und dioerses Por-
zellain. Der Dekor war mannigfaltig. Es gab blau und weiß,
purpur und bunt, Dekor mit goldenem Band, Dekor mit Cand -
schaften und mit figuren. Die leßteren Dekors waren kostspieliger.
Die Preise für ganze Kaffeeseroice wechseln oon 6 Talern
bis zu 80 Talern. Die billigsten waren die blau und weißen: am
teuersten ein Seruice mit blauem Grund und goldenen figuren.
Zwischen diesen beiden Extremen liegen die wohlfeileren Aus -
stattungen, oon denen namhaft gemacht werden: braun und paille
mit Kanten, blau mit deutschen Blumen, mit indianischer UlaJerei,
bunt oder purpur mit goldenen Rändern, Kornmodell ohne goldene
Ränder, dergleichen mit goldenen Rändern, mit natürlichen Vögeln
gemalt und mit goldenen Rändern mit Jllosaik und Girlanden
mit Porträtmalerei und goldenen Rändern, mit Wedgwood-ITlalerei
und Vergoldung.
Zu einem „Tafelzeug“ gehörten nach dem Preiskurant, ohne
daß die Zahl der Stücke genau bestimmt war, Terrinen, ooale und
runde Bratenschüssel, runde Schüssel, Comtiers (siel), Butterdose,
Tafelleuchfer, Suppen- und Speiseteller, Salzdose, Dessertteller,
fruchtteller, Konfektschale, Weinblätter zum Dessert, Ulesserhefte.
Butterstreicher, Geleellöffel, Kredenzteller, Senf-, Öl-, Essig-Krügel,
Pfeffer- und Zuckerstreuer; ferner werden außerdem Platfmenagen
zu kleinen Tafeln in Gestalt eines Schiffes, als fruchtbaum und
als Hühnernest ausgeführt.
In sehr großer Verschiedenheit wurden Pfeifenstummel ange-
boten. Ihr Preis betrug pro Dußend:
weiße Stummel 12 Gr.
mit ard. Blumen oder Buchstaben ... 18 „
ganz weiße mit goldenen Buchstaben . . 1 Taler
bunfgemalte mit goldenen Buchstaben . . 1 „ l „
mit Holzgrund. ... I „ 16 „
mit Porträts en basreliefs angelegt ... 2 „
mit sächs., preuß., kayserl, Wappen, ard.
Alalerei I „ 12 „
ganz blau mit Blumen 2 „ 6 „
ganz blau mit figuren oder Candschaften . 3 6 „
mit bunten Porträts 3 „
als Vögel beschlagen 6 „
mit Sirenen, Safthalfer und Urne, beschlagen 7 „
dunkelblau mit „Alahlerey ä la Wedgemood“ 4 „
dunkelblau mit figuren und Candschaften
in Gold graoiert 12 „
Die oorstehend oerzeichnete Ware galt als kurante; wollte
man andere oder bessere haben, so hatte man nur nötig, seine
Wünsche oerlauten zu lassen. Saubere lAalereien wurden in uor-
züglich guter Ausführung in Aussicht gestellt.
Höchst umfangreich fällt das Kapitel der „diuersen“ Porzellane
aus. Eine menge der oerschiedensten Galanteriewaren als fassons,
Etuis, Tabatieres, Stockknöpfe, JTtedaillans, Tableaus, fingerhüfe
u. dgl. werden zu den billigsten Preisen angebofen. Auch 90 oer-
schiedene figuren, Büsten, Basreliefs, Gruppen und Tiere, im Preise
oon 12 Gr. bis zu 16 und 20 Talern, sowohl en biseuit als weiß
und „staffiirt“ sind aufgeführt, ln diese Abteilung fallen auch
die Porzellane, die man als Gebrauchsgegenstände bezeichnen
kann. Es ist für die Verfeinerung des Geschmacks bezeichnend,
daß man alle diese Stücke in den oben beim Kaffeegut angeführten
Dekors haben kannte. So die Punschnäpfe und Punschlöffel,
Caooir mit Gießkanne, Suppenferrinchen mit Schale, Schreibzeug
mit und ohne Ceurhter, Rachtlampe, Pot de chainbre, ooal und
rund, Handleuchter, Seifenkugelbüchse, Pomadenbüchse, Blumenasche,
Butterdose als Birne, als Tulipane, als fisch mit Schale, als
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Internationale Sammler-Zeitung.
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Hühnernest mit der Henne, Potpourris in ordinärer und in antiker
form, mit figur auf dem Deckel, Hlundtasse mit Porträt, mund -
becher mit Buchstaben und antik, Präsentierschale mit zwei
Koppchen, Punschbrett mit zeuei Käppchen, Wandleuchter, Spiritus -
lampe und Strickmaschine zu filet.
Über die marke der Volkstedter Ulanufaktur äußert sich
Prof. Stieda: „Die marke, die Demmin dem Volkstedter Porzellan
beigelegt, ist ein R. inwieweit dies wirklich im Gebrauch gewesen,
bleibe dahin gestellt. Stücke mit dieser lllarke dürften wahr -
scheinlicher als Rauensfeiner oder Gothaisches Erzeugnis anzu -
sprechen sein. Oder oielleicht ist an Erzeugnisse der älteren
fayencefabrik in Rudolstadt zu denken, über die wenig genug
bekannt ist. Dann wären deren fayenceartikel für geringes
Porzellan anzusehen. Vermutlich hat das Etablissement sich uon
jeher der Gabel, die das Schwarzburger Wappen repräsentiert, zur
lllarkierung seiner fabrikate bedient, die zunächst einfach, V
wie nebenstehend ersichtlich, später jedoch doppelt, die Gabeln
im Kreuz übereinandergelegf, auf den fabrikaten angebracht
wurden. Der preußische Sachuerständige uon 1782 sagt „ihr
Zeichen auf dem Porzellan sind eigentlich zwei Gabeln, die sie
aber denen Sächsischen Churschwertern gleich machen und sogar
einen Stern darunterseßen“. Da er seinem Berichte eine Probe
I zufügte, so wird er offenbar recht gesehen haben, in der Tat
ist ja bekannt, daß die Verwaltung der fabrik unter Hanne sich
eine derartige Verwechslung mit der meißener marke zuschulden
kommen ließ.
Rite Theaterzettel und Uergnügungsanzeigen.
Vom kaiserlichen Rat Benjamin Schier (Wien).
Es gibt uiele Sammlungen uon Theaterzetteln und der -
gleichen, daher auch uiele solche Exemplare in allen Sprachen,
aus allen Cändern und allen Zeiten, meine Sa nmlung enthält
aber ein Exemplar, dessen Inhalt die Veröffentlichung uerdient.
Besagter Theaterzettel ist keineswegs alt, kaum älter als zehn
fahre. Er beschreibt die Benefize-Vorstellung des Regisseurs eines
Polnisch-Jüdischen Theaters. Derlei Gesellschaften, welche im
Dialekte der sogenannten polnischen Juden, also deutsch spielen,
reisen nicht nur in großer Anzahl in Rußlpnd und Polen, sondern
auch bei uns in Österreich, in Galizien. Ich selbst habe in Hem -
berg wiederholt solchen, größtenteils sehr gelungenen Vorstellungen
beigewohnf. Sie sind ohne frage ernst zu nehmen und werden
es auch genommen, froß des merkwürdigen Dialektes und froßdem
der weibliche Star der größten dieser Bühnen „Zwiefelgschpahs“
heißt.
Doch nun zu dem Zettel der uon dem Regisseur eines an -
deren „Jüdischen Theaters" Herrn Herescu uerfaßt ist. Er laufet
wörtlich:
„Der lllenschenfresser“ tituliert sich das neueste Theater -
stück, welches bei uns als Houität aufgeführt wird. Dieses ITleisfer-
werk, welches unseren Regisseur Herrn Herescu zum Verfasser
hat, wurde in llew-Dark über tausendmal, wie auch in Hondon,
Glasgow, ITlanchester und Heeds mit durchschlagendem Erfolge
aufgeführt, mister Herescu hat in diesem Werke eine Abhandlung
getroffen, ein Thema gelöst, wo ihm kein Autor bis nun nach-
kommen konnte. Die darstellenden Charaktere sind psychologisch
(Seelenlehre) und dabei aber das Realistische, der Effekt und
Spannung der Handlung, der Hacheffekt der komischen Szenen
nicht oerfehlf. Der Verfasser suchte nicht jene Knalleffekte heroor-
zurufen, welche der Theaterbesucher so gerne sieht, sondern hielt
sich in den Grenzen des modernen. Er sonderte uor allem den
Komiker uam ernsten Schauspieler ab, ließ die Possenreißerei weg,
führt allmählig und kurzfassend in die spannende Jdee und löst
eine der schwierigsten Aufgaben in oollem Glanz auf. Dieses wun -
derbare Stück wird unter persönlicher Heitung des Verfassers auf -
geführt und regissiert werden.“
Theaterzettel und Ankündigungen anderer Vergnügungen
sind ein Spiegel ihrer Zeit. Es möge daher hier auch eine Ankün -
digung des, „Clisiums 1 , eines allbeliebten und bekannten Alt-
Wiener Vergnügungs-Etablissements, das sich in einem großen
Keller in der Annagasse befand, Plaß finden.
„Elisium!
morgen Samstag und jeden Sonntag, Dienstag, lllittwoch und
Samstag große
Wiener faschings-Comödie
oder
llarrenstreiche und ITUinchhausiaden an allen Ecken und Enden der
Unterwelt, mit einem neuen burlesken faschingszug als wandern -
der, illustrierter
Kalender ,Charioari!‘
Kunstproduktionen aller Art. Hebende Serailbilder. — mehrere
ITlusik und Sänger-Chöre, minnesänger und dergl. — Californien-
fahrten mit Damenspenden etc.
Anfang 8 Uhr, Ende um 5 Uhr, an Samstagen um 1 Uhr.“
Interesse uerdient auch die Ankündigung eines feuerwerks
des alten Stuwer. Sie lautet:
„Sonntag, den <3. Illai 1847, wenn es die Witterung gestattet,
werde ich die Ehre haben mein diesjähriges erstes feueraerk im
Prater abzubrennen unter dem Titel der Hauptfronte:
,Dic Belagerung und Einnahme uon St. Jean d’Arce“
uon der oftomanisch, englisch-österreichischen flotte
am 3. und 4. llouember 1840.
Erste fronte: ITlaiblumen.
Zweite fronte: feuerregen.
Drifte fronte: Der Talismann.
Vierte fronte: Variationen im Brillant- und farbenfeuer.
fünfte fronte: Die fontainen.
Außer den fallschirm-, Sternen- und Blumenraketen werden noch
ganz andere neue Huftsfücke, worunter auch solche, welche mit
Schießbaumwolle geschossen werden, zur Aufführung gebracht.
Der Anfang ist mit Endigung des Tages.“
Das ffiünzchaos in Palästina.
Die unglaublich oielen lokalen Kursunterschiede sind eine
Kuriosität des türkischen lAünzwesens. ln Jerusalem, wie überall,
unterscheidet man den Regierungskurs uom Handelskurs (sagh
und schurk). Der Regierungskurs ist für den Silberpiaster 50 Paras
(gleich 4 Aschari). Jm Rlarkthurs dagegen gelten 3 Aschari und
V a Kebak für einen Silberpiaster. Die kleinste münze ist der
halbe Kabak; 8 Kabak sind gleich 1 Piaster; 2':, Kabak sind
gleich 1 Aschare. Ein Aschare hat l2’/ 2 Paras. Jn Jerusalem gilt
Die IAedschidie23 Piaster schurk und die türkische Hira 125 Piaster.
Weit mehr als türkisches Gold ist das französische im Verkehr;
daneben das englische und das italienische Gold und der Rubel.
Jn Jerusalem notiert das 20 frc.-Stück mit 109 Piastern schurk,
Seite DO
Internationale SammIer-Zeitung.
Rümmer 6
der englische Schilling mit 6 l / s Piaster, der Rubel mit 14 Piaster,
ln Jaffa ruird die türkische Cira mit 142 Piaster notiert, die
ITledschidie mit 26 Piastern, der Beschlik (5’/, Pister) mit 10 Aschari,
die Hsfhare mit 14 Paras. Das 20 frankstück ist in Jaffa mit
124 Piastern bewertet, der frank mit 6 Piastern, der Schilling mit
7 1 /, Piastern. Da in Jaffa Ulangel an lltedschidies ist, so wird
dort die ITledschidie mit 7*/; Beschlik bezahlt; das ist aber wieder
mehr als 26 Piaster! lloch auffälliger ist das Kursoerhältnis
zwischen Jerusalem und öaza. Dort wird der llapoleon mit 220
Piastern notiert, die ITledschidie mit 46V? Piaster, der Beschlik mit
6 Piastern und 5 Paras. Da in Jerusalem der Beschlik nur
9 Aschari (5 Piaster schurk) hat, so ist der Kurs uon Gaza
doppelt so hoch, wie der non Jerusalem! ln Haifa, Akka, Tiberias
und llazaret ist der Kurs ein dem Jerusalemer ziemlich ent -
sprechender. Die 5 Paramünze heißt dort n’hasi; sie roird aber
den Umständen nach auch mitunter nur 2 1 /, Paras gerechnet. Der
n’hasi nazarets und der Aschare Jaffas können in Jerusalem
kaum ankommen.
ln den leßten Dezennien der Regierung Abdul Hamids
gab es ein Piasterstück aus Kupfer zu 37 mm, 1 ! / s mm stark,
genau 20 g. Dieses Kupferstück entwertete der Staat selbst; der
„Kurs“ dieses Piasters sank auf den achten Teil des früheren
Wertes herab — die münze galt nur noch als Kabak (nach
deutscher Rechnung 2 Pfennig). Dieses „5 Parastück“ hatte selbst-
oerständlich einen uiel größeren Kupferroert! Rls nar etroa l' 1 '/,
Jahren der amerikanische Kupfermarkt seine Preise anzog, tat sich
heimlich ein Konsortium zusammen und kaufte die sämtlichen
Kupferstücke zu ihrem Kurswerte auf, d. h. 20 g gediegenes
Kupfer für 5 Paras = 2 Pfennig.
Wegen des mangels an Kleingeld haben prioate Gesell -
schaften, Institute u. a. die österreichischen Gin- und Zroei-
hellerstücke in ITlassen in den Verkehr gebracht, das 2 Hellerstück
zu 5 Paras, das 1 Hellerstück zu 2 1 /, Paras. Daneben geht auch
zuroeilcn der deutsche Pfennig, ferner galt bis zum Gnde der
hamidischen Ära eine jüdische messingmünze, die uon den
schwäbischen Kolonisten „Judenblechle“ genannt wurde. Die münze
war auf;erst dünn mit scharfer Kante, etwa l /s 3 schwer, ein un -
regelmäßig gezackter Kreislauf am Rande, die sansfige Prägung
bestand aus den uier hebräischen Buchstaben Tsade, Daleth, He
und Kof Ursprünglich eine Gesellschaftsmünze unter den Juden
zum Geben uon Almosen bestimmt, kam sie rasch in den all -
gemeinen Geschäftsverkehr, zuerst als I Parasfück, später als ein
halber Kabak und hat sich lange darin erhalten. Huf Grund amt -
licher Verfügung ist das „Judenblechle“ wieder aus dem Verkehr
nerschrounden.
Gegenwärtig kursiert noch das jüdische Papiergeld -- grüne
und blaue, 3 Quadratzentimeter große Zettelchen mit 'hebräischem
Aufdruck als „Kabaks“, ursprüngliche Almosenzetfcl. Gs gibt zwei
Arten; 8 Stück, für 1 Piaster und 16 für 1 Piaster. Außerdem
gibts sowohl in Jerusalem als auch in Jaffa, bzro. den deutschen
Kolonien Sarona und Wilhelma noch Konsummarken, deren Wert
sich dem Regierungskurse anpafjt. Sie gehören den wirtschaftlichen
Vereinigungen der Templerkolonien. Infolge des wirtschaftlichen
Ansehens der deutschen Gemeinden fanden sie in Jerusalem und
Jaffa rasch Gingang in den Handelsoerkehr, so dafj man sie in
diesen Städten ebenso wie türkische münze ausgeben und an -
nehmen kann. Das gleiche gilt in Jaffa uon den Priuatmarken der
firma Breisch Collmer (jeßt frank), die oiereckig sind und inner -
halb eines Randes das Signum „B u. C“ tragen. Ohne Hoch in der
mitte gelten sie 1 Piaster, mit Hoch 20 Paras. Auch die firma
Hardegg hat marken im Umlauf, die den namen „Hardegg“
tragen. Gbenso hat die jüdische Kolonie „IlTikroeh Jisrael“ eine
Geldmarke, die aber jeßt nicht mehr im Umlauf ist.
D^] 0 C^O
n^n°r?=c7r-i
Lr,cz?=U n G£c5rLJ
□szszrC^izrj
Oz!50 n GsEsD
n^=n 0 f>c7n
Chronik.
Ansichtskarten.
(lTe uh eiten.) Die Osterkarte hat ihre Herrschaft angetreten.
Osterhasen in allen möglichen komischen und nachdenklichen
Stellungen, Häschen, die mit dem Kopfe wackeln, ein männchen
machen, und weise Aussprüche tun, Ostereier in allen färben des
Regenbogens oder in strahlender Weiße, denen soeben ein Hühn -
chen entschlüpft, Osterlämmchen mit und ohne Glöckchen, allein
wandelnd oder uon Kindern geführt, zärtliche Pärchen, die dem
Gesänge der Vögel oder dem Klange der Osterglocken lauschen,
ganze Tierfamilien, die alle den Sinn auf die kommende Osterzeit
lenken, kurz, die ganze Herrlichkeit der Osferkarten hat die Schau -
fenster der Papiergeschäfte bezogen, bereitet auf die freuden
kommender Tage oor und lädt zum Kaufe ein.
Daneben sehen wir die neuesten englischen Karten, natürlich
grotesk komisch, uon dreifacher Gänge der gewöhnlichen Ansichts -
kartenbreite, auf denen der llTaler William Stamison in einer
Serie uon 14 Karten Aquarellfiguren in lächerlichen Situationen
darstellt. Der Wiener lAaler Hampel brachte zwei entzückende
Serien uon Chantecler-Karten zu je sechs Stück, und uon Gondon
kommen wieder zwölf komische „Dackel“karten, die wirklich alles
früher Dagewesene an Originalität überfreffen.
Die Trauerwoche in Wien macht sich in allen Auslagen durch
zwölf Ansichtskarten nach photographischen Aufnahmen aus dem
Geben des Wiener Bürgermeisters Dr. Karl Cu eg er bemerkbar:
Dr. Cueger im Gespräche mit dem Kaiser franz Josef, Dr. Cueger
als Redner auf der Tribüne, im Wagen mit seiner Schwester und
seinem Ceibdiener Pummera, Dr. Cueger in seinem Arbeitszimmer
am Schreibtische etc. f, f,
Karten com Prinzregenten Cuitpold.) Jm Kunstuer-
lage Gugen Richter in freilassing ist eine neue, sehr hübsche An -
sichtskarte erschienen, die den Prinzregenten Cuitpold uon Bayern
nach einem Original G. Waltenbergers zeigt. Das Bild stellt den
Verweser des Königreich Bayern in Jägertracht dar, und stammt aus
einer Zeit, da dem greisen Wittelsbacher die Cast der Jahre noch
nicht den Rücken gebeugt hatte, sondern wo er in ungebrochener
Kraft in seinem geliebten Berchtesgadener Cand dem Waidmerk
ablag. Die Wiedergabe des Originals wurde im Vierfalbendruck
uon der firma R. Kiesel besorgt.
(Heue Osterkarten.) Wir werden um Aufnahme folgender
Zuschrift ersucht: Der Bund der Deutschen Südmährens hat eine
wunderschöne Ostergrußkarte, ausgeführt uon einer erstklassigen
deutschösterreichischen Kunstanstalt nach dem Gnfwurfe eines
heroarragenden Künstlers, herausgegeben. Wiederoerkäufer wollen
sich wegen des Bezuges dieser Karte, welche zum Preise uon
6 K für 100 Stück postfrei abgegeben wird, an die Geschäftsstelle
des Bundes der Deutschen Südmährens in Znaim, Unterer Plaß 21,
wenden,
Bibliophilie.
(Gine bisher unbekannte Inkunabel.) Im leßfen Hefte
der „Bibliofilia“ (Olschki, flarenz) beschreibt Dr. Ign. Schwarz
einen im Besiße uon Gilhofer & Ranschburg in Wien befindlichen
bisher unbekannten Wiegendruck, eine uenezianische Ausgabe der
berühmten „Sermones medicinales“ des Hicolaus falcutius aus
dem Jahre 1491.
(Diebstahl eines Unikums.) Aus der Bibliothek des
Germanischen Tlationalmuseums in IT ti mb erg wurde ein äußerst
mertuolles Buch, die nur in diesem einzigen Gxcmplare bekannte
1 Cübecker Halzschnittausgabe eines „Totentanzes“ gestohlen.
nummer 6
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 91
Bilder.
(Gemälde chinesischer meister.) Aus Condon wird
uns geschrieben: Das Britische Uluseum hat die überaus roertoolle
Sammlung oon Gemälden chinesischer ITleister, die eine Deutsche,
frau Olga Julie Wegen er mährend ihres Aufenthaltes in China
zusammengebracht hat, um 184.000 Alk. erruorben. ln der
Sammlung, die ca. 150 Bilder umfafjt, ist die chinesische Kunst
uam 8. bis 15. Jahrhundert uertreten. mehrere deutsche Aluseen,
denen frau Wegener die Sammlung anbot, hatten sie abgelehnt.
(Die fresken im Campo Santa zu Pisa.) Die berühm -
ten fresken Benozzo Gazzalis aus dem Alten Testament, die die
Wände des Campo Santo in Pisa schmücken, befinden sich, rnie
R Papini im Bollettina d’Arte mitfeilt, im Zustande dauernden
Verfalles; nur eine radikale Kanseruierung könne den uälligen
Untergang der heroarragendcn Kunstroerke noch oerhindern
(Waffeaus „firmenschild“.) Aus Paris mird gemeldet,
dag der französische Generalinspektor der schönen Künste, Armand
Dayot, die Echtheit uan Watteaus berühmten „firmenschild des
Kunsthändlers Gersaint“, das Kaiser Wilhelm gehört und jef3t
auf der französischen Ausstellung zu sehen ist, angezrocifelt hat.
Diese Behauptung ist durchaus nicht neu; so ist sie z B. auch
oor einiger Zeit uan Gustaoe Babin ausgesprochen morden, der
in einem Aufsatz der „Illustration“ ausführlich die Geschichte des
Werkes erzählte und dabei die Bedenken gegen Watteaus Autorschaft
heroorhab. Im Jahre 1721 kam Watteau, der schon schmer krank
nach Condon gereist mar, in höchst bedenklichem Gesundheitszustand
nach frankreich zurück, uöllig gebrochen uon dem bösen englischen
Klima, aber uon einer glühenderen Ceidenschaft für seine Kunst durch-
zittert denn je zuuor. Damals machte er seinem freunde Gersaint, dem
Kunst- und Antiquitätenhändler an der flotre Dame-Brücke, den Vor -
schlag, er trolle ihm, um sich „die finger gelenkig zu erhalten“, ein
prächtiges firmenschild für seinen Coden malen, oder noch besser
eine Art „plat font“ zum Schmuck der lllauern. Gersaint roollte
zunächst nicht darauf eingehen, roeil er eine solche Arbeit des
hochuerehrten Kleisters nicht für rnürdig hielt. Aber Watteau blieb
bei seinem Entschlüsse und machte sich sogleich ans Werk. Der
Kunsthändler erzählt selbst mit roelch fabelhafter Geschroindigkeit
der grofje Kleister an diesem seinem letjten Werke arbeitete: „es
mar eine Arbeit oon acht Tagen und dabei arbeitete er nur am Vor -
mittag“. Watteau sel3te sein ganzes reifes Können ein und mar
uon dem Werke höchlich befriedigt. „Cs ist diejenige seiner Arbeiten“,
schreibt Gersaint, „die am meisten seine Eigenliebe reizte.“ Das Bild,
das das allgemeine Entzücken des Publikums erregte, enthielt zmei
symmetrische Kompositionen, zmei Szenen, aus dem alltäglichen
Ceben in dem Kunstladen kühn herausgegriffen, die die Zukunft
uon einander trennen sollte, nicht lange blieb das firmenschild
am Platte, für den es gemalt mar. Es entzückte einen Kunstlieb -
haber, den Rat de Saint-Port so sehr, dafj er es kaufte. Aus
seinem Besitj ging es in den des Herrn de Julienne über, der einer
der begeistertsten Verehrer Watteaus gemesen mar. Julienne lief)
uon dem Gemälde eine Radierung uon Aueline anfertigen und
ueranlafjte den besten Schüler Watteaus, Pater, uielleicht um dem
Radierer sein Amt zu erleichtern, eine Kopie zu machen, die sich
heute im Besif; uon Edgar Stern befindet. Wir dürfen annehmen,
dafj in diesen beiden erhaltenen Clachbildungen eine genaue Wieder -
holung des firmenschildes oor uns liegt, mie es aus den Händen
des Kleisters heroorging. So mar das Bild menigstens in einem
schwachen Abglanz der nachroelt erhalten, denn das Gemälde uer-
schroand plötzlich und schien lange uerloren. Bei dem Verkauf der
Sammlung Julienne im Jahre 1767 murde es nicht aufgeführf.
Jedoch bestand die Vermutung, dafj es sich in Berlin befinde, und
diese Vermutung geroann hohe Wahrscheinlichkeit durch einen
fund, den der grofje Erforscher des Rokoko, Edmond de
Goncourt, 1875 machte. Er entdeckte den Verkaufskatalog einer
bedeutenden Sammlung, die der bekannte Kunstliebhaber Abbe
Guillaume 1769 oeräufjert hatte. Darin mar die linke Seite des
firmenschildes aufgeführt. Durch einen Cesefehler glaubte er auch
festzustellen, dafj sie nach Berlin uerkauft sei und hielt so für er -
wiesen, daf; das ganze firmenschild im Besitz des Kaisers, „in
zmei Rahmen im alten Palais zu Berlin, im roten Saal, Zimmer
Elisabeth, befindlich“, das echte Werk Watteaus sei. Diese ganze
Beweisführung mird dadurch hinfällig, dafj sich die beiden Teile
des firmenschildes schon 1760, 9 Jahre uor dem Verkauf der
Sammlung Guillaume, im Charlottenburger Schloß befanden, mie
aus einem Brief des Klarquis d'Argens an friedrich den
Großen heroorgeht, de seinem Herrn die glückliche Errettung des
firmenschildes uor den Plünderungen der Österreicher mitteilt.
Außerdem stimmen die Alaine des Berliner Bildes nicht mit den
Klafjen überein, die in dem Katalog Guillaumes angegeben waren.
IJun soll die linke Seite aus der Sammlung Guillaumes heute
nachgemiesen sein, sie befindet sich im Besitj uon Ceon KliHiel -
te uy, und mird als das echte Stück den Bildern des Kaisers, die
für zeitgenössische Wiederholungen gehalten werden, gegenüber -
gestellt. Gegen die Echtheit der Berliner Bilder werden aufjer der
subtileren Technik, die sich mit der Schöpfung des Werkes in acht
Tagen nicht oereinigen läfjt, und dem kühleren, matten Kolorit die
bedeutenden Unterschiede in der Komposition angeführt, die sie
uon dem Stich Auelines und der Kopie Paters unterscheiden. Die
Hintergründe der beiden Wiederholungen sind höher und mit mehr
Gemälden bedeckt. Das Bild, das uon geschäftigen Dienern in eine
Kiste gepackt mird, trägt auf dem Berliner firmenschild die Züge
Cudroigs XIV,, mährend es bei Aueline und Pater irgend ein be -
liebiger Kopf ist. Auch uermifjt man auf dem Berliner Exemplar
eine genaue Symmetrie der Klauern, die auf dem Originalmerk
natürlich uorhanden mar und die auch bei der Trennung der
beiden Teile erhalten bleiben mufjfe.
Handschriften.
(Ankauf uon Theatermanuskripten). Die Hofbibliothek
in Wien hat oom früheren Direktor des Badener Stadttheaters
A. Schreiber den alten fundus uon Bühnenmanuskripten des
Badener Theaters erworben. In dem über 700 nummern zählenden
Bestände findet sich auch das unbekannte Jugendstück Anzen -
grubers „Die Eibelle“ in eigener Handschrift, sowie zahlreiche,
nie gedruckte Volksstücke oon Berg, Berla, Elmar u. a. und
über 200 Partituren, darunter die Jugendmerke Klillöckers, die
kleinen Operetten Offenbachs u. a.
(Eine Chronik aus dem 12. Jahrhundert.) Aus Darm -
stadt mird gemeldet: Bei der Sichtung uon Vermaltungsrechnungen
aus dem 17. Jahrhundert fand man bisher unbekannte Bruch -
stücke einer Chronik des Bistums fulda. Die noch gut erhaltenen
Pergamentteile stammen aus dem zwölften Jahrhundert und geben
Teile einer Schilderung des dritten Kreuzzuges unter friedrich
Barbarossa wieder.
Käfer und Schmetterlinge.
(Der bedeutendste Käfersammler Amerikas.) In
Washington ist am 17. februar Henry Ulke, der an der Bewegung
des Jahres 1848 in Deutschland heruorragenden Anteil genommen,
hochbetagt gestorben. Von Beruf Porträtmaler, pflegte Ulke mit
grofjem Eifer naturwissenschaftliche Studien. Seine Käfer -
sammlung galt als die bedeutendste in den Vereinigten Staaten.
Sie umfafjte mehr als 25.000 Arten und über 100.000 Exemplare.
Es dürfte kaum eine der in den Vereinigten Staaten uarkominenden
Arten darin gefehlt haben. Die grofjartige Käfersammlung ist
schon zu Cebzeiten Ulkes durch Kauf in den Besitj des Carnegie-
Institutes in Pittsburg übergegangen.
(Die gröfjte Sammlung uon Kleinschmetterlingen.)
Über die dem Britischen Kluseum in Condon einoerleibte Klein-
Schmetterling-Sammlung des Cord Walsingham mird uns nach
gemeldet: Unter den unzähligen Schmetterlingssammlungen sind
solche, die sich auf die Kleinschmetterlinge beschränken, nicht
gerade häufig, und zwar aus mehr als einem Grunde. Die ansehn -
lichen und oft so prächtigen formen der Grofjschmetterlinge reizen
das Auge und damit auch die Begehrlichkeit und den Sammeltrieb
weit mehr, und außerdem sind sie leichter zu fangen und leichter
uoneinander zu unterscheiden. Im Gegensatj dazu erfordert das
Sammeln uon Kleinschmetterlingen eine oiel gröfjtre Klühe und
Kenntnis. Daher ist es dem Cord Walsingham als ein besonderes
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Internationale Sammler-Zeitung.
riummer 6
Verdienst zuzurechnen, daß er jede ITlöglichheit lienußt hat, um
eine Sammlung dieser Insekten zusammenzubringen, die als die
weitaus reichste der Welt gerühmt worden ist. Als der Card sie
im Jahre 1901 durch einen Spezialkenner besichtigen und abschäßen
ließ, wurde die Zahl der in uorzüglicher Erhaltung norhandenen
Exemplare auf mehr als 200.000 festgestellt. Sie umschlossen
ungefähr neun Zehntel aller bekannten Arten, dazu aber auch nach
eine große IHenge uon unbearbeiteten formen. Seit jener Zeit
wurde die Sammlung noch um rund 60.000 Stück oermehrt. Was
eine derartige Sammeltätigkeit für die Wissenschaft bedeutet, geht
aus der ITlitteilung heroor, daß das grofje londoner lAuseum bisher
nur etwa 4000 Arten oon Kleinschmetterlingen besaß, dagegen
durch das fürstliche Geschenk des Cords um ungefähr 45.000 Arten
bereichert werden wird. Als Zugabe hat Cord Walsingham dem
Staat auch noch eine wichtige Bibliothek geschenkt, die einen
großen Teil der oorhandenen Citeratur über Kleinschmetferlinge
umfaßt. Cord Walsingham hat sich schon mehrfach als Gönner
des Britischen ITluseums bewiesen und hatte bisher wenigstens
15,000 Tierarten überwiesen, darunter eine glänzende Jnsekten-
sammlung aus Kalifornien und eine besonders wertoolle Zu -
sammenstellung oon britischen Schmetterlingen und JTloften, deren
Raupen in oerschiedenen Stadien ihres Wachstums neben den
oollkommen ausgebildeten Insekten auf ihren futterpflanzen ange -
bracht waren.
Keramik.
(mittelalterliche Keramiken.) Aus florenz wird uns
geschrieben: Während in Perugia, Deruto, Todi und Gubbio die
Untersuchungen alter Brunnen bisher meist nur unbedeutende
funde mittelalterlicher Keramik zutage förderten, ist neuerdings in
den alten Brunnen uon Oroieto eine ganz außerordentlich grofje
Itlenge wertvollen lllaterials zum Vorschein gekommen. Wie be -
kannt, hatte im ITliftelalter jeder Bürger die Verpflichtung, die zu
seinem Hause gehörigen Straßen sauber zu halten. Jn Oroieto
machten sich die Einwohner die eigentümliche Beschaffenheit des
oon tiefen Rissen durchzogenen Tuffsteins zunuße, und in die
felslöcher und Brunnen hinter ihren Häusern warfen sie zer -
brochenes Geschirr, Glasgeräte und alte Haushaltungsgegensfände,
deren sie sich entledigen wollten, für die Geschichte bestimmter
mittelalterlicher Gebräuche und für die zeitliche Aufeinanderfolge
der einzelnen Gefäßformen und ihrer Dekorationsmotioe haben
die alten Oruietaner Brunnen eine ähnliche Bedeutung, wie die
„Kjökkenmöddingen“ uorhisforischer Zeiten. Ganz unten finden
sich die Gefäße ohne Glasur, darauf folgen Töpfe mit weißer,
grüner und dunkeloioletter Glasur, dann die grünen und die blauen
mit Tropfenmustern, mit Glasuren oon solcher Stärke, daß sie fast
ein flachrelief ergeben, darauf die oielfarbigen ITlajoliken mit
JTlefallüster. Die primitioen Oruietaner Gefäße zeigen geometrische
oder blattförmige lAusterung, gelegentlich griechisch-etruskische
Dekorationsmotioe, häufig auch die Wappen alter familien oder
der jeweiligen Podesta und Capitani del Popolo. Von einigen be -
sonders interessanten Stücken machte kürzlich Peride Perali ITlit-
teilung. Ein großes Gefäß wies eine mittelalterliche Redaktion des
ITlythus oon Ödipus und der Sphinx auf, ein Teller zeigte die
Cilien des Hauses Anjou zwischen zwei Wappen der IHonaldeschi
und das alf£ Symbol der Stadt Oroieto, eine gekrönte Sirene, die
mit den Händen ihre beiden Schwänze umfaßt, nach der Aleinung
Peralis wäre dieser interessante Teller mit einem der Besuche
Karls oon Anjou in Oroieto in Verbindung zu bringen. Andere
Gefäße zeigen Allianzmappen und geben sich a s Hochzeitsgeschenke
zu erkennen. Verhältnismäßig selten finden sich Darstellungen
menschlicher figuren. Um so häufiger dagegen sind Tierfiguren,
namentlich der guelfische Cöwe und der ghibeliinische Adler, ferner
der Pfau, der Star, der Hirsch. Daneben kommen auch phanta -
stische Bildungen oor, z. B. Hörnen und Schlangen mit mensch -
lichem Kopf. Auf den Gefäßen mit Reliefschmuck sind bestimmte
Pflanzenornamente mit Alaiskolben und Pinienzapfen als Sinnbilder
der fruchtba keit anzutreffen. Die ITlajoliken mit Überlaufglasur
und Tropfendekorationen sind meist alte Aachahmungen toska -
nischer Erzeugnisse. Ein weniger starkes Blau und eine gewisse
Unkorrekfheit der Zeichnung unterscheiden sie oon diesen auf den
ersten Blick. Illoderne Aachahmungen, die zum Teil mit großem
Geschick angefertigt sind, kommen seit einiger Zeit in großen
Klengen in den Kunsthandel. Ein großer Teil der Oruietaner
Brunnenfunde ist nach auswärts oerkauft worden. Von deutschen
lAuseen besißt Schwerin eine hübsche Sammlung Oroietaner
fragmenfe; in florenz hat der Antiquar Elia Volpi eine in ihrer
Art fast oollständige Sammlung dieser Keramiken oereinigt. Wichtig
für das Studium sind ferner die Kollektionen des Aooocafo Alar-
cioni, des Ingenieurs Riccardo lAaurini in Oroieto und des
Herrn A. Hubert, der kürzlich in seinem Buche: „Ceramiche
mndioftvali orvietane“ die Aufmerksamkeit der Sammler und der
forscher auf diese Erzeugnisse umbrischer Keramik zu lenken
oersucht hat.
numismatik.
(neue lAünzen.) mit Beginn dieses Jahres wurden in
Rumänien neue Silbermünzen mit dem Bilde einer Hanfbüschel
schneidenden Bäuerin und der Jahreszahl 1910 ausgegeben. - An
neuen b e I g i s ch e n lAünzen sollen zunächst Stücke zu 2 und 50 Cn.,
zu 1 und 2 fr. hergestellt werden. Die leßten drei münzsorten
werden auf der Aoersseife das Bild des Königs Albert tragen, die
2 Centimestücke sollen den Aamenszug erhalten, dessen Anbringung
stößt aber wegen der Durchlochung der lAünzen noch auf
Schwierigkeiten.
(Kometendarstellungen auf antiken münzen.) Der
Aumismatiker Jmhoof-Blumer berichtet in der „Aeuen Zürich.
Ztg.“: „Bei Beginn des 1. Jahrh. oor Christus erinnerte man sich
der gewaltigen Himmelszeichen, die in der zweiten Hälfte des 2
oorchrisllichen Jahrhunderts so großen Schrecken oerbreitet hatten,
und hielt sic für Gö'terzeichen, die die künftige Größe des ponti-
schen Reiches unter lAithradates Cupator ooraussagten. Tat -
sächlich haben in den Jahren 136—134 und wieder im Jahre 119
o. Chr. oerschiedene besonders glänzende Kometenerscheinungen
stattgefunden. Da lAithradates im Jahre 131 geboren wurde und
sein Vater 120 starb, seßte man diese astronomischen Vorgänge
in Beziehung zu dem großen pontischen König, und zur Erinnerung
daran mag oon einem pontischen Vizekönig am kimmerschen Bos -
porus oder in Kolchis jene seltene Kupfermünze geprägt morden
sein, die einen Kometen im Bilde führt. Ein Analogon dazu haben
wir in Rom, wo Kaiser Augustus in Erinnerung an den glänzenden
Kometen, der im Jahre 44, sechs lAonate nach der Ermordung
seines Vaters, am Himmel erschien, einen Denar prägen ließ, der
den berühmten Stern der Julier oerewigte. Im gleichen Sinne ist
der Steinbock als lAünzbild des Augustus zu erklären, indem der
Begründer des römischen Kaiserreiches unter diesem Zeichen des
Tierkreises geboren wurde und durch seine Umgebung dazu gebracht
worden sein mochte, auch dieses Zeichen als Horoskop seines Glückes
zu betrachten. Aus diesen münzgeschichtlichen Befrachtungen geht
heroor, daß, so sehr auch im Altertum die Schweifsterne als Vor -
zeichen blutiger Ereignisse aufgefaßt wurden, man diese dann doch
wieder als glückliche Omina betrachtete und sie zum Ruhme der
Götter, Herrscher und Städte, zum Gedächtnisse glücklicher Ereignisse
und ruhmvoller Taten oerwendete.“
(Preise oon der lAerzbacherschen JAünzauktion.) Aus
lAüncher wird l?richtet: Die Auktion römischer und griechischer
lAünzen, die oci de n Aumismatiker Eugen lAerzbach er stattfand, ist
höchst erfolgreich oerlaufen. Die hervorragenden Bronzen und die
wie frisch aus der lAünze gekommenen Goldmünzen aus der römi -
schen Zeit haben außergewöhnliche Preise erzielt, und es ist ein
Rekordpreis für eine antike Bronze erreicht worden, für die
Augustusbronze Ar. 1122 wurden oon dem ersten Condoner
lAünzhause 1575 JAk. gezahlt. Auch Ar. 1205 und 1213 (llero-
bronzen) erreichten oerhältnismäßig hohe Preise: 220 und 425 lAk.
Das Porträt des Galba (1246) und das des Vitellius (1260 und 1268)
erreichten 505, 360 und 445 lAk., und in der Preislage zwischen
200 und 600 lAk. wäre noch eine große Anzahl Bronzen zu nennen.
Von den römischen Goldmünzen erzielte Ar. 433 (Gens Cassia)
500 lAk., Ar. 697 (Gens Junia) 650 lAk., Ar. 1784 (Aureus des
Septimius Seoerus mit Julia, Caracalla und Geta) 495 Alk., Ar. 1824
(Elagabal) 420 Alk., Ar. 7056 (die Konstantinmedaille) 750 )Ak. —
Um oon den Griechen nur die allerheroorragendsten zu nennen,
so wurden Ar 2351, 2352 und 2354, drei Didrachmen oon Erofon,
mit 795, 1400 und 1200 lAk. bezahlt. Die herrlichen Syrakusaner
Ar. 2572 und 2575, Dekadrachmen des Künstlers Euainetos, brachten
es auf 2200 und 1575 JAk. Erwähnenswert sind noch Ar. 2716,
Tefradrachme uon Chalcidice, 820 )Ak.; Ar. 2884, der Stüter oon
Cocri Opuntii, 625 lAk. und Ar. 2901, der sehr seltene Stater oon
Theben, 905 Alk,; Ar. 5055 und 3056, Tetradrachme uon Cyzikus
und Goldstater oon Campsakus, 1150 und 1500 lAk. und Ar. 5181,
die Goldtetradrachme der Kleopatra IIJ., lloo Alk. Die lAünz-
kabinette haben auf dieser Auktion im Ganzen weniger gekauft
°! s die großen Händler aus Condon, Paris, Wien, lAünchen; aber
die Alünchener lAünzsammlung hat für einen geringen Preis
(200 lAk.) einen Tetrobol uon Dicaea erstanden, den man als
eines der entzückendsten Werke antiker Kleinkunst betrachten darf.
Einen interessanten Auftrag hatte ein amerikanischer Kunst -
freund gegeben: er ließ sich durch seinen Condoner Vertrauensmann
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Internationale Sammler-Zeitung.
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für 10.000 Ulk. „scheine antike lllünzen“ kaufen und ist cuahrlich
nicht schlecht dabei gefahren.
(Eine Fehlprägung.) Die Hachzeitstaler des Großherzogs
Wilhelm Ernst uon Sachsen-Weimar, die anläßlich seiner am
2. Januar d. J. uollzogenen Vermählung mit der Prinzessin Teo -
dora uon Sachsen-ITleiningen geprägt murden, haben sich als ein
münzkuriosurn entpuppt, fluch hier ist, roie bei Prägungen aus
ähnlichen Anlässen, ein eigentümlicher Fehler in der Schrift unter -
gelaufen. Anstatt „Wilhelm“ liest man in der Umschrift „Wilheim“.
Da die Einziehung dieser Talerstücke schon oerfügt tourde, dürften
diese münzen für den Sammler bald einen besonderen Wert erhalten.
Philatelie.
(ITeue bosnische marken.) Die bosnische Postnermaltung
beabsichtigt neue Werte zu 12, 60 und 72 Heller in derselben
technischen Ausführung roie bisher, auszugeben, und zroar sollen
die Wertzeichen zu 5, 10 und 25 Heller, roelche jeßt landschaftliche
Bilder führen, das Bildnis des Kaisers Sranz Josef erhalten,
mährend die Zroischenroerte mit den entfallenden Handschafts-
bildern der geänderten Werte ausgestatfet roerden sollen, fluch
die Ausgabe oon Zeitungsmarken, hergestellt in Buchdruck, dürfte
demnächst erfolgen, und zroar sollen Werte zu 2, 6, 10 und
20 Heller emittiert roerden. Seit der Annexion Bosniens und der
Herzegowina im Jahre 1908 hat sich das geschäftliche Heben in
diesen Händern derart gehoben, dal) die bosnische Postoerroaltung
nun daran geht, den Postsparkassenoerkehr einzuführen. Infolge
dessen dürften oon nun an die hohen Postwertzeichen zu 2 und
5 Kronen nicht mehr in dem ITlafje zur Verwendung gelangen, roie
bisher, da der Geldoerkehr sich wahrscheinlich uorzugsroeise durch
die Postsparkasse oollziehen dürfte.
(Verein für Briefmarkenkunde zu Hamburg.) Jn
der let3ten gut besuchten Versammlung lagen oiele lleuheiten und
Seltenheiten oor, u. a. drei Originalbogen China-Jubiläumsmarken
zu 2, 5 und 7 Cts., ein Hamburger Brief mit zwei Drei-Schilling -
marken mit Thurn- und Taxis-Stempel, ein Bremer Brief mit einer
Zroei-Grote-niarke und Vegesack-Stempel, ein ungebrauchter Block
zu 20 Stück neu-Seeland-lilarken zu 3 d (orange) uon 1874 mit
Annoncenreklamen auf der Rückseite der marken, oier Queensland -
marken, ungebraucht, zu 2/6, 5, 10 und 20 sh in Kupfer- und
Steindruck, ein Kreuzband für IJJassenauflieferungen oon Druck -
sachen in Bayern, ohne marke, mit dem Poststempel 3 Pf
frankiert.
Uhren.
(Verkauf der lllarfels'schen ührensammlung.)
Wie man uns aus Berlin meldet, ist auch der zweite Teil der
berühmten Uhrensammlung IJlarfels in den Besiß des amerika -
nischen lllilliardärs Pierpont Ul organ übergegangen. Die Sammlung,
die anläfjlich der oorjährigen Uhrenaussfellung in lllünchen (siehe
ITr. 15 des uorigen Jahrgangs) auf eine ITlillion lllark oersichert
war, wurde für 1.500 000 Ulk. oerkauft. Die Uhren der lllarfels-
schen Sammlung stammen aus dem 16. 17. und 18. Jahrhundert,
einzelne sind Unica, so z. ß. eine Rokokouhr, deren Hinterseite
eine Parklandschaft mit fließendem Wasser zeigt. Dieses Wasser
wird durch rotierende Glasstäbchen in täuschender Weise dargestellt.
Eine andere Uhr ist in einer Pistole untergebracht, die prachfooll
mit Perlen und Edelsteinen geschmückt ist. Wenn man den Hahn
abdrückt, springt ein kleiner Vogel aus dem taufe. Durch einen
kunstoollen JTlechanismus sang der Vogel früher ein kleines Hied
Ceider ist es dem Besitjer nicht gelungen, einen sachoerständigen
JTtechaniker aufzufreiben, der das in Unordnung geratene Kunst -
werk roieder in Ordnung bringen könnte. Die kleinste Uhr in der
Sammlung IJlarfels war ungefähr so grof3 roie ein Haselnußkern.
Uer5chiedene5.
(Eine ausrangierte Weimarer Sammlung.) Aus Wei -
mar roird der „Frkf. Ztg.“ berichtet: Das Schicksal der oielum-
striftenen Japansammlung im Großherzogi. ITluseum für
Kunst und Kunstgeroerbe ist entschieden: Der Großherzog hat
sich endgültig auf den Standpunkt Professor Dr. Kötschaus, des
früheren Direktors und Reorganisators der Weimarer llluseen,
gestellt und den Verkauf der überschwänglich und als unerseßlich
gepriesenen japanischen Kunstwerke angeordnet. WKe mitgeteilf
roird, hofft man im günstigsten falle für die hübschen llach-
ahmungen japanischer Kunst 150.000 lllark zu erzielen, ein Betrag
der für Gegenstände genannter Prooenienz immerhin ganz erheb -
lich ist. Prof. Käfschau, der jeßige Direktor am Kaiser fricdrich-
niuseum in Berlin, hat wegen dieser uom Großherzog Karl Ale -
xander erworbenen Sammlung, die u. a. mehrere echte Gegen -
stände aus der Zeit des Confucius enthalten sollte, heftige Angriffe
erfahren, als er nämlich erklärte, es seien llachahmungen, wenn
auch geschickte llachahmungen, und weiterhin die Ansicht nertraf,
daß Falsifikate, bezro, llachbildungen in ein ernst zu nehmendes
lUuseum nicht gehörten. Bereits unter einem früheren Heiter der
Großherzogi. llluseen hatten sich Stimmen in Fachkreisen gegen
die Echtheit der Sammlung erhoben, man ließ aber die Sache mit
Rücksicht auf das Alter des Direktors und seine Verdienste — in
der Darliegenden ITlaterie war er lediglich Dilettant — auf sich
beruhen. Käfschau ließ, um seiner Sache ganz sicher zu sein, die
Sammlung durch einen der bekanntesten und erfahrensten Sammler,
Gustao Jacobi, prüfen, und auch dieser kam zu keiner anderen
Ansicht, trug sie dem Großherzog Wilhelm Ernst uor, und dieser
hat nun troß aller Quertreibereien oon unberufenen Dilettanten
und übel beratenen Haien endgültig bestimmt, daß die ganze
Sammlung auf einem auswärtigen Kunstmarkt nersteigert werde.
U 7 ie früher schon gemeldet, sind die sämtlichen Gegenstände nach
ITlünchen überführt morden, roo demnächst der Verkauf sfatt-
finden soll.
(Der leßte Brief Andreas fiofers.) Durch die Zeitungen
ging in den leßten Tagen die llachrichf, daß der Rektor August
Gräoe in flamm im altberühmten Baßenhäusel zu Bozen das
Original des flbschiedsbt'iefes Andreas fiofers entdeckt habe, den
dieser am 20. Februar 1810 zu ITlantua für seine Freunde nieder -
geschrieben habe, oier Stunden uor seiner Erschießung. Der Brief
soll angeblich nur noch teilweise lesbar sein, und es roird denn
auch nur ein Bruchstück der angeblichen Hoferschen lliederschrift
mitgeteilt. Der Herr Rektor scheint einer ITlystifikation zum
Opfer gefallen zu sein, denn roie die „Deutsche Journalpost“ schreibt,
existiert der uollständige Brief Hofers, und die Buchdruckerei uon
Jandl in Hieran in Tirol hat ihn bereits uor Jahren in Tausenden
oon Exemplaren gedruckt und ueroielfältigt.
(Pfahlbauten in Oberösterreich.) Aus Hinz roird uns
berichtet: Am 29 o. 111. fand unter dem Vorsiße des Obmannes
niuseumsdirekfor Dr. Ubell eine flusschußsißung der Hinzer Orts -
gruppe des Vereines „Deutsche Heimat“ statt, zu der sich auch
das ITlitglied des Wiener Vorstandes Dr. Stepan eingefunden
hatte. Flach einer eingehenden Diskussion wurde beschlossen,
zunächst die Rekonstruktion uon Pf a h lbauhütten und die Errichtung
eines Pfahlbaufund-JTluseums am flttersee in Angriff zu
nehmen, da hiefiir die günstigsten Vorausseßungen gegeben
erscheinen. Der Besißer einer großartigen Pfahlbaufundsammlung
aus dem Atfersee (ein Herr in Wien, der seine Villegiatur am Ufer
des Sees hat und dort seit einer Reihe uon Jahren erfolgreiche
Ausgrabungen ueranstalten läßt) hat nämlich dem Vereine für den
Fall, daß die Rekonstruktion der Pfahlbauhütten im Attersee zu -
stande käme, diese ganze große Sammlung in liberalster Weise
zur Verfügung gestellt. Ferner ist es der unermüdlichen Werbe -
tätigkeit Dr. Stepans gelungen, den derzeitigen Besißer des Schlosses
Kammer zu bewegen, einige geeignete Parterreräumlichkeiten im
Schlosse für die Beherbergung jener Fundsammlung zur Verfügung
zu stellen. Die Rekonstruktion der Pfahlbauhütten (es sollen drei
bis oier mit Benüßung noch oorhnndener Piloten aufgeführt roerden)
soll in der Bucht uor dem Schlosse Kammer erfolgen; ähnliche
Rekonstruktionen sind oon den Schweizer Seen, oom ßodensee usro.
bekannt und haben sich dort seit jeher des regsten Interesses des
Publikums erfreut, lleu ist aber die Verbindung solcher Rekon -
struktionen mit einer streng wissenschaftlichen Sammlung uon
originalen Pfahlbaufunden. So wird den Besuchern uon Kammer
nicht nur die Weise des Wohnens der prähistorischen Pfahlbauern
des flttergaus anschaulich gemacht, sondern es roird ihnen zugleich
gezeigt, was für Funde in der llähe dieser uralten flnsiedlungen
gehoben worden sind.
(Kostbare JTlosaiken in Saloniki.) Eine wichtige lllit-
teilung hat der Archäologe Homolle, der Direktor der Pariser
llationalmuseen, dem französischem Unterrichtsministerium gemacht.
Bei den oon einer französischen lllission mit Genehmigung der
türkischen Regierung oorgenommenen Ausgrabungen in Saloniki,
oon denen Homolle soeben nach Paris zurückgekehrt ist, wurden
außerordentlich schöne lllosaiken entdeckt, die durch ihr Alter und
ihren ganz eigenartigen Stil Aufsehen erregen roerden. Die präch -
tigen, munderooll ausgeführten Arbeiten roerden wahrscheinlich
schon in nächster Zeit im Houure Aufstellung finden.
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internationale Sammler-Zeitung.
Hummer 6
ffluseen.
(Das Kaiser friedrich ITluseum in magdeburg) er -
warb, wie uns non dort gemeldet vnird, uon der Kunsthandlung
Karl Haberstock in Berlin das berühmte Bild „Der Schottenjunge“
uon Wilhelm Trübner aus dessen ITlünchener Schaffenszeit.
(Keuerwerbungen des Suermon dt-JTluseums.) Aus
flachen wird berichtet: Die Skulpturensammlung des städtischen
Suermandt-lTluseums wurde durch die Erwerbung dreier großer
Altäre uermehrf: der erste, ein flügelaltar, stammt aus fllmees in
öraubünden und ist ein Werk der schcuäbischen Schule aus dem
15. Jahrhundert; der zweite, ein Schnitjaltar, rührt uon dem Kal-
karer Kleister Jan oan Holdere her, und der dritte, ein großer
Barockaufbau, wurde inflendele (fürstentum Ciechtenstein) angekauft.
Die Galerie der alten Kleister erhielt einen bemerkenstuerlen Zu -
wachs durch Bilder uon flertsen, uan Dyck, Blaemaert, uan der
Werff, Cairesse, Gauaert, flink und Carlo £oth.
(Das neue Rijks-Kluseum in Amsterdam.) In Amster -
dam ist jeßt das neue Rijks-Kluseum für moderne Kunst im
Anschluß an den Hauptbau mit den Sammlungen der alten Kunst
und des sag. fragmentgebäudes, das mit Stücken uon abgebroche -
nen alten holländischen Bauten geschmückt ist, eröffnet morden.
Die Flntiquitätensarnmlung Gutekunst.
Cine nicht sehr umfangreiche aber ausgewählte Sammlung
uon Antiquitäten und einigen Ölgemälden alter Kleister aus dem
Besitj des Kommerzienrates H. G Gutekunst in Stuttgart kommt
am 6. April in der Galerie Helbing zu Kltinchen zur öffentlichen
Versteigerung.
Der aus diesem Anlaß uon der firma Helbing ausgegebene,
479 Kümmern umfassende Katalog enthält ein reiches flbbildungs-
material, das den Inhalt der Sammlung entsprechend erläutert.
Den Cingang bilden die keramischen Arbeiten, hier wieder in
erster £inie die bemerkenswerten Kreußner, Siegburger und llas-
sauer Krüge. Dann folgen als Hauptbestandteil dieser Abteilung
die Porzellane. Daß in einer Würtfemberger Sammlung das £ud-
migsburger fabrikat uorwiegt, ist leicht erklärlich. Hier sei nur
auf die große Gruppe Simson den £öwen erwürgend (Kr. 23), ein
zahlreichen Gefäße deutscher Klanufakturen uerdienen Erwähnung.
Unter den Arbeiten in Glas müssen oor allem die beiden prächtig
in bunten Emailfarben bemalten Pokale uon 1606 und 1610 (Kr.
fig. 9.
Klodell uon größter Seltenheit, auf die drei Grazien, die oerschie-
denen Kaualiere, Schäfer und Schäferinnen, die Putten und die
reizende Ciebesgruppe (Kr. 33a) aufmerksam gemacht. Auch die
fig. 10.
73 und 74), sowie das uon einem Bronze-Eber getragene Kelchglas
(lJr. 78), aus der familie Eberz, Jsny-£indau stammend, heroor-
gehoben werden. Die Arbeiten in Edelmetall und die Schmuck -
gegenstände bilden eine stattliche Reihe: Zwei uorzügliche Augs -
burger Deckelpokale des 16. Jahrhunderts (llr. 90 und 91), ein
schöner nürnberger Henkelkrug des 16. Jahrhunderts (Kr. 94), ein
Regensburger und nürnberger Stollenbecher des 17. Jahrhunderts,
eine prächtige getriebene Platte ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert,
interessante Kiellen, hübsche Kecessaires, flakons, reizuolle An -
hänger und in erster £inie die reiche Kollektion uon Ringen,
welche mit römischen und frühchristlichen Arbeiten beginnend bis
hinauf ins Ende des 18. Jahrhunderts und die Biedermeierzeit
führen, werden sicherlich das Interesse uieler Sammler erregen.
Daran anschließend bringt der Katalog antike Bronzen, auf
diese folgen Arbeiten in uerschiedenem Kletall, dabei eine gotische
Klonstranz aus uergoldetem Kupfer (Kr. 332), eine uorzüglich
durchgearbeitete Renaissancebronze, die Statuette eines antiken
Kriegers (Kr. 324), hübsche kleine Kassetten und interessante alte
Besteckteile.
Die IKiniaturen enthalten einige ganz uorzügliche Porträts,
dabei auch reizende Damenbildnisse. Eines der bedeutendsten
Stücke der ganzen Sammlung dürfte wohl das fiinogesbild Kr. 405
sein, eine in prächtigen färben ausgeführte und sehr schön erhal -
tene Kreuzigung Christi, fluch ein italienisches Steinrelief des 15.
I Jahrhunderts, das Brustbild eines jungen Ritters (Kr. 406) soll
herausgehoben werden. Unter den Ölgemälden alter Kleister
oerdient eine uorzügliche, dem Guido Rcni zugeschriebene Kla-
donna, sowie eine sehr liebliche aus der Umgebung des Perugino
stammende heil. Klaria mit dem kleinen Jesusknaben und dem
kleinen Johannes oolle Beachtung. Die leßte Abteilung des Kata-
Hummer 6 Internationale Sammler-Zeitung. Seite 95
loges nehmen die Arbeiten in Holz ein, darunter eine ausdrucks-
oolle, dem Syrlin nahestehende männliche Büste (!1r. 458) und eine
hübsche gotische St. Barbara (Rr. 455). Den Schlufj bilden die
ITlöbel, unter denen wiederum ein prächtiger, reich geschnitjter
zroeitüriger Schrank besonders heruorgehaben sein soll. Huf Wei -
teres hier einzugehen, ist leider nicht möglich, Interessenten seien
auf den Katalog oerroiesen, der, roie bereits gesagt, erschöpfende
Auskunft über diese bemerkenswerte Sammlung gibt.
Unsere Bilder zeigen interessante kunstgewerbliche Objekte:
Figur 9 eine Schere, silberuergoldet, aus dem 18. Jahrhundert,
Figur 10: a) ITlesser mit elfenbeingriff, aus dem 16. Jahrhundert,
b) gotische Höffel, Holz mit Silbermontierung, c) lllesser mit ein -
geschnittenem Griff, italienisch, 15. Jahrhundert.
Uom Kunstmarkte.
(220.000 mark für einen Hüllet.) Aus lJew-Uork wird
uns berichtet: Sehr hohe, selbst für den amerikanischen Bilder -
handel beachtenswerte Preise wurden bei der Versteigerung der
Bildersammlung des verstorbenen lllr. H. S. Henry aus Philadel -
phia erzielt. Die 21, zumeist französischen, Gemälde der Samm -
lung brachten zusammen 1,025.000 Ulk. Der höchste Preis wurde
für millets „Aufbruch zur Arbeit“ bezahlt. Rach dem ersten An -
gebot non 100 000 lTtark gingen die Bieter bis auf 220 000 mark,
um welchen Preis das Gemälde oon der Firma Scott & Fawles
erstanden wurde. Von Constant Froyon ging ein Bild „Ca Charette
de Soi.n“ für 94000 mark in andere Hände über, während Corots
„Remisee“ 92400 IRark brachte. Bin anderer Corot „Arleux-Palluel“
erzielte 89000 IRark. Cin ungewöhnlich feines Werk oon Daulugin
„Ca Saulail“ wechselte um den Preis oon 92 000 mark den Besser.
Cin anderes Bild millets „ermüdete Weggenossen“ kaufte der
Senator Clark für 28 000 mark, und eine Handschaft mit Schafen
oon Chorles Jacques wanderte für 55 000 IRark an den Sammler
B. P. Williams,
(Der Kunstbesitj eines norddeutschen Sammlers.)
IRit der IV. Abteilung, antike Bronzen und Keramik, beschloß die
Galerie Helbing in IRünchen in der letjten Februarwache die
Auktion des Kunstbesifjes eines bekannten norddeutschen Sammlers.
Von den erzielten Preisen seien heroorgehoben:
Vorgeschichtliche und antike metallarbeiten. Rr. 1. Kuge -
liges Gefäfj mit hohem Vuf3, getrieben, 41 Ulk. Rr. 5. Schlanke
Urne oon bikonischer Form, Jfalo-hallstättisch, 30 Ulk. Rr. 6. Ge -
triebene Schale, fragmentiert, auf modernes Bronzeblech aufgelegt,
360 Ulk. Rr. 9. Kanne mit Kleeblattmündung, etruskisch, 22 RRc.
Rr. II. Schnabelkanne, schönste hellblaue Patina, etruskisch,
95 Ulk. Rr. 12. Kleine Kanne, hellenisch-römisch, aus Foligno,
85 Ulk. Rr. 50. Schöpflöffel, Griff in zwei Rehköpfe endigend, am
Griffansafj eingeprägtes Palmenarnament, 75 Ulk. Rr. 59. Gefäfj
in Gestalt eines menschlichen Fufjes mit Schuh, römisch, (aus der
Sammlung IRilani), 500 111k. Rr. 40. Gefäfj in Gestalt eines weiblichen
Koples mit Rlelonenfrisur, ein Zopf um den Kopf gelegt und über
der Stirn geknotet, aus Terra di Sauora 160 Ulk. Rr. 50, Beweg -
licher Doppelhenkel eines Cirners mit plastischen Aftachen, 50 IRk.
Rr, 51. Doppelhenkel des gleichen Typus, 4. Jahrh., 105 Ulk. Rr. 57.
Kleiner Kannenhenkel, römisch, 45 Ulk.
MJaffen. Rr. 61. Bin Paar Beinschienen uan ungewöhnlicher
Gröfje, aus dickem Bronzeblech getrieben, aus Capua, 500 Ulk.
Rr. 62. Desgl., bis zum Knie reichend, italienisch, 500 IRk. Rr. 65.
einzelne Beinschiene mit reich getriebenem Ornament, griechisch,
41 cm lang, 1210 IRk. Rr. 65. Gladiatorenarmschiene, silberplattiertes
Bronzeblech mit Schachbrettmuster, oben fragmentiert (Sammlung
Bourgignon), Hänge 32 cm, 255 IRk. Rr. 75. Kurzschwert mit Griff -
zunge, uon der Bängsmitte aus abgedacht, der Ulittelgraf oon feinen
graoierten Hinien begleitet, 120 111k. Rr. 76. Desgl., die oerzierenden
Hinien auf zwei leichtplastischen Streifen, biegen oben (auf der
Schwestfläche selbst) uiertelkreisförmig auseinander, Perugia,
250 IRk. Rr. 78. Desgl., kleiner, Prouinz Rom, 140 IRk. Rr. 79.
Desgl, Sehr feine Streifendekoration, Patina, dunkelgrün, glänzend,
zum Teil abgerieben, 270 Ulk. Rr. 89. Schwertklinge, Brescia,
165 IRk. Rr. 90. Desgl., Casalbuttano Cremonese, 40 IRk. Rr. 91.
Desgl., Obcritalien, 100 IRk. Rr. 92. Desgl., Casalmonferatto, 35 IRk.
Rr. 93. Hangschwert mit blattförmiger Klinge, gefunden 1891 in
Bhingen a. d. Donau, 555 Ulk. Rr. 94. Schwertgriff, 48 IRk. Rr. 95.
Ungarisches Schwert, gefunden in der Donau bei Budapest, 270 Rlk.
Rr. 96. Starkes Hangschwert, 420 IRk. Rr, 97. Antennenschmerf,
410 111k. Rr 98. Desgl., 500 111k. Rr. 99. Desgl., 210 111k. llr. 100.
Schwert mit Bronzegriff, Prouinz Bergamo, 260 Ulk. Rr. 101.
Schwert mit Griffzunge, Sulmano 510 Ulk. Rr. 102. Desgl.,
?ragment, 25 111k. llr. 103. Desgl., Italien, 400 111k. Rr. 104. Schwert
mit Griffzunge, Trasimeno-See, 91 IRk. Rr. 105. Desgl., 85 IRk.
Rr. 106. Desgl., Arles, 185 IRk. Rr. 107. Schwert mit Griffzunge,
500 111k. Rr 108. Schwert mit Griffzunge, 320 Ulk. Rr 109. Schmert-
klinge, 75 IRk. llr. 110. Desgl., 51 IRk Rr. 111. Desgl, 31 IRk.
Rr. 112, Desgl., Rr. 115. Schwertklinge, zus 25 IRk. Rr. 114.
Hangschwertklinge aus Bisen, 51 IRk. Rr. 115. Desgl, 50 IRk.
Rr. 116. Fragment eines Bisenschwerfes, 11 IRk. llr. 117. Schmert-
scheide, 165 111k. Rr. 118. Desgl, 195 111k. Rr. 119. Desgl., 125 111k.
Rr. 121. Desgl., llr. 122. Fragment einer Scheide, zus. 52 IRk.
Rr. 128. Dolch, in zwei Stücke gebrochen, Rr. 129 Desgl., Spitje
fehlt, zus. 80 IRk. Rr. 150. Dolchklinge, 25 IRk. Rr 131 Dolch -
klinge, Rr. 132. Desgl., zus. 100 IRk. llr. 135. Desgl., llr. 134.
Dolchklinge, zus. IRk. 28. Rr. 155. Dolchklinge, 180 IRk. Rr. 156.
Desgl., Rr. 157. Desgl., zus. 30 IRk. Rr. 138. Rachbildung eines
mykenischen Bronzeschwertes, 50 111k. Rr. 139. llachbildung eines
mykenischen Kurzschwertes, 20 IRk. Rr. 140. Rachbildung eines
mykenischen Dolches, 32 IRk. Rr. 141. Desgl., 58 Rlk. llr. 144.
Sichel, Rr. 145. Grofje, breite Sichel, zus. 51 IRk. Rr. 146. Sog.
Knapfsichel, llr. 147. Sichelmesser, zus. 20 IRk. Rr. 148. Breites
Ulesser, llr 149. Desgl., zus. 22 IRk. Rr. 152. Kleines JResser
aus Bisen mit Bronzegriff, 47 Ulk. Rr. 155. Hanzenspitje, 22 Ulk.
Rr. 156, Desgl., llr. 157. Desgl., zus. 26 IRk. llr. 158. Desgl., 35 IRk.
Rr. 159. Desgl., Rr. 160. Desgl., zus. 97 Ulk. Rr. 161. Hanzenspitje,
Rr. 162. Desgl., zus. 80 IRk. Rr. 165. Grofje Hanzenspitje, IRk. 200.
Rr. 164. Hanzenspitje, IRk. 51. Rr. 165. Desgl., Rr. 166. Desgl.,
zus. 60 IRk. Rr 167. Hanzenspitje, Rr. 168. Drei Hanzenspitjen,
zus. 41. Rlk. Rr. 169. Hanzenspitje, Rr. 170. Hanzenspitje, zus.
110 IRk. Rr. 176. Knauf eines Btreitkolbens, 15 Rlk. Rr. 177.
Desgl., 25 Rlk. Rr. 178 Desgl., II IRk. Rr. 179. Desgl., 25 IRk.
Rr. 180. Streitkolbenknauf, Rr. 181. Zwei desgl., Rr. 182 Vier desgl.,
zus 48 IRk. Rr. 185. Streitkolbenknauf, Rr. 184. Sogenannter
Bogenspanner, Rr. 185. Zwei Stück desgl., zus, 70 IRk llr. 186.
Ägyptische Axt, 60 IRk. Rr. 187. Desgl., 40 IRk. Rr, 189. Doppel -
axt, 50 IRk. Rr. 190 Hammeraxt, Rr. 191. Desgl., zus 45 Ulk.
Rr. 192. Ungarische Kupferaxt, Rr. 193. Desgl., zus. 50 IRk. Rr. 194.
Hammeraxt, llr. 195. Desgl., zus. 55 IRk. llr. 196. Zwei desgl.,
57 Ulk. Rr. 197. Desgl., llr. 198. Zwei desgl., zus. 50 111k, Rr. 199.
Axt mit angegossener Schafthülse, 60 Rlk. llr. 200. Randaxt, 15 Ulk.
(Fortseljung folgt.)
(Hondoner Gemäldeauktion.) ln Christies Auktions -
räumen in Hondon fand letjter Tage eine Auktion alter Gemälde
statt, oon denen oiele der ehemaligen Sammlung König Houis
Philipps (1853) und des Hords Ulonthwick (1859) entstammten.
Den höchsten Preis erzielte ein Ruysdal: „Bine felsige Flufjszene“,
die für 25.000 Rlk. losgeschlagen wurde. Recht aufregend gestaltete
sich der Kampf um De Hooghes „Interieur eines Wahnraumes“,
das bis auf 19.000 IRark hinaufgetrieben wurde. Rubens'
„König Daoid und die Altesten Israels ein Opfer darbringend“
brachte 18.500 Rlk., ebenso uiel auch „Bin Hirte und zwei Kühe“
oon Cuyp. Das Porträt des Admirals Van Tromp uon IRytens,
eine „Kreuzabnahme“ uon Timoteu della Vita und ein Gemälde
„Bdehnann mit Frau und zwei Kindern“ aus der holländischen
Schule erzielten je 8400 111k. 5ür Andrea del Saltos „IRadonna
und Kind“ und „Die Anbetung der Könige“, ein Werk aus der
deutschen Schule, wurden 5500, bzw. 3600 Rlk. bezahlt.
Ausstellungen.
Baden-Baden. Deutsche Kunstausstellung. Eröffnung 20. lllärz.
Berlin. Grofje Berliner Kunstausstellung 1910. Eröffnung
30. April.
Budapest. Winter-Ausstellung des Bandesoereines.
Chemnifj. Ausstellung der Kunsthütte.
Florenz. Ausstellung der Gesellschaft italienischer Künstler
Graz. Jubiläumsausstellung des Vereins der bildenden Künstler
Steiermarks.
Hannouer. 78. Grofje Kunstausstellung. Schlufj 1. Ulai.
Seite 96
rtummer 6
internationale Sammier-2eitiing.
Ceipzig. I. Jahresausstellung der leipziger Sezession.
Eröffnung !8. April.
Condon. International Society of Sculptors. Painters and
Gravers. Eröffnung 2. April.
Hieran. Ausstellung des Kleraner Kiinstierbundes. Bis
15. ülai 1910.
ITlündien. frühjahrsausstellung der Sezession. Bis Ende April.
Oldenburg, frühjahrsausstellung des Kunstoereines. Schluß
15. lllärz.
Paris. Ausstellung der Societe des Artistes Independents.
Eröffnung 15. ITlärz.
— Societe Nationale. Eröffnung 15. April.
Rom. Internationale Kunstausstellung.
Wien. Albertina. Ausstellung uon 157 neuercuorbenen
Kunstblättern.
— Hofburg. Geistliche Schatjkammer des Kaiserhauses.
— Künstlerhaus, I. Karlsplatp 36. lahresausstellung.
Eröffnung 19. ITlärz.
— Kunstsalon Hirschler, I. Plankengasse 7. Kollektioaus-
sfellung Teopold Graf oon Kalckreuth.
Zürich. Künstlerhaus. Ausstellung.
Auktionen.
17. ITlärz. Alünchen. Galerie Helbing. Ölgemälde alter
Kleister aus Bremer Prioatbesitj, soroie aus dem llachlafj des Herrn
Touis Ricard in Frankfurt a. 111.
17. und 18. ITlärz. Wien. Halm & Goldmann. Bücher -
sammlung, enthaltend Holzschnitt- und Kupferstichroerke, Hand -
schriften, Erstausgaben etc.
17. bis 22. ITlärz. Amsterdam. R. W. P. de Vries, Samm -
lungen D. C. Kleyer jr. I. Handzeichnungen, Aquarelle, Kupfer -
stiche und Porträts, betreffend die Geschichte uon Amsterdam und
den Riederlanden.
18. und 19. ITlärz. Ceipzig. C. G, Boerner. Sammlung uon
Kupferstichen alter Kleister: Schongauer, Klantegna, Kleinmeister
Italiener etc.
21. ITlärz. frauenfeld (Schmeiz). Hotel Bahnhof. Antiquitäten -
versteigerung durch J. Sch mag er.
22. ITlärz. Berlin. Rudolf Tepke. Gemälde alter Kleister des
14.—18. Jahrhunderts aus dem Besitje uon Dr. Seyrhour Kleynard
Condon, Dr. Cothar Ritter oon Berks, Burg Ostrozak, u. a.
30. lllärz. Amsterdam. J. Schulmann. Sammlung griech -
ischer, römischer, byzantinischer und orientalischer münzen
Klärz. Köln a. Rh. J. 111. Heberle. (Kl. Tempertj' Söhne),
G. in. b. H. Sammlung uon Kunstgegenständen, Antiquitäten und
Gemälden aus dem llachlalj der frau Pauline Stern, Stuttgart.
4. bis 9. April. Dresden G. Walther Gasch. Kupferstiche,
Holzschnitte, Schabkunstbläfter alter und neuerer Zeit, Porträts,
historische und Schlachtenblätter, frühe Cithographien, militär-
kostüme.
5. April. Mlünchen. Dr. Eugen Klerzbacher nachfolger,
münzen und llledaillen.
6. April. Alünchen. Galerie Hel hing. Antiquitätensamm -
lung des Kommerzienrates H. G. Gutekunst in Stuttgart, Arbeiten
in Silber, Glas und oerschiedenem Kletall, alte Klöbel, llliniaturen,
Ölgemälde alter Kleister etc.
11. April. Heidelberg. Ernst Carlebach. farbige Kupfer -
stiche, Illustrierte Werke oon Chodoroiecki, Klinger, Bemberg und
Cudtuig Richter, Kostüm- und militärbilder, Heidelbergensia etc.
14 April. Alünchen. Galerie Helbing. Ölgemälde her-
oorragender alter Kleister aus dem llachlasse des Herrn B. Kl
Gold Schmidt in frankfurt a. 111.
18. bis 20 April. Wien. Gilhofer&Ranschburg, r. Rofen-
turmstr. 23. Kupferstichsammlung des polytechnischen Zentraloereines
in Würzburg. Hauptsächlich französische und englische Stiche
des 19. Jahrhunderts; punktiert, geschabt und in färben gedruckt.
26. April u. f. Berlin. Am sie r & Ruthardt. Kupferstiche
und Holzschnitte des 15.—17. Jahrh.
I April. Alünchen. Galerie Helbing, Antiquitäten, Kunst-
I gegenstände und Ölgemälde alter Kleister aus dem Besitze der
; frau T. 11aeher in Tindau i. B., satuie aus Burg Eulenbroich bei
! Köln a. Rh.
Anfangs mai. Berlin. Rudolf Tepke. Sammlung Hermann
j Emden, III. Teil: Gemälde.
23. mai. Amsterdam. J. Sch ul man. Sammlung des oer-
storbenen Dr. Jules mei 1 i, Zürich. I. Teil, münzen uon Portugal,
Portugiesisch Indien und den afrik. Kolonien.
mai. Alünchen. Galerie Helbing. Kollektion kgl. Rat
B. Rosenfeld, Wien. Uhren aller Zeiten.
frühjahr. Köln a. Rh. J. Kl. Heberle. (Kl. Cempertj’ Söhne).
G. m. b. H. Deutsche Zunftabteilung des nordischen Kluseums
zu Stockholm.
Literatur.
* Die Kirchen bauten der deutschen Jesuiten. Ein Beitrag
zur Kultur- und Kunstgeschichte des 16., 17 und 18. Jahrhunderts
uon Josef Braun, S. 1 2 Bände, freiburg 1910. Herdersche
Verlagsbuchhandlung. 12 Klk 20 Pfg. Wie die Arbeit über die
belgischen Kirchenbauten des Ordens, ja oielleicht noch in größerem
malje, dürfte auch das neue Werk eine Cücke in der Kunstgeschichte
des 17. und 18. Jahrhunderts ausfüllen. Was bisher über die
deutschen Jesuitenkirchen geschrieben ruurde, ist nicht nur im ganzen
sehr ungenügend, sondern auch nicht frei uon mancherlei Unrichtig -
keiten, und zwar nicht blofj in Bezug auf Einzelheiten, sondern
namentlich auch in Bezug auf die für die Bauten maßgebend
gewesenen Tendenzen und die Stellung der Jesuitenkirchen in der
zeitgenössischen Architektur. Der sogenannte Jesuitenstil erweist
sich als fabel. Überraschend dürfte für uiele der Tlachmeis sein,
dafj die Gotik, wenngleich immer mehr entartend, sich bis ins 18.
Janrhundert bei den Kirchenbauten im ganzen Rordmesten Deutsch -
lands erhielt. Brauns Arbeit basiert auf archiualischen forschungen,
auf ausgiebiger Benutjung der zahlreichen noch uarhandenen Pläne
und Risse und auf eingehendem Studium der Bauten selbst. Die
Darstellung begleiten erläuternd 99 Bilder im Text und 92 Bilder
auf 31 Einschalttafeln, durchweg unueröffentlichtes, bis auf weniges
uom Verfasser selbst an Ort und Stelle aufgenommenes material.
Der Anhang zum zweiten Bande behandelt die für die oberdeutsche
ürdensprouinz charakteristischen, durch Einrichtung, Dekoration und
stilistische Behandlung gleich interessanten Kongregationssäle.
Heue Kataloge.
;i: f. Waldau, Antiquariat, fürstenmalde. Anzeiger Rr. 4.
j Deutsche Titeratur, illustr. Bücher, Kulturgeschichte, Curiosa.
* Teo Tiepmanssohn, Antiquariat, Berlin SW, Bernburger-
i straije 14. Illustr. Katalog Rr, 175. Seltene ältere Werke aus
allen Gebieten der Klusikliteratur uom 15. bis Ende des 18. Jahr -
hunderts, darunter Sammlung gedruckter und handschriftlicher
Tauten und Orgeltabulafuren. (2i4 Rummern.)
* Jacques Rosenthal, Buch-und Kunstantiquariat. Alünchen.
Katalog Rr. 48. Rußland. Bücher, Autographen, Ansichten und
Karten, Kunst- und flugblätter. (1640 Rummern.)
Briefkasten.
A. R., Gotha. Quadriert bedeutet in der Heraldik geuiertet.
Ist jedes Viertel abermals geuiertet, so nennt man das doppelt -
quadriert.
Edi B. Der Eröffnungstermin steht noch nicht fest.
Ceutnant u. C. Der genannte Herr sammelt uorzugsmeise
Jagdhörner.
„Olas“. Katjenkopf ist eine Handfeuerwaffe mit sehr kurzem
Tauf, dessen hinterer Teil enger als der sich scharf uon ihm ab-
setjende uordere ist. Er diente oon der zweiten Hälfte des 16. bis
ins 18. Jahrhundert zum Schienen uon Brandzeug und feuerwerks -
körpern.
Professor Heinrich C. ln der Ausstellung der „Kunsthütte“
in Chemnitj sind 64 Werke im Gesamtbeträge uon 55.200 mark
uerkauft amrden.
R. 100, Dresden. Besten Dank. Wir werden der Sache
nachgehen.
Druck und Verlag: J. Hans Prosl, Teoben.
Verantwortlicher Redakteur: Hg. Ritsche, Teoben.