Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
7. Jahrgang.
Wien, I. Jänner 1915.
Nr. 1.
Kriegsscliimick und Plaketten.
Von Dr. Max Weinberg (Wien).
Unter den Kriegszeichen, die jetzt als patriotischer
Schmuck getragen werden und nach glücklichem
Friedensschluß die Vitrinen der Sammler zieren werden,
verdient neben den in der vorigen Nummer der „Inter -
nationalen Sammlerzeitung“ besprochenen Abzeichen
von K. M. Schwerdtner und fl. Kautsch eine als
Brosche ausgeführte Plakette unseres hervorragenden
Medailleurs und Bildhauers, Regierungsrats Professors
Stephan Schwärtz ihres künstlerischen Entwurfes
wegen ganz besonders erwähnt zu werden.
Das von dem Wiener Juwelier Siess in mattem
Silber ausgeführte Schmuckstück hat eine gefällige,
länglich-eckige Form und die Darstellung ist in hohem
Relief gehalten. Ein mit packendem Realismus ge -
zeichnetes Medusenhaupt stellt die durch die Welt
.stürmende Kriegsfurie dar, hinter der sich in kräftigen
Fäusten zwei mächtige Schwerter kreuzen. Züngelnde
Schlangenleiber, welche statt der Haare dem geflügelten
Kopf der zähnefletschenden Gorgo entspringen, durch -
zittern das ganze Bild, das an seinem unteren Rande
die für die Weltgeschichte denkwürdige Jahreszahl
„1914“ zum ewigen Gedächtnis trägt. Dieses kleine
Kunstwerk macht Regierungsrat Schwartz, der, neben -
bei bemerkt, nach Niederlegung seiner Lehrtätigkeit
an der Wiener Kunstgewerbeschule ein neues schönes
Privatatelier bezogen hat, um sich ganz seinen künst -
lerischen Aufgaben zu widmen, verdiente Ehre.
Fast gleichzeitig mit der aus Anlaß des fünfzig -
jährigen Bestandes des Wiener Schubertbundes von
diesem herausgegebenen monumentalen Schubert-
Plakette, welche vom Bildhauer J. Beyer ausgeführt
wurde und den zahlreichen Verehrern dieses populären
Vereines ein wertvolles Andenken bietet, wurde noch
eine zweite, der Erinnerung an den unsterblichen
Liederkomponisten dienende Plakette geprägt. Es ist
dies jene der Steyrer Liedertafel. Wenn auch ver -
spätet, soll uns auch der Kriegslärm nicht abhalten,
dieses reizende Kunstwerk hier zu beschreiben. Und
dies auch noch aus einem ganz besonderen Grunde.
Wir erinnern daran, in diesen Blättern das Meister -
atelier für Stahlschnitt in Steyr besprochen zu haben,
eine Kunstwerkstatt, gewiß einzig in ihrer Art*). Eine
Schöpfung Michel Blümelhubers, des in seiner Kunst
bisher unerreichten Meisters, geht sie außer ihren anderen
Aufgaben auch daran, eine Wiedererweckung der alten
Medaillenkunst in die Wege zu leiten. Nicht durch die
Reduktionsmaschine soll die vom Künstler modellierte
Medaille oder Plakette in Stahl übertragen werden,
sondern die Hand des Künstlers selbst soll den Präge -
stempel schneiden. Daß hiezu eine besonders geschulte
Technik des bildenden Künstlers gehört, ist natürlich
und selbstverständlich. So war es auch zur Zeit der
Renaissance. Die von uns besprochene und abgcbildete
„Förderer-Plakette“ mit dem Porträt Meister Blümel -
hubers war die erste moderne Plakette dieser Art, von
der namentlich die verhältnismäßig wenigen, auch in
Stahl geprägten Stücke einen großen Sammelwert be -
sitzen. Seither haben unseres Wissens Professor Stephan
Schwartz und Otto Hofner solche Plaketten mit
selbst in Stahl geschnittenen Prägestempeln geschaffen.
Letzterer durch seine für das k. k. Gewerbeförderungs -
amt in Wien aus Anlaß der Edelmetallfachausstellung
im Jahre 1912 geprägte Medaille.
Ein Kunstwerk solcher Art ist nun die wirklich
geschmackvolle Steyrer Schubert-Plakette und es ist
geradezu erstaunlich, welche Feinheiten im Detail der
Arbeit diese alte und nun wieder zu neuem Leben er -
weckte Technik ermöglicht.
Der Avers der 45:60 geprägten Plakette zeigt uns
in vertieftem, achteckigem Grunde das Profil Franz
Schuberts in bekannter idealisierter Auffassung.
Zwei köstliche Putten mit Füllhörnern tragen ein
Blumengewinde, in dessen Rahmen man die Widmung
liest: „Schubert-Plakette der Steyrer Liedertafel. Für
hervorragende Verdienste im Reiche der Töne.“ Diese
Seite der Plakette ist ein Werk des uns schon bekannten
Hans Gerstmayr in Steyr, dem man den Schnitt
der oben genannten Förderer-Plakette verdankt.
Ein zweiter Schüler Meister Blümelhubers, namens
Ferdinand Anders, gleichfalls in Steyr, hat die Rück -
seite dieser Plakette modelliert und geschnitten. Wir
sehen im oberen Abschnitte eine Ansicht der alten Stahl-
uncl Eisenstadt Steyr, darüber in Notenschrift die ersten
Takte des herrlichen Schubert-Liedes „In einemBächlein
helle“ und im unteren Abschnitt die Legende: Am
Verein der Enns / u. Steyr, wo erschallt / der Hämmer
Klang / töne bald zu ernster / Feier, bald zur Lust / ein
deutscher Sang.
Die Muse der Tonkunst mit der Leier schreitet über
das ganze Bild, zu Füßen der Muse sprießen Rosen.
*) Internationale Sammlerzeitung, 3. Jahrgang, Seite 113.
Seite 2
Internationale. Sammler-Zeitung
Nr. 1
Ist eine Entwertung der Japandrucke zu befürchten?
Von Karl Mienzil, k. u.
Als Sammler japanischer Farbenholzschnitte wurde
ich zu wiederholtenmalen befragt, ob der Krieg irgend -
einen Einfluß auf den Geldwert der japanischen Kunst-
gegenstände, namentlich aber auf den Farbenholz -
schnitt, ausüben werde. Die Meinungen, die ich dabei
selbst hörte, waren ganz verschieden. Manche erklärten,
daß der japanische Farbenholzschriitt ganz entwertet
sei, andere wieder, daß der Krieg auf dessen Marktwert
keinen Einfluß haben werde. Es gab aber auch Sammler,
die der Meinung waren, daß, wenn auch der Japandruck
während der Kriegszeit bei Versteigerungen keinen
besonderen Preis erzielen würde, doch bald die alten
Verhältnisse eintreten dürften. Diesen Letzteren neige
ich zu.
Die Kunst ist auf keine einzelne Nation beschränkt,
sie gehört allen Völkern. Sie darf nicht in eine Reihe
mit den Erzeugnissen des Gewerbes und der Industrie,
nicht mit den Naturprodukten gestellt werden, die
den Reichtum eines Landes ausmachen und um den
die Völker miteinander ringen. Man kann Handels -
kriege führen und gegen feindliche Völker die Verrufs -
erklärung, den sogenannten Boykott, erlassen, um deren
finanzielle Kraft zu brechen, vor der Kunst muß der
Boykott Halt machen. Die Schädigung der Kunst
eines Landes schädigt nicht dieses allein, es ist ein
Schaden, den man der Kultur überhaupt zufügt.
Man könnte es nur als blinden Haß bezeichnen, wenn
man den sonst ganz berechtigten Boykott auch auf
die Kunst ausdehnen würde.
Wer die Gelegenheit hätte, alte, bedeutende Meister -
werke unter günstigen Bedingungen zu erwerben und
ließe sie ungenützt, nur weil die Werke von feindlichen
Völkern stammen, der würde töricht handeln. Wenn
die öffentlichen Faktoren so dächten, müßten sie ja auch
aus unseren Museen alle fremden Kunstwerke entfernen
und sie mindestens solange irgendwo bergen, bis wieder
die Zeit kommt, wo sich die Feindschaft der Völker
in Freundschaft wandelt. Aber so denkt zum Glücke
niemand.
Es werden jetzt und späterhin Kunstwerke aller
Völker auf dem Kunstmarkte erscheinen und ihre Lieb -
haber finden und nur die finanzielle Kraft und nicht die
Feindschaft werden beim Erwerb maßgebend sein.
Wenn zur Zeit die Nachfrage nach Japandrucken eine
geringe ist, so erleiden sie nur das Schicksal aller anderen
Kunstsammelgegenstände. Aber der schwächeren Nach -
frage steht beim Japandrucke die große Seltenheit der
guten Blätter gegenüber, die vom Händler zurückgelegt
werden, bis die Kauflust der Sammler wieder erwacht.
Ich glaube nicht, daß es einen Kunsthändler gibt, der
gute Japandrucke verschleudern würde.
Nach dem Kriege wird sich der Kunstmarkt bald
wieder hcb.en und was speziell die Preise des Japan -
druckes anbelangt,, die ohnehin zu hoch w r aren, werden
sie gewiß sich wieder regulieren.
Ich möchte, zur Begründung meiner Ansicht auf
folgendes hin weisen: Wo wurden am meisten Japan -
drucke gesammelt und wo zahlte man die besten Preise ?
In den Vereinigten Staaten Nordamerikas in
erster Linie, dann in ihrem Heimatlande Japan selbst,
das in den letzten Jahren alle Hebel in Bewegung
setzte, um das nachzuholen, w T as früher in dieser
Hinsicht versäumt wurde. Japan sandte Vertreter auf
den europäischen Markt; die den Auftrag hatten, die
k. Oberst d. R. (Wien).
ausgebotenen Blätter für die heimischen Museen anzu -
kaufen. Zu spät waren die Japaner zur Erkenntnis ge -
kommen, daß sie ihrem ureigensten Kunstwerke, dem
japanischen Farbenholzschnitt, nicht jene Beachtung
geschenkt hatten, die ihm zukommt, wobei es natürlich
immer einzelne Sammler im Lande gegeben hat, die zu
den besten Kreisen gehörten. In meinen Mappen be -
finden sich so manche Blätter, die den Stempel solcher
Sammler aufweisen.
Japan hat es nicht leicht, das Versäumte nach -
zuholen. Amerika macht ihm schärfste Konkurrenz.
Die Vereinigten Staaten sind bestimmend für den
Marktpreis und die Japaner müssen tief in den Säckel
greifen, wollen sie den Amerikanern japanische Farben -
holzschnitte abjagen. Der Wettbewerb zwischen Amerika
und Japan wird nach dem Kriege gewiß nicht aufhören,
denn fliese Staaten sind von allen Sammelländern
gerade diejenigen, die durch den Krieg am wenigsten
leiden dürften.
Was die europäischen Sammler betrifft — bedeutende
Sammler befinden sich in Deutschland, England und
Frankreich, einige auch bei uns in Österreich — so
glaube ich nicht, daß deren Kaufkraft infolge des
Krieges derart geschwächt sein wird, daß sie einen
merkbaren nachteiligen Einfluß auf den Kunstmarkt'
ausüben werde.
Die Unlust zum Sammeln von Japandrucken aus
Verachtung gegen dieses so undankbare Land wäre
schlecht angebracht, man würde den Japanern doch
nur einen Dienst erweisen, da sie auf diese Art wieder
billig zu ihren Kunstwerken kommen würden, die sie
einst im Unverstand Sammlern und Museen fremder
Länder überlassen haben.
Eine Besorgnis der Entwertung der Japandrucke
ist also unbegründet. Ich wenigstens mache mir
deshalb keine Sorge, im Gegenteil, ich halte dafür, daß
sie später noch im Werte steigen werden, da sic immer
seltener werden.
Bei dieser Gelegenheit will ich noch etwas erwähnen,
das zwar keinen Bezug auf das bereits Besprochene
hat, jedoch die Sammler des Japandruckes interessieren
dürfte. Mein Bestreben ging stets dahin, meinen Katalog
über den Japandruck so sachgemäß und richtig als
nur möglich zu verfassen. Zu diesem Zwecke trat ich
seit einigen Jahren mit gebildeten, hier sich aufhaltenden
Japanern in Verbindung, die mir hiebei behilflich waren,
doch erst im letzten Jahre hatte ich das Glück, einen
japanischen Kunst Schriftsteller Kito mit Namen,
kennen zu lernen, der selbst Sammler ist, und mit
ihm meinen Katalog nochmals zu überprüfen.
Besagter Kito war einer von den wenigen, die ein
vollkommenes Verständnis für diesen Kunstzweig
zeigten und dem das Lesen der alten japanischen und
chinesischen Schriftarten keine Schwierigkeit bereitete,
was sonst seihst bei hochgebildeten Japanern der Fall
ist, wie ich cs aus Erfahrung weiß.
Und nun der eigentümliche Zufall. Gerade an dem
Tage, wo das japanische Ultimatum überreicht wurde,
behandelte ich mit ihm das letzte Blatt meiner Sammlung.
Das Ultimatum war sozusagen der Schlußpunkt dieser
Arbeit und eine Überraschung von niederschlagender
Wirkung für den Japaner, dem ich einen Sammel -
katalog verdanke, der von einer Vollkommenheit ist,
wie er selten zu finden sein wird.
Nr. 1
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 3
Aus der Kunstgeschichte des Kalenders.
Nun hängen wir wieder den neuen Kalender an
die Wand, dessen mit Bildern gezierte, mit weisen
Sprüchen und schönen Lehren bedruckte Blätter uns
durch alle Tage des Jahres begleiten sollen, und bei
der Betrachtung des mehr oder weniger geschmack -
vollen Reichtums, der sich hier auftut, gedenken wir
der bescheidenen Anfänge, aus denen unser Kalender-
wesen hervorgegangen.
Wie einfach, waren die mittelalterlichen Kalender -
tafeln, die nur über die Zeitpunkte der beweglichen
und der stehenden Feste unterrichten wollten und
nach denen man die Daten der einzelnen Tage fest -
legte. Denn nach den Wochen- und Monatstagen zu
rechnen, wie wir cs tun, hat man erst zu Ende des
15. Jahrhunderts allgemeiner angefangen. Zu den un -
behilflichen und doch so fein beobachteten Monats -
bildchen, die sich allmählich in köstliche Werke der
gotischen Miniaturkunst wandelten, treten in bunter
Mannigfaltigkeit Auskünfte astrologischer und prak -
tischer Natur, in denen nicht nur aus den Gestirnen
die Zukunft kühn ge weissagt wird, sondern in denen
man sich auch über alle Angelegenheiten des Feld-
und Gartenbaues, der Viehzucht, über Heilmittel und
Aderlaß unterrichten kann. Die alljährlichen und an -
geblich „ewigen“ Kalender werden zu den wichtigsten
Aufzeichnungen der Bauernregeln, und noch heute
findet sich wohl hier und da im Kalender das Wetter
für das ganze Jahr und auf jeden Tag vorher be -
stimmt.
Mit der Entwicklung der Buchdruckerkunst nahm
auch das Kalenderwesen einen großen künstlerischen
Aufschwung. In Form von Wandtafeln der ver -
schiedensten Größe, die auf einem Blatt den ganzen
Text vereinigten, sowie von bildergeschmückten Heften
wurden die „Almanachs“ seit der Mitte des 15. Jahr -
hunderts die verbreitetsten Druckerzeugnisse, die in
alle Schichten des Volkes drangen. Sie erzählten
nicht nur vom Kreislauf des Jahres, sondern auch
von - allerlei seltsamen Ereignissen, von Krieg und
Pestillenz, von Sonnen- und Mondfinsternissen und
nahmen in aufgeregten Zeitläuften in Predigt und
.Spott Partei für bestimmte Ideen und Persönlich -
keiten. So boten sie auch dem Künstler mannigfache
Gelegenheit zur Betätigung; Holzschneider und Kupfer -
stecher zierten die Kalender mit würdigen Bildern
und frechen Karikaturen. Kunstwerke höheren Ranges
entstanden auf diese Weise, nachdem die prachtvolle
Volkskunst der Gothik dahingegangen war, haupt -
sächlich in Frankreich und Holland, w r o der Kalender -
zeichner ein geschmackvolles Publikum fand.
In Deutschland wandte man dem Schmuck des
Kalenders erst im 18. Jahrhundert höhere Aufmerk -
samkeit zu, als eine einzigartige und nie wieder erreichte
Blütezeit des Almanachwesens anbrach. Die Aufklä -
rung räumte mit all dem abergläubischen Kram, der
die Kalender bis dahin erfüllt hatte, energisch auf;
die besten Tage zum Purgieren, die Wetterregeln
traten in den Hintergrund, und statt dessen machten sich
neben praktischen Mitteilungen über den Postverkehr,
über Münzen, Gewachte usw. das belehrende und
unterhaltende Element mehr und mehr geltend. Der
Kalender trat nun erst mit der Literatur in enge Be -
ziehung; die Buchform verdrängte die Tafelform
und seit 1720 etwa wird der Almanach ein wichtiger
Teil des Schrifttums, ein ebenso vielseitiges w r ie ak -
tuelles Buch, das besonders den Interessen der Damen
durch Aufnahmen von Gedichten und Modeberichten
entgegenkommt.
Welche Bedeutung der Kalender in der Geschichte
unserer Literatur und besonders in der Entwicklung
unserer klassischen Lyrik spielt, beweist die Tatsache,
daß sich jede neue poetische Richtung von nun an
einen eigenen Kalender schuf, vom Göttinger Musen -
almanach an über den Schillerschen und die zahlrei -
chen romantischen Almanachs bis zu den Musenalma -
nachen der Jüngstdeutschen. Das Rokoko machte
aus dem Kalender ein Buchkunstwerk, das den feinsten
Duft dieses eleganten, das Niedliche und Pikante
betonenden Stils atmet. Die Kalender waren so
winzig, daß sie sogar als Brlocquen an der Uhr ge -
tragen werden konnten; in den seidenen und ver -
goldeten Einbanddecken waren Spiegel und Täschchen
mit Necessaires angebracht, die Almanache mit feinen
und dauerhaften Parfüms getränkt. So wurde der
Damenalmanach zu einem Zierstück des Boudoirs,
und seinen höchsten Reiz verlieh ihm die Kunst des
Kupferstechers, die ihn mit entzückend feinen, auf
kleinster Fläche ein reiches Leben entfaltenden Blättern
schmückte. Der Kalender w-urde damals das belieb -
teste Neujahrsgeschenk. Sein illustrativer Schmuck
bestand gewöhnlich in den Monatskupfern, die aber
in ihren Themen nicht mehr an den Kreislauf des
Jahres anknüpften, sondern völlig freie Stoffe be -
handelten.
Das Wichtigste für die künstlerische Blüte des
deutschen Kalenders hat Chodowiecki getan. Vor
seinem Auftreten hielt sich die Ausstattung der
Kalender in sehr bescheidenen Grenzen. Die Verferti -
gung und der Vertrieb der Kalender lag zwar bereits
seit langem in den würdigsten Händen, denn cs war
ein Privileg der Berliner Akademie der Wissenschaften,
die einen namhaften Teil ihrer Einkünfte aus diesem
Handel bezog. Doch war nicht viel Geschmack bei
den gelehrten Herren zu spüren, bis im Jahre 1770
die Ausführung der Monatskupfer für den genealo -
gischen Kalender Chodowiecki übertragen wurde, der
dafür seine berühmten Illustrationen zu Lessings
„Minna von Barnhelm“ schuf. Jahraus, jahrein lieferte
nun der Meister fast regelmäßig die prächtigsten
Gaben seiner Kunst für diesen Kalender, der dadurch
eine ganz neue Beliebtheit und große finanzielle Er -
folge errang. Auch die Konkurrenzunternehmen des
Berliner Kalenders wußten sich seine Mitarbeit zu
sichern, und so hat er denn fleißig illustriert für den
„Gothaischen Hofkalender“, den Göttinger Taschen -
kalender und den in Lauenburg erscheinenden Groß-
britannischen Historisch - Genealogischen Kalender.
Diese Tätigkeit Chodowieckis bedeutet einen Höhe -
punkt in der Kunstgeschichte des Kalenders, soviel
Schönes auch seitdem sonst dafür geschaffen worden.
Seite
Nr. 1
Internationale Sammler-Zeitung
Interessante Blätter.
Zu welch’ großartigen Erfolgen es die moderne Reproduktionstechnik gebracht hat, davon geben die Blätter
Zeugnis, die wir hier im Bilde wiedergeben.
Fig. 1
Fig. 1 und 2 weisen schon durch die Wahl der Stoffe auf
Canaletto, den letzten großen venezianischen Künstler hin,
dessen Spezialität bekanntlich die Darstellung der malerischen
Prospekte seiner Vaterstadt bildete, ln der ersten Figur wird I
Fig. 2
jeder, der die herrliche Lagunenstadt nur einmal gesehen
hat, auf den ersten Blick den Platz vor dem Pögenpalast
erkennen. Figur 2 zeigt die gegenüberliegende Kirche San
Giorgio Maggiore, einen Renaissancebau von Palladio.
Fig- 3 Fig. 4
. Fig. 3 stellt eine der lieblichsten Schöpfungen Pieter I (Fig. 4) ist von Meindert Hobbema, dem großen Schüler
de Ho o chs, „Die Familie“, dar. Das Landschaftsbild I Ruisdaels, den viele sogar über den Lehrer stellen
Die Blätter wurden uns von der bekannten Kunstfirma S. Le bei in Wien, I., Kolowratring 6 freundliclist
zur Verfügung gestellt. ’
Nr. 1
Seite 5
Internationale Sammler-Zeitung
Das neue Museum der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde.
Die Sammlungen der Gesellschaft der Musikfreunde in
Wien, oie manch einzigartige Merkwürdigkeit enthalten,
haben bisher immer unter Raumschwierigkeiten zu leiden gehabt.
Seitdem die Akademie für Kunst und darstellende Kunst in
ihr eigenes Heim in der Lothringerstraße übersiedelt ist,
ist Raum gewonnen worden, der in erster Linie dem Archiv
und Museum nutzbar gemacht wurde. Viele reiche Schätze
wurden da ans Licht gefördert, die nun der allgemeinen Be -
sichtigung zugänglich sind.
Tritt inan einen Rundgang durch die Sammlungen an,
so sieht man an den Wänden unter Glas und Rahmen allerlei
merkwürdige Theaterzettel und Konzertprogramme. Das
• älteste stammt aus dem Jahre 1780 und ist ganz im Stil der
Hanswurstankündigungen gehalten: „Auf einem ganz seltenen
Instrument“, beginnt der redselige Zettel, „dom Salterio,
wird sich mit Bewilligung eines Hochlöblichen Magistralites
am 23. Januario 1780 die Lautenschlägerin Regine Heist
produzieren. Der Schauplatz ist das goldene Kreuz.“ Der Zettel
verrät noch, daß das Frauenzimmer ganz hurtige Kadenzen
und lüftige Sonaten“ zum besten geben und daß auch eine
„Synphonie, ganz nach jetzgem Gusto, . von einem guten
Meister verfertget“, zu hören sein wird. Preise der Plätze:
Parterre nobile fl. f.—. Die übrigen Plätze 36 bis 12 Kreuzer.
Also ein wohlfeiles Vergnügen nach unseren Begriffen.
Von besonderem Interesse ist für die jetzige Zeit die An -
kündigung einer musikalischen Aufführung in dem Redouten-
saal am 30. Jänner 1801 zum Vorteil der k. k. verwun -
deten Soldaten. „Das Unternehmen", heißt es in dieser An -
kündigung, „unterstützen die von der menschenfreundlichsten
Gesinnung belebten und in dem folgenden Verzeichnis der auf -
zuführenden Stücke bezeichneten berühmten Tonkünstler."
Es handelte sich um keine geringeren als Haydn und Beet -
hoven, die sich opferfreudig in den Dienst der Kriegsfürsorge
gestellt hatten und man sieht aus dieser historischen Reminis -
zenz: Es war im Jahre 1801 genau wie heute und ebenso wie
heute würde schon damals die Kunst der Wohltätigkeit
dienstbar gemacht. Auch Überzahlungen wurden gern ange -
nommen, wie aus folgendem Vermerk erhellt: „Der Eintritts -
preis, welcher der Großmut der Menschenfreunde keine
Gränzen setzet, ist zwey Gulden."
Im Museumssaal, einem hellen, großen und schönen Raum,
sind Raritäten und Merkwürdigkeiten zu sehen, uralte musik -
geschichtliche Werke, auf Pergament geschrieben, mit Noten
und Bildern kunstvoll geschmückt, in Kupfer gestochene Noten
aus dem 17. Jahrhundert und sehr viele Handschriften, von
Bach angefangen bis in unsere Zeit. Ein besonders fesselndes
Stück ist der Erstdruck der Volkshymne, „zum erstenmaie ab-
.gesungen am 12. Februar 1797.“
Einige Beethoven-Reliquien sind da, sein knorriger
Rebstock mit dem Elfenbeinknopf, den Graf Prokescli-Osten
der Gesellschaft geschenkt hat und sein letzter Medizinlöffel,
eine Spende des Herrn Artaria. Da gibt es ferner alle erdenk -
lichen Arten von Musikinstrumenten, ein Klavier von Schumann,
ein Cembalo, das Haydn gehört hat. Es gibt sonderbare Instru -
mente aller Völker, indische, ägyptische, chinesische, siame -
sische; eine Flöte ist darunter, deren Merkwürdigkeit darin liegt,
daß sic — mit der Nase geblasen wird. Ein afrikanisches Saiten -
instrument hat die Form eines Krokodils, an dessen Rücken
die Saiten angebracht sind. Wohin man den Blick schweifen
läßt, überall entdeckt man ein neues, fesselndes Stück.
Das Interessanteste, was die Sammlung aufzuweisen hat,
ist ein Blatt, das auf der einen Seite die Handschrift Beet -
hovens, auf der anderen die Schuberts zeigt. In einem
Artikel „Musikalische Reliquien“, den wir in unserer Nummer
vom 15. Juni 1909 veröffentlichten, teilt Balduin Groller
die Geschichte dieses Blattes mit, die so merkwürdig ist,
daß wir sie hier wiederholen wollen.
Groller schreibt: „Sehen Sie, da ist ein Blatt, so zwischen
zwei Glastafeln gerahmt, daß nach erfolgter Drehung auch die
Rückseite sichtbar wird. Die Vorderseite — es gehen einem
ehrfürchtige Schauer an — weist Beethovens eigenhändige
Niederschrift der Lieder „Ich liebe Dich, so wie Du mich“ auf.
Das Lied ist auf dieser Seite nicht zu Ende gebracht, aber die
Originalhandschrift Beethovens; es ist immerhin schon
etwas und wert der pietätvollen Betrachtung. Damit ist das
Interesse an dem Blatte noch nicht erschöpft. Es weist noch,
von der Hand Franz Schuberts geschrieben, den Vermerk
auf: „Des unsterblichen Beethovens.Handschrift. Erhaltenden
14. August 1817.“ Auf der Rückseite findet sich von Franz
Schubert geschrieben, der Anfang eines seiner Klavierstücke.
Also auf einem Blatt vereinigt die Handschriften von Beethoven
und Schubert!
Die Geschichte ist noch nicht aus. Johannes Brahms war
so glücklich, in den Besitz dieses Blattes zu geraten, und auch
er signierte es: „Johannes Brahms im April 1872“. Also nicht
nur Beethoven und Schubert, sondern auch noch Brahms 1
Die Geschichte ist noch immer nicht aus. Brahms schenkte
das merkwürdige Blatt dem Museum. So gegen zwanzig Jahre
später sitzt Brahms nach alter Gewohnheit wieder einmal in
seinem Stammwirtshause „Zum roten Igel“ am Wildpretmarkt.
Da gesellte sich ein Fremdling zu ihm und weist ihm ein Noten -
blatt vor. Er wisse, daß der Herr der berühmte Brahms sei,
der sich für musikalische Reliquien interessiere. Er selbst wisse
nicht, ob an dem Blatte etwas dran sei, aber es könnte doch
sein und für diesen Fall biete er es zum Kauf an.
Man denke sich das Entzücken Brahms. Das Blatt wies auf
der einen Seite Fortsetzung und Schluß des Beethovenseben
Liedes und auf der anderen Fortsetzung des Scliubertschen
Klavierstückes auf, und alles in der Originalhandschrift.
Einige Notcnzcilen, die noch freigeblieben waren, hatte irgend -
ein sorglicher Vater oder ein Musiklehrer benützt, um wahr -
scheinlich einem Kinde das Wesen der .Noten schriftlich zu er -
klären. Papier mag in der Biedermeierzeit ein seltenerer Artikel
gewesen sein als heute und wurde darum auch bedachtsamer
ausgenützt. Brahms erwarb das Blatt* und schenkte es — es
war im Jahre 1893 — ebenfalls dem Museum.“ In einem
Glaskasten sieht man drei kleine Bruchstücke, von
Schuberts Lied „Der Tod und das Mädchen“ und man
erhält einen seltsamen Kommentar zu den Autographen.
Ein Stiefbruder Schuberts war Kapitular bei den Schotten
und erteilte im Gymnasium des Stiftes Religionsunterricht.
P. Hermann war im Besitze der Originalhandschrift des
Liedes und er führte sie einer ganz sonderbaren Verwen -
dung zu. Alljährlich wenn ein Abiturient besonders schön
maturiert hatte, schnitt er ein Stückchen von der kost -
baren Handschrift herunter und zeichnete damit den glück -
lichen Prüfungskandidaten aus. Drei dieser Stückchen hat
nun das Museum wieder cingebracht.
Seite 6
Nr. 1
Internationale Sammler- Zeitung
Der Krieg und der Antiquitätenhandel.
Von S. Glückselig (Wien).
Es .kommt immer anders!
Kurz nach Ausbruch des Krieges wurde allgemein
angenommen, daß Antiquitäten einem großen Preis -
sturz entgegengehen. Es gab wohl einzelne seriöse
Sammler, welche das Gegenteil behaupteten, ihnen
wurde jedoch widersprochen und eine ganze Anzahl
von Gründen entgegengehalten, warum Antiquitäten
im Preise sinken müßten. Es wurde namentlich ins
Treffen geführt, daß die alte Kunst „überwertet“
wurde, daß die Eigentümer von Sammelgegenständen
aus finanziellen Gründen gezwungen sein würden,
Objekte abzugeben u. dgl. m. Angst- und Zwangs -
verkäufe wurden prophezeit. Nichts von alledem ist
eingetreten. Gerade das Umgekehrte ist der Fall. Man
bringt sehr wenig auf den Markt und was da kommt,
hat keinen ursächlichen Zusammenhang mit dem
Kriege." | | ;) -
Da war wieder einmal der Wunsch der Vater des
Gedankens. Man glaubte eben billiger zu auserlesenen
Objekten zu gelangen, die — anderen gehören, denn
die eigenen Sachen gibt man ja nicht weg, da sie bereits
bezahlt sind.
In dem letztgenannten Moment liegt übrigens auch
der Grund dafür, daß der Händler gute Waren selten
mit Schaden absetzt. Der Händler hat in der Regel keine
oder nur geringe Schulden und kann, von Gläubigern
nicht gedrängt, die bessere Konjunktur abwarten.
Er ist nicht bemüssigt, die Ware um jeden Preis los -
zuschlagen und tut es eben nicht. Also mit der Illusion
von billigen Antiquitäten ist es wieder einmal nichts.
Natürlich ist infolge der schweren Zeit der Kunst -
handel sehr reduziert, da zunächst noch die richtige
Stimmung zum Kaufen fehlt. Aber hoffentlich dauert
es nicht mehr lange, bis ein Wandel zum Besseren sich
vollzieht.
Zu bedauern sind eigentlich nur die Marchands
amateurs. Verkaufen können die Herrschaften jetzt nicht
und billige Einkäufe können sie trotz des. Krieges
auch nicht machen. Bei Eintritt ruhigerer Zeiten
werden die Sammler vorsichtig sein müssen, denn
da wird ihnen gnädigst manches Stück „unter der Hand
angetragen“ werden. Wenn die Sachen alt und echt
sind, ist es ja noch gut, aber wenn es sich um Fälschungen
handelt, wird der gute Freund nicht zur Verantwortung
herangezogen werden können.
Schade ist es um den Verlust von so vielen hervor -
ragenden Kunstobjekten, die in Galizien, in Belgien
und in Rußland zugrunde gingen. Viele, viele Millionen
Werte sind dahin, welche nicht mehr zu ersetzen sind.
Ich spreche nicht von gestohlenen Objekten, die doch
früher oder später wieder auf dem Markte auftauchen
werden; nein, ich habe die Objekte im Auge, die durch
Feuer, durch die Zerstörungswut der Feinde, durch
Unverstand verloren gingen. Man darf aber nicht zu
viel daran denken, da man schwermütig darüber werden
könnte.
Alexander Sclmütgen.
Aus Köln wird uns geschrieben:
Durch die deutsche Presse ging dieser Tage die be -
trübende Kunde, daß Domkapitular Professor Dr. Alexander
Schnütgen, im Alter von 71 Jahren gestorben sei. Die
Nachricht bewahrheitet sich erfreulicherweise nicht, und
es ist aufs innigste zu wünschen, daß der verdienstvolle
Kunsthistoriker und Sammler christlicher Altertümer, uns
noch lange erhalten bleibe.
Der gelehrte Priester ist durch seine einzigartige Sammlung
von Werken kirchlicher Kunst, die jetzt das städtische Museum
in Köln schmückt, weit über die Grenzen seiner Heimat-
provinz hinaus bekannt und berühmt geworden.
Zu Steele a. d. Ruhr geboren, studierte Schnütgen in
Münster und Tübingen, später auf den Priesterseminaren von
Löwen und Mainz, um in den geistlichen Stand zu treten.
Schon damals galt sein Interesse vorzugsweise den Schätzen
christlicher Kunst; später, als Domvikar und Domkapitular
in Köln, hatte er Gelegenheit, sich ganz in deren Studium zu
versenken und, durch persönliche Wohlhabenheit begünstigt,
teils an seinem Wohnorte selbst, teils auf ausgedehnten Reisen
wertvolle Werke dieser Art in großer Zahl zu erwerben. Durch
fortgesetzte Ankäufe gelang es ihm, eine Sammlung von Tafel -
bildern und Glasgemälden, Plastiken, Metallgefäßen und Kultus -
geräten, Meßgewändern, Stickereien usw. zusammenzubringen,
die in dieser Vollständigkeit wohl einzig dasteht und die die
Entwicklung der altchristlichen Kunst bis zur Reformation
in unübertrefflicher Weise veranschaulicht. Vor etwa fünf
Jahren schenkte er seine kostbaren Schätze der Stadt Köln,
die sie in einem eigens dazu erbauten, im Oktober 1910 eröffneten
Flügel ihres Kunstgewerbemuseums aufstellte und den hoch -
herzigen Spender zu ihrem Ehrenbürger ernannte.
Durch seine vieljährige Beschäftigung mit den Werken
christlicher Kunst hat sich Schnütgen allmählich zu einem
der ersten Kenner auf diesem Gebiete lierangebildet, dessen
Rat und Urteil von Fachleuten des In- und Auslandes vielfach
eingeholt wird. Als Kunstscliriftsteller ist er namentlich
wegen seiner ausgezeichneten, in ihrer Art mustergültigen
Kataloge seiner und anderer Sammlungen geschätzt. Auch die
„Zeitschrift für christliche Kunst“, die er seit dreißig Jahren
herausgibt, und andere kunstwissenschaftliche Fachblätter
\erdanken ihm wertvolle Beiträge. Im Jahre 1903 ernannte
ihn die katholiscli-theologi sehe Fakultät in Münster zum Ehren -
doktor; 1909 verlieb ihm die philosophische Fakultät der jetzt
vielgenannten belgischen Universität Löwen die gleiche Würde.
Eine Reihe von Jahren hielt der gelehrte Forscher, der sich bei
seinen Mitbürgern in Köln höchster Verehrung erfreut,
und den auch Kaiser Wilhelm wiederholt durch Beweise
seiner Gunst auszeichnete, als Honorarprofessor an der Univer -
sität Bonn Vorlesungen über Archäologie der christlichen Kunst.
Nr. 1
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 7
Kriegstrophäen.
Man berichtet uns aus München:
Das Armeemuseum, das am zweiten Weihnachts -
tage wieder eröffnet wurde, bietet eine interessante
Ausbeute an Kriegstrophäen, die von den wackeren
bayrischen Truppen auf dem westlichen Kriegsschau -
plätze erbeutet wurden.
Da ist ein automatisches Maschinengewehr
(System des amerikanischen Obersten Levis), das
hauptsächlich zur Verwendung gegen und in Luft -
zeugen geeignet erscheint. Es stellt ein leichteres,
für den Handgebrauch konstruiertes selbsttätiges Ge -
wehr mit 50 Patronen auf einer Trommel dar.
Durch den Major Roser des 4. Reserve-Infanterie -
regiments wurde ein von seiner Kompagnie am 25. Au -
gust im Gefecht am Col de Sainte Marie in den Vogesen
eroberter französischer Heliographe deCampagne
M. 09 dem Museum überwiesen. Eine weitere Sehens -
würdigkeit bietet ein vom 15. Infanterieregiment er -
beuteter französischer Infanteriebrustschild. 50 mit
solchen Harnischen ausgerüstete Franzosen versuchten
am 11. November einen Überfall beim Wäldchen bei
Herbecourt. Der Brustschild zeigt den auf 150 Meter
abgegebenen tödlichen Brustschuß, beiderseits die
Spuren abgeglittener Einschüsse. Ebenfalls vom I. A.-K.
stammt ein von Major v. Weinreich selbst abgerissenes
Stück der Kapitulationsflagge vom Fort Manon-
villers. Das 3. Bataillon des Reserve-Infanterie -
regiments Nr. 12 hat eine Sammlung von Amuletten
der Senegalschützen eingesandt, welche am
24. Oktober auf die 9. Kompagnie in der Stärke von
800 Mann einen Angriff unternommen hatten. Bei den
200 vor der Front tot liegen gebliebenen Schützen
fanden sich allerlei wunderliche Gegenstände von
religiöser Bedeutung, wie Armringe, Kaurimuscheln,
Säckchen in der Art unserer Brustbeutel mit geweihter
Erde usw.
In einem Glaskasten dürfte das englische kurze
Lee-Enfield-Gewehr M./1903 mit Seitengewehr und
Munition ein besonderes Interesse erregen. Es hat
Zylinderdrehverschluß und Mittelschaftsmagazin mit
abnehmbarem Kasten für 10 Patronen. An der rechts
in der Hülse angebrachten Sperre (Einrichtung für
Einzelfeuer) befindet sich in dem Röhrchen die Vor -
richtung zum Herstellen von Dum-D um-Geschossen
durch Abbrechen der Spitzen). Die Visiereinrichtung
besteht aus einem Nahvisier (Gleitkurvenvisier von
180 bis 1800 Meter) und einem seitlichen Fern visier
(Diopter) von 1400 bis 2600 Meter. Die Kimme ist durch
Schrauben zum Ausgleich des Windeinflusses verstellbar.
Kaliber 7'71 Millimeter, ganzer Handschutz. Es ist
die kürzeste der modernen Infanteriehandfeuerwaffen,
L13 Meter (gegen L25 Meter deutsches Infanterie
gewehr M. 98), mit der Bestimmung als Einheitswaffe
für alle Waffengattungen zu dienen.
In den Nischen der Kuppelhalle fallen zwei mächtige
und sehr geschmackvolle Wanddekorationen, her -
gestellt aus einzelnen Teilen des französischen
Gewehres sowie ein gleichartiger Stern auf. Diese
Stücke sowie die im Erdgeschoß befindliche englische
Feldkanone M. 1904 (18 Pfund) mit Protze und die
an den Pfeilern der Kuppelhalle aufgebauten franzö -
sischen Artilleriegeschosse, Kaliber 31—63 Zentimeter,
wurden vom Generalkommando 1. b. Res.-A. K. dem
Museum überwiesen.
Von den Säulen der durch Entfernung der Fenster -
blenden an der Westseite lichtgewordenen Kuppelhalle
wehen neben den im gegenwärtigen Kriege eroberten
Fahnen vier vom 6. bayrischen Infanterieregiment
erbeutete alte französische Fahnen, in denen
die Regimentsgeschichte der französischen Jäger zu
Fuß verkörpert ist. Die Trophäen wurden in der Kaserne
der Chasseurs ä Pied in Chauvoncourt (St. Mihiel)
erbeutet und an das Armeemuseum abgeliefert. Am
rechten Flügel hängt das älteste Stück aus der Zeit
Ludwigs XVIII. Das Blatt zeigt ein weiß eingefaßtes
schwarzes Kreuz auf rotem Grunde und goldenen Lilien;
die Inschrift lautet: aut vincere aut mori. (Entweder
siegen oder sterben.)
Es folgt eine Streifenfahne in den französischen
Farben mit dem Namenszuge Louis Philipps. Als
Spitze dient der gallische Hahn, auf der das Wort
„France“ tragenden Kugel. Inschrift der Vorderseite:
Le Roi des Francais aux Chasseurs ä Pied; der Rückseite:
Honneur et Patrie.
Die dritte Fahne hat in den Ecken das L. N. und
als Spitze den Adler. Die Vorderseite lautet: Louis
Napoleon, die Rückseite: R. F„ darunter die Schlachten -
namen in Algier und Italien: Monzaia 1840, Isly 1844,
Fedjenna 1845, Rome 1849, Zaatcha 184':.
Die letzte Fahne stammt aus der Kaiserzeit. Die
Widmung lautet: L’empereur Napoleon; auf der Rück -
seite liest man die Worte: „Valeur et Diseipline“.
Haager Porzellan.
In der letzten, am 14. Dezember v. J. abgehaltenen
Sitzung der Archäologischen Gesellschaft in Amster -
dam hielt der Museumsdirektor Dr. H. E. van Gelde einen
interessanten Vortrag über die Geschichte des Haager Por -
zellans, die bekanntlich bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts
zurückreicht.
Der Gelehrte führte aus: Die im Haag im Jahre 1776
errichtete Porzellanfabrik war nicht die erste im Lande; älter
als sie ist die von und für Amsterdamer Regenten 1764 im
Weesp bei Amsterdam gegründete. Es gehörte im 18. Jahr -
hundert zu dem notwendigen Dekorum eines Hofes, eine
Porzellanfabrik zu unterhalten; der Hof im Haag durfte natür -
lich nicht zurückstehen, zumal da ihm die Amsterdamer Patri -
ziergeschlechter, zu denen man im Haag immer in einem ge -
wissen Gegensatz stand, schon zuvor gekommen waren. Außer
dem versprach man sich auch finanzielle Vorteile von einer
solchen Unternehmung. Nun ist die Gründ ung der Haager Manu -
faktur nicht direkt vom Hofe ausgegangen, aber der Statt -
halter Wilhelm V. und seine Familie waren doch daran be -
teiligt. Er zeichnete selbst als erster verschiedene Anteile und
die Herren, die den Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft der
Haager Fabrik bildeten, standen dem Hofe sehr nahe. Unter
den Bestimmungen, die auf den noch erhaltenen Obligationen
abgedruckt sind, ist eine sehr merkwürdige, nämlich die, daß
die Erzeugnisse der Fabrik um 33 Prozent, also ein Drittel
billiger, verkauft werden mußten, als die Meißener Fabrikate;
den praktischen Zweck, dem deutschen Porzellan Konkurrenz
zu machen, verlor man also nicht aus dem Auge.
Seite 8
Nr. 1
Internationale Sammler - Zeitung
Der Mann, dem man die Leitung der Fabrik anvertrauet
und der die Seele des Ganzen wurde, war ein Deutscher,
A. Lyncker, der schon seit mehreren Jahren mit deutschem,
speziell sächsischem Porzellan im Haag Handel trieb und auf
den Haager Kirmessen einen flotten Stand hatte. Dieser
Lyncker hatte wahrscheinlich auch mehrere deutsche Arbeits -
kräfte, die in der Herstellung und Bemalung von Porzellan
Erfahrung besaßen, aus seinem Vaterlande mitgebracht oder
hergerulen. Denn in dem Jahre vor der Eröffnung der Fabrik,
1778/79, ließen sich verschiedene Por'zellanarbeiter im Haag
nieder, die vorher in Frankenthal und in Höchst tätig ge -
wesen waren. Es ist daher nicht zu verwundern, wenn auf eini -
gen Erzeugnissen der Haager Manufaktur die Bemalung und
die Farbengebung an deutsche Vorbilder erinnern. Doch ent -
wickelt im allgemeinen die Haager Fabrik in der Bemalung
die meiste Eigenart und ihren Hauptreiz, während gerade
die Formen oft der Fremde entlehnt oder sogar in der Fremde
hergestellt waren. So gibt es Haager Stücke, die offenbar
in Ansbach fabriziert und im Haag nur bemalt worden sind,
bei denen das A der Ansbacher Fabriksmarke in den Storch
des Haager Merkzeichens verändert worden ist. Tn anderen
Fällen findet sich die Haager Marke, ebenso wie der Dekor, mei -
stens unter-der zweiten Glasur. Ebenso ist man mit aus
Tournai (Doornik) stammenden Produkten verfahren. Doch
sind die Haager Arbeiten nichts weniger als Plagiate, sie haben
im Gegenteil ihren ganz eigenen Charakter, und die fremden
Stücke, die ihnen als Vorbild oder als Rohmaterial dienten,
sind mit feinem Gefühl in etwas ganz Neues umgewandelt
worden, so daß man hier von einem „Veredelungsverkehr"
sprechen kann.
Bis 1778/79 beschränkte sich die Tätigkeit der Haager
Fabrik auf das Dekorieren des von auswärts gelieferten weißen.
Porzellans; erst von da ab wurde das Porzellan in der Fabrik -
selbst hergestellt; vom Jahre 1784 an verlegte man sich wieder
ausschließlich auf das Bemalen.
In finanzieller Hinsicht hielt die Fabrik nicht, was man sich-
von ihr. erhoffte. Ob der junge Johann Franz Lyncker, der
1781 seinem Vater in der Leitung der Fabrik folgte, und der
ein echter Industrieritter gewesen zu sein scheint, seiner Auf -
gabe nicht gewachsen war oder ob die Konkurrenz zu groß
war, bleibe dahingestellt. Sicher ist, daß der junge Lyncker
in immer größere Zahlungskalamitäten geriet, so daß er sich
1789 sogar genötigt sah, den Haag zu verlassen. Er kehrte
dann aber bald zurück, um noch einmal sein Heil mit der Fabrik
zu versuchen. Doch vergeblich! Von den Gläubigern bedrängt,
ging er schon im nächsten Jahre zum zweitenmal davon,
Diesmal auf Nimmerwiedersehen! Damit hatte die Haager
Manufaktur ein Ende.
Lyncker, der sich nach seiner Verheiratung mit der belgi -
schen Baronesse de Colyn de Beusdaal den Adelstitel bei -
gelegt hatte und der als Herr v. Lyncker den Titel Landgräflich-
Hessischer Legationsrat erhalten hatte, kommt als solcher
bis 1812 in Darmstadt vor. Das Haager Porzellan, das natür -
lich hauptsächlich im Haag und in Holland seine Abnehmer
fand, wurde, wie man aus notariellen Akten jener Zeit ersieht,,
auch vielfach nach der Türkei exportiert.
Die bedeutendsten Sammlungen Haager Porzellans befinden,
sich imHaag: im Städtischen Museum, das in den letzten Jahren
unter seinem neuen Direktor zahlreiche schöne Stücke erwerben
konnte und beim Baron JUDr. J. A. N. van Zuylen van
N ycveld.
Amulette.
Man schreibt uns aus Berlin:
Eine der Wirkungen des Krieges ist, daß er die
Gemüter willig macht, sich zum Übermenschlichen,
Allgewaltigen und Rätselvollen hinzuneigen. Sinn -
fälliger Ausdruck dieses Gemütsbedürfnisses sind auch
die Amulette, die nach altem Glauben ihren Träger
Vor Verwundung schützen und, für unsere Krieger be -
stimmt, jetzt in den Läden zu sehen sind.
Uralt und in allen Läden heimisch sind die
„Svastika-Kreuze“; sie veranschaulichen zwei
kreuzweis übereinandergelegte Reibehölzer, führen
also auf die dem Menschen der Frühzeit heilige
Macht des Feuers zurück. Die hübschen Svastika-
Kreuze sind aus farbigen Steinen geschnitten, in
Silber oder Email gearbeitet, Anhänger, besonders
aber Broschen, so daß sie wohl auch von den Krie -
gern Frauen zum Andenken gegeben werden.
Auf den Glauben des Nil'ardes gehen die kleinen
Skarabäen, Abbildurgen des den Ägyptern heiligen
Pillendreher.den Käfers, zurück. Weniger zierlich als
diese der Fremde entnommenen Amulette wirkt ein
aus der deutschen Vergärgenheit geholtes, der Ham -
mer Thors. Der Sohn Odins gebraucht ihn, den
Donner zu erzeugen, aber auch, die Unholde zu be -
kämpfen und die Kultur zu schützen; er scheint also
recht eigentlich gegen unsere Feinde gemünzt. Die
Runenzeichen für „Minne“, das ja zunächst „Ge -
denken“, „Erinnerung“ bedeutet, sind ihm einge-
prägt.
Daß alles, was das Volk gemeinhin als glück -
bringend ansieht, unter den Schutzbildern gut ver -
treten ist, nimmt nicht wunder. Weiße Elefanten,
Schweinchen, Marienschäfchen gibt das Tierreich her,
Pilze und Vierklee die sprießende Welt. Neben allerlei
kabalistischcn Zeichen scheint die aus einem Rund -
stück geschnittene Zahl „13“ gegen den Aberglauben
scherzhaft Widerspruch zu erheben.
In der Gesellschaft der überlieferten Formen
wirken mit neuem Reiz jene Münzamulette, die
rein aus dem Geschmack unserer Tage fließen. Der
heilige Christopherus, der den Christusk naben auf der
Schulter durch die Flut trägt, schmückt eine Münze,
die als Amulett für Autofahrer gedacht ist. Einem
länglichrunden Kiicgstalisman ist auf der einen Seite
der Erzengel Michael, der Hüter des Reiches, auf der
andern ein „Gott schütze dich“ aufgeprägt. Den
Spendern dieser widerstandsfähigen Amulette mag.
wohl, in der Erinnerung an manche Berichte von
Kugeln, die von Geldstücken, Uhren und ähnlichen
kleinen Hindernissen abprallten, etwas wie eine körper -
liche Talismanwirkung vorschweben.
Nr. 1
Seite 9
Internationale Samm ler - Ze’tung
Kriegsdokumente 1870.
Ausstellung in der Königlichen Bibliothek in Berlin.
Aus Berlin wird gemeldet:
Im Jahre 1870 legte im Aufträge Wilhelm I. der Hofrat
Louis Schneider eine Sammlung von Dokumenten des
Krieges in Frankreich an, die später von der Königlichen Biblio -
thek übernommen und außerordentlich erweitert wurde.
Eine Auswahl aus dieser Sammlung, der sich schon zahlreiche
Dokumente des Weltkrieges 1914 an die Seite stellen, ist jetzt
als erste Ausstellung der Königlichen Bibliothek der allgemeinen
Besichtigung zugänglich gemacht worden.
Die Wände des weiten Saales hat Bibliotheksdirektor
Dr. Meister, der Verwalter der Sammlung, mit Maueransclilägen
und Reproduktionen von Schlachtenbildern geschmückt.
Die wichtigsten Proklamationen der französischen Regierung
sind da vereinigt. Von der pomphaften Proklamation Napo -
leons an seine Soldaten: ,,Je viens me mettre ä voire töte pour
de fendre l’honneur et le sol de la patrie. .. Soldats, que chacun
fasse son devoir, et le dieu des armees sera avec vous!" bis
zu dem Aufruf Victor Hugos an die Deutschen, in dem er
sie beschwört, Paris, die Hauptstadt der Welt, zu schonen.
Dazwischen hängt ein Plakat aus der Zeit der Besetzung von
Paris, in der ein großes Militärkonzert des ersten Schlesischen
Grenadierregiments Nr. 10 in der Brasseric Nouvelle auf der Ile
St. Denis — Eintritt 1 Franken — angekündigt wird und
ein anderer großer Anschlag, in dem ein Herr Thobois
der staunenden Mitwelt verkündet, daß er die Lenkbarkeit der
Luftschiffe erfunden habe und sich anheischig mache, Deutsch -
land binnen kurzem zu vernichten, wenn man —■ ja, wenn man
ihm das nötige Geld zum Ausbau seiner Erfindung zur Ver -
fügung stellen wolle. Die Sache scheint sich aber nicht gelohnt
zu haben.
Überaus reichhaltig ist die Sammlung der Karikaturen;
die der französischen Blätter ist überhaupt die größte der Welt.
Meistens beschäftigen sie sich mit dem Kaiser selbst und mit
Bismarck, Moltke und der Kronprinz sind seltener zu sehen,,
dagegen wird die ganze Schale des Zornes nach dem Tage
von Sedan über Napoleon ausgeleert.
Von den Schlachtorten und einzelnen Episoden sind eine
Menge von zum Teile trefflichen Handzeichnungen vorhanden.
Auch interessante Zeitungsnummern und Extrablätter liegen
aus, darunter eine Nummer des „Figaro“, in der ein vollständig
faksimilierter Brief Bismarcks an seine Gattin wiedergegeben
ist. Daneben liegen Gedenkblätter, Pamphlete, Broschüren
und Kriegsgeschichten in allen möglichen Sprachen, unter
ihnen auch eine mit vielen hübschen Holzschnitten ge -
schmückte japanische.
In einer besonderen Vitrine sind die Autogramme der
Männer jener Zeit vereint, als Hauptstücke dabei die Original-
Niederschriften von Schneckenburgers „Wacht am Rhein“
und Hoffmann v. Fallerslebens „Lied der Deutschen“.
Wie dieses Lied an die Öffentlichkeit kam, erzählt ein daneben
liegendes Tagebuchblatt von Hoffmanns Aufenthalt im Jahre
1841: Am 29. August spaziere ich mit Campe (dem bekannten
Hamburger Verleger) am Strande: „Ich habe ein Lied gemacht..
Das kostet aber 4 Louisdors.“ Wir gehen in das Erholungs-
zimmer, ich lese ihm: „Deutschland, Deutschland über alles", und
noch ehe ich damit zu Ende bin, legte er mir die 4 Louisdors aüf
meine Brieftasche. Neff (der Stuttgarter Verleger) steht dabei,,
verwundert über seinen großen Kollegen. Wir beratschlagen,
in welcher Art das Lied am besten zu veröffentlichen. Campe
schmunzelt: „Wenn es einschlägt, so kann es ein Rheinlied
werden“ (um das gerade damals ein Wettbewerb ausgeschrieben
war). „Erhalten Sie die Becher, muß mir einer zukommen."
Ich schreibe es unter dem Lärm der jämmerlicher. Tanzmusik ab,
Campe steckt es ein, und wir scheiden.“
Die Versteigerung der Sammlung Havemeyer in New-York.
Die erste Gemäldeauktion dieser Saison, die in New-
York abgehalten wurde, betraf die Versteigerung von 84 Öl -
bildern, die der Mrs. Theodore Havemeyer gehörten; sie
fand am 18. November durch die American Art Galleries statt.
Zwar wurden im ganzen für die 84 Stück nur 30.000 Mark
erzielt, aber es ist immerhin bemerkenswert, daß in den jetzigen
Verhältnissen auch wenig bedeutende Stücke Käufer fanden
und bessere immerhin doch zu leidlichen Preisen abgingen.
Die Tatsache zeigt, daß der Kunstmarkt in New-York nicht
ganz darniederliegt.
Nachstehend die erzielten Preise:
Kat.-Nr.
1 Charlemont E., Interessanter Brief
2 Gaume H., Dame mit Fächer
3 Jutz C., Hühner
4 Fauvelet J., Stilleben
5 Frühitalienische Schule, Madonna mit dem
Kinde
8 Berry (?) H., Erwartung
7 Conrad R., Freude
8 Jacquet J. G., Frauenkopf .
9 Jutz C., Der Weg der Welt
10 Thoren, O. v., In der Bar
11 Troyon C., Schafe
12 Boucher (nach), Allegorische Figur
13 Unbekannter Meister, Sommerzeit . . . .
14 Pettenkofcn, Sonnenaufgang
15 Miiller-Ury, Symphonie in W T eiß ......
Dollar
50-—
17-50
52-50
45"—-
15-—
12-50
io-—
32-50
30- —
55" —
135" —
10" —
15"—-
105- —
15- —
Kat.-Nr.
16 Goupil J. A., Porträt
17 Moderne französische Schule, Heimwärts
IS Lossow H., Crimson und Gray
19 Ditgcheiver A., Nebel im Hügelland . . . .
20 Lossow H., Toilette
21 Amberg W., Pose
22 Lion J. M., Der Mönch
23 Schleich Ed., Die Furt
24 Ethofer T., Marktplatz, Süditalien
25 Delarochc P. H., Porträtstudie
26 Achenbach O., Cbigi Park
27 Altflämische Schule, Mythologische Dar -
stellung
28 Ranzoni G., Landschaft mit Rindern . . . .
29 Brissot de Warville F., Die Herde . . . .
30 Lessing C.‘F., Vorüberziehendes Gewütter . .
31 Wehli M., Im Gebirge
32 Sclrcidlin, Wiidpret
33 Scheidlin, Wiidpret
34 Horsfal L., Landschaft
35 Thoren,'O. v., “Auf der Farm
36 Dargelas H., Die Herausforderung
37 Maffei, G. v., Regen und Sonnenschein . . .
38 Frühe englische Schule, Heimtrieb der Herde
39 Ethofer T., Frömmigkeit
40 Müller-Ury A., Marguerite
41 Leygue E., Ägypterin
42 Müller-Ury A., Stilleben, Rosen
Dollar
35- —
12-50
42-50
37-50
27-50
40-—
32-50
260"—-
30- —
30" —
125"—-
20" —
60"—-
52-50
85‘ —
35- —
12-50
12-50
52-50
110- —
52-50
32-50
32-50
35- —
25- —
22-50
12-50
Seite 10
Internationale Sammler- Zeitung
Nr. 1
Kat.-Nr. D° llar
43 Wallehin B„ Wallachisches Landmädeben . . 20 - —
44 Müller-Ury, Porträt eines Kindes. Zurück -
gezogen.
45 Willems F., Dame mit Blumen ....... 50' —
46 Frühe italienische Schule, Madonna mit
dem Kinde 0‘ —
47 Verlat M. C., Der Eindringling 300’ —
48 Feyen E., Brotgewinner 170' —
49 Probst Carl, Weg gebahnt 70*—•
50 Bangen Jons, Stilleben 17'50
51 Berger J. V., Rudolf II. und Kepler 150‘ —
52 Delaunay J. E., Musik 32'50
53 Müller-Ury A., Stilleben, Blumen 12'50
54 Huber Chris., Rinder 105' —
55 Schrodc A., Schafe 30' —
56 Berres, J. v., Aufenthalt 70* —
57 Berres, J. v., Die Reiter . 60’—■
58 Jettei E., In der Falle 100' —
59 Adam Franz, Rast der Pferde 67'50
60 Riebet L., Landschaft bei Fountaineblenu . . 400"—•
61 Flueggen J., Im Zwielicht 35' —
62 Meissner E. A., Junger Hirt mit Herde . . . 125' —
63 Gierymski Max, Ritt zur Jagd 80'—-
Kat.-Nr.
64 Müller-Ury A., Im Theater
65 Rumpler F., Treue Freundschaft •
66 Italienische Schule des 16. Jahrhunderts,
Kreuzabnahme
67 Robinet P., Die Schlucht
68 Petter F. X:, Blumenstilleben
69 Petter F. X., Blumenstilleben ........
70 Beuckelaer J., Fischstilleben
71 Berres, J. v., An der Tränke
72 Schendel, P. van, Markt am Abend . . . .
73 Heullant F. A., Anbeter
74 Heullant F. A„ Am Bache
75 Stevens A., Letzte Zusammenkunft . . . .
76 Ribarz, Landschaft
77 Ribarz, Landschaft
78 Bad in J. J., Die Königin von Saba
79 Maillart, D. U. N., Der junge Musikant . . .
80 Canon H. J., Die Wilddiebe
81 Berres, J. v., Die Stadt
82 Makart Hans, Beim Baden überrascht . . . .
83 Achenbach A., Rückkehr der Fischerboote. .
84 Cermak J., Episode aus einem Massaker in
Syrien
Dollar
37-50
145' —
70-—
32-50
25- —
25'—
20" —
95'—
HO' —
140' —
90' —
200' —
55" —
57"50
95' —
350' —
100' —
220" —-
310' —
400' —
350' —
Chronik.
Ansichtskarten.
(Original-Künstlerlithographien.)' Aus Wien wird
uns berichtet: Das Kriegshilfsbureau des Ministeriums des In -
nern, das seit Beginn des Krieges Kriegsansichtskarten auf photo -
graphischer Grundlage herausgibt, bringt nunmehr Ansichts -
karten nach künstlerischen Entwürfen in Vertrieb. Zu diesem
Zwecke hat ein „Komitee bildender Künstler im Dienste der
Kriegshilfe" sich dem Kriegshilfsbureau zur Verfügung gestellt,
in dem die drei größten Künstlervereinigungen Wiens, die
Genossenschaft bildender Künstler Wiens durch Maler Heinrich
Rauchinger und Baurat Karl Seidl, die Vereinigung der
bildenden Künstler Österreichs „Sezession" durch die Maler
Friedrich König und Maximilian Liebenwein-, die Künstler -
vereinigung „Hagen-Bund" durch Professor Josef Beyer
und Dr. Rudolf Junk vertreten sind. Rauchinger ist Vorsitzen -
der, Schriftführer Bezirksrichter Dr. Stephan Moldauer;
als sachverständiger Beirat steht dem Komitee der Lithograph
Albert Berger zur Seite. Die Ansichtskarten, durchwegs in
mehrfarbigem Steindruck hergestellt (Original-Künstlerlitho -
graphien), sollen in ihrer Gesamtheit eine illustrierte Geschichte
dieses Krieges, ein Spiegel unserer großen Zeit werden. Die
Beteiligung der Künstler ist eine sehr rege. Von 44 Künstlern
wurden 23 Entwürfe für die Adreßseite und 84 Entwürfe für
die Bildseite überreicht. Vorläufig wurden 9 Entwürfe zur
Vervielfältigung bestimmt. Die künstlerischen Kriegsansichts -
karten werden in den nächsten Tagen zum Preise von 20 Hellern
per Stück zur Ausgabe gelangen. Der Reinertrag kommt den
allgemeinen Kriegsfürsorgezwecken (Rotes Kreuz, Kriegshilfs-
bureau des Ministeriums des Innern, Kriegsfürsorgeamt des
Kriegsministeriums) und dem Künstlerhilfsfonds zugute.
(Deutsche Kriegskarten.) Auf Befehl des deutschen.
Kaisers hat die Berliner Firma Liersch & Komp, vier Ansichts -
karten nach Liclitbildaufnahmen von den zerstörten Panzer -
befestigungen in Lüttich hergestellt. Die Karten sind in
schönem Lichtdruck ausgeführt und zeigen bis in Einzelheiten
sehr deutlich, welche ungeheure Wirkung ein einziges Geschoß
der gefürchteten 42 Zentimeter-Mörser in den Festungsanlagen
hatte.
Autographen.
(Deutsche Dichter und Schriftsteller.) Zu Weih -
nachten hat Karl Ernst Henrici in Berlin einen Katalog
von Autographen deutscher Dichter und Schriftsteller er -
scheinen lassen, der manches interessante Stück aufweist.
So ist Sebastian Fran c k durch einen zweiseitigen, „An ein
Bürgermeister und fünff geheime Räthe der Stadt Ullm“ ge -
richteten Brief vertreten, der einen wichtigen Beitrag zu der
Lebensbeschreibung des Dichters bildet. Von E. Th. A. Hoff-
mann, dem genialen Schriftsteller, Zeichner und Musiker,
finden wir einen Brief an seinen Verleger (Reimer), dem er die
Anfangs- und Schluß Vignetten sowie die Manuskripte seines
und des Fouqueschcn Märchens übersendet. Er hofft, schreibt
Hoftmann, daß man das Büchelchen den Berliner Kindern
zu Weihnachten wird bescheren können. Goethe figuriert
mit sechs Nummern, von denen drei Briefe betreffen. Eine
Nummer verzeichnet ein amtliches Dokument, das nur die
Unterschrift des Dichterfürsten trägt, während die zwei anderen
Bibliothekszettel sind. Es wird interessieren, daß diese Zettel,
die nur wenige Worte von der Hand Goethes enthalten und nur
mit „G.“ signiert sind, mit 30 Mark notieren. Von Theodor
Körner ist das Gedicht „Als sie vom Brunnen Abschied nahm“,
von Jean Paul ein umfangreiches Schreiben („Untertänigstes
Dedikazionsgesucli, eine Aesthetik betreffend) an den Herzog
August Leopold von Sachsen-Gotha, von Friedrich
Rückcrt das Manuskript des „Stilleben eines deutschen Dich -
ters in hundert ländlichen Bildern“ vorhanden. Schubart,
der auf dem Autographenmarkte äußerst selten erscheint,
ist mit einem Brief vom Hohenasperg vertreten. Der Dichter
schreibt unter dem 24. November 1786 an seine Frau: „Von
Potsdam hat ein wichtiger Staabsoffizier sich sehr scharf bei
einem Offizier in Heilbrönn nach mir und dem Ludwig er -
kundigt, mit dem Zusatze „Der König hätte Absichten mit uns."
Bald darauf erhielt Schubart seine Freiheit wieder. Noch
möchten wir erwähnen Autographen von Charlotte v. Stein
(Brief an Knebel in Jena), Wieland, Arndt (Brief an seine
Schwägerin, der er den Tod seines „liebsten, jüngsten Willi -
bald“ mitteilt, der beim Baden im Rhein ertrank), Fontane
(sieben Briefe an die Frau des Alexander Gentz, Gründers
Nr. 1
Internationale Sammler- Zeitung
Seite 11
der Musterwirtschaft Gentzrode in der Mark), Georg Philipp
Harsdörffer, dem berühmten Yerfasser der „Frauenzimmer-
gesprächspiele“, Begründer des Ordens der Pegnitzschäfer,
Wilhelm Hauff u. a.
(Ein bisher unbekanntes Luther-Autograph.)
Im Besitze des Pastors einer, von Kohren, Heinrich Jentsch,
inmitten alten, von Geschlecht zu Geschlecht vererbten
Familiengutes, hat, Karl August Friedrich ein bisher unbe -
kanntes Luther-Autogramm gefunden. Der Luther-Forscher
Professor Dr. Kamerau (Berlin) hat es für echt und ungedruckt
erklärt und verlegt es nach Handschrift und Inhalt in Luthers
letzte Lebenszeit. Die Worte, die die „Christliche Welt“ in
Faksimile wiedergibt, sind als Widmung oder Andenken auf
das Vorsatzblatt eines Büchleins in Sedezformat geschrieben
und lauten: „Wer sich furcht, der zihe ein Pantzer an. Helpfts,
so helpfts. Aber wir wissen das es helpfen mus. Denn er lebt und
bleibt lebend, der Scheblimini. Sede a dextris meis, da steckts.
M. Luther. G. p." (Gratia pax!) Der Scheblimini ist das hebräi -
sche Wort für „Setze Dich zu meiner Rechten“, was Luther
dann lateinisch wiederholt. Luther gebrauchte die Bezeichnung
Scheblimini für Christus, die dessen himmlische Krönung
ausdrückt, vor allem aber in den vierziger Jahren, also in seiner
letzten Lebenszeit, sehr geläufig. Hamann hat in seiner letzten
Schrift Golgatha und Scheblimini behandelt.
Bibliophilie.
(Sammlung von Kriegsliteratur für die Wiener
Hofbibliothek.) Wir werden von der Direktion der Hof-
bibliothck in Wien um Aufnahme folgender Zuschrift ersucht:
„Die k. k. Hofbibliothek hat es unternommen, eine Sammlung
der den gegenwärtigen Krieg betreffenden Literatur und ins -
besondere auch der nicht in den Buchhandel kommenden
Drucksachen als historisches Material der Zukunft anzulegen.
Diese Bestrebungen können jedoch nur dann von vollem Erfolg
gekrönt sein, w T enn das genannte kaiserliche Institut die Unter -
stützung und Mitwirkung der weitesten Kreise an die
es sich hiemit wendet, findet. Insbesondere kommen hiebei in
Betracht: Extrablätter, Flugblätter, Bilderbogen, Karika -
turen, Lieder, Gedichte, Anschläge, Bekanntmachungen,
Ansichtskarten, Erlässe und Verlautbarungen, namentlich
aus den Grenzbezirken und unserer Truppenkommandos und
Behörden im Auslände, Kriegszeitungen, Surrogatgeld, aus -
ländische Zeitungen und Broschüren politischen oder militäri -
schen Inhaltes, handschriftliche Kriegsberichte und Kriegs-
schilderungen, auch von gegnerischer Seite. Für Zusendung
derartigen Materials wäre die k. k. Hofbibliothek sehr dankbar.“
(Der Krieg und die amerikanische Bücherwelt.)
Unter den Handelszweigen, die in Amerika durch den Krieg
schwer geschädigt werden, befindet sich auch der Büchermarkt.
Dabei kommt es weniger in Betracht, daß die Vereinigten
Staaten von dem größten Zinnlieferanten der Welt, von England
abgeschnitten werden und daß dadurch die Metalltypen der
Setzmaschinen eine große Teuerung erleiden. Viel wichtiger ist,
daß es Amerika auch allmählich an gewissen Papiersorten
fehlen dürfte. Die Vereinigten Staaten sind zwar zugleich Expor -
teure und Importeure von Papier, und zwar halten sich Export
und Import die Wagschale, sie betragen etwa 1000 Tonnen täg -
lich. Aber zum Unglück für den Buchhandel besteht der Import
zum großen Teil in Buchpapier und deshalb dürfte bald in allen
Papieren, die zum Druck von Büchern verwendet werden, eine
beträchtliche Teuerung eintreten. Ein großer Teil der Bücher,
die auf den amerikanischen Markt kommen, ist in England
gedruckt, so besonders viele illustrierte Prachtwerke und zahl -
reiche wissenschaftliche Bücher. Die Amerikaner, die nun im
wesentlichen auf die eigene Biicherproduktion angewiesen sind,
werden Augen machen, so meint die Chicagoer Evening Post,
wie verändert die Buchläden bald aussehen werden und welch
eine weitgehende literarische Umwälzung damit eingeleitet ist.
„Der Charakter der Romane und Dichtungen, die jetzt gedruckt
werden, wird sich von Grund auf verändern, denn man will
nur noch Kriegsgeschichten hören und es ist sehr zweifelhaft,
ob bei dieser Nachfrage die wertvolle Literatur siegt. Auf der
anderen Seite kann man aber hoffen, daß die bedeutenden
Dichter hier einen ihrer würdigen Stoff finden werden und ihn
zu wirklich künstlerischen Dichtungen gestalten können.“
Blicken so die Buchhändler und die Leser Amerikas mit Trauer
auf die Folgen des Krieges für den Büchermarkt, so haben nach
Ansicht des Bostoner Transkript die Bibliophilen allen Anlaß
zur Freude, denn für sie soll jetzt eine überaus günstige Ge -
legenheit sich eröffnen, um wertvolle Werke billig zu kaufen.
„Schon manche große Bibliothek ist durch einen Krieg geschaf -
fen worden. Die berühmten Bibliotheken der Ptolomäer wurden
auf diese Weise bereichert, daß man feindliche Schiffe mit
Bücherladungen anhielt und die kostbaren Werke den eigenen
Schätzen einverleibte, während.sich die ursprünglichen Besitzer
mit Abschriften begnügen mußten. So kann natürlich Amerika
nicht verfahren, da die Vereinigten Staaten im letzten Jahrzehnt
ein gewaltiger Importeur von kostbaren und seltenen Büchern
gewesen sind, so werden nach dem Krieg günstige Bedingungen
für den Bücherkauf ; aus Europa vorhanden sein. Manchen
reichen Sammler in Deutschland oder England wird der Krieg
zwingen, seine Bücher zu verkaufen, und Amerika wird der
Käufer sein.“ Jedenfalls denken die Amerikaner schon ziemlich
weit voraus!
(Bibliothekar Dr. Dolch.) Die eben erst durch den
Tod ihresbisherigen Besitzers schwer betroffene Dr.Ed. Langer-
sche Bibliothek in Braunau hat einen neuerlichen schweren
Verlust erlitten. Ihr allseits hochgeschätzter Bibliothekar
Dr. Walter Dolch hat am 9. v. M. bei Kutno den Heldentod
gefunden. Er eilte gleich nach Beginn des Krieges freiwillig
zu den Waffen und wurde der Armee Hindenburgs zugeteilt.
Nun ist er einer russischen Kugel zum Opfer gefallen. Mit ihm
ist nicht nur ein tüchtiger Gelehrter und ausgezeichneter
Bibliograph, sondern auch ein Mann von hervorragenden Gaben
des Geistes und Charakters, ein liebenswürdiger Mensch von
seltener Treue und Festigkeit dahingegangen. Alle, die ihn
kannten, werden ihm eine ehrende Erinnerung bewahren.
(Ibsens Bibliothek.) Dr. Sigurd Ibsen, des Dichters
Sohn, hat dem Museum zu Braecke die Bibliothek seines
Vaters zusammen mit einer Anzahl von Andenken an den
Dichter der „Nora“ zum. Geschenk gemacht. Ibsens Bibliothek
ist für den Dichter kennzeichnend. Groß war sie nicht. Während
sein Nebenbuhler Björnson ein gewaltiger Leser war und sich
nicht leicht irgendein hervorragendes Erzeugnis der Literatur
entgehen ließ, so hat Ibsen den literarischen Produkten anderer
im ganzen und großen mit ziemlicher Gleichgültigkeit gegenüber -
gestanden. Seine Vorliebe galt den großen Klassikern und unter
ihnen wieder vor allem Goethe, dessen Werke er andauernd las
und wieder las. Seine Bibliothek enthält eine ziemliche Anzahl
von Widmungsexemplaren — aber die Mehrzahl davon hat
er nicht einmal auf geschnitten. Es. befindet sich auch darunter
ein Band von einem, schwedischen Dichter, der ihn auf der
Widmungsseite in bewegten Ausdrücken um ein Wort der
Ermutigung bittet, dessen er dringend benötige. Allein auch
dieser Band gehört, zu denen, die Ibsen unaufgeschnitten hat
liegen lassen. Einen beträchtlichen Teil der Bibliothek bilden
die Übersetzungen von Ibsens eigenen Werken und die kritischen
Arbeiten, die sich mit ihm und seinen Dichtungen beschäftigen,
und hier ist, wie die Gebrauchsspuren beweisen, jeder einzelne
Band geöffnet und gelesen, wieder gelesen und mit Anmerkungen
begleitet worden. Philosophische Werke sind spärlich. Zeitungen
und Zeitschriften zahlreich vertreten, ebenso Kriminal -
romane.
Seite 12
Nr. 1
Internationale Sammler-Zeitung
Bilder.
(Ein wiederauf gefundenes Werk des Giotto.)
Unter dieser Überschrift veröffentlicht F. Mason Perkins
in der „Rassegna d’Arte“ eine Tafel mit der Darstellung des
Todes der Maria, die in der älteren Giotto-Literatur durchaus
nicht unbekannt, seit längerer Zeit verschollen war und im
vergangenen Jahre im englischen Privatbesitz auftauchte.
Waagen sah das Bild,noch in der Sammlung Bromley-Daven-
port und beschrieb es in seinen Art Treasures in Great Britain.
Ebendort kannte es Cavalcaselle, in dessen History of
Painting die Tafel eingehende Würdigung fand. In der italieni
sehen Ausgabe des Werkes notiert eine Anmerkung den Über -
gang des Bildes in die Sammlung Martin in London.
Und hier taucht zum ersten Male die Vermutung auf, die Tafel
könne identisch sein mit dem von Vasa ri besonders gerühmten
Marientod, den Giotto für die Kirche von Ognissanti gemalt
hatte. Schon Ghiberti kannte dieses Werk. Vasari berichtet,
es sei von Michelangelo sehr hoch geschätzt worden. In der
zweiten Ausgabe seiner „Vite" erwähnt er dann, das Bild sei
aus der Kirche entfernt worden. Es muß also zwischen 1550
und 1568 seinen ursprünglichen Standort verlassen haben.
Seitdem blieb es verschollen, bis Cavalcaselle den Gedanken
aussprach, die Tafel, die er in London sah, und auf die die alten
Beschreibungen in der Tat passen, sei keine andere als eben die
aus der Kirche Ognissanti. Aber zu der Zeit, als Cavalcaselle
auf diese glückliche Vermutung kam, war das Werk bereits
wieder verschwunden. Eine Sammlung Martin in London
hat nie existiert. Ein Martin w-ar vielmehr nur der Agent,
der im Aufträge der Familie das Bild zurückkaufte, als es in der
Versteigerung der Sammlung Bromley im Jahre 1863 nicht
den gewünschten Preis erzielte. Die Summe war allerdings
für die damalige Zeit hoch genug. Sie betrug 997 % Pfund.
Die Londoner National Gallery gab das letzte Gebot ab und
bemühte sich auch nachträglich nochmals um das Bild. Für
einen Trecentisten war ein ähnlicher hoher Preis bis dahin noch
nicht gezahlt worden. In der Folgezeit nahmen alle, die sich für
das Werk interessierten, an, es sei in jener Versteigerung ver -
äußert worden, und suchten es nun überall, nur nicht bei der
Familie Bromley, in deren Hause in Woottcn Hall es bis zum
Jahre 1869 verblieb, um dann auf die entfernte Besitzung in
■Capesthorne verbracht zu werden. Eine glückliche Ent -
deckung förderte es dort jetzt zutage. Herr Langton Douglas
in London erwarb es. Verkaufsverhandlungen, die das Metro -
politan Museum in New-York anknüpfte, scheiterten an der
Preisforderung wie ehedem die der National Gallery. Un nun
trat das Berliner Kaiser Friedrich-Museum ein, das noch
kurz vor Ausbruch des Krieges das Werk erwerben konnte.
Berlin darf sich von nun an rühmen, eines der ganz seltenen,
eigenhändigen Tafelbilder Giottos zu besitzen.
(Die Wandmalereien zu Rupperswil.) Die spät -
gotische Pfarrkirche zu Rupperswil im Aargau ist in verschie -
dener Beziehung sehenswert. Aus der Zeit des Kirchenbaues
stammt noch der alte Turm mit seinem Satteldach („Käs -
bissen''), eine spätgotische, geschnitzte Holzdecke mit Ranken -
werk und eine, freilich defekte Wappenscheibe. Ein weiteres
Glasgemälde wurde gestiftet durch Hans Rudolf v. Hallwyl
(1643), Anna Maria v. Hallwyl, geborene v. May (1615) und
Johanna v.Hallwyl, geborene v.Ernau(1643); Samuel Imhoff und
seine Gattin Margareta v. Hallwyl errichteten im Jahre 1684 den
Taufstein, wie die Inschrift desselben meldet. Neuerdings sind
im Schiff des Gotteshauses Wandmalereien zutage getreten;
eine Figur ist bloßgelegt. Sie stellt den Apostel Bartholomäus
dar, mit einem Evangelienbuch in der Rechten, seinem Marter -
instrument, dem Messer, in der Linken. Der Heilige steht in
einem oben rundbogig abgeschlossenen, sternbesäten Feld.
Die Arbeit verrät einen ländlichen Maler vom Ausgang des
Mittelalters ;dieFigur selbst weist auf eine Bilderreihe der zwölf
Boten hin, von denen elf aber noch unter der Tünche verborgen
sind.
(Radierungen von Ulbrich.) Wir lesen in der „Frkf.
Ztg.": Unsere liebe, alte Mainbrücke steht nicht mehr.
Nur im Bilde lebt sie weiter. Hat sie doch, die breite,
behäbige, mit ihren malerischen Bogen, ihrem alten
Wahrzeichen, ihrem rötlichen Gemäuer und den trutzig-
lichen Pfeilern seit jeher die Künstler gelockt. Noch kurz vor
ihrem Ende ist sie Gegenstand eifrigsten künstlerischen Be -
mühens gewesen und eine eigene Ausstellung hat die damals ent -
standenen Werke vereinigt. Als Letzter, der sie umworben,
stellt sich der durch seine Radierungen schlesischer Städte
bekanntgewordene Radierer Hugo Ulbrich mit zwei Blättern
von der alten Brücke ein. Das eine rückt den mittleren Teil
der Brücke in seiner ganzen Massigkeit vors Auge. Sie ist von
Sachsenhausen aus erfaßt, man sieht jenseits den Dom aufragen,
im Durchblick eines Bogens zeigt sich der Saalhof, auf der
Brücke selbst sticht der Hahn in die Luft, steht die Figur des
Kaisers Karl. Das Bild ist gut geschlossen, die Linienführung
kraftvoll und auf Kontraste bedacht, die technische Behandlung
sehr sorgfältig. Lieber als dieses Blatt mit den drohenden
Eisbrechern ist uns das andere, das die intimen und liebens -
werten Reize der „Alten" festgehalten hat. Hier ist der Stand -
punkt auf der Insel genommen, das Holztreppchen ist da,
das zur Brücke hinaufführt, der Brückenmühle Würfel dahinter,
der Blick schweift nach der Sachsenhäuser Seite mit dem herr -
lichen (leider so vernachlässigten) Bau des Deutschordenshauses
und der Kirche. Hier ging die Nadel des Künstlers auf trauliche
Wirkungen aus, das Bild ist licht und heiter, das Schwere scheint
gelöst, es ist ein, man möchte sagen herzliches Bild mit zarten
Übergangsstimmungen, blanken Lichtern, warmen Schatten.
Auch hier zeigt sich das technische Vermögen des Künstlers
in der Zeichnung des Architektonischen, in der tuschmäßigen
Behandlung des Wassers, in der bewölkten Luft in rühmlichster
Weise. Dem Künstler war in Frankfurt noch eine besondere
Aufgabe gestellt: die Stadt bestellte ihm eine Radierung vom
Neuen Rathaus mit Pauls-Platz und Einheitsdenkmal.
Sie erwarb die Platte und gedenkt die Abzüge als Ehrengabe
zu verwenden. So löblich es ist, wenn Stadtverwaltungen der -
artige Aufträge verteilen und so sehr es zu verstehen ist, "daß die
Stadt den Sitz ihrer Verwaltung dargestellt zu haben wünscht —•
für den Künstler war die Aufgabe nicht eben dankbar. Er hat
dieSteinmassen der Riesengebäude, das Brückchen, den vorderen
Teil der Paulskirche und das Denkmal gewiß kraftvoll hin -
gesetzt und ist in der Behandlung der Fronten auf malerische
Wirkungen bedacht gewesen, aber es blieb ein Versuch am
untauglichen Objekt. Die Ehrengabe der Stadt bietet den damit
Ausgezeichneten ein repräsentatives Schmuckbild, aber ver -
lieben kann man sich in ein Bild vom neuen Rathaus nun ein -
mal nicht.
Handschriften.
(Rückfärbung verblichener Urkunden.) Nach
einer Mitteilung der „Süddeutschen Apotheker-Zeitung“ ist
dem Apotheker W. Th. Sauter in Schorndorf (Württemberg)
ein Verfahren zur Rückfärbung erloschener oder verblichener
Schriftstücke patentiert worden. Die Erfindung bezieht sich
aber nur auf Schriftzeichen von Eisentinten (Schreib -
maschinentinten werden wohl ausnahmslos aus Anilinfarb-
stoffen hergestellt). Das Verfahren beruht auf der Rückwandlung
der abgebauten Eisengallusverbindung durch eine fermentierte
Gallussäure-Gerbsäurelösung in eine der ursprünglichen
Formel ähnliche Verbindung. Erweist sich eine Schrift als nicht
diiekt rückfärbungsfähig, so wird das Eisen der Schriftzüge
mittelst eines farblosen Schwefelammoniums ausgefällt und das
erhaltene Schwefeleisen durch geeignete, sauerstoffabspaltende
Stoffe oxydiert. Die neugebildeten Verbindungen derartig
rückgefärbter Schriftzeichen sind laut des Gutachtens des
chemischen Laboratoriums des königlichen Medizinalkollegiums
Nr. 1
Internationale Sammler- Zeitung
Seite 13
so stabil, daß sie, ohne zu verblassen, mit Seife abgewaschen
und der Einwirkung selbst stark wirkender Reagentien ohne
Schaden ausgesetzt werden können. Der Erfinder empfiehlt
auch ein Mittel, um brüchige Blätter wieder festzumachen,
und auch eine Wachsstange, um rauhen Pergamenten die frühere
Glätte und Weichheit Wiederzugeben.
Heraldik.
(Der Stammbaum Hindenburgs.) Nach den Ermitte -
lungen des Generalleutnants v.Bar.d eieben sind zwei Geschlech -
ter ähnlichen Namens streng zu unterscheiden: die v. Ben-
eckendorf, welche aus dem gleichnamigen Ort bei Salzwedel
stammen, auch in Salzwedel selbst ansässig waren und urkund -
lich bereits im 13. Jahrhundert erwähnt werden. Ihr Wappen
zeigt im gespaltenen Schild einen halben Adler, hinten drei
Rosen. Dagegen gehören die v. Beneckendorf mit einem
Widder- oder Büffelkopf zum alten Adel der Neumark, wo ihr
Stammgut Klücken (Alt-Klücken) im Kreis Arnswalde liegt.
Auch in Pommern, Sachsen und Ostpreußen erwarben sie
reichen Güterbesitz. Johann Otto Gottfried v. Beneckendorf,
dessen Großmutter eine v. Hindenburg war, erbte von seinem
Großonkel Hindenburg, dem letzten des Geschlechtes, dessen
ostpreußischen Güterbesitz und erhielt am 2. Jänner 1789
die preußische Erlaubnis, Namen und Wappen der v. Hinden -
burg mit dem seinigen zu vereinigen. Die v. Hindenburg,
ursprünglich Altmärker, waren auch in Pommern und Preußen
begütert. Das redende Wappen zeigt im Schilde eine Hindin
(Hirschkuh) vor einem Baum.
Numismatik.
(Notgeld.) Nach den uns bisher zugekommenen Mit -
teilungen gaben während des Krieges Notgeld aus: In Öster -
reich: Die Österreichisch-ungarische Bank Noten zu 2 Kronen,
die Städte Czernowitz (Bukowina) Noten zu 20 und 50 Hellern,
1 und 5 Kronen, Tustanowicc (Galizien) Warenanweisungen
auf 1 Krone, Drohobycz (Galizizen) Noten zu 1 Krone, die Filiale
Drohobycz der Bank von Przemysl Noten zu 1 Krone, Mährisch-
Schönberg Noten zu 10 Hellern, 1 und 2 Kronen. In Deutsch -
land: Darlehenskassenscheine zu 1 und 2 Mark, Kolniar
Gutscheine auf 1 und 5 Mark, Danzig, Gleiwitz, Beuthen,
Zabrze, Zaborze, Papesdorf und Bielschowittz Gutscheine zu
1 Mark. In Frankreich: Die Handelskammer von Paris Noten
zu 50 Centimes und 1 und 2 Francs. In den Vereinigten
Staaten von Nordamerika: New-York: Das Clearing-
house (Bankabrechnungsstelle) Notpapiergeld (Emergen-
cjmoten.) —■ Weitere Mitteilungen über Notgeld werden
erbeten.
(Eine Münze des Varus im Berliner Museum.)
Von Quinctilius Varus, dessen Einbruch in Deutschland im
Teutoburger Walde endete, waren bisher vier Münzen bekannt,
aus einer Zeit stammend, wo der Gegner Hermanns des Che-
ruskers noch als Prokonsul in Afrika und als Statthalter in
Syrien saß. Jetzt hat das Berliner Museum in Wien eine fünfte
erworben, gleichfalls aus der Zeit der Landpflegerschaft in
Syrien. Es ist eine Kupfermünze von Laodikeia, mit dem Helios -
kopfe und der stehenden Artemis. Darauf ist das Monogramm
des Varus angebracht. Der Kopf des Statthalters ist von den
anderen Münzen her bekannt: energisch und einfach,
entspricht er dem literarischen Porträt, das Heinrich v.
Kleist in der Hermannschlacht von dem Römer ent -
worfen hat.
(Eine Eduard Kremser-Medaille.) Der Roßauer
Männergesangverein in Wien hat beschlossen, das Andenken
des kürzlich verstorbenen Tondichters und Dirigenten Eduard
Kremser, seines Ehrenmitgliedes, durch Stiftung einer den
Namen und das Bildnis des Dahingeschiedenen tragenden
Medaille zu ehren, die an solche Persönlichkeiten und Körper -
schaften verliehen werden soll, die sich auf dem Gebiete der
Pflege deutscher Kunst und besonders des deutschen Liedes
Verdienste erworben haben. Mit der künstlerischen Aus -
führung dieser Medaille wurde der Bildhauer Otto Jarl
betraut.
(Münzfunde.) In Risum wurden von Arbeitern, die
Röhren für das Wasserwerk legten, 18 alte Münzen gefunden.
Die ältesten sind aus dem Jahre 1690, die neuesten von 1831.
Die ältesten Stücke haben die Bezeichnung 24 Mariengroschen,
die neuesten sind Vereinstaler. — Der Austrägler Simon
Riedmeyer in Hagau fand beim Pflügen einen irdenen Topf
voll Münzen aus den Jahren 1620 bis 1630. Es sind 2000 Stück
große, mittlere und kleine Münzen, welche an das Bezirksamt
Ingolstadt abgeliefert wurden.
Philatelie.
(Neuheiten.) Monaco hat eine Rote Kreuz-Marke aus -
gegeben.
Rote Kreuz-Marke 10 Centimes, rot, mit rotem Aufdruck
eines Kreuzes und ,,5 C“:
Nicaragua. Von einer neuen Serie, die 12 Werte umfassen
wird, liegen bisher vier Werte vor, nämlich:
Briefmarke % Cent de Cordoba, blau
1 ,, ,, „ dunkelgrün
25 ,, ,, ,, orange
50 ,, ,, ,, hellblau.
Die drei ersten Werte zeigen den Regierungspalast in
Managua, die 50 Cent-Marke die Kathedrale zu Leon.
Portugiesisch-Guinea. Wie für Angola, Mozambique
und St. Thome und Principe sind auch hier die bekannten
7 Ganzsachen, 4 P. K. und 3 K. Br., zu melden.
Serbien. Auch die hohen Werte der kursierenden Serie
sind in geänderten Farben erschienen
Briefmarke 3 Dinar, gelb
5 ,, violett
Einf. Dr. 5 w. P. gez. 12:11%.
Venezuela. Drei neue Werte mit dem Bilde Simon
Bolivars in sehr hübscher Ausführung.
Briefmarke 5 Centimos, grün.
10 ,, rot
25 ,, blau
Einf. Dr. w P., gez. 14.
(Erfundene Briefmarken.) Das Wolffsche Bureau
meldete unter dem 20. v. M.: Der Pariser ,,Matin“ will den
Nachweis führen, daß Deutschland die Unabhängigkeit der
Schweiz bedrohe und erklärt, ein Beweis dafür sei, daß d eutsche
Briefmarken zu 10 und 20 Pfennig mit dem Aufdruck
„Schweiz, 10 Centimes“ und „Schweiz, 20 Centimes“ in
Berlin hergestellt würden. Das Blatt veröffentlicht eine photo -
graphische Wiedergabe derartiger Briefmarken und behauptet,
es besitze davon 4 authentische Exemplare. Das Wolffsche
Bureau erklärte hiezu: Wie wir an amtlicher Stelle erfahren,
ist die Behauptung des „Matin“ betreffend die Herstellung
solcher Briefmarken selbstverständlich eine alberne Er -
findung.
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Nr. 1
Internationale
Porzellan.
(Ausstellung modernen Porzellans.) Aus Berlin
wird uns geschrieben: Im Königlichen Kunstgcwerbe-Muscum
ist zurzeit eine sehenswerte Ausstellung vorhanden. Ausgewählte
Stücke neuzeitlicher Porzcllanplastik sind nach Manufakturen
geordnet (Nymphenburg, Berlin, Meißen, Schwarzburg u. a.)
zu einem übersichtlichen Ganzen gruppiert. Es ist reizvoll,
hier von Schrank zu Schrank zu wandern und sich die Sinne
von der Grazie dieser hellen und bunten Miniaturwelt um -
schmeicheln zu lassen. Aus der Masse ragen insbesondere vier
Namen hervor: W ackerle, Amberg, Scheurig und Barlacli.
Wackerle vertritt München und Berlin, Amberg Berlin,
Scheurig Meißen und Barlach die Schwarzburger Marke.
Jeder von ihnen hat eine stark ausgeprägte Eigenart; alle
zusammen zeigen uns, daß die Erneuerung der Porzellankunst,
die etwa um die Jahrhundertwende einsetzte, von schönem
Erfolg gekrönt war. Scheurig ist es, der in seinen Figuren den
Geist der Blütezeit, die Alt-Meißner Tradition am unmittel -
barsten, aber trotzdem ganz modern ausniitzt. Schumanns
„Karneval" in der Aufführung des russischen Balletts —
seligen Angedenkens! — hat ihn zu fünf köstlichen kleinen
Meisterwerken angeregt, in denen das Traumhafte des Tanzes
in holdester Sinnfälligkeit verkörpert ist, Wackerle hat auch
innere Beweglichkeit genug, um das ewig veränderliche Thema
„Frau" in den verschiedensten Spielarten zu umschreiben;
aber er ist derber, herber, süddeutscher als Scheurig. Die Art
seiner Modellierung verlangt größere Formen und Flächen.
Charakteristisch dafür sind die Stücke „Dame mit Muff"
und „Dame und Affe auf einer Bank“. Von. Sammlern ist be -
sonders die kleine prachtvolle Türkengruppe begehrt.
Verschiedenes.
(Der Nachlaß von Gregorovius verbrannt.) Wie
erst jetzt bekannt wird, ist bei der Zerstörung der Stadt Neiden-
burg in Masuren auch der im dortigen Rathause aufbewahrte
künstlerische und schriftstellerische Nachlaß von Ferdinand
Gregorovius ein Raub der Flammen geworden. Der Ver -
fasser der „Geschichte der Stadt Pom im Mittelälter", ein
geborener Neidenburger, hätte seine Sammlungen und auch
Manuskripte lctztwillig seiner Vaterstadt vermacht. Auch das
Geburtshaus des berühmten Geschichtsschreibers ist durch die
Russen niedergebrannt worden. Dasselbe Schicksal traf übrigens
auch die Geburtsstätte eines anderen in der Welt bekannt ge -
wordenen Neidenburgers, des späteren Eisenbahnkönigs Bethel
Henry Stroußberg, der damals allerdings noch den väterlichen
Namen Straußberg führte. Auch das Straußbergsche Haus
ist zum größten Teil vernichtet.
(Tod bekannter Sammler.) Tn Paris ist der bekannte
Sammler italienischer Renaissancekunst Gustave Dre vfus
im Alter von 76 Jahren gestorben. Seine Sammlung ist weitaus
die bedeutendste Privatsammlung in ihrer Art, ja nach mehreren
Richtungen übertrifft sie fast alle öffentlichen Museen. Dreyfus
verdankt seine Sammlung gewissermaßen der Belagerung von
Paris im Jahre 1870. Damals kaufte er seine Schätze oder wenig -
stens ihren eigentlichen Stamm von dem Maler und feinsinnigen
Kunstfreund Timbal, der von dem Siege der Deutschen, wenn
nicht den Untergang der Welt, so doch die Vernichtung aller
Kultur erwartete. Er überließ dem jungen Dreyfus während der
Belagerung seinen ganzen Kunstbesitz für den Preis von 100.000
Franken; jetzt schätzt man ihren Wert auf 15 bis 20 Millio -
nen Franken. Die Sammlung enthält eine Reihe ausgezeich -
neter Marmor- und Tonbüsten von Mino, Desiderio, Verrocchio,
Laurana, u. a. die Büsten Philipps des Schönen und seiner
Gemahlin von Konrad Mait, Madonnenreliefs von Mino,
Desiderio und sonstigen italienischen Künstlern des 15. Jahr- |
Samnper - Zeiung
hunderts neben Bildern von Botticelli, Filippino,. Francesco
Cossa u. s. f. Am bekanntesten ist die Sammlung durch ihre
Bronzen. Neben zahlreichen Statuetten und größeren Reliefs
von Riccio, Bellano, Bertoldo, Peter Vischer und ähnlichen,
dem Namen nach nicht bekannten Künstlern des 15. und 16.
Jahrhunderts, ist vor allem Dreyfus’ Sammlung italienischer
Bronzemedaillen dieser Zeit nach Vollständigkeit und Qualität
der Güsse wie durch die Zahl der Unika wohl die bedeutendste
ihrer Art, und die Plaketten stehen ihr an Zahl und Güte
nicht nach. — In Isen heim im Oberelsaß starb Georges
Spetz, einer der bedeutendsten elsässischen Sammler älterer
Kunst. Seine Sammlung enthält zahlreiche gute und einige
ausgezeichnete Stücke, besonders Holzskulpturen des 11. und
15. Jahrhunderts, Buchsbaumschnitzereien, Tapisserien und
einige bemerkenswerte kleinere Objekte der ITührenaissance.
Mehrere Stücke stammen aus dem bekannten ehemaligen
Antoniterklostex zu Isenheim, unter dessen Kunstschätzen
sich auch das berühmte Altarwerk von Matthias Grünewald
(jetzt im Unterlindenmuseum in Kolmar) befand. Auch unter
den Fayencen sind einige bedeutendere Stücke, speziell Nieder-
voller und Straßburg. Spetz war nicht nur ein erfolgreicher
Sammler, er war auch selbst künstlerisch tätig.. Als Maler
arbeitete er mit Fritz v. Niederhäusern in Mühlhausen und
in Rom und hat im Pariser Salon ausgestellt; als Musiker
hat er mehrere Lieclerkompositionen geschaffen, ferner auch
ein größeres Werk, „Der Arme und die Sphinx“, das in Paris
mit Erfolg gegeben wurde.
(Eine Leipziger Kunstausstellung in Kriegszeit.)
Aus Leipzig wird uns geschrieben: Der Leipziger Kunst -
verein, der seine Ausstellungen im Museum für bildende Künste
am Augustusplatz veranstaltet, hatte auch für diesen Winter
viele Pläne gehabt. Zunächst sollten Ausstellungen des Ge -
samtwerkes von Stuck und Slevogt stattfinden. Aber Schwierig -
keiten aller Art, nicht zum wenigsten die der Bahnbeförderung,
stellten sich diesen Plänen entgegen. Da kam der Direktor
unseres Museums, Professor Dr. Julius Vogel, auf den Ge -
danken, das Gute in der Nähe zu suchen. Eine große Anzahl
wertvoller Gemäldesammlungen ist in Leipziger Privatbesitz
vorhanden. Es wurde beschlossen, eine Auswahl dieser Schätze
in einerAusstellung demPublikum vorzuführen.Man beschränkte
sich auf die alten Meister vom sechzehnten Jahrhundert
bis zum Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. Von den
LeipzigerFamilien wurde das Unternehmen in entgegenkommen -
der Weise gefördert. Die Ausstellung enthält eine überwiegende
Anzahl von Meisterwerken holländischer Maler, sodann Vlamen,
Italiener, Franzosen und Deutsche. Von Holländern taucht,
hier aus der Verborgenheit das berühmte Gemälde von Aert
de Gelder „Abraham und die Engel" auf, bekannt unter dem
Namen „Reinbrandt du Pecq". Es wurde 1890 in dem Orte
Pecq bei Paris entdeckt und zuerst für ein Werk Rembrandts
gehalten. Aert de Gelder ist außerdem noch durch einen
„Ahasver" vertreten. Aus der holländischen Schule stammen
ferner noch Gemälde von Ferdinand Bol, Pieter de Ilooch,
Martin Nellius, Ostade, Jakob und Salomon van Ruisdael
und Jan Steen.
(Kriegsflugblätter und Bilderbogen.) Manschreibt
der „Frkf. Ztg.‘‘: Wie Hummeln, so summen Flugblätter und
Bilderbogen um alle Kriegslager herum. Wenn irgendwo die
Heere auf einanderstießen, Schlachten geschlagen, Städte
belagert und Ruhmestaten verrichtet wurden, dann war es
die Zeit für den Bilderbogenmann. Kunde, die unverbürgt,
unbestimmt, halbwahr, von der hurtigen Phantasie zurecht
gestutzt und aufgebauscht umlief, die ein über die Landstraße
jagender Reiter ausgesprengt, die verängstigte Flüchtlinge
zugetragen hatten, faßte er zusammen in Bilder und Verse,
die die „geschwinden Zeitläufe" (wie man im dreißigjährigen
Krieg sagte) den von den Kriegsschrecken unberührten Land -
strichen anschaulich machen sollten. Mit Schaudern und
Bewunderung sah das Volk diese „wahrhaftigen newen Zeittun-
Nr. 1
Seite 15
Internationale Samml er -Zeitung
gen von dem führnehmbsten Ausfall, Schießen, Scharmützeln
und Stürmen sambt anderen verlauffenen Sachen* ‘. Kein Wunder,
daß auch jetzt, wo mit den lapidaren Depeschen des General -
quartiermeisters so ungeheure Begebenheiten auf uns eindringen,
die Federn wieder ansetzen, um dem Volk Bilder von Kampf
und Sieg und der Niedertracht unserer Gegner auszumalen.
Unter den mannigfachen Produktionen, die einem da an den
Straßenecken in die Hand gedrückt werden, gibt es auch schon
schon einiges aus der Werkstatt unserer Künstler, das aus dem
pulsenden Rhythmus dieser Tage heraus geboren scheint.
Da hat unter dem Namen „Kriegszeit“ eine unter Alfred
Golds Leitung stehende Serie von Künstlerflugblättern
zu erscheinen begonnen, die in wöchentlicher Folge Original -
lithographien von Liebermann, Kampf, Trübner, Kalck-
reuth, Gaul, Slevogt, Klinisch, Kolbe, Baluschek
und anderen zu bringen verspricht. Max Liebermann eröffnete.
diese Blätterfolge mit einer Zeichnung des Volkes, das an jenem
Samstag hingeströmt kam zum Schloß, um seinen Kaiser zu
sehen, um von ihm das verbrüdernde Wort: „Ich kenne keine
Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche!“ mit Jubel zu
vernehmen. Eine große Stunde, die in Liebermann den wahrhaft
lapidaren Schilderet gefunden hat. Die Wacht an der Maas,
die Eroberung der ersten Fahne, die Aufregung in Berlin in
Bildern von Arthur Kampf, Otto Hettner und Max Oppen -
heimer füllen daneben diesen ersten Bogen. Sehr hübsch und
wert, volkstümlich zu werden, sind auch die „Bunten Kriegs -
bilderbogen“, die von der Vereinigung der Kunstfreunde
herausgegeben werden. Um wackere Knittelverse herum gibt
es da Zeichnungen von Ernst Stern, Ludwig Kainer, Fritz
Wolff und Walter Trier. Trier erscheint schon als eines der
künstlerischen Talente, die der Krieg recht eigentlich zur
Entfaltung gebracht hat. Ein geborener Karikaturist, ein Mensch
von Stil und eigener Linie, hat er das Stichwort der Stunde auf -
genommen und schmettert.mit einer machtvollen, freudig auf -
genommenen Satire ins Volk die Entrüstung, den Haß und die
Verachtung der „Krüppel-Entente“.
(Große Berliner Kunstausstellung 1915.) Aus
Berlin wird uns berichtet: Trotz des Krieges wird die Berliner
Künstlerschaft die Große Berliner Kunstausstellung im
Sommer 1915 veranstalten. Zu diesem Ergebnis ist man
vorläufig gekommen, und die Kommission, die bereits
im Sommer gewählt wurde und die wiederum ebenso
wie in diesem Jahre Professor Karl Langhammer leitet,
hat die Vorbereitungen für die Veranstaltung bereits
begonnen. Die Erfahrungen, die man in der diesjährigen Aus -
stellung am Lehrter Bahnhof während der Kriegsmonate
gemacht hat, berechtigen zu der Hoffnung, daß es auch im
nächsten Sommer wohl gelingen wird, das Interesse einer großen
künstlerischen Ausstellung zu sichern.
Museen.
(Ein altböhmisches alch emistisches Labora -
torium.) Im Technischen Museum zu Prag wurde als eine
weitere Abteilung der zahlreichen Musealsammlungen ein
alchemistisch.es Laboratorium aus dem 16. Jahrhundert er -
richtet. Es führt alle wichtigeren Arbeiten der Alchimisten wie
auch die verschiedenen zu jener Zeit in Gebrauch gestandenen
Hilfsmittel, wie Öfen, Apparate und dergleichen vor. Das Labora -
torium wurde von Ingenieur Ott. Zaehar unter Mitwirkung des
akademischen Malers. K. Stapfr errichtet und am 4. Oktober
eröffnet.
(Neuerwerbungen des Leipziger Museums.) Das
sächsische Ministerium des Innern hat dem Rat der Stadt
Leipzig f ür das städtische Museum der bildenden Künste ein
großes Aquarellölgemälde von Johannes Uler, einem Schüler
von Gotthart Kühl, geschenkt. Das Bild stellt einen Biblio
thekar in der Tracht des Rokoko dar und ist koloristisch von
hohem Reiz.
(Das Deutsche Entomologische Museum.) Ber -
liner Zeitungen melden: Nur wenige wissen, daß die Reichs -
hauptstadt seit kurzem auch die Eigentümerin eines wissen -
schaftlichen Spezialmuseums ist, das seinesgleichen sucht und
obendrein nicht im Weichbild Berlins selbst, sondern „draußen“
in Dahlem sein Heim hat: das Deutsche Entomologische
Museum. Zum ersten Male erstattet jetzt das Kuratorium
dieses Museums, dessen Vorsitzender Bürgermeister Dr. Reicke
ist, im Rahmen des Verwaltungsberichts des Magistrates zu
Berlin einen Jahresbericht über die Tätigkeit des Museums
(das vielleicht besser den verständlicheren Namen Museum für
Innsektenkunde erhielte) seit seinem Übergang in städtische
Besitz. Das Museum mit seinen reichen Schätzen an Schmetter -
lingen, Käfern, Spinnen, Fliegen und allem, was mit sechs
Beinen kreucht und fleucht, ist eine Stiftung des vor fünf Jahren
zu Berlin verstorbenen Professors Dr. G. Kraatz, der seine
großen Sammlungen in seiner Privatwohnung in der Thomasius-
straße untergebracht hatte und in Moabit als der ,, Schmetter -
lingsprofessor“ eine bekannte Persönlichkeit war. Diese Samm -
lungen nebst einer umfangreichen Fachbibliothek und seinem
ganzen, etwa 800.000 Mark umfassenden Barvermögen ver -
machte er der Stadt Berlin mit der Bestimmung, daß die Erb -
schaft zur Weiterentwicklung des von ihm bereits im Jahre 1886
ins Leben gerufenen „Deutschen Entomologischen National -
museums“ verwendet werde. Vor zwei Jahren hat das Museum
sein neues,.schönes Heim in Dahlem, Goßlcrstraße 20, nach den
Plänen von Heinrich Straumer gefunden, und jeder, der
Dahlem besucht, sollte nicht versäumen, diesem schmucken
Backsteinbau einen Besuch abzustatten. Die Sammlungen des
Museums umfassen heute 550.000 Insekten aller Ordnungen.
Die Bibliothek zählt 12.000 Bände und 10.000 Sonderabdrucke.
(Wo sind die Kunstschätze des Louvre?) Der
Pariser Korrespondent der „Times“ macht in einem zwei
Spalten langen Artikel geheimnisvolle Andeutungen über das
Schicksal der Kunstschätze des Louvre, über die irgendwelche
Angaben zu bringen den französischen Zeitungen von der Zensur
auf das Strengste verboten wurde. Etwas Bestimmtes weiß
der englische Korrespondent freilich auch nicht anzugeben,
aber so viel geht doch aus seinen Andeutungen hervor, daß
das französische Ministerium des Äußern und die Direktoren
der Museen die sorgfältigsten Vorsichtsmaßregeln getroffen
haben. Es ist in Paris ein öffentliches Geheimnis, daß 700 der
berühmtesten Gemälde des Louvre bereits Anfang September
von Paris nach „einem sicheren Platze“ gesandt worden sind.
Wo sich im Augenblick die Venus von Milo, die Mona Lisa und
andere Kunstwerke von internationaler Bedeutung befinden,
ist unbekannt; man glaubt, daß sie unter strenger Bewachung
„irgendwo im Süden“ aufbewahrt werden. Vor einigen
Tagen, so schreibt der englische Korrespondent, sprach ich
hierüber mit einem Herrn, der der Direktion der nationalen
Museen angehört. Er bestätigte mir, daß es sich hierbei um eine
Frage handelte, die für die Allgemeinheit ein starkes und leb -
haftes Interesse hätte; aber die Befehle des Ministers seien
bestimmt und könnten keinesfalls umgangen werden; deshalb
dürfe er sich darüber nicht äußern. So ließen wir denn das
verbotene Thema fallen und sprachen statt dessen über die
Erinnerungen aus dem Jahre 1870, als die Gemälde des Louvre
während des Krieges in Schiffen nach Brest gebracht wurden.
Während der Wanderung durch das Louvremuseum verirrte
sich der Korrespondent und gelangte schließlich nach langen
Wanderungen durch schlecht beleuchtete, öde und leerstehende
Säle in die unteren Räume. Hier bemerkte er „verschiedene,
höchst interessante Dinge“, über die er aus Loyalität nicht
berichten kann. Er verrät aber, daß man außerordentliche Vor -
sichtsmaßregeln getroffen habe, um das Museum und dessen
kostbaren Inhalt gegen Bomben aus Flugmaschinen zu schützen.
Seite 16
Nr. 1
Internationale Sammler- Zeitung
Er begegnete auch zwei Wächtern, die sich eben zu ihrer nächt -
lichen Runde anschickten. Einer von diesen Beamten gab eine
lebhafte Schilderung aus den Tagen des großen Einpackens der
•Gemälde und Kostbarkeiten.
(Das Ibsen-Haus.) Das Haus mit der alten Apotheke
in Grimstad an der norwegischen Südküste, in dem einst
Henrik Ibsen als armer Apothekerlehrling wirkte und seinen
„Catilina" schrieb, ist jetzt nach langen Bemühungen erworben
worden und wird nunmehr, im früheren Zustand eingerichtet,
als eine Art Ibsen-Museum dauernd der Nachwelt erhalten
bleiben. Die ganze Apothekereinrichtung, wie sie zu Ibsens
Zeiten war, ist noch vorhanden und soll in früherer Weise
aufgestellt werden. Sigurd Ibsen hat dem Comite des Ibsen-
Hauses das Speisezimmer des Dichters, dessen Gehrock, Hut,
Schirm usw. verehrt. Die Möbel des Speisezimmers werden einen
besonderen Raum des Ibsen-Hauses füllen, das somit zwei Zeit -
abschnitte des Dichters umfassen wird: die Zeit, da Ibsen
Pillen drehte und im geheimen dichtete, und die Zeit des
Weltruhms.
Vom Kunstmarkt
(Konkurs der Firma J. M. Heberle.) Die alt -
bekannte Auktionsfirma J. M. Heberle (H. Lempertz
Sohne), G. m. b. H. zü Köln, ist in Konkurs geraten. Zum
Konkursverwalter ist der dortige Rechtsanwalt Dr. Grund -
schöffel bestellt worden, bei dem Forderungen anzumelden
sind. Die Firma Heberle, die auf dem Kunstmarkte lange eine
hervorragende Rolle spielte, trat in den letzten Jahren nur mit
kleineren Auktionen hervor. Von Bedeutung war bis zuletzt
ihr Antiquariat, das zu den größten Deutschlands zählte.
(Die Galerie Henry Weustenberg in Berlin)
lädt zur Besichtigung hervorragender Werke alter Meister ein;
sie besitzt unter anderen fünf Werke von Francesco Guardi,
neue Erwerbungen von Botticelli, Montagna, Baldovinctti,
Tintoretto, Frans Hals, Th. de Keyser, Van de Cappelle,
Ostade, Ruisdael, Van Goyen, Rubens, Cuyp, Chardin, Hubert
Robert, Lawrence, Reynolds, Hoppner und dem Meister des
Todes Mariae (ein Triptychon).
Ausstellungen.
Berlin. Kunsthandlung Viktor Rheins. Unter den Linden
Nr. 71. Herbstausstellung.
— Galerie Eduard Schulte. Bilder von Prof. Hans
v. Hayeck-Dachau, Prof. Heinrich Reifferscheid, Prof. Heinrich
v. Zügel u. a.
Dresden. Brüh Ische Terrasse. Ausstellung Dresdener
Künstler.
Leipzig. Galerie del Vecchio. Werke von Stuck, Thoma,
Stadler, Liebermann, A. Possin, Roegge, Hengeler u. a.
Wien. Militärkasino, I., Schwarzenberg-Platz. Aus -
stellung „Unser Kaiser“.
Auktionen.
22. Jänner. Wien. Dorotheum. Musikinstrumente.
Wien. Dorotheum. In Vorbereitung der Nachlaß des
Direktors der Länderbank in Wien, Herrn Palmer.
Literatur.
* The Dated European Coinagc prior to 1501 by Albert
R. Frey, New-York 1914. — Eine recht verdienstvolle Zu -
sammenstellung von 543 europäischen Münzen mit Jahres -
zahlen aus der Zeit von 1373 bis 1500. Die Anordnung ist eine
chronologische und zwar beginnt sie mit einem Aachener Kreuz -
groschen aus dem Jahre 1373 und endet mit einem ungarischen
Taler von 1500. Eine Karte von Europa mit den beigesetzten
Jahreszahlen und ein alphabetisches Ortsverzeichnis erhöhen
die Brauchbarkeit des 92 Seiten umfassenden Werkchens.
* Österreichische Gläser der Biedermeierzeit von Julius
Lcisching. Mitteilungen des Erzherzog Rainer-Museums für
Kunst und Gewerbe. J. 1914, Nr. 8, S. 113.
* Kriegsgreuel im Bilde von Viktor Fleischer (Wien),
Berliner Tagblatt vom 17. Dezember 1914.
* G. Schöttle, Die Münzstätte Haldenstein und ihr
Streit mit der Stadt Lindau im Jahre 1623. Jahrbuch
für schweizerische Geschichte, Band 39, 1914.
* F. S. Hill (Keeper of Coins), Catalogue of The Greek
Coins of Palestine, British Museum. Catalog 1914.
Neue Kataloge.
* Karl Ernst Henrici, Berlin W 35. Lagerkatalog 17.
Autographen deutscher Dichter und Schriftsteller. (231 Num -
mern mit Preisen.)
* Basler Buch- und Antiquariatskatalog.
Antiquarischer Anzeiger Nr. 223.
Briefkasten.
Marie Th. in Leipzig. Das Geschlecht ist erloschen. Nähere
Angaben finden Sie im Jahrgang 1903 des Gotbaischen Genealo -
gischen Taschenbuchs der Gräflichen Häuser.
Elpis. üie Ergebnisse sind nicht nennenswert.
F. K., Troppau. Der Zeitpunkt wäre für den Verkauf nicht
günstig.
Trophäen. Eine derartige Ausstellung fand in Wien noch
nicht statt, doch sind einzelne aul den Schlachtfeldern erbeutete
Geschütze auf öffentlichen Plätzen aufgestellt.
Baron v. R. Der Künstler ist im Felde. Die Feldpostnummer
kennen wir leider nicht.
Rauchen. Daß man schon in der Römerzeit rauchte,
ist durch die kleinen Pfeifen bewiesen, die man in römischen
Siedelungen der Schweiz, Deutschlands, Englands, Frankreichs,
Hollands und Spaniens fand.
Jahresuhren. Uhren, die einmal im Jahre aufgezogen wurden,
waren schon im 18. Jahrhundert bekannt. Es stellten solche
her: Tompion vor 1713, Delander um 1721, Quare vor 1724
und Rivaz 1749.
Weite in K. 80 bis 100 Mark.
Signatur. L. X. ist die Signatur des Stempelschneiders
Luca Xell, 1618—1622 in Guastalla, 1623—1629 in Parma.
ar Das Inhaltsverzeichnis des Jahrganges 1914
werden wir der zweiten Jännernummer beilegen. -*5