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Objekt: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 10)

Diese Schau mit ihrem wechselvollen vielseitigen Temperament steht schön und 
anregend am Herbstbeginn und ist ein gutes und erfüllungsvolles Geschmacksdebut unseres 
neuen Nationalgaleriedirektors Justi. Felix Poppenberg 
ERLIN, SCHAUFENSTERWETTBEWERB. In den ersten Oktober- 
tagen fand in Berlin der dritte Schaufensterwettbewerb statt. Das Geschmacksniveau 
für die Kultur und Regie dieser Straßenausstattungsstücke hat sich sehr gehoben. Vor 
allem bemerkte man, mit wieviel sicherem Sinn jetzt für die verschiedenen Waren der 
ihnen gemäße Stil der Darbietung gefunden wird. 
Ganz vereinzelt fanden sich groteske Gegenbeispiele: eine Schuhauslage als 
Schreckenskammer schwarz ausgeschlagen und aus dem Vorhang herausragend wie im 
Schauerdrama la Main, eine Hand im Röllchenrahmen, die auf einen Stiefel weist, oder 
das Butterfenster, in dem auf die Butterblöcke mit Stanniolknöpfen Buchstaben gebildet 
wurden und die als Zusammensetzspiel in so unappetitlicher Form frische Tischbutter 
anpriesen. Vielmehr erwies sich gerade in der rein sachlichen Dekoration mit dem 
einfachen Material ohne Mätzchen in der Bescheidenheit der Natur ein gutes Resultat. 
Ein Beispiel dafür ist, wie auf Stellagen von rohen Brettern Käse aufgestapelt sind, 
wechselnd in gelbfarbigen Mühlsteinformen und in roten Kugeln, eine derb rustikale 
Wirkung. Materialsimplizität, nur raffinierter komponiert, zeigten Zigarrenläden mit der 
Aufschichtung der braunverschnürten grauen Tabakballen, durch deren Maschen der 
goldgelbe Tabak sieht. Als Untergrund grobe gelb-rot gemusterte Matte, das hat in seinen 
dumpfen Farbenharmonien etwas Kolonial-Exotisches. 
Als gutes Mittel bewährt es sich, die Ware in Ursprungs- oder Gebrauchszusammen- 
hang vorzufiihren. So hängt ein Wollgeschäft zwischen Wänden, die mit schwarz-weißen 
Fäden bespannt sind, eine farbig gehäkelte Decke; unten steckt die Nadel darin und 
aufgeschichtet liegen die abgetönten Knäuel, die der Arbeit gedient. Und eine Variation 
dazu: der leger zusammengeworfene Kissenhaufen mit dem links und rechts aufgetürmten 
Material der Seiden. 
Nahrungsmittel werden weniger stillebenhaft ornamental als realistisch, etwa speise- 
oder vorratskammermäßig aufgebaut. So reihen sich in einem großen Fenster dicht braun 
geflochtene Marktkörbe mit Äpfeln, Birnen, Nüssen, Kastanien; dazwischen Rübenbündel 
und darüber baut sich auf Mattenhintergrund ein Kugellager mächtiger Kürbisse und heller 
und violetter Kohlköpfe auf. Gespickte Hasen werden auf blanken Holzbrettern appetitlich 
ausgestellt, und diese Kiichenästhetik wird räumlich von grünem Tannengezweig eingefaßt, 
zwischen dem die Jagdbeute, Hasen und Fasanen, noch waldgerecht im Pelz- und bunten 
Federkleide hängen. 
Eine Konditorauslage errichtet zwischen blau-weiß gestreiften Wänden ein ver- 
lockendes Kuchenbüffet, in der obersten Etage vom Baumkuchen gekrönt. Sportgeschäfte 
gruppieren um einen als Raumakzent sehr dekorativ wirkenden Propellerflügel die 
Requisiten der Aviatik, oder sie komponieren zwischen weiß bespannten Wänden in heller 
frostkalter Weise ein Ensemble von Skiern, Lederdreß, Sweatern; der gebirgige Koffer 
vervollständigt die Reisestimmung und die brennende Sturmlaterne setzt dies Winter- 
Kampagnelager ins rechte Licht. 
Dekorationen im Plakatstil lassen sich beobachten, auf den koloristischen Gegensatz 
großer Flächen angelegt. Zwischen weißen Wänden, die sich perspektivisch verengen, 
steht in der Tiefe auf schwarzem Viereckssockel eine Schreibmaschine, und über ihr bilden 
die Buchstaben, die den Namen ihres Systems angeben, ausgeschnitten, rotlackiert eine 
Randleiste. 
Auserlesene Leistungen sah man in der Gruppe, die sich als Dekorationsthema die 
Farbensinfonie gewählt hatten. Ein Parfümgeschäft variierte die Fliederweise in einem 
hermelinweißen Rahmen. Kristallflakons mit zarten und dunkleren Lila-Essenzen stehen in 
gefälliger Ordnung. Eine gläserne Vase mit Fliederzweigen gibt das Thema an und pikant
	        
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