Dasjenige, was zuerst den
Blick fesselt, ist der I-Iochaltar
mit seiner nächsten Umgebung.
Eine Symphonie von Farbe
und Helldunkel, das ist der
erste Eindruck und es ist auch
das letzte Wort, das man mit
Bewusstsein darüber aus-
spricht nach Kenntnisnahme
aller Einzelheiten und aller
Hilfsmittel, welche hier ange-
wendet wurden, dieses Meister-
stück zu schaffen.
Das Ungewöhnliche und
in der neueren Kunst einzig
Dastehende des hier Erreich-
ten nöthigt dazu, hier weiter
auszuholen, um die Eigenheit
des Geleisteten recht deutlich
zu machen.
Die hier erzielte Farben-
Smg, ü, 4„ m", stimmung mit irgend einer der
nach Hunderten und Tausen-
den zählenden neueren gothischen Kirchen mit ihrer Innenbemalung
und Vergoldung zu vergleichen, geht schlechterdings nicht an; der
Unterschied ist zu gross, zu principiell.
Nur wenige Werke besonders hervorragender Art können da zur
Vergleichung herangezogen werden, und zwar besonders solche, bei
denen es von vomeherein Aufgabe war, die Freiheit und Harmonie
alter Künstler nachahmend zu erreichen; also polychrome Restau-
rirungen alter Kapellenräurne von hervorragendem Kunstwerte. Es
wären dies etwa für Italien die theilweisen Restaurirungen von Wand-
malereien von Giotto, besonders in den Querschiffkapellen von Santa
Croce zu Florenz; in Frankreich die polychrome Ausschmiickung der
Sainte-Chapelle zu Paris, in Deutschland die Restaurirung und Aus-
malung der Marien-Kirche zu Nürnberg.
Die italienische Leistung wird in der Geschichte der italienischen
Malerei von Crowe und Cavalcaselle als mustergiltig gepriesen; wenn
man aber bemerkt hat, wie die Köpfe weichlich modernisirt wurden,
so dass sie für den Historiker die so charakteristischen Verkürzungs-
fehler einbüssten, zugleich aber den, Giotto eigenen, geradezu drama-