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Volltext: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 1)

neue, unserer Zeit entwachsene Schöpfungen würdig zur Seite zu 
treten suchen. 
Die Kunstgewerbemuseen waren überall auf geschichtlicher Basis 
gegründet worden, aber nicht so, dass man an eine Weiterentwicklung 
der damals bestehenden Kunstfonnen gedacht hätte. Sondern, bei 
aller Wandlung und Ausdehnung des Geschmackes der Winckel- 
mann-Lessing'schen Periode gegenüber, hatte man von ihrer Grund- 
idee, dass es musterhafte Kunstzeiten gab, die man einfach nachzu- 
ahmen hätte, nicht abgelassen. Hat sich heute sogar die Pflege der 
Geschichte als Wissenschaft völlig geändert, bleibt man nicht mehr 
bei den Staatsactionen stehen, sondern sucht man durch ausgedehnte 
Untersuchung aller historischen Lebensäusserung, der geistigen wie 
der wirtschaftlichen, ein tieferes Eindringen in vergangene Zeiten zu 
erlangen, so darf auch die Kunstgeschichte nicht stehen bleiben, nicht 
als Künstlergeschichte und Geschichte der Stilarten weiter behandelt 
werden, sondern sie muss sich, und dazu ist ja aller Orten der Anfang 
schon gemacht, zu einer allgemeinen Formengeschichte ausweiten. Da 
müssen die Kunstgewerbemuseen eintreten, wo seit lange schon für 
solche Formengeschichte das Material aufgespeichert wurde. Wollen 
wir logisch und sachlich vorgehen, so muss sie dies mit der Behand- 
lung der Formengeschichte in den einzelnen Ländern beginnen. Dazu 
wurde im Österreichischen Museum in Wien auf breitester Basis 
der Grund gelegt. In dem letzten stillen Lustrum dieser Anstalt, als 
man es immer wieder verschoben hatte, der neuen Kunstrichtung 
Rechnung zu tragen, hatten zwei der Beamten des Museums, Custos 
Masner und Professor Alois Riegl, den Plan gefasst, eine grosse Formen- 
geschichte, wie sie sich auf österreichischem Boden abgespielt hat, zu 
schreiben. Sie haben sich mit namhaften Gelehrten verbunden, alle 
Hindernisse, die ihnen in den Weg gelegt worden, besiegt, und sind, 
unterstützt von dem gegenwärtigen Unterrichtsminister, der die 
Wichtigkeit dieser Aufgabe sogleich erkannt hatte, nun an der Arbeit, 
die antike Periode und die Periode der Völkerwanderung zu behandeln. 
Wird sich die Durchforschung der späteren Jahrhunderte und Stil- 
perioden dem Begonnenen anschliessen, so wird man immer trachten 
müssen, die Sammlungen des Museums als den Mittelpunkt zu erhalten, 
von dem sich diese Studien weiter ausbreiten. Mit dieser That hat sich 
das Österreichische Museum an die Spitze aller ähnlichen Anstalten 
gestellt, denen es damit die Wege gewiesen hat. Ist einmal die 
zunächstliegende Aufgabe, den neuen Stil in Osterreich zu recipiren 
und fortzuentwickeln, gelöst, und es ist zu hoffen, bei der Energie, mit 
der sie angegriffen, dass ihre Lösung bald gelingen wird, dann steht
	        
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