MAK

Volltext: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 4 und 5)

Die Ausstellung, die über 2 5 Preise und eine Lotterie zur Verfügung hat, gruppirt 
sich mit ihren etwa 900 neuen Werken folgendermassen: Der Säulenhof mit seinen 
Nebenräumen und der neue Annex sind international und der Plastik gewidmet. 
Im übrigen enthält das Erdgeschoss ausländische Malerei, während der erste 
Stock den österreichischen Malern gehört. Das Charakteristische der Ausstellung 
ist der nahezu vollständige Sieg der modernen Richtungen. Was man vor einigen 
Jahren Secession getauft hat, ist heute das Herrschende. Allerdings sind die Bahn- 
brecher selbst seither gereift, oder doch älter geworden und das Stadium ver- 
wegener Jugendlichkeit ist überwunden. Was als Ergebnis bleibt, ist eine 
gesteigerte Frische des Schaffens auf der ganzen Linie; von der Schule weg eine 
Annäherung an die Natur, und von der akademischen, also zunftmässigen Kunst- 
übung weg, ein entscheidender Schritt zum Individuellen. Mit einer Kunst- 
emeuerung in diesem Sinne kann man denn wahrlich zufrieden sein. Schon dass 
sie es vermeidet, wie bisher der Fall gewesen, statt der alten Recepte ein neues 
Recept vorzuschreiben, sichert auch eine gesunde Weiterentwicklung. Es liegt 
freilich in der Natur der Sache, dass die Wiedergeburt sich einstweilen mehr in 
den Beiträgen des Auslandes, als in denen unserer einheimischen Kunst ausdrückt. 
Die Wiener Secession hat die Genossenschaft einen Theil ihrer jungen Garde 
gekostet, ein grosser Theil des neuen Strebens ist also jetzt am Parkring zu 
suchen, der ältere Körper aber ist nicht mehr gefügig und flügge genug, um neue 
Aufschwünge zu versuchen. Wie ein wohlthätiger Sauerteig erscheinen in diesem 
Kreise gewisse junge Bemühungen, die weit über die gewohnte Schablone hinaus- 
gehen. Nennen wir vorderhand Ad. Hirschls grosses Gemälde: „Die Seelen am 
Acheron", wo unfehlbare Zeichnung sich mit einer unheimlichen, auf Violett und 
Grün gebauten Farbenstimmung verbindet; dann Alois Delugs grosses Trip- 
tychon der Familie Burchard, mit einer thronenden Madonna inmitten gemüthlich 
adorirender Kinder; auch Veiths hübsche Scene: „Das Wunderthier", wo er 
fortfahrt, neuenglische Märchenfarben mit seidigen Hauttönen aus Paris zu 
mischen. Auch Goltz („Ad artem") fehlt in dieser Richtung nicht, ohne aber 
diesmal zu überzeugen, und Seligmann („JugenderinnerungenÜ kokettirt gerne 
mit ihr, was aber der neuen Muse nicht zu genügen scheint. An der Hauptstelle 
hängt bei den Österreichern Julius Bergers grosses Gemälde: „Artes faventes"; 
der Kaiserbüste (an deren Stelle wir die lebendige Figur gewünscht hätten). wird 
da eine bunte Huldigung dargebracht. Das meiste Interesse unter den Wienern 
erregt Hans Temples „Interieur bei Excellenz Dumba". Man sieht das berühmte 
Makartzimmer und darin eine Anzahl Wiener Kunstgrössen, die eben das Modell 
zu Tilgners Makartdenkmal betrachten. Da sitzen oder stehen Nikolaus Dumba, 
die Künstler Zumbusch, Kundmann, Lichtenfels, Scharff, Angeli, Rudolf Alt und 
Professor Benndorf. Hinter diesem erkennt man auf einer Staffelei Angelis Bildnis 
der l-laustochter. Im Hintergründe ist ein Fenster gelb verhängt, ein zweites lässt 
Tageslicht ein. Die robuste Hand des Künstlers hat es sehr gut verstanden, all die 
Pracht des Gemaches und die acht Porträtiiguren wie aus einem Guss zu geben. 
Die Ungleichheiten seiner früheren Bilder dieser Art sind hier vermieden, die 
Erfahrung ist eben seither gewachsen. Ein zweites derartiges Interieur des 
Künstlers zeigt ein five o'clock im Wintergarten des Kunstfreundes Dobner von 
Dobenau, wo auch die weibliche Toilette ein Wörtchen mitzusprechen hat. Das 
Wiener Porträt ist überhaupt die starke Seite der einheimischen Kunst. Von 
Horowitz sieht man u. A. den Grafen Lanckoronski, ein vornehm zurück-
	        
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