die neue Wienzeile zu stehen und wendet seine Stirnseite der Karlskirche zu. Er
bildet ein Viereck von moo Quadratmetern und wird von einer Gartenanlage
umgeben sein. Das Äussere ist ganz einfach gedacht, in weissem Putz von
verschiedener Behandlung. Nur der Mitteltheil der Facade tritt bedeutend hervor
und wird ganz eigenartig ausgestaltet. Das Hauptportal erhält einen reichen
Kupferbeschlag, dessen Blütenwerk die drei Kunstwappen darstellt. Über dem
Haupteingange sind die drei Künste in der Form von drei Masken, von einem Ring
umschlungen, und eine Zeile vergoldeter Bronzebuchstaben enthält bloss zwei
Daten: „3. April x8g7" (Constituirung des Vereins) und „15. November 1898"
(Eröffnung des Hauses). Hinter dem Portal steigen vier Pylonen auf, aus denen
sich, gleichsam aus vier Baumkübeln, ein prächtiger goldener Lorbeerbaurn mit
einer Laubkrone von 9 Meter Durchmesser entwickelt. Er ist naturalistisch
behandelt, als vollständig durchbrochene Schmiedeeisenarbeit, aus der sich in
origineller Weise eine Kuppel entwickelt. Sie krönt, 21 Meter hoch, den Mittelbau.
Die Flügel rechts und links sind ganz einfach gehalten, desgleichen die hinter
ihnen befindlichen Ausstellungsräume. Diese gruppiren sich um einen Empfangs-
salon, der als dauernde Anlage auch künstlerisch ausgestattet wird. So ist inner-
halb der verfügbaren Mittel ein Bau ermöglicht, der den praktischen Zweck
tadellos erfüllt und künstlerisch etwas Neues sagt.
AUSSTELLUNG DER MÜSTERZEICHNER. Der Verein der
Musterzeichner Wiens hat gegenwärtig im Säulenhofe des Österreichischen
Museums eine Ausstellung seiner Arbeiten. Der Verein erfreut sich zahlreicher
Mitglieder und sie waren emsig bestrebt, den Stand ihres Könnens darzulegen.
Durch eine solche Ausstellung kommt man auch selbst am besten darüber ins
Reine, was man noch anzustreben hat. Wir sehen da Muster für verschiedenartige
Stoffe, für Möbel, Damenkleider, Cravatten, dann für weissen und farbigen
Leinendamast, auch für Application, Gobelin-Imitation und Knüpfteppiche. Es
werden verschiedene Stilarten versucht, von correcter Neurenaissance und dem
verworrensten Rococo bis zu Anlehnungen an jetziges Englisch. Neben Stilisi-
rungen, ja mit ihnen seltsam gemischt, kommen auch naturalistische Blumen in
Menge vor, selbst für Knüpfteppiche, die in Entwurf und Farbenhaltung stark an die
der Vierziger-Jahre erinnern, von denen das Publicum durch das Österreichische
Museum und Eduard Haas befreit worden. An so mancher dieser Arbeiten ist
ehrliches Streben zu schätzen und auch an Phantasie fehlt es nicht (siehe die
Cravattenmuster), allein es drängen sich zwei Bemerkungen auf. Unsere Muster-
zeichner kennen und können zu wenig. Sie kennen die Leistungen des Auslandes
nicht genug und sie können nicht in der richtigen Weise zeichnen. Berlin und
London, aber selbst Crefeld zeigen, welch grosse Erfolge der unausgesetzten
intimen Berührung mit den Mitstrebenden zu danken sind. Sie wird durch plan-
mässige und immer wiederholte Ausstellungen fremden Kunstgewerbes erreicht;
die jetzige keramische in Berlin ist ein glänzendes Beispiel dafür. Diese erziehliche
Wirkung im weitesten Umfange auszuüben, darauf werden wir auch in Wien
bedacht sein müssen. Was das Zeichnen anbelangt, ist die Umerziehung allerdings
schwieriger. Der rationelle Zeichenunterricht von heute stellt seine Anforderungen
nicht nur an die Hand, sondern auch an den Kopf. Auf vieles Skizziren, Zeichnen
nach der Natur, Gedächtniszeichnen wird grosses Gewicht gelegt; daher die
Frische und Mannigfaltigkeit, durch die uns die Musterzeichner des Auslandes