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Die Arbeit Masänobus, eines Künstlers, der von etwa r71o bis
1750 thätig war und als der Fortsetzer Moronobus, des Begründers
des künstlerischen Holzschnitts, betrachtet werden kann, zeigt
einen jungen Mann, der ausgestreckt daliegt und einem hinter ihm
sitzenden Mädchen die mit Sake (Reiswein) gefüllte Schale hinhält. Die
Art, wie das Mädchen ihr Gewand zusammenhält, die zierliche Bewe-
gung, womit sie die Schale ergreift, bekundet die Verfeinerung, die
Masanobu in die Kunst hineingetragen hatte. Ist auch hier die Natur
noch gar nicht unmittelbar zu Rathe gezogen worden, fehlt es somit auch
nicht an Unrichtigkeiten in den
Verhältnissen, so ist die An-
schauung von der Drehungs-
und Beugungsfähigkeit des
menschlichen Körpers doch so
lebendig, der Fluss der Umrisse
so zart und so bestimmt, die
Cornposition so anmuthsvoll und
abgerundet, dass man gar nicht
daran denkt, die Natur als Mass-
stab anzuwenden, sondern sich
an der dargelegten Meisterschaft
bedingungslos erfreut.
Das Blatt von Ishikawa
Toyonobu, einem etwas jünge-
ren Künstler, der bereits die
ganze weitere Entwicklung bis
zum vollen Farbendruck erlebt
hat, begnügt sich mit der Vor-
führung einer einzelnen Frauen-
Kodusai, Dame m, Sam, gestalt und ist nach Art der
älteren Werke mit der Hand
colorirt, gehört also jener Technik an, aus deren Nachahmung
der Buntdruck ervvuchs, wie in Europa der Buchdruck aus der
Nachahmung der Handschriften hervorgegangen war. Die Schöne,
in reich mit Handtrommel (Tsuzumi), Laub und Gräsern gemustertem
Obergewande, das sich der Schwingung ihres Körpers anschliesst,
wendet sich in lebhafter, dramatischer Bewegung, gleich einer gothi-
schen Jungfrau. Um ein Porträt handelt es sich dabei nicht, sondern
nur um ein Bild anmuthvollen Gebarens.
Von diesen Primitiven unterscheiden sich die Meister aus der
zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts dadurch, dass sie, ohne etwa