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Volltext: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 9)

Wohnräume „im alten Stil" haben will, gleichviel ob mit alten 
Möbeln oder modernen in altem Stil, muss dazu auch einen gewissen 
Grad von Verständnis gepaart mit Liebe zur Sache mitbringen. Wem 
Beides fehlt, und wer gutem Rath sein Ohr verschliesst, der lasse 
seine Finger davon. Wer zu einem alten Interieur noch alte Tracht 
der Bewohner verlangt, darf füglich auch die Aussicht auf ein idyllisch 
gelegenes Dörfchen nur im Bauemkittel und eine Berglandschaft nur 
in Tiroler-Loden bewundern, muss zur Besichtigung einer Regatta 
Matrosenkleider mitbringen und im Theater nur in einem Kleide 
erscheinen, das streng nach Ort und Zeit der Handlung zugeschnitten ist. 
So lange wir keine neue und selbständige Kunst haben, ist es 
besser bei den Alten in die Lehre zu gehen, als planlos zusammen- 
zustellen, was Zufall und Laune im Bazar und in diesem und jenem 
Kunst- und Möbelmagazin gerade finden lassen. Wie man es machen 
soll, wie die Vorzeit unserer Umgebung anzupassen ist, das lehren 
uns alte Bilder jener Zeit, Wohnräume, die sich durch den Lauf der 
Jahrhunderte ohne wesentliche Veränderungen im alten Zustande 
erhalten haben, und endlich die modernen Interieurs erfahrenerForscher 
und Sammler. Aus einer dieser Quellen seien heute einige Beiträge 
zur Kenntnis der inneren Wohnungseinrichtung zur Zeit der Spät- 
gothik geschöpft. Es betrifft die gothischen Interieurs aus Schloss 
Issogne, einem in Valle d'Aosta, am rechten Ufer der Dora, nahe 
dem Flecken Verres gelegenen altitalienischen Castello des XV. Jahr- 
hunderts. Der Bau, um r4go entstanden, gehörte den Herren von 
Challant, deren Wappen und sinnige Devise „TOVT EST ET N'EST 
RIEN" im Schlosshofe angebracht ist. Es veranschaulicht, der ange- 
gebenen Zeit entsprechend, den Übergangsstil von der Gothik in die 
Renaissance, jene Kunstperiode, die von der Gothik das Beste bewahrt 
und von der Renaissance das Beste schon in sich aufgenommen hatte. 
Über das Schloss und seine Fresken habe ich bereits anderwärts be- 
richtetf dagegen möchte ich hier noch einige Interieurs bekannt geben, 
die ich in jener Publication nicht zur Abbildung brachte. 
Ausserdem sei ein Bild des überaus ruhig wirkenden I-Iofraumes 
gegeben, der uns in das Innere des Schlosses führt. Seine Mauern 
sind mit Wappenmalereien geschmückt und wirksam belebt durch 
die säulenumrahmten Fenster, sowie die Bogengänge der Entree und 
des zweiten Stockwerkes. Im Letzteren sieht man auch auf dem Bilde 
deutlich die Inschriften „La garde Robe, La tappysserie", welche 
die Zwecke bezeichnen, denen die dort gelegenen Räume dienten: in 
' R. Forrer, Späthgothische Wohnräume und Wandmalereien aus Schloss lssogne. Strass- 
burg, X896, Schlesier ü: Schweikhardt. Mit 12 Tafeln.
	        
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