MAK

Volltext: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 11 und 12)

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Werkstatt zu finden war. Eine Möbel-Architektur war es, die man 
trieb, indem man Säulen, Pilaster, Gesimse und Verkröpfungen auf 
Buffet- und Schrankfacaden verschwenderisch anbrachte. Und so 
herzlich begeisterte sich alle Welt dafür, dass es fast unmöglich 
schien, dieser antiquarischen Mode etwas Anderes gegenüberzu- 
stellen. Wirkliche Schäden traten zu Tage; die Grundsätze der 
Tektonik schienen verwischt; der Begriff für Raumwert, für Aufbau 
und Füllung, wie er durch die eigentliche Brettconstruction der 
Schreinerei bedingt wird, schien ebenso in Vergessenheit geraten, 
wie das Verständnis für den Zweck eines Sitzmöbels, das sich der 
Form des Körpers anzupassen hat und nicht den Ruhebedürftigen in 
eine Zwangslage bringen darf. 
Endlich kam der Anstoss zur Umkehr, und es ist kein Zweifel, 
dass er auch in München durch die Bewegung in England und den 
Niederlanden gegeben wurde. Man verzichtete darauf zu kopieren 
und entschloss sich neu zu schaffen. Allerdings war die Gefahr der 
Nachbetung damit nicht beseitigt, denn wer hätte es hindern können, 
wenn man jetzt statt der altdeutschen einfach die neuenglischen 
Modelle wiederholte? Es muss aber doch anerkannt werden, dass 
nur die Principien und nicht die Ausdrucksformen der modernen 
Schöpfungen englischer und belgischer Reformatoren übernommen 
wurden. 
Die Ausstellung im Münchner Glaspalast 1897 wird denkwürdig 
bleiben, weil hier zum erstenmal einige wenige Künstler mit ihren 
kunstgewerblichen Leistungen vor die Öffentlichkeit traten. Aller- 
dings war hier in zwei kleinen Kabinetten das Widersprechendste 
zusammengepfercht. Aber es liess sich doch aus dem bunten Allerlei 
das ernste Streben erkennen, die alten Formeln zu vergessen und für 
die neuen Bedürfnisse einen neuen persönlich gefärbten Ausdruck zu 
finden. Der Erfolg blieb nicht aus. Es war zwar leicht, die Fehlgriffe der 
einzelnen Künstler zu kritisiren, die Übertreibungen und Verirrungen 
zu verhöhnen, aber die Theilnahme des Publicums und die Zustim- 
mung der Berufenen liess deutlich erkennen, dass es sich um zu- 
kunftsvolle Anfänge handle. Die Misstimmung der conservativen 
Elemente machte sich überall Luft, denn der mühsam erworbene 
und wohlgeordnete Besitzstand an bewährten Modellen und geläufigen 
Formeln sollte mit einem Schlage entwertet werden. Es hiess plötzlich: 
umlernen. 
Sehr interessant ist es zu beobachten, wer nun die neuen 
Bestrebungen beförderte. Die Anregung ging nicht von officieller 
Seite aus, wenn man auch durchaus nicht sagen darf, dass an leitender
	        
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