AS CONGRESSVVERK- Nach nahezu dreijähriger Arbeit ist nun das
Prachtbuch erschienen, in dem das denkwürdige Zeitalter des Wiener
Congresses zum ersten Male seine eingehende litterarisch-künstlerische
Würdigung findet. Die Congressausstellung von 1896 im Oesterreichischen
Museum, die in engeren und weiteren Kreisen einen so durchschlagenden Erfolg
gehabt, hat bekanntlich den Anstoss zu dieser Publication gegeben, die selbst in
diesem Jubeljahre, so viele gross angelegte Gelegenheitswerke es auch hervor-
gebracht, unbestritten voransteht. Es ist jedenfalls zur richtigen Zeit erschienen,
sowohl weil die feinschmeckerische Schätzung des Empirestils nebst seinem
Vorher und Nachher jetzt in ihrer vollen Blüthe steht, als auch weil die reprodu-
cierenden Kunsttechniken einer solchen Aufgabe jetzt vollauf gewachsen sind.
Das Werk ist natürlich über die Congressausstellung hinausgewachsen, schon
weil es durch Schilderung des geschichtlichen und gesellschaftlichen Milieus, aus
dem der Kunst- und Curiositätenstoif hervorgegangen, eine möglichst zusammen-
hängende und lückenlose Rundschau bieten sollte. Dies ist denn auch reichlich
erzieltwordemwasumsomehranzuerkennenist,alsdie Quellen der Information für
diese so neue Zeit spärlicher und zum Theil schwerer zugänglich sind, als für gut
erforschte ältere Perioden. Der Titel lautet: „Der Wiener Congress. Cultur-
geschichte, die bildenden Künste und das Khnstgewerbe, Theater, Musik, in der
Zeit von 1800 bis x825. Mit Beiträgen von BrunoBucher, Joseph Folnesics,Eugen
Guglia, Ludwig I-Ievesi, Eduard Leisching, Carl v. Lützow (i), I-Ians Macht, Carl
Masner, Alois Riegl, Franz Ritter, Wilhelm Freih. v. Weckbecker, Hugo Wittmann,
unter Redaction von Eduard Leisching. Wien, Verlag von Artaria und Co. 1898."
(Gross-Quart, VIII und 307 S.) Das Buch ist Sr. kaiserlichen und königlich
Apostolischen Majestät Kaiser Franz Joseph I. gewidmet. Das Vorwort ist
gezeichnet vom Comite der Wiener Congressausstellung, Präsident Graf Hugo
von Abensperg und Traun, Vicepräsident Graf Vincenz Latour. Gedruckt wurden
25 Vorzugsexemplare, 500 numerierte und 25 Präsentationsexemplare. Der Text
besteht ausser Widmung und Vorwort aus vierzehn Capiteln. Eduard Leisching
behandelt die geistigen Strömungen zu Beginn des XIX. Jahrhunderts, Eugen
Guglia den Wiener Congress, seine Fürsten und Staatsmänner, Ludwig Hevesi
in zwei Capiteln die Wiener Gesellschaft zur Zeit des Wiener Congresses und
Wien: Stadtbild, Festlichkeiten, Volksleben, Carl von Lützow die hohe Kunst:
Architektur, Malerei, Plastik, Medailleurkunst, Franz Ritter die Miniatur, Bruno
BucherGoldschmiedekunstundEmail, Hans Macht die Keramik, Joseph Folnesics
das Glas, Alois Riegl Möbel und Innendecoration, Eduard Leisching die Bronze,
Karl Masner das Costiim der Empirezeit, Hugo Wittrnann das Wiener Theater
zur Zeit des Congresses, Wilhelm Freiherr von Weckbecker die Musik zur Zeit
des Congresses. In den meisten dieserBeiträge herrscht das Bestreben, den äusserst
detailreichen und daher leicht zur Trockenheit verleitenden Stoff in lebendiger
Gestaltung zusammenzufassen und auch für ein allgemeiner gebildetes Publicum
anregend zu machen. Manche der Aufsätze sind in dieser Hinsicht als mustergiltig
zu bezeichnen und die geschickte Einstreuung der Textbilder trägt dazu bei. Aber
auch der Fachmann findet seine Rechnung und es darf gewiss darauf hingewiesen
werden, welche Fülle von sachlichen Berichtigungen und Erweiterungen durch
nachträgliches unermüdliches Suchen schon seit dem Katalog der Congressaus-
stellung, einem gewiss fleissig gearbeiteten Buche, erzielt wurde. Das Gebiet liegt
eben noch ziemlich brach und mancher Kräfte wird es noch bedürfen, um es aus-