Willkür wie bei den Malern in der
Verwendung der ästhetischen Aus-
drucksformen, sie sind ein Zeichen
der übermüthig gewordenen Ge-
staltungslust. Da fragt man sich
unwillkürlich, wie soll das noch
enden, so kann es nicht mehr
weiter gehen; wer wird das alte,
edle Mass zurück- oder den neuen
Stil hervorbringen?
Das Nebenzimmer lässt bereits
den Umschwung im Gebiete der
Decoraüonskunst erkennen. Papier-
tapeten mit kleinen, niedlichen
Blumenmustern, durch gerade
Farbenstreifen vertical abgetheilt,
kleben an den Wänden. Der
Schnörkel ist von dannen! Der
massive bleigraue Ofen zeigt schon
antike Säulenarchitektur. Nur an
der Decke spielt noch altes Schnör-
kelwerk in Stucco und die Mitte
derselben nimmt ein Gemälde des
alten Barockmalers Bartholomäus
Altomonte ein, der in Ölfarbe den
Raub der Proserpina und ihre
Venezianischer Spiegel im Schlafzimmer
des Kaisers
jammemde Mutter an die Mauer hinmalte. Das Interessanteste ist aber
ein frei und schön geschwungenes Gitter von Stabeisen, etwa aus der
Zeit, als das Zimmer baulich hergerichtet wurde (x718- 1720), welches
die zur Wohnung des Prälaten hinunterführende Schneckenstiege
maskirt.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN 54h
VON LUDWIG HEVESI-WIENSW
ER WIENER RATHHAÜSKELLER. Am m. April 187i hatte die
k. k. Landwirtschafts-Gesellschaft im Gemeinderath die erste Anregung
zur Einrichtung eines Wiener Rathskellers gegeben und „schon" am 1 2. Februar 189g
war dieser glücklich eröiTnet. Das sind ironische Daten, aber die Ironie thut
diesmal nicht besonders weh. Wenigstens ist in diesem Zeitraum das münch-
nerische Wirtsstuben-Altdeutsch glücklich übertaucht worden und Wien konnte
einen modernen Rathskeller bekommen, für moderne Steuerzahler und Besucher