derberen Bildungen überging. Beim Vergleiche des in verschiedenen
Sammlungen zerstreuten Materiales ist namentlich in der dritten
Gruppe die Übereinstimmung der Glassorte, der Formen und der
Verzierungen kaum zu verkennen. Man wird zu der Überzeugung
gedrängt, dass diese Producte derselben Werkstätte angehören, ja,
in den phantastischen Wellenzügen der Oenochoön und Trullae,
sowie einigen anderen Stücken muss man sogar dieselbe Hand
erblicken. Zwischen diesen Arbeiten und den schüchternen, vom
Zickzackfaden ausgehenden Anfängen einerseits und den virtuosen
Kunstleistungen der Rosettenkannen anderseits liegt freilich ein Fort-
schritt des technischen Könnens, wie ihn eine einzelne Person nicht
in sich durchgemacht haben kann. Aber die Vermuthung liegt nahe,
dass sie einer Werkstätte entstammen, deren Specialität sich durch
einige Generationen vererbte. Damit stimmen auch die einigermassen
datirbaren Fundumstände überein. Das Grabfeld an der Luxemburger
Strasse in Köln, die reichste Fundgrube dieser Sorte von Gläsern,
enthielt neben ihnen Münzen von Domitian bis Septimius Severus,
am häufigsten aber solche des I-Iadrian und Antoninus Pius. Die
übrigen Beigaben liessen auf die Zeit I-Iadrians schliessen. Der Fund
von Gelsdorf war mit Münzen und Beigaben der ersten Hälfte des
III. Jahrhunderts begleitet, der Becher des Wiesbadener Museums_
weist sogar auf die späteste Zeit der Antike. Er hat unter dem Rande
des grünlichen konischen Körpers einen dicht gewundenen Spiralfaden,
die übrige Fläche nimmt in viermaliger Wiederholung ein regelloses
Muster von Wellenranken ein, die auf senkrechten Stielen von der Fuss-
platte aufsteigen. Die Farben des Fadens sind die an der Wende des IV.
und V. Jahrhunderts üblichen, goldbraun und violettroth. Das Glas ist
von den Nachfolgern Cohausens unter die zweifelhaften und modernen
Erzeugnisse verbannt und für die gelegentlichen Besucher dieses
Museums nur aus der Vogelperspective sichtbar; der Fachmann wird
in ihm einen interessanten Beweis für das Fortleben des kölnischen
Schlangenfadenglases in spätrömischer Zeit erblicken. Dazu kommen
in derselben Periode Canthari mit einem verworrenen, netzartigen
Belag, der in seinem Ungeschicke fast kindisch anmuthet, wie zum
Beispiel die Schale aus Östrich im Museum zu Mainz. Die Schlangen-
fadentechnik reicht demnach vielleicht noch in das Ende des I. Jahr-
hunderts hinein, ihre Blüte jedoch fällt in das Zeitalter des Hadrian und
des Antoninus Pius; sie erhält sich auf annähernd gleicher Höhe bis
an das Ende des II. Jahrhunderts, um von da an derberen Gebilden
Platz zu machen. Uns Modernen macht sie vor allem sympathisch ein
Zug persönlicher Freiheit und Loslösung von traditionellen Formen.