„Schubert" fertig, als Gegenstück zur vorjährigen „Musik", beide für Nikolaus
Dumbas Musikzimmer. Der Componist sitzt am Clavier, einige schöne „Alt-
Wiener" Mädchen singen zu seinem Spiele. Röthlicher Dunst von Wachs-
kerzen wogt im Gemache, daraus tauchen die Figuren wie ein hübscher Spuk
hervor, die eine im buntgeblümten Kleidchen, die andere in Roth, die dritte
in Weiss, dazu ein Herr in Schwarz. Im Spiegel blitzen die Kerzenfiammen
wider, am Goldrahmen zuckt das Licht entlang, hinten ist ein Durchblick, in
dessen Helle sich auch etwas Figürliches bewegt. Es ist ein Vibriren von
alledem, dass man die Luft voll Musik zu sehen glaubt. Aber das Profil Schuberts
ist fest und sauber hingesetzt, und es ist dem Maler gelungen, in der hausbackenen
Form die Anmuth der Seele erkennen zu lassen. Die lockere Malweise und
der helle Gesarnmtton geben dem Bilde viel decorativen Wert für ein Zimmer,
wo Mahagonibraun und Empiregold herrschen. Karl Moll bringt ausser zwei
inhaltreichen Interieurs aus der Danziger Marienkirche ein grosses Bild: „Vor
dem Diner", wo alle Eleganzen einer reich gedeckten und mit gelben Blumen
geschmückten Tafel in zweierlei Licht virtuos detaillirt sind. Das Bild war sofort
verkauft. Rudolf Bachers grosses Gemälde: „Domine quo vadis?", Christus
und Petrus auf der Via Appia in nebelblauem Morgenlicht, ist eine kraftvolle
Aufraffung. Die Charakteristik und Durchbildung der beiden Figuren und der
Schauer, der von der landschaftlichen Stimmung ausgeht, sichern dem Bilde eine
grosse Wirkung. Eugen Jettel hat in einer neuen Folge von Landschaften sich
sehr gesteigert, Wilhelm Bernatzik bringt eine neue Variante seiner grünen
Wasserlandschaft des vorigen Jahres, Hans Schwaiger eine Aquarell-Replik seiner
grossen „Vlamisch Straat" in Brügge, die bei Miethke in Tempera zu sehen war.
Maximilian Lenz nimmt mit einer poetisch-malerischen Frühlingsvision, die
sofort ihren Käufer fand, einen bemerkenswerten Aufschwung. Otto Friedrich,
A. Nowak, l-lohenberger, Kurzweil sind nicht zu übersehen. Ein junger Wiener,
Ferdinand Andri, hat mit einer Folge von Studien in verschiedenen Manieren
sehr durchgeschlagen, er ist von jetzt an ein Name. Auch der Pressburger
Ferdinand Dorsch mit seinem tiefgestimmten Triptychon: „Ein deutsches Lied"
fällt zum erstenmale auf. Der Prager Orlik erregt durch eine Anzahl etwas
düsterer, aber malerischer Aquarelle aus Schottland Aufmerksamkeit. Myrbach
setzt seine algraphische Thätigkeit mit wachsendem Erfolge fort; ein männliches
Porträt in Lampenlicht hat die feinsten Halbtöne und eine Scene von stürmenden
Soldaten schneidige Bewegung. Mehrere Marmorbüsten der Wiener Russin
Therese F. Ries zeigen ein Talent, das sich nicht recht sammeln und vertiefen
will. Oberbaurath Otto Wagner hat den geschmackvollen Entwurf zur Jubeladresse
der Akademie der bildenden Künste und sein Project für die Regulirung des Franz
Joseph-Quais ausgestellt. Auch das Ausland hat sehr interessant ausgestellt.
Manche der ersten Meister (Thaulow, Besnard, de la Gandara, RaiTaelli, Kroyer u. A.)
sind schon förmlich Stammgäste der Secession. Wir können aus der Menge nur
Weniges hervorheben. Aufsehen erregt G. Kuehl mit einer ganzen Reihe muster-
hafter Bilder, darunter mehreren Dresdener Ansichten, dem „rothen Zimmer" aus
seinem eigenen Heim und einem köstlichen Vorzimmer, in dem ein grüner Koffer
von einem Lichtstrahl gestreift wird. Der junge Genter Albert Baertsoen ist tiir
Wien neu, hat aber sofort eingeschlagen. Seine dörflichen Motive sind mit ent-
zückender Feinheit und Wahrheit, dabei mit einer meisterlichen Breite des Vortrags
gegeben. Neu für Wien ist auch der Pariser Guillaume Roger, dessen elegante