folgten die Wanderjahre - eine zwei Jahre dauernde Seereise nach
Mexiko auf dem Segelschiffe „'Durango" - die seinem Schaffen die
entscheidende, individuelle Richtung gaben. Als Meister kehrte er
wieder nach Karlsruhe zurück, übernahm 1891 eine Professur an der
Kunstgewerbeschule, die er 1893 gegen eine solche an der Akademie
vertauschte. Vor kurzem gab er diese Stellung, wie erwähnt, gegen
eine Professur in Stuttgart auf. - Wird er hier, im Binnenlande,
dauernd zur Ruhe kommen können?
Grethe ist der Maler des Meeres. Der Wiegengesang des Oceans,
den das Kind auf seiner ersten Fahrt vernahm, hat ihn gebannt,
die mexikanische Meerfahrt hat seinen Geist endgiltig dem Meere
vermählt. Zahllose Studienblätter von dieser Reise zeugen von seinem
heissen Werben um dessen Seele. Späterhin waren die Wacht- und
Feuerschiffe, auf denen er Wochen, Monate hindurch in einsamer
Arbeit lag, oder die Lootsboote die Stätten seiner unermüdlichen
Vertiefung. Meer, Strand und Schiff bilden den Umkreis seines
Interesses. Der Mensch spielt nur insofern in seinen Werken eine
Rolle, als er dem Meere angehört. Wir finden also den Seemann, mit
dem sich der Künstler eins Fühlt in der Liebe zu dem Elemente, und
mit dem er sich auf seiner grossen Seefahrt und auf den Wacht-
schiffen völlig zusammenlebte, und in seinen jüngsten Schöpfungen
auch den Hafenarbeiter. Kein grosser Kreis, aber hier ist Meister-
schaft. Wie sie sich aufbaute, zeigt sein grossartig gehäuftes Studien-
material. Hier liegen die fest sich klammernden Wurzeln, die dem
Baume gestatten, so hoch und frei in die Lüfte sich zu erheben.
Da findet sich einmal eine fast unabsehbar zahlreiche Gruppe
von Studien nach Schiffen, die mit wahrhaft erschrecklicher Geduld und
Pedanterie jedes Theilchen des verwirrend complicirten Mechanismus
eines Takelwerkes und Schiffbaues abbilden. Jedem Ringelchen, jeder
Verknotung ist dieselbe tiefe Einlässlichkeit gewidmet. Welcher Gegen-
satz zu seinen grossen Werken, die so voll Schwung und heissen
Temperamentes sind! Ihm galt es hiebei, vollständig Herr zu werden,
wie nur irgend ein Seemann oder Schiffsbaumeister dieser Dinge I-Ierr
ist, und darum gelang es ihm, tagelang mit verhaltener Kraft sich in zäh
ansaugender Beobachtung diesem mühseligen Entwirren hinzugeben.
Eine andere Gruppe sehr reizvoller Bleistiftstudien stammt von
der Fahrt auf hoher bewegter See. Es sind Momentbilder von grosser
Schärfe, jäh und behend aufgefassten Linien des Wellenzuges, die
Silhouetten der schwebenden Möven gegen die lichten Kämme,
die Conturen der schwankenden, jetzt zur Hälfte aus dem Wasser
gehobenen, jetzt fast völlig in den Wogen untertauchenden Schiffe.