ECESSIÜN. Die sechste Aus-
stellung der Secession ist eine
friedliche japanische Episode, die
man sich im bunten Getümmel
der europäischen Kunstbestrebungen
gerne gefallen lässt. Herr Adolf
Fischer, ein in Berlin lebender
Wiener, hat dazu eine sorgfältige
Auslese seiner in Japan gesammelten
Altsachen zur Verfügung gestellt.
Fischer hat das Reich der dreizehn-
hundert Inseln auf wiederholten
Reisen aufmerksam durchmustert
und namentlich die dortige Kunst und
deren quasi-europäische Verwaltung
genau kennen gelernt. Seine grossen
Bücher: „Bilder aus Japan" (Berlin
r 897) und „Streifzüge durch Formosa"
(Berlin 1900) wird man mit Nutzen
lesen, während die reich illustrirte
Schrift: „Wandlungen im Kunstleben
Japans" (Berlin xgoo) dem deutschen
Publicum zum erstenmale ausführlich
von der systematischen Verwest-
lichung der japanischen Kunst erzählt,
die jetzt in einer regelrechten japa-
nischen Secession gipfelt. Diese
Samt-Andre, Innenseite eines Buchdeckels, Vereinigung die jetzt 23 Mitglieder
mbig, Ledßphsm, zählt, wurde 1896 durch den Maler
Seiki Kouroda, einen Schüler von
Raphael Collin in Paris, gegründet. Sie heisst auf japanisch „Shiro-uma" oder
„Hakuba-kwai", das heisst „weisses Ross", was der Name einer volksthümlichen
Sorte von Reisschnaps ist, wie er in den Kulikneipen verzapft wird. In einer solchen
Kneipe versammelt sich auch diese kleine Demokratie, die sich aus dem hochmögenden
„Meiji-Club", der Europa ohne Talent nachzuahmen sucht, ausgeschaltet hat. Beiläufig
sei noch bemerkt, dass der um alte japanische Malerei vielverdiente Amerikaner Ernest
Fenollosa, der ja auch schon die realistischen Japaner des XIX. Jahrhunderts, die
l-lokusai und l-liroshige, als nicht vollwertig betrachtet, der eifrigste Bekämpfer der
japanischen Secession ist. Die Fischefsche Ausstellung ist 800 Nummern stark, was
etwa den vierten Theil seines Vorrathes beträgt. Mit Ausnahme von Textilien und Cloi-
sonnes ist sie recht vielseitig, wenn auch naturgemäss die Kleinkunst vorherrscht. Da die
Wiener seit der prächtigen Sammlung des Grafen Lanckoronski, deren grosse Elitestücke
und Galagewänder man nicht leicht vergessen wird, und den Weltreiseschätzen des
Erzherzogs Franz Ferdinand nichts Japanisches mehr beisammen gesehen haben, war
ihnen natürlich die Fischefsche Collection sehr willkommen. Ja, es regte sich bei dieser
Gelegenheit auch der Wunsch, dass doch die nicht sowohl umfangreiche als wertvolle
Japansammlung des Handelsmuseums, zu der im Jahre 1873 durch Herrn von Scala und
Baron Schwegel der Grund gelegt worden, nach der Errichtung des Zubaues zum Öster-
reichischen Museum an dieser zugänglicheren Stelle aufgestellt werde. Die seither so
wichtig gewordene japanische Kunst gehört jetzt unstreitig in den engeren Gesichtskreis
der Kunstinteressenten. Die Ausstellung in der Secession ist diesmal von Koloman
Moser arrangirt und hat mit Recht sehr gefallen. Der ganze Innenraum des so