das Werk des Teufels. Er wohnte auch
fern von ihrem Bereiche. Die letzten
Jahre seines Greisenalters war er ohne
Bewusstsein der Ereignisse. Aber
schon vor fünfzehn Jahren, als er noch
in Cambridge lehrte, schrieb er in
einem privaten Briefe: „Man kann
die Kunst nicht fördern in einem Lande,
wo die Maschine herrscht. So viel
Anderes wäre vorher neu zu schaffen.
Ich habe es aufgegeben." Das ist nun
nicht wahr. Seit dem Tage, wo er
einundzwanzigjährig den ersten Band
der „Modem Painters" herausgab, bis
zu dem letzten Werke, dem national-
ökonomischen Tractate „Unto this
last" hat er sich um die Reform des
socialen Lebens bemüht. Die Absichten
der reinen Kunst hat er dann aus den
Augen verloren, er hat sie nur als
Mittel benutzt zum Zwecke der Moral.
Er leitete die Gesetze der Malerei ab
aus den Forderungen einer strengen
Sittlichkeit und dieselben Lehren
verlangte er angewandt auf jede
menschliche Arbeit. Eine Religion der
Schönheit hat Robert de La Sizeranne
z; seine Lehre genannt. Und Schönheit,
Geschmack war für John Ruskin gleich-
bedeutend mit Sittlichkeit. Da er im
Anfange seines Lebenswerkes war,
Waring, Schlafzimmer-Garderobe unterstützte er die Pre-Raphaeliten, die
ihre ersten Kämpfe auszufechten hatten,
da auch sie sich um Naturtreue bemühten. Der grösste englische Maler war für ihn Turner,
er stellte ihn an die Seite Michelangelos, und da wird er sich wohl geirrt haben. Inner-
liche und äusserlicheVollendung war das Bedingnis jedes Kunstwertes für ihn. Er verlangte
„in Schönheit" arbeiten, wie Ibsen „in Schönheit" zusterben. Einmal auf demWege, Gesetze
für künstlerische Arbeit aufzustellen, ging er weiter als Reformer des socialen Lebens.
Er verlangt Rückkehr zur Natur. Er verlangt liebevolle Arbeit, statt erzwungener. Seine
Bücher liesser in einemGarten druckenund keine unreinel-landsolltesie berühren. Ergründet
Colonien, wo ohne Arbeitstheilung geschafft werden sollte nach den immanenten Gesetzen
der Natur. Oft erhob er seine Stimme und kündete die erzieherische Bedeutung der Kunst
für die Nation. Das ist sein Verdienst. Das englische Volk wird es ihm nie vergessen
dürfen. Seine Bücher, alle getragen von demselben Gedanken der Schönheitslehre (ich
nenne neben den „Modern Painters" noch „Stones of Venice", „The seven Lamps of
architecture", „Fors clavigera", „Unto this last") sind in Millionen von Exemplaren unter
das Volk gelangt. Die Entwicklung der englischen Prosa ist von niemandem in diesem
Jahrhundert so beeinflusst worden, wie von Ruskin. Er war ein Meister der Sprache. Und
wenn seine Lehren auch die frische Kraft der actuellen Bedeutung verloren haben, seine
Sprache, die Gewalt seiner Diction ist unvergleichlich. Für seinen Ruhm lebte John
Ruskin zu lange. An den vielen Jahren seines Lebens ist die Zeit vorbeigegangen, da man
ihn schmähte, die Zeit des überschwänglichen Ruhmes, die Zeit der abgemessenen