MAK

Volltext: Monatszeitschrift III (1900 / Heft 3)

Hühner-Idylle. Josef Engelhart überrascht durch eine plötzliche Schwankung, zurück zu 
seinen volksthümlichen Anfängen. Es ist viel Faust in diesen robusten Bildern, dem 
lebensgrossen I-lausmeisterpärchen in Sonntagsgala (das gelbe Umhängtuch der Frau ist 
ein Feuerpunlrt der Ausstellung), dann den beiden „fahrenden Leuten", deren Um und 
Auf so drastisch geschildert ist. Das Altwiener Genre lebt wieder auf. Und daneben nun 
sein lebensgrosser Blasel auf der Coupletbühne, von den grellen Lichtstreifen der 
Rampenbeleuchtung linear umfangen, hinter denen der verdunkelte Saal voll Publikum sich 
in allerlei Violett und Blau tönt. Diese energische Tempera-Scene ist modemstes Paris, 
wo die Theaterlampen Degas" brennen und die Volksredner Raffaellis peroriren. Auch 
Karl Moll hat ein gutes Jahr. Seine grossen Interieurs aus der Hofbibliothek, in denen 
er den Schleichwegen des Lichtes so liebevoll nachgeht, und die sonnenhelle Ebene bei 
Schlosshof, wie sie hinter dunklen Weidenstämmen blendend ins Weite geht, sind 
wirksame Arbeiten. Die poetischeste ist ein stiller, schattiger Wasserwinkel mit Bäumen 
im Wasser und einem weissen oder bläulichen Kahn, der sich spiegelt. Das Alles ist in 
der bekannten dünnen Weise mit grosser Luftigkeit gegeben. Bernatzik hat sich von dem 
wässerigen Grün seiner letzten jahre dem trockenen Grau des Steinfeldes zugewandt, wo 
er auch farbige Abenddämmerungen in Dorfstrassen studirt. Es fällt ihm Manches 
interessant aus. Noch andere Landschafter kommen ein gut Stück vorwärts. Anton Nowaks 
frische, sonnige Studien aus der Thayagegend zeigen ihn technisch sehr gewachsen; in 
einem grossen Bilde pointillirt er sogar ein wenig, in seiner Weise. Friedrich König hat 
einen landschaftlichen Cyclus zu Schuberts „Winterreise" gemalt, der viel Inniges 
enthält. Unter seinen grossen Landschaften, in denen immer eine poetische Note anklingt, 
ist eine mit sonnendurchleuchtetem Wald besonders duftig ausgefallen. Eine grosse 
Dämmerlandschaft mit weissblühenden Obstbäumen von M. Lenz fällt auf; eine Hach, 
flacher, am flachsten hingelegte Ebene mit braunem Boden, bläulichem Wasser und buntem 
Vieh von Ludwig Sigmuudt hat einen feinen Reiz von Ursprünglichkeit. Baronin Myrbach 
debutirt sehr glücklich mit einer grün in grün gehaltenen Unkraut- und Baumlandschaft, 
die ganz delicat durchgeführt ist. Falats sonnenblitzender und Orliks schmutziggetretener 
Schnee sind beide vortrefflich. Von Hänisch werden zwei saftig hingesetzte Landschaften 
viel bemerkt. Tichy, Ottenfeld, Jettel, Kurzweil machen sich geltend. Andris bäuerliche 
Landschaften mit ihren vorzüglichen Staffagen behaupten sich. Einige junge kommen 
figural und machen Aufsehen. Vor allen l-I. Knirr mit seinem lebensgrossen Porträt einer 
sitzenden Dame in hellgrauem Kleide. Aus einem reichen brauntonigen Interieur, das 
förmlich Brangwyrfsche Farbendetails aufweist, wächst die helle Gestalt ungewöhnlich 
lebensvoll hervor. Sie hat etwas Schneidiges, Schottisch-Amerikanisches, und der reizende 
Rothkopf mit dem blühenden Teint ist sehr geistreich hingeschrieben. Auch hat die 
malerische Haltung des Ganzen eine imposante Sicherheit, als wäre der Künstler mindestens 
in Glasgow geboren. Auch Pepino (jetzt in Dresden), einst als Bürschlein von Makart 
entdeckt, porträtirt jetzt Damen als Whistlersche Arrangements, und zwar mit viel 
Talent. Seine Landschaft mit mondbeglänzten Dächern hat ihre eigene Sorte Romantik. 
Wilhelm List bringt jetzt gleichfalls lebensgrosse Figuren, unter anderem ein famoses 
Paar auf dem Kirchgang; das blaue Weiss des reichlichen Linnens („gebläbt" sagt die 
Wäscherin), neben dem die Gesichter förmlich abbrennen, hilft ihm zu pikanten Wirkungen. 
G. Kempf malt eine junge Dame in dunklem Costüm mit elegantem Strich, Auchentaller 
zeigt sein tüchtiges Studium in einem grossen weiblichen Act, und von Nissl ist ein 
kraftvoll hingemaltes blondes Nähmädchen zu bemerken. Der Bildhauer Canciani baut 
sich aus drei Felsen ein Postament für einen Dante auf, der auf einen ganzen Reigen von 
Verdammten hinabschaut. Die bronzenen Figuren sind nicht gerade buchstäblich zu 
nehmen, das Ganze aber macht eine eigene Wirkung. 
Unter den Angelsachsen hat der Amerikaner John W. Alexander seinen gewohnten 
Erfolg. Das Bild: „The blue bowl" (die blaue Schüssel) ist ein Liebling der Besucher. Der 
Künstler setzt wieder eines seiner entzückenden Dämchen in hellgrünlicher bauschiger
	        
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