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Volltext: Monatszeitschrift II (1899 / Heft 11)

unter Anzengrubers Namen möchte man sich doch ernstlich verbitten. Herr 
Scherpe muss thun, was der Dichter gethan, und sich einen echten Stein- 
klopfer aus dem Steinbruch holen, nicht einen falschen aus der Theatergarderobe. 
IN MODERNES GRABMAL. Im Juli dieses Jahres ist auf dem 
Döblinger Friedhofe ein Gruftdenkmal vollendet worden, das üür Wien 
wichtig werden dürfte. Jos. M. Olbrich hat, knapp bevor wir ihn an die Dann- 
städter Künstlercolonie verloren, noch eine Bresche in die für unantastbar geltende 
Wiener Friedhofskunst gebrochen. An unseren Gräbern war bisher das Neue 
machtlos vorübergegangen, die „Pietät" widerstand aller noch so künstlerischen, 
noch so innig empfundenen Neuerung. Die Kirchen und die Gräber sollten „alt" 
bleiben, alt bis aufs Messer. Und nun sehen wir hier die v. KlarwilYsche Familien- 
gruft als etwas ganz Modernes, durchaus Olbrich'sches sich erheben und einen 
ungetheilten Beifall finden, der über sich selbst erstaunt. Diese Schöpfung ist so 
intim, so poetisch und harmonisch, dass der Beschauer förmlich ihre Neuartigkeit 
vergisst. Mit gutem Bedacht hat der Künstler die Front des Grabmals der Abend- 
sonne zugewandt, in deren rosigem Gold die drei Materialien: weisser, rauh 
gehaltener (gestockter) Granit, hellgrün patinirte Bronze und eine mächtige grüne 
Buchskugel zu einem sanften Einklang verschmelzen. Der Aufbau besteht aus 
einem Gooo Kilogramm schweren monolithen Pylon, dem sich rechts und links bis 
in halber Höhe zwei „Wangen" anschliessen. Diese fassen die schief gelagerte, 
nicht aufhebbare, sondern auf Schienen laufende Gruftplatte zwischen sich. Die 
Bekrönung des Pylons bildet, als „lebendige Kuppel" gedacht, ein grosser, kugel- 
förmig geschnittener Buchs. So kühn der Gedanke ist, so sehr versöhnt er in der 
Ausführung. Die Buchskrone wächst aus einem dunkelblau lackirten Kübel heraus, 
dessen elliptische Form dem rechteckigen Grundriss der tragenden Plinthe 
entspricht. Man sieht aber von dem Dunkelblau nur zwei feine Streifen, und zwar 
zwischen drei breiten wagrechten Bronzereifen hindurch, die an den Ecken durch 
vier originell geknotete Schlangen (alles grün patinirt) zu einem korbartigen 
Ständer für den Kübel vereinigt werden. So ist es eine ganz organische Bildung, 
die keinerlei Bedenken erregt. Die Reifen des Korbes tragen drei Zeilen Inschrift 
aus dem Grabliede in „Cymbeline", die man aber nicht liest, sondern mehr 
runenartig wirken fühlt. Die vordere Fläche des Pylons zeigt eine ganz Bach 
hingehauchte, grünbronzene Reliefligur, ein schlankes Mädchen in antikem 
Gewande, mit einer blühenden Mohnpflanze in der Hand. Neben ihr rechts in 
Kopfhöhe steht eine von Ludwig v. Doczi gedichtete Grabstrophe, in aufgehefteter 
Bronzeschrift moderner Art, und ganz unten am Sockel der Name der Familie. 
Die beiden Granitwangen, die sich in eigenthümlicher Curve vorwärts legen und 
an das geometrische Schema von liegenden Sphinx- oder Löwenpranken erinnern, 
sind gleichfalls in Bronze montirt. Sie tragen an ihrem oberen Ende niedrige 
Lampen von antiker Empfindung, die mit drei Bronzestreifen unterstrichen sind. 
Unter jeder Lampe hängt ein natürlicher kreisrunder Blätterkranz, und zwar an 
einer blattformigen Bronze-Applike, der ein grosses stilisirtes Omega (das Ende!) 
als Zierrat dient. Alle diese Bronzetheile sind nach Olbrichs Entwurf vom Bild- 
hauerKaan modellirt. Auch die praktischen Gesichtspunkte sindnichtvernachlässigt; 
so steht der Kübel auf einer von unten nicht sichtbaren Blechtasse, die das Wasser 
nach rückwärts ablaufen lässt. Zur Verbindung des Denkmals mit dem umgebenden
	        
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