ÜBER DEN FAHNENSCHMUCK__ BEI FEST-
LIQHKEITEN 50 VON H. G. STROHL-
MODLINGSP
AS Schmücken der öffentlichen und Privatgebäude,
der Festräume, der Strassen und Plätze bei fest-
lichen Anlässen mit lustig flatternden Fahnen,
Wappenschilden, bunten Teppichen, mit
Tannenreisig, Blumenkränzen u. s. w. ist
ein altehrwürdiger Gebrauch, der selbst in
unserer nüchternen, aller Symbolik baren
Zeit sich merkwürdigerweise erhalten hat. Der
Gebrauch ist geblieben, aber das Verständnis
für das innere Wesen der Sache, in erster Linie
abhanden gekommen. Nur der Seemann ist noch dieser Fahnensprache
mächtig und verständigt sich mit ihrer Hilfe mit allen seefahrenden Nationen
der Welt. Sie ist eine Weltsprache, die alle verstehen, mögen sie nun
Engländer, Franzosen, Deutsche, Schweden oder Holländer u. s. w. sein.
Die Fahne spricht durch ihre Farben, durch die Reihenfolge und Stellung der-
selben, durch die Figuren, die auf dem Fahnentuche erscheinen, also ganz in
derselben Weise und mit denselben Mitteln wie das Wappen, dessen
Grammatik im grossen Ganzen mit jener der Fahne identisch ist. Die Fahne
ist gewissermassen ein Auszug, eine mehr oder weniger vereinfachte Form
des Wappens und viele der heraldischen Regeln haben daher auch für die
Fahne Giltigkeit.
Ein Spaziergang durch die Strassen einer beflaggten Stadt bringt jedoch
dem Sachverständigen manche Überraschung infolge der totalen Unkenntnis
auf dem Gebiete des Flaggenwesens, die sich bei solchen Gelegenheiten
gewöhnlich breit macht. So war es in Österreich bisherSitte, neben den österrei-
chischen zur Ehrung weiland Ihrer Majestät der Kaiserin, einer bayrischen
Prinzessin, auch die bayrischen Landesfarben in Anwendung zu bringen. Aber
unter den vielen Hunderten solcher Fahnen war höchstens eine, und die viel-
leicht nur aus Zufall, die wirklich der bay-
rischen Fahne entsprach. Mit einer merk- ilmmf
würdigen Consequenz erschien stets die
fürstlich schwarzburgische Landesflagge
gehisst. Etwaige anwesende Bewohner von
Sondershausen oderRudolstadt dürften nicht
wenig über diese Vorliebe der Bevölkerung
Österreichs für die beiden Fürstenthümer erstaunt gewesen sein. Die Hissung
der schwarzburgischen Fahne war aber sicherlich nicht beabsichtigt gewesen,
man hat eben das Weiss-Blau von Bayern mit dem Blau-Weiss der beiden
schwarzburgischen Staaten verwechselt. jeder Staat und jede Provinz besitzt
Figur x.
Königreich Ungarn Herzogthum Anhalt
die Kenntnis der Fahnensprache ist längst '