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Galerie) und das dreitheilige Bild „Unser Leben währet 70 Iahre" (Wien,
Privatbesitz) geben den gleichen Gedanken, zu dessen Veranschaulichung
dieselbe alte, philosophisch angehauchte Schlesierin die Züge geliehen hat.
Sie hat etwas Parzen-
haftes an sich. Es sei
dabei nicht verschwie-
gen, dass die Dar-
stellung auf dem Dres-
denerBilde einen nicht
ganz erfreulichen Zug
von Absichtlichkeit an
sich hat. In allen diesen
Bildern spricht die
Landschaft mit, aber
nur nebensächlich; der
Künstler stellt seine
Bauern und Bäuerin-
nen lebensgross in den
Vordergrund, denn er
will uns vor allem
Menschen vorführen.
Anders im „Regen-
bogen" (neue Pinako-
thek zu München,
1896) undin den „Wet-
terwolken" (Gross-
herzogliche Kunst-
halle zu Karlsruhe,
1899). Hier herrscht
die Landschaft vor.
Namentlich das Karls-
ruher Bild ist eine
ganz prachtvolle, mei-
sterhafte Schöpfung; sie war die Perle der deutschen Kunstausstellung in
Dresden 189g. Ein flaches dunkles Ackerfeld erstreckt sich in die Tiefe.
Abziehende Wetterwolken werfen ihre Schatten darüber. Ein Bauer
auf einem Pferde wendet den Kopf fragend zu den Wolken empor.
Zur Linken im Hintergründe leuchten die rothen Häuser des Dörfchens
hervor. Der ganze Duft des erfrischten Ackers, die grosse Stimmung des
abziehenden Wetters mit seinen breitgelagerten Wolkenmassen, der Reiz
der wiederkehrenden Sonne mit dem Femblicke auf das friedliche Dorf, all
das ist in dem farbig harmonischen und kräftigen Bilde vereinigt, und dabei
erscheint der Mensch, nicht wie so oft nur als Farbenfleck, sondern als der
Träger der ganzen Stimmung, der ganzen Poesie, die des Malers Auge in
Leopold Graf Kalckreuth. Paula Damke
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