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Volltext: Monatszeitschrift III (1900 / Heft 9)

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segelte er auch mit hinaus ins Meer, aber jetzt „kann er nicht mehr mit". 
Er sitzt auf der Bank am Zaune zwischen seinem Obstkram und stopft 
langsam seine Pfeife, während er mit träumerischem Ausdrucke den 
auslaufenden Booten 
nachblickt. Der Ge- 
sammtton dieses Ge- 
mäldes ist wieder ein 
silberiges Grau, wovon 
sich der alte Seemann 
mit seinem rothen 
Frieshemde und seinen 
dunklen Hosen kraft- 
voll abhebt. Man hat 
getadelt, dass ein Zug 
von Sentimentalität 
durch dieses Bild gehe 
und lobend anerkannt, 
dass er in späteren 
Bildern Kalckreuths 
nicht mehr vorkomme. 
]a freilich, Sentimen- 
talität ist nicht mehr 
zeitgemäss im Zeitalter 
der Realpolitik und der 
Brutalität, sie war die 
Modekrankheit des 
XVIII. Jahrhunderts, 
und Goethe machte 
sich von ihr durch den 
Werther frei, aber wa- 
rum muss die Sehnsucht mit dem Brandmale der Sentimentalität versehen 
werden? Ist nicht eine der herrlichsten Gestalten Goethes die Verkörperung 
der Sehnsucht? Ist Sehnsucht etwas, dessen wir uns zu schämen brauchten, 
dessen sich vor allem der alte Seemann zu schämen hätte? Ist es nicht ganz 
natürlich, dass der alte Seemann sich bei seinem Obstkram wie ein altes 
Weib vorkommt und dass es ihn wurmt, dass er nicht mehr mit kann? Sollte die 
Sehnsucht nicht eine viel gesündere Empfindung sein, als die gelben und 
blauen Empfindungen, von denen unsere jüngstdeutsche Lyrik im Anschlusse 
an Nietzsche singt? 
Im Jahre 1886 malte Graf Kalckreuth einen Kinderreigen. Der Berliner 
Kritiker der „Kunst für Alle" schrieb damals: „Die übrigen Anhänger der 
neuen Schule bewegen sich fast ganz auf dem Gebiete des Bauernbildes. 
Graf Leopold von Kalckreuth, der jugendliche Professor der Weimarischen 
Kunstschule, führt uns eine lebensfrische Gruppe von' Kindern vor, 
 
Leopold Graf Kalckreuth. Sommer
	        
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