gegenüber älteren Tafelwerken. Der bequeme Ueberhlick, das handliche Format, die
gleichmäßige Berücksichtigung der verschiedenen Orte und ihrer kunstgeschichtlich be-
deutendsten Bauwerke, endlich die leichte Möglichkeit, auf Grund solcher Blätter nach
jeder Richtung vergleichende Studien anzustellen, verleihen indess solchen Unterneh-
mungen auch selbständigen Werth, unabhängig von äußeren Bedingungen. - C. Gurlitt,
der vor nicht langer Zeit im Verein mit Junghändel die nBaukunst Spaniens: heraus-
gegeben, ist nun daran gegangen, eine ähnliche Publication den französischen Bau-
denkmälern zu widmen. Wiederholte, zu diesem Zwecke unternummene Reisen ver-
schafften ihm den nbthigen Ueberblick, und die bereitwillig ertheilte Erlaubniss der
französischen Regierung setzte ihn in die Lage, die erforderlichen Aufnahmen zu ver-
anstalten.
Die erste Lieferung des Werkes, 24 Blätter umfassend, beginnt mit einem Rornerbau
der Pnrte Noire von Besancon. Es folgen einige romanische Bauten, wie die Kathedrale
von Angouleme mit ihrem prächtigen Thurm und Saint-Saturin in Toulouse. Dann be-
ginnt die Gülhik mit der Notre-Dame-Kirche in der alten Metropole von Burgund, dem
heute noch alterthümlichen Dijon, woher auch reizende spätgothische Fassaden-Details
vom Hotel Chambellaii und hübsche Renaissance-Motive zweier Privathäuser, nach Zeich-
nungen reproducirt, entnommen sind. Das lnnere der Kathedrale von Albi zeigt uns den
spanischen Einfluss auf die französische Spätgothik, während St. Croix, die Kathedrale
von Orleans, die schwiiidende Kraft dieses Stiles unter Heinrich lV. darthut. Die Ueber-
gangsform zur Renaissance und diese selbst ward uns in dem höchst originellen Thurm
der Kathedrale von Tours, in der in schweren Formen italienischer Frührenaissance er-
bauten Münze von Avignon und in einem Plafond von seltener Schonheit aus dem Justiz-
palaste von Dijon vorgeführt. Diese und eine Anzahl anderer hervorragender Archi-
tekturen kirchlichen und weltlichen Charakters aus den verschiedensten Gegenden und
Stilperioden Frankreichs bis zu Ende des I8. Jahrhs. geben ein deutliches Bild, wie das
Gesamintwerk, das aus 200 Tafeln bestehen soll, gedacht ist.
Ein besonderes Augenmerk ist auf entsprechende Große und Klarheit der Auf-
nahmen gerichtet, und oft genug hat man lieber auf die Wiedergabe des gesammten
Architekturbildea verzichtet, um einem interessanten Detail gerecht zu werden, statt
dieses jenem zu opfern.
Mit der Schlusslieferung ist das Erscheinen eines Textheftes in Aussicht genommen,
in welchem Gurlitt einen Ucberblick über die Baugeschichte Frankreichs sowie einige
wünschenswerthe Erläuterungen zu den einzelnen Tafeln zu geben beabsichtigt.
Fs.
a
Le Cornici italiane dalla meta del secolo XV" allo scorcio del XVI" con
' breve teste riassuntivo intorno alla storia ed all' importanza delle
cornici. Per M. Guggenheim. IOO Tavole, m0 Cornici. Milanof
Ulrico Hoepli, I897. Fol. fl. 28.
Trotz der Menge alter Bilder exisriren verhältnissmäßig nur wenig alte Rahmen ;
der wechselnde Geschmack der Zeiten hat Vieles vernichtet, noch mehr vielleicht das
Zusammentragen der Gemälde zu Galerien, wodurch die meist umfangreichen Schilde-
rungen aus ihrem ursprünglichen Zusammenhange, ihrem Rahmen im weiteren Sinne
des Wortes herausgerissen und der eigentliche Rahmen, als zur Architektur der Wand
gehörig, zurückgeblieben ist. Um Raum zu sparen, erhielten dann die solcherart Zu-
sammengehäulten meist nur armselige Leistenrahmen, und doch _kann ein Gemälde nur
dann voll und ganz gewürdigt werden, wenn es auch einen im Verhältnias zu seiner
Große und seinem lnhalte wohl abgewogenen Rahmen besitzt. Ueberdies hat sich die
Sitte, Gemälde mäßigeren Umfanges für sich allein zum Schmucke der Wohnung zu
verwenden, erst in verhältnissmä ig später Zeit eingebürgert.
Es kostete darum den Herausgeber viele Mühe, die in Lichidruck dargestellten
izo Rahmen dieses Werkes zusammenzubringen. Viele Kirchen, Galerien, Museen und
Privatsammlungen ltaliens sowie auch einige außeritalicnische Museen und Mäcene, unter
Anderen das lt. k. Oesterr. Museum und der regierende Fürst Johann von und zu Liechten-
srein, haben dazu von ihrem Besitzstand beigesteuert. Die gothischen Rahmen des I4,
und I5. Jahrhunderts zeigen zumeist reiche Architektur, die sich derjenigen der Altäre,
des Kircheninnern überhaupt anschloss. Mit dem I5. Jahrh. tritt an Stelle des Spitz-
bogens nach und nach der Rundbogen, der Rahmen erhält antikisirende Profilirung, das
Ornament fügt sich dem architektonischen Aufbau harmonisch ein. Mit dem zweiten
Viertel des I6. Jahrhs. beginnt eine Steigerung der decorativen Wirkung, die sich mit
dem Bilde noch immer zu einem effectvollen Ganzeii vereinigt, immerhin aber schon
den Keim des Verfalles in sich trägt. lm weiteren Verlaufe unterliegt die italienische
Jahrg. i896. I7