Adrian Stokes, Die rolhen Dächzr
Ahnherr ihrer Kunst. Inhaltlich gewinnen die Bilder unter solchen Einflüssen
an Seele, an Innerlichkeit des Gefühles. Sie büssen dafür die kräftige
Herbheit der früheren Werke ein. Gab die breite, frische Darstellung des
Heubodens den früheren Bildern ihren Reiz, so gibt die Malerin nun einer
der Heiligengestalten in „Gegrüsst seist Du, Maria"! einen schlanken Lilien-
stengel in die Hand. Neben der weissen, bethörend zarten Lilie hat das
bäuerische Heu die Anziehungskraft verloren. Natürlich sind auch die
Gesichter weicher, schmerzlicher, die Figuren schlanker, biegsamer
geworden. Ganz klar kommt hier der späte, englische Präraffaelismus zum
Ausdrucke, dessen Princip nicht mehr peinliche Naturtreue, dessen Vorbilder
nicht mehr Holman Hunt und John Everett Millais sind, sondern Rossetti
und Burne-jones. Der Einschlag weichlicher Sentimentalität gibt allen
Werken der Epigonen ihr Gepräge. Es ist eine Phase in der Malerei, die
fast für jeden englischen Künstler, der sich in den letzten Jahrzehnten
entwickelte, kam, in der halbe Talente erdrückt wurden, sich in leerer
Nachahmung verloren, in der die starken ihre Persönlichkeit wiederfanden
und durch diese Schule ihren eigenen Weg gingen. In diese Periode darf
man von Werken der Frau Marianne Stokes vor allem das poetische Bild
„Prima vera" rechnen. („lhr Blümelein, alle, heraus! heraus! -Der Lenz ist
gekommen, der Winter ist aus") Die Mädchengestalt ist weich, sinnend, sie
hat die zarten, weissen Hände Burne-Jonesscher Frauen, und die Natur,