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Volltext: Monatszeitschrift IV (1901 / Heft 6 und 7)

Künste" erschienenen Biographie. Da heisst es auch: „Sein glückliches Genie 
verliess ihn niemals. Nie war ihm eine Aufgabe zu schwer, und selbst die 
Grösse der Schwierigkeit gab seinem Geiste nur einen desto grösseren 
Schwung. Seine Einbildungskraft war feurig, seine Ausführung edel, und er 
besass die seltene Leichtigkeit, das Eigene und Charakteristische eines jeden 
Gegenstandes auf den ersten Blick zu ergreifen und in den angemessenen 
Zügen wieder auszudrücken. Er bildete seine schönsten Stücke aus freier 
Faust, ohne erst Skizzen und Zeichnungen davon zu entwerfen. So sicher 
und so übereinstimmend waren bei ihm Auge und Hand. Seine vorhandenen 
Zeichnungen sind meisterhaft." 
Seine Kunst ist besonders bewundernswert, wenn man seine religiösen 
Darstellungen betrachtet. Trotz der starren Tradition der Typen sind sie 
frisch, lebendig empfunden und echt künstlerisch. Und was alle die Kändler- 
schen Werke auszeichnet, sie haben eine Formensprache, die genau dem 
Material entspricht. Es ist neben den „das Geistige in der Kunst bezeichnen- 
den Eigenschaften", welche diese Werke haben - ich folge wie Sponsel den 
feinen Worten Schlies - vor allem eine gewisse Formenschärfe, welche 
auffällt, eine Modellirungsweise, die von vorneherein auf das Schwinden der 
Masse im Brennprocess Rücksicht nimmt, das Verhältnis richtig berechnet 
und demgemäss alle Ecken, Kanten und Biegungen markanter herstellt als 
sie in Wirklichkeit sind. Der auf Porzellan abzielende Plastiker muss bei 
seiner Arbeit den Wunsch haben, aus dem mit annähernd vollkommener 
Gleichmässigkeit des Stoffes hergestellten plastischen Teig, den er knetet, 
die Formen so zu gestalten, dass gerade durch das unausbleibliche Schwinden 
im Brande zuletzt so viel als irgend möglich jene Wahrheit der Natur 
erreicht werde, von der er sich, um des Brennprocesses willen, bei der 
Modellirarbeit durch Übertreibung der Schärfe seiner Formen absichtlich 
entfernt hat. Die „Klippe der Porzellanplastik" hat keiner so gut zu umsegeln 
gewusst als unser Kändler und er hat es auch am ersten gethan. So wurde 
er zum Führer. Auch seine kleinen genrehaften, meist leicht bemalten Figuren, 
die wir in den Sammlungen bewundern und die Sponsel aus seiner 
Betrachtung diesmal ausschliesst, lassen dies erkennen. 
Kändler legte selbst den grösseren Wert auf die Cabinetstücke, also 
Arbeiten zur Aufstellung in Paradezimmern oder Kunstkammern. Sie waren 
auch „fast alle auf vorhergehende Bestellung des Dresdener Hofes oder seiner 
ersten Beamten, entweder für den Hof selbst und für seine Beamten oder für 
auswärtige fürstliche Empfänger verfertigt worden". „Eine Madonna mit dem 
heiligen Antonius", die 1733 erwähnt wird, ist noch jetzt in der Porzellan- 
sammlung vorhanden, ein vortrefflich cornponirtes liebenswürdiges Werk, 
ein „echtes Andachtsbild", dann werden erwähnt ein Johann Nep omuk, ein 
heiliger Wenzel in stolzer Haltung auf einem Postamente, an das sich ein 
zarter, schwärmerisch aufschauender jünglingsengel schmiegt, dann eine 
schmerzgebeugte Madonna, die den Körper des todten Sohnes im Schosse 
trägt, bewundernswert studirt und durchgearbeitet, ein kräftiger gefesselter
	        
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