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Volltext: Monatszeitschrift IV (1901 / Heft 8)

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Vortragsarten entstanden und so kommt es, dass das äusserlich Tektonische 
und das persönlich Lebendige im Grunde sich berühren. 
Die Bilder italienischer Renaissance spiegeln ihre Umgebungen genau 
so wieder, wie das niederländische 
Bild ein Extract der Zimmer- 
phantasien und das moderne Bild 
ein gutes und seelenvolles Möbel- 
stück ist. Die Bestimmung der 
Renaissancebilder in der Gesammt- 
heit einer Kirchen- oder Fürsten- 
architektur aufzugehen, macht 
seinen Rhythmus. Die Farbe 
spricht im bemalten Fenster, im 
Bilde spricht die Form. Die Archi- 
tektur lehrt die Italiener ihre Stoffe 
auf formale Vollendung anzusehen 
und allmählich entsteht der Reiz, 
aus den Linien der Architektur 
selbst das Bild zu entwickeln. Die 
grossen Symmetrien, die wir auf 
den Schilderungen der Kreuzi- 
gungen, Himmelfahrten, Heim- 
suchungen und heiligen Versamm- 
lungen finden, werden unterstützt 
durch den Ort der Bilder, sie 
wirken von Weitem als Cäsuren. 
Wir können heute so schwer zu 
den Bildern dieser Zeit ein de- 
coratives Verhältnis finden, weil _ _ _ _ , 
_ , _ _ _ _ _ Intarsia, Maison Krieger, Paris. Pariser Welt- 
uns die einzige Disposition, die ausmuung um 
sie fast haben, die der Form, 
unwichtig geworden ist. Es scheint uns so lächerlich, wenn die Gelehrten 
ihre Lineale an die sixtinische Madonna legen und die Parallelen durch 
die Nasen der verschiedenen Figuren dieses Bildes ziehen, wie man sie 
durch die Facade eines Florentiner Palastes zieht, um die Musica, von 
der Alberti schwärmte, darin nachzuweisen. Aber in der That war dies das 
decorative Element einer grossen Reihe, der grössten Anzahl dieser Gemälde. 
Farblich haben sie uns so wenig zu sagen, dass sie alles in der Form geben. 
Pisanello und Crivelli waren gute Coloristen, aber wie esjuweliere oder Email- 
arbeiter sind. Andrea del Sarto hatte ein starkes malerisches Temperament, 
aber er verwischt nur dieselben blauen und rothen Töne, die bei Botticelli 
so kindlich, bei Raffael so unbedeutend wirken. Erst die Venezianer von 
Tizian ab kennen jenes Spiel der Farbe, das unsere Augen entzückt, doch 
selbst diese haben niemals von der Farbe aus ihre Bilder angelegt. Wie 
 
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