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erfahren. Aber Pugin erst hat sie gründlich erforscht, streng entwickelt, als
einzig zulässigen Baustil für das moderne England, als den nationalen
Stil angepriesen. Pugin hatte dabei immer die alte englische Gothik im
Auge, deren Denkmale
John Britton, Rickmann
und Pugins Vater, Au-
gustus Pugin der Ältere
publicirt hatten. Indes-
sen war man auch mit
der continentalen Go-
thikbesondersmititalie-
nischer und französi-
scher, bekannt gewor-
den, war man tiefer in
die geschichtliche Ent-
wicklung eingedrungen,
hatte man einen grös-
seren Formenschatz
zur Verfügung. Allein,
damit war auch eine
mehr schulmässige Be-
handlung der Details
aufgekommen. Manwar
anspruchsvoller gewor-
den. Statt einer gewis-
sen Schlichtheit und
Zweckmässigkeit der
Mittel wird monumen-
tale Grösse, Regelmäs-
sigkeit der Anlage er-
' - V strebt, wird der Künst-
R. Norman Shaw, Wohnhaus Queen's Gate x80, London 1er beschränkt durch
den Lehrmeister, der
die Stilforrnen des XIII. und XIV. Jahrhunderts sorglich zu trennen befiehlt.
Diese Abkehr von der englischen zur continentalen Gothik, vom Nationalen
zum Continentalen, vom Ziegelbau zum kostbaren Steinrnaterial hatte
gerade an dem Manne kräftige Unterstützung gefunden, der sonst der
englischen Kunst manchen Segen gebracht, anjohn Ruskin. Seine glänzenden
Schilderungen des Dogenpalastes, der Kathedrale von Amiens, seine litte-
rarisch so wirksame Begeisterung für Marmor, Granit und Mosaik haben
die Baukunst jener Jahre mit auf die Abwege gedrängt, die zum Beispiel
durch Sir Gilbert Scotts anspruchsvolles Albert Memorial und durch Streets
über Gebür verunglimpften Justizpalast (Law courts) bezeichnet werden.
Damit hatte die Gothik ihre Rolle als „moderner englischer Baustil" aus-